Karel Capek
Das Jahr des Gärtners
Karel Capek

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Von den Gemüsezüchtern

Es gibt sicher einige, die beim Lesen dieser belehrenden Erwägungen erbittert sagen werden: »Wie, von jedem ungenießbaren Krautblatt spricht der Kerl, aber mit keinem Wort erwähnt er die Möhre, Gurke, Kohlrabi, Kohl, Karfiol, Zwiebel, Lauch und Radieschen, nicht einmal die Sellerie, Schnittlauch und Petersilie, geschweige den schönen Krautkopf! Was ist das für ein Gärtner, der teils aus Stolz, teils aus Unkenntnis das Schönste, was es zu züchten gibt, vernachlässigt, wie zum Beispiel ein Salatbeet?«

Auf diesen Vorwurf erwidere ich, daß ich in einem der zahlreichen Abschnitte meines Lebens auch über einige Beete mit Möhren, Kohl, Salat und Kohlrabi gebot; ich tat das sicherlich aus einer Art Romantismus heraus, um mir die Illusion eines Farmers zu gönnen. In absehbarer Zeit stellte sich jedoch heraus, daß ich täglich hundertzwanzig Radieschen zu verzehren gehabt hätte, weil sie im Hause niemand mehr essen wollte; in der nächsten Woche versank ich wieder in Kohl, woran sich die Orgie mit den – übrigens holzigen – Kohlrabis anschloß. Es gab Wochen, wo ich gezwungen war, dreimal täglich Salat zu kauen, um ihn nicht wegwerfen zu müssen. Ich will den Gemüsezüchtern durchaus nicht ihre Freude verderben; aber was sie sich eingebrockt haben, sollen sie auch ausessen. Wäre ich gezwungen, meine Rosen zu verspeisen oder die Blüten der Maiglöckchen abzunagen, ich glaube, ich würde die gewisse Hochachtung vor ihnen verlieren. Der Bock kann zwar zum Gärtner werden, aber der Gärtner schwerlich zum Bock, um seinen eigenen Garten aufzufressen.

Im übrigen haben wir Gärtner ohnehin genug Feinde: die Spatzen, Amseln, Kinder, Schnecken, Schwaben und Blattläuse. Ich frage: sollen wir uns auch noch mit den Raupen verfeinden? Sollen wir auch noch die Kohlweißlinge gegen uns aufbringen?

Jeder träumt einmal davon, was er täte, wenn er einen Tag lang Diktator wäre. Was mich anbelangt, würde ich an diesem Tage eine Unmenge Dinge anordnen, neu gründen oder unterdrücken. Unter anderem würde ich das sogenannte Himbeeredikt erlassen. Das wäre eine Verordnung, gemäß welcher es jedem Gärtner bei Strafe des Abhackens der rechten Hand verboten wäre, Himbeeren längs des Zaunes zu pflanzen. Bedenkt doch bitte einmal, wie kommt der Nachbar dazu, daß mitten in seinen Rhododendren die unverwüstlichen Triebe der Himbeersträucher aus dem benachbarten Garten auftauchen? So ein Himbeerstrauch kriecht meterweit unter der Erde; kein Zaun, keine Mauer, kein Graben, ja nicht einmal ein Stacheldraht oder eine Warnungstafel vermögen ihn aufzuhalten. Dann wächst das Zeug mitten in euren Nelken oder Nachtkerzen, und ihr seid machtlos. Oh, mögen doch die Himbeerschößlinge mitten aus eurem Bett heraustreiben! Oh, mögen euch doch Warzen so groß wie reife Himbeeren wachsen! Wenn ihr aber ehrenwerte und ordentliche Gärtner seid, pflanzt ihr längs eurer Zäune weder Himbeeren, noch Knöterich, noch Sonnenblumen oder andere Pflanzen, die, wenn ich so sagen soll, das Privateigentum des Nachbarn mit Füßen treten.

Wenn ihr eurem Nachbar schon eine Freude machen wollt, pflanzt bei euren Zäunen Melonen an. Einmal wuchs aus des Nachbars Garten auf meiner Seite des Zaunes eine Melone, so riesengroß, so kanaanisch, so rekordmäßig, daß sie das Staunen einer ganzen Reihe von Journalisten, Dichtern, ja sogar Universitätsprofessoren erweckte, die nicht begreifen konnten, wie sich eine so gigantische Frucht zwischen den Zaunstäben durchzuzwängen vermochte. Nach einiger Zeit begann die betreffende Melone etwas unanständig auszusehen; wir schnitten sie ab und aßen sie zur Strafe auf.


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