Felix Dahn
Felicitas
Felix Dahn

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Dreizehntes Kapitel.

Dem Mörder deuchte aber nun die Gestalt nicht mehr ganz die hochragende des Presbyters: er beugte sich nieder, daß ihm vom hohen Helm der schwarze Roßschweif sich nach vorwärts sträubte, und bog das Haupt des Ermordeten samt der Kapuze zurück.

Mit kurzem Aufschrei ließ er es wieder fallen: »Dummheit des Zufalls! Der Wechsler! Wie kommt er hierher? Wie in diese Vermummung? Wo ist der Priester?«

Aber noch ehe der Tribun über diese Fragen irgend sinnen konnte, ward seine ganze Merksamkeit durch Lärm höchst überraschender Art nach dem erbrochenen Hauptportal abgelenkt. Leo hatte seine Reiter, auf dem Forum des Herkules aufgestellt, verlassen, mit dem Befehl, hier seine Rückkehr zu erwarten: er war abgesprungen und hatte seinen Rappen einem der Reiter übergeben: zu Fuß wollte er, auf Umwegen, minder auffällig, durch enge Gassen in das Haus des Priesters dringen. Er hatte gestutzt, da er auf halbem Wege die Flammen aufsteigen sah und den Lärm der empörten Sklaven von ferne hörte. Er blieb stehen.

Da eilte ihm verhüllten Hauptes ein fliehend Weib entgegen: er vertrat ihr den Weg. »Du bist es, Tribun!« rief die Flüchtende. »Wie? Du, Zoë! Des Richters Gattin! was ist geschehen?« – »Die Sklaven! Unser Haus brennt! Rette! Hilf!« – »Dort hinab! Auf dem Forum des Herkules stehen meine Reiter! Gleich kehr' ich selbst dorthin zurück. Dann werd' ich helfen.« Er war nun rasch an das leere Haus des Priesters geeilt, hatte es mit gezogenem Schwert durchstürmt, war in die Basilika gelangt und hatte statt des Gesuchten seinen Verbündeten tödlich getroffen.

Kaum aber hatte er dies zu entdecken vermocht, – da schmetterten von der Richtung des Portales her die Zinken und Trompeter seiner Reiter, zum Angriff blasend, herüber. »Sie sind im Gefecht mit den Empörten,« dachte der Tribun und wollte zum Portale hinaus. »Schurken von Sklaven! während die Barbaren vor den Thoren stehen!« Jedoch auf der Schwelle machte er plötzlich Halt: denn ein ganz anderer Schall: nicht das Wutgeheul rasender Sklaven, nein – der ihm wohlbekannte Schildruf, der Schlachtruf, das Siegesgeschrei von Germanen drang, schon aus nächster Nähe, an sein erschrocknes Ohr.

»Germanen in der Stadt? Undenkbar!«

Aber schon sah er, behutsam auf die Schwelle der Basilika tretend, um die Ecke des großen Platzes ganze Scharen, Dutzende, ja wohl mehr als ein Hundert Germanen, zu Fuß – nicht die lang beobachteten wenigen Reiter – heranwogen: gerade auf die Kirche zu. »Sich durchschlagen? Unmöglich! Zurück! Durch des Priesters Haus!« Er flog durch das Schiff der Basilika an der noch aufgehobenen Steinplatte vorbei, in das Haus des Johannes.

Da drang ihm ebenfalls von der Thüre und der engen Gasse her barbarischer Laut entgegen: Helles Lachen und Schreien: er sah ein Rudel Germanen, einen dicken Römer an der Spitze, den sie mit Weinschläuchen schwer beladen hatten, sich ihm entgegenwälzen. So rasch seine schweren Waffen es verstatteten, kehrte er zurück in die Basilika, sprang – dies erschien die einzig mögliche Rettung – in die geöffnete Gruft, riß die Steinplatte herab und hörte sofort, wie von beiden Eingängen her ganze Haufen von Germanen in die Kirche drangen.

Lärmend und jauchzend begrüßten sich die Sieger über dem Kopfe des eingesperrten Kommandanten von Juvavum.

 


 


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