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Der Anteil der Deutschamerikaner an den Kriegen der Vereinigten Staaten im 19. Jahrhundert.

Hatten die in Amerika ansässig gewordenen Deutschen im Unabhängigkeitskriege ihre Hingabe für die Sache der Freiheit in glänzender Weise bekundet, so ließen sie es auch in den Kriegen, welche die Vereinigten Staaten während des 19. Jahrhunderts zu führen genötigt waren, an Beweisen ihrer tiefen Ergebenheit für das Land ihrer Wahl nicht fehlen.

Als im Jahre 1812 der zweite Krieg mit England entbrannte und nach der Einnahme und teilweisen Zerstörung der Bundeshauptstadt Washington die Feinde sich anschickten, auch Baltimore zu überfallen, da spielten beim Verteidigen dieser Stadt die Deutschen eine hervorragende Rolle.

Durch die Vorgänge in Washington gewarnt, hatten die Bewohner der Stadt sich für das Erscheinen des Feindes wohl vorbereitet. Nicht nur war das den Hafeneingang deckende Fort McHenry mit Munition reichlich versorgt, sondern auch sämtliche Bürgerwehren standen unter den Waffen. Als die Kunde eintraf, daß die 70 Schiffe zählende feindliche Flotte mehrere Meilen von dem Fort entfernt, ein 7000 Mann starkes Heer Fußsoldaten und Kanoniere ans Land gesetzt habe und deren Angriff auf die Stadt durch ein gleichzeitiges Bombardement des Forts McHenry unterstützen wolle, rückten sofort 3000 Milizen unter dem Befehl des im Jahre 1759 zu Frederick, Maryland, geborenen deutsch-amerikanischen Generals Johann Stricker den Feinden entgegen. Sie mußten zwar vor der beträchtlichen Übermacht langsam zurückweichen, verhinderten die Rotröcke aber doch, einen Angriff auf die Stadt auszuführen. Derselbe schlug völlig fehl, als der Befehlshaber des englischen Heeres, General Roß, durch die Kugel eines Scharfschützen tödlich verwundet wurde und auf dem Rücktransport zu den Schiffen seinen Geist aufgab.

Johann Anton Quitmann.

Während diese erbitterten, für die Briten sehr verlustreichen Kämpfe vor sich gingen, hatte das englische Geschwader angesichts des Forts Anker geworfen und am Morgen des 12. September eine wütende Kanonade gegen dasselbe begonnen. Sie währte 36 Stunden lang. Aber der das Fort befehligende Artilleriemajor Georg Armstadt, ein am 10. April 1780 zu New Market geborener Sohn des Hessen-Darmstädters Johann Armstadt, erwiderte das entsetzliche Feuer nicht nur kräftig, sondern sandte auch die Belagerer, als sie in der Nacht vom 13. auf den 14. September einen Sturm gegen das Fort wagten, mit blutigen Köpfen zurück.

Die Verteidigung von Stadt und Fort war so standhaft, daß das feindliche Geschwader, nachdem es die gelandeten Truppen aufgenommen, am 16. September wieder in See ging, ohne irgendwelche Erfolge errungen zu haben.

Es war an jenen Tagen, wo Frances S. Key, durch die Heldentaten der deutschen und amerikanischen Milizen begeistert, sein berühmtes Lied »The star spangled banner« dichtete, das zur Nationalhymne der Amerikaner wurde.

Auch als im Jahre 1846 der Krieg der Vereinigten Staaten mit Mexiko ausbrach, stellten die Deutschamerikaner einen beträchtlichen Teil der ins Feld rückenden Freiwilligen. In fast allen Großstädten des Westens bildeten sich sofort nach dem ersten Aufruf deutsche Freischaren, von denen viele weit früher als die amerikanischen kampfgerüstet standen.

Unter den Offizieren der nach Mexiko ziehenden Armeen befanden sich zahlreiche Deutsche, die bereits im alten Vaterlande Felddienste verrichtet hatten, wie z. B. August Mohr (Moor), von Gilsea, Samuel Peter Heinzelmann, Christian Steinwehr, Julius Raith, Heinrich Bohlen und Adolf von Steinwehr. Unter den Deutschamerikanern ragte vor allen Johann Anton Quitmann hervor, der 1798 zu Rhinebeck, New York, geborene Sohn des aus den Rheinlanden eingewanderten Pastors Friedrich Heinrich Quitmann. Unser Held hatte sich bereits an den Unabhängigkeitskämpfen der Texaner gegen Mexiko beteiligt. Präsident Polk ernannte ihn zum Brigadegeneral. Als solcher gehörte er der 6000 Mann starken Armee Taylors an.

Als diese im September 1846 die von 10 000 Mexikanern verteidigte Stadt Monterey erstürmte, drang Quitmann mit seinen Truppen unter einem wahren Kugelregen zum Marktplatz vor und pflanzte auf der Spitze einer dort stehenden Kirche das Sternenbanner auf.

Während des Frühlings 1847 befehligte Quitmann die Landbatterien, welche im Verein mit den Schiffen der amerikanischen Flotte die Stadt Vera Cruz bombardierten und sie nach viertägiger, schrecklicher Kanonade zur Übergabe zwangen. Am 13. September folgte die Erstürmung der für uneinnehmbar geltenden Festung Chapultepec durch Quitmanns Truppen. Am folgenden Tag eröffnete Quitmann die Beschießung der Hauptstadt Mexiko, in welche am 15. die amerikanischen Truppen ihren Einzug hielten. Zum Dank für seine vielen hervorragenden Leistungen wurde Quitmann zum Gouverneur der Stadt Mexiko ernannt.

Später, nachdem der Friede wieder hergestellt war, machte Quitmann sich noch als Gouverneur des Staates Mississippi und als Mitglied des Abgeordnetenhauses im Bundeskongreß hochverdient.

*

Leider existiert bis jetzt kein Werk, welches in übersichtlicher Form jenen ungeheuren Anteil schildert, der den Deutschen und Deutschamerikanern an der Erhaltung der Union gebührt, als diese durch den furchtbaren Bürgerkrieg der Jahre 1861 bis 1865 in Frage gestellt wurde.

Es ist hier nicht der Raum, alle Ursachen zu erörtern, welche zu jenem, die Union bis in ihre Grundfesten erschütternden Riesenkampfe führten. Wir müssen auf Spezialwerke verweisen, welche die Vorgeschichte jenes Krieges behandeln. Zweifellos bildeten die Sklavenfrage und die Erhaltung der Union für hunderttausende von Deutschen die Beweggründe, sich den nordischen Fahnen anzuschließen. Waren die Deutschen doch, wie wir aus der Geschichte der Mennoniten von Germantown wissen, von jeher die eifrigsten Gegner der Sklaverei gewesen.

Karl Follen, Franz Lieber, Karl Schurz und manche andere Führer der Deutschamerikaner hielten lange vor dem Ausbruch des Krieges flammende Reden, in denen sie die Ungerechtigkeit der unfreiwilligen Knechtschaft verdammten und auf die schweren Schäden hinwiesen, die durch das Beibehalten dieser dem Geist der Neuzeit hohnsprechenden Einrichtung dem amerikanischen Volk sowohl in moralischer, politischer und wirtschaftlicher Hinsicht erwüchsen.

Follen, Professor an der Harvard-Universität, war einer der ersten, welcher als Mitglied der Anti-Sklaverei-Gesellschaft in den Nordstaaten für die Ziele derselben focht und als Abgeordneter dieser Vereinigung bereits im März 1835 vor der gesetzgebenden Körperschaft von Massachusetts erschien. Im Süden bemühte sich der an der Universität von Südkarolina wirkende Professor der Geschichte und Staatsphilosophie, Franz Lieber, in gleichem Sinne.

Es war in jener Zeit höchster Erregung überaus gefährlich und forderte viel moralischen Mut, auf die Rednerbühne zu treten, für die Schwarzen Partei zu ergreifen und jenen die Wahrheit ins Gesicht zu schleudern, die sie nicht hören wollten. Denn oft wurden solche Personen, die für die Sklavenemanzipation ihr bestes Wissen einsetzten, mit den gemeinsten Schimpfworten überschüttet, oder sie fielen unter den Streichen von Meuchelmördern oder als Opfer blinder Volkswut.

Auch Follen und Lieber mußten ihr Eintreten für die Sklavenbefreiung büßen, indem beide ihre Stellungen verloren. Aber bald nach ihnen erschienen neue begeisterte Streiter auf dem Plan, die »Achtundvierziger«. Diese von glühender Freiheitsliebe beseelten Männer forderten, daß die herrlichen, in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung niedergelegten Gedanken von allgemeinen Menschenrechten auch auf die mißbrauchten Neger ausgedehnt werden sollten. Und so nachdrücklich sie dafür in Schrift und Wort eintraten, so energisch handhabten sie, als wegen dieser Frage der grimmige Kampf entbrannte, das Schwert.

Von den vielen Aufzeichnungen amerikanischer Zeitgenossen, die den Enthusiasmus der Deutschen preisen, führe ich die des Oberleutnants Augustus Choate Hamlin, des Historikers des 11. Armeekorps, an. Derselbe schreibt in seinem bewundernswerten Buch: »The battle of Chancellorsville«: »Das Land hallte von Jubel wider, als bekannt wurde, daß die gesamte deutsche Bevölkerung des Nordens ohne Zögern zum Beistand der gefährdeten Republik herbeieilte. Die geleistete Unterstützung war bewundernswert und verdient den höchsten Dank des Landes. Ebenso bemerkenswert ist, daß alle jene Revolutionäre, welche sich damals in diesem Lande befanden und unter Kossuth, Garibaldi, Sigel und Hecker gefochten hatten, ihre Dienste den Vereinigten Staaten anboten. Es war in der Tat ein großartiges Schauspiel, wie die gesamte Masse des deutschsprechenden und deutschgeborenen Volks wie ein Mann aufstand, um fest bei der Flagge der Republik zu stehen.«

In der Tat gingen an vielen Orten die Deutschamerikaner ihren Mitbürgern anderer Abstammung mit glänzendem Beispiel voran. Bereits am 9. Januar 1861 stellte der spätere Brigadegeneral Karl Leopold Mathies in Iowa der Bundesregierung eine auf seine Kosten ausgerüstete Kompagnie Soldaten zur Verfügung. Ein anderes leuchtendes Beispiel hoher Bürgertugend lieferte der berühmte Gelehrte und Staatsmann Dr. Karl Beck, Professor an der Universität Harvard. Trotzdem er bereits 60 Jahre alt war, ließ er sich nicht abhalten, als Gemeiner in eine Kompagnie Freiwilliger einzutreten, mit welcher er sich willig allen schweren Pflichten eines Soldaten unterzog. Als bei der Einmusterung dieser Kompagnie die militärischen Behörden in Rücksicht auf sein hohes Alter sich weigerten, ihn in die Armee einzureihen, fügte Beck sich grollend, entschädigte sich aber dadurch, daß er hundert kräftige Leute auf seine Kosten völlig ausrüstete und zum Heer sandte.

Und als nach der Einnahme des Forts Sumter durch Truppen der Südstaaten Präsident Lincoln am 15. April 1861 den ersten Aufruf für 75 000 Freiwillige erließ, da erhoben die Deutschen sich in Massen, um für den Schutz der Union einzutreten.

In Cincinnati berief bereits am Morgen des 16. April ein aus hervorragenden deutschen Männern gebildeter Ausschuß für denselben Abend eine deutsche Massenversammlung in die Turnhalle ein. Diese nahm einen so begeisterten Verlauf, und der Zudrang zu den Einschreibelisten war so groß, daß bereits am Abend des 18. April das erste deutsche Regiment, die später so berühmt gewordenen » Neuner von Ohio« eine vollendete Tatsache war. Zehn Tage nach Lincolns Aufgebot stand es, 1200 Mann stark, zur Verfügung der Staatsbehörden.

Das Deutschtum vom Ohio stellte ferner die ausschließlich aus Deutschen und Deutschamerikanern zusammengesetzten Infanterieregimenter No. 11, 28, 37, 47, 58, 67, 74, 106, 107, 108 und 165. Ferner das 3. Kavallerieregiment sowie drei Batterien Artillerie.

In New York war die Opferfreudigkeit der Deutschen nicht minder groß. Zunächst entstand, gleichfalls noch im April, das aus lauter deutschen Turnern gebildete 20. Regiment, die » United Turner Rifles«. Deutsche Bürger bestritten sämtliche Kosten ihrer Ausrüstung. Andere deutsche Regimenter des Staates New York waren das 7. oder »Steuben-Regiment«; das 29. oder die » Astor Rifles«; das 45. oder die » German Rifles«; das 46. oder » Fremont-Regiment«; das 5., 8., 41. und 52. Infanterieregiment. Deutsche bildeten ferner das 54. Regiment schwarzer Jäger; das 86. Regiment oder »Steubensjäger«; das 4. New Yorker Kavallerie-Regiment (»Dickels Mounted Rifles«) und die Batterie des Obersten Ludwig Blenker.

Der Staat Pennsylvanien stellte die beiden reindeutschen Infanterieregimenter No. 74 und 75. Außerdem waren die Deutschen im 4., 8., 9., 10., 11., 14., 15., 16., 18., 21., 27., 48., 50., 51., 56., 65., 79., 89., 96., 97., 98., 112., 113., 130., 131., 152., 153. Und 168. Regiment stark vertreten.

Die deutsche Bevölkerung des Staates Indiana lieferte das 32. Indiana Infanterieregiment; diejenige von Illinois das 82. und das aus »Heckers Jägern« bestehende 24. Regiment. Die Deutschen Wisconsins sandten das 9. und 26. Regiment jenes Staates; die Deutschen Missouris das 3., 4. und 5. Regiment Freiwilliger des Staates Missouri. Auch in den von den anderen Bundesstaaten aufgebrachten Truppenkörpern bestanden ganze Kompagnien aus Deutschen und Personen deutscher Abkunft.

Leider existiert keine Statistik, aus der sich die Kopfzahl der Deutschen und Deutschamerikaner, die am Bürgerkrieg teilnahmen, nachweisen ließe. Auch die im Auftrag der »United States Sanitary Commission« von Dr. A. B. Gould auf Grund der in Washington und verschiedenen Staatsarchiven gemachten Aufstellungen liefern kein genaues Bild. Aber seine »Investigations in the Statistics of American Soldiers«, die in Armeekreisen als die zuverlässigste gilt, besagen, daß während des Bürgerkriegs 187 858 in Deutschland geborene Männer sich als Soldaten in der Bundesarmee befanden. Zu diesen kommen noch hunderttausende von Amerikanern, die von früheren Generationen deutsches Blut in ihren Adern hatten. Wie groß die Zahl solcher Deutschamerikaner gewesen sein muß, ergibt sich aus einer Statistik, die J. G. Rosengarten in seinem bekannten Buch »The German Soldier« von der pennsylvanischen Familie Pennypacker lieferte. Der Ahnherr dieser Familie war Heinrich Pannebäcker, welcher bereits vor dem Jahre 1699 aus Deutschland einwanderte und sich am Schippackbach niederließ. Seine Familie war im Unabhängigkeitskrieg durch 1 Hauptmann, 1 Fähnrich, 1 Leutnant, 1 Korporal und 1 Gemeinen vertreten. Im Krieg von 1812 hatte sie 2 Mitglieder im Feld; im Krieg mit Mexiko 3. Im Rebellionskrieg fochten auf Seiten der Nordstaaten 2 Generalmajore, 1 Generaladjudant, 1 Oberst, 2 Ärzte, 2 Hauptleute, 1 Leutnant, 5 Sergeanten, 8 Korporale, 1 Musiker und 65 Gemeine. In der südlichen Armee dienten 1 Oberstleutnant, 1 Quartiermeister, 4 Hauptleute, 5 Leutnants und 28 Gemeine, insgesamt 128 Personen.

Sicher ist, daß das Deutschtum einen größeren Prozentsatz zur Bundesarmee stellte, als irgendeine andere Nation. Und der Wert dieses Beitrags erhöhte sich dadurch erheblich, daß unter den in Deutschland Geborenen viele Tausende waren, die auf deutschen Kriegsschulen und in deutschen Heeren eine militärische Ausbildung empfangen hatten. Einer neueren, von William Kaufmann gemachten Berechnung zufolge hätten die Deutschen rund 216 000 Soldaten gestellt. Franz Sigel erwähnt in einem für die »Gartenlaube« geschriebenen Aufsatz, daß in »dem deutschen Kontingent über 5000 Offiziere aller Waffengattungen dienten, ein Teil davon, besonders im Stabe, waren Amerikaner von Geburt; außerdem waren unter den von der Nationalregierung direkt ernannten Stabsoffizieren (Aides-de-camp, Quartier- und Proviantmeistern, Chirurgen usw.) 69 Deutsche.«

Die Teilnahme so vieler waffenkundiger Männer war für den Norden von um so höherer Bedeutung, als der Süden beim Ausbruch der Feindseligkeiten eine weit größere Zahl von Offizieren besaß, die in der Militärschule zu West-Point ihre Ausbildung empfangen hatten.

Von den in die Bundesarmee eingetretenen deutschen Offizieren stiegen viele durch ausgezeichnete Taten zu den höchsten militärischen Rangstufen empor. So sind die Namen der Generäle Ammen, Ludwig Blenker, Louis von Blessing, Heinrich von Bohlen, Adolf Buschbeck, Adolf Engelmann, Hagner, Johann Friedrich Hartranft, Franz Hassendeubel, Friedrich Hecker, J. H. Heinzelmann, August V. Kautz, Knobelsdorff, Johann A. Koltes, William C. Küffner, Konrad Krez, Karl Leopold Mathies, August Mohr, Julius Raith, Prinz Felix Salm, Karl Eberhardt Salomon, Georg von Schack, Alexander Schimmelpfennig, Alban Schöpf, Alexander von Schrader, Schriver, Schiras, Adolf von Steinwehr, Louis Wagner, Hugo Wangelin, Max Weber, August Willich, Isaak Wister sowie diejenigen der Generalmajore Samuel Peter Heinzelmann, August Kautz, Peter Joseph Osterhaus, G. Pennypacker, Friedrich Salomon, Karl Schurz, Franz Sigel, Julius Stahel und Gottfried Weitzel unlöslich mit der Geschichte jenes großen Krieges verknüpft.

Leider ist es unmöglich, den vielen Verdiensten jener Heerführer an dieser Stelle in vollem Umfang gerecht zu werden, da der vorliegende Abschnitt dadurch zu einem dicken Buch anschwellen würde. Wir müssen uns darauf beschränken, die wichtigsten Taten einzelner Truppenabteilungen und Generäle zu skizzieren.

Zunächst ist der Tatsache zu gedenken, daß schon am 18. April 1861, drei Tage nach dem Bombardement des Forts Sumter durch die Südländer, die Bundeshauptstadt Washington durch mehrere hundert Deutschamerikaner vor der Gefahr bewahrt wurde, den Südstaaten in die Hände zu fallen. Es bestand ein Komplott, die Stadt den Konföderierten zu überliefern, wodurch denselben ein ungeheurer Vorteil erwachsen wäre, indem dann auch der sezessionistisch gesinnte Staat Maryland mitsamt der Stadt Baltimore für den Norden verloren gewesen wären. Aber noch im letzten Augenblick rückten fünf zum großen Teil aus ansässigen und eingewanderten Deutschen bestehende Kompagnien pennsylvanischer Infanteristen und Artilleristen in Washington ein und besetzten das Kapitol. Damit war der Anschlag auf die Stadt vereitelt. In Baltimore blieb der dortige deutsche Turnverein treu unionistisch und bewirkte dadurch in hervorragendem Maß, daß auch diese Stadt dem Norden erhalten blieb.

Im fernen Westen war dem durch seine Teilnahme am Aufstand in Baden berühmt gewordenen Achtundvierziger Franz Sigel eine wichtige Rolle beschieden.

Zur Zeit des Ausbruchs des Sezessionskrieges lebte derselbe in Missouri. Dieser Staat war den aus der Union ausgetretenen Staaten Mississippi, Florida, Alabama, Louisiana, Texas, Virginien, Arkansas, Tennessee und den beiden Karolinas zwar noch nicht gefolgt, aber ein Handstreich des äußerst zahlreichen sezessionistisch gesinnten Elements stand stündlich zu befürchten. Missouri der Union zu erhalten, war von höchster Wichtigkeit. Insbesondere war der Besitz von St. Louis von Bedeutung, da hier ein Zeughaus bestand, aus dem 40 000 Soldaten sofort mit allem Nötigen ausgerüstet werden konnten.

Auf dieses Zeughaus hatten die Sezessionisten ihre Blicke gerichtet. Aber die in Eile gebildeten Freiwilligenregimenter von St. Louis, mit Ausnahme von vier Kompagnien aus lauter Deutschen bestehend, kamen ihnen unter ihren Befehlshabern Blair, Lyon, Sigel, Osterhaus, Schäfer und Schüttner zuvor und nahmen obendrein am 10. Mai 1861 die in Camp Jackson lagernden Sezessionisten gefangen. Dadurch war nicht nur Missouri gerettet, sondern den Sezessionisten auch die Möglichkeit genommen, von hier aus die der Union treu gebliebenen Nachbarstaaten zu beunruhigen.

Sigel zog darauf mit dem deutschen 3. Regiment und zwei leichten Batterien durch ganz Missouri und brachte den Feinden trotz bedeutender Übermacht große Verluste bei. Später stieß er zu der Abteilung des Generals Lyon, übernahm nach dessen Tod in der unglücklichen Schlacht am Wilsons Creek den Oberbefehl über das Heer und führte es in guter Ordnung nach Rolla zurück. Dafür ward er zum Brigadegeneral ernannt. In ähnlicher Weise deckte Sigel den Rückzug des Generals Hunter aus Springfield.

Als nach zahlreichen glücklicheren Kämpfen Missouri endlich vom Feind befreit war, rückte Sigel in Gemeinschaft mit General Curtis in den Staat Arkansas ein. Bei Pea Ridge stieß man am 6. März 1862 auf den 20 000 Mann starken Feind. Trotzdem Curtis und Sigel über nur 11 000 Truppen verfügten, schritten sie zum Angriff und fügten nach drei Tage dauernden erbitterten Kämpfen dem Gegner eine empfindliche Niederlage zu. Die Entscheidung wurde durch Sigel herbeigeführt, indem er seine deutschen Regimenter demonstrativ, wie zum Abbrechen des Gefechts, hinter die Linien der Artillerie in eine gedeckte Stellung beorderte und zugleich die ungeschützten Batterien mit blinden Kartuschen feuern ließ, als ob sie ihre Munition aufgebraucht hätten.

Als nun die Feinde siegesgewiß in geschlossenen Massen heranrückten, wurden sie nicht nur mit Kartätschen, sondern auch mit einem vernichtenden Schnellfeuer aus den Büchsen der rasch zwischen die Batterien einschwenkenden Deutschen begrüßt. Im Augenblick der Verwirrung brachen die nordischen Reiter herein, um alles niederzusäbeln, was die Kugeln verschont hatten.

Für diese Waffentat zum Generalmajor befördert, wurde Sigel darauf nach Virginien, dem wichtigsten Schauplatz des Krieges, berufen und dem von Pope befehligten 1. Armeekorps zugeteilt. Auf dem rechten Flügel stehend, errang Sigel am 29. August am Bull Run manche Vorteile über den ihm gegenüber stehenden Jackson. Aber diese gingen wieder verloren, als am zweiten Tage der Schlacht die Truppen Popes von der weit überlegenen Macht Jacksons umgangen und zum Rückzug genötigt wurden. Sigel deckte mit gewohnter Meisterschaft abermals den Rückzug.

Nach dieser Schlacht befehligte Sigel verschiedene Truppenkörper in Pennsylvanien, und organisierte, als der konföderierte General Lee auf seinem Siegeszug bis Gettysburg vordrang, eine 10 000 Mann starke Reservearmee, um die in den Kohlengebieten drohenden Unruhen zu verhüten. Im Frühling 1864 wurde er mit dem Oberbefehl der im Shenandoahtal stehenden Truppen betraut. Als er aber bei New Market durch den weit überlegenen Brekkinridge eine Niederlage erlitt, wurde ihm ein Reservekorps am oberen Potamac übergeben, mit dem er die wiederholten Angriffe des konföderierten Generals Early auf Harpers Ferry und die strategisch wichtigen Maryland Hights siegreich abschlug.

Generalmajor Franz Sigel.

Gleich allen anderen im amerikanischen Heere dienenden Generälen fremdländischer Abkunft hatte auch Sigel unter Eifersüchteleien, ja Zurücksetzungen seitens seiner amerikanischen Waffengenossen schwer zu leiden.

»West Point gestaltete,« so schreibt Augustus Choate Hamlin, der Historiker des 11. Armeekorps, mit erfrischender Offenheit, »alle Dinge seinen Interessen und den Wünschen seiner Partei gemäß. Es mag wahrheitsgemäß gesagt werden, daß in der Verwaltung der Armee oft Patriotismus von kaltem Ehrgeiz überschattet wurde, daß Fehler als Tugenden, und Voreiligkeit als Zeichen überlegener Geistesgröße gepriesen wurden. Wenn wir den über der Potomacarmee hängenden Schleier der Verborgenheit hinwegziehen und die gärende Eifersucht, den versteckten Ehrgeiz, den geilen Argwohn und die Günstlingswirtschaft ihrer Führer untersuchen, so ist es keineswegs angenehm, ein solches Bild zu betrachten oder darüber nachzudenken.«

Reiterstatue des Generalmajors Franz Sigel in New York. Modelliert von Karl Hilter in New York.

Auch Sigel sah sich in seinen Unternehmungen und Plänen durch solche Ränke und Eifersüchteleien so oft gehindert, daß er im Mai 1865 sein Kommando niederlegte und ins Privatleben zurückkehrte.

Ähnliche Erfahrungen machte sein gleichfalls als politischer Flüchtling nach den Vereinigten Staaten verschlagener Landsmann Karl Schurz. Wegen seiner hervorragenden Verdienste um die Erwählung Lincolns war Schurz zum Gesandten in Spanien ernannt worden. Diesen Posten legte er beim Ausbruch des Krieges nieder, um an den Kämpfen für die Erhaltung der Union teilnehmen zu können. Er erhielt zunächst ein Kommando in der Potomac-Armee. Unglücklicherweise waren die rasch wechselnden Oberbefehlshaber derselben fast durchweg unfähige, ihren Aufgaben keineswegs gewachsene Personen. Fremont, Pope, McClellan, Burnside und Hooker erlitten Niederlage auf Niederlage, unter denen die am Bull Run, bei Fredericksburg und Chancellorsville die schwersten waren.

An der letztgenannten Schlacht am 2. Mai 1863 war auch die Schurzsche Division beteiligt. Sie bildete mit einer von Adolf von Steinwehr und einer von dem amerikanischen General Devens befehligten Abteilung das unter dem Kommando von O. O. Howard stehende 11. Armeekorps und den rechten Flügel der von General Hooker befehligten Hauptarmee. Im Lauf des Tages entdeckten Schurz, von Steinwehr und andere Offiziere, daß die von den genialen Generälen Lee und Jackson geführte feindliche Armee sich unter Fingierung eines Rückzugs anschicke, den rechten Flügel der Bundesarmee zu umgehen. Obwohl Schurz und Steinwehr das Hauptquartier wiederholt auf diese verdächtigen Bewegungen aufmerksam machten und sofortige Gegenmaßregeln empfahlen, geschah vom Hauptquartier nichts, um die bedrohte Flanke zu schützen. Man wiegte sich in dem Glauben, daß die Rebellentruppen sich auf der Flucht befänden. Schurz ließ nun auf eigene Verantwortung die Regimenter seiner Division, das 26. Wisconsiner, 58. New Yorker, 82. Illinoiser, 82. Ohioer und 157. New Yorker Regiment zusammenziehen und Front gen Westen nehmen, von wo er einen Angriff der Konföderierten befürchtete. Dieser erfolgte kurz nach fünf Uhr nachmittags. Und zwar überrannten die plötzlich aus den Wäldern hervorbrechenden 18 000 Mann starken Feinde zunächst die ganz unvorbereitete Division des amerikanischen Generals Devens. Diese hielt dem fürchterlichen Ansturm nicht stand, floh in verworrener Masse und drohte die deutschen Regimenter mit sich zu reißen. Diese, kaum 3000 Mann stark, bildeten die einzige kampfbereite Schlachtlinie.

Das kleine Häuflein stand fest und hinderte Jackson, im Sturm bis zu dem nur zwei Meilen entfernten Hauptquartier vorzudringen. Aber bald umgingen die Massen des Feindes den linken Flügel der Regimenter und begannen ihn im Rücken zu bedrohen. Nun entstand auch Unordnung in den deutschen Reihen. Vergebens sprengte Oberst Friedrich Hecker vom 82. Illinois-Regiment mit der Regimentsfahne vor die Front und feuerte die Seinigen zu einem Bajonettangriff auf. Er wurde von dem allgemeinen Wirrwarr fortgeschwemmt und stürzte bald darauf schwerverwundet vom Pferde. Erst den verzweifelten Anstrengungen der Generäle Schurz und von Steinwehr, des Obersten Buschbeck und des Artillerieoffiziers Hubert Dilger gelang es, die Truppen wieder zum Stehen zu bringen und dem weiteren Vordringen des Feindes Einhalt zu gebieten.

Da in den überrannten Divisionen viele Deutsche waren, so hielten die dem Heer folgenden englisch-amerikanischen Zeitungsleute sich bemüßigt, sowohl Führer wie Mannschaften dieser Abteilungen mit den gröbsten Schmähungen zu überschütten. Ihre gen Osten gesandten Berichte wimmelten von beleidigenden Ausdrücken, unter denen die Bezeichnung »Dutch cowards« einer der gelindesten war. Das Empörendste war, daß manche solcher anonymen Angriffe von Offizieren ausgingen, die sich im Hauptquartier der Armee befanden. Keinem dieser Verleumder kam es bei, die Verantwortung für die Niederlage dorthin zu placieren, wo dieselbe infolge grober Fahrlässigkeit verschuldet wurde. Vergebens verlangten die Generäle Schurz und Schimmelpfennig die Einsetzung eines Untersuchungsgerichts. Ihre wiederholt in dringendster Form gestellten Anträge blieben seitens des Kriegsministers unberücksichtigt. Erst in späteren Jahren nahmen sich berufene Militärschriftsteller wie Samuel P. Bates, Theodore Dodge, Generalmajor Abner Doubleday, Oberstleutnant Augustus C. Hamlin und andere der mit Unrecht verleumdeten deutschen Truppen an und ließen denselben in sorgfältigen Untersuchungen über die Schlacht bei Chancellorsville volle Gerechtigkeit widerfahren. Eine ausführliche Schilderung der Schlacht lieferte auch Schurz in seinen »Reminiscences of a long life«.

Übrigens bot sich den Divisionen Schurz und von Steinwehr, sowie manchen anderen deutschen Regimentern noch im selben Jahre Gelegenheit, zu zeigen, aus welchem Stoff ihre Truppen gemacht waren. Durch den Erfolg bei Chancellorsville kühn geworden, raffte General Lee, der Oberbefehlshaber der Konföderierten, sämtliche verfügbaren Streitkräfte zusammen und drang in zwei Kolonnen durch das Shenandoahtal den Südostabhang der Blauen Berge entlang gen Norden vor, wobei er sowohl die Flanken der von Hooker befehligten Bundesarmee wie die Hauptstadt Washington beständig bedrohte.

Da man in Washington das Vertrauen in Hooker verloren hatte, so ersetzte man ihn durch den entschlosseneren General Georg G. Meade. Dieser nötigte den Feind bei Gettysburg zu einer Schlacht, die sich vom Morgen des 1. bis zum Abend des 3. Juli erstreckte.

Während dieses gigantischen Ringens bildeten die Deutschen am zweiten und dritten Tag unter Schurz und von Steinwehr das Zentrum hinter der Friedhofsmauer der berühmten Cemetery Ridge, auf deren strategische Wichtigkeit von Steinwehr zuerst aufmerksam gemacht hatte. Hier hielten sie auch jene fürchterliche Kanonade aus 145 schweren Geschützen aus, die Lee am dritten Schlachttage dem Sturmangriff seiner Kolonnen vorausgehen ließ,

Das war ein Feuer, wie die ältesten Soldaten ein gleiches nie zuvor erlebt hatten. Der Friedhof war eingehüllt in den Rauch explodierender Granaten und in den Qualm der hundert Geschütze, womit die Bundestruppen die Kanonade erwiderten. Und als nach zweistündiger Dauer dieses entsetzlichen Artillerieduells die Konföderierten 15 000 Mann stark aus den Wäldern brachen und im Sturmschritt gegen die Bundestruppen vorrückten, da entspann sich ein rasender Kampf, Mann gegen Mann, währenddessen die Leiber der toten und verstümmelten Menschen und Pferde sich zu förmlichen Hügeln emportürmten.

Szene aus der Schlacht bei Gettysburg. Nach einem gleichzeitigen Holzschnitt.

Der heftige Anprall scheiterte an dem erbitterten Widerstand der Verteidiger des Friedhofs. Die Konföderierten wurden in gänzlicher Auflösung zurückgeworfen, die Schlacht zugunsten der Bundesarmee entschieden und Lee zum Rückzug nach Virginien genötigt. Wie mörderisch der Kampf gewesen war, beweisen die Verluste. Die Bundesarmee büßte an Toten, Verwundeten und Vermißten 23 000, die Konföderierten 30 000 Mann ein.

Mit hoher Auszeichnung fochten die deutschamerikanischen Generäle und Regimenter auch am 19. und 20. September 1863 bei Chickamauga und am 24. und 25. November 1863 bei Chattanooga in Tennessee. Dort errang sich vor allem General August Willich als Befehlshaber einer aus neun Regimentern bestehenden Brigade glänzende Lorbeeren, indem er einen mitten im Chattanoogatal aufragenden kegelförmigen Hügel, den Orchard Knob, von dem aus die Konföderierten zwei Monate lang die Bundestruppen beunruhigt hatten, eroberte. Willich nahm mit seinen Truppen auch an der Erstürmung der Missionary Ridge teil und befand sich unter den ersten, welche diesen überaus steilen, hartnäckig verteidigten Höhenzug erstiegen.

An den Kämpfen um Chattanooga hatten auch die von den Generälen Schurz, Osterhaus und von Steinwehr befehligten Truppen glorreichen Anteil. Vornehmlich an der berühmten »Schlacht in den Wolken«, auf den Abhängen und dem Rücken des hohen Lookout Mountain, der hauptsächlich durch das rechtzeitige Eintreffen des die Feinde im Rücken fassenden Generals Osterhaus für die Bundestruppen gewonnen wurde.

Die Erstürmung der Missionary Ridge. Nach einem Gemälde von Arthur Thomas in der Gedächtnishalle zu Columbus, Ohio.

Osterhaus und Schurz nahmen mit ihren Divisionen ferner an dem denkwürdigen Zug Shermans durch Georgia nach Savannah teil und fochten ruhmvoll in den Gefechten bei Tunnel Hill, Buzzards Roost, Dalton, Resaca, Marietta und Atlanta.

Der Pfälzer Louis Blenker, der in New York das nach ihm benannte 8. Freiwilligenregiment organisiert hatte, stand im Juli 1861 in der ersten Schlacht bei Bull Run an der Spitze einer aus vier deutschen New Yorker Regimentern und dem 27. Pennsylvanischen Regiment bestehenden Brigade, die nach dem unglücklichen Ausgang jener Schlacht den Rückzug der von General McDowell geführten Armee deckte. Und zwar so nachdrücklich, daß die Feinde sowohl von der Verfolgung der geschlagenen Armee wie von einem Angriff auf die Bundeshauptstadt Washington absahen. Blenkers deutscher Brigade wurde allein die Ehre zuteil, am 23. Juli mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen über die lange Potomacbrücke in Washington einzurücken. Blenker, darauf zum Brigadegeneral ernannt, organisierte nun die »Deutsche Division«, die zuerst in dem Sumnerschen Korps Dienste tat und später unter Fremont in der Schlacht bei Croß Keys sich auszeichnete. Durch einen Sturz vom Pferde verletzt, nahm Blenker Urlaub, kehrte aber nicht mehr zur Armee zurück.

Die Erstürmung des Lookout Mountain. Nach einem Gemälde von Thomas Nast.

In glänzendster Weise betätigte sich während des Bürgerkrieges auch der Ingenieur Gottfried Weitzel. Von Geburt Rheinpfälzer, hatte er sich in Westpoint zum Offizier ausgebildet. Unter Butler diente er als Oberingenieur in New Orleans, später bei Banks' unglücklicher Red River-Expedition, als Divisionsführer endlich in Butlers Army of the James. Beim Anlegen von Befestigungen und beim Brückenbau entwickelte Weitzel so hervorragende Fähigkeiten, daß er zum Generalmajor ernannt wurde. Als Führer des 25. Armeekorps zog er am 3. April 1865 in Richmond ein, wo er am folgenden Tage den Präsidenten Lincoln empfing.

Am 28. Dezember 1863 lieferte auch der Oberst Bernhard Laiboldt vom 2. Missouriregiment ein Beispiel echt soldatischer Entschlossenheit, indem er, als er mit einem Trupp von Rekonvaleszenten einen Proviantzug von Chattanooga nach Knoxville führte, einen Reiterangriff des verwegenen Generals Wheeler mit so großem Geschick abschlug, daß er dafür zum Brigadegeneral befördert wurde.

Mit Wheeler traf Laiboldt noch einmal am 14. August des folgenden Jahres zusammen. Er hielt mit 480 Mann seines aus lauter Deutschen bestehenden 2. Missouriregiments die Bahnstation Dalton, deren Behauptung von besonderer Wichtigkeit war. Am Nachmittag des genannten Tages umzingelte Wheeler mit 3000 Mann Kavallerie diesen Platz und forderte die Besatzung zu sofortiger Übergabe auf. Laiboldt beschränkte sich auf folgendes Antwortschreiben: »Sir! Ich wurde hierhergestellt, um diesen Platz zu verteidigen, nicht aber, um ihn zu übergeben!«

Als Wheeler einen zweiten Parlamentär schickte, wurde Laiboldt ungemütlich und ließ Wheeler sagen, er habe ihm schon einmal das Fell gegerbt und sei bereit, es auch zum zweitenmal zu besorgen.

Der sofort entbrennende Kampf währte die ganze Nacht, endete aber mit dem Rückzug des Rebellengenerals, dessen Reiter überaus schwere Verluste erlitten.

Auch der tapferen Taten des Generalmajors August V. Kautz und des Brevet Brigadegenerals William C. Küffner müssen wir gedenken. Kautz, bei Pforzheim in Baden geboren, machte bereits den Krieg gegen Mexiko mit. Während des Bürgerkrieges wurde er einer der glänzendsten Reiterführer und einer derjenigen, welche diese im Anfang des Krieges stark vernachlässigte Truppengattung zu hoher Bedeutung brachten. Er befehligte gegen Ende des Krieges das 24. Armeekorps und war an über hundert Gefechten und Schlachten beteiligt.

Sein Landsmann Küffner, ein Mecklenburger, nahm an einhundertundzehn Scharmützeln und Schlachten teil. Er wurde viermal verwundet, darunter zweimal schwer bei Shiloh und Corinth. Er war einer der feurigsten und tapfersten Deutschen des Westens und ein hochgeachtetes Mitglied der in Belleville, Illinois, gegründeten »Liga deutscher Patrioten«.

Mit der Schilderung ähnlicher, von deutschen Truppenabteilungen und Offizieren im Bürgerkriege vollführten Heldentaten könnte man viele Seiten füllen. Aber räumliche Rücksichten fordern zur Beschränkung auf.

Von den deutschgeborenen Generälen und Generalmajoren starben mehrere den Heldentod. Die glänzende Laufbahn des Generals Heinrich von Bohlen fand am 22. August 1862 in der Schlacht am Rappahannock ihren Abschluß, als er seine Truppen zum Angriff führte. Die Generäle Adolf Engelmann und Julius Raith fielen im April 1862 bei Shiloh; Franz Hassendeubel im Juli 1863, während der Belagerung von Vicksburg; Johann Koltes am 30. August 1862 in der Schlacht bei Bull Run; Max Weber wurde am 17. September 1863 bei Antietam so schwer verwundet, daß er auf eine fernere Teilnahme am Kriege verzichten mußte. Der Brigadegeneral Hugo Wangelin büßte bei Ringgold den linken Arm ein, trat nach Heilung der Wunde aber wieder in die Armee ein und leistete noch in Georgia und in Missouri vortreffliche Dienste.

Die Zahl der Obersten, Majore, Hauptleute und anderen Offiziere, die ruhmvoll vor dem Feind fielen, beläuft sich auf viele Hunderte; diejenige der gefallenen Soldaten auf viele Tausende. Mehrere deutsche Regimenter erlitten geradezu ungeheure Verluste. So kehrten zum Beispiel von dem im Herbst 1861 aus vier Kompagnien der Sigelschen Rifleschützen und sechs Kompagnien der deutschen Jäger gebildeten 52. New Yorker Regiment im Oktober 1864 nur 5 Offiziere und 35 Mann unter Führung des Majors Retzius zurück. Nachdem es neu ausgemustert und auf seine frühere Stärke von 2800 Mann gebracht worden, zog es abermals aus, um zu Ende des Krieges nur noch 200 Köpfe stark heimzukehren. Nicht weniger als 34 seiner Offiziere waren vor dem Feinde gefallen oder kampfunfähig geworden.

Das aus Turnern gebildete 20. New Yorker Regiment, welches am 31. März 1861 eingeschworen und zunächst nach der Festung Monroe beordert wurde, kehrte nach vielen mit Auszeichnung bestandenen Schlachten am 10. Mai 1863, von 1200 Mann auf nur 462 zusammengeschmolzen, zurück.

So enthält auch die Geschichte des Bürgerkrieges glänzende Beweise, daß die Deutschamerikaner gleich ihren amerikanischen Mitbürgern als echte Patrioten Blut und Leben für die Erhaltung der Union einsetzten.

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In den Reihen der Konföderierten Armee dienten gleichfalls viele Deutsche, die in den Südstaaten groß geworden und mit dem dortigen Leben und den dortigen Anschauungen verwachsen waren. Von diesen zeichnete sich besonders Oberst Johann Andreas Wagner bei der Verteidigung des Forts Walker in Südkarolina aus. Als die Befestigung am 7. November 1861 von einer 15 000 Mann starken Armee unter General Sherman sowie der 19 Kriegsschiffe zählenden Bundesflotte angegriffen wurde, wurde es von dem fast aus lauter Deutschen bestehenden und von Wagner befehligten 1. Artillerieregiment von Südkarolina und einer Division Infanterie unter General Drayton verteidigt. Fünf Stunden lang ergoß sich aus 300 Feuerschlünden ein verheerender Hagel von Kugeln und Bomben über das Fort. Wagner gab den hoffnungslosen Kampf erst auf, als seine sämtlichen Geschütze zerstört und die Vorräte an Munition verschossen waren. Beim Rückzug, der in bester Ordnung vonstatten ging, nahmen die Deutschen ihre Verwundeten mit sich. In Anerkennung seiner Tapferkeit wurde Wagner zum Brigadegeneral und Platzkommandanten von Charleston ernannt.

Zur Verteidigung dieser Stadt ließ Wagner auf der Nordspitze der den Hafen schützenden Morrisinsel das später nach ihm benannte Fort Wagner aufführen. Im Juni 1863 versuchten die Unionstruppen dieses zu nehmen. Nach einer mehrere Tage dauernden Beschießung liefen sie Sturm, wurden aber mit einem Verlust von 1500 Mann zurückgeworfen. Erst im November, nach längerem Bombardement, konnte Wagner zur Übergabe gezwungen werden.

Heros von Borcke ist der Name eines ehemaligen preußischen Reiterführers, der im Jahre 1862 in die konföderierte Armee eintrat und dem berühmten Reitergeneral Jeb Stuart als Stabschef zugeteilt wurde. Er zeichnete sich durch Kühnheit und Tapferkeit derart aus, daß der konföderierte Kongreß ihm ein besonderes Dankesvotum widmete. Im Gefecht bei Middleburg wurde von Borcke so schwer verwundet, daß er monatelang zwischen Leben und Tod schwebte und aus dem aktiven Dienst ausscheiden mußte. Im Winter 1864-1865 nahm er eine Mission der konföderierten Regierung nach England an, doch blieb dieselbe ohne Ergebnis, da bald darauf der Zusammenbruch der Konföderation erfolgte. Von Borcke kehrte darauf nach Deutschland zurück, wo er das vielgelesene Buch: »Zwei Jahre im Sattel und am Feinde« schrieb. Als er zwanzig Jahre später abermals die Südstaaten besuchte, gestaltete sich seine Reise zu einem förmlichen Triumphzuge.

Der Hannoveraner Carl Friedrich Henningsen, ein richtiger deutscher Landsknecht, brachte es zum Rang eines Brigadegenerals der konföderierten Armee, fand aber nur wenig Gelegenheit, sich auszuzeichnen.

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Es ist nötig, hier noch zweier Männer zu gedenken, die während des Bürgerkriegs überaus verantwortliche Stellen in Staatsdiensten bekleideten, der beiden Schatzmeister Francis E. Spinner und Ch. Gustav Memminger.

Der Erstgenannte war ein Sohn des im Jahre 1800 aus Tauberbischofsheim in die Vereinigten Staaten eingewanderten Predigers Johann P. Spinner, der von 1801 bis 1848 der alten Pfälzerkirche zu Herkimer im Mohawktal vorstand. Hier wurde am 21. Dezember 1801 sein Sohn Francis geboren. Nachdem derselbe mehrere wichtige Ämter bekleidet und es in der Miliz zum Generalmajor gebracht hatte, war er viele Jahre als Kassierer und Leiter der Mohawk Valley Bank in Mohawk tätig. Im Jahre 1848 erwählte man ihn zum Abgeordneten für den Bundeskongreß, in dem er einer der eifrigsten Befürworter der Abschaffung der Sklaverei war.

Als der Bürgerkrieg ausbrach, ernannte Präsident Lincoln Spinner zum Schatzmeister der Vereinigten Staaten. Aber die Kassen waren leer. Nichtsdestoweniger glückte es Spinner, durch weise Anordnungen den Finanzen wieder eine so gesunde Grundlage zu geben, daß den ersten Anstürmen auf die Kasse Rechnung getragen werden konnte. Die von ihm getroffenen Einrichtungen bewährten sich so, daß, trotzdem viele Millionen in Umlauf gesetzt wurden, nicht ein einziger Dollar verloren ging. Seiner Gewissenhaftigkeit wegen nannte der Volksmund Spinner »The Watchdog of the Treasury« (»Den Wachthund des Schatzamts«). Und H. McCullogh sagt von ihm in dem Buch »Men and conditions of a half Century«: »Nie hat ein vertrauenswürdigerer, gewissenhafterer und aufrichtigerer Mann ein so schwieriges Amt verwaltet als Francis E. Spinner. Vom frühen Morgen bis spät in die Nacht stand er an seinem Pult, und er war immer der letzte, der das Arbeitszimmer verließ.«

Ch. Gustav Memminger Finanzminister der südstaatlichen Regierung während des amerikanischen Bürgerkriegs.

Während seines dritten Amtsjahres machte Spinner den ersten Versuch, weibliche Personen als Regierungsangestellte zu verwenden. Diese bewährten sich vorzüglich, indem sie an Pünktlichkeit, Schnelligkeit und Ordnung nichts zu wünschen übrig ließen. Im Auftrag der Regierung besuchte Spinner auch Europa, um dortige Geldleute für amerikanische Staatspapiere zu interessieren. Er tat dies mit ausgesprochenem Erfolg. Spinner bekleidete seinen verantwortungsvollen Posten 15 Jahre lang. Nach seinem am 31. Dezember 1890 erfolgten Tod veranstalteten die in Dienst der Regierung stehenden weiblichen Angestellten am 10. Januar 1891 in Washington eine Massenversammlung, welche die Errichtung eines Standbildes Spinners beschloß. Dasselbe wurde am 29. Juni 1909 in der im Mohawktal gelegenen Stadt Herkimer enthüllt.

Ch. Gustav Memminger, ein armer deutscher Waisenknabe, hatte sich in Charleston zu einer sehr angesehenen Stellung emporgearbeitet. Als der Bürgerkrieg ausbrach, berief der Präsident der Südstaaten, Jefferson Davis, Memminger als Finanzminister in sein Kabinett. Das war allerdings kein beneidenswerter Posten, denn die finanziellen Hilfsmittel der südlichen Regierung waren in noch viel schlechterer Verfassung als jene der Bundesregierung, die während des langen Krieges mehrmals dem Bankerott nahe war. Trotz der oft unüberbrückbar scheinenden Verlegenheiten bekleidete Memminger sein schweres Amt bis zum Jahre 1864, wo er, die Nutzlosigkeit des ferneren Kampfes erkennend, seinen dornenvollen Posten niederlegte.

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Manche Offiziere deutschamerikanischer Abstammung spielten auch in den zahllosen Indianerkämpfen, welche die Vereinigten Staaten während des 19. Jahrhunderts im fernen Westen führen mußten, wichtige Rollen. Vor allen der Oberstleutnant Fetterman und der Reitergeneral George A. Custer, der Abkömmling einer während des 18. Jahrhunderts in Pennsylvanien eingewanderten hessischen Familie Namens Küster. Nach manchen Siegen über die Cheyennen, Arrapahoes und Sioux fiel dieser kühne General nebst 261 seiner Reiter am 25. Juni 1876 am Little Big Horn River in Montana, wo sein tollkühner Mut ihn mitten unter weit überlegene Feinde geführt hatte. In demselben Treffen fand sein Bruder, der Oberstleutnant Thomas Custer den Soldatentod.

In einem der Indianerkriege fiel auch der Brigadegeneral Alexander von Schrader, ein ehemaliger preußischer Offizier, der sich als Ingenieur bereits während des Bürgerkriegs ausgezeichnet hatte.

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Auch im Krieg des Jahres 1898, durch welchen der jahrhundertelangen spanischen Willkürherrschaft in der Neuen Welt das längst verdiente Ende bereitet wurde, dienten sowohl im Heer wie in der Marine zahlreiche Truppen und Offiziere deutschen Namens. Bei dem ersten blutigen Ereignis, der Explosion des Schlachtschiffs »Maine« im Hafen von Havanna, gingen 21 Deutsche zugrunde. Auf der Verlustliste des 8. Freiwilligenregiments stehen ein Drittel mit deutschen Namen. Von 96 Toten des 71. Regiments entstammen gleichfalls 20 deutschen Familien.

Unter den Offizieren, welche auf Porto Rico und den Philippinen fochten, zeichnete sich besonders Theodor Schwan aus. Als gemeiner Soldat hatte er bereits an der Expedition gegen die Mormonen teilgenommen. Während des Bürgerkriegs focht er in 20 Schlachten mit, darunter jene von Chancellorsville, Gettysburg, in der Wildnis, Spottsylvania, Petersburg usw. Später diente Schwan in vielen Indianerkriegen. Seine größte militärische Wirksamkeit fällt aber in den spanisch-amerikanischen Krieg. Während desselben befehligte er als Brigadegeneral auf Porto Rico die Heeresabteilung, welche von der Westküste gegen Mayaguez vormarschierte und am 10. August 1898 bei Hormigueros erfolgreich ein blutiges Gefecht gegen eine starke spanische Abteilung bestand. Auf den Philippinen leitete Schwan die Expeditionen in der Provinz Cavite und in Südluzon. Den Rang eines Brigadegenerals erreichte auch Johann Walter Klaus oder Clous, der im Stab des Oberstbefehlshabers, General Miles, den spanisch-amerikanischen Feldzug mitmachte. Ferner der Generalarzt George M. Sternberg, dem der gesamte Sanitätsdienst unterstellt war.

Admiral Winfield Scott Schley.

Und unter den Helden jenes Krieges ragt der Nachkomme eines deutschen Schulmeisters hervor: Winfield Scott Schley, der Sieger von Santiago. Sein Urahne war Thomas Schley, der im Jahre 1735 das erste Haus der heutigen Stadt Frederick in Maryland erbaute.

Die Laufbahn weniger Männer ist so reich an ehrenvollen Taten, wie die des Admirals Schley. Am 9. Oktober 1839 in der Nähe des alten Familiensitzes Frederick geboren, durchlief er die Marineakademie in Annapolis. Als junger Seeoffizier focht er im Bürgerkrieg; später wurde er dem Geschwader im Großen Ozean zugeteilt. Hier unterdrückte er im Jahre 1864 einen Aufstand chinesischer Kulis auf den Chinchiinseln. 1871 beteiligte er sich an dem Angriff auf die Forts am Salu in Korea. Nachdem er dann fünf Jahre im Atlantischen Geschwader gedient hatte, befehligte er die beiden Dampfer, welche im Jahre 1884 ausgeschickt wurden, um den verschollenen Polarforscher A. W. Greeley aufzusuchen. Es gelang Schley, die auf sechs Mann zusammengeschmolzene Expedition Greeleys zu retten, wofür ihm der Kongreß eine goldene Denkmünze stiftete. 1891 verrichtete er höchst wertvolle Dienste in Chile. Die Zeit höchsten Ruhms kam für Schley aber im Jahre 1898, als eine aus den Kreuzern »Christobal Colon«, »Almirante Oquendo«, »Maria Theresa«, »Vizcaya« und den Torpedobootzerstörern »Furor«, »Terror« und »Pluton« bestehende spanische Flotte unter dem Befehl des Admirals Cervera Europa verließ und die amerikanische Küste bedrohte.

In Eile zog man in den Vereinigten Staaten ein »fliegendes Geschwader« zusammen und unterstellte dasselbe dem Befehl des Commodore Schley. Dieser richtete zunächst mittels schneller Avisos einen ausgedehnten Wachtdienst längs der ganzen atlantischen Küste ein. Als die Nachricht eintraf, daß die feindliche Flotte in Westindien gesichtet worden sei, galt es, Cervera daran zu verhindern, mit seinen Schiffen Havanna, den einzig möglichen Stützpunkt, zu erreichen. Während Admiral Sampson mit seiner starken Flotte die Haiti und Cuba trennende Windwardpassage sperrte, eilte Schley mit seinem fliegenden Geschwader um die Westspitze Cubas durch den Kanal von Yukatan, um auch diesen Weg zu verlegen.

Mangel an Kohlen hatten Cervera gezwungen, den cubanischen Hafen Santiago anzulaufen. Dort wurde seine Anwesenheit am 26. Mai durch die schnellen Aufklärungsboote Schleys festgestellt, worauf sowohl dessen Geschwader wie die Flotte Sampsons herbeieilten, um Cervera die Ausfahrt aus seinem Zufluchtsort zu versperren. Das gelang. Da aber die nahende Regen- und Orkanperiode eine lange Blockade sehr gefährlich machen mußte, so beschloß man in Washington, Cervera durch einen Landangriff aus dem Hafen herauszutreiben und zur Schlacht zu zwingen. Es folgte die Überfahrt einer 17 000 Mann starken amerikanischen Armee unter dem Befehl des Generals Shafter. Diese stürmte den Hügel von San Juan und schloß die Stadt Santiago dermaßen ein, daß ihre Lage unhaltbar und Admiral Cervera zu einen Durchbruchsversuch genötigt wurde.

Dieser erfolgte am 3. Juli, zu einer Zeit, wo Admiral Sampson mit dem Schlachtschiff »New York« abwesend war, und Commodore Schley den Oberbefehl über das ganze amerikanische Geschwader führte.

Es war 9 Uhr 35 Minuten vormittags, als die spanischen Schiffe den Hafen von Santiago plötzlich in voller Fahrt verließen. Voran das Flaggschiff Cerveras, die »Infanta Maria Theresa«; hinter ihr in kurzen Abständen die Schiffe »Vizcaya«, »Cristobol Colon«, »Almirante Oquendo« und die Torpedobootzerstörer »Pluton« und »Furor«.

Sofort flogen auf den amerikanischen Kriegsschiffen die Signalflaggen empor, gleichzeitig machte man sich fertig zur Aktion. Augenscheinlich planten die Spanier, unter Aufgebot der äußersten Geschwindigkeit den Amerikanern zu entrinnen. Aber Schleys »Brooklyn« sowie die »Texas« erwiesen sich als ebenbürtige Renner und blieben, aus ihren schweren Deckgeschützen ein vernichtendes Feuer eröffnend, den westwärts eilenden Spaniern hartnäckig zur Seite. Bereits nach 25 Minuten standen die von zahlreichen Granaten getroffenen Schiffe »Maria Theresa« und »Oquendo« in hellen Flammen und mußten, um den Untergang ihrer Besatzung zu verhüten, auf den Strand gesetzt werden.

»Vizcaya« und »Cristobol Colon« flohen unter Volldampf weiter, hart verfolgt von den Schiffen »Brooklyn«, »Texas«, »Iova« und »Oregon«. Kurz nach elf Uhr geriet auch die »Vizcaya« in Brand und lief bei Aserraderos auf den Strand. Die beiden Torpedobootzerstörer »Pluton« und »Furor« erlitten das gleiche Schicksal.

Am längsten hielt sich der von der »Brooklyn« scharf verfolgte Kreuzer »Cristobol Colon«. Es hißte erst gegen ein Uhr nachmittags die weiße Flagge und strandete 50 Meilen westlich von Santiago.

Sämtliche Schiffe, Spaniens letzte Hoffnung, waren in wertlose, rauchende Wracks verwandelt. 2000 Gefangene, darunter Admiral Cervera, fielen den Amerikanern in die Hände. Während die Zahl der Toten auf spanischer Seite über 600 betrug, hatten die Amerikaner nur einen Toten und einen Verwundeten. Schleys glänzender Sieg entschied auch das Schicksal der Stadt Santiago, deren am 17. Juli erfolgende Kapitulation den Amerikanern weitere 22 000 spanische Truppen als Kriegsgefangene überlieferte.

Es ist hier nicht der Platz, auf die später angestellten häßlichen Versuche einzugehen, um Schley den Ruhm des Siegers von Santiago zu entreißen und dem Admiral Sampson zuzuwenden. Die Volksmeinung ist über die unerquicklichen Kontroversen, die sich an diese Bemühungen knüpften, hinweggegangen und hat den Lorbeerkranz jenem Helden zuerkannt, dem er von Rechts wegen gebührt: Winfield Scott Schley.


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