Luis Vaz de Camões
Lusiade
Luis Vaz de Camões

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Achter Gesang

                   

1.

Von allen Schildereien und Gestalten
    Zeigt sich zuerst des Catualen Blicken
Der mit dem Zweig', in seiner Hand gehalten,
    Den schön des Bartes lange Haare schmücken.
Und, wer es sey, dieß soll man ihm entfalten,
    Und, was das Sinnbild strebe auszudrücken;
Da giebt ihm Paul Erklärung dieser Sachen,
Den Dolmetsch muß der kluge Maure machen.

2.

Die Männer All' auf diesen Schildereien,
    So kühn und stolz von Angesicht und Mienen,
Sind kühner noch, als Farben jetzt verleihen,
    Und stolzer einst in Werk und That erschienen.
Sie glänzen in der Urzeit Heldenreihen
    Vor Allen, welche Lob und Ruhm verdienenDie hier beginnende Beschreibung und Schilderung der auf den Fahnen gemahlten Helden, fließt oft mit demjenigen zusammen, was der Dichter im dritten und vierten Gesange von den alten Thaten und den Geschichten der Portugiesen meldet.,
Der hier ist Lusus und, um ihn zu preisen,
Wird Lusitanien unser Land geheißen.

3.

Er war des Thebers Sohn und sein Gefährte,
    Der sieghaft sich zu manchem Reiche wandte
Und kam zuletzt, stets folgend seinem Schwerte,
    Zu uns, zu der Hispanen Mutterlande;
Und so ergötzen ihn auf weiter Erde
    Des Duro, Guadiana schöne Strande,
Daß er beschloß, dem Grabe dort sein Leben
Und einen Namen unsrem Land zu geben. 197

4.

Erblickst Du ihn mit einem grünen Zweige;
    Der Thyrsus ist's, den Bacchus sich erkohren,
Daß er auch jetzt es deute noch und zeige,
    Er sey zum Sohn und Liebling dem geboren.
Sieh Jenen, der im weiten Wellenreiche
    Sich an des Tago Borde hat verloren
Und Wälle dort und ew'ge Mauern reihet,
Und Pallas Dank durch einen Tempel weihet.

5.

Ulysses ist, der Pallas so verkündet,
    Weil sie der Rede Gunst ihm hat bescheeret,
Der in Europa hier Lisboa gründet,
    Wenn er in Asien Troja dort zerstöret.
Doch, wer ist Jener, welcher, Wuth entzündet,
    Im Schlachtfeld wüthend, Alles rings verheeret,
Daß Schaaren stürzen unter seinen BahnenSiehe Stanze 24 und 25 im dritten Gesange.?
Er führt den Adler in den schönen Fahnen.

6.

So sprach der Heide. Der im Siegerkranze,
    Spricht Gama drauf, war einst ein Hirtenknabe,
Viriatus genannt, doch mit der Lanze
    War er behender, als dem Schäferstabe.
Er focht zur Schmach der hohen Roma Glanze,
    Daß, unbesiegt, er Ruhm und Sieg nur habe,
Darob sie auch mit ihm nicht wollte schalten,
Wie sie es wohl mit Pyrrhus einst gehalten.

7.

Im Kampfe nicht, nur mit Verrath und Schande,
    Entriß ihm Rom sein hochgehaßtes Leben,
Denn große Fahr zerreißt Gesetz und Bande,
    Wenn Ehr' und Treu' auch sonst im Volke weben.
Sieh diesen hier! verbannt vom Vaterlande
    Mit uns das Schwert, es zu bekämpfen, heben!
Wohl nahm der Held sich solche zu Genossen,
Durch die ihm mußte ew'ger Lorbeer sprossen. 198

8.

Sieh ihn mit uns die Fahnen überwinden,
    In denen Jovis Adler sich entfalten,
Schon damals mußt' ein Heldenvolk empfinden,
    Wie groß und herrlich wir im Siege walten.
Sieh dann ihn schlauer Listen viel erfinden,
    Um Gunst im Volk und Ansehn zu erhalten!
Die Hirschkuh auch, die Zukunft ihm will zeigen!
Er ist Sertorius und sie ihm eigen!

9.

Sieh Jenen, auf der zweiten Fahn', erkohren,
    Daß unsre ersten Herrscher ihm entsprießen,
Wir glauben ihn im Ungarland geboren,
    Da Lothringen ihm Andre wohl erkiesen.
Er hat als Sieger sich der alten Mohren,
    Leoner und Gallicier bewiesen,
Dann zieht, daß Heiligkeit sein Stamm einst habe.
Der heil'ge Heinrich hin zum heil'gen GrabeSiehe Stanze 26 und die folgenden im dritten Gesange..

10.

Doch wer ist der, dem so mein Herz erzittert?
    (Vernahm man fragend drauf den Malabaren,)
Der, wie ein Sturm, die Heere rings zersplittert,
    Und rings die Völker mit so kleinen Schaaren,
So vieler Mauern festen Bau erschüttert,
    Und auf dem Schlachtfeld nur ist zu gewahren;
Er, dem so viele Kronen, Panner, Fahnen
Zu Fußen stürzen auf des Sieges Bahnen?

11.

Und Gama sprach: es ist Alphons der GroßeSiehe Stanze 35 bis 41 im dritten Gesange.!
    Er hat den Mohren Portugal entwunden;
Ihm schwört der Ruhm bey der Cocytus Schoße,
    Daß größer selbst kein Römer ward erfunden,
Wie glorreich sind des Gottgeliebten Loose!
    Wie hat sein Arm die Falschen überwunden!
Wie ihres Reiches hohen Wall zerstöret,
Daß solchen Kampfes fast sein Stamm entbehret! 199

12.

Wenn Cäsar, wenn der Fürst der Macedonen
    Mit solcher kleinen Macht und schwachem Heere
Zum Kampfe mit so vielen Nationen,
    Als dieser Herrscher, ausgezogen wäre;
Sie würde, traun! so hoher Ruhm nicht lohnen,
    Als jetzt erschallt zu dieses Helden Ehre,
Doch, wie verkünden auch den Wunderbaren!
Drum magst Du von den Seinen jetzt erfahren!

13.

Der, den Du schaust mit zornigen Geberden
    Mißmuthig dem geschlagnen Jüngling sagen:
Es müsse neu die Schlacht begonnen werden,
    Das Heer sich sammeln und das Höchste wagen,
Der hineilt mit dem blühenden Gefährten,
    Aus Untergange Sieg davon zu tragen,
Egas Moniz ist dieser Greis, vor Allen
Ein Spiegel treu ergebener Vasallen.

14.

Sieh ihn sich weihn und seiner Söhne Leben,
    Den Strick am Halse sonder Hüll' und Seiden,
Weil sich nicht unterthan sein Herr will geben,
    Wie er den Feind erst mußte deß bescheiden,
Der so nur die Belag'rung aufzuheben
    Versprochen hat und Sturm nicht zu bereiten;
Drum bringt er Sohn und Gattin dem in Ketten
Und opfert sich, um seinen Herrn zu rettenDom Fuas Roupinho wird bereits in Stanze 12 des ersten Gesangs unter den vorzüglichsten Helden Portugals aufgeführt..

15.

So groß fürwahr kann nicht der Consul gelten,
    Den Caudium einst schmachvoll eingeschlossen,
Als unter Sclavenjoch ihn Jene stellten,
    Die ihn umringt mit seinen Kampfgenossen.
Er, da sein Volk ihn dessen ließ entgelten,
    War, sich zu opfern, muthig, war entschlossen;
Doch unser Held bot, kann man mehr wohl geben,
Sein schuldlos Weib und theurer Kinder Leben. 200

16.

Sieh Jenen aus dem Hinterhalte dringen
    Auf einen König, der die Stadt berennte,
Um ihn zu fahn, Entsatz der Stadt zu bringen,
    Wie Mars sich dessen selbst wohl rühmen könnte.
Sieh dort ihn wieder auf der Flotte ringen,
    Wo mit den Mohren Seeschlacht rings entbrennte
Und die Galeeren nehmen und ihn siegen
Zum erstenmal, seit auf dem Meer wir kriegen.

17.

Fuas Ropinho ist es, der zu Lande,
    So wie zur See, mit hohem Ruhme glänzet,
Bey jener feindlichen Galeeren Brande,
    Wo Abilas Gebirg das Meer begränzet;
Sieh ihn zerbrechen seines Körpers Bande
    Und seinen Geist, mit Lorbeern schön bekränzet,
Im heil'gen Krieg der Mohren Hand entrinnen,
Um den Triumph der Himmel zu gewinnen.

18.

Sieh dort den Zug, so fremd an Tracht und Sitten,
    Ans Land von seiner großen Flotte steigen.
Bald wird Alonso Lissabon erstritten,
    Dem frommen Bunde müssen Mohren weichen.
Sieh Heinrich dort, in dieser Helden Mitten!
    Auf seinem Grab der Palme Wunderzeichen!
Weil Gott es wollte sichtbarlich erklären,
Daß Christi Märtyrer die Deutschen wärenKönig Alfons Henrique der Erste erblickte von den Höhen von Sintra einst eine Flotte auf dem Meere. Sie näherte sich dem Lande und da sie mit Englischen, Deutschen und andern Nationen Abentheurern bemannt war, welche Kampf und Krieg mit den Ungläubigen suchten, so vermochte Alfonso sie bald, daß sie ihm Lissabon berennen und erobern halfen, welches damals noch in der Gewalt der Mohren war. Siehe über diese Belagerung Stanze 57 bis 59 im dritten Gesange..

19.

Sieh dort des Priesters Schwert zum Kampf geschwungen
    Und seiner Macht Arranchez Stadt erliegen:
Zur Rache, daß Leyria die bezwungen,
    Die für den Namen Mahomet nur kriegen.
Es ist Don TeotonDon Teoton, Prior des Augustinerklosters in Coimbra.. Sieh auch umschlungen
    Sanctarem noch, von unsern Schaaren liegen
Und jenen Ersten auf der Wälle Höhen,
Wo schon die Fahnen der fünf Schilde wehen! 201

20.

Sieh dort ihn auch, wo Sancho mit den Mohren
    Vandalias im wilden Kampf zu finden,
Im Schlachtgewühl den AlferezDies fremde Wort ist hier absichtlich beibehalten, da ihm kein Deutsches völlig entspricht. Der Alferez trug bey Mohren und Christen das Hauptpanier des ganzen Reiches in die Schlacht, daher denn auch nur den tapfersten Helden das wichtige Kleinod anvertraut wurde. durchbohren
    Und das Panier Sevillas Stolz' entwinden!
Mem Moniz ist's, zu gleichem Muth erkohren,
    Als mit des Vaters Tode mußte schwinden,
Werth des Paniers, daß seine Hand es ziere,
Da er gestürzt die feindlichen Paniere.

21.

Sieh Jenen dort herab vom Walle springen!
    Zween Köpfe haltend, der erschlagnen Wachen!
Und dann herbei mit Hinterhalte dringen
    Und sein die Stadt durch List und Kühnheit machen.
Drum führt er auch von allen diesen Dingen,
    Den Ritter mit den Köpfen dieser Wachen
Als Wappenbild! O! Muth! wie Wenig hegen!
Giraldo sonder Furcht, heißt dieser DegenSiehe Stanze 63 im dritten Gesange..

22.

Sieh den Castilier, der von Zorn entzündet,
    Ob Laras Stamm sich mit Alphons entzweiet
Und mit den falschen Mohren sich verbindet,
    Und Portugal als wilder Feind bedräuet;
Er nimmt Abrantes Stadt, so fest gegründet,
    Da er die Hülf' Ungläubiger nicht scheuet,
Doch sieh auch dort den Portugiesen nahen
Und Jenen flugs besiegen und ihn fahen!

23.

Dom Martin Lopez schmückt in diesem Siege,
    Sich mit der Palme, mit dem Lorbeerkranze,
Doch sieh! dort zieht ein Bischoff auch zum Kriege,
    Der goldne Stab ward ihm zur ehrnen Lanze.
Er einzig hofft, daß nicht das Heer erliege,
    Der Mohren Macht, da sieh! im Strahlenglanze,
Am Himmel sich ein Bild ihm schön verklären,
Und seinem Häuflein neue Kraft gewähren! 202

24.

Sieh Cordovas, Sevillas Herrscher weichen
    Mit noch zween Andern und sie schon erblassen,
Eh sie noch weichen selbst. Ein Wunderzeichen!
    Das Gott gewirkt, nicht Menschen wirken lassen.
Sieh Alcacer mit Mauren sonder Gleichen,
    Trotz seines Muths des Siegers Knie umfassen
Und einen Kranz aus frischen Palmen schlingen
Und ihn Lisboas frommen Bischoff bringen!

25.

Sieh einen Ritter aus Castilien ziehen,
    Von Stamm ein Portugies und ihn bezwingen,
Algarbien und rings die Feinde fliehen,
    Daß Niemand ist, um noch ein Schwert zu schwingen.
Mit List und Kraft und Glücke reich beliehen,
    In Stadt und Burg bey wildem Sturm ihn dringen,
Sieh ihn Tavilas feste Zinnen brechen,
Um so der sieben Jäger Tod zu rächenDa die Mohren einst aus Tavila auf sechs Portugiesische Ritter losgefallen waren, die in Vertrauen auf den bestehenden Waffenstillstand bey jener Stadt vorbey auf die Jagd ziehen wollten, so gab diese feindselige Behandlung dem Dom Pelayo, oder Payo Correa Veranlassung, desfalls an den Einwohnern von Tavila Rache zu nehmen und diese Stadt zu erobern. Wenn übrigens hier von sieben Jägern die Rede ist, da doch ursprünglich nur sechs Ritter auf die Jagd gegangen seyn sollen, so wird jene Zahl dadurch erklärt, daß, während des Gefechts zwischen den Mohren und den Rittern ein vorbeiziehender Mauleseltreiber den Christen zu Hülfe kam, sich in den Kampf mischte und sein Leben zugleich mit den Rittern rühmlich verlohr, weshalb ihn Camoens den Rittern selbst beigesellt hat..

26.

Sieh auch den Mohren Silves ihn entreißen,
    Das sie erlangt durch vieler Helden Leben.
Es ist Payo Correa! Hoch zu preisen,
    An Tapferkeit und Klugheit, ihm gegeben,
Auch muß ich Dich auf jene Drei verweisen,
    Die Spanien und Frankreich muß erheben,
Ob ihres Muths bey Zweykampf und Turnieren
Und der Trophäen, so die Helden zieren.

27.

Sieh! wie, auf Abentheuer ausgegangen,
    Die Drei allein davon den Kampfpreis tragen
Und in Bellonas Spiel als Sieger prangen
    Und Wunden selbst gar manchem Ritter schlagen!
Sieh die Castilier dort den Tod empfangen,
    Die mit dem Einen ernsten Zweikampf wagen!
Der Gonçalo Ribeyro ist zu nennen
Und nimmer soll des Lethe Recht erkennenDie zween Andern hießen Dom Vasco Anez und Dom Fernando Martinez mit Namen und alle drei waren sogenannte irrende oder fahrende Ritter..

28.

Betrachte JenenDom Nuno Alvarez Pereyra. Sieh mehr von ihm in der vierzehnten und den folgenden Stanzen des vierten Gesanges., so geehrt durch Thaten,
    Daß ihm der Ruhm das Höchste vorbehalten,
Er will sein Land, das kaum an einem Faden
    Noch hängt, allein mit starker Schulter halten.
Sieh, zürnend, ihn dem schlaffen Volke rathen,
    In welchem Angst nur und Verzagtheit walten,
Daß es des eignen Königs Wort vernehme
Und sich des schweren Jochs der Fremden schäme!

29.

Durch seinen Rath und seiner Kühnheit Wagen,
    Die Gottes Hand und guter Stern geleitet,
Wird der Castilier großes Volk geschlagen
    Und, was kaum irgend möglich schien, bereitet.
Sieh, wie er auch, gleich groß in andern Tagen,
    Sich neuen Sieg und hellen Ruhm erstreitet
Und fühlen läßt des Heldenarmes Schwere,
Der Andaluser ungeheure Heere.

30.

Doch sieh gebeugt die Kraft der Lusitanen
    Und, fast zerstört schon! Ferne von den Seinen
Ist jetzt der Feldherr auf des Glaubens Bahnen
    Und ruft zu Gott, dem Höchsten und Dreyeinen.
Sieh Jene dort um Hülfe bang ihn mahnen.
    Er möge doch im Heere flugs erscheinen,
Und gegen solche Uebermacht der Waffen,
Den Schwachen Kraft durch seinen Anblick schaffen!

31.

Doch er, mit jenem heiligen Vertrauen
    Antwortet: Noch war nicht die Zeit vorhanden!
Denn, er will fest auf Gottes Beistand bauen,
    Der mache wohl die Feinde noch zu Schanden.
So war der fromme Numa einst zu schauen;
    Als nah ihm schon sich einst die Feinde fanden,
Sprach er zum Boten, den man abgesendet:
Noch ist der Götter Opfer nicht vollendet! 204

32.

Verlangest Du den Namen auch zu kennen,
    Des wahrhaft Frommen, gläubig Tapfern, Weisen;
So hör' ihn Nuno Alvarez sich nennen,
    Doch sollt' er unser Scipio wohl heißen!
Glücksel'ges Land: sein diesen Sohn zu nennen!
    Der mehr Dein Vater noch. So lang in Kreisen
Die Sonne wird um Ceres Kugel schweben,
Wird nie ein solcher Zögling wieder leben!

33.

In diesem Krieg, sieh! hohen Muth beweisen,
    Auch Jenen noch und Beute reich vorhanden!
Weil er dem Feind die Heerden will entreissen,
    Die dieser sich, zu rauben, unterstanden.
Dort röthet er mit Blut der Lanze Eisen,
    Zu sprengen des gefangnen Freundes Banden,
Der treu dem Land und hold war allzumal,
Pedro Rodrigo ist's von LandroalVasco Porcalla war Alcayde oder Gouverneur von Villaviciosa. Da man ihn aber in den unruhigen Zeiten, die der Thronbesteigung König Johann des Ersten vorhergingen, für einen geheimen Anhänger Castiliens hielt, so vertrieben ihn Alvaro Gonzalez Coitado und Pedro Rodrigo von Landroal aus der Festung, und übernahmen selbst die Vertheidigung derselben. Vasco beklagte sich nun bey Johann über diese Gewaltthat und wirkte einen Befehl aus, vermöge dessen im die Veste wieder überantwortet werden mußte; dies geschah, allein er sah sich nicht sobald im Besitz derselben, als er sie den Castilianern überlieferte, und Alvaro Gonzalez ins Gefängniß werfen ließ. Zu mehrerer Sicherheit sollte dieser darauf nach Olivenza gebracht werden, aber auf dem Wege dahin ward er von seinem Freund, der davon Nachricht erhalten hatte, wieder in Freyheit gesetzt.!

34.

Sieh Jenen dort des Truges Lohn empfangen
    Und seines Meineids schwere Strafe leidenAuch nach dem Contexte des Originals sollte man glauben, es sey hier von Vasco Porcalla, mit welchem sich die vorige Stanze beschäftigt, die Rede, dies ist aber nicht der Fall, sondern der Verräther, dessen hier gedacht wird, ist Payo Rodriguez Marino, der die Veste Campomajor für Castilien in seiner Gewalt hielt. Auf Befehl Johann des Ersten mußte Gil Fernandez, Commandant von Elvas, es über sich nehmen, den Marino für Portugal zu gewinnen. Dieser stellte sich, als wenn er diesen Eröffnungen Gehör gebe, ließ aber Fernandez, als er in Vertrauen auf die erhaltnen Zusicherungen sich zu ihm begeben hatte, gefangen nehmen und gab ihn nur gegen Lösegeld wieder frey und ledig. Wenig Tage nach seiner Befreyung traf Fernandez auf Marino und nun ward Marino gefangen und von Fernandez Leuten zum Lohn für die früher bewiesne Treulosigkeit niedergemacht.!
Gil Fernandez von Elvas ist gegangen,
    Um Untergang dem Buben zu bereiten.
Jetzt will er auch bey Xerez Beut' erlangen,
    Wo Ströme sich Castilschen Bluts verbreiten.
Doch sieh auch Ruy Pereiras Brust sich kehren
Den Feinden zu, ein Schild für die GaleerenIm Hafen von Lissabon lag eine große Castilische Flotte, welche sich rüstete die Stadt anzugreifen. Rodrigo Pereyra commandirte die Portugiesischen Galeeren bey Lissabon und fand bald, daß er wegen Annäherung jener Flotte seinen Posten verlassen und einen andern suchen mußte. Ehe er dies jedoch noch bewerkstelligen konnte, ward er von den Castilischen Schiffen angegriffen, und nun stellte er sich mit seinen Galeeren allein der ganzen feindlichen Macht entgegen, ließ die übrigen Schiffe hinter sich weg ziehen und führte so sein Vorhaben aus, wiewohl sein tapfrer Widerstand gegen so viele Feinde ihm selbst endlich das Leben kostete.!

35.

Sieh jene siebzehn Lusitanen streiten,
    Die auf dem Hügel dort sind zu gewahren,
Ob sich Vierhundert der Castilier breiten
    Rings um sie her und Tapferkeit nicht sparen;
So merken doch die Vielen schon bey Zeiten,
    Daß Angriff Jene mit Vertheid'gung paaren
Und ewig muß der That Gedächtniß walten,
Groß in der neuen Zeit und in der altenAls die Castilier die Stadt Almada bey Lissabon belagerten, und die, welche darin eingeschlossen waren, Mangel an Wasser hatten, machten sich siebenzehn aus der Stadt auf und gelangten mit vieler Behutsamkeit vom Berge, auf welchem die Stadt erbaut war, herunter an eine Quelle. Dennoch bemerkten dieses die Castilianer und ließen die Wenigen sogleich mit vierhundert Mann angreifen. Die Portugiesen vertheidigten sich aber nicht nur tapfer, sondern drangen selbst auf die übermächtigen Feinde ein und kamen so endlich wieder wohlbehalten in die Stadt zurück.. 205

36.

Wohl weiß man, daß dreihundert Portugiesen
    Vorlängst bereits mit tausend Römern fochten,
Als sich Viriatus so groß bewiesen,
    Daß nimmer ihn die Feinde unterjochten.
Und solchen Brauches schönes Erbtheil ließen
    Die Helden uns, die Jegliches vermochten,
Daß Wenige der Vielen niemals achten,
Wie tausend Mal wir es schon kundbar machten.

37.

Sieh Heinrich dort! Sieh Pedro!Dom Pedro und Dom Henrique waren Söhne König Johann des Ersten. Dom Pedro ist berühmt durch seine Reisen. Er focht zugleich mit Kaiser Sigismund gegen die Türken und andre Feinde, wie dessen der Dichter erwähnt. Auch war er so ausgezeichnet durch Bildung, Wissenschaften und Künste als sein noch berühmterer Bruder, Heinrich, dessen Neigung für Entdeckungen sein Vaterland so vieles zu danken hatte. die Infanten!
    Johanns, des Königs edlem Blut entsprossen;
Der kämpft mit solchem Glanz in deutschen Landen,
    Daß seinen Ruhm kein Grab je hat umschlossen.
Und Jener führt bis zu den fernsten Stranden
    Auf nie beschifften Meeren die Genossen
Und dringt zuerst in Ceutas feste Pforten,
Und schlägt die stolzen Mohren aller Orten.

38.

Sieh! dort bestehet zwo Belagerungen
    Graf Pedro, trotz unzähliger Barbaren.
Dort wird von einem zweiten GrafDon Eduard Graf von Viana. Bey Ceuta, wo sich König Alfons der fünfte zu weit ins freye Feld gewagt hatte, hielt er die auf den König losdringenden Mohren so lange auf, bis sich dieser gerettet hatte, ob ihm selbst dieses auch das Leben kostete. gerungen,
    Dem Kriegsgott gleich an Kühnheit in Gefahren.
Ihm gnügt es nicht, daß Alcacer bezwungen
    Nicht ward von der Belagrer Heeres Schaaren;
Auch seinem König rettet er das Leben,
Für ihn, als Wall, das Seine Preis zu geben.

39.

Und viele Thaten, würdig zu Gemälden,
    Sind noch geschehn, den Meister zu bewähren;
Allein es fehlten Pinsel, Farben fehlten
    Und Gunst und Lohn, die nur die Künste nähren.
Ach! ihrer Vordern helle Bahnen wählten
    Die Söhne nicht, daß sie gleich groß auch wären
In Ruhm und Kraft. Sie fröhnen nur den Lüsten
Und, ganz entartet, thöricht eitlem Brüsten. 206

40.

Die großen Väter, die vordem erzeugten
    Die Söhne, deren Enkel mit uns leben,
Sie ließen große Thaten vielfach leuchten,
    Um den Geschlechten Glanz dereinst zu geben.
Die Blinden, die sich jeder Arbeit beugten
    Und Alles wagten, um ihr Haus zu heben!
Durch ihre Schätze Gift kam das Verderben
Auf ihre schlaffen thatenlosen Erben!

41.

Mit Reichthum prangen und mit Ehrenzeichen
    Auch Andre, die im Staub noch eben lagen!
Die Schuld der Herrscher! welche Würden reichen
    Unwürdigen und dem Verdienst versagen.
Der Ahnen Bild begehren nicht dergleichen,
    Es möchte nicht der Farben Glanz vertragen
Und ihrem Innersten zuwider halten
Sie des Gemäldes sprechende Gestalten.

42.

Doch läugnen will ich nicht darum! Es leben
    Noch Enkel reicher edler Lusitanen,
Die nach dem hohen Trefflichen auch streben
    Und rühmlich wandeln auf der Väter Bahnen;
Und, wenn sie auch nicht neuen Glanz noch geben
    Dem Thaten-Ruhme ihrer großen Ahnen;
So darf ihm doch der alte Glanz nicht schwinden,
Nur kann der Pinsel wenig Solche finden.

43.

So deutet Gama alle große Thaten
    Auf dieser Fahnen bunten Schildereien,
Die, so lebendig und so wohlgerathen,
    Durch Künstlerhand sich an einander reihen.
Der Catual verfolgt der Rede Faden
    Mit festem Blick aus diesen Konterfeyen
Und fragt wohl tausend Mal, von den Geschichten
Der alten Helden ganz sich zu berichten. 207

44.

Doch, schon beginnt sich Zwielicht zu verbreiten.
    Die große Fackel will den Lauf vollenden
Und in das Meer am Horizonte gleiten
    Und ihren Tag den Antipoden spenden;
Als die Nairen mit dem edlen Heiden
    Zur Abfahrt sich vom großen Schiffe wenden,
Um sich der Rast, die jedem Erdenleben
Die Nacht verheißt, ermattet hin zu geben.

45.

Durch Höllenkünste nun zu offenbaren,
    Was sich verhüllt in schwarzen Finsternissen;
Aus Opfern ferne Zukunft zu erfahren,
    Sind jetzt die Zeichendeuter nur beflissen,
Wie sie vom König deß befehligt waren,
    Der, fest vertrauend solchem eitlen Wissen.
Nur Kunde will, was seines Reiches Frommen
Bey denen, die von Spanien hergekommen.

46.

Und ihnen giebt der Dämon wahrhaft Zeichen,
    Wie dieses neue Volk sie fesseln werde
Und ew'ge Knechtschaft drohe diesen Reichen
    Mit Tod und Schmach und jeglicher Beschwerde;
Von Schrecken muß der Augur fast erbleichen,
    Er eilt zum König von dem Opferherde,
Ihm zu verkünden, welches grause Schrecken
Der Opfer Eingeweide ihm entdecken.

47.

Und einem Priester, welcher Mahoms Ehre,
    Mit frommem Eifer wüthend, sich verschworen
Und nimmer wich vom Hasse jener Lehre,
    Die Gott vor Allen sich hat auserkohren,
Erscheint, als ob er der Prophete wäre,
    Den Hagars Sklavenstamm der Welt geborenUmschreibung von Mahomet.,
Im Traume Bacchus, der nicht ab will lassen,
Der Lusitanen wackres Volk zu hassen. 208

48.

Und also spricht er: Hütet Euch, Ihr Frommen!
    Vor jenem Unglück, das der Feind bereitet,
Der mit den nassen Wellen ist gekommen;
    Bevor das Unheil immer näher schreitet!
Und da erwacht der Maure, bang beklommen,
    Aus seinem Traum, ob er sich auch bescheidet,
Daß ein gemeiner Traum nur hier gewaltet,
Worauf der Schlaf ihn abermals umfaltet.

49.

Da naht schon wieder Bacchus mit den Worten:
    Kennst Du nicht den Propheten, dessen Lehren
Dein Volk einst führten zu des Glaubens Pforten
    Und ohne den wohl Viel getauft schon wären!
So wisse denn: das Volk in Euren Porten
    Wird einst gar grausam das Gesetz verkehren,
Das ich den Menschen gab, den Geistesschwachen,
Du, Thor, zwar schläfst! doch will ich für Dich wachen!

50.

So lange schwach dieß Volk noch ist an Kräften,
    Biet' Alles auf, um ihm zu widerstreben!
Leicht kann der Blick sich auf die Sonne heften,
    Wenn sie beginnt aus Thetis Schooß zu schweben,
Doch, flammt und strahlt sie erst des Tags Geschäften,
    Dann müssen Augen, die zu ihr sich heben,
Stracks so erblinden, als Euch wird geschehen,
Wenn Ihr sie wolltet Wurzel fassen sehen.

51.

So sprach er und verschwand mit Schlaf und Träumen!
    Der Priester zittert, als das Bild verflogen,
Springt auf vom Lager, fordert Licht, es schäumen
    In seiner Brust des Giftes heiße Wogen.
Kaum ist Aurora, das Gewölk zu säumen,
    Mit heitrem Engelsantlitz hergezogen;
So ruft er, die von seinem Glauben waren,
Um ihnen seinen Traum zu offenbaren. 209

52.

Verschieden ist, und Andern oft entgegen
    Der Rath, den jedes Einsicht dar will bringen.
Der will Verrath, der Trug und List nur hegen,
    Der andre Ränke, andre böse Schlingen;
Doch meinen sie, es werd' auf offnen Wegen
    Wohl dieses Volks Vernichtung kaum gelingen.
Drum müsse man die Häupter flugs bestechen
Und so die Bahn durch feinre Künste brechen.

53.

Mit Gold, geheimen Gaben und Geschenken
    Gewinnen sie die Ersten nun im Reiche
Und wissen schlau die Rede drauf zu lenken,
    Was zu Verderben diesem Land gereiche.
Was sey von diesem Volke wohl zu denken,
    Das rastlos stets durch alle Meere streiche
Und, sonder König und Gesetz und Glauben,
Nur davon lebe, was es konnte rauben?

54.

Wie sehr muß doch ein guter König schauen,
    Daß seine Räth' und die ihm nahe stehen,
Mit Redlichkeit und Neigung und Vertrauen
    Zu ihrem Fürsten Hand in Hand stets gehen!
Denn hoch ließ Gott den Stuhl der Fürsten bauen;
    Sie können auf das Einzelne nicht sehen,
Wenn jener Mund, von dem sie Rath erheischen,
Sich unterfängt, sie frevelhaft zu täuschen.

55.

Doch mögen sie sich auch allein nicht halten
    An fromme Sitten, Wissenschaft und Mienen.
Oft birgt in eines schlechten Kleides Falten
    Sich wildes Streben, hoher Ehrgeiz ihnen.
Auch wissen mit Geschäften nicht zu schalten,
    Die Gott in Heiligkeit und Unschuld dienen,
Denn übel paßt zu Händeln dieser Erde
Der stille Sinn, der sich zu Christo kehrte. 210

56.

Da nun das Gold in Jenen sich bewähret,
    In deren Hand des Reiches Wohl gegeben;
Wird auf der Bösen Rath viel vorgekehret,
    In Zögerungen Gama zu verweben.
Doch dieser, der nichts Anderes begehret,
    Was auch der Mohren Lüge vorgegeben,
Als seinem Herrn zu schaffen sichre Kunden,
Daß eine neue Welt er aufgefunden.

57.

Und dieß nur will, da er sich kann bescheiden,
    Sey diese Nachricht nur im Vaterlande;
So werd' auch Volk und Schiffe flugs bereiten
    Emanuel, der König, der ihn sandte,
Ihm unterthan zu machen alle Weiten
    Der Meere hier und alle diese Lande,
Weil er selbst nur bestimmt war, zu entdecken,
Wie weit des Morgens Küsten sich erstrecken.

58.

Beschließt, zum Heiden-König hinzugehen
    Und auf Bescheid der Bothschaft nun zu dringen,
Da er die Bosheit anfängt einzusehen,
    Die, was er wollte, nichts ihn läßt vollbringen.
Der Samorin, um den die Falschen stehen,
    Und welchen Furcht und Bangen schon durchdringen,
Da, was die Zeichendeuter ihm berichten,
Entsprechend ist der Mohren Traumgesichten,

59.

Fühlt bald in Furcht die schwache Brust erkalten,
    Bald, wie der Habsucht Arm ihn stark umwindet,
Die, tief versteckt in seines Herzens Falten,
    Allmächtige Begier in ihm entzündet;
Wohl hofft er, großen Vortheil zu erhalten,
    Wenn er, der Wahrheit und dem Recht verbündet,
Auf lange Jahre schlöße die Verträge,
Die ihm so nah der Fremden König lege. 211

60.

Doch da im Rath, den er deshalb beschieden,
    Der Stimmen viele dem entgegen waren,
Weil in den Männern, die ihn dort beriethen,
    Das Gold nicht wollte seine Kräfte sparen;
Ließ er zu sich den Admiral entbieten
    Und sprach zu ihm: Willst Du mir offenbaren,
Getreu und wahr Dein ganzes Thun und Walten;
Sollst Du Verzeihung Deiner Schuld erhalten!

61.

Wohl weiß ich, daß nur mährchenhaft erfunden
    Von Deines Königs Sendung sind die Worte.
Denn, ohne König schweift als Vagabunden
    Und ohne Vaterland der Deinen Horde!
Wär' auch Vernunft so ganz dahin geschwunden,
    Daß aus der Abendländer letztem Porte
Ein König auf so fremden weiten Wegen
Die Flotten schickte jeder Fahr entgegen?

62.

Wenn Deinem König große Länder eigen
    Und mächt'ge Völker unterworfen wären,
Warum Geschenke nicht von Werth mir reichen,
    Um Deiner Rede Wahrheit zu bewähren?
Nicht gelten kann als Pfand und sichres Zeichen,
    Was Schiffer uns auf wüster Fahrt erklären,
Und hohe Gaben und Geschenke finden
Sich ein, wenn große Herrscher sich verbinden.

63.

Seyd Ihr von Rang und hätte Schmach und Schande
    Euch unverdient in Eurem Land betroffen;
So seyd willkommen mir in meinem Lande,
    Den Tapfern ist die ganze Erde offen!
Und, wärt Ihr selbst nur eine Räuberbande,
    So sollt Ihr doch nicht fürchten, sollt nur hoffen,
Sagt mir es nur! denn, Nahrung zu erringen,
Muß Noth und Hunger Manches wohl vollbringen. 212

64.

So er: doch Gama, der Verdacht schon heget
    Von jener Mahoms-Diener Haß und Ränken,
Und, daß nur sie den König aufgereget,
    So arge Dinge jetzt von ihm zu denken,
Läßt mit der Zuversicht, die ihn beweget
    Und Zutraun muß in jeden Hörer senken,
Die weisen Worte von den Lippen schweben,
Die Venus Acidalia gegeben.

65.

Wenn nicht die Bosheit schon vor langen Zeiten
    Durch schwere Schuld auf Erden sich vergangen,
Das böse Gift der Lüge zu verbreiten,
    Dem Christenthum zur Geisel schwer verhangen,
Und ew'ge Feindschaft nicht von allen Seiten
    Und Falschheit Adams Kinder hielt gefangen;
So hätt' auch Dich der Irrthum nicht umsponnen,
Den jene schnöde Secte nur ersonnen.

66.

Doch, da der Mensch das Große nur vollbringen
    Durch Fahren soll, die muthig er bestehet,
Und Furcht der Hoffnung folgt in allen Dingen,
    Die nur im Schweiß der Arbeit sich erhöhet;
Kann ich auch Glauben nicht bey Dir erringen
    An meine Wahrheit, weil Dir das entgehet,
Dem Du Vertrauen billiger wohl zolltest,
Glaubtest Du nicht, wem Du nicht glauben solltest.

67.

Denn, müßt' ich mich vom Raube nur ernähren
    Und hätt' ich um die Heimath mich betrogen,
Was hätte, kannst Du Dir es wohl erklären,
    In unbekannte Fernen mich gezogen?
Welch eine Hoffnung konnt' es mir gewähren,
    Daß ich bekämpfte wilde Meeres-Wogen,
Des Poles Frost und alle Gluth der Zonen,
Die in des Widders heißem Zeichen wohnen? 213

68.

Wenn nur mit großen herrlichen Geschenken
    Ich Dir mein Wort als Wahrheit kann verkünden;
So magst Du, daß mir Pflicht nur war, bedenken,
    Die Lage Deines Reiches zu ergründen;
Doch, wird das Glück noch unsre Pfade lenken,
    Daß wir uns bald im Vaterlande finden,
So sollen, meine Sendung zu bewähren,
Zurück mit mir die reichsten Gaben kehren.

69.

Und, willst Du es kaum glaublich je vermeinen,
    Daß mich ein König aus dem Abend sende;
So wisse! unserm großen König scheinen
    Leicht alle Werke für der Menschen Hände!
Drum mein' ich, daß ein Vorsatz, gleich dem Seinen,
    Noch billiger wohl Glauben bey Dir fände,
Um bey der Lusitanen hohem Walten
Auch dieß Beginnen selbst für wahr zu halten.

70.

Beschlossen war es schon vor langen Jahren
    Von unsers Reiches früheren Regenten,
Trotz aller Arbeit, Drangsal und Gefahren,
    Viel große Dinge glorreich zu vollenden.
Und, da entdeckt schon viele Meere waren,
    Wie mochten sie zu träger Rast sich wenden,
Bevor sie wußten, wo die letzten Wellen
An dem entlegensten Gestade schwellen!

71.

Ein würd'ges Unternehmen für den Sprossen
    Des Königs, der zuerst das Meer durchpflügteDer Infant Don Henrique, Sohn Johann des Ersten.,
Und auf Abila, weit vom Meer umflossen,
    Die äußersten Barbaren noch besiegte;
Der war es, der, zu seltner That entschlossen,
    Nach eignem Vorsatz Holz an Holz sich fügte,
Von jenem Erdstrich Kunde zu erlangen,
Wo Hyder, Altar, Has' und Argo prangen. 214

72.

Und, da die ersten Reisen wohl gelangen,
    Begann der Muth der Kühnen noch zu steigen,
Um, stets auf neue Wege ausgegangen,
    Bald dieses Land, bald jenes zu erreichen,
Bis hin zum Südpol Africas sie drangen,
    Wo niemals sich die sieben Sterne zeigen,
Und sie der Wendezirkel heiße Straßen,
Auf kühner Fahrt schon hinter sich gelassen.

73.

Und so mit fester Brust und hohem Streben
    Hat uns kein Unfall je zurück gehalten,
Bis hier die letzten Säulen sich erheben,
    Wo Deine fernen Lande sich entfalten.
Wir wollten nicht der Wellen Macht erbeben,
    Und nicht des Sturmes furchtbaren Gewalten
Und sind nun hier, und bitten um ein Zeichen
Von Dir, es unserm Herrn zu überreichen!

74.

Dies ist die Wahrheit König! und ersinnen
    Könnt' ich fürwahr! nicht künstlich die Legenden,
Um solchen kleinen Lohn mir zu gewinnen,
    Als irgend solche Lüge dürfte spenden;
Dann wär' auch wohl als Räuber mein Beginnen
    Auf Mutter Thetis wilden Elementen,
Daß mir Erholung würden die Beschwerden,
Durch fremden Schweiß im Meere reich zu werden.

75.

Wenn Dir, o König! nun, was ich erkläret,
    Wahrhaft erscheint, nicht Ränkevoll erlogen;
So sey mir flugs auch mein Bescheid gewähret,
    Daß ich gern wiederkehre aus den Wogen.
Doch, wenn Dein Herz Verdacht noch irgend nähret,
    So folge der Vernunft, die nie getrogen,
Und Falsches wohl vom Wahren weiß zu trennen,
Leicht ist der Wahrheit Stimme zu erkennen! 215

76.

Der König hatte wohl den Muth ersehen,
    Mit welchem Gama, was er sprach, bewiesen,
Und will Vertrauen drum ihm zugestehen,
    Nicht seinen Worten das Gemüth verschließen.
Des Helden Anstand konnt' ihm nicht entgehen
    Und nicht der Rede mächtiges Ergießen,
Drum glaubt die Catualen er betrogen,
Ob sie ein schlimmres Netz auch hält umzogen.

77.

Auch die Begier nach dem, was, zu gewähren
    Der Bund verheißt mit diesen Lusitanen,
Macht ihn geneigt des Admirals Begehren
    Und abhold dem, wozu die Mohren mahnen.
Drum heißt er Gama nun zurücke kehren,
    Zu seinen Schiffen und Gefahr nicht ahnen
Und, daß er sende von der Flotte Schätzen,
Sie gegen Specereien umzusetzen.

78.

Auch heißt er solche Ding' ans Land ihn senden,
    Die noch nicht wären in des Ganges Reichen,
Wenn er von dort, wo sich die Küsten enden
    Und Meer beginnt, etwa gebracht dergleichen.
Jetzt sieht man Gama ehrfurchtsvoll sich wenden
    Vom König und, die Flotte zu erreichen,
Vom Catual ein Fahrzeug stracks begehren,
Weil von dem Strand fernab die Seinen wären.

79.

Ein Fahrzeug nur, das an die Flotte bringe,
    Will er, doch Jener, neuen Trug bereitend,
Versagt es, mit Verzögerung der Dinge,
    Zum Scheine die Verweigerung bekleidend,
Und, daß die Bosheit sichrer ihm gelinge,
    Führt er zum Hafen Gama, so vermeidend,
Daß von der Sache noch der König spüre,
Da er so weit ab von der Burg ihn führe. 216

80.

Dort spricht er lang und viel mit falschem Sinne
    Und daß ein Fahrzeug Gama haben solle,
Wenn nur bis zu des neuen Lichts Beginne,
    Er sich am Lande noch gedulden wolle;
Da merket Gama, was man böslich spinne
    Und daß, erfüllt von gleichem Haß und Grolle,
Der Catual, klar war ihm nun die Sache,
Gemeines Spiel mit jenen Mohren mache.

81.

Auch dieser Catual war mit Geschenken
    Gewonnen zu der Mohren falschem Spiele,
Weil, dort der Aufsicht Steuer mild zu lenken,
    Ihm untergeben sind der Städte viele;
Von ihm allein verhoffen ihren Ränken,
    Die Mohren noch Gelangung zu dem Ziele
Und er, in gleichem Sinn, als Jene hegen,
Lenkt nicht mehr ab von seinen bösen Wegen.

82.

Zwar Gama heischt von ihm mit Ernst und Fleiße
    Entlassung, doch vergebens allemal,
Er sagt ihm: solches wären die Geheiße
    Deß, der entsprossen sey von Perimal!
Warum er ihn erschwer' auf jede Weise,
    Das auszuschiffen, was aus Portugal
Am Borde sey, und daß des Königs Willen
Doch sonder Anstand Jeder müss erfüllen!

83.

Doch, nichts vermag den Heiden zu bewegen,
    Der, feil dem Gold, nur Mittel will ersinnen,
Wie er verschmitzt die Schlinge könne legen
    Und, welcher Trug sey besser anzuspinnen?
Ob in das schnöde Blut auf offnen Wegen,
    Das Schwert sich tauch' und Keinen lass' entrinnen,
Ob Feuersgluth der Schiffe Bau zerstöre,
Daß Keines in die Heimath wiederkehre? 217

84.

Daß auch nicht Einer in die Heimath kehre,
    Ist dieser Mohren teuflisches Verlangen.
Nie sollte von des Ostens Hemisphäre,
    Der Lusitanen König Kund' erlangen.
Drum trachtet, wie er nur die Abfahrt wehre,
    Der Catual, den Gama angegangen,
Denn nur von ihm kann die Erlaubniß kommen,
Weil jeden Kahn er in Beschlag genommen.

85.

Auf Wort' und Gründe, die sich dar ihm legten,
    Erklärt der Heid', er woll' ihm zugestehen,
Daß an das Land sich nah die Schiffe legten,
    Weil so die Rückkehr könne leicht geschehen.
Nur bange Feinde, nur Piraten pflegten
    Vor Anker so fernab im Meer zu gehen;
Doch wo sich treue Freundschaft ließ gewahren,
Sey Schlimmes wohl kaum irgend zu befahren.

86.

Wohl wird des Plans der kluge Gama innen
    Und, wie die Flotte näher rücken solle,
Daß besser möge Flamm' und Schwert beginnen
    Den Angriff dann mit aufgedecktem Grolle;
Und er verfällt in mannigfaches Sinnen:
    Welch sichres Mittel seine Lage wolle?
Und späht nach jeder Seite dieses Falles,
Befürchtend zwar, doch auch bedenkend Alles.

87.

Und wie das Licht an herrlichen Kristallen,
    Am Stahl sich bricht auf glatter Spiegel Reine,
Wenn Sonnenstrahlen auf die Fläche prallen,
    Und Alles glänzt im hellen Wiederscheine,
Als Spielwerk in die müß'ge Hand gefallen,
    Freut sich der Schimmer rings im Haus der Kleine,
Die überall an Wand und Decke streifen,
Und auf und ab mit stetem Schwanken schweifen. 218

88.

So schwanket auch des Admirals Entschließen,
    Wenn er bedenkt, es könnte wohl geschehen,
Daß an das Land Coëlhos Böte stießen,
    Den früheren Befehlen nachzugehen.
Drum sendet er flugs insgeheim an diesen,
    Die Böte schleunig wieder umzudrehen,
Daß sie am Ufer nicht Gefahr umstricke,
Wie er besorgt von dieser Moslems Tücke.

89.

So muß Der seyn, der mit des Mars Geschenken,
    Nachahmen will den Helden aller Zeiten;
Nach Jeglichem muß sich sein Auge lenken,
    Er muß die Fahr errathen und vermeiden,
Begegnen im voraus des Feindes Ränken
    Und Gegenspiel und Täuschung ihm bereiten
Und Alles fürchten, denn, wer einst muß sprechen:
Das dacht ich nicht! wird niemals Lorbeern brechen.

90.

Fortdaurend hält der Heid' ihn fest am Strande,
    Weil er der Flotte Landung nicht gebietet;
Der Held erzürnt ob dieser Fordrung Schande
    Und fürchtet nichts, ob Jener dräut und wüthet.
Eh nähm er auf sich Tod und Quaal und Bande
    Und alles Unheil, das die Bosheit brütet,
Eh' er die Schiffe, welche sicher lagen,
Die Flotte seines Königs wollte wagen.

91.

So wird es diese Nacht mit ihm gehalten
    Und so am Morgen, als er, umzukehren,
Beschließt zum König, aber abgehalten
    Von Wachen wird, die solches ihm verwehren,
Da will der Heide neuen Plan entfalten,
    Denn, wenn die That der König sollte hören,
Wie möglich sey, wenn Gama länger weile,
Befährt er, werd' ihm Strafe noch zu Theile. 219

92.

Er räth ihm, daß ans Land er lasse bringen
    Die Waaren, die am Bord der Flotte lägen,
Daß Tausch und Umsatz besser vorwärts gingen,
    Denn, wer nicht Handel, wolle Krieg nur hegen;
Ob Gama nun die Plän' auch kann durchdringen,
    Die sich in dem verruchten Busen regen,
So willigt er doch ein, trotz der Gefahren,
Weil er die Freiheit kauft mit diesen Waaren,

93.

Sie werden einig, daß der Flotte Waaren
    Der Heid' auf seinen Böten holen lasse,
Weil Gama so die Seinen will bewahren,
    Daß nicht am Ufer sie Gefahr umfasse.
Auch muß ein Brief dem Bruder offenbaren,
    Er möge senden, was nur irgend passe
Von Span'schen Waaren, um ihn frey zu machen,
Und schon ziehn Böte nach den fremden Sachen.

94.

Die Waaren kommen, und die gieren Blicke
    Kann nun der Heiden Habsucht herrlich letzen.
Alvarez bleibt, Diego dort zurücke,
    Sie zum Verkauf nach ihrem Werth zu schätzen.
Ob höher nun Gemüther voller Tücke
    Gebot und Pflicht und Flehn als Gold noch setzen?
Das zeigt dem Klugen jetzt auch dieser Heide,
Der gegen Waaren Gama nun befreite.

95.

So ward er frei, denn an den Waaren dachte
    Ein Pfand des Heiden Habsucht zu erlangen,
Durch das er höhern Geldgewinn wohl machte,
    Als hielt er ihn noch länger dort gefangen.
Doch Gama, den man auf die Flotte brachte,
    Beschloß, wozu ihn Zeit und Lage drangen,
Nun auf den Schiffen ruhig zu verweilen,
Nicht zur Gefahr zurück ans Land zu eilen. 220

96.

Und dieser Rast und Muße zu genießen,
    Bis mit der Zeit das Dunkel auf sich kläre,
Weil sich der Catual so schlecht bewiesen
    Und Habsucht nur in seinem Herzen nähre;
Nun mag daraus der Wißbegierde schließen,
    Wie dieses Laster Jegliches verkehre,
Und Durst nach Golde Reich, und Arm, bezwinge
Und Alles, was er heischet, auch vollbringe.

97.

Ermordet mußte Polydor erbleichen
    Dem Thraker König, seiner Schätze wegenPriamus, König von Troja schickte seinen Sohn Polydorus mir seinen Schätzen zu seinem Freunde dem Polycrates, König von Thracien, um dieselben im Fall eines schlimmen Ausgangs zu retten. Allein der Thraker ermordete den Jüngling, und bemächtigte sich der Schätze, die derselbe zu ihm geflüchtet hatte.,
Und Danae, die schöne, zu erreichen,
    Drang durch den festen Bau der goldne Regen.
Tarpejus Tochter muß der Habsucht weichen
    Und, um die goldnen Spangen anzulegen,
Wird an den Feind die Burg von ihr verrathen
Und sie erdrückt zum Lohne dieser ThatenDie Geschichte der Tarpeja und des unglücklichen Mißverständnisses, das nach einigen ihr das Leben kostete, ist aus Livius bekannt genug..

98.

Ihr öffnen sich die Pforten fester Zinnen,
    Sie bricht verräthrisch durch der Freundschaft Bande,
Verkehrt die Besten, Böses zu beginnen,
    Verkauft dem Feind, Heerführer, Volk und Lande.
Die reine Jungfrau kann ihr nicht entrinnen,
    Sie achtet nicht des Fleckens ihrer Schande.
Die Habsucht drängt sich zu des Wissens Kreisen,
Und lähmt das Herz und blendet selbst den Weisen.

99.

Mit seinen Künsten deutet sie die Worte,
    Sie giebt Gesetz und kann Gesetz verbannen
Und öffnet wildem Meineid Thür und Pforte
    Und macht wohl tausend Herrscher zu Tyrannen.
Die Männer selbst, die, unter Gottes Horte,
    Durch Armuth und Gebet, das Heil gewannen,
Besticht und täuscht die Zauberin noch immer,
Doch niemals ohne frommer Tugend Schimmer. 221

 


 


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