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Die Masseneinwanderung der Pfälzer im 18. Jahrhundert.

Der anfangs dünne Strom Deutscher, die nicht aus religiösen Gründen, sondern in dem Verlangen, ihre Lage zu verbessern, nach Nordamerika auswanderten, gewann in dem gleichen Grade an Stärke, in welchem die politischen und wirtschaftlichen Zustände ihrer Heimat sich verschlechterten.

Wie entsetzlich Deutschland durch den Dreißigjährigen Krieg gelitten hatte, schilderten wir in einem früheren Abschnitt. Alle Schrecken jener grauenhaften Zeit wiederholten sich während der Kriege, die Deutschland zu Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrhunderts mit Ludwig XIV. von Frankreich führen mußte. Der Streit über die Erbfolge in der Pfalz bildete die Hauptveranlassung zu diesen Kriegen. Außerdem war der Gallier darüber ergrimmt, daß die aus Frankreich vertriebenen Hugenotten bei den Pfälzern Aufnahme gefunden hatten.

Der Durst nach Rache wie das Verlangen, den Deutschen einen Angriff auf Frankreich von der Pfalz aus zu erschweren, veranlaßte Ludwig, seinen Generälen den Befehl zu geben, die Pfalz in eine Wüste zu verwandeln.

Diesem unerhörten Auftrag folgend, brachen die französischen Heere im Jahre 1688 ohne vorhergegangene Kriegserklärung in das Land ein. Unzählige blühende Dörfer gingen in Flammen auf. Heidelberg, Mannheim, Speier, Worms, Alzey, Oppenheim, Kreuznach, Gernsheim, Ladenburg und viele andere Orte sanken in Asche. Die Kaisergräber im Dom zu Speier wurden aufgerissen und geplündert. Mit Blut und Flammen schrieben die französischen Mordbrenner Melac, Turenne und de Lorges in das Buch der Geschichte ihre Namen ein, Namen, an die der Fluch von Tausenden sich heftete.

Der Überfall erfolgte mitten im Winter. Tiefer Schnee erschwerte die Flucht der unglücklichen Pfälzer, von denen viele, die den Mordbrennern entkamen, erfroren oder infolge der furchtbaren Entbehrungen zugrunde gingen.

Zu den Schrecken, welche die Pfälzer in jener Zeit erlebten, gesellten sich obendrein Bedrückungen und religiöse Verfolgungen durch die eigenen Landesherren. Bereits viermal hatten sie während der letzten hundert Jahre mit dem viermal eintretenden Fürstenwechsel ihren Glauben wechseln müssen. Denn »cujus regio, ejus religio« erklärten die Fürsten und zwangen ihre Untertanen zur Annahme jener Glaubensform, der sie selber anhingen. Diesem Zwang nachgebend, waren die Pfälzer zuerst vom Katholizismus zum Luthertum übergetreten, dann wurden sie reformiert, wieder lutherisch und zuletzt noch einmal reformiert. Im Jahre 1690 kam Kurfürst Johann Wilhelm ans Regiment, der, selbst Katholik, nunmehr die Pfälzer gewaltsam wieder katholisch machen wollte. Genußsucht, Verschwendung, Ausbeutung des Bürger- und Bauernstandes waren für diesen in Düsseldorf hofhaltenden Schwachkopf bezeichnend. Er äffte in seiner Lebensweise und Prachtentfaltung nicht nur Deutschlands größten Feind, Louis XIV., nach, sondern setzte sich gleich diesem bei Lebzeiten sein eignes Denkmal, das noch jetzt auf dem Marktplatz zu Düsseldorf zu sehen ist.

Aus Stake, Deutsche Geschichte. Greueltaten französischer Soldaten im 17. Jahrhundert. Nach einem gleichzeitigen Stich.

Die Inschrift sagt, die »grata civitas« habe dem Fürsten dies Denkmal gesetzt. Wie wenig Ursache aber seine Untertanen zur Dankbarkeit hatten, geht daraus hervor, daß um das Jahr 1708 Tausende von armen Pfälzern, die nicht vermochten, die ewig leeren Kassen des Verschwenders zu füllen, den Entschluß faßten, nach Amerika überzusiedeln. In diesem Vorsatz wurden sie nicht nur durch die beständig drohende Franzosengefahr bestärkt, sondern auch durch ihre bereits jenseits des Weltmeeres wohnenden Landsleute ermutigt. Zudem machte ein massenhaft unter den Pfälzern verteiltes Werkchen, das sogenannte »Goldene Buch«, dessen mit dem Bilde der Königin Anna von England geschmücktes Titelblatt in Gold gedruckt war, durch seine verlockenden Schilderungen der englischen Kolonien Nordamerikas tiefen Eindruck auf die armen Menschen.

Die erste Pfälzerschar, die zum Wanderstabe griff, stand unter der Führung des lutherischen Pfarrers Josua von Kocherthal. Zehn Familien mit 21 Kindern umfassend, zog sie im Jahre 1708 über Holland nach London. Die englische Regierung, auf die Besiedelung ihrer überseeischen Besitzungen bedacht, beschloß die um Unterstützung bittenden Pfälzer an den Ufern des Hudson anzusiedeln, wo sie, wie es in den offiziellen Dokumenten heißt, »beim Erzeugen der Bedarfsgegenstände für die Flotte und als Grenzwächter gegen die Franzosen und Indianer verwendet werden können«.

Da Kocherthal sich bereit erklärte, als Seelsorger bei seiner kleinen Herde zu bleiben, so bewilligte die Regierung ihm eine Unterstützung sowie 500 Acker Landes.

Die Überführung der durch verschiedene Nachzügler auf 55 Köpfe angewachsenen Schar geschah auf einem Kriegsschiff, das gleichzeitig den neuernannten Gouverneur der Kolonie, Lord Lovelac, nach New York brachte. Dieser wies den Pfälzern einen an der Mündung des Quassaickbaches am Westufer des Hudson gelegenen Landstrich an, der durch seine wunderschöne, an die herrlichsten Strecken des Rheines erinnernde Umgebung das besondere Wohlwollen der Pfälzer erregte. Hier gründeten sie eine Niederlassung, die sie in Erinnerung an den Stammsitz des damals über die Pfalz regierenden Fürstengeschlechts Neuburg hießen.

Wenngleich diese Ansiedlung infolge der bitteren Armut der Pfälzer nicht recht gedieh, so rief die Kunde von der freundlichen Aufnahme und Unterstützung, die den Pfälzern von der englischen Regierung gewährt worden war, in der Pfalz große Erregung hervor. Diese wurde von englischen Spekulanten benutzt, die Auswanderungslust noch mehr anzufachen, wozu obendrein der furchtbar kalte Winter von 1708 bis 1709, währenddessen alle Feldfrüchte und Reben der Vernichtung anheimfielen, und der Wein in den Fässern gefror, nicht wenig beitrug.

Es war im Frühling 1709, als der Rheinstrom Schauplatz einer außerordentlichen Begebenheit wurde. Ganze Flotten von Flößen, Kähnen und Booten glitten den schönen Strom hinab, alle beladen mit unglücklichen Menschen, die das Geringe, was ihnen geblieben, in Bündeln, Kisten und Kasten mit sich führten. Vom Oberrhein schifften die Auswandrer nach Holland, setzten von da nach England über und zogen nach London, um von der englischen Regierung die Weiterbeförderung nach Nordamerika zu erflehen.

In London erschrak man über die Menge der Ankömmlinge, auf die man in keiner Weise vorbereitet war, und die man bald nicht mehr unterzubringen vermochte. Nachdem sämtliche leerstehende Wohnungen mit solchen Hilfesuchenden gefüllt waren, mußte man 1400 in einem Warenlager einquartieren. Mehreren Tausend anderen verschaffte man in einem auf der schwarzen Heide (Black heath) aus 1000 Armeezelten errichteten Notlager Unterkunft.

Ein damals in London gedrucktes Flugblatt gibt über das Leben der hier Versammelten folgende Mitteilungen: »Ihre Zeit verbringen sie mit Arbeit und Gottesdienst. Sie haben morgens und abends Gebete mit Psalmengesang, und jeden Sonntag eine Predigt, wobei alt und jung sehr ernst und ergeben zu sein scheinen. Einige beschäftigen sich mit dem Anfertigen billiger Spielsachen, welche sie der täglich sie besuchenden Menge für ein Geringes ablassen. Sie geben sich mit sehr gewöhnlicher Nahrung zufrieden. Ihr Brot ist braun, und das von ihnen genossene Fleisch von der minderwertigsten Sorte. Aber sie verzehren dasselbe unter Zugabe einiger Wurzeln und Kräuter in Frohsinn und Dankbarkeit. Viele von ihnen wandern Sonntags zu ihrer Kirche in Savoy, um dort durch ihre eignen Priester die Sakramente zu empfangen. Manche der jüngeren treten in den Bund der Ehe ein, wobei die Frauen Rosmarin, die Männer Lorbeer in den Haaren tragen. Ehebruch und Unzucht werden sehr verabscheut. Bei einem Begräbnis schreiten alle singend hinter dem Sarge, und wenn sie am Grabe stehen, wird der Sarg nochmals geöffnet, damit jeder noch einen letzten Blick auf den Toten werfen kann. Nachdem man diesen beigesetzt, gehen alle unter Seufzen davon. Die Leichen erwachsener Personen werden auf einer Bahre, diejenigen von Kindern auf dem Kopf getragen. Im ganzen erweisen sie sich unschuldig, arbeitsam, friedfertig, gesund und klug, so daß sie eher ein Segen als eine Bürde für jenes Land sein dürften, in dem sie angesiedelt werden sollen.«

Insgesamt waren im Oktober 1709 gegen 14 000 Pfälzer in London versammelt. Unter den Männern befanden sich 1838 Landwirte und Winzer, 78 Bäcker, 477 Maurer, 124 Zimmerleute, 68 Schuhmacher, 99 Schneider, 29 Metzger, 45 Müller, 14 Gerber, 7 Strumpfwirker, 13 Sattler, 2 Glasbläser, 3 Hutmacher, 8 Kalkbrenner, 18 Schullehrer, 2 Graveure, 3 Ziegeldecker, 2 Silberschmiede, 35 Schmiede, 3 Hirten, 48 Grobschmiede, 3 Töpfer, 6 Türmer, 1 Barbier und 2 Ärzte.

Die Anwesenheit so vieler, meist mittelloser Menschen gestaltete sich für das damalige London zu einer ernsten Sache. Man besaß nicht Schiffe genug, um eine so große Menge zu befördern. Die anfangs glänzend eintretende Wohltätigkeit erlahmte allgemach, so daß bei Einbruch des Winters die Not immer größer wurde und infolge derselben gegen tausend Personen starben. Da dem Zustande ein Ende bereitet werden mußte, so schaffte die Regierung mehrere Tausend der Unglücklichen nach Holland und Deutschland zurück; 3800 brachte man nach Irland, um die dortigen Webereien zu heben; 600 sandte man nach Karolina und Virginien, und mehr als 3000 zu Anfang des Jahres 1710 mit dem an Stelle des verstorbenen Lord Lovelac neu ernannten Gouverneur Hunter nach New York.

Der besseren Übersicht wegen wollen wir die Schicksale der nach Amerika beförderten Pfälzer in besonderen Abschnitten schildern.

Die Pfälzer in Karolina und Virginien.

Zur selben Zeit, wo die Pfälzer ihre verwüstete Heimat verließen, sandte eine im Kanton Bern in der Schweiz bestehende kleine Mennonitengemeinde zwei Bevollmächtigte nach London, den Freiherrn Christoph von Graffenried und Franz Ludwig Michel. Sie hatten den Auftrag, von einer dort bestehenden Kolonialgesellschaft ein Stück Land in Amerika zu erwerben, wohin die Mennoniten übersiedeln könnten. Die beiden Männer kauften von der »Karolina-Gesellschaft« einen 10 000 Acker großen Landstrich zwischen Kap Fear und dem Neusefluß, überdies sicherten sie sich das Anrecht auf weitere 100 000 Acker.

Um für diese ausgedehnten Besitzungen Ansiedler zu gewinnen, machte Graffenried der englischen Regierung den Vorschlag, mehrere Hundert der in London weilenden Pfälzer dorthin überzuschiffen. Die Regierung ergriff in ihrer Notlage freudig das Angebot und stellte, nachdem die künftigen Beziehungen der Pfälzer zu Graffenried genau geregelt waren, zwei Schiffe zur Verfügung, auf denen im Oktober 1709 650 Pfälzer nach Nordkarolina segelten. Dort gründeten sie am Zusammenfluß der Neuse mit der Trent die Ansiedlung Neu-Bern.

Graffenried hielt aber nicht die gemachten Versprechungen. Als seine Erwartungen in bezug auf die zu gewinnenden Reichtümer sich nicht rasch genug erfüllten, wandte er der Niederlassung den Rücken und kehrte nach Europa zurück. Sein Besitztum verpfändete er an den Engländer Thomas Pollock. So kam es, daß die Pfälzer die Besitztitel für die ihnen versprochenen Ländereien erst mehrere Jahre später erhielten.

Während der im Jahre 1711 zwischen der Kolonie Karolina und den Tuscarora Indianern entbrannten Streitigkeiten litten die Pfälzer schwer durch einen indianischen Überfall, währenddessen 112 der Ihrigen niedergemacht wurden. Dieses Ereignis bewog manche der Überlebenden, Karolina zu verlassen und einer vom Gouverneur Alexander Spotswood erlassenen Einladung folgend, nach Virginien zu ziehen.

Mit diesen Deutschen gründete Gouverneur Spotswood auf einer vom Rapidanfluß gebildeten Halbinsel die Niederlassung Germanna. Es scheint aber nicht, daß der Gouverneur die Förderung derselben sich sehr angelegen sein ließ, denn sie befand sich noch mehrere Jahre nach ihrer Gründung in ziemlich verwahrlostem Zustande. Das erhellt aus einer drastischen Beschreibung, die von John Fontaine und John Clayfon, zwei Bürgern der Ortschaft Williamsburg, im Jahre 1714 geliefert wurde. Auf einer Reise begriffen, stiegen sie in Germanna bei dem deutschen Pastor Johann Heinrich Häger ab. Derselbe war kurz zuvor mit vierzig deutschen Bergleuten angekommen, die Freiherr von Graffenried für den Gouverneur Spotswood angeworben hatte, damit sie für denselben in Virginien Bergwerke und Eisenschmelzhütten anlegen sollten. Die beiden Reisenden schrieben über ihren Besuch folgendermaßen: »Wir begaben uns zunächst zur Wohnung des deutschen Pastors, fanden dort aber nichts zu essen und lebten deshalb von unseren eignen Vorräten. Da unser Lager nur aus einer Schütte Stroh bestand, und keineswegs bequem war, so erhoben wir uns bereits bei Tagesanbruch und wanderten trotz starken Regens durch den Ort, welcher ringsum mit dicken, für eine Flintenkugel undurchdringlichen, eng aneinander in die Erde eingerammten Pfählen verpalisadiert ist. Es halten sich hier nur neun Familien auf. Ihre neun Hütten bilden eine Reihe. Vor jedem Hause, 20 Fuß entfernt, liegen die Ställe für die Hühner und Schweine, so daß der Raum zwischen diesen Ställen und den Häusern eine Straße bildet. In der Mitte des von den Palisaden umschlossenen fünfseitigen Raums steht ein fünfeckiges Blockhaus, dessen fünf Seiten mit jenen der Palisadenumfassung korrespondieren. Die Wände des Blockhauses enthalten Schießscharten, von denen aus man die ganze Gegend überschauen kann. Diese Hütte dient als Zufluchtsort für den Fall, daß die Palisaden nicht länger gegen die Indianer verteidigt werden könnten. Sie dient zugleich auch kirchlichen Zwecken. Einmal täglich gehen die Bewohner zum Gebet, zweimal Sonntags zur Predigt. Wir wohnten dem in deutscher Sprache abgehaltenen Gottesdienst bei. Obwohl wir die Predigt nicht verstanden, bemerkten wir doch, daß alle sehr ergeben waren und ihre Psalmen vortrefflich sangen. Die Ansiedlung liegt 30 Meilen von jeder andern menschlichen Wohnstätte entfernt. Ihre Bewohner leben in recht kümmerlichen Verhältnissen. Infolge mangelnder Lebensmittel waren wir genötigt weiterzuziehen.«

Aus dieser Schilderung ergibt sich, daß die Ansiedler von Germanna wenig Ursache hatten, dem Gouverneur Spotswood für zuteil gewordene Förderung dankbar zu sein.

Aus anderen Quellen wissen wir, daß er ihnen für die in seinen Plantagen und Bergwerken geleisteten Dienste große Summen schuldig blieb und ihnen als Entschädigung Landstücke am Robertson, einem Nebenfluß des Rapidan, übertrug.

Die meisten Deutschen verließen im Jahre 1718 nebst ihrem Pastor und dem Lehrer Johann Holtzklau Germanna und gründeten im Fauquier County die Niederlassung Germantown. Hier erbauten sie eine Kirche, welcher Häger bis zu seinem im Jahre 1737 erfolgten Tode vorstand.

Germanna existierte noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts, aber es bestand damals nur noch aus dem Wohnhaus des Gouverneurs und anderthalb Dutzend halbverfallenen Hütten, in denen vormals Deutsche gelebt hatten.

Die von deutschen Bergleuten angelegten Eisenminen und Schmelzhütten lagen einige Meilen von Germanna entfernt, in der sogenannten »Wildnis«. Sie waren die ersten ihrer Art in Nordamerika und werden noch heute von der »Wilderniß Mining Co.« ausgebeutet.

Die Pfälzer in der Kolonie New York.

Schon bald nach seiner Ankunft in New York, im Mai des Jahres 1709, war Gouverneur Lovelac, der Protektor der unter Leitung des Pfarrers Josua von Kocherthal am Hudson gegründeten Pfälzerkolonie Neuburg, gestorben. Zu seinem Nachfolger wurde der Oberst Robert Hunter erwählt. Dieser erhielt den Auftrag, 3000 der noch in London weilenden Pfälzer nach New York mitzunehmen und gleichfalls am Hudson anzusiedeln.

Die Einschiffung erfolgte im April 1710. Man brachte die Pfälzer auf zehn Schiffen unter, um deren Einrichtung und Verproviantierung es aber so jämmerlich bestellt war, daß während der Überfahrt 470 Personen starben. Da man in New York die Einschleppung einer ansteckenden Seuche befürchtete, so hielt man die Einwanderer wochenlang in einem auf Gouverneurs Island errichteten Notlager zurück. Hier starben noch 250 Personen, so daß der Gesamtverlust sich auf 720 belief.

Als endlich die entsetzliche Quarantäne aufgehoben wurde, glaubten die Pfälzer das Schlimmste überstanden zu haben. Aber der ihnen beschiedene Leidenskelch war noch lange nicht leer, denn nachdem Gouverneur Hunter sie endlich südöstlich von den Catskillgebirgen in zwei zu beiden Seiten des Hudson gelegenen Lagern, dem East- und West Camp untergebracht hatte, begann für die Ärmsten eine mehrere Jahre währende Zeit schwerer Bedrückung. Anstatt daß man sie die Rechte heutiger Einwandrer hätte genießen lassen, behandelte man sie als eine Art von Kronbauern, die verpflichtet seien, die ihnen gewährten Unterstützungen sowie die Kosten der Überfahrt und Verpflegung durch ihre Arbeit auf Heller und Pfennig abzutragen. Sie wurden angehalten, Teer zu bereiten und Hanf zu bauen, damit die englische Regierung nicht länger genötigt sei, diese für die Marine unentbehrlichen Gegenstände aus dem Ausland zu beziehen.

Das East Camp lag im Besitztum des Schotten Robert Livingston, eines Abenteurers schlimmster Sorte, wie es deren in den Kolonien nicht wenige gab. Als Indianeragent, Steuerbeamter und Armeelieferant hatte Livingston durch zahllose Betrügereien sich ein großes Vermögen erworben und dieses zum Ankauf eines 16 englische Meilen langen und 24 Meilen breiten, am Hudson liegenden Besitztums verwendet. Es war mit allen Rechten einer jener von den Holländern geschaffenen Baronien ausgestattet. Dieses »Manor« besiedelte Livingston mit Leuten, die zu arm waren, um mit eigenen Mitteln ein Heim zu schaffen. Durch rücksichtsloses Ausbeuten ihrer Arbeitskraft suchte er sein Besitztum zu verbessern und dessen Wert zu erhöhen.

Livingston gehörte auch zu jenen Schurken, die im Jahre 1691 den wackeren Jakob Leisler an den Galgen gebracht hatten. Nach der Beseitigung dieses Volksmannes war es ihm gelungen, Mitglied des Kolonialrats zu werden. Aber seine Unternehmungen waren meist so schmutziger Art, daß der Vizegouverneur Naufan ihn im Jahre 1702 seines Postens enthob und sogar die Beschlagnahme seines Vermögens anordnete. Aber der schlaue Fuchs verstand es, sich bei der Londoner Regierung weißzuwaschen und bei den Nachfolgern des ihm unbequemen Beamten in Gunst zu setzen.

Obwohl dieser Mann bei allen bessergesinnten Bewohnern der Kolonie New York im schlechtesten Ruf stand, übertrug man ihm die Verpflegung der am Hudson angesiedelten Pfälzer. Dieselben hätten in keine schlimmeren Hände geraten können. Denn Livingston hatte sich um die für jene Kolonisten bestimmten Lieferungen nur beworben, um daraus neue Reichtümer zu gewinnen. Daß es sich dabei um keine geringen Summen handelte, ergibt sich aus verschiedenen noch vorhandenen Rechnungen, welche Livingston bei der Kolonialregierung einreichte. Aus denselben veranschlagte Samuel Cobb in seiner »Story of the Palatines«, daß Livingston während des vom 10. November 1710 bis zum September 1712 reichenden Zeitraumes für die Verpflegung der Pfälzer über 26 000 Pfund Sterling erhielt! Daß der größte Teil dieser Summe als reiner Gewinn in die Taschen des Gauners floß, ist selbstverständlich.

Liest man die in der dokumentarischen Geschichte des Staates New York abgedruckten Beschwerden, die sowohl von den Pfälzern wie von den ihnen vorgesetzten Aufsehern gegen Livingston vorgebracht wurden, so erfaßt einen noch heute tiefer Grimm über die von ihm begangenen Schuftereien.

Nicht bloß waren sämtliche durch ihn gelieferten Nahrungsmittel von der allerschlechtesten Beschaffenheit, sondern auch hinsichtlich der zu liefernden Menge wurden die gemeinsten Betrügereien verübt. Die Fässer, welche das Mehl enthielten, wogen an Holz stets vier bis fünf Pfund mehr als auf den Rechnungen angegeben stand. Selbstverständlich enthielten sie ebenso viele Pfund Mehl weniger. Dem Pökelfleisch war so viel Salz beigemengt, daß dasselbe ein Achtel des ganzen Inhalts der Fässer betrug und das Fleisch ungenießbar machte.

In dem »Verzeichnis der Beschwerden«, welches von den Pfälzern der Regierung eingereicht wurde (abgedruckt in der Documentary History of New York, III. 423) heißt es über den Winter des Jahres 1712: »Der Winter war äußerst streng. Wir besaßen weder Lebensmittel noch Kleider. Infolgedessen herrschte überall die größte Bestürzung. Von allen Seiten, besonders von den Lippen der Frauen und Kinder ertönten die jämmerlichsten und herzbrechendsten Klagen, die jemals von unter den kümmerlichsten Verhältnissen und den unglücklichsten Zuständen lebenden Personen vernommen wurden. Zuletzt, gegen ihren Willen, sahen sich diese Leute der bitteren Notwendigkeit ausgesetzt, die Hilfe der Indianer anzurufen.«

So war die Lage der Unglücklichen, denen man vor ihrer Überführung nach den Gestaden der Neuen Welt versprochen hatte, daß sie daselbst auf eigene Füße gestellt und mit allem Nötigen zur Begründung blühender Ansiedlung versorgt werden sollten.

Es konnte natürlich nicht ausbleiben, daß die Ärmsten der Bedrückungen müde wurden und sich weigerten, weiterzuarbeiten.

Als darauf Gouverneur Hunter sie durch Soldaten zur Wiederaufnahme der Arbeit zwingen wollte, faßten sie den Entschluß zu fliehen. Im Tal des Schoharie lebten mehrere Indianerhäuptlinge, die während eines Besuchs in London die Pfälzer in ihrem Notlager gesehen und ihnen, als sie vernahmen, daß dieselben keine Heimstätten besaßen, Land zum Geschenk angeboten hatten. Jetzt erinnerte man sich dieses Geschenkes und bat durch Abgesandte die Indianerhäuptlinge um die Erlaubnis, sich auf deren Gebiet ansiedeln zu dürfen. Als die Häuptlinge die Schenkung nochmals ausdrücklich wiederholten, machten die Pfälzer sich trotz aller Einsprüche des englischen Gouverneurs, der die Ärmsten weiter auszubeuten dachte, im März 1713 auf den Weg nach dem Schoharietal. Vierzehn Tage nahm die Wanderung in Anspruch. Sie wurde dadurch erschwert, daß man kein einziges Zugtier, keinen Wagen besaß, um das Gepäck, die Frauen, Kinder und Kranken fortzuschaffen. Alle Gegenstände mußten auf dem Rücken getragen werden. Dazu lag weit und breit tiefer Schnee, der das Vorwärtskommen fast unmöglich machte. Als endlich die armen Wanderer in dem schönen Tale ankamen, besaßen sie nichts, wovon sie hätten leben können. Zweifellos wären sie verhungert, wenn die Indianer sich ihrer nicht erbarmt und sie zum Frühjahr mit Wildbret versorgt hätten.

Ein Häuptling der Mohawk-Indianer.

Kaum wurden jemals Niederlassungen unter schwierigeren Verhältnissen begonnen, als diese pfälzischen im Schoharietal. Da man keine Pflüge besaß, so riß man die Erde mit Sicheln auf und säte in diese rohen Furchen den Scheffel Weizen, den man mit dem letzten Gelde in dem 20 Meilen entfernten Örtchen Schenectady kaufte. Die Häuser baute man aus rohen Baumstämmen. Die Kleider und Mützen fertigte man aus den Fellen erlegter Tiere. So schleppten sich die Ärmsten hin bis zum Herbst, wo die erste Ernte 83 Scheffel ergab. Dies gewonnene Getreide zerstampfte man in Ermanglung einer Mühle auf Steinen. Bereits im nächsten Sommer begannen aber die Ansiedlungen einen wohnlicheren Ausdruck zu gewinnen. Sieben kleine, nach den Führern der Pfälzer benannte Dörfchen entstanden: Weisersdorf, Hartmannsdorf, Brunnendorf, Schmidtsdorf, Fuchsdorf, Gerlachsdorf und Kneiskerndorf. Von diesen bestehen das letztgenannte, sowie Hartmannsdorf noch heute.

Die Erbauer dieser Dörfer begannen eben voll neuer Hoffnung der Zukunft entgegenzusehen, als plötzlich die Nachricht eintraf, daß Gouverneur Hunter das Land am Schoharie mehreren Spekulanten übertragen habe, mit denen die Pfälzer sich auf die eine oder andere Weise abfinden müßten. Unter diesen Spekulanten befand sich der berüchtigte Livingston. Die Kunde traf die Pfälzer gleich einem Donnerschlag; bedeutete sie doch eine Kriegserklärung des über das Fehlschlagen seiner Pläne ergrimmten Gouverneurs, der an den Pfälzeransiedlungen am Hudson finanziell stark beteiligt gewesen war und nun fürchtete, durch den Wegzug der Deutschen den größten Teil seines Vermögens einzubüßen. Daß die Pfälzer das Land am Schoharie von den Indianern geschenkt erhalten und nach dem Kolonialrecht, daß dem ersten Ansiedler den Besitz sicherte, Anspruch auf dasselbe hatten, darum kümmerte sich Hunter nicht. Er fuhr fort, die Pfälzer durch allerlei Nichtswürdigkeiten so zu peinigen, daß dieselben in ihrer Not beschlossen, drei zuverlässige Männer nach London zu senden, um ihre Beschwerden direkt dem König zu unterbreiten. Die Wahl fiel auf Johann Konrad Weiser, Wilhelm Scheff und Wilhelm Wallrat. Da Hunter ihre Abreise zweifellos verhindert haben würde, so begaben die drei sich heimlich nach Philadelphia und schifften sich dort ein. Erst nach mancherlei Abenteuern trafen sie in London ein, ohne jegliche Mittel, da ihr Fahrzeug unterwegs von Seeräubern überfallen worden war, die sämtliche Insassen ausplünderten.

In London machten die Abgesandten die übelsten Erfahrungen. Man gebot ihnen, ihre Klagen auf dem üblichen Wege durch Vermittlung des Kolonialministeriums vorzubringen. Darüber verstrichen Monate, während welcher die ohne Geld und Freunde dastehenden Männer nicht bloß die bittersten Qualen der Ungewißheit, sondern Not und Entbehrungen erlitten.

Wallrat starb an Heimweh. Die beiden andern wurden sogar, da sie Schulden gemacht hatten, ins Gefängnis geworfen. Sie wurden aus demselben erst nach einjähriger Haft erlöst, nachdem die im Schoharietal zurückgebliebenen Landsleute 70 Pfund Sterling zur Deckung ihrer Schulden aufgebracht hatten.

Während Scheff nach Amerika zurückkehrte, blieb Weiser noch zwei Jahre lang in London, in der Hoffnung, bei der Regierung Gehör zu finden. Aber diese Hoffnung scheiterte, als Gouverneur Hunter nach England zurückkehrte und die Pfälzer als Aufwiegler bezeichnete, welche sich widerrechtlich auf dem Eigentum anderer niedergelassen hätten.

Die Kolonialminister nahmen sich nicht die Mühe, die wirkliche Sachlage zu untersuchen. Sie schenkten den Darstellungen des Beamten größeren Glauben und wiesen den Pfälzer mit seinen Beschwerden ab.

Als derselbe nach fünfjähriger Abwesenheit im Jahre 1723 nach dem Schoharietal zurückkehrte, hatte sich die Lage seiner Landsleute keineswegs gebessert. Ja, manche waren in Albany ins Gefängnis geworfen worden, weil sie einen Bevollmächtigten der Spekulanten mit Prügeln heimgeschickt hatten, als derselbe kam, um für die von den Pfälzern bewohnten Ländereien Pacht zu erheben.

Diese Vorkommnisse, sowie Weisers Heimkehr von seiner fruchtlosen Reise stellten die Pfälzer vor die Notwendigkeit, neue Entschlüsse zu fassen. 300 Personen entschieden sich, im Schoharietal zu bleiben. Sie wollten, anstatt ihre Familien nochmals den Gefahren einer langen Wanderung durch die Wildnis auszusetzen, lieber den Spekulanten die verlangte Pacht oder das Kaufgeld für die Ländereien bezahlen. Die anderen hingegen, welche sich dazu nicht verstehen konnten, bildeten zwei Abteilungen, von denen eine nach Pennsylvanien zog, während die andere sich dem Mohawk zuwandte, in dessen Tal die Mohawk Indianer einen 24 englische Meilen langen Landstrich ohne jede Gegenleistung zur Verfügung stellten, damit sie sich dort neue Wohnsitze gründen könnten.

Das Tal des Mohawk zählt zu den lieblichsten Landschaften des mit Naturschönheiten reich gesegneten Staates New York. Es verdankt seinen Ursprung den überschüssigen Wassern der fünf großen Binnenseen, die vor Millionen von Jahren durch diese Rinne ihren Hauptabfluß zum Meere hatten. Infolge irgendwelcher geologischer Ereignisse wandten sich diese Fluten später dem St. Lorenzstrom zu. Das von ihnen ausgewaschene weite Tal ist aber geblieben und wird heute von dem in weiten Schlangenwindungen dahinziehenden Mohawk durcheilt. Nur an einer Stelle stemmen sich dem Fluß trotzige Felswände, Überreste eines Gebirgszugs entgegen, als wollten sie ihm den Durchgang wehren. Aber der Fluß bricht, zahlreiche Wasserfälle bildend, durch die dunklen Gassen, um in dem bald darauf sich wieder erweiternden Tal die Reise zum Hudson fortzusetzen.

Als die Deutschen am Mohawk erschienen, bildete seine Umgebung eine noch unberührte Wildnis. Sie gehörte zu den gewaltigen Jagdgründen des mächtigen Irokesenbundes, dem die Mohawkindianer anhingen. Der Jagd und dem Fischfang nachgehend, bewohnten sie zahlreiche, auf den Ufern des Flusses liegende Dörfer.

In diesem Tal, das damals durchaus nicht den lieblichen Anblick darbot, den es heute mit seinen saftigen Wiesen, reichen Feldern, blühenden Obstgärten und den behäbigen Wohlstand verkündenden Ortschaften gewährt, ließ sich ein Teil der vom Schoharie fortziehenden Pfälzer nieder.

Ein Pfälzer des Mohawktals im 18. Jahrhundert.

Der an Stelle des abberufenen Gouverneurs Hunter tretende Gouverneur Burnet begünstigte ihre Übersiedlung, weil dadurch nicht nur die Grenze der Kolonie New York um 40 Meilen weiter gen Westen vorgeschoben wurde, sondern die deutschen Ansiedlungen auch als Vorposten und Stützpunkte bei etwaigen feindlichen Einfällen der in Canada sitzenden Franzosen gute Dienste leisten konnten.

Diejenigen Familien, welche sich entschlossen, nach Pennsylvanien zu ziehen, bahnten sich unter Führung einiger befreundeter Indianer einen Weg durch den ungeheuren Urwald, der ohne jede Lichtung sich vom Schoharie bis zum oberen Susquehanna erstreckte. Dort fällten sie hohe Tannen und fügten sie zu Flößen zusammen. Diese beluden sie mit ihrer Habe, den Frauen und Kindern und schwammen nun, von der Strömung getragen, den Fluß hinab. Die Pferde und das Vieh wurden von einigen Männern am Ufer entlang getrieben. Unbelästigt von Indianern kamen die Auswanderer nach mehreren Wochen an die Mündung des Swatara. Diesen Fluß fuhren sie aufwärts bis sie in das liebliche Tal eines Baches gelangten, den die hier wohnenden Delaware-Indianer Tulpe wihaki »Der Ort der Schildkröten« nannten. Hier ließen die der langen Reise müden Pfälzer sich nieder und gründeten mehrere neue Gemeinwesen. Dieselben blühten durch den unermüdlichen Fleiß ihrer Bewohner überraschend schnell auf und übten, nachdem durch Verträge mit den Indianern und den Behörden der Kolonie Pennsylvanien die Rechte der Pfälzer auf das von ihnen bewohnte Land bestätigt waren, eine wahrhaft magnetische Anziehungskraft auf die in anderen Teilen Amerikas lebenden Pfälzer, sowie spätere Ankömmlinge aus. Kaum zwanzig Jahre nach Gründung der Kolonien am Tulpehocken So wurde die indianische Bezeichnung umgebildet. betrug die Zahl ihrer Bewohner bereits 50 000! Die Namen von über 30 000 sind in einer noch heute im Staatsarchiv zu Harrisburg aufbewahrten Liste enthalten.

Da die Kunde von den üblen Erfahrungen, welche die Pfälzer in New York erlitten hatten, nach Deutschland gelangte, so mieden die von dort kommenden Einwanderer jene Kolonie so viel wie möglich. Die Werke des schwedischen Naturforschers Peter Kalm, welcher um jene Zeit Amerika bereiste, enthalten darüber folgende interessante Stelle: »Die Deutschen schrieben an ihre Anverwandte und Freunde in Deutschland und gaben ihnen den Rat: daß, wenn sie nach Amerika hinüber gedächten, sie sich durchaus nicht in New York niederlassen sollten, wo die Regierung sich so gehässig gegen sie gezeigt hätte. Diese Vorstellungen hatten den Nachdruck, daß die Deutschen, welche nachher in erstaunlicher Menge nach Amerika sich begaben, New York beständig flohen, und Pennsylvanien zum Aufenthalt wählten. Bisweilen trug es sich zu, daß sie genötigt waren, auf Schiffen herüberzureisen, die nach New York fuhren. Sie traten aber kaum ans Land, da sie schon vor den Augen der Einwohner von New York weiter nach Pennsylvanien eilten.«

Wie sehr die Deutschen Pennsylvanien bevorzugten, ergibt sich auch aus andern Angaben. Im Jahre 1749 landeten in Philadelphia allein 25 Schiffe mit 7049 Deutschen. Während der Zeit von 1750 bis 1752 sollen über 18 000 angekommen sein. Besonders stark war der Zufluß im Jahre 1759, wo angeblich gegen 22 000 Pfälzer, Badenser und Württemberger in Philadelphia den Boden der Neuen Welt betraten.

Wir können von den Pfälzern am Schoharie und Tulpehocken nicht scheiden, ohne eines Mannes zu gedenken, dem das Schicksal einen außergewöhnlichen Wirkungskreis zuwies: Konrad Weiser.

Derselbe war ein Sohn des bereits erwähnten Johann Konrad Weiser, welcher in seinem schwäbischen Heimatsort Astädt das Amt eines Dorfvorstehers innegehabt harte. Auch während der Reise nach der Neuen Welt wie in den Hungerlagern am Hudson und Schoharie, diente Weiser seinen Landsleuten stets als Wortführer und treuer Berater. Sein noch in Deutschland geborener Sohn Konrad hatte am Schoharie in häufigem Verkehr mit den Indianern so große Vorliebe für das Leben in der Wildnis und die Söhne des Urwalds gefaßt, daß er der Einladung eines Mohawkhäuptlings, sein Wigwam zu teilen, folgte und mit Zustimmung seines Vaters in das Lager der Rothäute übersiedelte. Im engen Verkehr mit denselben erwarb sich der junge Weiser eine vorzügliche Kenntnis der Mohawksprache, so daß er imstande war, bei allen Verhandlungen seiner Landsleute mit den Rothäuten als Dolmetscher zu dienen. Später erlernte Weiser noch die Sprachen verschiedener anderer Indianerstämme und wurde wegen dieser Kenntnisse von den Behörden der Kolonien New Yorks und Pennsylvanien bei ihren Beratungen und Vertragsschlüssen mit den Indianern häufig als amtlicher Dolmetscher zugezogen. Infolge seiner strengen Unparteilichkeit setzten die Indianer so unbegrenztes Vertrauen in ihn, daß sie wiederholt seine Vermittlung in Streitfragen mit den Kolonialregierungen anriefen und es ablehnten, an Beratungen teilzunehmen, wo Weiser nicht als Dolmetscher fungiere.

Die ersten größeren Erfolge errang Weiser nach seiner im Jahre 1729 erfolgten Übersiedlung nach Tulpehocken. Von dort aus trat er im Jahre 1737 auf Wunsch der Gouverneure von Pennsylvanien und Virginien eine höchst gefahrvolle Reise zum Onondaga See im Westen des heutigen Staates New York an, um die dort versammelten Häuptlinge des mächtigen Irokesenbundes zu einem Friedensschluß mit ihren alten Erbfeinden, den in Westpennsylvanien und Westvirginien hausenden Cherokesen und Catawbas zu bewegen. Das glückliche Gelingen dieses Auftrages hatte zur Folge, daß die bisher als Kriegsschauplatz zwischen den feindlichen Nationen dienenden Gebiete sich nunmehr in Ruhe und Frieden entwickeln konnten.

Im Jahre 1742 nahm Weiser an höchst wichtigen Verhandlungen teil, die vom Gouverneur von Pennsylvanien mit 70 großen Häuptlingen anberaumt waren, um den Irokesenbund wegen der widerrechtlichen Besitznahme einiger ihm gehörenden Ländereien zu beschwichtigen und obendrein seinen Beistand in dem drohenden Krieg gegen die Franzosen zu gewinnen. Der glückliche Ausgang dieser Zusammenkunft wird von allen gleichzeitigen Berichten ausschließlich dem geschickten Vorgehen Weisers zugeschrieben.

Die wichtigsten Dienste leistete Weiser aber in den Jahren 1745, 1748 und 1754, wo die Franzosen alle erdenklichen Mittel aufboten, den Irokesenbund zu sich hinüberzuziehen. Obwohl die indianischen Lager von französischen Emissären schwärmten, machten Weisers Reden doch so tiefen Eindruck, daß ein Schutz- und Trutzbündnis zwischen dem Irokesenbund und den englischen Kolonien gegen die Franzosen zustande kam. Weiser war damals viele Monate unterwegs. Bald reiste er zu Fuß oder zu Pferde auf einsamen Indianerpfaden durch die majestätische Wildnis; bald glitt er auf schwankendem Kanu die rauschenden Ströme hinab, zahllosen Entbehrungen und Gefahren mutig Trotz bietend. Dies alles tat er lediglich in der Hoffnung, zwischen den Weißen und Eingeborenen friedliche Beziehungen herzustellen, damit die Ansiedler unbehelligt ihren Arbeiten nachgehen könnten. Beim Ausbruch des Franzosenkriegs wurde Weiser zum Hauptmann ernannt. Als solcher leitete er die Herstellung der Befestigungen, die auf den Höhen der »Blauen Berge« in Pennsylvanien angelegt wurden, um verfolgten Ansiedlern in Stunden der Gefahr als Zufluchtsort zu dienen. Tätigen Anteil an dem Franzosenkrieg zu nehmen war ihm nicht beschieden. Die jahrelangen Reisen, die damit verknüpften unsäglichen Strapazen hatten seine Kräfte vor der Zeit erschöpft. Aber er erlebte noch die Schlacht bei Quebec, die den Untergang der französischen Herrschaft in Nordamerika bedeutete. Der Jubel über dieses Ereignis vergoldete den Abend seines Lebens, das am 13. Juli 1760 seinen Abschluß fand.

Konrad Weiser war unstreitig einer der interessantesten Männer seiner Zeit. Obwohl er nie regelmäßig Schulunterricht genossen hatte, gebot er doch über reiche Kenntnisse. Zugleich besaß er einen scharfen Blick, der ihn die jeweilige Lage und die einzuschlagenden Schritte rasch erkennen ließ. Die Urbewohner des Landes hatten an ihm einen ebenso warmen Freund, wie die gewissenlosen Schnapshändler einen erbitterten Feind. Er war zu oft Zeuge der schrecklichen Verheerungen gewesen, welche diese Leute anrichteten, indem sie den Eingeborenen gegen schweres Geld gemeinen Fusel zuführten und damit ihr Dasein vergifteten. Weiser war auch der erste, welcher sich in energischer Weise dafür aussprach, daß diese Übeltäter, wo man sie bei ihrem nichtswürdigen Gewerbe erwische, auf dem Fleck gehängt werden sollten.

Die Niederlassungen der Pfälzer und Elsaß-Lothringer in Louisiana.

So schwere Drangsale die Pfälzer am Hudson und Schoharie erdulden mußten, so waren sie doch noch glücklich zu preisen im Vergleich mit jenen, die zusammen mit Elsässern und Lothringern von dem berüchtigten französischen Finanzminister John Law verlockt wurden, nach seinen Besitzungen in Louisiana zu ziehen.

John Law, von Geburt Schotte, war ein kühner Abenteurer, der nach dem im Jahre 1715 erfolgten Tod des Königs Ludwigs XIV. von Frankreich dem mit der Regentschaft betrauten Herzog von Orleans seine Dienste anbot. Seine Vorschläge zur Deckung der von dem verstorbenen König dem Lande aufgebürdeten Schuldenlast von drei Milliarden Francs fanden Gehör. Ein Teil dieser Vorschläge bestand in der Ausbeutung des von dem Entdecker La Salle am Mississippi gegründeten Kolonialreichs Lousiana.

Zu diesem Zweck rief Law die mit außerordentlichen Privilegien ausgestattete »Westliche« oder »Indianische Compagnie« ins Leben, deren Teilhabern man bedeutende Strecken Landes unter der Bedingung bewilligte, daß sie dieselben mit Ackerbauern und Bergleuten besiedeln müßten.

Law, der Direktor der Gesellschaft, behielt sich selbst ein am unteren Arkansas gelegenes Gebiet von zwölf Meilen im Geviert vor. Da man mit französischen Ansiedlern schlechte Erfahrungen machte, so beschloß er, sein Besitztum mit Deutschen aus Elsaß-Lothringen und der Pfalz zu besetzen. Um solche anzulocken, ließ er die Reklametrommel mächtig rühren und in den betreffenden Landschaften allerhand überschwengliche Flugschriften verbreiten.

Eine derselben erschien im Jahre 1720 in Leipzig unter dem Titel: »Beschreibung des an dem großen Flusse Mississippi in Nordamerika gelegenen herrlichen Landes Louisiana.« Sie schildert Boden und Klima als »ungemein angenehm«. Man könne sich den Überfluß des vier Ernten im Jahre ermöglichenden Landes nicht groß genug einbilden. Wild sei in erstaunlichen Massen vorhanden und der Pelzhandel äußerst gewinnbringend. Die Hauptsache wären aber die Gold-, Silber-, Kupfer- und Bleibergwerke. Ferner fände man dort »Heilmittel für die allergefährlichsten Blessuren, auch untrügliche vor die Früchte der Liebe«.(!)

Da die Rentabilität von Kapitalanlagen in der verlockendsten Weise geschildert wurde, so erwachte ein ähnliches Spekulationsfieber, wie man es im 19. Jahrhundert bei der Entdeckung der Goldfelder Kaliforniens und Alaskas erlebte. Tausende rüsteten sich zur Reise nach dem gelobten Lande. Da aber die wenigen in den französischen Häfen vorhandenen Schiffe nicht ausreichten, so blieben viele der Auswanderer in jenen Hafenorten zurück. Viele Hundert gingen während der langwierigen und an Entbehrungen reichen Reise zugrunde. Sicher ist aber, daß wenigstens 3000 Deutsche nach Louisiana gelangten, wo sie mit allerhand zweifelhaftem, aus Bettlern, Sträflingen und Prostituierten bestehenden Gesindel zusammentrafen, mit dem die Konzessionäre ihre Ländereien zu bevölkern gedachten.

Sämtliche hierher Geschleppten erlebten in dem »herrlichen Lande Louisiana« schreckliche Enttäuschungen. Denn als im Jahre 1720 der hohle Bau der »Indischen Gesellschaft« zusammenbrach und die wilde Spekulation mit einem der schlimmsten Krache endigte, derer die Weltgeschichte gedenkt, kamen über die Ausgewanderten Zeiten geradezu entsetzlichen Elends. Kein Mensch kümmerte sich um sie. Viele verhungerten. Die auf Laws Ländereien versammelten Deutschen schifften auf Kähnen nach der noch im Anfangsstadium befindlichen Niederlassung New Orleans, wo sie von dem damaligen Gouverneur Bienville verlangten, daß er sie nach Europa zurückschaffe. Dieser, um die Kolonie vor gänzlichem Untergang zu retten, bot alles auf, um die Enttäuschten zum Bleiben zu bewegen. Er wies ihnen 20 Meilen oberhalb von New Orleans ein 30 Meilen auf beiden Seiten des Mississippi sich hinziehendes Alluvialland an, unterstützte sie mit Ackergeräten, Vieh und Vorschüssen und ernannte einen früher als Offizier in schwedischen Diensten gewesenen Deutschen, Karl Friedrich von Arensburg, zum Amtsrichter und Milizoberhaupt der neuen deutschen Ansiedlung. Diese erscheint fortan in den offiziellen Berichten unter dem Namen »La Côte des Allemands«, kurzweg »aux Allemands«.

»Was es heißt,« so schreibt Hanno Deiler in seiner kleinen Monographie »Die ersten Deutschen am unteren Mississippi«, »dort eine Wildnis zu lichten, das kann nur der ahnen, der den südlichen Urwald kennt; den Urwald auf mannstiefem, schwarzem Alluvialgrund, den jede Überschwemmung des Mississippi mit neuem reichen Schlamm bedeckt. Millionenfaches Keimen weckt da die südliche Sonne in jedem Fußbreit Boden. Riesige Lebenseichen mit langen Moosbärten stehen wie seit Ewigkeiten und spotten der Axt. Dazwischen dichtes Gehölz, Gebüsch und Gesträuch und ein wahrer Filz von kriechenden, sich windenden, schlingenden und emporkletternden Pflanzen, unter deren Schutz eine Welt von menschenfeindlichem Getier und Gewürme haust. Sengende Hitze, Leoparden, Bären, Panther, wilde Katzen, Schlangen, Alligatoren und die Miasmen der mit dem Pflug geöffneten jungfräulichen Erde verbanden sich mit den das Menschenwerk hassenden Fluten des Mississippi zum Kampf gegen die deutschen Kolonisten.«

Auch die Indianer waren eine Quelle beständiger Sorge. Besonders in den Jahren 1729 und 1748, als die Natchez und Choctaws mit den Franzosen in Fehde gerieten. Aber der unermüdliche Fleiß und die beispiellose Ausdauer der deutschen Bauern triumphierten mit der Zeit auch hier über alle Schwierigkeiten und ließen auf beiden Ufern des gewaltigen Stromes zahlreiche schmucke Hütten und Häuser erstehen, die sich gleich endlosen Perlenschnüren aneinanderreihten. Da und dort erhoben sich zwischen diesen Wohnstätten freundliche Kirchlein, weithin sichtbare Landmarken, zu denen Sonntags sämtliche Bewohner pilgerten. Für ihre aus Korn, Reis, Gemüse, Tabak und Indigo bestehenden Erzeugnisse fanden die Deutschen in dem durch Ruderboote leicht erreichbaren New Orleans Absatz.

Die steten Berührungen mit der vorwiegend französischen Bevölkerung jener rasch wachsenden Stadt führten im Laufe der Jahrhunderte zur Vermischung mit dem französischen Element. Und so bildete sich, zumal die Deutschen ohne Zuzug aus der Heimat blieben und weder deutsche Lehrer noch Seelsorger empfingen, allmählich ein eigenartiges, deutsch-französisches Kreolentum, das, wie Deiler hervorhebt, sich eines ganz wunderbaren Kindersegens erfreute. Besonders in den beiden am Mississippiufer gelegenen Kirchspielen St. Charles aux Allemands und St. Jean Baptiste aux Allemands sitzen diese deutsch-französischen Kreolen zahlreich beisammen. Sie haben zwar ihre deutsche Sprache verloren, aber man findet unter ihnen noch urgermanische Gestalten mit kräftigem Körperbau, blauen Augen und blonden Haaren. Auch gedenken sie ihrer deutschen Abstammung noch gern und sagen dabei voll Stolz: »Wir sind die Nachkommen jener Deutschen, die aus der Wildnis hier ein Paradies geschaffen, wie Louisiana kein zweites besaß.«

Die Pfälzerniederlassungen in Neu-England.

Außer den bisher geschilderten Pfälzerkolonien entstand noch eine solche in Neu-England, an der Küste des heutigen Staates Maine. Dorthin kamen im Jahre 1740 auf Einladung des einem schwedisch-germanischen Adelsgeschlecht entsprossenen Kaufmanns Samuel Waldo 40 deutsche Familien, um am Ufer des Medomackflusses die Ansiedlung Waldoburg, das heutige Waldoboro, anzulegen. Durch die Bemühungen des als Agenten Waldos fungierenden Schweizers Sebastian Zuberbühler erhielten sie im folgenden Jahr Zuzug aus der Pfalz und Württemberg. Aber die Hoffnungen, welche man auf die neue Heimat setzte, erfüllten sich nicht, da Waldo die Einwandrer wahrhaft sträflich vernachlässigte und die Behörden der Kolonie ihre Klagen nicht beachteten.

Für die Betrogenen, denen es vielfach am Nötigsten fehlte, kamen harte Tage. Strenge Winter setzten ein, mit Leiden aller Art im Gefolge. Dazu lebte man in beständiger Furcht vor einem Überfall der Franzosen und kanadischen Indianer. Es herrschte nämlich zwischen den Bewohnern der englischen Kolonien und den Franzosen einer jener in der Kolonialgeschichte Amerikas so häufigen Grenzkriege, die um so grausamer verliefen, als die Indianer in diese Kämpfe mit hineingezogen wurden.

In der allgemeinen Not erinnerte man sich der so schändlich vernachlässigten Pfälzer und zwang die Männer, an der Belagerung der bei Kap Breton angelegten französischen Festung Louisburg teilzunehmen. Nachdem diese erobert worden, ließen sich manche Deutsche mit ihren Familien dort nieder. Sie entgingen dadurch einem von mehreren Banden canadischer Indianer nach Massachusetts unternommenen Rachezug, dem die in Waldoburg Zurückgebliebenen zum Opfer fielen. Diese wurden am Morgen des 21. Mai 1746 überrascht, teils niedergemacht und skalpiert, teils in die Gefangenschaft geschleppt. Nur wenigen gelang es, nach Louisburg zu fliehen, wo sie bis zum Ende des Feldzugs blieben.

Nach hergestellter Ruhe kehrten einzelne Deutsche nach Waldoburg zurück. Neuen Zuwachs erhielt der Ort durch 20 bis 30 Familien, die mit vielen andern durch einen von der Provinzialverwaltung von Massachusetts nach Deutschland entsandten Agenten namens Crell zur Auswanderung nach Neu-England bewogen wurden. Manche dieser Neulinge gründeten in Maine die Ansiedlung Frankfurt, welche später in dem Ort Dresden aufging. Andere zogen im Frühling 1753 in die westlichen Gebiete der Provinz und gründeten dort eine Niederlassung, die sie in Erinnerung an die auf langer Seereise und in Massachusetts erlittenen Trübsale Leydensdorf tauften. Manche ließen sich auch in der Nähe des Forts Massachusetts und bei Braintree nieder, einer unweit von Boston entstandenen Ortschaft, die später den Namen Neu-Germantown annahm. Am Saco River, angesichts der schönen White Mountains, entstand ferner unter Leitung des Schweizers Joseph Frey die noch heute bestehende Stadt Freyburg.

Die meisten dieser Ansiedlungen fristeten für lange Zeit ein kümmerliches Dasein. Nicht weil es den Bewohnern an Fleiß und Intelligenz gebrach, sondern weil sie von gewissenlosen Spekulanten vielfach mißbraucht und ausgebeutet, und von den Behörden in Stunden der Not schmählich im Stich gelassen wurden. Besonders war die Art, wie man die Ansprüche der Deutschen auf die von ihnen bewohnten Ländereien handhabte, geradezu empörend. Kaum hatten sie die angeblichen Eigentümer abgefunden, so tauchten andere mit neuen Ansprüchen auf, die befriedigt werden mußten, um Ruhe zu finden. Manche Bewohner von Waldoburg mußten denselben Grund und Boden zwei- bis dreimal bezahlen, bevor sie denselben wirklich ihr eigen nennen konnten. Müde solcher Widerwärtigkeiten zogen viele in den Neu-Englandkolonien lebenden Deutschen nach Nord-Karolina, wo am Buffalo Creek im heutigen Cabarros County, sowie in der Herrnhuter Kolonie Salem ein friedlicheres Dasein winkte. Manche wandten sich nach Pennsylvanien, dessen Behörden im Verkehr mit den Einwanderern stets Ehrlichkeit bewiesen hatten, wodurch diese Kolonie zum Hauptziel der deutschen Einwanderung wurde.

Obwohl seit der Einwandrung der Pfälzer nahezu zwei Jahrhunderte verstrichen sind, lassen ihre Spuren sich noch heute an vielen Orten feststellen. Besonders durch die Namen der von ihnen gegründeten Niederlassungen.

Im heutigen Staat New York erinnern die Namen folgender Orte an die Pfälzer: Newburgh = Neuburg; New Paltz Landing = Neu-Pfälzer Landung; Rhinebeck = Rheinbach; Rhinecliff = Rheinfels; West Camp = West Lager; Palatine Camp = Pfälzer Lager; Germantown; Palatine Bridge = Pfälzer Brücke; Neu-Durlach; Palatine Church = Pfälzerkirche; Mannheim; Oppenheim; German Flats; Frankfort; Herkimer = Herchheimer u. a.

In Pennsylvanien finden wir die Ortsnamen Heidelberg, Womelsdorf, Wernersville, Meyerstown, Stougsburg, Straustown, Rehrersbury, Millersbury und andere. Sie bildeten einen weiten, gen Westen vorgeschobenen Halbkreis, der die von Penn gegründeten Quäkerniederlassungen gegen die Einfälle der Indianer schützte.

Zur selben Zeit, wo die Pfälzer so an den verschiedenen Punkten des nordamerikanischen Kontinents blühende Gemeinwesen schufen, waren aus anderen Teilen Deutschlands gekommene Ansiedler nicht weniger eifrig im Aufbau neuer Orte.

In den beiden Carolinas besiedelten sie hauptsächlich die den Gebirgen vorgelagerten Hochländer. Namentlich die Orte Orangeburg, Amalia, Sachsen-Gotha und Fredericksburg besaßen eine starke, vorwiegend protestantische deutsche Bevölkerung. In Sachsen-Gotha betrieb dieselbe hauptsächlich Weinbau und die Zucht von Seidenraupen. Die Stadt Purrysburg am Savannah wurde 1732 von dem aus Neuenburg in der Schweiz stammenden Johann Peter Purry angelegt.

In Virginien gründeten die Deutschen Staufferstadt, das spätere Strasburg; Schäferstadt, das spätere Sheperdstown; Müllerstown, das spätere Woodstock; Martensburg; Amsterdam; Salem; Frankfurt; Peterstown; Kieselstadt, das spätere Keisletown und manche andere, deren deutsche Namen von nachfolgenden Geschlechtern bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurden.

Das erste Haus der zu Maryland gehörigen Stadt Fredericksburg erbaute ein deutscher Schullehrer, Thomas Schley, der Ahnherr eines Geschlechts, dessen Name durch zahlreiche tüchtige Leute, vor allen den Admiral Winfield Scott Schley, den Helden der Seeschlacht bei Santiago de Cuba, berühmt wurde.


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