George Byron
Gedichte
George Byron

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1814 – 1816

            Des Teufels Spazierfahrt
                        Ein Bruchstück

Der Teufel um zwei Uhr zur Höll' ging zurück
Und blieb dann bis fünf Uhr zu Hause,
Drauf setzte er sich zum Schmause
Und aß von Iren-Rebellen ein Stück,
Auch von Mördern ein trefflich Ragout,
Selbstmördersauce dazu.
Dann sann er, was weiter zu thun.
»Ich will,« sprach er, »auszufahren geruhn;
Heute früh gings zu Fuß, heut' Abend im Wagen,
Die Dunkelheit bringt meinen Kindern Behagen,
Will sehen, was meine Lieblinge thun.« –

»In was soll ich fahren?« fuhr der Teufel fort;
»Wenn ich folgte meinem Geschmack,
Bestieg ich einen Blessirten-Transport
Und lachte, wenn stöhnte das Pack.
Doch solche gibt es ja immer wieder
Und heute zuckt Eile mir durch die Glieder,
Ich muß meine Grundherrschaft einsehn auf Erden
Und schaun, daß nicht Seelen gestohlen mir werden.
Ich hab' eine Carosse vor Carlton House
Und eine Kutsche, die fahrt vom Seymourplatz aus,
Doch verliehn an zwei Freunde, die mir was ersparen,
Indem sie mir dort meinen Lieblingsschritt fahren.
Sie führen die Zügel gar fein und behende,
Ich hab' was für sie, wenn ihr Kutschiren zu Ende.«

»Zur Erde also, dort was zu probiren!« –
Und so sprang er flugs nach der Erde empor,
Von Moskau flog er nach Frankreichs Revieren
Und über das weite Weltmeer zuvor.
An einem Kreuzweg ließ er ruhen den Huf
Nicht weit von einem Bischofssitze von Ruf.
Doch vorher, das vergaß ich zu sagen,
Ließ empor er ein Weilchen sich tragen,
Um das Leipziger Feld zu betrachten.
Und so hold für sein Aug' war des Pulvers Blitz,
Und so süß für sein Ohr der Verzweifelnden Witz,
Daß er stieg auf einen Erschlagenen-Berg
Und schaute mit Lust von der Höhe das Schlachten;
Nicht oft sah er hier so löbliches Trachten,
So herrlich gethan sein eigenes Werk.
Das Feld lag so roth von der Todten Blut,
Daß es schamroth ward wie der Hölle Flut,
Daun lachte er laut und wild und sehr:
»Ich glaube, hier brauchen sie mich nicht mehr!«
Doch der lieblichste Ton, der traf sein Ohr,
War der Schrei einer Wittwe im Trauerflor,
Und der süßeste Anblick die eisige Lauge,
Die Entsetzen erstarrte im lichtblauen Auge
Der Maid, der der Buhle erschlagen war,
Der vom Haupte flatterte wild das Haar,
Die zum Himmel schaute im tollen Spott
Und wahnsinnig fragte, ob dort noch ein Gott?
Und bei der Hütte dort, die zusammengeschossen,
Mit hohler Wange, das Aug' halb geschlossen,
Ein Kind, das gestorben den Hungertod,
Und das Blutbad, wenn der Widerstand aus
Und der Besiegte vergeblich entfliehet dem Strauß!

Doch der Teufel bei unsern Klippen kam an;
Und was hat der Biedermann hier denn gethan?
Wenn gut sein Auge war, sah er bei Nacht,
Was uns bei Tage entgegen hier lacht.
Er machte einen Gang und notirte sich da,
Die Wunder, die er im Finstern auch sah,
Und verkauft's an die Buchhändler, brühwarm noch,
Sie boten recht hübsch, doch prellten ihn doch.
Der Teufel sah dort die Post (wie er meint)
Den Postillon in dem postalen Gewand;
Da hat er den Schwanz wie 'ne Büchse gespannt
Und heftig am Kragen genommen den Feind.
»Oho!« rief er da, »was Teufels ist hier?
Ein neues Gefährt und ein steinalter Peer?«

Drauf setzt' er ihn wieder auf seinen Bock
Und sagte zu ihm: »Nur nicht Angst in dem Rock!
Bleibt treu eurem Club und den Zügeln dazu
Und trinkt im Bordell euer Bierchen in Ruh',
Denn gleich nach dem Sitzungssaal seh' ich den Lord
Am liebsten doch immer an ähnlichem Ort.«

Der Teufel wollt' jetzt in Westminster erscheinen
Und wandte sich erst nach dem Saal der Gemeinen;
Doch als er dort eben wollt' hinken herein,
Vernahm er: geladen die Lords eben sei'n;
Da dacht' er, als früherer Aristokrat
Könnt er sehn was die Pairs thun (sie hören wär' fad). –
So nahm er wie Unsereins dorthin den Lauf
Und stellte ganz nahe beim Throne sich ans.
Hier sah er Lord Liverpool scheinbar gar klug,
Und den Lord Westmoreland dumm grad' genug,
Auch Johnny von Norfolk, von Hopfenstang'-Rass'
Und Chatham, Freund Billy so ähnlich wie was,
Sah auch, wie Eldom's Aug' Thränen entrollten,
Weil sich die Papisten nicht auflehnen wollten,
So sehr er gesteht und geweissagt im Wahn;
Er hört – selbst Satan erschrak fast daran –
Wie ein Richterhaupt etwas wie Fluchen gethan
Und empört sprach der Teufel: »Ich muß noch salviren;
Ich finde, wir haben doch bess're Manieren,
Und spricht Der so drunten vor meines Throns Stufen,
So soll ihn Freund Moluch zur Ordnung gleich rufen.«

 

                    Windsor-Poesie.
Als S. K. H. der Prinz-Regent zwischen den Särgen
 Heinrichs VIII. und Karls I. in der königlichen Gruft
                      zu Windsor stand.

Berühmt durch Bruch der stärksten Bande schier
Liegt kopflos Karl und Heinrich herzlos hier
Und zwischen ihnen steht ein Scepterwicht,
In Allem König, nur im Namen nicht.

Was Karl dem Volk, Heinrich dem Weib gethan,
Es kündet sich vereint in diesem an.
Umsonst vermischt der Tod hier jener Staub,
Die Königs-Vampyr' kehren stets wie Laub,
Was nützen Gräber, selbst von solchen Zwei'n,
Wenn sie empor nur einen Georg spein?

 

            Ich nenn' deinen Namen nicht.

Ich nenn' deinen Namen nicht, schreibe ihn nicht,
Der Laut trüge Kummer, und Schuld der Bericht;
Die Thräne nur, die auf der Wange mir brennt,
Die tiefsten Gedanken des Herzens dir nennt.

Zu kurz für die Lieb', für die Ruhe zu lang
War die Zeit; doch kann enden so seliger Drang?
Bereuend, verschwörend, abschüttelnd den Wahn,
So scheiden wir, fliehn – um uns neu zu umfahn.

O dein sei die Wonne, die Schuld aber mein!
Vergib, o. Geliebte, und laß mich allein;
Das Herz, das dein eigen, steh' unentweiht still,
Kein Mensch soll es brechen, es sei denn dein Will'.

Hart gegen die Stolzen, doch machtlos vor dir,
So bleibet die Seel' auch in Finsterniß mir,
Der Tag verging schneller und süßer die Stund'
Bei dir, als wenn mein dieses irdische Rund.

Ein Blick deiner Lieb', deiner Schmerzen ein Ton,
Er zieht mich, er hält mich, gibt Strafe und Lohn;
Der Herzlose staun', auf wie viel ich Verzicht',
Dein Mund geb' die Antwort, doch meinem, ihm nicht.

                                                  Mai 1814.

 

                            Anrede
    bestimmt für die caledonische Versammlung.Bei Rückkehr der schottischen Truppen aus Spanien.

Wer glühte nicht, dem in dem Ruhmbericht
Kam Caledoniens Namen zu Gesicht?
Des Lands, das fort des Römers Kette stieß,
Zurück des Dänen stolze Helme wies,
Deß leuchtend Schwert und kühne Manneshand
Kein Feind gezähmt, kein Zwingherr übermannt!
Die Rass' ist hin, doch lebt sie noch im Sohn,
Dem Ruhm jetzt reicht von Neuem seine Kron';
Für Gael und Sachsen nun Ein Banner weht
Und ihre Kraft zu dir, o England! steht;
Noch immer frei stießt hier der Wallace Blut,
Doch jetzt um dich und deiner Ehre Gut.
O leih' dein Ohr des Veteranen Noth,
Ruhm gab die Welt, gib du ihm's täglich Brod.
Der niedre Mann, der tapfer ficht und fällt,
Da stehend, wo der Hohe hin ihn stellt,
Den irgendwo ein Rasen still umfaht,
Den im Triumph der Glücklichere trat, –
Er hinterließ, was ihm das Schicksal gab:
Die arme Wais', die Wittwe ohne Stab.
Oft hob sie wol, wo Albyns Hügel graun,
Das nasse Aug' in melanchol'schem Schaun,
Oft sah sie wol, wenn Hochlands Seher Leid
Vorausgesagt in halber Dunkelheit –
Ein blutig Bild in kriegerischer Tracht,'
Trüb im Gewölk und schwarz in Sturmes Nacht;
Indeß betrübt sie singt verwaisten Sang,
Das Klagelied um Den, der säumt so lang,
Und dessen Rest – umsonst! – in fremder Erd'
Das Requiem des Coronach begehrt.

Der Himmel, nicht der Mensch löscht aus den Schmerz,
Wenn frisch getroffen blutet unser Herz,
Doch Zeit und Liebe nimmt die Bitterkeit
Der Thräne halb, die man so Theuern weiht.
Dem Haupt der Wittwe mög' des Volkes Dank
Ein Kissen legen auf die harte Bank,
Erleichtern ihrer Muttersorge Last,
Daß Heldenerben Mangel nicht erfaßt.

                                        Mai 1814.

 

Bruchstück eines Briefs an Thomas Moore.

Was sag ich? – Nein! in Prosa nun nichts mehr!
Ich bin in jedem Vers zu Haus, drum her!
Laß hier uns schwimmen auf dem Strom der Zeit,
Mit Reimes Blase, die uns Stütze leiht;
Und sinken je wir unter unsrer Last,
Erstickt uns doch ehrwürdiger Morast;
Wo Bathos Taucher haufenweis ertränkt
Und Southeys Lied in Schlaf ihn selbst versenkt,
Als eignen Mörder, der halb Weines schwer
Den Abgrund ließ und sank bei ruh'gem Meer,
Wobei zu Gottes Ruhm er Stanzen sang
Wie keine (seit Tom Sternhold hin ward) klang.

                              *

Die Zeitung hat das Treiben dir erzählt,
Wie man um diese Russen sich gequält
Vom Kaiserkutscher bis zum Attaman
Und wer sonst anhing diesem großen Mann.
Ich sah ihn auf zwei Bällen jüngst als Gast,
Für einen Fürsten war er herzlich fast;
Du weißt, wir sind an andre Huld gewöhnt.

                              *

Des Zaren Blick ist Hellers muntrer Art,
Doch hat er leider keinen großen Bart.
Sein blauer Frack war sternlos; walzend schoß
Er mit der Jersey in der Kirseihos':
Sie hold wie stets, schien grade so gebläht
Wie ihre Gäste von der Majestät.

                                        Juni 1814.

 

Trostspruch an Sara Gräfin von Jersey,
als der Prinzregent ihr Portrait aus einer Sammlung
weiblicher Schönheiten an Frau Mee zurückschickte.

Als beim Triumph des kaiserlichen Herrn,
Den Rom gehaßt, jedoch bediente gern,
Man vor dem Volk die Büsten ausgestellt,
Von all den Großen, Edeln auf der Welt;
Ob welchem staunte jedes Aug' zumeist
Von all den Sternen, die geehrt den Geist,
Weß Namen ward geflüstert, fern und nah?
Des Brutus Namen – weil sein Bild nicht da!
Sein Fernesein bezeugte seinen Werth,
In jedem Herzen ward er neu verehrt
Und höher stand und fester nun sein Ruhm
Als ein Koloß vor Roma's Publikum.

Wenn, schöne Jersey, so nach deinem Bild
Das Auge sucht und schweifet ungestillt
An Reizen hin, die wie auch hold und ächt,
Dein lieblich Wesen hätte abgeschwächt;
Wenn jener eitle Greis, der wie bekannt,
Des Vaters Krone erbte und Verstand,
Wenn sein verdorben Aug', sein Herz dies Wreck
Dein süßes Bild könnt' senden wieder weg,
Trifft ihn die Schmach, doch uns die schwere Qual,
Im Schönheitsheer zu missen den Gen'ral.
Nur Ein Gedanke tröstet uns hiebei:
Zwar fehlt das Bild, doch unser Herz bleibt frei!
Was bietet uns nun seine Galerie?
Der Blumen viel', doch ach! die Rose – nie!
Den Brunnen wohl, doch nicht des Lebens Born,
Die Sternennacht, doch nicht Dianens Horn!
Die Formen, die wir schauen, fesseln nicht,
Sie führen nur zu deinem Traumgesicht
Und die Erinnerung bewegt uns mehr
Als Alle, die sein Wille führt daher!

Lang möge strahlen deines Mittags Glanz
In all dem Schmuck, den Tugend schlingt zum Kranz:
Der Jugend Ebenmaß, der Anmuth Zier,
Der Heiterkeit in Auge und Manier,
Des reichen Haares glanzbewegter Nacht,
Die Stirn beschattend, die sie schöner macht,
Dem Blick, der fesselt und so sehr belebt,
Daß unsrer stets mit Wonne daran klebt,
Und wieder schaut, um neuen Reiz zu sehn,
Der wohl verlohnt ein wiederholtes Spähn!
Denn dieser Reiz strahlt noch im alten Licht,
Ist stumpf dafür auch jenes Schafsgesicht;
Du müßtest warten bis dahin dein Glanz,
Um zu gefallen diesem alten Hans,
Dem stumpfen Wüstling, dessen Auge ja
Dein Bild in neid'scher Blöde übersah,
Der deine Schönheit und der Freiheit Werth
Im Deinen Geist mit gleichem Haß beehrt.

                                        August 1814.

 

                An Belshazzar.

Belshazzar, wende dich vom Mahle,
Von Völlerei und wüstem Brand!
Sieh glühen noch in hehrem Strahle
Drei Worte dort an jener Wand!
Tyrannen hält der Unverstand
Oft für gesalbt, gekrönt von oben,
Doch fühlst du nicht des Todes Hand
Schon über dir, du Wicht, erhoben?

Geh', schüttle von der Stirn' die Rosen,
Womit du deckst dein graues Haar,
Dich darf der Jugend Kranz nicht kosen,
Noch wen'ger als die Krone gar,
Die stets durch dich getrübet war.
Laß diesen nicht'gen Tand nur fahren,
Ihn schmäht selbst deiner Sklaven Schaar,
Lern' sterben, wie Die besser waren!

O früh gewogen in der Wage
Zu leicht erkannt an Wort und Werth,
Starb deine Seele früh am Tage
Und ließ zurück nur schmutz'ge Erd'.
Dein Anblick Spöttern Lust gewährt,
Doch Hoffnung, ahnend dein Verderben,
Weint, daß Dem Leben ward bescheert,
Der nicht konnt' herrschen – leben – sterben.

 

                      Elegie
  auf den Tod des Sir Peter Parker, Bart.Gefallen 1814 zu Baltimore.

Um jeden Todten fließen Zähren,
An jedem Grabe klagt der Schmerz,
Doch ganze Völker bringen Ehren
Und weinen um ein tapfres Herz.

Ihm tönt des Kummers reinste Klage
Wol über Meeres Wogensaal;
Ob unverscharrt der Leib auch rage,
Die ganze Erde ist sein Maal.

Ein Denkstein steigt aus tausend Seiten,
Ein Epitaph aus jedem Mund,
Der Gegenwart, der Zukunft Zeiten
Thun ihre Klagen um Ihn kund.

Die Stimme frohbewegter Feste
Muß schweigen, wenn sein Namen tönt.
Indeß das Glas im Kreis der Gäste
In seines Werths Erinn'rung dröhnt.

Ein Text für die, die ihn nicht kennen,
Vom Feinde selbst bestaunt, beklagt –
Wer möcht' solch Loos nicht seines nennen,
Nicht sterben, wie es Ihm behagt'.

So tapfrer Parker, wird dein Leben,
Dein Tod, dein Ruhm verewigt sein;
Dein Namen wird ein Beispiel geben
Den tapfern Jungen groß und klein.

Doch Herzen gibt's, die um dich klagen,
Und deren Weh' kein Ruhm verwischt,
Die schaudern vor dem Siegeswagen,
Mit dem so theures Blut sich mischt.

Wo würden sie dich nicht entbehren?
Wo klingt dein theurer Namen nicht?
Die Zeit kann nicht Vergessen lehren,
So lang dein Ruhm zum Herzen spricht.

Du nicht, nur sie sind zu beklagen,
Sie müssen weinen um so mehr.
O schwer ist's, dessen Tod zu tragen,
Der lebend klaglos war wie Er.

                                        October 1814.

 

Die Welt kann keine Freude geben.

                O lacrymarum fons, tenero sacros
                Ducentium ortus ex animo: quater
                Felix! in imo qui scatentem
                Pectore te, pia Nympha, sensit.
                                            Gay's Poemaia

Die Welt kann keine Freude geben,
Wie die ist, die sie uns entreißt,
Wenn Jugendträume uns entschweben
Und das Gefühl erstarrt, vereis't.

Es ist die Röthe nicht der Wangen
Allein, die uns so schnell entflieht:
Die Herzensblüte ist vergangen,
Eh' noch die Jugend weiter zieht.

Die, deren Geister dann noch schwimmen
Um ihres Glückes Trümmer her,
Oft Klippen schwerer Schuld erklimmen
Und stürzen in der Lüste Meer.

Der Fahrt Magnet ist fortgerissen,
Vielleicht umsonst auch zeiget er
Nach jenem Land, das, weil zerschlissen,
Ihr Segel doch erreicht nicht mehr.

Dann tritt die Kälte ein der Seele
Die tödtlich kalt wie nur der Tod;
Sie fühlt nicht mehr was Andre quäle,
Träumt selbst nicht von der eignen Noth.

Und unsrer Thränen bittre Lauge,
Sie ist erfroren nun und hart,
Und funkelt auch noch stets das Auge,
So ist es doch zu Eis erstarrt.

Mag auch der Witz den Mund umzucken
Und Heiterkeit zerstreun die Brust
In jenem mitternächt'gen Spucken,
Das nicht mehr kennt der Ruhe Lust,

So ist dies nur des Epheus Hülle
Um den zerstörten morschen Bau,
Von außen frische grüne Fülle,
Jedoch darunter siech und grau.

O könnt' ich fühlen, wie ich fühlte,
O könnt' ich sein, was ich einst war!
Daß mich die Thräne wieder kühlte,
Die einst ein süßer Schmerz gebar!

Wie uns erquickt der Wüste Quelle,
So viel sie Salz enthalten mag,
So würde eine Thränenwelle
Erfrischen mir den welken Tag.

                                        März 1815.

 

Keiner Schönen entquellen.

Keiner Schönen entquellen
Solche Zauber wie dir,
Wie Musik auf den Wellen
Deine Stimme klingt mir!

Wie das Meer leis sich wieget,
Als lauschte es ihr,
Wie 'die Woge still lieget,
Als träumte Zephyr;

Wie der Mond Ketten webet
Ueber's Meer so gelind,
Das sanft die Brust hebet
Wie im Schlafe das Kind;

So neigt dir entgegen,
Anzubeten der Geist,
In sanftem Erregen,
Wie Sommersee kreist.

 

              Napoleons Flucht aus Elba.

Gar schön zieht er dahin auf seinem lust'gen Zug,
Nimmt Städte mit Genuß und Kronen weg im Flug,
Von Elba nach Lyon, und bis Paris – o Graus!
Den Damen »spielt er auf« und »knixt« den Feind hinaus.Englisches Wortspiel ball (Ball und Kugel), bow (Verbeugung und Bogen).

                                        Den 27. März 1315.

 

                    Ode.
        Nach dem Französischen.

                        1.

Wir fluchen dir nicht, Waterloo!
Floß auch der Freiheit Blut dir zu.
Denn es versank nicht in den Grund,
Es stieg vielmehr aus jeder Wund'
Wie Wassserhosen aus dem Meer,
Und immer stärker steigt's und hehr
Und mischt sich in des Aethers Schooß
Dem, des Labedoyère entfloß,
Dem, dessen Grab – das weiß die Welt! –
»Der Tapfern Tapfersten« enthält.
Es wird zur Wolke, heiß und roth,
Die seine Rückkehr einstens droht;
Denn, wem sie voll ist, sie zerschellt
Mit einen Donnerschlag, der gellt
Wie keiner noch durchhallt die Welt,
Mit einem Blitz, wie keiner noch
In diesen Himmel riß ein Loch,
Wie jener Wermuthstern zur Zeit,Siehe Offenbarung Johannis, 8. Cap., 7. V. Und der erste Engel posaunte. Und es ward ein Hagel mit Feuer und Blut gemenget etc. 8. V. Und der andere Engel posaunte. Und es fuhr wie ein großer Berg mit Feuer brennend ins Meer. Und der dritte Theil des Meeres ward Blut etc. 10. V, Und der dritte Engel posaunte. Und es fiel ein großer Stern vom Himmel, der brannte wie eine Fackel und fiel auf den dritten Theil der Wasserströme und über die Wasserbrunnen. 11. V. Und der Name des Sterns heißt Wermuth und der dritte Theil ward Wermuth. Und viele Menschen starben von den Wassern, daß sie waren so bitter geworden.
Die der Prophet uns prophezeit,
Hernieder regnend Feuerflut
Und Bäche wandelnd um in Blut.

                          2.

Es fiel das Haupt, doch nicht durch sie
Die Herrn der Waterloo-Partie! –
Als noch der Bürgersmann-Soldat
Nicht auf die andern Menschen trat
Und dann nur seine Schlachten schlug,
Wenn es der Freiheit Nutzen trug,
Wer von der Zwingherrnrotte war
Gewachsen da dem jungen Aar?
Erst dann traf Frankreich jener Schlag,
Als es der Tyrannei erlag,
Als an des Ehrgeiz Stachel krank
Sein Held herab zum König sank.
Dann fiel er! So fall' jeder Mann,
Der Mensch durch Menschen knechten kann!

                          3.

Und du auch, weißbebuschter Fant,
Dem selbst ein Grab versagt sein LandMurat's Ueberreste sollen dem Grabe entrissen und verbrannt worden sein.
Hältst besser in dem Reich gekämpft,
Deß Glut des Fremdlings Schwert gedämpft,
Als dich verkauft an Todwund Schand'
Um solchen Königstitels Tand,
Wie jener von Neapel war,
Der dir gebracht die Todtenbahr'! –
Als du auf deinem Schlachtenroß
Durchbrachst der Feinde dichten Troß,
Ein Strom, der übers Ufer springt;
Als Helm geklafft und Schwert geblinkt,
Da ahntest' du das Schicksal nicht,
Das endlich brachte dein Gericht:
Der stolze Busch, er sank zum Plan
Durch Hiebe, die ein Knecht gethan! –
Einst – wie der Mond beherrscht die Flut –
Flog er voran der Kriegerglut.
Durch die vom Rauch geschaff'ne Nacht
Der schwefelschwarzen Wetterschlacht
Erhob sein Auge der Soldat,
Zu spähen nach des Busches Grat;
Und wenn dann vorwärts wehte Der,
So stürmte auf den Feind auch er.
Da, wo der Tod am schnellsten stach
Und Trümmer ließ am dicksten nach,
Vorüber der Standarte Stamm
Flog mit des Adlers rothem Kamm
(Den Donnerwolken da umspritzt,
Deß Flug gehemmt kein Strom, kein Damm,
Weil Sieg von seiner Brust geblitzt) –
Da, wo die Linie zerschellt
Fiel oder floh dahin durchs Feld,
Da sicher griff Held Murat an:
Er hat's zum letzten Mal gethan!

                          4.

Nun tritt der Feind auf die Trophä'n,
Es weint der Ruhm, der dies muß sehn;
Jedoch die Freiheit jubelt jetzt
Aus vollem Herzen, neu geschätzt;
Die Hand an ihrem scharfen Schwert
Wird sie nun doppelt rings verehrt.
Zwei Mal erhielt jetzt Frankreich schon
Die schwer errungene Lection:
Daß nie sein Heil sitz' auf dem Thron
Mit Capet, mit Napoleon!
Nein! Ein Gesetz, Ein gleiches Recht,
Daß Herz und Hand für Eines fecht':
Für Freiheit, wie sie Gott ertheilt
An Jeden, der auf Erden weilt
Von seinen ersten Tagen an,
Was Schuld dagegen auch gethan,
Und wenn auch dieser Furie Hand
Der Völker Wohl verstreut wie Sand
Und Wasser gleich vergißt ihr Blut
In des Gemetzels hoher Flut.

                          5.

Jedoch des Menschen Geist und Herz
Und seine Stimme allerwärts,
Wird sich erheben in dem Rund,
Und wer steht diesem stolzen Bund?
Die Zeit ist um, wo galt das Schwert;
Es stirbt der Mensch, die Seele währt.
Auch in der Welt, die Sorge quält,
Der Freiheit 's nie an Söhnen fehlt.
Millionen athmen nur für sie,
Für ihren Geist, der endet nie;
Und wenn sich einst ihr Heer erhebt,
Wol mancher Zwingherr glaubt und bebt.
Belächelt er dies eitle Drohn?
Die rothen Thränen folgen schon!

 

Großer Feldherr, mußt du scheiden?
              Aus dem Französischen.

Großer Feldherr, mußt du scheiden
Von den Treuen, die noch dein?
Wer nennt deiner Krieger Leiden,
Dieses Abschieds Todespein?
Frauenliebe, Freundesthaten,
Wie sie auch bewegen mich,
Was sind beide dem Soldaten
Gegen das Gefühl für dich?

Abgott der Soldatenseelen!
Erster Held, doch größer nun!
Mancher durft' der Welt befehlen,
Dich allein beugt nicht Fortun'.
Lang an deiner Seite höhnte
Ich den Tod und neidet' die,
Deren Ruf im Sterben tönte,
Feiernd ihres Herrn Genie.

Ließ ich doch wie sie das Leben,
Da ich muß die Stunde schaun,
Wo der Feinde Angst und Beben
Keinem dich will anvertraun,
Weil er frei dich könnte geben!
Ach im Kerker selbst mit dir,
Wollt' ich leicht die Kette heben,
Säh' ich dich, du Held, vor mir!

Würden wol die Schmeichler Dessen,
Der jetzt taub dem Flehn der Pflicht,
Wenn sein falscher Glanz zerfressen,
Theilen seiner Nacht Gewicht?
Wäre selbst die Welt sein eigen,
Die du ruhig gabst dahin,
Könnt' sein Thron sich Herzen neigen.
Wie zu dir sie jetzt noch fliehn?

Feldherr, Kaiser, Freund! Behüte
Gott dich! niemals beugt' ich mich,
Nie, zu meines Kaisers Güte
Wie zum Feind jetzt – flehte ich:
Daß mit Ihm ich dürfe theilen,
Was auf ihn noch stürmt herab,
Und an seiner Seite weilen,
Wie beim Sturz – im Bann und Grab!

 

  An den Stern der Ehrenlegion.
            Aus dem Französischen.

Du Stern der Tapfern, dessen Licht
So schön auf Tod und Leben bricht,
Du glänzend hochverehrter Trug,
Für den sich manch ein Tausend schlug,
Warum in Himmels Glanz entstehn,
Um unter auf der Erd' zu gehn?

Aus jedem Strahl blitzt dir ein Held,
Unsterblichkeit aus deinem Feld;
Dem kriegerischer Sphärenklang
Gab jenseits Ruhm, hier Ehr' und Rang,
So trifft den Menschenblick dein Glanz
Wie Sternvulkan, Kometenschwanz.

Wie Lava rollt dein Strom von Blut,
Fegt Reiche weg mit seiner Flut;
Vor dir erbebt der Erde Grund,
Zuckst Blitze du auf ihrem Rund.
Du nimmst der Sonne selbst ihr Licht,
Sie sinkt hinab, du aber nicht.

Vor dir erhob sich, mit dir ward
Ein Regenbogen feinster Art,
Ein göttlich, dreigefärbtes Band,
Das paßte für dies Himmelspfand;
Die Freiheit gab den Farbenschein,
Er glich dem Spiel im Edelstein.

Die Eine Farbe: Sonnenglut,
Die andre wie die blaue Flut
In Seraph's Blick; die dritte dann
Ein Schleier, der den Geist umspann;
So fügten sie sich, Saum an Saum,
Wie ein bei Gott gewob'ner Traum.

O Stern der Tapfern, du bist bleich!
Nun herrscht aufs Neu' des Dunkels Reich.
Doch unsre Thräne, unser Blut
Fließt dir, der Freiheit Irisglut;
Wenn deiner Hoffnung Licht entflohn,
Ist unser Leben nur noch Thon.

Es weiht der Freiheit heil'ger Tritt
Die Stätte, wo der Tapfre litt;
Und wer in ihrem Dienste sank
Ist schön auch auf der blut'gen Bank.
Vielleicht, o Göttin, sind auch wir
Gar bald bei ihnen oder dir!

 

                    Napoleons Lebewohl.
                      Aus dem Französischen.

Leb' wohl, o du Land, wo mein Ruhm sich erhoben,
So trüb, daß mein Namen beschattet die Welt.
Verläßt du mich jetzt, bleibt jener doch oben
An jegliches Blatt deiner Chronik gestellt.
Ich focht mit der Welt, die mich dann erst bezwungen,
Als Eroberers Irrlicht zu sehr mich berückt.
Ich kämpfte mit Völkern, die jetzt noch durchdrungen
Von Furcht vor dem Mann, den Millionen erdrückt.

Leb' wohl, du mein Frankreich! Als Herr deiner Krone
Da machte ich dich auch zum Wunder der Erd';
Doch schwach, wie du jetzt bist, entsag' ich dem Throne,
Deß Ruhm jetzt dahin, der gesunken im Werth.
Wie viele ach! sanken der tapferen Alten,
Als ich deine Siege noch mit ihnen schlug!
Und als noch mein Adler, deß Aug' nun zerspalten,
Den Blick nach der Sonne des Sieges hintrug!

Leb' wohl, o mein Frankreich! Doch wenn sich einst wieder
Die Freiheit emporrafft, dann denk' meiner Treu,
Noch birgst du das Veilchen ja in deinem Mieder,
Mit Thränen belebst du das welke aufs Neu'.
Noch kann ich mit Listen den Feind überwinden,
Dich wecken mit mächtiger Stimme einmal,
Die Kette kann brechen, womit sie uns binden,
Dann rufe mich nur, als den Herrn deiner Wahl!

 

Auf der Rückseite der Scheidungsurkunde
                          im April 1816.

Vor einem Jahr, verliebt bis an die Ohren,
Schwurst du »zu lieben, ehren« und so fort;
So hieß genau, was du mir da geschworen.
Hier ist zu sehn, was werth dein biedres Wort!

 

                          Finsterniß.

Mir ward' ein Traum, der völlig Traum nicht war:
Erloschen war der Sonne Schein; die Sterne
Bewegten trüb sich durch den ew'gen Raum,
Strahllos und pfadlos; und die eis'ge Erde
Trieb blind und schwarz durch mondesleere Luft.
Der Morgen kam und ging, doch ward's nicht Tag;
Der Mensch vergaß die Leidenschaft aus Angst
Vor der Verödung rings, und alle Herzen
Erstarrten in dem heißen Flehn um Licht.
Sie lebten jetzt bei Feuern nur; und Throne,
Der Könige Paläste und die Hütten,
Die Hauser aller Wesen, die da wohnen,
Verbrannten so; es flammten Städte nieder
Und an die Flammen drängten sich die Menschen,
Um sich noch einmal ins Gesicht zu sehn.
Die waren glücklich, die am Herde der
Vulkane lebten, dieser Bergesfackeln.
Nur Furcht und Hoffen kannte noch die Welt,
Es wurden Wälder angezündet, doch
Bald fielen, schwanden sie; die Stümpfe krachten,
Und löschten zischend aus und schwarz ward Alles.
Der Menschen Antlitz sah bei diesem Licht
Unheimlich aus, wenn stoßweis nur auf sie
Die Flamme fiel; und Ein'ge lagen da,
Verhüllten sich und weinten; Andre ruhten
Das Kinn auf ihre Hand gestützt und lachten,
Und Andre jagten ab und zu, und schürten
Mit Holz die eig'nen Scheiterhaufen an,
Sahn mit verrückter Unruh' nach dem Himmel,
Dem Leichentuch der todten Welt, und warfen
Mit grausen Flüchen dann sich in den Staub
Und heulten zähneknirschend. Vögel kreischten
Und flatterten erschrocken an dem Boden
Und schlugen ihre unbenutzten Flügel;
Die wild'sten Thiere wurden zahm und bebten,
Selbst Schlangen krochen zischend durch die Menge
Und stachen nicht; man schlug sie, sie zu speisen.
Der Krieg, der eine Zeitlang aufgehört,
Fraß sich von Neuem voll; ein Mahl ward nun
Mit Blut erkauft, und stumpf saß Jeder da
Und würgte dran im Dunkel. Keine Liebe
War mehr, die ganze Erde Ein Gedanke –
Und der war – Tod, ruhmloser, naher Tod!
Der Hunger fraß in alle Eingeweide,
Die Menschen starben, Niemand scharrt' sie ein:
Der Mag're ward vom Mageren verzehrt,
Die Hunde griffen ihre Herren an,
Nur Einer nicht, der einem Leichnam treu
Die Vögel, Thiere fern hielt und die Menschen,
Bis Hunger sie gedörrt und neue Todte
Sie angelockt. Er selbst dacht' nicht ans Fressen;
Mit stetem, jammerwürd'gen Winseln nur,
Mit wildem Schreien leckte er die Hand,
Die nicht mit Streicheln Antwort gab, und starb. –
Allmählich ward die Menschheit ausgehungert:
Nur Zwei von einer Weltstadt blieben über,
Sie waren Feinde, und sie trafen sich
Bei eines Altars halbverlöschter Asche,
Wo eine Menge heil'ger Dinge war
Gehäuft, doch nicht zu heil'gem Zweck; sie wühlten
Die schwache Asche auf und häuften sie
Mit kalter magrer Hand; ihr schwacher Athem
Blies etwas Leben an und schuf 'ne Flamme,
Die wie ein Spott war; dann erhoben sie
Das Auge, als es heller ward, und sahen
Ins Antlitz sich und starrten, kreischten – starben
An ihrer gegenseit'gen Scheußlichkeit.
Sie wußten nicht, wer's war, auf wessen Stirne
Der Hunger »Dämon« schrieb. – Die Welt war leer;
Die mächt'ge, völkervolle war ein Klumpen,
Kein Gras, kein Baum, kein Mensch, kein Leben mehr!
Ein Klumpen Tod – ein Chaos harten Thons!
Die Bäche, Seee, Meere standen still;
Nichts regte sich in ihrer stummen Tiefe,
Die Schiffe lagen faulend, leer am Meer,
Die Masten fielen stückweis. Wie sie fielen,
So schliefen sie am Grunde ohne Regung.
Die Wellen waren todt; die Ebb' und Flut
Im Grab; ihr Herr, der Mond, starb vorher schon.
Die Winde waren in der faulen Luft
Verwelkt, die Wolken fort; die Finsterniß
Hatt' sie nicht nöthig mehr – sie war das All!

                                        Diodati, im Juli 1816.

 

                    Churchill's Grab.
                  Eine wahre Begebenheit.

Ich stand am Grabe Dessen, der gestrahlt
Wie ein Komet, und sah kein Grab, das prahlt';
Nein! das bescheidenste. Doch blickt' ich drum
Mit wen'ger Schmerz und Ehrfurcht mich nicht um
Nach diesem Rasen, diesem stillen Stein,
Deß Aufschrift zeigte keinen hellern Schein,
Als jene ungeles'nen rings, und frug
Des Ortes Gärtner: wie es zu sich trug,
Daß trotz der Vielen, die hier eingelegt,
Der Fremde nur nach dieser Pflanze frägt?
Er aber sprach: »Ich weiß es wirklich nicht,
Warum der Wandrer hierauf legt Gewicht;
Er starb vor meiner Todtengräberschaft,
Ich habe nicht an seinem Grab geschafft«. –
Und ist dies Alles? dacht' ich; heben wir
Den Schleier der Unsterblichkeit schon hier
Und hoffen, weiß nicht, wie viel Glanz und Ehr'
Von aller Zukunft – und um solche Mähr!
Sobald schon All' umsonst! – Indessen sucht'
Der Architekt, der Alles hier gebucht –
Denn diese Erde ist ein Grabgebäu –
Erinnerung in jenes Staubes Spreu,
Den Newtons Geist nicht zu bewält'gen wüßt',
Wenn's Leben nicht in einem enden müßt',
Von dem wir träumen nur. Und wie gleichsam
Die Dämm'rung ihm der frühern Sonne kam,
Sprach er: »Ich glaub', der Mann, von dem Ihr wißt,
Daß er in der besondern Grube ist,
War ein berühmter Schreiber seiner Zeit,
Weshalb der Wandrer ihm den Umweg weiht,
Ihm Ehr' zu schenken und mir ebenso,
Was Ihr beliebt« – worauf ich höchlich froh
Aus meiner Tasche geiz'ger Ecke nahm
Was ich an Münze fand, und all' den Kram
Aus inn'rem Drang dem Manne gab, obschon
Es hart mir ging, zu trennen mich davon.
Ihr lächelt, ihr Profanen, ja ihr lacht,
Weil ich hier Wahrheit einfach nur gebracht?
Ihr seid der Narr, nicht ich – denn ich bedacht'
Mit tiefem Sinnen und gerührtem Blick
Des Todtengräbers Grabred' und Replik,
Wo Alles vorkam: Ruf und Dunkelheit,
Des Namens Ruhm und seine Nichtigkeit.

                                        Diodati 1816.

 

                  Prometheus.

                            1.

Titan! Deß hehrem hohem Blick
Der Menschen Noth und Mißgeschick
In seiner trüben Wirklichkeit
Nicht dünkte, ein verächtlich Leid.
Was wurde deines Mitleids Lohn?
Ein stummer Schmerz, der tiefste Hohn:
Fels, Geier und die Kette dran,
Was nur den Stolzen drücken kann,
Die Todtesnoth, die er nicht zeigt,
Das Schmerzgefühl, das würgt, doch schweigt,
Und nur wenn es allein ist, spricht,
Daß man es ja erlausche nicht,
Und das erst dann nach Seufzern ringt,
Wenn seine Stimme nicht mehr klingt.

                            2.

Titan! Dir ward ein Kampf bestimmt,
Der zwischen Thun und Lassen schwimmt,
Der foltert, aber tödtet nicht.
Des harten Himmels Strafgericht,
Des Fatums taube Tyrannei,
Des Hasses alte Quälerei,
Der sich zum Spaß schafft Wesen an.
Damit er sie vernichten kann,
Versagten dir den Tröster Tod,
Unsterblichkeit ward deine Noth;
Doch du ertrugst sie wunderbar.
Was dir der Donn'rer abrang, war
Der Fluch nur, der wie einen Strahl
Auf ihn zurückwarf deine Qual;
Du sahst sein Schicksal wol vorher,
Doch wolltst's nicht sagen ihm zur Lehr';
Dein Schweigen ihm das Urtheil sprach,
Bald folgte bittre Reue nach
Und böse Angst, so schlecht versteckt,
Daß selbst sein Blitz gebebt erschreckt.

                            3.

Die Güte war dein stolz Vergehn:
Durch dich könnt' leichter nun bestehn
Der Mensch des Elends Zwingherrschaft:
Du zeigtest uns die eigne Kraft,
Und ob von oben auch gehemmt,
Hast du in deinem Duldermuth,
Mit starkem Geist und kaltem Blut,
– Die stets dagegen sich gestemmt,
Die Erd' und Himmel nicht bekehrt, –
Die größte Lehre uns gelehrt:
Ein Zeichen wardst du uns, ein Bild
Von jeder Kraft, die in uns quillt;
Wie du sind wir auch göttlich halb,
Ein trüber Strom vom Quell der Alp;
Und theilweis sieht der Mensch vorher
Sein leichenhaftes Ungefähr,
Sein Elend, seinen Widerstand,
Sein Dasein ohne Freundes Hand,
Doch dem sein Geist begegnen kann
Durch sich – jedweder Qual ein Mann,
Durch festen Willen, tiefen Sinn,
Der seine Folter selbst nimmt hin
Als einen ausgesuchten Lohn,
Dem ein Triumph das Trotzen schon
Und selbst das Grab ein Siegerthron.

                                    Diodati, im Juli 1816.

 

                        Ein Fragment.

Könnt' einmal noch den Strom von meinen Jahren
Ich bis zum Quell von Lust und Thränen fahren,
Ich folgte nicht mehr den vergangenen Stunden
An welken Blumen, Ufern die geschwunden,
Ich ließ den Strom vielmehr wie jetzo gleiten.
Bis er verlief im Dunkel der Gezeiten.

                                    *

Was ist der Tod? Des Herzens Ruh' und Weile,
Das Ganze Deß, wovon wir nur die Theile.
Denn Leben ist nur Traum – das was ich eben
Von Leben sehe, ist allein mir Leben;
Und deshalb sind die Fernen uns gleich Todten,
Sie schrecken aus der Ruh' uns: schlimme Boten,
Die böse Leichentücher um uns breiten,
In trüb Erinnern unsre Stille kleiden.

Die Fernen sind gleich Todten, weil erkaltet
Und nicht mehr so, wie wir sie sahn, gestaltet.
Sie sind verändert, ohne Interessen;
Doch wenn die Unvergess'nen nicht vergessen
Seit wir getrennt – so wird es uns nicht scheeren,
Ob jene Kluft aus Land besteht, aus Meeren,
Ob beiden auch – doch einst muß sie verschwinden
In unsres Staubes finsterem Verbinden.

Sind aber die, die in der Erde wohnen
Jetzt nur in Thon zerlegte Millionen?
Die Asche, die Jahrtausende verwehten,
Wo Menschen traten und sie künftig treten?
Bewohnen sie die stumme Todtenstätte
In Einzelzellen ohne Band und Kette?
Ward ihnen eine Sprache, ein Empfinden
Von ihrem athemlosen Sein und blinden,
Doch dunkel wie die Grabesnacht? – O Erde,
Wo sind die Todten? und weshalb ihr »Werde?«
Sie sind die Erben« deiner goldnen Zeche,
Wir nur die Blasen deiner Oberfläche.
Im Grabe liegt der Schlüssel deiner Tiefen,
Am schwarzen Thore voll Hieroglyphen,
Wo ich im Geiste wandeln möcht' und sehen,
In welche Elemente wir zergehen,
Und schaun des Abgrunds Wunder und auch lesen
Vergangener Größen innerst Sein und Wesen.

                                  Diodati Juli 1816.

 

                      Am Genfersee.

Stael, Rousseau, Voltaire, Gibbon – diese Namen,
O Genfersee, sind deines Ufers werth,
Dein Ufer ihrer! Wärst du ausgeleert,
Sie füllten dich mit der Erinn'rung Samen.Genf, Ferney, Copet, Lausanne.

Sie liebten deines Ufers Panoramen
Und haben dessen Lieblichkeit vermehrt.
Denn großer Geister großes Werk verklärt
Für Menschenaugen selbst den todten Rahmen,

Worin die Helden, Weisen einst gewebt.
Um wie viel mehr, du schöner See, wir fühlen,
Wenn unser Boot sanft dein Krystall durchschwebt,

Des edeln Eifers brennend heißes Wühlen,
Das stolz: daß die Unsterblichen gelebt –
In Hymnen ihres Ruhmes sich will kühlen.

                                  Diodati Juli 1816.

 

   Höchst schmerzliche Romanze
von der Belagerung und Einnahme Alhamas,Die Wirkung dieser Ballade, die in spanischer und arabischer Sprache vorkommt, war seiner Zeit so groß, daß man den Mauren in Granada bei Todesstrafe verbot, sie zu singen.,
            welche im Arabischen so heißt:

Es schritt der Fürst der Mohren
Granadas Stadt empor
Schritt von Elviras Thoren
Bis Bivaramblas Thor.
              Weh mir, Alhama!

Ihm schickte Brief ein Treuer:
Alhama sei nicht mehr!
Den Brief warf er ins Feuer,
Den Boten tödtet' er.
              Weh mir, Alhama!

Vom Maulthier stieg er nieder
Und setzt' sich auf ein Roß,
Durch Zacatin ritt wieder
Er nach Alhambras Schloß.
              Weh mir, Alhama!

Als er die Burg betreten
Befahl er alsogleich,
Zu blasen die Trompeten,
Von Silber, schön und weich.
              Weh mir, Alhama!

Und ließ die Trommeln schlagen
Den Kriegsalarm sofort,
Granada aufzujagen
Und auch die Vega dort.Die Campagna von Granada
              Weh mir, Alhama!

Die Mohren ihn vernahmen,
Des Mars gewalt'gen Ton,
Und Alle, Alle kamen
Vor ihres Königs Thron.
              Weh mir, Alhama!

Da sprach ein Mohr bei Jahren
Und also sprach er hier:
»Was sollen die Fanfaren
O König, sag es mir!«
              Weh mir, Alhama!

»»Ihr Freunde sollt ihn wissen
Den schweren Unglücksfall:
Der Christ hat uns entrissen
Alhamas festen Wall.««
              Weh mir, Alhama!

Da sprach ein Granadiner
Mit langem weißem Bart:
»Mein König, gute Diener
Hast du dir da bewahrt.«
              Weh mir, Alhama!

»Du schlugst die Bencerragen,
Granadas Blüte, todt,
Und nahmst die falschen Pagen
Von Cordova in Brod.«
              Weh mir, Alhama!

»Drum eine Doppelstrafe
Verdienst du, saubrer Held:
Daß selbst du wirst ein Sklave
Und daß Granada fällt.«
              Weh mir, Alhama!

»Wo man nicht folgt Gesetzen,
Wird Untergang Gesetz;
Granada geht in Fetzen,
Du selber fällst ins Netz.«
              Weh mir, Alhama!

Und Wuth sprüht aus den Blicken
Des Königs, der das hört;
Und heim will er ihn schicken
Mit dem Gesetz, empört.
              Weh mir, Alhama!

»»Gesetze kann's nicht geben,
Den König zu bedrohn!««
So schrie in zorn'gem Beben
Der König auf dem Thron.
              Weh mir, Alhama!

Laß, Mohrenpfaff, dein Keifen,
So weiß dein Bart auch wall',
Der König läßt dich greifen,
Dich – für Alhama's Fall.
              Weh mir, Alhama!

Läßt ab den Kopf dir schlagen,
Ihn stecken auf sein Schloß,
Als Strafe für dein Wagen,
Als Schreckniß für den Troß.
              Weh mir, Alhama!

»Ihr Ritter, hochgeboren,
Dem König sagt von mir,
Dem Könige der Mohren:
Ich danke nichts ihm hier.«
              Weh mir, Alhama!

»Zwar, daß ihm ging verloren
Alhama, thut mir leid;
Doch mehr als er – die Mohren
Verloren weit und breit:«
              Weh mir, Alhama!

»Die Väter ihre Söhne,
Die Gattin mancher Mann,
Der Eine seine Schöne,
Den Ruf der Andre dann;«
              Weh mir, Alhama!

»Die Tochter ich, die Holde,
Des Landes Blum', mein Glück,
Ich wög' sie auf mit Golde,
Erhielt' ich sie zurück.«
              Weh mir, Alhama!

Nach diesem Wort des Greisen
Fiel auch sein Kopf vom Stahl,
Um auf dem Wall zu gleißen,
Wie es der Fürst befahl.
              Weh mir, Alhama!

Und Männer, Kinder, Frauen
Beweinen den Verlust,
Granadas Damen schauen
Und schlagen sich die Brust.
              Weh mir, Alhama!

An Fenstern und in Straßen
War großes Trauerspiel,
Der König weint ohn' Maßen,
Denn er verlor gar viel.
              Weh mir, Alhama!

 

                      Sonett Vittorelli's.
                          Auf eine Nonne.
Das Sonett ist einem Vater in den Mund gelegt, dem eine
kaum erst verheirathete Tochter gestorben war, und an einen
andern gerichtet, dessen Tochter den Schleier genommen.

Gott schenkte uns zwei Töchter schön und gut
Und gab damit uns Glück zugleich und Leid,
Denn als er sah, wie edel, werth ihr Blut,
Nahm er sie beide für die Ewigkeit.

Die meine riß des Todes wilde Flut
Dahin in Hymens frohem Hochzeitkleid,
Die deine, o Francesco, trat voll Muth
In ew'ge Haft und schwur dem Herrn den Eid.

Du aber kannst von deiner Himmelsbraut
Auf jener Schwelle, die sie ewig hält,
Vernehmen doch der Stimme zarten Laut;

Doch mir umsonst die heiße Thräne fällt;
Am Marmor, dem mein Kind ich anvertraut,
Klopf' ich und klopfe, doch der Stein nur gellt!

 

Hell sei die Statt deiner Seel'.

Hell sei die Statt deiner Seel'!
Kein holderer Geist als der deine
Durchbrach je das Erdengequäl',
Daß im Kreise der Sel'gen er scheine.
Fast göttlich warst du, o Reine,
– Wie künftig nun gänzlich – schon hier,
Warum denn noch stets dies Geweine;
Wir wissen ja: Gott ist mit dir!

Leicht sei dir dein Rasen und Grab!
Smaragden gleich mögen sie ragen,
Kein Schatten falle herab,
Wo dich wir zur Ruhe getragen,
Es mögen dort blühen und tagen
Nur Blumen und ewiges Grün,
Nicht Eib' noch Cypresse soll's wagen,
Warum sich um Selige mühn?

 

Im Hoffen, sagt man, lieg' das Glück.

Im Hoffen, sagt man, lieg' das Glück;
Doch Liebe wird Vergang'nes preisen,
Erinn'rung ruft manch Glück zurück;
Das erste Band zuletzt wird reißen.

Was jetzt Erinn'rung innigst liebt,
Zu sein, war eh'dem unser Hoffen,
Was Hoffnung hegt', was ihr zerstiebt,
Wird in Erinn'rung neu getroffen.

Ach Alles ist nur Wahn und Schein,
Die Zukunft täuscht uns von der Ferne,
Was man einst war, kann man nicht sein,
Und was man ist, denkt man nicht gerne.

 

      An Thomas Moore.

Mein Boot ist am Strande
Und mein Schiff auf der See;
Eh' ich scheide vom Lande,
Tom Moore, dir Ade!

Diesen Seufzer der Liebe
Und dies Lächeln dem Haß,
Trotz der Wolken Getriebe
Wird mein Herz doch nicht blaß.

Mag der Ocean springen,
Muß er tragen mich doch,
Mag mich Wüste umringen,
So hat Quellen sie noch.

Wär' im Born nur ein Tropfen,
Wenn ich schau' in den Grund,
So lang die Pulse mir klopfen,
Tränk' dein Wohl mein Mund.

Mag als Opfer ausgießen
Ich Wasser oder Wein,
Soll dem Frieden es fließen,
Dir ein Lebewohl sein!

 

                  Gesang der Ludditen.

Wie jenseits des Meeres die Freiheitspartei
Die Freiheit erkaufte – und wohlfeil – mit Blut,
So wollen wir kämpfen, daß hier es auch sei
Und sterben, wenn nicht mehr wir leben ganz frei,
Drum fort mit den Fürsten, es lebe nur Lud.

Und wenn das Geweb', das wir weben, zu End',
Das Schiffchen vertauschet ist gegen das Schwert,
So schleudern das fertige Netz wir behend
Auf jenen Despoten, der nicht mehr potent,
Und färben's im Blut, das der Böse entleert.

Wenn schwarz wie sein Herz dieses Blut und voll Schaum,
Weil längst ihm versumpfte die innere Flut,
So ist es doch gleichwol der Thau für den Baum
Der Freiheit, den Menschen beglückendsten Traum,
Den pflanzte der König, der treffliche Lud.

 

Wir wollen nicht gleich Dieben.

Wir wollen nicht gleich Dieben
Herumziehn in der Nacht,
So sehr wir uns auch lieben,
So hell des Mondes Pracht.

Das Schwert durchwetzt die Scheide,
Die Seele reißt die Brust,
Ruh' braucht des Herzens Saite
Und selbst die Liebeslust.

Ist auch die Nacht zum Lieben
Und kehrt der Tag so bald,
So wollen nicht gleich Dieben
Wir nächtlich ziehn im Wald.

 

Auf Helena's Büste von Canova.

In diesem Marmor lieb und hold
Sieh' mehr als je ein Mensch ersann,
Was Gott gekonnt, doch nicht gewollt,
Und Schönheit und Canova kann.

Weit süsser alle Phantasie
Und über Dichters Kunst beinah',
Unsterblich auch im Bilde, sieh'
Hier aller Herzen Helena.

 

        Reimereien.

Ich las den Christabell:
    Ein wahr Modell!
Ich las den Missionär:
    Sehr schön auf Ehr'!
Probirte Ilderim:
    Ja, ja! Hem, em!
Las in Margret d'Anjou:
    So was kannst du?
Sah in Scott's Waterloo:
    Oh oh! Hu hu!
Und in Wordsworths weißem Rylstone Damthier:
    Ei ei! Scham dir!
        u. s. w.

 

                  An Murray.

John Murray! Leser, dir zu fangen,
Hast Margret d'Anjou du edirt,
Doch kauft man sie nicht wie geschmiert
(Bis jetzt ist's wenigstens so gangen!).
Die Leute weiter zu berücken
Bringst Ilderim du aufs Tapet,
Ei hüte dich, die Schulden drücken;
Du wirst, wenn es dir übel geht,
Aus solchem Schund nicht Früchte pflücken.
Auf jeden Fall laß diese Reime
Nicht Morning Post und Perry sehen;
Da könnt' es mir gar übel gehen;
Ich säße elend auf dem Leime:
Denn erstens müßt' ich mich erwehren
In kleinem Boote der Galeeren,
Und schlug' ich den assyr'schen Tropf,
Nahm' mich die Amazon' am Schopf.

                                  Den 25. März 1817

 

            Murray an Dr. Polidori.

Ich las, Herr Doctor, Ihr Trauerspiel jetzt,
In seiner Art ist es auch wirklich ganz gut:
Es putzt die Augen aus, treibt auch das Blut
Und hat wol manch Schnupftuch in Arbeit gesetzt.
Und Thräne auf Thräne dem Auge entspringt,
Was namentlich große Erleichterung bringt
Den zitternden Nerven, der Pulse Gestampf,
Die Ihre Tragödie versetzte in Krampf.

Ich lieb' Ihre Sitte und Maschinerie,
Ihr Plan gibt Gelegenheit zu Scenerie,
Auch ihr Dialog ist gar passend und fein,
Da greifet das Eine ins Andre gut ein.
Es wüthet ihr Held, und die Heldin sie bellt,
Sie stechen sich Alle und Jedermann fällt.
Kurz Ihre Tragödie, so herrlich erdacht,
Ist ganz wie zum Hören und Sehen gemacht,
Wenn gleichwol trotz all diesem hohen Genuß
Die Herausgabe leider ich ablehnen muß,
Geschieht es nicht, weil ich nicht nähme wahr
Verdienste so deutlich und offenbar;
Doch verzeihen Sie, wenn ich es offen sag:
Schauspiele sind Pafelwerk heutezutag.
Don Manuel hat großen Verlust mir gebracht,
Froh bin ich, wenn's nicht alle Jahre so kracht;
Auch Sotheby mit seinem Drama Orestes
(Beiläufig, das Stück ist erst noch sein bestes)
Liegt da noch so schrecklich im Ueberfluß,
Daß am Absatz ich völlig verzweifeln muß.
Ich hab' annoncirt, doch mein Buch zeigt es klar,
Noch mehr des Buchhalters Blick, daß es wahr.
Der Iwan, die Ina und mehr solcher Plunder
Stopft mein Magazin, drückt die Bretter herunter.
Auch Byron, von dem ich doch Bessres gekannt,
Hat kürzlich erst in einem Brief mir gesandt
So was wie ein – ja doch! so was wie ein Drama
Wie Darnley, wie Iwan und wie die Kehama.
So hat er geändert seit vorigem Jahr!
Es scheint, in Venedig ward Witzes er baar,
Kurz da ich so Schlimmes mit Andern ertragen,
Kann ich es unmöglich mit noch Einem wagen.
Ich schreibe zu schnell, entschuld'gen Sie die Fehler,
Die Kutschen, sie rasseln hier so, diese Quäler.
Mein Zimmer ist voll, Freund Gifford ist hier
Und liest Manuscripte mit Hookham Frere
Und regelt die Nomina und die Partikel
In jedem bei uns nur gedruckten Artikel.
Die Quarterly – hätten Herr Doctor! Sie nur
Von unsrer Kritik die richtige Spur!
Eine hübsche Kritik über Sanct Helena,
Ein kurzes Artikelchen braucht es nur da.
Doch wieder zu kommen auf meinen Text,
Es ist, wie gesagt, hier wie völlig verhext.
Es wimmelt von Dichtern und Schöngeistern hier:
Crabbe, Campbell und Croker und Ward und Frere,
Und von Andern, die Keines von Beiden Genossen.
Mein einfaches Haus ist Jedem erschlossen
Der wie ein gebildeter Mann costümirt,
Von Hammond bis Dog Dent, er ist invitirt.
Ein sauberer Kreis speist heute bei mir,
Geschickte Genies, die ihr Glück machen hier:
Crabbe, Malcolm und Chantrey und Hamilton,
Sie finden hier allesammt ihre Portion.
Das Gespräch ist soeben in völligem Zug
Um der Staël gewagten kürzlichen Flug;
Ihr Buch sei ein Fortschritt, sagen sie,
(Daß Frankreich Wahrheit muß hören durch Die!)
So rennt unsre Zeit dahin und die Zunge!
Doch zum Stück nun zurück mit flüchtigem Sprunge:
Es thut mir recht leid, es ist mir zuviel,
Außer wenn O'Neill ihm weihte sein Spiel.
Ich habe die Hände, den Kopf auch so voll,
Ich bin beinah' todt von Geschäften, rein toll,
Und so – verzeihen Sie, daß ich so schnurre,
Bin ich, lieber Doctor,
                                    Ihr treuer
                                                    John Murray

 

        Ein Brief an Herrn Murray.

Herr Murray, mein Lieber,
Ihr seid ja ganz Fieber,
Jenen Schlußgesang bald zu verschlingen;
Doch wird nicht verfehlen
(Wenn sie nicht uns bestehlen),
Hobhouse, ihn im Koffer zu bringen.

Was betrifft Ihre Mucken,
Daß ein Journal ihn soll drucken,
Habt Ihr Recht wol, es zu empfehlen;
Doch da ich geschrieben
Noch ein Stück von dem Lieben
Beppo, muß mit dem ich Euch quälen.

Dann habt Ihr noch N . . .'s Tour,
Unbedeutend allerdings nur,
Könnt' kaum mit Gering'rem beginnen;
Denn der Spitzbub, der falsche,
Der nicht spricht das Gall'sche
Noch auch Welsch, schrieb Alles ohne Besinnen.

Den Verlust kann ersetzen
Euch »Spence« und sein Schwätzen
Ein Werk, das gewiß wird durchschlagen;
Auch Kön'gin Mary's Briefkunst
Und den »Fytte« mit der »Pfeifbrunst«
Wird man lesen und ans Kaufen sich wagen.

Dann habt Ihr General Gordon,
Der Soldat wieder worden,
Um dem Moskowiter zu dienen.
Und ihm auszubilden
Seine Rasse von Wilden,
Daß Rasiren nicht schrecklich mehr ihnen.

Was betrifft jenen Schlauen,
Mit dem Ihr wollt in Vertrauen
Einen Pakt hier riskiren,
So gibt's in Venedig
Wol Federn, so thätig,
Doch sagt erst, wie ist's Honoriren?

                                  Venedig, den 8. Januar 1818.

 

            An Herrn Murray.

Straham, Tonson, Lintot von der Times,
Patron, Verleger manchen Reims,
Ziel dichterischen Honigseims,
                Mein Murray!

Zu dir kommt der Autoren Schaar
Und beut dir Manuscripte dar.
Du druckst sie all, verkaufst ein Paar,
                Mein Murray!

Dein grünes Tischchen überziehn
Journale wie ein Baldachin,
Doch wo ist dein neu Magazin?
                Mein Murray!

Auf deinem saubern Bücherbrett
Glänzt, was dir scheint vor Allem nett,
Die »Kochkunst« und mein eigen Fett,
                Mein Murray!

Mit Abhandlungen, Reisemist
Und Reden du gesegnet bist,
Dann hast du noch die Navy-List',
                Mein Murray!

Und daß mir ja nicht läuft davon
Die edle »Längencommission«;
Hiezu gehört auch der Sermon,
                Mein Murray!

                              Venedig den 25. März 1818.

 

    An Thomas Moore.

Was wirst beginnen jetzt,
O Thomas Moore?
Was wirst beginnen jetzt
O Thomas Moore?
Seufzen und sinnen jetzt,
Reimen und minnen jetzt.
Schnäbeln, zerrinnen jetzt?
Was, Thomas Moore?

Sieh, Fastnacht winken,
O Thomas Moore!
Sieh, Fastnacht winken,
O Thomas Moore!
Masken und Schminken,
Trommeln und Zinken,
Fideln und Trinken,
O Thomas Moore!

 

Grabschrift auf William Pitt.

Vom Tode hinunter gezogen
Unter kalten Marmor und Blei,
Der in der Kapell' einst gelogen,Die Chapel ist der Versammlungsort des Unterhauses.
Er liegt jetzt in der Abtei.Die Westminster-Abtei, Begräbnißort berühmter Engländer.

 

                        An Georg IV.
            Bei Aufhebung der Confiscation der
            Lord Edward Fitz Gerald'schen Güter.

Ein Vater der Verwaisten sein, vom Throne
Die Hand herunter bieten und erheben
Den Sprossen Deß, der einst verwirkt sein Leben,
Als deinem Vater er griff nach der Krone:

Dies heißt Monarch sein, heißt zum eig'nen Lohne
Mit Ruhm und Preis statt Mißgunst sich umgeben.
Entlaß die Wachen, mehr schützt solches Streben!
Zum Segen nur hebt sich die Hand dem Sohne,

Wär' es nicht leicht, o König, wär's nicht süße,
Sich auf dem Throne so beliebt zu machen?
Allmächtig sein nur durch die Macht der Gnade?

Dann stünden fest erst deiner Herrschaft Füße,
Dein Volk wär' frei und du der Herr des Schwachen,
Wir dein durchs Herz, nicht durch der Macht Parade.

                                    Bologna, den 12. August 1813.

 

                Epigramm,
nach dem Französischen des Rulhières.

Könntest du für baares Geld
Schmelzen deine tausend Finnen
In ein halbes Dutzend Rinnen,
Dünkte dein Gesicht der Welt
– Wär' dein Fell auch glätter dann –
Dennoch, blitzwüst, lieber Mann!

 

        An meinem Hochzeitstage.

Ein glücklich neu Jahr! Doch mit Grunde
Bitt' ich jetzo: erlaubt, daß ich sag',
Oft mach' diese Zeit ihre Runde,
Doch nimmer, will's Gott, dieser Tag!

 

                  Epigramm.

Daß William Cobbett deine Glieder
Ausgrub, Tom Paine, war wohl gethan.
Besuchst du ihn auf Erden wieder,
Klopft in der Höll' bei dir er an.

 

          Wer zu Haus für die Freiheit.

Wer zu Haus für die Freiheit nicht fechten muß,
Für Anderer Freiheit der fechte;
Er denke an Hellas, an Rom! Und zum Schluß
Bekommt dafür Schläg' der Gerechte.
Der Menschheit will nützen ein ritterlich Herz,
Doch wird's ihm vergolten gar bitter;
So kämpfet für Freiheit denn allerwärts,
Der, der nicht gehängt wird, wird Ritter!

 

                  Epigramm.

Ein Bündel mit Heu ist die Welt,
Die Menschen als Esel dran reißen,
Ein Jeder wohin's ihm gefällt,
John Bull muß den größten ich heißen.

 

                    Der irische Avatar.Das heißt der nach Irland herabgestiegene Gott.

Eh' die Tochter von Braunschweig noch kalt in der Gruft,
Und während zur Heimat noch schwimmet ihr Leib,
Eilt Georg schon über die wogende Kluft
Zur Insel, die stets er geliebt – wie sein Weib!'

Der Glanz zwar der goldenen Zeit, er ist aus,
Der kurzen, wo Freiheit zu ruhn hier gewagt,
Der wenigen Jahre – nach Hundert voll Graus –
Wo man sie nicht schlug und verrieth und verklagt'.

Um Lumpen die Kette des Irländers klirrt,
Das Schloß nur ist noch, der Senat nimmermehr,
Und Hunger, der lang im Gebirg nur geirrt,
Geht nun auch am trostlosen Ufer umher.

Am trostlosen Ufer, wo stehet und winkt
Die Auswandrerschaar, eh' sie läßt ihren Herd.
Die Thräne fällt schwer auf die Fessel, die sinkt;
Dem Kerker – der Heimat! – den Rücken sie kehrt.

Doch er, der Messias des Königthums kommt,
Ein schön Krokodil, das entschwommen dem Meer;
Empfangt ihn, wie solchem Gebieter es frommt,
Mit Köchen und Sklaven in zahllosem Heer.

Er kommt in der Sechziger Hoffnung und Blüt',
Zu spielen die Rolle des Herrschers mit Glück;
Lang lebe »das Kleeblatt«,Das Sinnbild Irlands. das kühlt sein Gemüth,
Strahlt' 's Grüne am Hut auf sein Herz doch zurück!

Könnt' der Fleck wieder grünen, der welkte so lang,
Erstehn dir ein Lenz von erhab'nem Gefühl,
Verzieh' dir die Freiheit den tanzenden Drang,
Dies sklavische Hurrah, das Edeln macht schwül.

Ist's Tollheit, Gemeinheit, was so dich berückt?
Wär' ein Gott Er – der nur der gewöhnlichste Thon,
Mit just so viel Runzeln wie Sünden geschmückt –
Ihn scheuchte so knechtisches Treiben davon.

Brüllt hinter ihm drein! Ihr Redner, laßt los
Als Futter des Stolzes was nur euch behagt.
Nicht also dein Grattan die Seele ergoß,
Als Freiheit er flehte, und man sie versagt.

Du ruhmreicher Grattan, vom Höchsten beseelt,
So einfach im Herzen, erhaben zumal,
Mit Allem begabt, was Demosthenes fehlt',
Sein Sieger in was er besaß, und Rival.

Eh' Tullius aufstand in Roms größter Macht,
War längst schon begonnen das Werk, das er schloß.
Doch Grattan sprang Gott gleich empor aus der Nacht
Der Zeiten, ein Retter, wie Keiner mehr groß,

Mit Orpheus Geschick, zu zähmen das Thier,
Der Glut des Prometheus, die Menschen zu glühn;
Tyrannen zerschmolzen selbst, lauschten sie dir
Und Schlechtigkeit scheute des Seelenblicks Sprühn.

Doch zurück nun zum Texte, zu Sklaven und Dey,
Zu Festen beim Hunger, Genüssen, mit Weh.
Wo Freiheit nur grüßet, da jauchzt Sklaverei,
Gelöst ist die Kette zu kurzem Juhe!

Mit des Lumpen schmutzigem Glanze und Schein
(Wie die Welt der Bantrut durch Verschwendung besticht)
Schmück, Erin, die Halle! dein Sultan zieht ein!
Küß segnend den Fuß ihm – er segnet dich nicht.

Wenn endlich Gewalt auch die Freiheit erringt
Und der Erzgötze sieht, daß die Füße von Thon,
Ist, was ihm der Schreck, Politik ihm abzwingt,
Die Beute nur, die man dem Wolf nimmt durch Drohn.

Jed Thier hat sein Ziel, das des Königs heißt: Macht.
Ihr Menschengeschlechter erkennet daraus
Den Grund jedes Fluchs, den Geschichte gebracht,
Von Cäsar dem Adler bis Georg der Maus!

Trag, Fingal, dein Festkleid! O Connell verkünd',
Wie vollkommen Er! und Kunz schrei und Hinz,
Daß fünfzig Jahr' Abscheu – Verirrung war, Sünd'
Und »Heinz doch der schuftigste, prächtigste Prinz!«

Verdeckt, armer Fingal, dein Endchen blau Band
Den Strick von Millionen katholischer Treu'n?
Band's nicht dich viel fester als Alle im Land.
Die jetzt den Verräther mit Hymnen erfreun?

Ei baut 'nen Palast ihm! geb' Jeder was her,
Bis Babel gleich sich seine Königsburg hebt,
Der Bettler, der Sklave selbst komme nicht leer,
Daß ihr ihm Revanche für sein Armenhaus gebt.

Deckt für den Vitellius ein königlich Mahl,
Daß der Vielfraß und Herrscher brav schnaufe und worg',
Und laut ihn verkünde der Trunknen Scandal:
Als vierten verrückten Tyrannen Georg!

Belastet den Tisch, bis er stöhnet, mit Fraß,
Wie dein Volk seit Jahrhunderten stöhnet vor Weh.
Laßt fließen den Wein in des Trunkenbolds Glas
Wo oft ihm von Blut schon strömte ein See!

Doch Er sei dein Götzenbild heut' nicht allein,
Zur Rechten von ihm erscheint noch Sejan:
Dein Castlereagh! Deiner! er bleibe stets dein!
Er machte durch Flüche und Spott seine Bahn.

Bis heut, wo das Land, das ob seiner Geburt
Erröthen wie's Blut sollt', das drauf er vergoß,
Sich groß mit dem Wurm macht, der einst in ihm wurd'
Und mit fröhlichem Zuruf ihm dankt jeden Stoß.

Der von Irlands Geist keinen Funken bewies,
Von irischer Männlichkeit, Glut, Phantasie,
Daß Erin mit Recht ein Zweifel aufstieß,
Ob's jemals gebar dieses elende Vieh.

Doch wenn es so war, dann schweige sein Wort,
Das, keine Gewürme zu zeugen, geprahlt;
Hier ist eine Schlange voll Gift und voll Mord,
Die am Busen des Königs sich wärmet und strahlt.

Schreit, zechet, schmaust, schmeichelt! – O Erin, wie tief
Durch Unglück und Schmeichelsucht sankest jetzt du!
Dein Tyrannenwillkomm, der so schmählich verlief,
Stieß der tiefsten der Tiefen unrettbar dich zu.

Meine Stimme, so schwach sie ist, sprach für dein Recht,
Ein freier Mann selbst wünscht' ich dich auch befreit,
Dieser Arm wollt', so schwach er, für dich ins Gefecht,
Und dies Herze, so müd's ist, war dir doch geweiht.

Ich liebte dich, bist du auch gleich nicht mein Land,
Ich kannt' deiner Söhne gar wackeres Herz,
Ich weint' um die Edeln, die ruhen im Sand,
Doch nicht mehr um sie jetzt empfinde ich Schmerz.

Denn glücklich sind Die, die da ruhen im Grab,
Dein Grattan, dein Curran, dein Sheridan, all',
Die einst mit dem Geiste gewesen dein Stab,
Die nicht zwar gehemmt, doch gesühnt deinen Fall.

Ja glücklich sind sie in englischer Erd',
Ihr Schatten vernimmt nicht dein heutig Gebrüll,
Den Tritt nicht des Herrn und der sklavischen Heerd'
Auf dem Rasen, der deckt die entfesselte Hüll'.

Bis heute beweint' ich dein Volk und dem Land,
War Tugend verscheucht auch und Freiheit bedroht,
Die irischen Herzen so warm ich stets fand,
So herrlich, daß nun ich beneide, die – todt.

Kann Etwas verwischen auf einen Moment
Mein Verachten der sklavischen Volksrasse, die,
Wie man sie auch trete, zu stechen nicht brennt,
Ist's Grattan dein Ruhm nur und Moore, dein Genie!

 

Auf die Geburt des John William Rizzo Hoppner.

    Der Mutter Anmuth und des Vaters Geist
    Vereine sich für immer in ihm mit –
    Damit er stets recht wacker bleibt und feist –
    Rizzo's Gesundheit, Rizzo's Appetit.

 

Flöß' der Lieb' Quelle.

Flöß' der Lieb' Quelle
Stets wie die Welle,
Daß ihr die Schnelle
Gleich wär' der Zeit;
Kein Glück hienieden
Könnt' es ihr bieten!
Der, dem's beschieden,
Hielt' es mit Neid.
Aber da Klagen
Ewig uns plagen,
Stets neuem Jagen
Amor sich weiht,
Soll man nicht lange
Fröhnen dem Hange,
Frühling nur sei Liebes-Zeit.

Scheiden zwei Herzen,
Fühlen sie Schmerzen,
Hoffnungen schwärzen,
Fast winkt der Tod;
Doch nach zwei Jahren
Kalte Barbaren
Lassen sie fahren,
Was sie durchloht.
Immer umschlingen
In Liebesdingen,
Bald ganz die Schwingen
Amors zerpflückt.
Dann bleibt er immer,
Doch mit Gewimmer,
Weil sein Gefieder zerstückt.

Wie Potentaten
Lebt er durch Thaten;
Drum bei Traktaten,
Die Bande drehn,
Dunkelt sein Schimmer.
Herrscher jetzt nimmer
Läßt er auf immer
Zwingende Eh'n.
Mit Siegesahnen
Fliegenden Fahnen
Schaffend sich Bahnen,
Liegt er nie brach;
Ruh' macht ihn schwellen,
Rückzug zerschellen,
Amor erträgt keine Schmach.

Wartet nicht, Paare,
Bis vorbei Jahre
Und Jedes fahre
Wie aus 'nem Traum.
Wenn Beide klagen
Und sich nur plagen
Mit Zorn und Nagen,
Trägt es sich kaum.
Wenn' sich die Seelen
Nach und nach fehlen,
Harrt nicht, bis Quälen
Liebe todt macht.
Wenn's einmal wendet,
Amor's Reich endet,
Sagt euch in Freundschaft: Gut Nacht!

Dann stellt Empfindung
Gern die Verbindung
Mit der Entschwindung
Der Liebe her;
Ohne zu warten,
Bis die vernarrten
Herzen entarten,
Weil satt zu sehr.
Ihr letzt Umarmen
Zeigt noch Erwarmen;
Liebend Erbarmen
Steht im Gesicht.
Selbst in den Blicken,
Altes Bestricken!
Strahlt noch ein letztes Gedicht.

Wol verlangt Scheiden
Mannhaftes Streiten;
Wie viele Leiden
Keimten daraus!
Doch fest sich betten,
Heißt Herzen ketten,
Die schon gern hätten,
Man ließ sie aus,
Zeit macht satt Liebe,
Lust macht satt Liebe,
Flügelknab' Liebe
Taugt Knaben nur.
Qual ist's, ihn meiden,
Doch kürz'res Leiden,
Als wenn sich abnützt der Schwur.

 

                    Der Wohlthätigkeits-Ball.

Was macht's, wenn ein Gatte und Vater auch leidet,
Ob sein Schmerz im Exile drob steig' oder fall',
Wenn nur Sie sich in falscher Glorie weidet,
Und heilig beschützt ihren Wohlthätigkeitsball.
Was thut's, wenn ein Herz, das zwar schwach ist, doch fühlet,
Dahinstürzt zu tiefem und tieferem Fall!
Ganz recht, wenn den Sünder der Kummer durchwühlet!
Die Heilige spart ihr Gefühl für – den Ball!Dieses Gedicht wurde dadurch veranlaßt, daß Lady Byron die Patronin eines zu Hinckley abgehaltenen Wohlthätigkeitsballes war.

 

Epigramm auf einen Hochzeittag.
                  An Penelope.

Der heut'ge Tag war dir und mir
Der schlimmste in der Reih':
Sechs Jahre ist's, daß Eines wir
Und fünfe, daß wir Zwei.

                            Den 2. Januar 1821.

 

    An meinem 33. Geburtstag.
            Den 22. Januar 1821.

Des Lebens Straße, trüb und eisig
Trug mich dahin bis dreiunddreißig;
Was ließ die Zeit mir, die vorbei?
Nun! nichts als diese dreißig drei!

 

                            Epigramm
          auf den Beschluß der Erzgießerzunft,
  der Königin Caroline eine Adresse zu überreichen.

Die Erzgießer wollen eine Ansprach' riskiren
Und sämmtlich in Erzschmuck sie selbst präsentiren.
Ein unnöth'ger Prunk, Erzstirnen gibt's mehr
Am Ort ihrer Huld'gung, als sie bringen her.

 

                  An Herrn Murray.

Dem Oxford und Waldegrave daneben
Hast du weit mehr als mir gegeben;
Was nicht sehr schön gehandelt eben,
            Mein Murray!

Denn wiegt ein Hund mit muntern Pfoten
Den Löwen auf, durchbohrt von Schroten,
Thut's ein lebend'ger Lord zwei todten,
            Mein Murray!

Wenn aber Verse, wie wir sehen,
Weit besser noch als Prosa gehen,
Dann sollt' ich noch viel besser stehen,
            Mein Murray!

Nun ist kein Raum hier mehr vorhanden,
Doch willst du, werd' ich nicht zu Schanden,
Wo nicht, magst du beim Teufel stranden,
            Mein Murray!

 

                        An den Po.

Strom, der du wogst bei jenen alten Mauern,
Wo meiner Liebe Dame wohnt,Die Gräfin Guiccioli., wo sie
Am Ufer wallt und wol jetzt mit Bedauern
Zurück sich denkt in unsre Harmonie,

O daß dein Wasser ihr ein Spiegel wäre
Von meinem Herzen, wo sie läse nun
Das Heer Gedanken, das in dich ich leere,
Rasch wie dein Schuß und heftig wie sein Thun!

Was sag' ich, Spiegelbild von meinem Herzen?
Zeigt diese Flut nicht Schnelle, Nacht und Kraft?
Du bist das Abbild alter, neuer Schmerzen
Und so wie du floß mir die Leidenschaft.

Zeit zähmte sie etwas, doch nicht für immer;
Du überflutest, doch dein Busen wallt
Für immer nicht, du mir verwandter Schwimmer!
Dein Wasser fällt, auch meine Glut sank bald!

Und ließ manch Wreck zurück! Doch jetzo wieder
Hinrollen wir die alte theure Bahn.
Du strebest wild zum fernen Meere nieder
Und ich nach Der, der ich nicht sollte nahn!

Bald wird die Strömung, die ich schaue, spülen
Den Heimatwall, hinmurmelnd ohne Rast,
Sie wird dich schauen, wenn sie dann im Kühlen
Die Nachtluft trinkt, befreit von Sommers Last.

Sie wird dich sehn, wie ich dich oft gesehen,
Voll solchen Traums; und von dem Zeitpunkt an
Könnt' ich nicht nennen dich, nicht an dir stehen,
Daß nicht die Thräne um die Theure rann.

Ihr helles Auge wird in dir sich sonnen,
Es wird die Welle schauen, wie jetzt ich;
Doch nimmer schau' ich, selbst in Traumes Wonnen
Die Welle wieder, die vor ihr hinstrich;

Die meine Thräne trägt, sie kehrt nicht wieder!
Kehrt Sie wol wieder, die sie jetzt besucht?
Wir Beide wandern an dem Ufer nieder,
Ich an der Quell', Sie an des Meeres Bucht.

Doch was uns trennt, ist nicht die weite Ferne,
Des Wassers Tiefe und der Erde Raum;
Es sind des Schicksals ganz verschied'ne Sterne,
Verschied'ner ist wol unsre Heimat kaum.

Des Landes Dame liebt ein fremder Ritter;
Jenseits der Berge ward er; doch sein Blut
Ist südlich ganz, als ob das Ungewitter
Ihn nie erstarrt wie jenes Poles Flut.

Mein Blut ist südlich, wenn es nicht so wäre,
So hätt' ich nie verlassen mein Revier,
Würd' nie mehr, trotz der unvergess'nen Lehre,
Der Liebe Sklav', ein Sklave doch von dir;

Vergeblich Ringen! Laßt mich jung vergehen
Und leben, lieben, wie ich's sonst gethan!
Zum Staube kehr' ich, dem ich mußt' entstehen,
Dort schweigt des Herzens ewiger Orkan.

 

    Auf dem Wege zwischen Florenz und Pisa.

Was hilft mir ein Namen, den wahrt die Geschichte?
Die Zeit unsres Ruhms ist die Jugend allein!
Die Myrthe der Zwanziger machet zu Nichte
Den Lorbeer, so herrlich er immer mag sein.

Was ist denn ein Kranz der gerunzelten Stirne?
Nur Todesgewinde mit Maithau besprengt!
Drum weg mit ihm von so beschneitem Gehirne,
Was hilft mir ein Kranz, den der Ruhm nur empfängt?

O Ruhm, wenn mich je dein Lobspruch erbaute,
So war's nicht die Phrase, so herrlich sie floß,
Es war, daß im Aug' der Geliebten ich schaute,
Daß sie mich für werth hielt, daß ich sie umschloß.

Dort suchte ich dich und hab' dich gefunden,
Ihr Blick war mir immer dein herrlichster Strahl
Und leuchtete er mir in glücklichen Stunden,
So wüßt ich: 's war Ruhm und die Liebe zumal.

 

      Nach einer indischen Melodie.
Diese Verse wurden von Lord Byron geschrieben,
kurz ehe er Italien verließ, um nach Griechenland
zu gehen. Sie haben das indische Lied:
Alla malla punka – als Grundlage, welches
die Gräfin Guiccioli besonders gerne sang.

O du mein einsames, einsames Kissen!
Wo ist mein Lieber, wo ist mein Lieber?
Ist es sein Schiff, das ich schaue im Fieber
Weit in die Fern', in die Wogen gerissen?

O du mein einsames, einsames Kissen!
Wie schmerzt das Haupt, wo das seine gelegen?
Warum so lieblos die Nächte, die trägen?
Wie eine Weide sink' ich zerrissen.

O du mein trauriges, einsames Kissen!
Schenke dem Herzen doch Träume, die leuchten,
Statt jener Thränen, die wachend dich feuchten,
Laß, eh' er kehrt, mich vom Sterben nichts wissen!

Dann, wenn du willst, nicht mehr einsames Kissen,
Laß diese Arme ihn nochmals umschließen,
Sterben vor Lust, doch ihn sehn und genießen,
O du mein einsames Herz und mein Kissen!

 

An dem heutigen Tage vollende ich
          mein 36. Lebensjahr.

      Missolonghi, den 22. Januar 1824.

Es sollte sich dies Herz nicht rühren,
Da es ja Andre nicht mehr rührt;
Doch kann für mich Keins Liebe spüren,
Mich Liebe schürt.

Wie gelbes Laub sind meine Tage,
Der Liebe Blum' und Frucht vorbei,
Der Wurm, die Schlange und die Klage,
Mein sind die Drei!

Das Feuer, das mir zehrt am Herzen,
Brennt einsam nach Vulkans Natur;
Es zündet keine Hochzeitskerzen,
Den Holzstoß nur!

Furcht, Hoffnung, eifersücht'ge Triebe,
Kann ich mit Niemand theilen mehr,
Noch auch den Schwung, die Macht der Liebe,
Sie drückt nur schwer.

Doch so nicht, hier nicht, jetzt nicht sollten
Mich solche Träume noch bedrohn,
Wo Glorien Heldensärg' vergolden,
Um Stirnen loh'n.

Gewehre, Fahnen, Schlachtgefilde
Und Hellas rings und Ruhmeslicht!
Der Sparter, liegend auf dem Schilde,
War freier nicht.

Erwach'! (Nicht Hellas' wache Seele!)
Erwach', mein Geist! Bedenk, durch Wen
Dein Lebensblut zieht die Kanäle,
Laß ihn erstehn!

Zertritt die Triebe, diese tollen,
Sie sind dem ächten Mann zu klein,
Nichts mehr darf Lächeln dir und Grollen
Der Schönheit sein!

Reut dich die Jugend? – Warum leben?
Hier gibt es ehrenvollen Tod.
Auf! in die Schlacht! Dort mag entschweben
Dein Abendroth.

Such – was man seltner sucht als findet –
Ein Kriegergrab, es nickt dir zu;
Such eine Stätte, die dich bindet,
Und geh' zur Ruh'.

 


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