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XI.

 

Komm, Kätchen, laß uns von der Seite stehn,
und sehen, wie der Streit sich endet.

Shakespeare.

 

 

Während des lebhaften Wortwechsels hatte Miß Howard die bleiche Wange aufs Sophakissen gelegt, und unwillig, verdrießlich dem Streite gehorcht. Jetzt trat ein Anderer auf, ein Mann, der nicht das Recht hatte, in ihr Zimmer zu kommen, und kühn machte sie die Würde ihres Geschlechts, wenn auch mit mehr Ruhe, geltend, als ihrer Base möglich gewesen wäre. Sie stand auf.

»Was verschafft uns den so unerwarteten Besuch des Herrn Dillon?« fragte sie kalt, doch höflich und zurückhaltend. »Wissen muß er, daß uns verwehrt ist, in den Theil der Abtei in gehn, wo er sein Zimmer hat; und so hoffe ich, der Herr Oberst wird ihm auch gesagt haben, daß gleiche Gerechtigkeit uns die Erlaubniß gebe, für uns zu bleiben.«

»Miß Howard wird von meiner Zudringlichkeit besser urtheilen,« versetzte der Ehrenmann mit einer boshaften, verdrießlichen Miene, die aber gehörig mit berechnender Unterwürfigkeit gemischt war, »wenn sie hört, daß ich wegen eines wichtigen Geschäfts zu ihrem Onkel komme.«

»Ach, das laß ich gelten, Freund!« sagte der Oberst. »Sonst muß man den Damen den ihrem Geschlechte schuldigen Respekt bezeigen. Ich habe selbst, Gott weiß wie, vergessen, mich anzumelden. Aber Borroughcliffe hat mich tiefer in die Maderaflaschen sehn lassen, als ich gewohnt bin, seit dem mein armer Bruder Harry, und sein würdiger Freund, Hugo Griffith – der Teufel hole Hugo Griffith und sein ganzes Geschlecht! – Entschuldigt, Miß Alix! Was bringt Ihr denn, Dillon?«

»Eine Meldung vom Kapitain Borroughcliffe. Ihr werdet Euch erinnern, daß, in Folge Eurer Weisungen, die Wachtposten jede Nacht verändert wurden.«

»Ja, ja, wir machten das in unserm Feldzuge gegen Montcalm so. Es war dies nothwendig, um dem Morden der Indianer zu entgehen. Sie schossen, das wußten wir, jeden auf dem Posten nieder, wenn er zwei Nächte hinter einander auf demselben Orte stand. «

»Nun, Eure weisen Vorsichtsmaaßregeln haben ihren Zweck nicht verfehlt!« fuhr Dillon fort, und ging näher ins Zimmer vor, als fühle er, mit jedem Worte mehr werde er willkommener Gast. »Die Folge davon ist, daß wie bereits drei Gefangene gemacht haben.«

»Wahrlich ein weiser Anschlag!« rief Katharine Plowden, mit einem unendlich verächtlichen Blick auf den Schächer. »Ich denke, da Herr Christoph Dillon soviel Beifall spendet, muß die Sache mit der Justiz in einiger Verbindung stehen. Die furchtbare Besatzung von St. Ruth wird nun also den großen Ruhm davon tragen, die besten Häscher zu zählen.«

Dillon's gelbe Gesichtsfarbe ward bläulich. Das ganze Männlein zitterte vor Wuth, die er umsonst zu verbergen suchte.

»Es möchte näher mit der Justiz in Verbindung stehn, und vielleicht näher mit den Ministern selbst, als Miß Plowden wünschen dürfte. Rebellion findet selten Gnade in einem christlichen Gesetzbuche!« sagte er.

»Rebellion?« rief der Oberst. »Was hat denn das Aufheben von drei Landstreichern mit einer Rebellion zu thun, Dillon? Hat dies verdammte Gift auch den Weg über den Ozean gefunden? – Verzeiht, Miß Alix; aber über den Gegenstand vermögt Ihr meine Gefühle zu theilen. Ich habe gehört, welche Gesinnungen Ihr über den Gehorsam hegt, den man unserm gesalbten Könige schuldig ist. Sprecht, Dillon, sind wir von einer solchen Bande böser Geister umringt? Wenn das ist; so müssen wir selbst Hand ans Werk legen, und uns um unsern König sammeln, denn dieses Eiland ist die Hauptstütze seines Thrones.«

»Daß gerade jetzt die Absicht vorwaltete, die Insel in Aufstand zu bringen, scheint nicht der Fall zu seyn;« sagte Dillon mit komischem Ernste; »obschon der Aufstand in London jüngst alle Vorsichtsmaaßregeln von Seiten der Minister Sr. Majestät, und selbst die Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte erfordern möchte. Aber Ihr hattet zwei gewisse Fahrzeuge in Verdacht, welche die Küste hier, es ist nun einige Tage her, mit einem räuberischen Ueberfalle bedrohen könnten.«

Katharinens niedlicher Fuß war auf dem glänzenden Teppich in unaufhörlicher Bewegung; doch beherrschte sie sich soweit, daß sie bloß den verächtlichsten Blick auf den Sprecher warf, ohne ihn nur eines Wortes zu würdigen. Dem Obersten lag dieser Gegenstand dagegen gerade am Meisten nahe.

»Ihr sprecht ganz wie ein verständiger Mann, lieber Vetter!« antwortete er mit einem der Sache angemessenen Ernste. »Die Habeas-Corpus-Akte, Miß Alix, wurde unter dem König Johann mit der Magna Charta zugleich für die Sicherheit des Thrones von den Baronen Sr. Majestät ausgewirkt. Einige aus meiner Familie waren auch unter den Baronen. Dies würde schon allein darthun, wie hier die Würde der Krone gehörig berathen war. Was unsere seeräuberischen Landsleute anbelangt, Christoph; so haben wir die höchste Wahrscheinlichkeit, daß sie die Rache der beleidigten Vorsehung bereits erreicht hat. Wer mit der Küste gut bekannt ist, sagt, daß ein Schiff ohne einen Lootsen, wie ihn der Feind wohl nicht zu erhalten vermag, unmöglich bei finsterer Nacht und widrigem Winde aus den Klippen herauskomme, wo es eingelaufen sey. Wie der Morgen da war, hat sie Niemand mehr gesehen.«

»Aber – aber es mögen Freunde oder Feinde seyn;« fuhr Dillon complimentenreich fort, »so haben wir doch zur Vermuthung Ursache, daß in der Abtei hier jetzt Leute sind, die uns mit der eigentlichen Beschaffenheit näher bekannt machen können. Die Leutchen, welche wir nämlich angehalten haben, sehen gerade so aus, als wären sie erst gelandet, und haben nicht nur die Kleidung, sondern auch das Wesen der Seeleute.«

»Seeleute!« wiederholte Katharine, und eine Todtenblässe jagte das Blut aus ihren Wangen, die bisher der Zorn geröthet hatte.

»Ja, Seeleute, Miß Plowden!« wiederholte auch der näselnde Dillon mit boshafter Schadenfreude, die sich aber hinter der höflichsten Hochachtung versteckte.

»Ich danke Euch für Eure Auskunft!« erwiederte das Mädchen, sich schnell wieder sammelnd. »Die Einbildungskraft von Herrn Dillon ist allemal im Stande, das Aergste zu beschwören, daß wir ihn jetzt wirklich rühmen müssen. Er schmeichelt unserer Furchtsamkeit, und darum setzt er uns nicht mit Seeräubern in Furcht!«

»Nicht doch! Sie können diesen Namen verdienen, theuerste Miß!« bemerkte Jener, »aber meine Bildung hat mir gesagt, daß man erst die Zeugen abhören, und dann das Urtheil fällen müsse.«

»Ja, das hat der junge Mann in seinem Coke über Littleton gefunden!« rief der Oberste. »Ach die Rechtsgelehrsamkeit ist ein herrliches Mittel gegen die menschlichen Unvollkommenheiten, liebe Miß Alix. Namentlich lehrt sie einem voreiligen Kopf Geduld. Ja, ohne diese verwünschte, unnatürliche Rebellion würde der junge Mann bereits von irgend einem Richterstuhle herab in einer der Kolonieen Segen spenden, und zwar, ich wette, den Weißen, wie den Schwarzen, den rothen und braunen Indianern, und immer mit dem Unterschiede, den die Natur zwischen die verschiedenen Stände gelegt hat. Nun, verliert den Muth nicht, Vetterchen! Die Zeit wird schon kommen! Der königliche Arm reicht weit, und nach den letzten Berichten steht die Sache besser. Doch wir wollen in die Wachtstube gehen und die Strauchdiebe ausfragen. Es sind Ausreißer, vermuthe ich, von einem Kreuzer St. Majestät, oder vielleicht auch ehrliche Männer, die mit Matrosenpressen beauftragt sind. – Komm, Dillon, wir wollen gehn und – «

»Und wir sollen der Gegenwart des Obersten Howard sobald beraubt werden?« sagte Katharine, indem sie auf ihren Vormund schmeichelnd und freundlich hineilte. »Ich weiß, er vergißt geschwind, wenn ein rasches Wörtchen in unsern kleinen Streitigkeiten vorfiel, und so wird er gewiß nicht in Aerger fortgehen, sondern hübsch den Thee bei uns trinken.«

Der Veteran drehte sich geschwind um und horchte aufmerksam.

»Ja, in der That, Du böses Mädchen, Du kennst mich zu gut,« entgegnete er, »um an meiner Vergebung zu zweifeln. Allein der Dienst geht Allem vor, und wenn da selbst das Lächeln eines hübschen Mädchens mich zu bleiben versucht. Ja, ja, Kind, Du bist die Tochter eines braven, würdigen Seemanns. Aber Du treibst die Liebe für diesen Stand zu weit, – wahrhaftig zu weit!«

Katharine erröthete ein wenig; doch das Lächeln, das sich mit der Schaam mischte, erhöhte ihre Schönheit. Sanft legte sie die Hand auf des Vormunds Achsel, um ihn zurückzuhalten.

»Warum wollt Ihr uns denn verlassen?« bat sie. »Seit so langer Zeit habt Ihr uns nicht im Kloster besucht, und wir wissen, Ihr kommt als Vater. Bleibt; dann könnt Ihr mit dem Namen noch den eines Beichtvaters vereinen.«

»Ach, Deine Sünden kenne ich, Mädchen!« sagte der würdige Oberst, und gab, ohne daß er es selbst wußte, ihrem sanften Zwange nach, als sie ihn wieder zu dem Sessel führte. »Deine Sünden sind: wahrhaftige Rebellion im Herzen gegen Deinen König; eine eingewurzelte alte Liebe zum Salzwasser und große Unachtsamkeit auf die Rathschläge und Wünsche eines alten Knaben, den Vaters Wille und Gesetz zum Schutze Deiner Person und Deines Vermögens machte.«

»Sagt nur das Letztere nicht!« rief Katharine. »Nein, theurer Vormund, von Dem Allen, was Ihr mir gesagt habt, hab' ich auch nicht ein Wörtchen vergessen. – Wollt Ihr wieder Platz nehmen? – Cecilie, der Oberst Howard will den Thee mit uns trinken!«

»Aber, Mädchen, Du vergißt den ehrsamen Dillon, und unsern achtbaren Gast, den Kapitain Borroughcliffe, und die drei Arrestanten.«

»Laßt den ehrsamen Dillon hier bleiben, und dem Kapitain könnt Ihr sagen lassen, er solle an unserer Gesellschaft Antheil nehmen. Ich bin so neugierig, wie jedes Mädchen, den Soldaten zu sehn, und – was die drei Leute betrifft – «

Sie hielt inne und stellte sich, als sinne sie einen Augenblick nach. Dann fuhr sie fort, als wäre ihr ein plötzlicher Einfall gekommen:

»Ja, und die Leute können hergebracht und hier befragt werden. Wer weiß, ob sie nicht im Sturm verunglückt sind, und unsern Beistand, unser Mitleid nöthig haben, statt daß wir sie in Verdacht halten.«

»Diese Bemerkung und Vermuthung von Miß Plowden sollte in der Brust aller Menschen auf dieser wilden Küste wohnen!« bemerkte Alix Dunscombe. »Ich habe so manchen traurigen Schiffbruch an diesen häßlichen Klippen gesehn, und zwar, wenn der Wind nur, gegen den Sturm in voriger Nacht, ein wahrer Zephyr war. Krieg und böse Zeit und die erworbenen Leidenschaften des Menschen, haben die Zahl Derer sehr vermindert, welche die Windungen der Kanäle in diesen Felsenriffen kennen. Es gab sonst Leute, die, wie ich oft gehört habe, in einer mäßigen Entfernung und bei der schwärzesten Nacht, welche je auf England ruhte, um die Teufelsklippen fahren konnten. Allein jetzt sind sie Alle dahin, die Kühnen; der Tod hat sie weggerafft oder, was noch trauriger ist, unnatürliche Verbannung hat sie aus dem Reiche ihrer Väter vertrieben.«

»Nun, so müssen sie vornehmlich im jetzigen Kriege meist verschwunden seyn: denn Eure Erinnerung kann doch nicht weit zurückgehn!« bemerkte der Oberste hier. »Je nun, Manche von ihnen trieben kein Geschäft, als daß sie die Zölle Sr. Majestät betrogen, und so wird dem Lande, in gewisser Hinsicht, durch ihre Dienste jetzt der von ihnen verursachte Schaden ersetzt, während es zugleich glücklicherweise von ihnen selbst frei ist. Ach, liebe Miß, wir haben eine herrliche Verfassung! Alles ist so trefflich zu einander geordnet, daß, wie bei einem gesunden, kräftigen Menschen, die schlechtern Stoffe durch die eignen heilsamen Naturkräfte nach und nach von selbst ausgeschieden werden.«

Die blassen Wangen von Alix Dunscombe rötheten sich lebhafter, als der Oberst so sprach.

»Es mögen wohl Manche gewesen seyn,« sagte sie, »die den Gesetzen nicht Achtung erwiesen: denn an Solchen fehlt es nie. Allein es giebt auch Andere, die, in manchem Betrachte schuldig, doch diesen Vorwurf nicht verdienen, und den Weg, der in diesen Klippen dem gewöhnlichen Auge verborgen ist, unter den hohen Wellen so sicher fanden, wie Ihr ihn in den Hallen und Gängen der Abtei, wenn die Nachmittagssonne jede Fahne und Esse bescheint.«

»Nun, Oberst Howard,« unterbrach wieder Ehrn Christoph Dillon, »ist es Euch denn gefällig, die drei Leute vorzunehmen und auszumitteln, ob sie etwa zu der Klasse dieser gewandten Lootsen gehören?«

Das gute Männchen war verdrießlich über sein Verhältniß zu den Uebrigen, und hielt es kaum für nöthig, den verächtlichen Blick zu verbergen, den er auf Miß Alix warf, als er noch hinzusetzte:

»Vielleicht können wir genug herausbekommen, eine Karte von der Küste zu entwerfen, und damit einen Stein im Brete bei dem hohen Admiralitätscollegium zu gewinnen.«

Dieser ganz unverschuldete Spott, welcher ihre sanfte, Niemanden beleidigende Freundinn traf, brachte des Blut der Miß Howard in Bewegung. Sie stand auf und redete ihren Vetter in einer Art an, die nicht leicht mißverstanden, noch weniger gemißbilligt werden konnte.

»Wenn Herr Dillon den Wünschen des Obersten entgegenkommen will, wie ihm meine Base schon gesagt hat; so wollen wir uns wenigstens nicht den Vorwurf machen, daß wir Leute, die wahrscheinlich mehr unglücklich als schuldig sind, unnöthiger Weise aufhalten.«

Mit diesen Worten ging sie durch's Zimmer, und setzte sich zu Alix Dunscombe, mit der sie ein leises Gespräch anknüpfte. Ehrn Dillon machte eine demüthige Verbeugung, und als der Oberst erklärt hatte, er wolle hier gleich den Gefangenen ein Verhör bewilligen, entfernte er sich, der Anweisung gemäß zu handeln. Im Stillen freute er sich. Es mochte geschehen, was da wollte; wahrscheinlich mußte es doch zu einem häufigern Umgange führen, als die stolze Schönheit, um die er warb, ihm jetzt zu gestatten geneigt war.

»Es ist ein dienstfertiger, guter, braver junger Mann, der Christoph!« sagte der Oberst, als er zur Thüre hinaus war. »Ich hoff' es noch zu erleben, daß ich ihn im Hermelinmantel sehe. Ich meine das nicht buchstäblich, sondern figürlich: denn Pelzwerk würde sich mit Carolina's Klima nicht vertragen. Wenn für die unterworfenen Kolonieen neue Einrichtungen getroffen werden, hoffe ich, daß mich die Minister zu Rathe ziehen, und dann kann er auf meine Verwendung zu seinen Gunsten rechnen. Würde er nicht ein treffliches Muster von Unabhängigkeit und Recht seyn?«

Katharine biß die Lippen zusammen.

»Ich muß von seinen weisen Bemerkungen profitiren,« sagte sie spöttisch, »und erst Zeugen abhören, ehe ich mich bestimme. Doch still!«

Das junge liebe Mädchen veränderte plötzlich die Farbe. Ihr Auge war höchst unruhig auf die Thüre gerichtet.

»Zum Mindesten ist er thätig gewesen!« rief sie aus; »ich höre den schweren Tritt von herannahenden Männern.«

»Gewiß ist er es. Die Gerechtigkeit muß eben so schnell als unparteiisch und sicher seyn, wenn sie sich vollkommen zeigen will. Sie muß einem Kriegsgericht gleichen, das um die Trommel herumsitzt. Das wäre, nebenbei sey es bemerkt, eine Art von Justiz, unter der man wohl zu leben wünschen möchte. Wenn die Minister Sr. Majestät zu bereden wären, und den empörten Provinzen so ein – «

»Still!« unterbrach ihn Katharine, mit einem Tone, der ihre große Angst verrieth. »Sie kommen näher!«

Die Tritte ließen sich jetzt in der That so deutlich hören, daß der Oberst dadurch bewogen war, seinen Plan zur Regierung der insurgirten Provinzen vor der Hand nicht weiter zu entwickeln. Die lange, dunkle Gallerie mit steinernem Fußboden ließ bald jeden Schritt ganz deutlich wiederhallen, und endlich kündigte ein leises Klopfen an der Thüre die Ankunft der Erwarteten an. Der Oberste stand auf, und gab sich die Miene eines Mannes, der bei der beginnenden Unterredung die Hauptrolle spielte. Er rief: »herein!« Cecilie und Alix Dunscombe sahen kaum nach der offenen Thüre hin. Sie waren für das Ganze gleichgültig. Aber Katharinens lebhaftes Auge überschaute mit Einem Blicke jeden Einzelnen der Eintretenden. Sie konnte kaum Athem holen, und warf sich auf's Sopha. Doch bald nahm ihr Auge seinen fröhlichen Ausdruck an. Sie summte für sich ein kleines lustiges Lied. Kaum hörbar blieben die Töne, und doch war süße Melodie darin.

Dillon trat herein; ihm folgte der Kapitain, dessen Haltung etwas fester geworden war. Ein strenger Blick hatte den frühern nichts sagenden verdrängt. Kurz er schien offenbar wieder zu einer größern Herrschaft seiner selbst gekommen, wenn er auch noch nicht vollkommen nüchtern geworden war. Die Uebrigen blieben in der Gallerie, während der Oberst den Kapitain seinen Frauen vorstellte.

»Miß Plowden,« sagte er dabei zu dieser, weil sie dabei die nächste war, »das ist mein Freund, der Kapitain Borroughcliffe. Er hat schon lange nach der Ehre getrachtet. Ich zweifle nicht, Ihr empfangt ihn, daß es ihm nie Leid thun wird, am Ende zum Ziel gekommen zu seyn.«

Katharine lächelte und antwortete mit zweideutigem Ausdrucke.

»Ich weiß nicht, wie ich ihm genug danken soll,« sagte sie. »Er hat soviel Mühe gehabt, uns arme Mädchen zu bewachen.«

Der Kapitain sah sie forschend und auf eine Art an, die eine gleiche Sprache fürchten ließ.

»Ein solches Lächeln, schöne Damen,« erwiederte er, »würde für bessere Dienste reiche Belohnung seyn. Die meinigen bestehen blos im guten Willen.«

Katharine machte einen freundlichern Knix, als es sonst ihre Art war.

»Dies ist,« sprach der Oberst wieder, »Miß Alix Dunscombe, die Tochter eines würdigen Geistlichen, der sonst Pfarrer hier war. Sie macht uns oft die Freude, uns ihre Gegenwart zu schenken; obschon es immer seltner geschieht, als wir Alle wünschten.«

Der Kapitain erwiederte die Begrüßung, und folgte dem Obersten zu seiner Nichte, der er als der wackere Beschützer von St. Ruth bei allen bedenklichen Vorfällen vorgestellt, und darum zur freundschaftlichsten Aufnahme empfohlen wurde.

Cecilie empfing ihn mit aller Freundlichkeit und Anmuth. Der Kapitain vermochte kein Wort auf ihre Begrüßung zu erwiedern. Er bewunderte schweigend ihre Schönheit, legte die Hand auf die Brust, und machte einen tiefen Bückling.

Kaum waren die Komplimente vorbei, als der Oberst seine Bereitwilligkeit erklärte, die Gefangenen zu sehn. Dillon öffnete die Flügel. Katharine warf einen schnellen, aber sichern Blick nach den Fremden. Der Glanz der Gewehre von den diese bewachenden Soldaten traf ihr Auge. Doch die Seeleute traten allein herein.

Draußen klirrten die Kolben auf dem steinernen Fußboden, und zeigten, daß man es für klüglich hielt, die bewaffnete Macht in der Nähe zu behalten, um die unbekannten Fremdlinge zu beobachten.

 


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