Paula Dehmel
Das grüne Haus
Paula Dehmel

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Als es nicht regnen wollte

»Wenn es nicht bald regnet, fall ich um,« sagte der Regenschirm zum Spazierstock, der einen Schlangenkopf hatte und immer mitgenommen wurde, »ich sterbe vor Langeweile! Dies häßliche schöne Wetter! Ich fühle, daß ich umfalle, wenn es nicht bald regnet.«

Aber es regnete nicht. An dem klaren Himmel stand die glühende Sonne und schien! Und wenn sie unterging, war es noch immer heiß und schwül. Die Blätter an den Bäumen waren verstaubt und dürr; die Blumen blühten auf und verwelkten gleich wieder; die Vögel suchten ängstlich nach Wasser, selbst der Bach war ausgetrocknet. Auf der Landstraße marschierten mürrische, durstige Soldaten; sie waren über und über mit Staub bedeckt.

Und der Regenschirm oben im Ständer fiel wirklich um vor Ärger und Langeweile.

Am Nachmittag schossen die Soldaten im Manöver, bum, bum.

Da guckten ein paar neugierige Wölkchen ganz hinten über den Horizont. »Was bumst denn da?« sagten sie und kamen näher.

Und immer mehr Wolken kamen und wollten wissen, wo das Bumsen herkäme. Sie konnten aber nicht darüber einig werden. Sie kamen ins Zanken und stießen mit den Köpfen aneinander. Und wißt ihr was? Wenn Wolken sich die Köpfe stoßen, platzen sie; und wenn sie platzen, regnen sie; und so kam es, daß an dem Tage ein tüchtiger Regen auf die Erde fiel!

Die Blätter und die Blumen atmeten frisch und tranken sich satt; die Spatzen balgten sich in der Pfütze; der Bach rauschte; die Soldaten sangen beim Nachhausemarschieren ein tüchtiges Soldatenlied, und der Regenschirm ging mit Fritzchen und den Gummischuhen auf dem Hofe spazieren.

Er blähte sich vor Freude und dachte an den Spazierstock mit dem Schlangenkopf, der traurig in der Ecke stand, weil er nicht mitgenommen wurde.


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