George Byron
Gedichte
George Byron

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1808–1809.

          Wohl! du bist glücklich.

Wohl! du bist glücklich, und ich meine,
Daß ich auch glücklich sollte sein,
Denn dein Glück ist noch stets das meine,
Mit alter Wärme denk' ich dein.

Dein Mann ist glücklich, und mich fassen
Die tiefsten Qualen, dies zu sehn.
Doch sei es so! Ich würd' ihn hassen,
Könnt' seine Liebe schon vergehn.

Als jüngst dein holdes Kind ich schaute,
Da glaubt' ich fast, mir brech' das Herz;
Doch da gelächelt nun das traute,
Da küßt' ich's, und dacht' dein in Schmerz.

Ich küßt's, und hemmt' der Thränen Lauge,
Als ich in ihm den Vater sah;
Es hatte doch der Mutter Auge,
Für meine Lieb' war Alles da!

Leb', Mary, wohl! Ich muß – ich gehe!
Doch klag' ich nicht, da du beglückt.
Nur trag' ich's nicht in deiner Nähe,
Mein Herz wär' bald aufs Neu' verrückt.

Ich glaubte, meine kind'schen Flammen
Hab' endlich Stolz gelöscht, und Zeit;
Erst als ich war mit dir zusammen,
Fühlt' ich in mir den alten Streit.

Doch war ich ruhig! Es gab Zeiten,
Wo ich gebebt vor deinem Blick;
Dies jetzt zu thun, muß ich vermeiden,
Kein Nerv' verrieth mein hart Geschick.

Als du ins Antlitz mir gesehen,
Gewahrtest kein Erregen du,
Nur Ein Gefühl mocht'st du erspähen:
Nur der Verzweiflung dumpfe Ruh'.

Fort, fort! Nie wieder darf erwecken
Erinn'ung meinen Traum und – dich!
Wo kann ich Lethe's Strom entdecken?
Mein närrisch Herz! schweig' oder brich!

                        Den 2. November 1808.

 

Auf das Denkmal eines Newfoundländers.Dieses Denkmal bildet noch eine hervorragende Zierde im Garten von Newstead. Folgendes ist die Inschrift, die den Versen vorangeht:
    In der Nähe dieses Orts
    Liegen die Ueberreste Eines,
    Der Schönheit besaß ohne Eitelkeit,
    Stärke ohne Frechheit,
    Muth ohne Grausamkeit
    Und alle Tugenden des Menschen ohne dessen Laster.
    Dieses Lob, welches unsinnige Schmeichelei wäre.
    Wenn über der Asche eines Menschen eingegraben.
    Ist nur ein gerechter Tribut für das Andenken an
    Boatswain, einen Hund
    Der geboren ward zu Newfoundland im Mai 1803
    Und starb zu Newstead Abbey am 18. November 1808.
Lord Byron meldete Hrn. Hodgson den Tod seines Lieblings mit folgenden Worten: »Boatswain ist todt! – Er starb am 18. in einem Zustand von Tollheit und nach vielen Leiden; doch behielt er die Liebenswürdigkeit seines Wesens bis zum letzten Augenblick und fügte keinem in seiner Umgebung ein Leid zu. Ich habe jetzt außer dem alten Murray Alles verloren.« – In seinem Testament, welches er im Jahre 1811 aufsetzte, bestimmte er, daß sein Leichnam in einer Gruft in seinem Garten in der Nähe seines treuen Hundes beigesetzt werden solle.

Wenn heim zur Erd' ein stolzes Weltkind geht,
Das Ruhm nicht kennt, Geburt nur einst gebläht,
Zahlt Bildners reiche Kunst des Weh's Tribut
Und schmucke Urnen melden, wer dort ruht.
Wenn Alles aus, ersieht man an dem Grab,
Nicht was er war, nein! wie er sich einst gab.
Jedoch der Hund, des Menschen treuster Freund,
Der stets zuerst beim Gruß und Kampf erscheint,
Deß ehrlich Herz ganz seinem Herrn gehört,
Der für ihn ficht und lebt und sieht und hört,
Geht ungeehrt und ungeschätzt zu Grab,
Man spricht die Seel', die er gezeigt, ihm ab.
Der Mensch jedoch will hochgewürdigt sein
Und einen Himmel für sich ganz allein.
O Mensch! der kaum die Stunde hat in Pacht,
Beschmutzt durch Knechtschaft und verderbt durch Macht,
Mit Ekel läßt dich, wer dich recht erkennt,
Belebten Staub's gemeines Element!
Lust ist dein Lieben, deine Freundschaft Trug,
Dem Lächeln Heucheln, deine Worte Lug.
Schlecht von Natur, schön durch des Namens Zier,
Könnt' dich beschämen jed' verwandtes Thier.
Geht, die ihr diese simple Urne schaut!
Ihr klagt doch nicht um diese biedre Haut.
Der Stein deckt eines Freundes Neste mir,
Ich kannte Einen nur – und der liegt hier.

                        Newstead Abbey, den 30. November 1803.

 

                An eine Dame,
die mich fragte, warum ich England verlasse.

Als aus dem Paradies vertrieben
Der Mensch noch säumte an dem Thor,
Da sah er ach! was ihm geblieben
Und fluchte dem, was stand bevor.

Doch wie er zog durch ferne Weiten,
Lernt' tragen er des Kummers Last;
Er seufzte zwar um jene Zeiten,
Doch gab ihm Arbeit Trost und Rast.

So, Theure, will's auch mir ergehen:
Ich muß ja deine Reize fliehn,
Denn blieb' ich, um sie noch zu sehen,
Sie würden stets mich zu dir ziehn.

Den Schlingen kann ich nur entgehen,
Wenn ich entfliehe meiner Pein;
Ich kann mein Paradies nicht sehen!
Daß ich nicht wünschte, drin zu sein!

                        Den 2. December 1808.

 

Mahne mich, o mahn' mich nimmer!

Mahne mich, o mahn' mich nimmer
An die süß verschwundnen Stunden,
Da dir meine Seel' gehörte,
An die Stunden, leuchtend immer,
Bis die Lebenskraft verschwunden,
Dich und mich die Zeit zerstörte!

Ach kann ich, kannst du vergessen,
Wie in deinem Haar ich wühlte!
Wie dein flüchtig Herzchen bebte!
Wie du da bei mir gesessen,
Auge sprach und Busen fühlte,
Lippe stumm nach Liebe strebte!

Wie du an mein Herz dich hängtest,
Wie die Augen feurig quollen,
Halb in Zorn, halb in Begehren.
Du mir nah und näher drängtest,
Wie die Lippen glühend schwollen,
Sich in Küssen aufzuzehren!

Wie die Augen matt sich schlossen,
Sich begegneten die Lider,
Um den blauen Stern zu decken!
Wie die schwarzen Wimpern flossen
Auf die blassen Wangen nieder,
Rabenhaar auf Schnee'es Strecken!

Gestern träumt' ich, unsre Liebe
Sei zurück; und süßer däuchte
Mir der Traum in seinem Scheine,
Als für Andre neue Triebe,
Ach für Augen, die nicht feuchte
Von der Liebe Rausch wie deine.

Darum schweig' und mahn' mich nimmer
An die Stunden, die verschwunden,
Doch ein Traum zurück kann bringen,
Bis man uns vergißt für immer
Unterm kalten Stein da drunten,
Der besagt, daß wir vergingen.

 

'S gab eine Zeit, warum sie nennen?

'S gab eine Zeit, warum sie nennen?
Sie wird doch nie vergessen sein –
Da Eins war unsrer Herzen Brennen,
Wie dir jetzt meines brennt allein.

Und keine Stund' – seit deine Lippe
Mir Liebe heiß, wie meine, schwur,
Wenn auch mein Herz an manche Klippe,
Die du nicht sahst, noch fühltest, fuhr –

Und keine Stunde ist gesunken
So tief, als da die Liebe dein
Floh wie der Kuß, den ich getrunken,
Doch floh aus deiner Brust allein.

Doch wollte es zum Trost mir dienen,
Als jüngst dein Mund zu Tag gebracht
In Tönen, die einst treu mir schienen:
Daß du der alten Zeit gedacht!

Ja, Theure! härteste der Frauen!
Willst du auch lieben nimmermehr,
Ist mir's doch doppelt süß zu schauen,
Daß du der Liebe denkst noch sehr.

Ja, der Gedanke kann erheben;
Ich will nicht länger traurig sein.
Was du auch bist und magst erleben,
Du warst einst ganz und einzig mein.

 

Und wenn ich sterbe, willst du weinen?

Und wenn ich sterbe, willst du weinen?
O Theure, sag' das noch einmal!
Doch nein! es könnte grausam scheinen,
Und nie möcht' ich dir bringen Qual.

Mein Herz ist trüb, dahin mein Hoffen,
Es fließt mein Blut so kalt und matt.
Nur du wirst, fahr' ich hin, betroffen
Und weinst an meiner Ruhestatt.

Und doch! durch meine Schmerzensnächte
Bricht, wie mir dünkt, ein Friedensstrahl,
Der meinen Kummer freundlich schwächte:
Ich weiß, dein Herz fühlt meine Qual.

O Theure! Segen diesen Thränen!
Um Einen, der nicht weinen kann!
So kostbar Naß freut doppelt Jenen,
In dessen Aug' es längst gerann.

Einst war mein Herz so warm, Geliebte,
Es fühlte weich, und ganz mit dir;
Doch selbst der Schönheit Reiz zerstiebte
Für mich, der nur zum Elend hier.

Doch wenn ich sterbe, willst du weinen;
O Theure, sag' es noch einmal!
Doch nein! es könnte grausam scheinen,
Und nie möcht' ich dir bringen Qual.

 

                  Füll' wieder den Becher!

Füll' wieder den Becher, denn niemals zuvor
Empfand ich im Herzen so heißen Rumor!
Kommt, trinket! Wer nicht? Denn dies wechselnde Rund
Zeigt nur in dem Becher nicht Täuschung am Grund.

Ich schmeckte, was Leben nur bieten gekonnt,
Ich hab' mich in funkelnden Augen gesonnt:
Ich liebte! Wer nicht? Doch wer faselt noch kühn,
Daß Glück er gefunden in liebendem Glühn?

In Tagen der Jugend, da's Herz noch im Mai
Und träumet, daß Neigung unwandelbar sei,
Da hatt' ich auch Freunde! Wer nicht? Doch wer fand,
Daß so treu je ein Freund wie der Wein zu ihm stand?

Das Herz der Geliebten kann stehlen ein Wicht,
Mit der Sonn' wechselt Freundschaft, doch du wechselst nicht.
Alt wirst wol auch du. Und wer nicht? Doch sagt an,
Weß Güte wie deine durch's Alter gewann?

Vom Höchsten beglückt, was die Liebe gewährt,
Wenn nun ein Rival zu dem Liebchen sich kehrt,
Da werden wir wild! Und wer nicht? Du bist rein,
Stets herzlicher freun im Genuß wir uns dein.

Und wenn dann die Jugend und Eitelkeit hin,
Zum Becher als letztem Asyle wir fliehn
Und finden – wer nicht? daß die Seele uns schwillt
Und Wahrheit wie eh'dem im Becher nur quillt.

Als einst sich die Büchse Pandora's erschloß
Und Leid über Freude Triumphe genoß,
Blieb Hoffnung noch übrig. War's nicht? Doch wer trinkt,
Braucht Hoffnung nicht mehr, weil ihm Sicherheit winkt.

Lang lebe die Rebe! Wenn Sommerlust hin,
Erquickt alter Nektar des Alters Ruin.
Wir sterben. Wer nicht? Doch vergebe uns Gott!
Und Hebe im Himmel bewirthe uns flott.

 

            An Frau Musters,
            als Byron England verließ.

Es ist geschehn! Im Winde bebt
Der Barke Segel, weiß entfaltet!
Die frische Brise sich erhebt
Und mit dem Maste pfeifend schaltet,
Und ich muß fort als wie im Bann!
Weil ich nur Eine lieben kann!

Doch könnt' ich sein, wie ich einst war
Und könnt' ich sehn, was ich gesehen,
Könnt' ich am Herzen ruhen gar,
Dem einst gegolten Wunsch und Flehen,
Nicht in die Fremde zog ich dann,
Weil ich nur Eine lieben kann.

Lang ist's, daß ich das Auge sah,
Das Glück und Elend mir gegeben;
Vergebens rang ich, ihrer ja
Nicht mehr zu denken hier im Leben,
Denn wenn ich auf die Flucht auch sann,
Ich doch nur Eine lieben kann.

Dem Vogel gleich, dem's Weibchen floh,
Ist mein ermüdet Herz verlassen;
Ich schau umher, kann nirgendwo
Ein Lächeln, einen Gruß erfassen:
Ich bin allein bei Jedermann,
Da ich nur Eine lieben kann.

Ich will durchziehn den weißen Schaum,
Ein Heim erspähn nach allen Winden;
Erst wenn dein hold Gesicht nur Traum,
Dein falsches! kann ich Ruhe finden.
Mein eigner Spleen ist mein Tyrann,
Da ich nur Eine lieben kann.

Es findet auch der ärmste Wicht
Noch einen Herd auf dieser Erde,
Wo Freundschaft, wo der Liebe Licht
Ihm lächelt, daß ihm besser werde.
Nicht Freund, noch Liebchen ich gewann.
Da ich nur Eine lieben kann.

Ich geh'! Wohin mich führt mein Schmerz,
Da ist kein Aug', um mich zu weinen,
Da ist kein lieb, sympathisch Herz,
Mit dem ich könnte meines einen,
Auch du weinst nicht, mein Herzgespann,
Obschon ich dich nur lieben kann.

Zu denken deß, was einst geblüht,
Deß, was wir sind und was wir waren,
Zermalmte wol ein weich Gemüth,
Das meine ach! ist nicht zerfahren;
Doch schlägt mein Herz noch, wie's begann,
Da ich nur Eine lieben kann.

Doch wer die Heißgeliebte sei,
Gemeine Augen nicht erkennen;
Warum der Liebe Glück vorbei,
Du weißt's, ich fühl's und will's nicht nennen.
Doch selten wol ein andrer Mann
So lang' nur Eine lieben kann.

Ich hab's versucht mit Andern mehr,
Die wol nicht minder reizend waren;
Gern liebte ich auch sie so sehr,
Doch war vergebens mein Gebahren;
Ein Zauber hielt mein Herz im Bann,
Da ich nur Eine lieben kann.

Ich hätte gern dich noch gesehn,
Mein Lebewohl dir noch zu sagen;
Doch soll dein Aug' nicht übergehn
Um Den, der über's Meer verschlagen,
Dem Heimat, Jugend, Lieb' zerrann,
Doch Der nur Eine lieben kann!

                                          1809.

 

          An Herrn Hodgson
  an Bord des Lissaboner Postschiffes.

Hurrah, Hodgson! Bald wir gehen,
Frei von des Embargo's Last,
Günst'ge Winde wehn und blähen
Alle Leinwand überm Mast.
Das Signal flaggt schon von Oben,
Horch! Der Abschiedsschuß erschallt,
Weiberkreischen, Seemannstoben
Mahnet, daß wir fahren bald.
Hier die Kralle
Faßt uns Alle,
Reicht zum Zollhaus weit heraus:
Koffer rührend,
Schachteln spürend,
In der Ecke nicht die Maus
Bleibt verschont von dem Barbaren,
Eh' wir mit dem Postschiff fahren.

Mannschaft löst die Ankerschnecke,
Ruder hebet jede Hand,
Von dem Kai kommt das Gepäcke,
Ungeduld treibt uns vom Land.
»Gebet Acht! Dies hält Getränke!
Halt! – O Gott! mir wird so schlecht!«
»»Schlecht, Madame? Das kommt, ich denke,
Wenn wir fahren, erst noch recht.««
Männer, Frauen,
Schrein, miauen,
Herren, Damen, Knecht und Magd!
Welch' Verwirren!
Hadern, Girren!
Alles in einander hakt!
So das Lärmen und Gebahren,
Wenn wir nach dem Postschiff fahren.

Wir sind da! Hier commandiret
Der Cap'tän, ein Biedermann;
Unsre Schaar wird installiret,
Das Gemurr, Gespei' fängt an.
»Heda! nennt ihr das Kabine?
Vier Quadratschuh sind es kaum,
Platz hat kaum hier eine Biene,
Wer hält's aus in solchem Raum?«
»»Wer, Herr? – Grafen!
Zwanzig trafen
Jüngst auf meinem Schiff sich doch!««
»Wirklich? Himmel!
Welch Gewimmel!
Wollte Gott, sie thäten's noch,
Das würd' mir die Pein ersparen,
In dem Postschiff heut' zu fahren!««

Fletcher! Murray! Bob!Die Diener Byron's. Wo seid ihr?
Da! wie Klötze auf dem Grund.
Hilf mir, Freund Matros, und leih' mir
Dort dies Tauend' für die Hund'!
Hobhouse murmelt Schreckensflüche.
Wie er durch die Luke rollt,
Und dem Meere erst der Küche
Werke, dann sein eignes zollt.
»Hier die Stanza
Auf Braganza,
Gib –!« – Ein Verschen? – »Nein! ein Glas
Mit warm Wasser –«
Solch ein Hasser? –
»Still! mir kommt's! Das ist kein Spaß!
Kann uns denn kein Gott bewahren
Vor dem bösen Postschifffahren?«

Endlich geht's zum Türkenlande!
Gott weiß, wann man wiederkehrt!
Plötzlich sitzt man auf dem Strande,
Wenn daher das Wetter fährt.
Doch da höchster Spaß das Leben,
Wie der Philosoph docirt,
Muß man sich dem Spaß ergeben.
Also lacht, wie ich's probirt,
Ueber jede
That und Rede,
Krank, gesund, zur See, zu Land!
Laßt uns lachen!
Netzt den Rachen!
Scheert euch nichts um andern Tand!
Guten Wein her! Nur kein Sparen,
Wenn man muß im Postschiff fahren.

                    Falmouth Roads, den 30. Juni 1809.

 

          In ein Album zu Malta.

Wie auf dem kalten Grabessteine
Ein Namen zu dem Wandrer spricht,
So mög' auf diesem Blatt der meine
Einst fesseln deiner Augen Licht.

Und fällt in späteren Perioden
Der Namen neu ins Auge dir,
So denk' an mich als einen Todten
Und denk': »sein Herz begrub er hier!«

                    Den 14. September 1809.

 

                  An FlorenceMrs. Spencer-Smith, die sich in Machinationen gegen Napoleon eingelassen und hierdurch in manche Bedrängnisse gerathen war, litt auch Schiffbruch.

Als ich den weißen Strand verlassen,
Wo ich das Leben einst empfing,
Da hofft' ich nicht mehr zu erblassen,
Wenn sonstwo es zum Scheiden ging'.

Doch hier auf diesem öden Flecke,Malta.
Wo traurig düster die Natur,
Wo ich dein Lächeln einzig schmecke,
Denk' ich mit Angst des Abschieds nur.

Bin ich auch fern von Englands Laren,
Von ihm getrennt durchs blaue Meer,
Trägt mich's vielleicht nach wenig Jahren
Zurück zu seinem Klippenheer.

Doch wo ich künftig auch mag schweifen
Durch heiße Zonen, wilde See,
Mag ich die Heimat wieder streifen –
Dich seh' ich nicht mehr, holde Fee:

Dich, die da prangt in jenen Reizen,
Die Herzen fesseln immerdar,
Wo schaun bewundern heißt und heizen
– Verzeih' das Wort! – der Lieb' Altar.

Verzeih' das Wort! es soll nicht kränken
Dich holde, theure Zauberin;
Und kannst du mir dein Herz nicht schenken,
Glaub' mir, daß ich dein Freund doch bin.

Wer könnt' dich schaun, wenn er auch wollte,
Und würde nicht von dir durchloht?
Wer würde nicht, was Jeder sollte,
Der Freund der Schönheit, die in Noth?

Wer glaubte wol, daß diese Hülle
Durcheilt die Pfade der Gefahr,
Getrotzt des Wettersturms Gebrülle,
Despotenzorn entflohen gar?

Wenn ich nun stehe vor dem Walle,
Wo einst Byzanz sich streckte frei,
Und Stambuls morgenländ'sche Halle
Jetzt hegt des Türken Tyrannei,

Dann trägt – so hochberühmt noch immer
Auch gelten mag die stolze Stadt –!
Sie mir doch keinen schönern Schimmer,
Als daß sie dich geboren hat.

Wenn jetzt ich Lebewohl dir sage
Um bald die Wunderstadt zu sehn,
Wird, da ich nicht zu bleiben wage,
Mir's süß sein, wo du gingst, zu gehn.

                              September 1809.

 

            Bei einem Gewitter.

Der Nachtwind ist so wüst und kalt,
Wo Pindus sich erhebt,
Und wilder Wolkenguß erschallt,
Als ob der Himmel bebt'.

Die Führer fort! Die Hoffnung hin!
Es zeigt der Blitze Schein
Nur, wie die Felsen uns umziehn
Mit Strömen im Verein.

Ist's einer Hütte matter Schein,
Was dort beim Blitze winkt?
Willkomm'nes Obdach war's! Ach nein!
Ein Türkengrab nur blinkt.

Durch das Getös' der Wasserflut
Schallt her ein banger Ton;
Mein Landsmann ist's in trübem Muth,
Er ruft sein Albion.

Ein Schuß ertönt! Ist's Freund? Ist's Feind?
Noch einer! Er beweist,
Daß schon des Berges Sohn erscheint
Und uns der Noth entreißt.

Wer wagt in solcher wilder Nacht
In solche Wildniß sich?
Wer hört, wenn laut der Donner kracht,
Sein Nothsignal und mich?

Und wer, der unsern Ruf gehört,
Steht auf und wagt den Pfad
Und glaubt nicht, daß Geschrei ihn stört
Von Räubervolk, das naht?

Die Wolke bricht, der Himmel bebt,
Der Sturmwind heult Allarm,
Doch Ein Gedanke hier noch lebt
Und hält den Busen warm.

Ich wandre durch zerriss'nen Pfad
Auf Busch und Felsen zu,
Wo uns Natur im Zorn genaht –
Wo, Florence, bist jetzt du?

Nicht auf der See, nicht auf der See,
Dein Schiff ist längst davon.
O mög' der Sturm, der mir bracht' Weh'
Dein Haupt nicht auch bedrohn!

Scirocco blies mit voller Macht,
Als ich den Mund dir schloß,
Und jagte deine flotte Jacht
Hinaus mit wildem Stoß.

Nun bist du sicher; lange schon
Liegst du an Spaniens Strand.
Wie grausam, wär' der Schönheit Kron'
Aufs weite Meer gebannt!

Und weil ich jetzt gedachte dein,
Da Angst mich, Nacht befiel,
Wie in der Stunde holdem Schein
Bei Lust und Saitenspiel,

So schau auch du von Cadix' Wall,
Wenn er noch frei von Strauß,
Von Zeit zu Zeit von hoher Hall'
Aufs blaue Meer hinaus.

Denk' an Calypso's Insel dann,Malta.
Gar manchen Tag uns lieb,
Und lächelst du auch manchem Mann,
Mir einen Seufzer gib.

Und wenn dein Freierkreis entdeckt,
Wie blaß dein Angesicht,
Wie eine Thräne sich versteckt,
Ein Funken drin sich bricht,

Dann lächelst du, wirst roth und lenkst
Der Narren Spott wol ab
Und gibst nicht zu, daß Deß du denkst,
Der dein denkt bis ans Grab.

Zwar Lächeln ist und Seufzen leer,
Wo ferne klagt ein Herz,
Doch flieht mein Geist wol übers Meer
Und sucht nach dir im Schmerz.

 

          Im Golf von Ambracia.

Im Silberschein strahlt neu geboren
Der Mond auf Actiums Küste hin;
Hier ward gewonnen und verloren
Die Welt um Memphis Königin.

Nun schau ich auf die gleiche Zone,
Wo manches Römers blaues Grab,
Wo Ehrgeiz einst die schönste Krone
Dahin für eine Schöne gab.

Florence, für die ich fühle Triebe,
Wie je sie sang des Dichters Schwung,
(Seit Höllen sprengte Orpheus' Liebe)
So lang du schön bist und ich jung, –

Florence, das waren schöne Zeiten,
Als man die Welt gab für 'nen Kuß;
Könnt' ich durch Reime Reich' erstreiten,
Dir blühte ein Antonius.

Die Zeit ist jetzt dafür zu trocken,
Doch kann ich keine Welt um dich
Verlieren, möcht' – bei deinen Locken!
Dich um die Welt nicht lassen ich.

                          Den 14. November 1809.

 

Der Zauber brach, der Reiz verflog.
        Athen, den 16. Januar 1810.

Der Zauber brach, der Reiz, verflog!
So geht's mit unsern Liebesnöthen:
Man' lächelt, wo man sollt' erröthen,
Daß Wahnwitz uns so lang betrog.

Ein Lichtblick, den der Geist erwirbt,
Zeigt ihm, daß Weh' uns stets, umgebe;
Wer als ein Weiser thun will, lebe
Als Dulder, wie der Heil'ge stirbt.

 

Nachdem Byron von Sestos nach Abydos geschwommen war.Am 3. Mai 1810, während die »Salsette« (Capitän Bathurst) in den Dardanellen vor Anker lag, schwamm Lieutenant Ekenhead dieser Fregatte und ich vom europäischen nach dem asiatischen Ufer (von Abydos nach Sestos wäre das Richtigere gewesen). Die ganze Entfernung von dem Punkte, wo wir abgingen, bis zu dem Landungspunkte jenseits, betrug, die Strecke, wo wir von der Strömung getragen wurden, mit eingeschlossen, nach dem Urtheil der an Bord der Fregatte Befindlichen, etwas mehr als vier englische Meilen, während die directe Entfernung nur eine beträgt. Die Gewalt der Strömung ist aber so groß, daß kein Boot gerade hinüber fahren kann, weshalb die Strecke auch von den Einen in 1 Stunde und 5 Minuten, von den Andern in 1 Stunde und 10 Minuten zurückgelegt wird. Das Wasser war in Folge des Schmelzens des Gebirgsschnees sehr kalt. Wir hatten schon drei Wochen früher, im April, einen Versuch gemacht; da wir aber an diesen Tage schon eine große Strecke geritten waren und das Wasser eisig kalt war, hielten wir es für nothwendig den Versuch auf später zu verschieben, bis die Fregatte unter den Schlössern ankerte; wo wir ihn dann in der angegebenen Weise ausführten und dabei bedeutend oberhalb dem europäischen Fort ausgingen und unterhalb dem asiatischen landeten. Chevalier behauptet, ein junger Jude habe seiner Geliebte zu lieb den gleichen Weg gemacht; Oliver sagt dasselbe von einem Neapolitaner; unser Consul Tarragona erinnerte sich jedoch dieser Fälle nicht, und versuchte uns die Sache auszureden. Mehrere Matrosen von der »Salsette« sollen übrigens eine größere Strecke geschwommen sein; es wundert mich nur, daß, da die Geschichte Leanders bezweifelt wurde, bis dahin noch kein Reisender den Versuch gemacht hat, die Möglichkeit zu erproben.

Wenn einst Leander nach Berichte
Im finsteren Decembermond
(Welch Mädchen weiß nicht die Geschichte?)
Dich oft durchschwamm, mein Hellespont!

Wenn, als des Winters Stürme gossen,
Er Hero heimgesucht durchs Meer
Und, dann der Strom so kalt geflossen
Wie heut', bedaur' ich beide sehr.

Mir, dem modernen, weichen Wichte
Hängt's, ob der Mai schon längst fing an,
Am nassen Leib wie Bleigewichte,
Mir ist, als hätt' ich viel gethan.

Doch da die Strömung er durchschwommen
Um, wie die Wundermähr uns sagt,
Zur Lieb' und Gott weiß was – zu kommen,
Wie ich mich für den Ruhm geplagt,

Kann Keiner sich den Kranz erlügen,
Die Götter schonten beide nicht;
Ihm nahm's den Lohn, mir das Vergnügen,
Denn er ertrank, ich fand die – Gicht!

                                Den 9. Mai 1810.

 

Attisch Kind, ich scheid' von dir.
            Ζώη μοῦ, σάς ἀγαπῶ.

Attisch Kind, ich scheid' von dir,
Gib zurück mein Herze mir!
Oder da es einmal dein,
Wahr's und nimm, was jetzt noch mein!
Hör den Schwur, er lautet so:
Ζώη μοῦ, σάς ἀγαπῶ.

Bei den Locken, los und lind,
Die bewegt Aegea's Wind,
Bei des Lides schwarzer Frans'.
Die da küßt der Wange Glanz,
Bei dem Aug' wie's Reh, wenn's floh:
Ζώη μοῦ, σάς ἀγαπῶ.

Bei der Lippe süßer Lust,
Bei der hochgewölbten Brust,
Bei dem Blumenspruch,Im Orient (wo die Damen nicht schreiben lernen, damit sie keine Wechsel ausstellen) verdollmetschen Blumen, Kohle, Kiesel etc. die Empfindung der Liebende den durch Vermittelung Merkurs, d. h. eines alten Weibes. Kohle bedeutet: Ich brenne für dich! ein Blumenstrauß mit Haaren gebunden: Nimm mich hin und fliehe! aber ein Kiesel bedeutet – was sonst Nichts ausdrücken kann. der sagt,
Was kein Wort so deutlich wagt,
Bei der Liebe, trüb und froh:
Ζώη μοῦ, σάς ἀγαπῶ.

Attisch Mädchen, ich bin fort,
Denke mein am fernen Ort!
Eil' ich auch nach Stambul hin,
Hält Athen mir Herz und Sinn,
Kann ich dein vergessen wo?
Ζώη μοῦ, σάς ἀγαπῶ.Eine neugriechische Phrase der Zärtlichkeit; wenn ich sie übersetze, beleidige ich die Herren, weil es aussieht, als glaube ich, sie könnten es nicht; thu ich es aber nicht, so zürnen mir die Damen. Damit diese aber den Satz nicht falsch auffassen, will ich es doch thun, und bitte die Gelehrten um Verzeihung. Es heißt: »Mein Leben, ich liebe dich!« was in allen Sprachen recht hübsch klingt, und gegenwärtig in Griechenland so Mode ist, wie die zwei ersten Worte nach Juvenal es bei den römischen Damen waren, deren Liebesausdrücke sämmtlich hellenisirt waren.

 


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