Charlotte Brontë
Jane Eyre, die Waise von Lowood.
Charlotte Brontë

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Vierzehntes Kapitel.

Das Weihnachtsfest war beinahe herangekommen, ehe alles geordnet war; die Zeit des Festes der ganzen Christenheit war nahe. Jetzt schloß ich die Schule von Morton und trug Sorge dafür, daß die Trennung meinerseits nicht ohne äußeres Zeichen vorüberging. Das Glück öffnet doch Hand und Herz gar wundersam; und in geringem Maße zu geben, wenn wir reichlich empfangen haben, ist nur ein Abfluß, den wir der ungewohnten Aufwallung unserer Gefühle verschaffen. Schon lange hatte ich voll Freude empfunden, daß manche meiner ländlichen Schülerinnen mich liebten, und als wir voneinander Abschied nahmen, wurde diese Empfindung vollauf bestätigt; sie legten ihre Anhänglichkeit für mich deutlich und ehrlich an den Tag. Wie groß war meine Dankbarkeit, als ich sah, daß ich wirklich einen Platz in ihren unverdorbenen Herzen inne gehabt; so versprach ich ihnen denn, daß niemals eine Woche vergehen solle, ohne daß ich sie aufsuchen und ihnen eine Unterrichtsstunde in ihrer Schule geben würde.

Mr. Rivers kam, um die Thür zu verschließen, nachdem die Klassen, welche jetzt sechzig Mädchen zählten, an mir vorüber defiliert waren; ich stand mit dem Schlüssel in der Hand da und wechselte noch einige besondere Abschiedsworte mit einem halben Dutzend meiner besten Schülerinnen; diese waren so anständige, achtbare, bescheidene und gut unterrichtete junge Geschöpfe, wie sie nur irgend in der brittischen Bauernschaft zu finden waren. Und das ist viel gesagt; denn schließlich, nachdem ich viele »paysannes« und deutsche Bäuerinnen gesehen habe, muß ich behaupten, daß der brittische Bauernstand der am besten unterrichtete, anständigste und achtbarste in ganz Europa ist.

»Betrachten Sie sich als wohl belohnt nach vielen Monaten der Mühsal und Anstrengung?« fragte Mr. Rivers, als sie alle fort waren. »Gewährt das Bewußtsein Ihrer Zeit und Ihrer Generation etwas wirklich Gutes geleistet zu haben Ihnen nicht wahre Freude?«

»Ohne Zweifel.«

»Und Sie haben doch nur wenige Monate harte Arbeit gethan! Wäre nicht ein ganzes Leben, welches der Aufgabe gewidmet, das Menschengeschlecht zu bessern, ein gut angewandtes Leben?«

»Ja,« sagte ich. »Aber ich hätte nicht für alle Zeit in dieser Weise leben können. Ich will mich ebenso gern an meinen eigenen Talenten und Fähigkeiten erfreuen, wie ich jene meiner Nebenmenschen heranbilde. Und zwar muß ich mich ihrer jetzt freuen; führen Sie weder meine Seele noch meinen Leib in die Schule zurück; jetzt liegt sie hinter mir und ich muß einen ganzen Feiertag haben.«

Er sah sehr ernst aus.

»Was bedeutet das? Welche krankhafte Sucht nach Zerstreuung legen Sie jetzt an den Tag? Was haben Sie vor?«

»Ich will thätig sein, so thätig wie möglich. Und vor allen Dingen muss ich Sie bitten, Hannah in Freiheit zu setzen und jemand zu suchen, die Sie an ihrer Stelle bedient.«

»Brauchen Sie sie?«

»Ja. Um mit mir nach Moor-House zu gehen. In einer Woche werden Diana und Mary zu Hause sein, und bei ihrer Ankunft sollen sie alles in der schönsten Ordnung finden.«

»Ich verstehe. Ich glaubte schon, Sie beabsichtigten, irgend einen Ausflug zu machen. Es ist besser so. Hannah soll Sie begleiten.«

»Sagen Sie ihr also, daß sie sich morgen bereit hält. Und hier ist der Schlüssel zum Schulzimmer. Morgen früh werde ich Ihnen den Schlüssel zu meinem Häuschen geben.«

Er nahm ihn.

»Sie liefern ihn sehr freudig ab,« sagte er. »Ihr Leichtsinn erscheint mir ein wenig unbegreiflich, weil ich nicht weiß, welche Beschäftigung Sie in Aussicht nehmen an Stelle derjenigen, welche Sie aufgeben, welches Ziel, welchen Zweck, welchen Ehrgeiz Sie jetzt für Ihr Leben haben?«

»Mein erstes Ziel ist, Moor-Hause vom Boden bis zum Keller einer gründlichen Reinigung zu unterziehen; (begreifen Sie die ganze Wucht dieses Ausdrucks?) Das nächste, es mit Bienenwachs, Öl und einer unbestimmten Anzahl von Tüchern zu reiben, bis es blitzt; das dritte, jeden Tisch, jeden Stuhl, jedes Bett, jeden Teppich mit mathematischer Präcision zu arrangieren; darauf werde ich Sie beinahe zu Grunde richten durch ungezählte Massen von Torf und Holz, um in jedem Zimmer ein hellloderndes Feuer zu unterhalten; und endlich und zuletzt werden die beiden letzten Tage, welche der Ankunft Ihrer Schwestern vorausgehen, von Hannah und mir dem Schlagen von Eiern, Auslesen von Rosinen, Rösten von Gewürzen, Backen von Weihnachtskuchen, Schneiden von Fleisch und anderem culinarischem Ritus gewidmet sein, von welchem Uneingeweihte wie Sie doch keinen Begriff haben. Kurz und gut, mein Zweck ist es, vor nächstem Donnerstag alles in einem Zustande der vollkommensten Bereitschaft zu Dianas und Marys Empfang zu haben; mein Ehrgeiz besteht darin, ihnen das beau-ideal eines Willkommens zu bieten, wenn sie kommen.«

St. John lächelte fast unmerklich. Aber er war noch immer nicht ganz zufrieden.

»Das alles ist sehr schön für den Augenblick,« sagte er, »aber im Ernst gesprochen, ich hoffe und vertraue, daß Sie Ihren Blick ein wenig höher richten werden, als auf häusliche Freuden und Verschönerungen, wenn die erste Freude und Erregung vorüber sein werden.«

»O, das sind die besten Dinge, die das Leben uns bietet!« unterbrach ich ihn.

»Nein Jane, nein! Diese Welt ist nicht die Stätte des Genusses; versuchen Sie nicht, sie dazu zu machen; auch nicht eine Stätte der Ruhe: werden Sie nicht träge.«

»Im Gegenteil! Ich beabsichtige sehr thätig und arbeitsam zu sein!«

»Jane, für den Augenblick verzeihe ich Ihnen noch; ich gebe Ihnen zwei Monate zu dem vollen Genuß Ihrer neuen Lebenslage; zwei Monate dürfen Sie den Reiz dieser neu aufgefundenen Verwandtschaft auskosten; aber dann hoffe ich, werden Sie Ihren Blick über Moor-House und Morton hinaus erheben; Sie werden mehr anstreben als die Gesellschaft der Schwestern, mehr als die selbstsüchtige Ruhe und das sinnliche Behagen des Überflusses unserer Civilisation, Ich hoffe, daß die Kraft Ihrer Energie Ihnen dann wiederum keine Ruhe lassen wird.«

Ich sah ihn erstaunt an.

»St. John,« sagte ich endlich, »es ist beinahe gottlos, daß Sie so reden! Ich habe mir vorgenommen, so glücklich und zufrieden wie eine Königin zu sein, und da kommen Sie und versuchen von neuem die Ruhelosigkeit in mir wachzurufen! Zu welchem Zweck?«

»Zu dem Zwecke, die Talente und Fähigkeiten, welche Gott Ihnen gegeben, in seinem Sinne zu verwerten. Denn eines Tages wird er dafür strenge Rechenschaft von Ihnen verlangen. Jane, ich werde getreulich und unablässig über Ihnen wachen – das kündige ich Ihnen an. Und bemühen Sie sich, den ungerechtfertigten Eifer zu unterdrücken, mit dem Sie sich den einfachen, gewöhnlichen häuslichen Freuden hingeben. Hängen Sie sich nicht zu fest an die Bande des Fleisches, Bewahren Sie Ihre Energie und Ausdauer für eine vollkommenere Sache auf; unterlassen Sie es, sie an gewöhnliche, wertlose Dinge zu verzetteln. Hören Sie mich, Jane?«

»Ja. Gerade so als ob Sie Griechisch sprächen. Ich fühle nur, daß ich vollkommene Ursache habe, froh und glücklich zu sein, und glücklich sein will ich. Adieu!«

Glücklich war ich in Moor-House, und angestrengt arbeitete ich. Desgleichen Hannah. Sie war entzückt zu sehen, wie fröhlich ich sein konnte inmitten der Unruhe eines Hauses, in welchem das unterste zu oberst gekehrt war – wie gut ich bürsten, abstäuben, reinigen und kochen konnte. Und wirklich nach zwei Tagen der heillosesten Verwirrung war es reizend mit anzusehen, wie wir nach und nach Ordnung in das Chaos brachten, das wir selbst hervorgerufen hatten. Kurz vorher hatte ich noch eine Reise nach S. unternommen, um einige neue Möbelstücke zu kaufen, nachdem meine Cousinen mir carte blanche und eine bestimmte Summe zu dem Zwecke gegeben hatten, alle mich gut dünkenden Änderungen zu treffen. Das gewöhnliche Wohnzimmer und die Schlafzimmer ließ ich ganz so, wie sie gewesen, denn ich wußte, daß Diana und Mary mehr Freude an dem Wiedersehen der häßlichen, alten Stühle und Tische haben würden, als an dem Anblick der prächtigsten Neuerungen. Und doch war einiges Neue notwendig, um ihrer Heimkehr das prickelnd Ungewöhnliche zu verleihen, womit ich es gern umkleiden wollte. Diesem Zweck entsprachen nun neue, schöne, dunkle Teppiche und Vorhänge, eine Zusammenstellung sorgsam ausgewählter, antiker Ornamente in Porzellan und Bronze, neuer Möbelbezüge, Spiegel und Toilette-Necessaire für die Ankleidezimmer: alles dies sah frisch aus ohne störend zu wirken. Ein Fremdenwohn- und Schlafzimmer möblierte ich ganz neu mit Mahagony und roten Polstermöbeln; in den Korridor und auf die Treppe legte ich Teppiche. Als alles fertig war, erschien das Innere von Moor-House mir ebenso freundlich und sauber und gemütlich, wie es draußen um diese Jahreszeit winterlich einsam und öde und traurig war.

Endlich kam der ereignisreiche Donnerstag. Sie wurden um die Dämmerstunde erwartet, und lange vorher wurden schon oben und unten die Kaminfeuer angezündet. Die Küche war in vollkommenster Ordnung, Hannah und ich waren angekleidet. Alles war bereit.

Zuerst kam St. John. Ich hatte ihn innig gebeten, das Haus nicht eher zu betreten, als bis alles arrangiert sei; und in der That hatte der bloße Gedanke an die triviale, niedrige Unruhe und Verwirrung, welche innerhalb unserer vier Wände vor sich ging, hingereicht, ihn uns völlig zu entfremden. Er fand mich in der Küche mit dem Backen einiger Kuchen für unseren ersten Theeabend beschäftigt. Indem er sich dem Herde näherte, fragte er, ob ich nun endlich mit der Arbeit eines Hausmädchens zufrieden sei. Ich antwortete ihm, indem ich ihn einlud, mich auf einer Generalinspektionsreise durch das Haus zu begleiten, um das Resultat meiner Anstrengungen zu begutachten. Mit einiger Mühe gelang es mir, ihn zu diesem Rundgang zu überreden. Er blickte kaum in die Thüren hinein, wenn ich sie öffnete; und nachdem er oben und unten gewesen, meinte er, ich müsse unendlich viel Mühe und Arbeit gehabt haben, um in so kurzer Zeit so beträchtliche Veränderungen bewerkstelligt zu haben. Aber nicht mit einer einzigen Silbe verriet er, daß er an der Verschönerung seines väterlichen Hauses auch nur die geringste Freude empfände.

Sein Schweigen dämpfte meine Freude. Ich glaubte, daß die Veränderungen vielleicht einige alte Erinnerungen gestört hätten, welche ihm wert und lieb gewesen. Ich fragte, ob dies der Fall sei. Vielleicht in sehr niedergeschlagenem Ton.

»Durchaus nicht. Er bemerke im Gegenteil, daß ich mit der größten Gewissenhaftigkeit alles, was ihm wert sei, geschont habe; er fürchte in der That, daß ich der Sache mehr Wichtigkeit beigelegt, als sie wert sei. Wieviel Minuten hätte ich zum Beispiel damit zugebracht, über das Arrangement dieses Zimmers nachzudenken? – Übrigens, könne ich ihm denn nicht sagen, wo dies und jenes Buch sei?« Ich zeigte ihm den Band auf dem Bücherbrett. Er nahm ihn herunter und indem er sich in seine gewöhnliche Fenstervertiefung zurückzog, begann er zu lesen.

Nun, mein lieber Leser, dies gefiel mir nicht, St. John war ein guter Mann; aber jetzt begann ich zu empfinden, daß er die Wahrheit über sich selbst gesprochen, als er gesagt, daß er hart und kalt sei. Das Menschliche und das Angenehme des Lebens hatte keine Anziehungskraft für ihn – seine friedlichen Genüsse keinen Reiz. In der That, er lebte nur um zu streben – zu streben nach dem, was gut und groß war, gewiß! Aber er kannte keine Ruhe, er wollte keine; und er billigte es auch nicht, wenn die, welche um ihn waren, ruhten. Als ich auf seine hohe Stirn blickte, die still und bleich wie ein Leichenstein war, – auf seine schönen Züge, die durch das Studium fest und strenge geworden – da begriff ich plötzlich, daß er niemals ein guter Gatte sein könne, daß es eine schwere Aufgabe sein müsse, sein Weib zu sein. Wie durch eine plötzliche Eingebung verstand ich das Wesen seiner Liebe zu Miß Oliver; ich stimmte ihm bei, daß es nur eine Liebe der Sinne sein könne. Ich begriff, wie sehr er sich selbst verachten mußte um des fieberhaften Einflusses willen, welchen sie auf ihn ausübte, wie er wünschen mußte, diese Liebe zu ersticken und zu zerstören, wie er daran zweifeln mußte, daß sie jemals zu seinem und ihrem dauernden Glücke führen könne. Ich sah ein, daß er aus dem Stoffe sei, aus welchem die Natur ihre Heroen macht – christliche wie heidnische – ihre Gesetzgeber, ihre Staatsmänner, ihre Eroberer; ein festes Bollwerk, auf das man in großen Zeiten um großer Interessen willen bauen konnte! Aber am häuslichen Herd nur zu oft eine schwere, kalte Säule, die düster und nicht an ihrem Platze!

»Dieses Wohnzimmer ist nicht seine Sphäre,« reflektierte ich, »das Himalayagebirge, der Kaffern Busch, sogar die verpestete, verwünschte Küste von Guinea würden besser für ihn passen. Wohl mag er sich vor der Ruhe des Familienlebens scheuen; es ist nicht sein Element; hier stagnieren seine große Fähigkeiten; sie können sich nicht entwickeln, sich nicht zu ihrem Vorteil zeigen. In Kampf und Gefahr, wenn Mut gezeigt, Willensstärke geübt, Kraft gestählt werden kann – da wird er reden und handeln, als Anführer, als Erster! An diesem Herde jedoch wird ein frohsinniges Kind den Sieg über ihn davon tragen. Er hat recht, wenn er den Beruf eines Missionärs erwählt – jetzt sehe ich es ein!«

»Sie kommen! sie kommen!« rief Hannah indem sie die Thür des Wohnzimmers weit aufriß. In demselben Augenblick hob auch der alte Carlo an freudig zu bellen. Ich lief hinaus. Jetzt war es dunkel geworden, aber deutlich vernahm man das Rollen der Räder. Hannah hatte schnell eine Laterne angezündet. Der Wagen hatte vor dem Gitterthor angehalten. Der Kutscher öffnete den Wagenschlag; zuerst stieg eine wohlbekannte Gestalt heraus, dann die zweite. Im nächsten Augenblick war mein Gesicht unter ihren Hüten, zuerst in Kontakt mit Marys weicher Wange, dann mit Dianas reichen Locken.

Sie lachten, küßten mich – dann Hannah; liebkoseten Carlo, der fast wild vor Freude war, fragten eifrig, ob alles wohl und in Ordnung sei, und eilten ins Haus, als wir ihre Frage bejahend beantwortet.

Sie waren wie gerädert durch ihre lange Fahrt auf dem schlechten Wege von Whitcroß; ihre Glieder waren in der eisigen Nachtluft fast erstarrt; aber ihre schönen Gesichter tauten vor dem lustig flackernden Kaminfeuer zusehends auf. Während der Kutscher und Hannah die Koffer hereinbrachten, fragten sie nach St. John. In diesem Augenblick trat er aus dem Wohnzimmer. Beide umarmten ihn zugleich. Er gab jeder einen ruhigen, leidenschaftslosen Kuß, sprach einige wenige leise Worte des Willkommens, ließ einen kurzen Augenblick mit sich reden und zog sich dann von neuem in das Wohnzimmer wie in einen Zufluchtsort zurück, nachdem er den Schwestern angedeutet, daß sie ihn dort wohl bald aufsuchen würden.

Ich hatte die Kerzen angezündet, um beide nach oben zu geleiten, aber Diana hatte vorher noch gastfreundliche Befehle in Bezug auf den Kutscher zu erteilen; nachdem dies geschehen, folgten beide mir. Sie waren über die Neuerungen und Ausschmückungen ihrer Zimmer entzückt. In reichstem Maße sprachen sie ihre Freude über die neuen Vorhänge, die frischen Teppiche und reich bemalten Porzellanvasen aus. Ich hatte die Genugthuung zu fühlen, daß meine Anordnungen ihren Wünschen vollkommen entsprachen, und daß alles, was ich gethan hatte, ihrer freudigen Heimkehr noch einen großen Reiz verliehen hatte.

Es war ein wonniger Abend. Meine Cousinen waren in ihrer freudig erregten Stimmung so beredt in ihren Erzählungen und Fragen, daß St. Johns Schweigsamkeit dadurch vollkommen verdeckt wurde; er war aufrichtig froh seine Schwestern zu sehen, aber er konnte mit ihrer wortreichen Freude, ihrer glühenden Beredsamkeit nicht sympatisieren. Die Begebenheit des Tages – das war Dianas und Marys Heimkehr – machte ihn froh; aber das, was diese Begebenheit im Gefolge hatte, der fröhliche Tumult, die wortreiche Freude – verdroß ihn. Ich sah ihm an, wie sehr er den ruhigeren nächsten Morgen herbeiwünschte. Auf dem Höhepunkt der Glückseligkeit dieses Abends, ungefähr eine Stunde nach dem Thee, vernahmen wir plötzlich ein Klopfen an der Thür. Hannah trat mit der Nachricht ein, daß ein armer Junge zu dieser ungewöhnlichen Zeit gekommen sei, um Mr. Rivers zu seiner kranken Mutter zu holen, mit welcher es schnell zu Ende gehe.

»Wo wohnt sie denn, Hannah?«

»Ganz oben in Whitcroß, beinahe vier Meilen weit; und den ganzen Weg nichts als Moor und Moos.«

»Sag ihm, daß ich komme.«

»Ach Herr, es wäre besser, wenn Sie nicht gingen. Es giebt gar keinen Weg, der bei Nacht schlimmer und gefährlicher wäre; es führt gar keine Fußspur durch den Schlamm. Und dann ist die Nacht so kalt; der schärfste Wind, der je geweht hat. Sie sollten doch lieber sagen lassen, Herr, daß Sie zeitig morgen früh kommen wollen.«

Aber er war schon im Korridor und zog seinen Rock an; dann ging er ohne Murren, ohne Widerstreben. Es war jetzt neun Uhr, vor Mitternacht kehrte er nicht zurück. Wohl war er hungrig und totmüde; aber er sah glücklicher und zufriedener aus, als vorher. Er hatte eine Pflicht erfüllt, eine Anstrengung überstanden; er hatte seine Thatkraft und Selbstverleugnung erprobt, – genug, er stand mit sich selbst auf besserem Fuße.

Ich fürchte, daß die ganze folgende Woche seine Geduld auf eine harte Probe stellte. Es war die Weinachtswoche; keine von uns griff zu einer bestimmten Beschäftigung, sondern wir brachten die Zeit in einer gewissen fröhlichen, häuslichen Sorglosigkeit hin. Die Luft des Moors, die Freiheit des eigenen Heims, die Morgenröte des Glücks, der Unabhängigkeit: dies alles wirkte auf Diana und Mary wie ein belebendes Elixier; sie waren heiter vom Morgen bis zum Mittag, vom Mittag bis zum Abend. Sie konnten immer reden; und ihre witzige, eigenartige, markige Unterhaltung hatte so großen Reiz für mich, daß ich das Vergnügen daran teilzunehmen oder ihr lauschen zu dürfen jeder anderen Beschäftigung vorzog.

St. John verwies uns unsere Lebhaftigkeit nicht, aber er entrann ihr; er war nur selten im Hause; seine Gemeinde war groß, die Einwohnerschaft hie und da verstreut, und es war seine tägliche Beschäftigung, die Armen und Kranken in den verschiedenen Distrikten aufzusuchen.

Eines Morgens beim Frühstück fragte Diana ihn, nachdem sie lange nachdenklich dreingeschaut hatte, ob seine Pläne noch immer unverändert seien. »Unverändert und unabänderlich,« war seine Antwort. Und dann benachrichtigte er uns, daß seine Abreise von England jetzt bestimmt im nächsten Jahre stattfinden würde.

»Und Rosamond Oliver?« fragte Mary. Die Worte schienen ihren Lippen unwillkürlich zu entschlüpfen; denn kaum hatte sie sie ausgesprochen, als sie auch schon eine Bewegung machte, als möchte sie sie zurücknehmen.

St. John hatte ein Buch in der Hand, – es war eine seiner ungeselligen Gewohnheiten, während der Mahlzeiten zu lesen – er schlug es zu und blickte auf.

»Rosamond Oliver,« entgegnete er, »ist im Begriff sich mit Mr. Granby, einem der achtbarsten und vornehmsten Bewohner von S..., dem Enkel und Erben von Sir Frederik Oranby zu verheiraten. Gestern machte ihr Vater mir diese Mitteilung.«

Seine Schwestern blickten einander, dann mich an; wir alle drei sahen auf ihn. Er war ruhig wie Marmor.

»Diese Verbindung muß sehr schnell zu stande gekommen sein,« sagte Diana, »sie können einander doch nur seit kurzer Zeit kennen.«

»Seit zwei Monaten, Im Oktober lernten sie sich auf dem Grafschaftsball in S... kennen. Wo sich einer Verbindung indessen keine Hindernisse in den Weg stellen, wie in dem gegenwärtigen Falle, wo die Heirat in jeder Beziehung eine wünschenswerte erscheint, da ist jeder Aufschub unnötig. Sie werden sich verheiraten, sobald Schloß R., welches Sir Frederik ihnen einräumt, für ihren Empfang bereit ist.«

Als ich St. John nach dieser Mitteilung zum erstenmal allein sah, war ich in großer Versuchung zu fragen, ob diese Begebenheit ihn unglücklich mache. Aber er schien der Sympathie so wenig zu bedürfen, daß ich weit entfernt davon, ihm mein Mitgefühl auszusprechen, im Gegenteil einige Beschämung empfand über das, was ich ihm bereits einmal bewiesen. Außerdem hatte ich auch vollständig die Übung verloren, mit ihm zu sprechen; seine Zurückhaltung hatte sich von neuem mit einer Eiskruste überzogen, und meine Offenherzigkeit war darunter erfroren. Er hatte sein Versprechen, mich wie seine Schwestern zu behandeln, nicht gehalten; er machte fortwährend kleine, erkaltende Unterscheidungen, welche durchaus nicht zur Entwickelung irgend welcher Vertraulichkeit beitrugen; kurzum, jetzt wo ich seine anerkannte Blutsverwandte war und mit ihm unter einem Dache wohnte, fühlte ich, daß die Entfernung zwischen uns viel größer war, als zu jener Zeit, wo er in mir nur die Dorfschullehrerin sah. Wenn ich mich daran erinnerte, wie weit er mich einst in sein Vertrauen gezogen, so konnte ich seine jetzige eisige Zurückhaltung kaum begreifen.

Und da dies nun der Fall, war ich nicht wenig erstaunt, als er den Kopf plötzlich von dem Schreibpult, über welches er gebeugt saß, emporhob und sagte:

»Sie sehen, Jane, der Kampf ist zu Ende gekämpft und der Sieg gewonnen.«

Erstaunt darüber, so plötzlich angeredet zu werden, konnte ich nicht augenblicklich antworten. Nach kurzem Zögern entgegnete ich:

»Wissen Sie aber auch bestimmt, daß es Ihnen nicht ergeht, wie einem jener Eroberer, deren Sieg zu teuer erkauft war? Würde ein zweiter solcher Triumph nicht Ihr Verderben sein?«

»Ich glaube nicht. Und erginge es mir wirklich so – was bedeutete es denn auch? Ich werde niemals in die Lage kommen, ein zweites Mal so zu kämpfen. Dieser Konflikt hat entschieden. Mein Weg liegt jetzt klar vor mir. Ich danke Gott dafür!«

Mit diesen Worten versank er wiederum in Schweigen und wandte sich seinen Papieren zu.

Als unser gemeinsames Glück (d. h, Dianas, Marys und mein eigenes) einen ruhigeren Charakter annahm, und wir zu unseren alten Gewohnheiten und regelmäßigen Studien zurückkehrten, verweilte St. John wieder mehr im Hause; zuweilen war er sogar stundenlang bei uns im Zimmer. Während Mary zeichnete, Diana einen Kursus encyklopädistischer Lektüre durchmachte, welchen sie zu meinem Staunen und Entsetzen begonnen hatte, und ich mich mit dem Deutschen abmühte, grübelte er über irgend einer mystischen Wissenschaft; ich glaube, es war eine orientalische Sprache, deren Erlernung ihm für die Ausführung seiner Pläne notwendig dünkte.

Wenn er so beschäftigt in seiner gewohnten Fenstervertiefung saß, schien er ruhig und ganz vertieft; aber seine blauen Augen hatten eine eigentümliche Art und Weise, sich von der fremdländischen Grammatik zu erheben, über uns, seine Mitstudierenden, zu schweifen und gar oft mit einer seltsam scharfen Beobachtung auf uns zu verweilen; begegnete man ihrem Blick, so senkten sie sich sofort wieder auf das Buch und doch kehrten sie immer wieder zu unserem Tische zurück. Ich fragte mich verwundert, was das zu bedeuten haben möge. Auch setzte mich die regelmäßige Zufriedenheit in Erstaunen, die er immer wieder bei einer Gelegenheit an den Tag legte, die mir von sehr geringer Bedeutung schien – nämlich bei meinem allwöchentlichen Besuch in der Schule von Morton. Und noch verwunderter war ich darüber, daß, wenn das Wetter ungünstig war, wenn es Schnee, Regen oder Sturm gab, und seine Schwestern mich inständig baten, nicht zu gehen, er unabänderlich über ihre Fürsorglichkeit spöttelte und mich ermunterte, meine Aufgabe ohne Rücksicht auf die Elemente auszuführen.

»Jane ist nicht der Schwächling, zu dem Ihr sie machen wollt,« pflegte er dann zu sagen; »sie kann den Gebirgswind oder einen Regenschauer oder ein paar Schneeflocken gerade so gut ertragen wie irgend einer von uns. Ihre Konstitution ist sowohl gesund wie elastisch und verträgt die Schwankungen des Klimas besser als manche robustere Natur.« Und wenn ich dann zurückkehrte, oft sehr ermattet und arg von Wind und Wetter mitgenommen, wagte ich nicht zu klagen, weil ich sah, daß ich ihn durch mein Murren erzürnen würde. Stärke gefiel ihm stets; das Gegenteil bereitete ihm immer Verdruß.

Eines Nachmittags indessen erhielt ich wirklich Erlaubnis zu Hause zu bleiben, weil ich heftig erkältet war. Seine Schwestern waren an meiner Stelle nach Morton gegangen. Ich saß und las Schiller, er war über seine Arbeit gebeugt und versuchte seine orientalischen Hieroglyphen zu entziffern. Als ich meine Übersetzung beiseite legte und mit einer Schreibübung begann, sah ich zufällig nach ihm hin; nun merkte ich, daß das wachsame blaue Auge wiederum auf mich gerichtet war. Wie lange es mich schon durchbohrt, mich von Kopf bis zu Fuß gemessen hatte, das vermag ich nicht zu sagen; es war so scharf und doch so kalt, daß ich für den Augenblick abergläubisch wurde – mir war, als sei ich mit einem Unhold im Zimmer.

»Jane, was machen Sie?«

»Ich studiere deutsch,«

»Ich möchte, daß Sie das Deutsche aufgeben und hindostanisch lernten,«

»Das kann doch nicht Ihr Ernst sein?«

»So sehr mein Ernst, daß es geschehen muß; und ich will Ihnen sagen weshalb.«

Dann erklärte er mir, daß es die Sprache sei, welche er selbst augenblicklich studiere; daß er jetzt, wo er weit in die Wissenschaft eindringe, leicht die Anfangsgründe wieder vergesse; daß es ihm von großem Nutzen sein würde, wenn er eine Schülerin hätte, mit welcher er immer und immer wieder die Elemente durchgehen und sie auf diese Weise seinem Gedächtnis von neuem einprägen müsse; daß er eine Zeitlang in der Wahl zwischen mir und seinen Schwestern geschwankt habe, daß er sich aber endlich für mich entschlossen, weil er bemerkt habe, daß ich von uns dreien am längsten bei einer Arbeit ausharren könne. Ob ich ihm diesen Gefallen thun wolle? Vielleicht würde ich ihm dieses Opfer nicht lange bringen müssen, weil bis zu seiner Abreise nur noch drei Monate vergehen wurden.

St. John war nicht der Mann, dem man leicht eine Bitte abschlagen konnte, denn man fühlte, daß jeder Eindruck, ob freudig oder qualvoll, ein dauernder und tiefgehender bei ihm sei. Ich willigte also ein. Als Diana und Mary zurückkehrten, fand erstere ihre Schülerin zu ihrem Bruder übergegangen. Sie lachte, und sowohl sie wie Mary kamen darin überein, daß St. John sie niemals zu einem solchen Schritte hätte überreden können.

Er antwortete ruhig: »Das weiß ich.«

Ich fand in ihm einen sehr geduldigen, nachsichtigen, dennoch aber strengen Meister; er erwartete große Leistungen von mir; und wenn ich seine Erwartungen erfüllte, dann gab er mir in seiner eigenen Weise seine Zufriedenheit in vollem Maße zu erkennen. Nach und nach gewann er einen gewissen Einfluß auf mich, der mir die Freiheit des Denkens und Wollens nahm. Seine Beachtung und sein Lob legten mir mehr Zwang auf als seine Gleichgiltigkeit, Ich konnte nicht mehr ungezwungen lachen und sprechen, wenn er anwesend war, weil ein langweilig lästiger Instinkt mich fühlen ließ, daß jede Lebhaftigkeit (wenigstens bei mir) ihm widerlich sei. Ich wußte sowohl, daß er nur ernste Stimmung und ebensolche Beschäftigung gut hieß, daß es vergeblich für mich war, in seiner Gegenwart irgend eine Anstrengung zum Gegenteil zu machen. Ich unterlag einem eisigen Zauber. Wenn er sagte: »Geh«, so ging ich. Wenn er sagte: »komm«, so kam ich. »Thu dies«, so that ich es. Aber ich liebte diese meine Knechtschaft nicht. Gar manchesmal wünschte ich von ganzem Herzen, daß er fortgefahren wäre, mich zu vernachlässigen.

Als seine Schwestern und ich ihn eines Abends um die Schlafenszeit umstanden, küßte er sie beide, wie es seine Gewohnheit war; und ebenfalls seiner Gewohnheit gemäß reichte er mir die Hand. Diana, welche zufällig in der ausgelassensten Laune (sie unterlag seinem Willen nicht in qualvoller Weise wie ich, denn der ihre war nach einer anderen Seite hin ebenso stark wie der seine) rief aus:

»St. John! du pflegtest Jane deine dritte Schwester zu nennen, aber du behandelst sie nicht als solche; du solltest sie ebenfalls küssen!«

Sie schob mich zu ihm. Ich fand Diana sehr herausfordernd und war unbehaglich verwirrt. Und während ich noch so fühlte und dachte, neigte St, John den Kopf; sein griechisches Gesicht befand sich in einer Linie mit dem meinen, seine Augen suchten forschend die meinen – er küßte mich. Es giebt wohl keine Marmorküsse oder Eisküsse, sonst würde ich sagen, daß die Liebkosung meines geistlichen Vetters einer dieser Klassen angehörte; aber es mag ja Experimentküsse geben – und der seine war ein Experimentkuß. Nachdem er ihn gegeben, betrachtete er mich, um die Wirkung zu beobachten; sie war nicht sehr auffallend; ganz bestimmt errötete ich nicht; vielleicht bin ich ein wenig blaß geworden, denn ich empfand diesen Kuß wie ein Siegel auf meine Fesseln. Dann unterließ er diese ceremoniöse Begrüßung niemals wieder, und der Ernst und die Unterwürfigkeit, mit welcher ich mich derselben unterzog, schien sie für ihn mit einem gewissen Reiz zu umkleiden.

Was mich anbetraf, so wünschte ich täglich mehr, ihn zufrieden zu stellen. Aber um dies zu thun, empfand ich auch täglich mehr und mehr, daß ich mehr als die Hälfte meiner Natur verleugnen müsse, meine Neigungen unterdrücken, meine Wünsche mit Gewalt aus ihrer ursprünglichen Richtung drängen, mich zu Beschäftigungen und Liebhabereien zwingen, zu denen ich von Natur keinen Beruf in mir verspürte. Er wollte mich zu einer Höhe emporheben, zu welcher ich mich nicht aufschwingen konnte; jede Stunde mühte ich mich ab, die Standarte zu erreichen, welche er so unerreichbar hoch aufgepflanzt hatte. Und dies war gerade so unmöglich, als wenn ich versucht hätte, meine unregelmäßigen Gesichtszüge nach seinem klassischen Muster umzumodeln, meinen grünschillernden, beständig die Farbe wechselnden Augen die wasserblaue Farbe, den feierlichen Glanz der seinen zu geben.

Es war indessen nicht sein überlegener Einfluß allein, der mich für den Augenblick in Fesseln hielt. Seit einiger Zeit war es mir leicht genug geworden, traurig auszusehen; ein zehrendes Übel nagte an meinem Herzen und erstickte mein Glück schon an seiner Quelle – das Übel der Ungewißheit, des Zweifels.

Vielleicht, mein Leser, glaubst du, daß ich Mr. Rochester vergessen hatte, seitdem mein Schicksal sich gewendet und meine Umgebung sich verändert. Nicht für einen einzigen Augenblick! Sein Andenken war stets wach; denn es war nicht ein Nebel, welchen heller Sonnenschein verjagen konnte, nicht ein Bild, das in den Sand gezeichnet und von Sturmeswogen ausgelöscht werden konnte. Es war ein Name, der mit ehernem Griffel auf eine Tafel geschrieben, der ebensolange dauern mußte, wie der Marmor, welcher seine Züge trug. Die Sehnsucht, zu erfahren, was aus ihm geworden, folgte mir überall hin; als ich noch in Morton war, trat ich jeden Abend in meine Hütte, um daran zu denken, und jetzt in Moor-House suchte ich allabendlich mein Zimmer auf, um die ganze Nacht hindurch diesem Gedanken nachzuhängen. Im Laufe meiner notwendigen Correspondenz über das Testament mit Mr. Briggs hatte ich angefragt, ob er irgend etwas über Mr. Rochesters Gesundheit und seinen gegenwärtigen Aufenthalt wisse; aber wie St. John bereits vermutet, befand er sich in totaler Unwissenheit über alles, was Mr. Rochester anging. Dann schrieb ich an Mrs. Fairfax und flehte sie an, mir über diese Angelegenheit Auskunft zu geben. Ich hatte mit Sicherheit darauf gerechnet, daß ich durch diesen Schritt meinen Zweck erreichen werde; ich war überzeugt, daß ich eine umgehende Antwort erhalten würde. Dann war ich erstaunt, als zwei Wochen vergingen, ohne daß diese Nachricht kam; als jedoch zwei Monate verflossen, und die Post Tag für Tag eintraf, ohne irgend etwas für mich zu bringen, da fiel ich der tödlichsten Angst zum Opfer.

Ich schrieb noch einmal. Es war die Möglichkeit vorhanden, daß mein erster Brief in Verlust geraten. Der neuen Bemühung folgte neue Hoffnung; wie die erste leuchtete sie mir einige Wochen, dann flackerte sie wie jene noch ein paar Mal auf, um wiederum gänzlich zu verlöschen. Nicht eine Zeile! Nicht ein Wort! Als ein halbes Jahr in vergeblicher Erwartung verflossen, erstarb alle Hoffnung in mir. Und jetzt ward es dunkel um mich.

Ein lieblicher Frühling erblühte ringsumher; ich konnte mich nicht an ihm erfreuen. Der Sommer nahte. Diana bemühte sich, mich zu erheitern; sie sagte, ich sähe krank aus und erbot sich, mich an den Meeresstrand zu begleiten. Dem widersetzte sich St. John; er sagte, ich bedürfe nicht der Zerstreuung, sondern der Beschäftigung; mein jetziges Leben habe keinen Zweck, kein Ziel; und das brauche ich notwendig. Vermutlich um die Lücken auszufüllen, verlängerte er meine Stunden im Hindostanischen noch und wurde noch dringender in dem Verlangen, daß ich mich in dieser Sprache vervollkomme. Und ich – Thörin, die ich war, – dachte nicht einmal daran, ihm zu widersprechen – ich konnte ihm nicht widerstehen.

Eines Tages war ich noch niedergeschlagener als gewöhnlich zur Stunde gekommen. Dies war durch eine harte Enttäuschung hervorgerufen. Hannah hatte mir am Morgen gesagt, es sei ein Brief für mich eingetroffen, und als ich hinunterging, um ihn in Empfang zu nehmen, beinahe fest überzeugt, daß die lange und innig herbeigesehnten Nachrichten mir endlich geworden seien, fand ich nur einen ganz unwichtigen Geschäftsbrief von Mr. Briggs. Der harte Schlag hatte mir einige Thränen ausgepreßt; und als ich jetzt über die verschnörkelten Schriftzüge und die blütenreiche Sprache eines indischen Scribenten gebeugt saß, füllten meine Augen sich von neuem mit Thränen.

St. John rief mich an seine Seite um zu lesen; als ich versuchte, dies zu thun, versagte mir die Stimme; Schluchzen erstickte meine Worte. Außer ihm und mir war niemand im Wohnzimmer; Diana war mit ihrer Musik im Salon beschäftigt, Mary arbeitete im Garten. Es war ein herrlicher, klarer, sonniger, luftiger Maientag. Mein Gefährte legte durchaus keine Verwunderung über meine Bewegung an den Tag, und ebensowenig befragte er mich über ihre Ursache. Er sagte nur:

»Jane, wir wollen einige Minuten warten, bis Sie gefaßter sind.«

Und während ich so schnell wie möglich den Paroxismus zu unterdrücken suchte, saß er ruhig und geduldig da, auf sein Pult gelehnt wie ein Arzt, welcher mit dem Auge der Wissenschaft eine längst und sicher erwartete, vollständig erklärte Krisis in der Krankheit eines Patienten beobachtet. Als ich aufgehört zu schluchzen, meine Augen getrocknet und etwas gemurmelt hatte, wie daß ich heute morgen nicht ganz wohl sei, begann ich von neuem mit meiner Arbeit und versuchte, damit zu Ende zu kommen.

Dann legte St. John seine und meine Bücher beiseite, verschloß sein Pult und sagte:

»Jetzt, Jane, sollen Sie einen Spaziergang machen und zwar mit mir.«

»Ich werde Diana und Mary rufen.«

»Nein. Heute morgen brauche ich nur eine Gefährtin, und die müssen Sie sein. Kleiden Sie sich an; gehen Sie durch die Küchenthür hinaus, schlagen Sie den Weg nach Marsh-Glen (Glen = Schlucht) ein, und in wenigen Augenblicken bin ich bei Ihnen.« Ich kenne keine Mittelstraße. Niemals in meinem ganzen Leben habe ich in meiner Handlungsweise mit harten, positiven Charakteren, welche dem meinen ganz entgegengesetzt waren, ein Mittelding zwischen absoluter Unterwerfung und entschlossener Empörung gekannt. Ich habe stets getreulich den einen Weg verfolgt, bis ich plötzlich, oft mit vulkanischer Vehemenz mich auf den andern stürzte. Und da weder die obwaltenden Umstände noch meine augenblickliche Stimmung eine Widersetzlichkeit meinerseits notwendig machten, so folgte ich gehorsam St. Johns Weisungen und ging schon zehn Minuten später auf dem wilden Fußpfade der Schlucht an seiner Seite dahin.

Von Westen wehte ein frischer Wind; er kam von den Hügeln her und brachte süße Düfte von Heidekraut und Binsen mit sich; wolkenloses Blau am Himmel; der Strom, welcher durch häufigen Frühlingsregen angeschwellt war, kam brausend durch die Schlucht daher, und helle, goldene Strahlen der Sonne und saphirfarbene Tinten des Firmaments spiegelten sich auf seiner Oberfläche. Als wir weiter gingen und den Fußpfad verließen, betraten wir feinen, moosigen, smaragdgrünen Boden, auf welchem hie und da eine zarte, weiße Blüte, dort eine sternenartige gelbe Blume blühte. Jetzt waren wir von Hügeln vollständig eingeschlossen, denn an ihrem oberen Ende zog sich die Schlucht bis an ihre Gipfel hinauf.

»Hier wollen wir ausruhen,« sagte St. John, als wir die ersten Nachzügler eines ganzen Bataillons von Felsen erreichten, die eine Art Paß beschützten, an dessen anderem Ende der Bach einen tiefen Wasserfall bildete und wo eine kurze Strecke weiter der Berg Moos und Blumen abstreifte und als einziges Gewand Heidekraut, als Juwel nur Felsklippen trug, – wo die Romantik zur Wildnis wurde, aus der Frische Düsterkeit wurde – wo nur Einsamkeit und trauriger Frieden herrschte. Ich setzte mich; St, John stand neben mir. Er blickte den Paß hinauf und den Hohlweg hinunter; sein Auge wanderte mit dem Strom fort und kehrte zurück, um über den wolkenlosen Himmel zu streifen, der dem Strom seine Farbe gab. Dann nahm er seinen Hut ab, um den Wind in seinem Haar spielen und seine Stirn küssen zu lassen. Er schien Gemeinschaft mit dem Geist dieses einsamen Schlupfwinkels zu haben: sein Auge sagte irgend einem Gegenstande Lebewohl.

»Und ich werde es wiedersehen,« sagte er laut, »im Traum, wenn ich an den Ufern des Ganges schlafe; und dann – in einer späteren Stunde – wenn ein anderer Schlaf über mich kommt – am Ufer eines dunkleren Stromes.«

Seltsame Worte einer seltsamen Liebe! Die Leidenschaft eines rauhen Patrioten zu seinem Vaterlande! Er setzte sich dann. Während einer halben Stunde sprachen wir kein Wort, weder er zu mir noch ich zu ihm. Als dieser Zeitraum verflossen, begann er von neuem:

»Jane, ich reise in sechs Wochen; ich habe bereits meine Kajüte genommen, in einem Ostindienfahrer, der am zwanzigsten Juni absegelt.«

»Gott wird Sie beschützen, denn Sie arbeiten für ihn,« entgegnete ich.

»Ja,« sagte er, »das ist mein Stolz und meine Freude. Ich bin der Diener eines unfehlbaren Herrn. Ich gehe nicht unter menschlicher Führung ins Leben hinaus, nicht unter einer Führung, welche den mangelhaften Gesetzen und der fehlbaren Gewalt meiner schwachen Nebenmenschen unterworfen ist, – mein König, mein Gesetzgeber, mein Führer ist der Allgewaltige, der Vollkommene! Es erscheint mir so seltsam, daß nicht alle, die mich umgeben, vor Begierde vergehen, sich um dieselbe Fahne zu scharen – dasselbe Werk zu unternehmen.«

»Nicht alle haben Ihre Kraft, und es wäre Thorheit, wenn die Schwachen mit den Starken gehen wollten.«

»Ich spreche nicht von den Schwachen und denke nicht an sie; ich wende mich nur an jene, welche jener Arbeit würdig sind und fähig sie zu verrichten.«

»Deren Zahl ist nur gering, und es ist schwer sie zu finden.«

»Sie sprechen wahr; aber wenn man sie gefunden hat, so ist es Pflicht sie zu erwecken – sie anzuspornen – ihnen zu zeigen, welche Gaben ihnen gegeben sind, und weshalb sie ihnen gegeben sind – ihnen die Botschaft des Himmels ins Ohr zu rufen, ihnen im Namen Gottes einen Platz in den Reihen seiner Auserwählten anzubieten.«

»Wird nicht ihr eigenes Herz es ihnen zu allererst sagen, wenn sie jener Aufgabe wirklich gewachsen sind?«

Mir war, als nähme mich ein furchtbarer Zauber mehr und mehr gefangen. Ich zitterte vor Furcht, ein verhängnisvolles Wort aussprechen zu hören, das den Zauber zugleich erklären und brechen würde.

»Und was sagt Ihr Herz Ihnen?« fragte St. John.

»Mein Herz ist stumm – mein Herz ist stumm,« entgegnete ich bebend und schaudernd.

»Dann muß ich für dasselbe sprechen,« fuhr er mit seiner tiefen, erbarmungslosen Stimme fort. »Jane, komm mit mir nach Indien! Komm mit mir als meine Helferin, meine Mitarbeiterin.«

Die Schlucht, der Himmel fingen an zu schwanken; die Hügel hoben und senkten sich! Mir war, als hätte ich einen Ruf vom Himmel vernommen – als wäre mir ein Sendling erschienen wie jener von Macedonien, der gerufen hätte: »Kommt und helft uns!« Aber ich war kein Apostel – ich konnte den Herold nicht sehen – ich konnte seinem Rufe nicht folgen.

»O, St. John!« schrie ich auf. »Erbarmen! Erbarmen!« Ich flehte zu einem Menschen, der weder Erbarmen noch Gewissensbisse kannte, wenn er glaubte, seine Pflicht zu erfüllen.

Er fuhr fort:

»Gott und die Natur haben dich zum Weibe eines Missionärs bestimmt. Sie haben dir nicht körperliche, sondern geistige Eigenschaften gegeben; du bist für die Arbeit geschaffen, nicht für die Liebe. Du mußt – du sollst die Gattin eines Missionärs werden. Du mußt mein werden. Ich fordere dich – nicht für mich, nicht für mein Glück – ich fordere dich für den Dienst meines allmächtigen Herrn.«

»Nein, dazu passe ich nicht – ich fühle keinen Beruf dazu,« sagte ich.

Auf diese ersten Einwendungen war er vorbereitet; sie reizten ihn nicht. In der That, als er sich an den Felsen zurücklehnte, die Arme über die Brust kreuzte, und mich fest anblickte, da sah ich in seinen Gesichtszügen, daß er auf einen langen und harten Widerstand vorbereitet sei, und sich mit einem Vorrat Geduld ausgerüstet hatte, der bis an das Ende desselben ausreichen sollte – entschlossen jedoch, daß dieses Ende für ihn Sieg bedeuten solle.

»Demut, Jane, ist der Grundpfeiler aller christlichen Tugenden,« sagte er, »du hast recht, wenn du sagst, du eignest dich nicht für die Arbeit. Wer in der That taugte dazu? Oder wer, wenn er wahrhaft berufen war, hielt sich dieses Berufs wirklich würdig? Ich, zum Beispiel, bin nur Staub und Asche. Mit dem Apostel Paulus nenne ich mich den größten aller Sünder. Aber ich gestatte diesem Bewußtsein meiner eigenen Niedrigkeit nicht, mich zu unterjochen oder mich einzuschüchtern. Ich kenne meinen Führer: ich weiß, daß er ebenso gerecht wie allmächtig ist; und wenn er ein schwaches Werkzeug erwählt hat, um eine große Aufgabe zu vollbringen, so wird er auch endlich die Unzulänglichkeit der Mittel ergänzen. Denk wie ich Jane – vertraue gleich mir! Ich verlange von dir, daß du dich auf den Felsen der Jahrtausende stützest; zweifle nicht, daß er die Last deiner menschlichen Schwächen zu tragen vermag.«

»Ich verstehe nichts von dem Leben eines Missionärs; ich habe mich nie in die Arbeiten eines solchen vertieft.«

»Darin kann ich dir trotz meiner Niedrigkeit Unterweisung geben; von Stunde zu Stunde kann ich dir deine Aufgabe vorschreiben, von Augenblick zu Augenblick dir weiterhelfen. Und das würde ja nur im Anfang notwendig sein. Bald würdest du ebenso stark und der Arbeit gewachsen sein wie ich selbst – denn ich kenne deine Kraft – und dann würdest du meiner Hilfe nicht mehr bedürfen.«

»Aber meine Kraft für ein solches Unternehmen, wo ist sie? Ich bin mir derselben nicht bewußt. Während Sie jetzt zu mir sprechen, regt sich nichts in mir, gar nichts. Ich empfinde nichts – meine Pulse schlagen nicht höher – keine innere Stimme rät mir oder ermuntert mich. O, ich wollte, daß ich Sie sehen lassen könnte, wie meine Seele in diesem Augenblicke einem düsteren Gefängnis ähnlich ist, auf dessen grauenvollem Boden nur eine qualvolle Furcht wurzelt – die Furcht von Ihnen zu einem Versuch überredet zu werden, der niemals glücken kann!«

»Ich habe eine Antwort für dich – höre sie. Seit unserer ersten Begegnung habe ich dich strenge beobachtet. Zehn Monate hindurch habe ich dich zu meinem Studium gemacht. Durch kleine, unscheinbare Versuche habe ich dich erprobt – und was habe ich erfahren und gesehen? Ich fand, daß du in der Dorfschule eine Arbeit, welche deinen Neigungen und Gewohnheiten zuwider war, gut, pünktlich und ehrlich verrichten konntest; ich sah sogar, daß du sie mit Geschick und Takt thatest; während du herrschtest, konntest du dir noch Herzen erobern. In der Ruhe, mit welcher du die Nachricht hinnahmst, daß du plötzlich reich geworden, erkannte ich ein Gemüt, das frei von allem Laster, – Geldsucht hatte keine Macht über dich. In der entschlossenen Bereitwilligkeit, mit welcher du deinen Reichtum in vier Teile teiltest, nur den einen Teil für dich behaltend und die drei anderen den Forderungen einer ganz abstrakten Gerechtigkeit überlassend, erkannte ich eine Seele, in welcher die Flamme der Dankbarkeit und des Opfermuts loderte. In der Lenksamkeit, mit welcher du auf meinen Wunsch ein Studium aufgabst, welches dich interessierte und ein anderes aufnahmst, nur weil es mich interessierte; in dem unermüdlichen Fleiße, mit welchem du bis jetzt darin beharrt – in der festen, unerschütterlichen Energie und stets gleichmäßigen Laune, mit welcher du die Schwierigkeiten dieses Studiums überwandest – in dem allen erkannte ich die Vollkommenheit der Eigenschaften, welche ich suche. Jane, du bist sanftmütig, fleißig, selbstlos, treu, beständig und mutig; sehr liebreich und sehr heldenmütig: höre auf, dir selbst zu mißtrauen – ich vertraue dir rückhaltlos. Als die Leiterin indischer Schulen, und die Helferin unter indischen Frauen, wird dein Beistand mir von unschätzbarem Werte sein.«

Der eiserne Panzer, in den ich mich gehüllt, zog sich noch fester um mich zusammen; die Überzeugung kam mit langsamen, sicheren Schritten daher. Ich mochte meine Augen verschließen wie ich wollte – diese seine letzten Worte reichten hin, um meinen Weg, welcher bis zu diesem Augenblick voller Hindernisse erschienen, verhältnismäßig frei zu machen. Meine Aufgabe, welche mich so unbestimmt gedünkt, so hoffnungslos verwirrt, hatte unter seiner Hand, während er gesprochen, eine bestimmte Gestalt angenommen. Er wartete auf eine Antwort, Ich bat um eine Viertelstunde der Überlegung, bevor ich von neuem zu sprechen wagte.

»Gern,« entgegnete er, und nachdem er sich erhoben, ging er eine kurze Strecke die Schlucht hinauf, warf sich dort auf ein schwellendes Lager von Heidekraut und lag unbeweglich still. »Ich bin gezwungen einzugestehen, daß ich thun und vollbringen kann, was er von mir verlangt,« überlegte ich – »das heißt, wenn ich überhaupt am Leben bleibe. Aber ich fühle, daß dies unter einer indischen Sonne nicht lange der Fall sein würde. – Was dann? Das kümmert ihn kaum! Wenn die Zeit zum sterben für mich gekommen sein würde, gäbe er mich dem Gotte, der mich ihm gegeben, in aller Ruhe und Heiligkeit zurück. Das wäre eine sehr einfache Sache. Wenn ich England verließe, so würde ich nur ein teures, aber unendlich ödes, einsames Land verlassen – denn Mr. Rochester ist nicht darin, – und selbst wenn er da wäre, was wäre das mir? Welche Bedeutung könnte das jemals noch für mich haben? Meine Aufgabe ist es jetzt, ohne ihn zu leben. Nichts Dümmeres, nichts Schwächeres, Nutzloseres, als sich so von einem Tage zum andern zu schleppen; gerade, als erwartete ich noch irgend eine unmögliche Veränderung der Verhältnisse, welche mich wieder mit ihm vereinigen könnte. Natürlich muß ich ein anderes Interesse im Leben suchen als Ersatz für das verlorene, wie St. John einst sagte, und ist die Aufgabe, welche er mir jetzt bietet, nicht in Wahrheit die ruhmreichste, welche ein Gott stellen und ein Mensch vollbringen kann? Ist sie mit ihren edlen Sorgen und erhabenen Erfolgen nicht am besten geeignet die Leere auszufüllen, welche zerstörte Hoffnung und tote Liebe zurückgelassen? Ich glaube, ich kann nur mit »Ja« antworten – und doch erfaßt mich ein Schauder. Denn ach! wenn ich mit St. John gehe, so gebe ich mehr als die Hälfte meines Ichs dahin; wenn ich nach Indien gehe, gehe ich einem frühzeitigen Tode entgegen. Und wie wird die Zeit, welche zwischen meinem Abschied von England und meinem Grabe in Indien liegt, verfließen? O! ich weiß es nur zu wohl! Auch das liegt klar vor meinem Blicke! Wenn ich mich anstrenge, bis meine Glieder schmerzen und meine Nerven reißen, werde ich St. Johns äußerste Erwartungen bis ins kleinste Detail hinein erfüllen. Wenn ich mit ihm gehe – wenn ich das Opfer bringe, das er verlangt, so bringe ich es ganz und gar; dann lege ich alles auf den Altar – Herz, Lebenskraft, dann ist das Opfer vollständig. Er würde mich niemals lieben; aber er sollte zufrieden mit mir sein. Ich würde ihm Kraft und Energie zeigen, Hilfsquellen, deren Dasein er nicht geahnt. Ja! ich kann ebenso angestrengt arbeiten wie er, und mit ebenso großer Bereitwilligkeit.

Einwilligung in seine Bitte wäre also möglich – ja. Aber da ist ein Punkt – ein furchtbarer Punkt. Und dieser ist – daß er verlangt, ich solle seine Gattin werden; und er hat doch nicht mehr das Gefühl eines Gatten für mich als jener düstere, riesige Felsen, über welchen der Strom in den Abgrund hinabstürzt. Er schätzt mich wie ein Soldat eine gute Waffe wert hält – und das ist alles! Nicht mit ihm verheiratet, würde das mich niemals bekümmern; aber kann ich ihn seine Berechnungen zu Ende führen – ruhig seine Pläne ins Werk setzen lassen, und dann durch die Trauungsceremonie mit ihm gehen? Kann ich den bräutlichen Ring von ihm entgegennehmen, alle Formen der Liebe ertragen, welche er ohne Zweifel ebenfalls gewissenhaft beobachten würde – und doch wissen, daß der Geist ihm fern? Kann ich das Bewußtsein ertragen, daß jede Liebkosung, welche er mir zu teil werden läßt, ein Opfer ist, welches er seinen Grundsätzen bringt? Nein! Ein solches Martyrertum wäre ungeheuerlich! Niemals werde ich es auf mich nehmen. Als seine Schwester könnte ich ihn begleiten – nicht als seine Gattin. Und das will ich ihm sagen.«

Ich sah nach dem Hügel hin; dort lag er regungslos wie eine gestürzte Säule. Sein Antlitz war mir zugewandt. Scharf und wachsam ruhten seine Blicke auf mir. Er sprang empor und näherte sich mir.

»Ich bin bereit nach Indien zu gehen – wenn ich frei dorthin gehen kann.«

»Deine Antwort bedarf eines Kommentars; sie ist nicht klar.«

»Bis jetzt sind Sie mein Adoptivbruder gewesen – ich Ihre adoptierte Schwester. Fahren wir fort, nur das zu sein. Es ist besser, wenn wir einander nicht heiraten.«

Er schüttelte den Kopf. »In diesem Falle würde Adoptivgeschwisterschaft den Zweck nicht erfüllen. Wärst du meine wirkliche Schwester, so läge die Sache anders: ich würde dich mit hinausnehmen und kein Weib suchen. Wie die Dinge aber liegen, so muß unsere Verbindung entweder durch die Heirat geheiligt und besiegelt werden, oder sie darf überhaupt nicht bestehen. Praktische Einwürfe stellen sich jedem andern Plan entgegen. Siehst du das nicht ein, Jane? Denk nur einen Augenblick nach – deine Vernunft wird dich leiten.«

Ich dachte nach. Aber dennoch sagte mir meine Vernunft nichts als das eine Faktum, daß wir einander nicht liebten, wie Mann und Weib sich lieben sollen. Und deshalb bedeutete sie mir, daß wir nicht heiraten sollten! Das sagte ich ihm.

»St. John,« entgegnete ich, »ich liebe Sie wie meinen Bruder – Sie mich wie Ihre Schwester. Fahren wir so fort.«

»Das können wir nicht – wir können es nicht,« antwortete er scharf und kurz entschlossen, »es ginge nicht. Du hast gesagt, daß du mit mir nach Indien gehen willst; vergiß es nicht – du hast es gesagt.«

»Bedingungsweise.«

»Gut – gut. Gegen die Hauptsache – die Abreise von England mit mir, das Zusammenwirken mit mir in meiner künftigen Arbeit – hast du nichts einzuwenden. Du hast schon so gut wie deine Hand an die Pflugschar gelegt; du bist zu beständig und ausdauernd, um sie wieder zurückzuziehen. Du hast nur ein Ziel ins Auge zu fassen – und das ist, wie die Arbeit, welche du unternommen, am besten zu Ende zu führen ist. Vereinfache deine vielfach komplizierten Interessen, Gefühle, Gedanken, Wünsche, Zwecke; verschmelze all deine Bedenken in den einen Vorsatz, – jenen, mit Erfolg, mit Kraft die Mission deines mächtigen Herrn zu erfüllen. Um das thun zu können, mußt du einen Beistand, einen Mithelfer, einen Gatten haben – nicht einen Bruder, denn dies ist ein zu loses Band. Auch ich brauche keine Schwester: eine Schwester könnte mir jeden Tag genommen werden. Ich brauche eine Gattin – das ist die einzige Gehilfin, die ich im Leben kräftig genug beeinflussen und bis zum Tode absolut an mich fesseln kann.«

Ein Schaudern erfaßte mich während er sprach; bis ins Mark hinein fühlte ich seinen Einfluß – ich spürte die Macht, welche er über mich besaß.

»Suchen Sie sie nicht in mir, St. John! Suchen Sie ein Weib, das Ihrer würdiger ist als ich.«

»Würdiger meines Zweckes, willst du sagen – würdiger meines Berufs. Ich wiederhole dir noch einmal, daß es nicht das unbedeutende Individuum ist – nicht der Mann mit den selbstsüchtigen Sinnen und Wünschen eines Mannes, für den ich eine Gefährtin suche – nein, ich suche sie für den Missionär.«

»Und ich bin bereit, dem Missionär meine Kraft zu geben – denn das ist alles, was er wünscht – nicht aber mich selbst; das hieße ja doch nur dem Kern die Schale und die Hülse hinzufügen. Für diese hat er keine Verwendung – und deshalb will ich sie behalten.«

»Das kannst du nicht – das darfst du nicht! Glaubst du, daß Gott sich mit einem halben Opfer zufrieden giebt? Es ist die Sache Gottes, welche ich vertrete, in seine Armee reihe ich dich ein. Um seinetwillen darf ich einen halben Eid der Treue nicht annehmen – er muß ganz sein!«

»O! ich bin bereit, Gott mein Herz zu geben – denn Sie brauchen es nicht!« Ich kann nicht darauf schwören, mein lieber Leser, daß in dem Ton, mit welchem ich die letzten Worte sprach, und in der Empfindung, welche ihn begleitete, nicht ein wenig unterdrückter Sarkasmus lag. Bis jetzt hatte ich St. John im stillen gefürchtet, weil ich ihn nicht verstanden hatte. Er hatte mich in Schrecken gehalten, weil ich über ihn im Zweifel war. Bis jetzt war ich nicht im stande gewesen zu sagen, wieviel an ihm heilig, wieviel menschlich gewesen; aber diese Konferenz führte zur Offenbarung, die Analyse seines Wesens vollzog sich vor meinen Augen. Ich sah seine Schwächen, ich verstand sie. Ich begriff, daß ich hier auf dem Lager von Heidekraut mit jener schönen Männergestalt vor mir, zu den Füßen eines Menschen lag, welcher irrte, wie ich irrte. Der Schleier fiel von seiner Härte und seinem Despotismus. Und als ich diese Eigenschaften in ihm entdeckt hatte, sah ich seine Unvollkommenheit und faßte Mut. Ich stand meinesgleichen gegenüber – einem Menschen, mit dem ich disputieren konnte – dem ich widerstehen konnte, wenn ich es für gut und notwendig hielt.

Als ich die letzten Worte gesprochen, schwieg er; ich wagte einen Blick auf sein Antlitz zu werfen. Sein Auge, das auf mich gerichtet, drückte zugleich ernstes Erstaunen und scharfe Neugierde aus. Es schien zu sagen: »Ist sie sarkastisch? Und sarkastisch mir gegenüber?«

»Was bedeutet dies?«

Und nach einer Weile fuhr er fort: »Laß uns nicht vergessen, daß dies eine ernste Angelegenheit ist, eine Sache, von welcher wir nicht ungestraft leichtsinnig sprechen dürfen. Ich hoffe, Jane, daß es dein Ernst ist, wenn du sagst, daß du Gott dein Herz geben willst, – das ist alles, was ich verlange. Wenn du dein Herz erst von allem Irdischen losgemacht und es deinem Schöpfer gegeben hast, so wird die Ausbreitung des Reiches dieses deines Schöpfers deine höchste Wonne, dein einziges Bestreben sein, und du wirst zu jeder Stunde bereit sein alles zu thun, was jenen Zweck fördert. Du würdest sehen, welche mächtige Triebkraft dein und mein Streben durch unsere geistige und leibliche Vereinigung in der Ehe erhalten würde – diese einzige Vereinigung, welche den Schicksalen und Bestrebungen menschlicher Geschöpfe den Charakter dauernder Übereinstimmung verleiht –; und, indem ich über alle anderen kleinen Kapricen – alle trivialen Schwierigleiten und Zartheiten der Empfindungen – alle Skrupel über den Grad, die Art, die Macht oder Zärtlichkeit rein persönlicher Neigung fortgehe – du wirst dich beeilen, diese Verbindung auf der Stelle zu schließen!«

»Werde ich?« sagte ich kurz, und ich blickte auf seine Züge, die so schön in ihrer Harmonie, aber seltsam furchteinflößcnd in ihrer stillen Strenge waren, auf seine Stirn, die herrschsüchtig und mächtig, aber nicht offen war; auf seine Augen, die hell und glänzend und tief und durchdringend, aber niemals sanft blickten; auf seine schlanke, imposante Gestalt – und dann stellte ich mich mir selbst im Geiste als sein Weib vor, O! das wäre unmöglich! Als seine Helferin, sein Kamerad, meinetwegen! In diesen Eigenschaften würde ich Meere mit ihm durchkreuzen; in diesem Amt würde ich in asiatischen Wüsten unter einer tropischen Sonne mit ihm arbeiten und streben, seinen Mut, seine Hingebung, seine Kraft bewundern und anspornen; mich ruhig seiner Herrschaft unterwerfen; ruhig und unbewegt über seinen unausrottbaren Ehrgeiz lächeln; den Christen von dem Menschen zu scheiden wissen, den einen im höchsten Grade achten und dem andern von ganzem Herzen vergeben. Ohne Zweifel würde ich oft und schwer leiden, wenn ich ihm nur in dieser Eigenschaft beigegeben wäre; mein Körper würde unter einem qualvoll drückenden Joche leiden, aber mein Herz, meine Seele, mein Ich würden frei sein! Ich könnte dann noch immer zu meinem ungestörten Selbst zurückkehren, ich hätte noch mein ungefesseltes Empfinden für die Augenblicke trauriger Einsamkeit. Es würde in meiner Seele Zufluchtsorte geben, die nur mir gehörten, in welche er niemals eindringen könnte; Gefühle könnten dort frisch und ungestört keimen und wachsen, welche seine Strenge nicht zu versengen, sein gemessener Kriegerschritt nicht zu zertreten vermöchte – aber als sein Weib, stets ihm zur Seite, stets unterdrückt und stets beschränkt – gezwungen, das Feuer meiner Natur, meines Temperaments unaufhörlich zu bewachen, es zu zwingen, daß es sich in meinem Innern selbst verzehre, und niemals einen Schrei ausstoßen, wenn auch die eingeschlossene Flamme ein Lebenswerkzeug nach dem andern verzehrte – nein! das würde unerträglich sein!

»St. John!« schrie ich auf, als ich in meinem Sinnen bis hierher gekommen war.

»Nun?« fragte er eisigkalt.

»Ich wiederhole es noch einmal, ich willige ein als Ihre Gefährtin, Ihre Hilfsmissionärin mit Ihnen zu gehen – aber nicht als Ihre Gattin. Ich kann Sie nicht heiraten – ich kann nicht ein Teil von Ihnen werden.«

»Du mußt ein Teil von mir werden,« entgegnete er entschlossen, »oder der ganze Handel ist ungültig. Wie könnte ich, ein Mann, der noch nicht dreißig Jahre alt ist, ein Mädchen von neunzehn Jahren mit mir nach Indien nehmen, wenn es nicht meine Gattin ist? Wie könnten wir für immer beisammen sein – zuweilen in abgelegenen Einöden, zuweilen unter wilden Stämmen – und nicht verheiratet?«

»Sehr wohl,« entgegnete ich kurz. »Sehr wohl unter solchen Umständen; gerade so gut, als ob ich Ihre wirkliche Schwester oder ein Mann und Geistlicher wäre wie Sie selbst.«

»Man weiß, daß du nicht meine Schwester bist; ich kann dich nirgend als solche hinführen; es hieße beleidigendes Mißtrauen an unser beider Fersen heften, wenn ich es versuchte. Und überdies – wenn du auch den starken Verstand eines Mannes hast, so hast du doch das Herz eines Weibes, – und – und es ginge nicht.«

»Es würde gehen,« versicherte ich ziemlich verächtlich, »es würde ausgezeichnet gehen. Ich habe das Herz einer Frau – aber nicht, wenn Sie im Spiele sind; für Sie hege ich nur die beständige Freundschaft eines Gefährten, die Offenherzigkeit, die Treue, die brüderliche Empfindung eines Kriegskameraden; die Achtung und die Unterwürfigkeit eines Neubekehrten für seinen Oberpriester. Nichts mehr! Fürchten Sie also nichts!«

»Das ist's, was ich brauche,« sagte er mit sich selbst sprechend, »das ist gerade, was ich brauche! Und es sind Hindernisse im Wege! – sie müssen niedergehauen werden. Jane, du würdest es nicht bereuen, wenn du mich heiratetest; davon kannst du überzeugt sein. Wir müssen uns heiraten. Ich wiederhole es, es giebt keinen anderen Ausweg; und nach der Heirat würde ohne Zweifel soviel Liebe entstehen, um die Verbindung in deinen Augen erträglich zu machen.«

»Ich verabscheue Ihre Idee von der Liebe,« konnte ich nicht unterlassen zu sagen als ich mich erhob und nun mit dem Rücken an den Felsen gelehnt vor ihm stand, »ich verachte das unechte Gefühl, welches Sie mir bieten! Ja, St. John! Und ich verachte Sie, weil Sie es bieten!«

Er blickte mich scharf an und kniff seine schön geformten Lippen fest zusammen. Ob er empört oder überrascht oder sonst irgend etwas war, wäre schwer zu sagen; er hatte seine Gesichtszüge vollständig in der Gewalt.

»Ich erwartete kaum, diesen Ausdruck von dir zu hören,« sagte er. »Ich glaube, ich habe nichts gethan ober gesagt, was Verachtung verdiente.«

Sein sanfter Ton rührte mich; seine ruhige, erhabene Miene überwältigte mich.

»Vergeben Sie mir die Worte, St. John; aber es ist Ihre eigene Schuld, daß ich mich hinreißen ließ, so unüberlegt zu sprechen. Sie haben einen Gegenstand zur Sprache gebracht, über den wir unseren verschiedenen Naturen nach ganz verschieden denken, – einen Gegenstand, den wir beide niemals diskutieren sollten. Der bloße Name der Liebe wird schon zum Zankapfel zwischen uns – was würden wir thun, wo die Wirklichkeit notwendig wäre? Wie würde uns ums Herz sein? Mein teurer Vetter, geben Sie Ihren Heiratsplan auf – vergessen Sie ihn!«

»Nein,« entgegnete er, »es ist ein lange gehegter Plan, und der einzige, der mir mein großes Ziel sichern kann, aber für den Augenblick will ich nicht weiter in dich dringen. Morgen reise ich nach Cambridge, Ich habe dort viele Freunde, denen ich Lebewohl sagen möchte. Ungefähr vierzehn Tage werde ich vom Hause abwesend sein – überlege dir meinen Vorschlag während dieses Zeitraums; und vergiß nicht, wenn du ihn zurückweisest, so verleugnest du nicht mich, sondern Gott. Ich bin nur das Werkzeug, durch welches er dir eine edle Lebenslaufbahn eröffnet; aber nur als meine Gattin kannst du ihn betreten. Weigerst du dich, mein Weib zu werden, so beschränkst du dich selbst für alle Zeit auf einen Pfad voll selbstsüchtiger Bequemlichkeit und öder Dunkelheit. Zittere! denn in solchem Falle zählst du zu denen, die den Glauben verleugnet haben und schlimmer sind als die Ungläubigen.«

Jetzt war er zu Ende.

Als er sich von mir abwandte, blickte er noch einmal zu den Bergen hinauf, auf den Fluß hinab. Aber jetzt hielt er jede Empfindung fest in seinem Herzen verschlossen: ich ward nicht mehr gewürdigt, sie in Worte gekleidet zu hören. Als ich an seiner Seite heimwärts ging, las ich in seiner steinernen Ruhe, seinem eisigen Schweigen alles, was er gegen mich empfand: die Enttäuschung einer harten, despotischen Natur, welche auf Widerstand gestoßen ist, wo sie Unterwerfung erwartete – die Mißbilligung einer kalten, unbeugsamen Vernunft, welche in einem Anderen Gefühle und Anschauungen entdeckt hat, mit denen sie nicht fähig ist zu sympathisieren. Kurzum, als Mann hatte er gewünscht, mich zum Gehorsam zu zwingen; und nur als eifriger Christ ertrug er meinen Eigensinn so geduldig und gab mir eine so lange Zeit zum Nachdenken und zur Reue.

Als er an diesem Abend vor dem Schlafengehen seine Schwestern geküßt hatte, hielt er es für angemessen, sogar den Händedruck mit mir zu vergessen und verließ schweigend das Zimmer. Ich, die, wenn auch keine Liebe, so doch innige Freundschaft für ihn hegte, fühlte mich durch diese Unterlassung verletzt, so tief verletzt, daß mir die Thränen aus den Augen stürzten.

»Jane, ich sehe, daß du dich mit St. John während eures Spazierganges auf dem Moor gezankt hast,« sagte Diana. »Geh ihm nach, er weilt jetzt noch im Korridor und wartet auf dich – er will sich wieder mit dir versöhnen.«

Unter solchen Umständen besitze ich nur wenig Stolz; ich möchte immer viel lieber glücklich und zufrieden als würdevoll sein. Und deshalb lief ich ihm nach – er stand am Fuß der Treppe zum oberen Stockwerk.

»Gute Nacht, St, John,« sagte ich.

»Gute Nacht, Jane,« entgegnete er ruhig.

»Geben Sie mir die Hand,« fügte ich hinzu.

Welch einen kalten, leichten Druck fühlte ich auf meinen Fingern! Er war tief verletzt durch das, was an diesem Tage vorgefallen war; Thränen rührten ihn nicht; Herzlichkeit erwärmte ihn nicht. Von ihm war keine glückliche Versöhnung zu erzielen – kein ermunterndes Lächeln, kein großmütiges Wort – aber der Christ war noch immer ruhig und geduldig; und als ich ihn fragte, ob er mir vergeben habe, sagte er, daß es nicht seine Gewohnheit sei, die Erinnerung an eine Kränkung zu bewahren, daß er nichts zu vergeben habe, da er gar nicht beleidigt sei. Und mit dieser Antwort ging er von mir. Es wäre mir lieber gewesen, wenn er mich mit den Fäusten zu Boden geschlagen hätte.


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