Lily Braun
Lebenssucher
Lily Braun

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Achtes Kapitel.

Wie Konrad das Glück und das Ziel zu finden glaubte und wie es entschwand.

Vom Domturm zu Bamberg läuteten die Glocken, – die kleinen, die eine süße, helle Stimme haben, als sängen pausbäckige Englein über dem Christuskind in der Wiege; die große, deren dunkler, tiefer Ton, getragen von den Wellen der Luft und vom Winde, bis weit über die Stadt hinaus in Wäldern und Wiesen widerklingt wie die Posaunen der Erzengel am Tore der Ewigkeit.

Aus all den vielen engen Straßen, die von der Stadt hinauf zum Domplatz führen, strömten die Kirchgänger, alte Weiblein, die die Gewohnheit eines langen Lebens führte, schon auf dem Wege den Rosenkranz gedankenlos drehend; junge Mädchen, sich ihres weißen Kleides freuend, das für sie des Festtags frohes Zeichen und wichtigstes Ereignis war; würdige Männer, für die diese Teilnahme an der Sonntagsmorgenandacht einen stets erneuten Beweis für ihre staatserhaltende Gesinnung bedeutete; dazwischen Kinder und Soldaten, die dem Befehle gehorchten, während ihre Gedanken auf den Spielplätzen und in den Wirtsstuben waren.

Sie gingen alle mit gesenktem Kopf; erfüllt von ihren Werktagssorgen, die nur hier und da auf jungen Gesichtern eine kleine, dünne Sonntagshoffnung verklärte. So kamen sie über die Regnitzbrücke, die einst eine kraftvolle Bürgerschaft kühn über den Fluß gespannt hatte, in dessen Mitte, eine stolze Trutzwehr wider die befestigte Domburg droben, sie ihr Rathaus als ein uneinnehmbares Wasserschloß auf Pfahlroste setzten. Kein dankbarer, kein bewundernder Blick sah zu ihm auf, keiner verlor sich nach drüben zu den winkeligen Fischerhäusern am Fluß mit den braunen Booten davor, über denen zwischen hohen Stangen die Netze trockneten. Niemand blieb in der schmalen Gasse stehen, um sich in die Terrassengärten zu träumen, die hinter den Mauern und Balustraden am Stephansberg aufwärts steigen, oder staunend an dem alten Patrizierhaus daneben empor zu schauen, dessen Masse eines Künstlers reiche Phantasie aufgelöst hatte in ein Gewoge von Ranken und Muscheln und bewegten Gestalten. Und keiner der Kirchgänger dachte daran, angesichts seines Ziels, des hohen, viertürmigen Domes, auch nur einmal den Kopf zu wenden, um, rückwärts blickend, über die zackigen Giebel und Türme der Stadt hinweg seine Gedanken zu den waldigen Höhen drüben wandern zu lassen, die in leichter Wellenbewegung den Horizont begrenzten. Sah sich einer oder der andere um, so reichte Blick und Gedanke nicht weiter als bis zum Kleide oder bis zum Hute der Nachbarin oder zum neuen Ordensband im Knopfloch des nächsten.

Nur zwei, die mitten unter ihnen desselben Weges gingen, trugen das Haupt erhoben, die Augen offen, um allen Zauber ringsum in sich aufzunehmen.

»Fremde!« meinte ein wenig geringschätzig, wer ihr Stehenbleiben, ihre Freude, ihr Staunen bemerkte. Wer müßte sich solcher Gefühlsäußerungen nicht schämen, wenn es ein Einheimischer wäre! Sich niemals verwundern, ist das eigentliche Kennzeichen kleinbürgerlicher Bildung.

Konrad Hochseß aber war kein Fremder. Er kannte hier jeden heimlichen Winkel, jede verborgene Gasse, jeden altertümlichen Hof, und er führte Norina, seine junge Frau, in alles ein, was ihm heimatlich war, daß es auch ihr eine Heimat werden möchte.

* * *

Seit der stillen Trauung in Florenz waren sie langsam, überall auf dem Wege Tage, selbst Wochen weilend, nordwärts gezogen. Von Carlo Savellis lärmendem Hochzeitsfest hatten sie Nachricht erhalten, als sie angesichts der Dolomiten hoch oben auf weichem Bergmoosteppich, unter hellgrünen Lärchen den Sommer verträumten. Nur ganz flüchtig hatte sich dabei Norinas Stirn in finstere Falten geschoben. War es das Glück, in das Konrads Liebe sie hüllte wie in einen Panzer, waren es die weißleuchtenden oder rotglühenden Felsentürme, die sich zwischen sie und die Heimat geschoben hatten? – Sie wußte nicht, was es war, sie fühlte nur, daß kein Weh sie mehr berührte.

Am stillen, westlichen Ufer des Tegernsees, diesem lieblichsten unter allen Seen Bayerns, in dessen hellem, blauem Spiegel die Gebirgslandschaft zu einer Idylle wird, hatten sie zuletzt viele Wochen zugebracht, ganz glücklich, ohne jede Berührung mit der Welt nur sich selbst leben zu können. Von da aus war Konrad einmal allein nach Hochseß gefahren, um zum Empfang der Herrin alles vorzubereiten. Dabei hatte er auch durchgesetzt, daß die Tanten in den seit dem Fortzug der freiherrlichen Familie leergebliebenen Eckartshof hinunterzogen. Obwohl ihnen nunmehr ein ganzes Haus allein zur Verfügung stand, fühlten und gebärdeten sie sich doch wie gewaltsam Vertriebene: Sie, die auf Hochseß Geborenen, mußten der Fremden – wieder einer Fremden, wieder einer Katholikin! – weichen. Es konnte nicht ausbleiben, daß hinter Konrads Rücken die ganze Nachbarschaft gegen ihn und seine Frau Partei nahm. Er empfand davon nichts, denn die kurze Zeit, die er in Hochseß blieb, war mit Überlegungen und Anordnungen für eine Norinas würdige Einrichtung des Schlosses ganz ausgefüllt gewesen, und ließ seine Tätigkeit ihm Stunden der Muße, so waren Gedanken und Gefühle so ganz bei ihr, daß er alles um sich her vergaß. Die Tage der ersten Trennung zeigten ihm, was er bis dahin nicht gewußt hatte: daß sein Glauben ein Glauben an Norina, sein Leben ein Leben in ihr geworden war; daß seine Sehnsucht sie – nur sie – immer suchen würde. Sie war nicht wie andere Frauen, deren erste Hingabe eine Preisgabe ist, die dem Manne allzu rasch nichts mehr zu wünschen, nichts mehr zu enträtseln übrig lassen; sie mußte stets aufs neue erobert werden; um ihren Besitz würde er immer ringen müssen. Ihrer Ehe drohte nicht die Gefahr, jene Alltagsgewohnheit zu werden.

Um einen Tag früher, als Norina erwartet hatte – jede weitere Stunde fern von ihr dünkte ihm wie ein Raub an seinem Leben – war er zurückgefahren. Und als er spät am Abend wieder in Tegernsee angekommen war, hatte er geglaubt, sein Herz müsse zerspringen vor Freude: drüben über dem Wasser, mit dessen kleinen Wellchen die letzten Sonnenstrahlen schäkerten, entdeckten seine scharfen Augen das Häuschen, und in dem Häuschen wußte er sie, sein Weib!

Sie mußte seine Heimkehr geahnt haben; mit einem jubelnden: »Ich wußte, daß du kommen würdest, kommen mußtest!« war sie ihm in die offenen Arme geflogen. Noch nie hatte er sie jubeln hören, noch nie war sie so zärtlich gewesen! Als ringsum alles schlief, auch die vielen Lichter des jenseitigen Ufers erloschen waren, und nichts vom Leben Zeugnis gab als das kichernde Plätschern der Wellen, hatte sie sich an ihn geschmiegt, ganz dicht – wie damals in Montebuoni, als der Schreck sie Schutz suchen ließ bei ihm, – und wie ein Hauch war es über ihre Lippen gekommen: »Mutter werd' ich sein – Mutter!«

Von da an ging sie umher wie eine, die eine unsichtbare Krone trägt. Nichts vermochte mehr das süße Lächeln um ihren Mund zu verscheuchen, nicht einmal Maud Savellis Brief, der ihren baldigen Besuch ankündigte. Ihre Abreise nach Hochseß konnte sie nicht mehr erwarten.

»Unter dem Eindruck der Heimat soll mein Kind sich entwickeln« hatte sie zu Konrad gesagt, ihre Wange schmeichelnd an die seine lehnend. Denn sie war zärtlich zu ihm geworden – weich und zärtlich und von einem so lebendigen Eifer beseelt, ihm jeden Wunsch von den Augen abzulesen, daß er nur immer Mühe hatte, ihrem Dienenwollen zu wehren. Und doch war es so schön, sie dienen zu sehen: ihre Demut schien sie noch mehr als ihr Stolz zur Königin zu erheben.

Konrad wäre in dieser Zeit restlos glücklich gewesen, wenn nicht ein Wort wie ein Pfeil sich ihm immer wieder ins Herz gebohrt hätte:

»Mein Kind,« sagte sie zehnmal, hundertmal am Tage. »Mein Kind.« Niemals »unser Kind!« Hätte er sie mit einer Frage nach dem Warum kränken sollen? Vielleicht wäre dann, wenn auch nur für eine Sekunde, ihr Lächeln erstorben! Er schwieg.

Die letzte Etappe vor der Heimkehr war der Besuch eines Münchener Arztes gewesen, zu dem die Sorge um Norina Konrad getrieben hatte.

»Was wollen Sie eigentlich bei mir?« hatte der alte joviale Herr lachend ausgerufen, sobald sie vor ihm standen. »Sie wurden wohl nach allen Regeln der Eugenik füreinander ausgesucht?«

Erst nachdem ihm Norina von ihrem ersten Unglück leise und zitternd erzählt hatte, war er ernster geworden.

»Ist Ihr erster Gatte gesund gewesen?« frug er.

»Ich glaube – nein,« antwortete sie zögernd. »Er starb nach einem Jahr.«

»Na, also!« rief der Professor erleichtert. »Und nun sehen Sie sich den da an –« und er lächelte Konrad zu; »wenn Sie nicht gerade den Anspruch machen, daß Ihre Kinder Ackergäule werden –« Seine kleinen klugen Augen waren prüfend von einem zum anderen gewandert. Dann hatte er sich selbst unterbrochen und in etwas gedehnterem Ton gesagt: »Sie haben beide dieselben Augen?«

»Wir sind verwandt, Herr Professor,« war Konrads Antwort gewesen.

»Nahe?«

»Unsere Großväter waren Geschwister.«

»Hm, hm!« machte der Professor. »Alte Familie?«

»Sehr alt – so wie die Hochseß ungefähr.«

Der alte Herr hatte gelacht – ein wenig gezwungen, wie es Konrad vorgekommen war –: »Deren erster nachweisbarer Ahnherr bekanntlich Jesum Christum in den Sattel half, als er in Jerusalem einzog.« Dann hatte er sich Norina zugewandt, die ihn mit tiefernstem Frageblick nicht aus dem Auge gelassen hatte. »Keine Sorge, Frau Baronin, keine Sorge. Ich freue mich schon des strammen Stammhalters, zu dem ich werde gratulieren dürfen.«

Auf Norinas Glücksglanz war ein Schatten gefallen, wie schon eine kleine Wolke am blauen Himmel ihn auf die blühende Wiese wirft. Aber wie die leise erschauernden Blumen ihre Kelche wieder der Sonne öffnen, sobald sie lachend unter dem scherzend vorgezogenen Schleier hervorsieht, so verflog jede Erinnerung daran unter dem Einfluß von ihres Herzens strahlender Seligkeit.

Kurz ehe sie weitergereist waren, kam ihnen die Nachricht, daß der alte Giovanni, den sie im Palazzo Ritorni als Türhüter zurückgelassen hatten, und der damit sehr zufrieden gewesen zu sein schien, verschwunden sei. Niemand wisse, wohin er sich begeben habe; nur Battisto gegenüber habe er am Abend vorher geäußert, daß es Zeit sei, die Fledermäuse aus dem Turm zu jagen, sonst würden sie sich in Monna Lavinias Haare hängen.

Konrad war ernstlich beunruhigt um den Alten.

»Ich weiß gewiß, daß er in Hochseß sein wird, wenn wir kommen,« sagte Norina überzeugt.

»Wußtest du denn von seiner Absicht? Hattest du Nachricht von ihm?« frug Konrad, nicht wenig erstaunt über die Bestimmtheit ihrer Aussage.

»Nein,« gab sie lächelnd zur Antwort, »aber ich kenne unser Volk: je geringer seine Bildung ist, desto sicherer führt der Instinkt es seinen Weg. Und solch ein ›Schwachsinn‹ wie der Giovannis ist vielleicht nur die Entwicklung eines höheren Sinns!«

»Du würdest ihn auch nicht um unseres Kindes willen fürchten?«

Sie lachte hell auf, ihre Arme zärtlich um seinen Hals legend. »O du aufgeklärter Deutscher!« rief sie, »was bist du töricht! Keinen besseren Schutz wüßt' ich für mein Kind als ihn!«

* * *

Und nun läuteten vom Domturm zu Bamberg auch ihnen die Glocken – die kleinen mit den hellen Kinderstimmen, die großen mit dem Posaunenton.

Sie waren schon in vielen deutschen Kirchen miteinander gewesen. Nirgends hatte Norina zu beten vermocht, wie sie es in Florenz täglich zu tun gewohnt war. »So düster sind eure Kirchen – als wäre Religion nur für Büßer und Leidtragende,« hatte sie erklärt, »sie drücken nieder, und dann am meisten, wenn ihre Spitzbögen alle Schwere des Steins aufgelöst zu haben scheinen. Sie machen es genau wie eure spitzen Kirchtürme – die wir auch nicht kennen – sie weisen alle nach oben, von der Erde fort, als hätten wir hier unten nichts zu suchen.«

»Und ist nicht der Inhalt und Sinn aller Religion ein Führen und Weisen nach oben, über uns hinaus?« hatte Konrad gefragt.

»Nein, nein,« hatte sie erwidert, um dann nachdenklich, die Augen ins Weite gerichtet, fortzufahren: »Wie der Mann sich ein Haus baut, wenn er eine Familie gründet, Mauern um sein Leben errichtet, seinem Umherschweifen ein Ende bereitend, seiner Arbeit einen bestimmten Kreis anweisend, seine Freiheit, die ihn vielleicht bisher über alle Grenzen hinweg, ziellos umhertrieb, freiwillig beschränkend, so bauen wir wohl auch ein Haus für unsere Seele, die sich im Weiten verlor, denn was sie fand, wenn sie suchte, das waren doch immer nur neue Weiten gewesen. Ein Haus zur Ruhe, zur Sammlung – eins der bewußten Beschränkung vielleicht auch hier – eines, in dem jeder die Symbole dessen errichtet, was seinen Hoffnungen und Sehnsüchten als das Höchste erschien. Meinst du nicht –« und sie hatte dabei jenes demütige Lächeln, das ihr, seitdem sie sich Mutter fühlte, einen so wundervollen neuen Reiz verlieh – »daß dies Religion ist?«

Er hatte ihr damals, betroffen von einer Auffassung, die ihn um so schmerzvoller berührte, als sie ihm richtig erschien, nur ausweichend geantwortet. Heute war ihm als sängen die Glocken, was sie gesprochen hatte, aber es klang ihm nicht wie Unterwerfung, sondern wie Sieg und Jubel.

Posaunen der Erzengel am Tore der Ewigkeit – –

Ewigkeit – ein Geheimnis, dessen dunkle Pforte er nie zu berühren gewagt hatte, aus Angst, nur eine Spalte könne sich öffnen und der Blick durch sie ihn zerschmettern.

»Sind wir nicht selber ewig?« dachte er jetzt. Und mit einem seligen Blick umfaßte er seines Weibes Gestalt, während sie an ihm vorüber durch das offne Portal des Domes schritt.

Sie traten leise zwischen die große Menge der Betenden, hinter den Sarkophag, der Kaiser Heinrichs II., des letzten und größten Sachsenkaisers, und seiner Gemahlin, der heiligen Kunigunde, Gebeine trug. Rechts und links von ihnen knieten in Reihen betende Nonnen, über sehr jungen, unschuldigen Gesichtern trugen die einen große, weiße Flügelhauben; mit schwarzen Schleiern deckten die anderen ihre grauen Scheitel; und goldene Kreuze glänzten über den breiten, schneeigen Schulterkragen. Auf den Gesichtern aber lag ein Frieden, der sich bei den einen als ein Auslöschen alles Lebens, bei den anderen als ein Erwachen tieferen und reicheren Lebens offenbarte.

Die Litaneien wechselten mit dem Gesang. Viele Priester standen droben auf dem hohen Chor, fernab der Gemeinde, so daß nur das Weiß und das Rot und das Gelb ihrer Gewänder erkennbar war und ihr feierliches Hin- und Wiederschreiten, Beugen und Aufrichten. Einer trat in ihre Mitte mit weißem Haar; Chorknaben trugen seinen schweren, goldgestickten Mantel, andere schwangen Weihrauchfässer, so daß sein ehrwürdiges Haupt aus lichten Wolken hervorschien. Und er trat weit vor auf der höchsten Stufe des Altars und hob die goldene Monstranz.

In breiten Strahlen leuchtete in diesem Augenblick die Morgensonne durch die Fenster über ihm. Zu einem lichten Schleier wurde der Weihrauch, des Priesters weiße Haare zu einem Heiligenschein, zu einer Flamme die Monstranz; niedergezwungen von frommem Entzücken und heiliger Scheu sanken die Andächtigen in die Knie. Norina mit ihnen; und tief, ganz tief, als könne sie sich an der Gebärde vollkommener Hingabe nicht genug tun, beugte sie noch den Kopf auf die gefalteten Hände.

Eine Flut weißen Lichtes füllte das Schiff der Kirche, streckte ihre mächtigen grauen Pfeiler, weitete ihre Wölbung.

War's nicht, als zuckten die Lider des schlummernden Kaiserpaars? Reckte der steinerne Reiter drüben sich nicht im Sattel? Groß und staunend, die Unterlippe mißbilligend vorgeschoben, richtete sich der Blick des ritterlichen Königs auf sein Ebenbild, das da unten allein noch aufrecht stand.

In Konrads Stirn stieg die Glut der Beschämung.

Sie alle hatten die Mauer um sich gebaut und ihr Allerheiligstes hineingetragen.

Brausend setzte die Orgel ein. Der Gesang der Frauen mischte sich in ihre vollen Akkorde. Eine Stimme darunter – es war die der jüngsten der Nonnen mit den Flügelhauben – erhob sich jauchzend wie ein Lerchenlied über allen:

»Jungfrau Maria, wir grüßen dich,
Heilige, gnadenreiche –«

Und Konrad Hochseß kniete neben Norina, seinem gesegneten Weibe.

* * *

Sie fuhren mit vier Füchsen durch das Wiesental. Ein frischer Oktoberwind schüttelte die Bäume über ihnen, daß es goldene Blätter regnete. Und was der Himmel der Tochter Italiens an Farben schuldig blieb, das gab ihr der Wald in märchenhafter Fülle. Immer wieder mußte der Kutscher die erregten jungen Pferde bändigen, denn Norinas Augen wurden nicht satt, zu sehen. In allen Schattierungen von Braun und Gelb und Rot leuchteten die Höhen. Zu Ehren der Einziehenden trugen sie ihr Festgewand.

Es war Sonntag heute. Von Wandernden war die Straße belebt. Aus allen Wirtshäusern am Wege schallte Musik; die hellen Kleider der Mädchen, die bunten Schärpen der Kinder belebten die Wiesengründe wie große Blumen. Und je näher sie dem Tale der Hochseß kamen – sie fuhren nicht über die kahle Hochebene, denn nur der schönste Weg sollte Norina in die Heimat führen –, desto mehr sammelten sich die Landleute an der Straße, das junge Paar neugierig erwartend.

Im Wirtsgarten von Gasselsdorf unter der riesigen Kastanie, deren Äste sich über ihn und noch weit über die Straße reckten, – ein Dach von schimmerndem Golde heut –, stand die dicke Wirtin, einen Korb rotbackiger Äpfel in den Wagen reichend.

»Gottes Segen zum Einzug,« sagte sie.

Norina begriff nicht, warum Konrad ihr kaum Zeit ließ zum Danken.

Am nächsten Dorf, wo das Schulhaus für die Hochsesser Jugend lag, stand der Lehrer, umringt von Buben und Mädels, die Fahnen schwenkten und Hurra riefen; – Norina in ihrer Freude hätte am liebsten jedem einzelnen die roten Wangen geküßt.

Dann wurde das Tal ganz still, ganz eng und heimlich. Hier war kein Platz für ein Haus. Ernsthaft, schon im beginnenden Abenddämmern, standen die waldigen Höhen, die zerklüfteten Felsen, dem leise sich selbst in den Schlaf singenden Bächlein zur Seite, wie treue Wächter an der Wiege des Thronerben.

Norinas Kopf lehnte an Konrads Schulter.

»O, du – du,« flüsterte sie, während ihre Augen durch Tränen der Seligkeit glänzten, »wie schön, wie wunderschön ist unsres Kindes Heimat!«

»Unsres Kindes!« Ein erstickter Schrei war's, mit dem Konrad sie an sich zog, ihre Stirn, ihre Augen, ihre Lippen mit Küssen bedeckend, um schließlich den Mund in heißer Leidenschaft auf den Nacken zu pressen, da, wo der Ansatz der blauschwarzen Haare ihn am weißesten erscheinen ließ.

»Konrad, Konrad!« mahnte sie leise, dunkel erglüht nach dem Kutscher weisend.

»Der Johann?!« lachte er übermütig auf, »der hat an die Füchse zu denken und dann, – meinst du nicht, daß er weiß, was ein junger Ehemann tut, der eine wunderschöne Frau hat?!« Er versuchte sie wieder zu küssen; sie aber bog sich weit zurück, »du weißt doch, Konrad –,« mit leisem Vorwurf sagend.

»Ich weiß!« entgegnete er, sie frei gebend, – eine unsichtbare Hand schien die Falte zwischen seinen Brauen wieder tief in die Stirne zu modellieren; – »ich weiß, daß du nur dem Kinde gehören willst.« Um dann, als bereue er den Ton von Unmut, den er angeschlagen hatte, mit innigem Ausdruck in Stimme und Gebärde hinzuzufügen: »Unserm Kinde!«

Ein Seitensprung der beiden Vorderpferde riß ihn aus dem Sitz empor.

»Was stehst du da, dummes Gör, und erschrickst die Gäule,« schimpfte der Kutscher, der die Tiere rasch wieder in seine Gewalt bekam. Norina hatte sich herausgebogen. Ein blondes Mädchen mit hellen, zärtlichen Blauaugen stand am Wege, einen großen Strauß bunter Herbstblumen, den ihre beiden Hände kaum zu umklammern vermochten, in den Wagen hineinstreckend. »Ich habe zur heiligen Jungfrau gebetet – alle Tage –,« flüsterte sie aufgeregt und ließ ihn auf Norinas Schoß fallen, über dem die Blumen sich breiteten wie ein Teppich. Sie wollte danken, doch die Kleine war auf und davon.

»Der Greislerin ihr lediges Kind,« brummte der Kutscher ärgerlich.

Der Weg stieg an. Schon grüßte von der flatternden Fahne die rote Rose von Hochseß. Und die untergehende Sonne spiegelte ihre Glut in allen Fenstern des Schlosses.

»Lauter Rosen leuchten dir!« rief Konrad selig. Sie aber wandte ihm das Antlitz zu. Es war todblaß. »Es sind Rosen, nicht wahr?!« kam es bebend von ihren Lippen. »Kein Blut? – Kein Blut?!«

Sie mußten an Eckartshof vorüber. Konrad hatte nicht gewagt, durch ein Verbot des Empfangs den Ärger der alten Damen noch mehr zu steigern; mit erleichtertem Aufatmen sah er nun die geschlossenen Türen, die verhängten Fenster. Schon waren sie am Garten vorbeigefahren, als Norina, die Menge der Dahlien darin bewundernd, sich nochmals umwandte; da saßen auf der Hecke zwei Köpfe wie körperlos, jeder ein Abbild des anderen: graue Scheitel um farblose Gesichter – hämisch herabgezogene Mundwinkel, graugrün von Neugierde, oder von Haß – oder von beidem? – funkelnde Augen. Sie bohrten sich alle vier in Norinas Antlitz.

»Mal oggio!« schrie sie auf, das Gesicht mit beiden Händen bedeckend.

Sie ließ es ruhig geschehen, daß Konrad sie in die Arme nahm und ihr zuredete wie einem verängstigten Kinde.

Er erzählte von den Tanten als verbitterten alten Jungfern, die schon auf dem Leben der Großmutter gelastet hätten, das ihre aber nicht verfinstern dürften. »Darum bat ich sie, von Hochseß hinunter, hierher zu ziehen, wo du ihnen nur begegnen wirst, wenn du willst,« schloß er. Mit einem beruhigten Lächeln richtete sie sich auf.

»Wie gut das ist!« sagte sie. »Nun liegt es an mir, den Bann des bösen Blickes zu brechen und wieder gut zu machen, was du in blinder Sorge um mich schlecht gemacht hast. Morgen schon bitt' ich sie, wieder droben zu wohnen.«

Sie näherten sich dem Schloßtor. Pechfackeln leuchteten an seinen beiden Seiten. Lichtergirlanden überspannten den ganzen Hof. Und als Norina den Fuß auf die Schwelle der Haustür setzte, krachten Böllerschüsse, zehnfaches, weithin hallendes Echo weckend, vom Schloßturm. Mit einem Lächeln, das ihr alle Herzen gewann, so sehr ihre hohe Gestalt und ihre königliche Haltung auch ehrfurchtgebietend erschien, wollte sie an Konrads Arm an den Reihen der Bediensteten vorüber in die hell erleuchtete Halle treten. Da vertrat eine groteske Erscheinung, halb Clown, halb Gespenst, ihr den Weg: in gelbem, fleckigem, vielfach geflicktem Pierrotkostüm ein uralter Mann. Sie schwankte, entsetzt nach dem Herzen greifend.

»Giovanni, was sollen die Possen!« dröhnte Konrads zornige Stimme. »Fort mit dir!« Und er packte ihn an beiden Armen. Der Alte aber sah ihn nicht und fühlte ihn nicht; seine Augen hingen wie gebannt an Norina.

»Mein Seil ist gespannt, Monna Lavinia,« sagte er mit der klanglosen Stimme der Greise, »soll ich nun tanzen, damit Ihr lacht?!«

Wütend wandte sich Konrad an die Diener: »Was haltet ihr Maulaffen feil?! Schafft ihn fort!« Schon sprangen sie vor, sich des lustigen Spaßes freuend, als Norina, wieder ganz beruhigt, den Blick lächelnd zu Konrad erhob.

»Schilt ihn nicht, Liebster,« bat sie weich; »er hat mich lieb. Er kommt aus der Heimat. Laß ihn mir!« Und sie legte die schlanke Rechte schützend auf den Kopf des Alten. Der aber sank unter dieser Berührung zusammen; mit einem knarrenden Tone aufweinend wie ein kleines Kind, kauerte er, sich in die Falten ihres weiten, weißen Mantels vergrabend, ihr zu Füßen.

Stumm starrten die Diener. Anbetend umfaßte Konrads Blick die geliebte Frau. Die Bogenlampe über der Türe warf ihr mildes, weißes Licht auf Norina und den Narren.

* * *

Die Monde, die kamen, von mildem Herbsthimmel überdacht, von Schneewinterflocken eingesponnen, waren geweiht von einem einzigen stillen Warten. Eine in Mutterseligkeit verklärte Frau, ging Norina durch Haus und Hof. Selbst die Knechte und Mägde in Ställen und Scheunen spürten etwas von dem Glanz und dem Frieden, der von ihr ausging. Sie vergaßen ihres Zanks und mäßigten ihre lauten Reden, wenn sie auch nur von ferne vorüberkam.

Mit sauersüßem Lächeln waren die Tanten,– die ihr Märtyrertum nicht selbst in Frage stellen wollten, und sich darum nicht merken ließen, wie sie sich im Grunde ihres Lebens auf dem Eckartshof gefreut hatten, wie die Teilnahme der Nachbarschaft an ihrer »Verbannung« ihnen zur Daseinsbereicherung geworden war – in ihre alten Hochsesser Räume wieder eingezogen.

Durch tägliche kleine Aufmerksamkeiten warb Norina förmlich um sie, und wenn sie nachmittags mit ihnen am Teetisch saß – sie hatte die Gewohnheiten der Gräfin Savelli wieder aufgenommen –, und zarte Spitzen um all die vielen winzigen Hemdchen und Jäckchen setzte, dabei den guten Ratschlägen der alten Fräuleins freundlich zuhörend, wurden selbst die Züge Nataliens und Elisens stundenweise ganz weich.

»Eine Zauberin bist du!« sagte Konrad zu ihr. Sie schüttelte lächelnd den Kopf: »Nur eine ganz von Liebe Erfüllte.«

Zu Fuß und zu Wagen machten sie täglich weite Ausflüge. »Ich muß meines Kindes Land entdecken wie du dein Mutterland,« versicherte Norina. Aber ihr Entdecken war zugleich ein Erobern. Denn die Fülle ihrer Liebe ließ sie im ärmlichsten Hause Eingang finden und mit den geschärften Blicken der Liebenden die versteckteste Not entdecken.

Wie eine fremde Königin kam sie und überschüttete mit Gaben, was litt und darbte.

»Ich will meinem Kinde die Wege bereiten,« sagte sie leuchtenden Auges, »die Welt soll ihm entgegenlachen, wohin es blickt.«

»Mein Kind!« – Es traf ihn immer wieder wie ein Nadelstich. Er entsann sich nicht, daß sie das »unser Kind« je wiederholt hätte, und es gab Augenblicke, wo etwas wie Haß gegen dieses Kind, das nicht eine innigere Bindung, sondern eine Schranke zwischen ihnen zu werden drohte, in ihm aufstieg.

Er liebte Norina. Seit sie sein Weib geworden war, begehrte er sie immer leidenschaftlicher. Und immer mehr versagte sie sich ihm.

Eines Abends überraschte er sie, wie sie vor dem Spiegel ihre Haare kämmte, aus deren schwarzer Fülle Hals und Schultern wie Mondlicht leuchteten. Kaum daß sie den heißen Blick seiner Augen sah, als sie sich, dunkel errötend, wie ein scheues Mädchen in die Falten des herabgeglittenen Kimonos wickelte.

»Sag mir die Wahrheit, Geliebte,« flehte er, ihre beiden Hände umklammernd, »und wenn sie noch so bitter ist. Liebst du in mir nur den Vater deines Kindes?«

Da lächelte sie ihr unbeschreibliches, seliges Mutterlächeln. »Nur, sagst du, nur?!« flüsterte sie und lehnte den Kopf an seine Schultern, »weißt du denn nicht, daß das die allergrößte Liebe ist?«

Als im Spätherbst Carlo und Maud Savelli nach Hochseß kamen – sie hatten gleich nach ihrer Hochzeit die Saison in Deauville mitgemacht und waren dann in Paris geblieben – beschlich ihn ein leises Gefühl von Neid. Sie waren ein Liebespaar. Maud unterstrich mit allen Mitteln der Koketterie diesen Eindruck.

»Gräßlich, verheiratet zu sein,« rief sie gleich am Abend ihrer Ankunft und schüttelte sich, »nichts hat mehr den entzückenden Reiz des Unerlaubten! Wenigstens hab' ich es so weit gebracht, daß man mich überall für seine Mätresse hält.« Dabei schaukelte sie auf Carlos Schoß, der sie lachend in die Wange kniff.

»Die Perfektion, mit der sie ihre Rolle spielt,« sagte er, »ist so groß, daß ein verrückter Amerikaner tatsächlich meine Erlaubnis einholen wollte, um sie – werben zu dürfen.«

»Macheart doch nicht etwa?« frug Konrad überrascht.

»Ach richtig!« sagte Carlo gedehnt und zwinkerte lustig mit den Augen; »ihr kennt euch ja!«

Inzwischen zog Maud die Schwägerin in eine Ecke.

»Schon jetzt, du Arme?« – ein bedeutungsvoller, erstaunt mitleidiger Blick ruhte bei der Frage auf Norinas Gestalt –. »Konrad hätte sich wirklich in acht nehmen können!« Norinas Freude über ihre Hoffnung verblüffte sie förmlich.

»Übrigens,« flüsterte indessen Carlo Konrad zu, »die Leonie Doris läßt dich grüßen. Ein Prachtweib, sag' ich dir. Aber nicht zu bezahlen. Nur darum mußte Macheart sie abtreten. Irgendeinem Großfürsten, erzählt man sich.«

Leonie! War's nicht die Geschichte eines anderen, an die ihn dieser Name erinnerte? Er sah nur Norina.

»Denke dir, Carlo,« hob das Vogelstimmchen Mauds wieder zu zwitschern an, »sie wollten das Kind!! Na, Chaqu'un à son goût! Wir gönnen uns den notwendigen Stammhalter erst, wenn wir aufgehört haben werden, ineinander verliebt zu sein. Ihr macht's umgekehrt, was? Bei euch soll der Rausch der Liebe nachher kommen?! Dann denk' ich mir freilich ein Kind als Zeugen und Anhängsel äußerst unangenehm!«

Norina schwieg hartnäckig. Als sie sich getrennt hatten, sagte sie zu Konrad: »Du siehst, wie weltenfremd wir einander sind. Mir käm's wie Entweihung vor, mit ihr von meiner Liebe zu reden.«

Konrad zog sie in die Arme: »Liebst du mich denn, Norina?« All seine brennende Sehnsucht lag in seiner Frage.

»Wäre ich sonst dein Weib?« antwortete sie weich, dem Druck seiner Arme nachgebend –.

Am nächsten Morgen, als sie erwachte, schien die helle Sonne auf das Antlitz des schlafenden Mannes neben ihr. Wie vergrämt es aussah! Wie tief die Falte zwischen seinen Brauen stand! Sie erschrak so sehr, daß ihr Herz wild zu pochen begann. Hatte sie ihm wehgetan? Ihr blasses Gesicht überzog sich mit dunklem Rot. War sie ihm irgend etwas schuldig geblieben? Was hatte Maud gesagt? – Der Liebesrausch, der vor dem Kinde kommt, oder nach ihm kommen muß! Auch sie hatte einmal Träume gehabt – heiße Träume, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war! Und hatte sich dann dem ersten Manne vermählt, ganz gleichgültig. Darum war wohl auch das Kind in ihrem Leibe gestorben! Aber dieses Kind würde leben – leben! »Denn ich liebe ihn,« sagte sie unwillkürlich laut, als müsse sie es vor sich selbst bekräftigen. Die ganze Zeit, die sie einander kannten, erwachte vor ihr: wie ein sonnenheller Frühlingstag war sie.

»Wie ein Frühlingstag –« wiederholte sie langsam, vor sich hinstarrend. Kein Sommer! Und ihre Liebe, die Frucht tragende Liebe, war sie nicht eine wilde Rose mit ihren fünf kleinen Blättchen, den blassen, leicht zerflatternden; der Liebesrausch aber, den sie nicht kannte, den er ersehnte – sie wußte es plötzlich, als hätte er es selbst gesagt –, war er jene wundervolle gefüllte Gartenrose, die um ihrer Schönheit willen keine Früchte tragen darf?!

»So hab' ich ihn nicht genug geliebt?!« schrie es auf in ihrem Herzen; »gib mir ein Zeichen, ein einziges Zeichen deiner Gnade, heilige Mutter Gottes!«

Da hüpfte das Kind in ihrem Leibe, ganz deutlich, zum erstenmal. Mit einem seligen Lächeln sank sie wieder in die Kissen zurück, den Kopf an Konrads Schulter, und schlief ein.

Am nächsten Tage – sie trug ein Kleid aus dunkelgrüner Seide, das in tiefen Falten an ihr niederfiel, nur mit einem Kragen alter Spitzen geschmückt – war sie so schön, daß selbst Maud, die sonst viel zu sehr mit sich beschäftigt war, um für den Reiz anderer Frauen einen Blick übrig zu haben, in hellstes Entzücken geriet.

»So, gerade so müßtest du dich malen lassen,« rief sie aus; »alle Frauen würden bersten vor Neid angesichts eines solchen Bildes! Strahlst du doch wie verklärt zu einer Zeit, wo sie samt und sonders scheußlich sind!«

»Und wir hätten auch schon den rechten Maler für dich,« warf Carlo ein. »Vittorio Tenda!«

Norina sah verwundert auf: »Vittorio Tenda lebt?!«

Carlo nickte lächelnd: »Vittorio Tenda – ja! Er lebt nicht nur, er ist sogar ein Maler geworden! Wie wär's, Konrad, willst du Norinas ersten Verehrer zu ihrem Porträtisten machen?!«

»Warum nicht?« entgegnete der, auf den Scherz eingehend, »bin ich doch sicher, daß es ein abgewiesener Freier war.«

Carlo lachte hell auf: »Freier! Ausgezeichnet! – Der Sohn des alten Lucca vom Ponto Vecchio der Freier der Contessa Savelli!«

Maud wurde neugierig: »Das ist ja schrecklich romantisch! Erzähle, Norina – bitte, bitte, wie war's?« quälte sie.

»Es ist nichts zum Lachen, Maud,« antwortete Norina ablehnend.

Und Konrad kam ihr zu Hilfe, indem er, zu Carlo gewendet, frug: »Was weißt du von ihm? Am Ende wäre dein Scherz ernsthaft zu erwägen?«

»Ich sah bei einem Kunsthändler ein paar Porträts mit seinem Namen gezeichnet,« begann der Graf.

»Wißt ihr, so ganz verrückte,« unterbrach ihn Maud lebhaft, »Menschen mit grünen Backen und blauen Haaren.«

Konrad notierte sich die Adresse. »Ich werde mich nach ihm erkundigen lassen,« sagte er, und fügte, mit einem Blick auf Norina, hinzu: »Was meinst du, wenn er der erste Anwärter auf eine unserer Klosterzellen wäre?«

»Klosterzelle?!« Maud horchte auf, und Konrad erzählte ihr von dem Plan, den Eckartshof erholungs- und ruhebedürftigen Künstlern zur Verfügung zu stellen. Sie klatschte vergnügt in die Hände. »Norina als Königin eines Musenhofes – wundervoll!« rief sie, »aber nicht wahr, ihr ladet mich ein, wenn schöne Frauen unter die edlen Sänger die ersten Kränze verteilen?«

Und scherzend gingen sie auseinander, ohne des Malers noch einmal Erwähnung zu tun.

»Ich danke dir,« sagte Norina warm, als sie allein mit Konrad war; »Mauds Gelächter und Carlos Spott vertrag' ich nicht immer.«

Konrad drückte ihr die Hand. »Ich verstehe,« entgegnete er zärtlich. »Was meinst du: wollen wir deinem alten Freunde weiterhelfen?« Ein dankbarer Blick lohnte ihn.

Als sie aber dann allein in ihrem Zimmer war, das nur ein paar Kerzen flackernd erleuchteten, und vor den Spiegel trat, sah ihr ein Gesicht entgegen, vor dem sie erschrak. Waren das ihre Augen, die so unruhig flackerten? War es ihr Herz, das aus ihnen sprach? Und was pochte plötzlich so ungestüm in ihren Adern, daß sie an den Schläfen in blauen Strichen scharf hervortraten? – Vittorio Tenda, der Handwerkersohn, der die brennende Glut seines Herzens im Arno löschen wollte, – der Bettler, dem sie Geld hinwarf statt ihres Herzens, und der es nahm?! Sie wollte eben die Lippen hochmütig schürzen, den Kopf stolz in den Nacken werfen, als die Tränen ihr aus den Augen stürzten, unaufhaltsam. Warum nur, warum?

Während des Aufenthalts der Savellis, der nicht unbekannt blieb – die Tanten hielten einen brieflichen Verkehr mit den Nachbarn um so eifriger aufrecht, je mehr der persönliche unterbrochen war –, machten die Greifensteiner ihren Gegenbesuch. Sie hatten ihn lang genug aufgeschoben, waren doch die Hochsesser von der alten Tradition abgewichen, indem sie ihre Antrittsvisite nicht angekündigt und einfach ihre Karten zurückgelassen hatten, und man sich notgedrungen – man war ja so gar nicht in Toilette gewesen! – verleugnen lassen mußte! Die Baronin Rothausen hatte bei dem nach diesem Ereignis rasch zusammen geladenen Teebesuch der Nachbarn energisch erklärt, daß man der »hochmütigen Ausländerin« beweisen würde, wie wenig gespannt man auf ihre Bekanntschaft sei. In der Tat war die Bezähmung der allgemeinen Neugierde nur das Resultat äußerster Selbstbeherrschung. Sie wäre unmöglich gewesen, wenn man nicht durch die alten Fräuleins so genau über alle Details der jungen Ehe unterrichtet gewesen wäre, und sie hatte jetzt – wo die Kunde von der amerikanischen Milliardärin und ihren fabelhaften Toiletten überall verbreitet war – ihre äußerste Grenze erreicht.

»Wie Sie Ihrer verstorbenen Frau Schwiegermutter ähnlich sehen!« flötete die Baronin nach überaus zärtlicher Begrüßung der »lieben, jungen Nachbarin«, und fügte augenverdrehend hinzu: »daß die Arme ein so trauriges Ende nehmen mußte!«

Vergebens erwartete sie – was bisher von keinem jungvermählten Paar umgangen worden war – den Rundgang durch Haus und Wirtschaft. Norina dachte gar nicht daran, fremden Menschen einen weiteren Einblick in ihre Häuslichkeit zu gewähren, als den in ihre Empfangsräume, und da sie sich ebenso in ihnen bewegte wie in den großen hohen Sälen des Palazzo Savelli, so war das Urteil über sie, das binnen kurzem das Urteil der ganzen Nachbarschaft sein würde, rasch gefällt: »hochmütige, kaltschnäuzige Pute«, dachte Frau von Rothausen bissig und setzte sich ostentativ zu den alten Fräuleins.

Norina versuchte indessen, Hilden in ein Gespräch zu ziehen. Das junge Mädchen, die in den wenigen Jahren, seit Konrad sie nicht gesehen hatte, rasch gealtert war – wie Frauen altern, die nichts haben als ihre Jugend –, tat ihr leid. Sie wußte, daß sie Konrad bestimmt gewesen war; vielleicht hatte sie ihn sogar geliebt, so geliebt, wie sie sich erinnerte von ihrer Erzieherin gehört zu haben, daß deutsche Mädchen lieben: bis zur völligen Aufopferung ihrer selbst. Sie versuchte alle Tasten auf der Klaviatur des Herzens anzuschlagen, vergebens. »Wie verstimmt dieses Instrument sein muß,« dachte sie, bis Hilde plötzlich aus fast peinlicher Einsilbigkeit heraus, von ihrer Kinderfreundschaft mit Konrad, ihrem letzten längeren Besuch auf Hochseß – »wo alle Fäden sich zwischen uns wieder anknüpften,« wie sie geziert bemerkte –, eifrig zu erzählen begann.

»Was wohl aus dem Fräulein geworden sein mag,« meinte sie dann, ihre Stimme erhebend, »die mich damals durch ihr taktloses Benehmen zwang, meinen Aufenthalt abzubrechen? Wie hieß sie doch?! Ach ja – Gerstenbergk – glaube ich, oder Gerstental.«

»Gerstenbergk?« wiederholte Norina fragend.

In den matten Augen Hildens zuckte es triumphierend auf: Sie wußte also offenbar nichts von ihr.

»Ja, Else Gerstenbergk,« entgegnete sie dann; »ein Mädchen, die für irgendein Geschäft Puppen anzog, und die in unbegreiflicher Güte von der alten Frau Gräfin zu ihrer Erholung hierher geladen worden war. Sie war wohl in Berlin, wo dergleichen möglich sein soll, Ihrem Herrn Gemahl nahe getreten.«

Norina lächelte. »Gewiß, Konrad erzählte mir von ihr,« sagte sie, den Kopf hochmütig in den Nacken werfend, »und ich freue mich, auch von Ihnen bestätigt zu hören, daß die Gräfin Savelli uns mit gutem Beispiel voranging. Wir werden den ganzen Eckartshof nunmehr Erholungsbedürftigen zur Verfügung stellen.« Damit ließ sie das Mädchen stehen und ging in Konrads Zimmer, wo Maud als einzige Dame zigarettenrauchend zwischen den Herren saß. Sie sah nur noch, wie Alex Rothausen Konrad lachend auf die Schulter schlug und hörte, als er sagte:

»Spiel doch nicht den Säulenheiligen, Vetter! Du wirst doch nicht leugnen können, Frau Renetta Veit auf Mord den Hof gemacht zu haben.«

Wurden alle Gespenster wieder wach? dachte Konrad müde.

Da trat Norina an den Tisch. Alex schwieg betreten; eine Verlegenheitspause trat ein, die Mauds Lachen unterbrach. »Was die Deutschen komisch sind!« sagte sie; »Norina ist doch kein Kind mehr. Sie weiß so genau wie ich, daß alle Männer vor der Ehe ihre Aventüren haben.« Und Norina stimmte in ihr Gelächter ein.

Nur Konrad sah ihre Blässe und daß sie seinen Blicken auswich. Warum hatte er ihr auch nicht früher von seiner Vergangenheit erzählt, – seiner Vergangenheit, die ihm gar nicht mehr gehörte, seitdem Gegenwart und Zukunft und die ganze Ewigkeit nur unter einem Namen stand: Norina.

Endlich gingen die Gäste, nachdem sie wiederholt auf »gute Nachbarschaft« angestoßen und von dem »reizenden Abend«, dem »entzückenden Zusammensein« gesprochen hatten.

»Wie müde du bist, Liebling,« sagte Konrad, als er danach in Norinas völlig erschlaffte Züge sah. Sie nickte nur. Wenn er sie doch jetzt allein lassen wollte! Aber er ging ihr nach.

»Hast du noch ein wenig Zeit für mich?« frug er zärtlich. Wie hätte sie »nein« sagen können, – sie wollte ihn ja nicht verletzen. Sie nickte wieder.

Und vor dem Kamine sitzend, vor dem er so oft mit der Großmutter gesessen hatte, erzählte er ihr von Renetta – kurz und kühl, ohne sich anzuklagen oder sich zu entschuldigen, eine fremde Geschichte.

Norina schwieg, den Fuchsschwanz des Pelzes, der um ihre Schultern lag, immer wieder durch die Hände ziehend. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Sie wußte genau, wie töricht es war. Was gingen sie Konrads vergangene Neigungen an? sagte ihr Verstand deutlich genug. Dennoch! – Sie dachte ihres ersten Mannes, von dessen leichtfertigem Leben sie zu spät erfuhr, – als die Ärzte das tote Kind ihrem qualvoll zuckenden Leibe längst entrissen hatten, und Wochen der Verzweiflung, der Selbstvorwürfe hinter ihr lagen. Alle Dirnen von Florenz rühmte er sich besessen zu haben! Sie sah mit scheuem Blick zu Konrad hinüber. Warum sprach er nicht weiter? Dieses Weib wird das einzige nicht gewesen sein!

Er hatte die Lippen fest aufeinander gepreßt. An Else dachte er. Durfte er Geheimnisse preisgeben, die die ihren waren? Den Schleier heben, den von ihren Tränen geweihten, den sie selbst darüber gelegt hatte?

»Wer war Else Gerstenbergk?« fragte ihn in diesem Augenblick Norinas hart gewordene Stimme.

Da erzählte er auch von ihr. Und Norina hörte auf, den Fuchsschwanz durch ihre Hände zu ziehen; sie lagen ihr ganz still im Schoß.

»Und – du weißt nichts von ihr? Gar nichts?« frug sie dann.

»Nein – nichts!«

Norinas dunkle Augen starrten sekundenlang ins Feuer. »Ob sie ein Kind haben mag von dir?« flüsterte sie vor sich hin.

* * *

Es wurde einsam auf Hochseß. Die Gäste reisten ab. Der Winter kam. Und immer mehr schien Norina sich in sich selbst zurückziehen zu wollen. Konrad fühlte es, aber er bemühte sich, jedes Gefühl der Kränkung zurückzudrängen. Er suchte sie zu verstehen, ihren unausgesprochenen Wünschen Rechnung zu tragen, auch wenn sie sich oft heimlich davonschlich, um allein in den Wald zu gehen. Und so folgte ihr nur sein sehnsüchtiger Blick, so oft ihre hohe Gestalt in den Zobelmantel gewickelt den Windungen der Hügel entlang auf den verschneiten Parkwegen schritt, oder drunten im Tal dem Lauf des vereisten Baches folgte. Er neidete es dem alten Giovanni, daß er ihr keine Störung war, wenn er, ein treuer Hund, jedem ihrer Schritte leise nachging. Und er atmete erleichtert auf, sah er sie von ihm begleitet in einsame Wege biegen. Er wußte: war des Alten Hand auch zu schwach, sie zu schützen, sein bloßes Erscheinen genügte, um alles in die Flucht zu schlagen. Bei den Aufgeklärten galt er für wahnsinnig; die meisten aber – auch solche, die es nicht Wort haben wollten – glaubten ihn im Besitz höllischer Kräfte und Künste.

War es nicht seltsam, daß er überall erschien, wie aus dem Boden gewachsen, wo Norinas Name anders als in tiefster Ehrerbietung genannt wurde? Daß er den Greifensteinern auf ihren abendlichen Spaziergängen plötzlich begegnete, so daß sie entsetzt zusammenfuhren, und mitten in den intimsten Unterhaltungen der alten Fräuleins auftauchte, ihnen mit einem Grinsen, das höflich sein sollte, irgendeinen verlorenen Handschuh überreichend? Und niemand wagte, sich über ihn zu beklagen, kam er doch immer nur dann, wenn das Gespräch vor dem Hochsesser sich nicht hätte verteidigen lassen. Kürzlich – so erzählten sie sich in allen Gesindestuben – war sein Schatten, klein und krumm und schwarz, an den Fenstern des Pfarrhauses vorübergeschritten, als der Herr Pastor just am Schreibpult stand, um der Frau Baronin auf ihre Bitte, das kleine Gotteshaus auch außerhalb der Predigt offen zu halten, ablehnenden Bescheid zu geben. Greulich gekichert habe er. Der würdige Geistliche sei darob tief erschrocken gewesen! Und nun grübe er allnächtlich im flackernden Lichte einer Bergmannslaterne den verschütteten Eingang der alten Höhle aus, in der vor Zeiten die alte italienische Gräfin zu ihren Heiligen gebetet habe. Die Greislerin, die katholische, wußte es ganz genau und erzählte es trumphierend: Da unten vor dem holzgeschnitzten Bild eines nackten Weibes, hatte der Konrad heimlich die erste Taufe empfangen; ihre Mutter selig wußte den Zug der Priester und der Chorknaben noch gut zu beschreiben, der in der Mainacht leise von Vierzehnheiligen herüber durch die Wälder gewandelt sei. Gewiß: auch das Kind, das Norina unter dem Herzen trug, würde dort unten der allein seligmachenden Kirche geweiht werden.

Norina ging nicht mehr – nachdem sie es zweimal getan hatte – in die protestantische Kirche. Der Herrensitz in dem weißgetünchten Raum unter dem großen braunen Kruzifix blieb leer. Aber zwei Stunden weit in das nächste katholische Pfarrdorf fuhr sie immer häufiger, der Herr Baron mit ihr und der welsche Teufel auf dem Bock. Und der Pastor unten predigte schon von der »Gefahr der Seelen«. Und die Tanten prophezeiten heimlich den Untergang der Hochseß durch die Abkehr vom rechten Glauben.

Norina wußte von all dem Geflüster nichts, denn Giovanni verschloß in sich, was er hörte.

»Der Wald ist wie ein Dom aus Alabaster,« sagte sie einmal, als sie an einem weißen Wintermorgen in Konrads Zimmer trat, »komm mit!« und bittend erhob sie den Blick zu ihm. »Mit tausend Freuden!« rief er. An diesem Tage blieb Giovanni im Turm. Die beiden aber standen andächtig, Arm in Arm, unter den schneeschweren Zweigen, die in zitternden Sonnenstrahlen erglänzten.

»Nun kommt bald der Tau und zerstört meine Kirche,« meinte Norina betrübt.

»Und dann kommt der Frühling und baut sie aus Blättern und Blumen für unser Kind,« flüsterte er ihr zu.

»Und in dieser Kirche, nur in dieser, wollen wir es dem Höchsten weihen!« rief sie begeistert. »Da unten, mein' ich, wohnt er nicht!« Und sie zeigte auf den spitzen Turm, der dunkel aus den weißen Wäldern ragte.

Zu Hause, am Kamin, spann sie ihre Gedanken weiter. »Hast du wohl bemerkt, um wieviel fröhlicher die Menschen in den katholischen Dörfern sind?« sagte sie. »Selbst ihre Kleider sind bunter!«

Er nickte bestätigend: »Man glaubt vielfach, es sei das leichtere Wendenblut, das sich bemerkbar mache!«

»Ich weiß eine andere Erklärung,« entgegnete sie, »bei euch herrscht der Gekreuzigte. In allen Kirchen eine Mahnung an den Tod. Bei uns die Mutter – in jedem Bauernhaus, wo unter ihrem Bilde das Lämpchen glüht, eine Mahnung an das Leben!«

»Warum sprichst du von ›euch‹ und ›uns‹,« meinte er mit einem tiefen ernsten Blick, »haben wir – du und ich – nicht ein Symbol des Heiligsten?«

Sie schmiegte sich an ihn, so zärtlich wie seit Monden nicht. »Ich weiß,« sagte sie, »und darum bitt' ich dich: laß unser Kind nicht unter dem schwarzen Kreuze taufen.«

»Unser Kind!« jubelte er: »am liebsten trüg' ich's nach San Miniato – mitten hinein in Glanz und Licht.«

Von jenem Abend an hörten Norinas einsame Winterwanderungen auf. Im Schlosse aber entstand ein reges Leben. Maurer und Zimmerleute gingen aus und ein; es wurde geklopft, geweißt, gehämmert –

»Die Kapelle der Baronin!« flüsterten sich die Leute vielsagend zu. Und die Gesichter der alten Baronessen wurden lang, ihre Augen verloren wieder jeden freundlichen Schimmer. Giovanni schlug das Kreuz, wenn er sie sah.

»Wir sind die letzten, die die Traditionen der Hochseß aufrecht erhalten,« erklärten sie, nachdem sie schon tagelang dem Nachmittagstee ferngeblieben waren und sich nun feierlich zu einer wichtigen Unterredung bei Konrad eingefunden hatten. »Wir fordern Rechenschaft. Willst du, der Nachkomme eines der ersten evangelischen Ritter Frankens, dein Kind zu einem Abtrünnigen machen?«

»Abtrünnig aller Finsternis – ja!« sagte er, die Stirne runzelnd, um, als sie verständnislos von einem zum andern sahen, mit leichtem Spott hinzuzufügen: »Besänftigt euren Zorn, liebe Tanten, und den des Herrn Pastors: er mag den Staatstalar für die Taufe ruhig aus dem Schranke nehmen.«

Aber die Leute tuschelten einander trotzdem weiter zu: »Die Kapelle der Baronin«, und die Katholiken triumphierten, als von dem Muttergottesbilde die Kunde kam, auf das der leere Raum über dem Altar wartete.

Norina malte in der Kapelle. An den vier runden Säulen rankten sich phantastisch ihre Blumen empor bis in die blaue Wölbung mit den Goldsternen. Aus den Nischen in den Wänden blickten Madonnen; Jesuskinder lächelten vom Schoße der heiligen Mütter. In den kleinen, bunten Fenstern leuchtete dunkelrot die rote Rose von Hochseß.

Indessen übte unten in der Dorfschule der Kinderchor alte Marienlieder.

Und in der Akademie von Florenz saß vor Giottos Demeter-Maria ein junger Maler und suchte das Wunderwerk auf seiner Leinwand zu wiederholen, – Vittorio Tenda.

Ohne Norina davon zu sprechen, hatte Konrad ihn, nachdem die eingeholten Auskünfte die besten gewesen waren, mit der Arbeit beauftragt, indem er ihm zugleich im Palazzo Ritorni die Wohnung anwies.

* * *

Und nun taute der Schnee selbst auf den Höhen; zum Wildbach wurde die Quelle; mit Geschrei und Gezwitscher suchten die heimkehrenden Vögel die alten Plätzchen für ihr Nest. Der Frühlingssturm peitschte die Fahne und sang in den Kaminen sein Schlachtlied.

Norina legte die Pinsel fort. Sie ging durch den Garten und streichelte leise die kleinen, braunen Knospen an den Sträuchern und bückte sich nach den blassen Schneeglöckchen.

Wenn Konrad sie nicht sah, wußte er, wo er sie finden würde: im hellen Zimmer droben vor der weißen Wiege, an deren Decken und Bettchen noch immer irgend etwas zu zupfen und zu nesteln war. Kam er, so schmiegte sie sich stumm in seine Arme. Sie sprach überhaupt kaum mehr. Es gab keine Worte für ihr Empfinden. Nur ihre Augen vermochten ihm noch Ausdruck zu geben.

Die Kapelle war fertig. Nur der Platz über dem Altar war noch leer. Der alte Giovanni hatte sich selbst zu ihrem Wächter gesetzt. Er ließ keinen hinein und war immer da; seine Tiere in der Turmstube vergaß er. Niemand wußte, ob er wohl jemals schlief. An einem der ersten Tage waren die Tanten gekommen, herrisch Einlaß begehrend. Der Herr Pastor wollte wissen, ob es auch mit seinem Glauben vereinbar sein würde, dort zu taufen. Ein krähendes Gelächter antwortete ihnen von innen, als sie den Türgriff niederdrückten. Sie fuhren entsetzt zurück. So oft sie auch wiederkamen, stets stand Giovanni davor, den Eintritt hindernd. Bei einem heftigen Wortwechsel zwischen ihnen kam Konrad dazu.

»Mach Platz, Giovanni!« gebot er, und versuchte, den schwachen, alten Mann beiseite zu schieben. Der aber klammerte sich verzweifelt an die Türpfosten, in seiner Muttersprache laut schreiend: »Laß die bösen Augen nicht herein!« Als er schließlich überwältigt beiseite taumelte, füllte sein Schluchzen den ganzen Raum. Die Fräuleins aber standen kühl und gerade mitten darin, nur ihre Blicke bewegten sich hin und her, spöttisch, mißbilligend, und die Mundwinkel ihrer farblosen Lippen zogen sich tief herab. Von da an brannten Tag und Nacht geweihte Kerzen in der Kapelle, und Giovanni führte noch erbitterter den Kampf gegen die Neugierde. Sobald er von innen die Fenster öffnete, stellten sie von außen Leitern an, um hineinzuspähen. Ließ er sie geschlossen, so flog über Nacht ein Stein durch die Scheiben, ohne daß der frevelhafte Schleuderer zu entdecken war.

Gerade über dem Altar befand sich ein kleines Fenster, aus blauem und rotem Glas kunstvoll zusammengestellt, das aus der oberen Galerie der Halle sein Licht empfing.

»Es sollte vergittert werden,« sagte Giovanni zu Norina, als sie ihrer Gewohnheit gemäß in der Frühe in die Kapelle ging.

Sie wandte sich lächelnd nach dem Alten um:

»Warum gerade dies, das noch niemand zerbrach?«

»Es sollte vergittert werden,« beharrte er hartnäckig.

Jeden Morgen nach der stillen Andachtsstunde trat sie ins Freie hinaus und betrachtete sehnsüchtigen Blickes Bäume und Sträucher. Es war ihr erster Frühling im Norden. Und sie, erfüllt von der Erinnerung an seinen raschen Siegeslauf daheim, wo Rosen und Lilien unter jedem seiner Schritte blühen, erkannte ihn nicht.

»Wie lange das dauert!« flüsterte sie vor sich hin, und aller Glanz wich aus ihren Zügen.

»Hier kommt er nie,« hörte sie hinter sich sagen und erschrak.

An einem Apriltag, als der Westwind Schnee und Regen gegen die Fenster peitschte und die Flammen im Kamin nur mühselig schwelten, saß Norina an der Stätte ihrer Mutterträume. Sie hatte die Läden zugezogen, um das Wetter nicht zu sehen, und im Licht der Lampen Hemdchen und Jäckchen ausgebreitet, um sie Schwester Theresa, der kleinen Nonne mit der großen Flügelhaube, zu zeigen, die seit gestern im Schlosse war und mit immer gleichem Lächeln und gleichem leisen Schritt ordnend und vorbereitend im künftigen Reiche des Kindes hin und her ging.

Sie waren beide so vertieft in ihr Tun und so weit ab von allem Lärm des Hofs und der Wirtschaft, daß die fernen Geräusche kaum an ihr Ohr drangen. Mit jenen weichen, zärtlichen Stimmen, die alle Frauen haben, wenn sie dem Wunder neuen Lebens nahe sind, sprachen sie miteinander.

»Cosimo soll er heißen,« antwortete Norina auf eine Frage der Schwester.

»Cosimo!« wiederholte sie lächelnd; »und wenn es ein Mädchen ist?«

»Fiore« – wie ein Seufzer der Sehnsucht kam der Name über Norinas Lippen; »auf den Hügeln und Feldern um Florenz steht jetzt alles voll bunter Blumen,« fuhr sie langsam fort, die Hände um die Knie gefaltet, und sah ins Weite. Ein aufheulender Windstoß antwortete ihr.

Sie schwiegen. Räder rollten schwer über den Hof. Pferdegestampf – Peitschengeknall. Dann Stimmen – die Konrads zuerst – eine fremde dann. Aber Norina war viel zu müde, als daß sie hätte hinausgehen und aus dem Flurfenster blicken mögen. Dann hörte sie noch ein Hämmern – wie von der Kapelle herauf –

»Das Bild?!« rief sie Konrad voll freudigen Verstehens entgegen, als er nach geraumer Zeit zur Türe hereintrat. Er nickte lächelnd. »Dann –« und ihre Finger schlangen sich wie zum Gebet ineinander, »ist alles bereit für mein Kind!«

In der Kapelle brannten viele gelbe Kerzen, aber es schien, als zöge das Bild auf dem Altar alles Licht an sich, um dann wie durch sich selbst allein zu leuchten. Die wundervolle mütterliche Frau in dem schimmernden weißen Hemd, das die vollen nährenden Brüste ahnen läßt, dem schweren blauen Mantel darüber, der den breiten Schoß, die kraftvollen Knie deckt, ohne sie zu verhüllen, erfüllte den ganzen Raum in ihrer einfachen, beherrschenden Größe. Konnte sie in anderer Umgebung noch Maria sein, hier war ganz und allein Demeter – das Kindlein auf dem Schoß nichts als ein Symbol ihrer Fruchtbarkeit.

Norina sprach kein Wort; ihre Augen begegneten sich mit der Allmutter stillem, großem Blick. Sie fühlte ihn, wie sie keines Priesters Segen gefühlt haben würde.

Dann erst sah sie die Menge der bunten Frühlingsblumen, deren Duft sich mit dem der Kerzen zu süßen Opfergerüchen mischte. Der ganze Altar war bedeckt mit ihnen. »Fiorenze,« flüsterte Norina, ihr Antlitz tief in die blühende Fülle pressend. Tränen hingen ihr in den Wimpern, als sie es wieder hob.

»Du weinst?!« Konrad schlang besorgt den Arm um sie.

Sie lächelte: »Vor Freuden.«

»Und du fragst nicht einmal nach dem Künstler, dem wir dies Werk verdanken?« meinte Konrad lächelnd, als sie die Kapelle verließen.

»Die Kopie ist so glänzend, daß sie den Kopisten vergessen macht,« entgegnete sie, »immerhin: wer ist's?«

»Vittorio Tenda.«

Überrascht blieb Norina stehen. »Vittorio Tenda?!« wiederholte sie und fügte mit dem Ton aufrichtigen Bedauerns hinzu: »Also ist er doch kein großer Künstler geworden!«

Fragend sah Konrad sie an. »Wer in einer Kopie mit keinem Strich sich selbst verrät,« erklärte sie, »kann doch ein Eigener nicht sein!«

»Vielleicht hast du recht,« sagte er, »aber ihm selbst mußt du es nicht verraten.«

»Ihm selbst?!« Es klang wie ein Schrei.

»Er bat mich, da er sowieso nach Berlin zu reisen gedachte, das Bild persönlich überbringen zu dürfen.«

Sie betraten die Halle; aus einem der tiefen Lederstühle erhob sich die Gestalt eines Mannes. Norina fuhr zusammen, den Fremden anstarrend wie eine Erscheinung, während sie sich schwer auf Konrads Arm stützte.

»Kennst du ihn nicht mehr, Norina?« sagte dieser, »Vittorio Tenda, der für dich Demeter-Maria malte.«

Der Fremde verbeugte sich. Mit einem scheuen, flüchtigen Blick sah sie ihn an und schüttelte kaum merklich den Kopf.

»Sie glauben mir nicht, gnädige Frau?« klang eine Stimme wie der tiefe Alt einer Frau.

»Ich danke Ihnen,« sagte sie mit einem leichten Neigen des Hauptes und wandte sich der Pforte zu.

Konrad, erstaunt über ihre ablehnende Kühle, hielt sie sanft zurück. »Auch die Blumen, die dich so entzückten, sind von ihm,« erklärte er in zuredend-eindringlichem Tone.

»Von Ihnen, wirklich von Ihnen?« rief sie aus, und ihre Hand, weiß leuchtend im Kerzenlicht, streckte sich ihm entgegen.

»Ich bin derselbe, ganz derselbe, der sie Ihnen einst gepflückt, dem Sie erlaubten, sie Ihnen zu schenken,« sagte er mit dem vollen Pathos des Italieners, der jedem Worte durch den Ton erst den Sinn verleiht. Dabei zog er ihre Hand sehr langsam an seine vollen, roten Lippen.

Mit der Geste einer Königin ging sie an ihm vorüber, ohne ein weiteres Wort mit ihm zu wechseln. Am Abend bat sie den Gatten, auf ihrem Zimmer speisen zu dürfen.

»Ich vertrage fremde Menschen nicht mehr,« sagte sie, beide Arme um seinen Hals legend, mit einem freien Blick in sein Gesicht; »laß mich diese Tage ganz allein mit dir sein.«

»Aber Abschied wird er doch von dir nehmen dürfen?« meinte Konrad voll zärtlichen Dankes für dies Zeichen ihrer Liebe.

»Abschied?!« sie atmete wie erleichtert auf. »Er mag kommen! Ich fürchtete schon, du hieltest ihn länger zurück.«

»Wie könnte ich?!« Und er küßte sie zärtlich auf die Augen, »wo wir – seiner warten, der uns vollenden soll!«

»Zur Dreieinigkeit,« ergänzte sie leise.

Als Vittorio Tenda in ihr Zimmer trat, saß sie am Kamin, die schmalen Füße dicht an der Flamme.

»Wie Sie frieren müssen!« sagte er, lebhaft auf sie zutretend, statt aller Begrüßung.

Sie zog die Füße zurück, warf den Pelzkragen von den Schultern und entgegnete hochmütig: »Gar nicht!«

»Ich habe Sie nie vergessen, Norina,« fuhr er fort, den Stuhl näher rückend, während seine Augen die ihren suchten. Sie wich ihnen aus wie ein gejagtes Wild den Hunden, die auf seinen Fersen sind. Dann maß sie ihn von oben bis unten mit einem kühlerstaunten Blick.

»Ich wurde an Ihre Existenz erst erinnert, als mein Bruder von Ihnen erzählte;« – hart fielen die Worte von ihren Lippen.

»Sie haben auch hier Klosterzellen für – Verbannte, nicht wahr? Darf ich kommen, Norina?« sprach er unbeirrt weiter; wieder versuchte sein Blick, sie zu bannen. Es war wie ein stummer Kampf. Plötzlich griff sein Auge zu, eine Diebeshand. Sie erblaßte, erhob sich und – mit der Rechten auf der Stuhllehne sich stützend, als fürchte sie zu fallen – sagte sie ruhig:

»Es ist spät, Herr Tenda. Es wäre mir peinlich, Sie vor Ihrer Abreise Ihrer Nachtruhe beraubt zu haben.«

Noch eine stumme Verbeugung, und er ging. Als aber die Türe sich öffnete, prallte er zurück, und schreckhaft zuckte Norina zusammen: Giovanni richtete sich auf vor ihm, als habe er auf der Schwelle gelegen.

* * *

In der Nacht darauf gab Norina einem Knaben das Leben. Nicht einen Wehlaut hatte sie nötig gehabt, auszustoßen. Keinen Augenblick lang war der Ausdruck lächelnder Freude von ihrem Antlitz gewichen. Das Kind aber war am Körper ganz weiß, hatte den Kopf voll geringelter, goldener Löckchen und schlug ernst und stumm ein Paar große tiefblaue Augen auf. Während des ganzen folgenden Tages blieben sie offen mit einem großen, fremden Staunen und quälenden Grübeln, als müßte das Seelchen, das sie belebte, in diesen Stunden des Daseins Rätsel lösen. Erst als die Sonne, gelb und feindselig, hinter matten Frühlingsnebeln erlosch, legte sich ein dunkler Schleier über sie. Das Kind war tot.

* * *

Und die Mutter wollte sterben. Aber das Leben hielt sie unerbittlich in seinen Krallen. Tage- und nächtelang saß Konrad an dem Bett der Fiebernden. Sie erkannte ihn nicht. »Kerkermeister,« flüsterte sie flehend, während er sorgsam die Eisblasen auf ihrem Kopfe wechselte, »nimm mir die Krone vom Haupt. Ich bin keine Madonna.« – »Kerkermeister,« kam es mit rührendem, verhaltenem Jubel von ihren Lippen, während er ihren abgemagerten Körper aus dem Bette hob, »trag' mich hinaus – hinaus zu meinem Kinde!«

Immer rannen ihr die Tränen über die blassen Wangen wie aus einem unerschöpflichen Born. Einmal schlüpfte Giovanni, den Konrad sorgfältig ferngehalten hatte, weil sein Verstand ganz verwirrt war und er die Kranke hartnäckig Lavinia nannte, unbemerkt in seinem alten fleckigen Pierrotkostüm in Norinas Zimmer und tanzte vor ihrem Bett. Da lachte sie hell auf. Von nun an durfte er täglich zu ihr. Er war sehr komisch: er spielte auf der Gitarre lustige Melodien und krähte wilde Liebeslieder dazu, er machte Harlekinsprünge mit seinen dünnen, zitternden Beinen und deklamierte dabei Erklärungen glühender Leidenschaft. – Und Norina lachte. Man würde den Alten gerufen haben, wenn er nicht stets, seiner Stunde wartend, schon vor der Türe gestanden hätte.

Konrad hatte verschiedene Autoritäten an das Lager des geliebten Weibes geholt und alle empfohlenen Mittel und Methoden versucht, obwohl einer der Ärzte dem anderen stets widersprach. Dann schrieb er an Warburg. Der Freund ließ ihn nicht lange warten. Als er kam, brach Konrad zum erstenmal zusammen. Bis dahin hatte er sich beherrschen müssen, jetzt endlich, endlich durfte er verzweifeln! Er sprach rückhaltlos von allem: von seiner Liebe und seiner Enttäuschung, seiner unerlösten Sehnsucht, seinem Hoffen, das nun seines Lebens einziger Inhalt sei. Und mit jener stummen Anteilnahme, die wohltuender ist als Worte, die dem Leidenden immer nach Phrasen klingen und als Fragen, die immer wie Neugierde wehe tun, hörte Warburg zu. Dann sagte er, des Freundes Hand fest in der seinen haltend: »Erinnerst du dich eines Ausspruchs von Pawlowitsch und deiner Antwort darauf?« – Konrad schüttelte den Kopf. – »›Nur ein sinnloser Spieler setzt alles auf eine Karte‹, sagte er, ›oder ein Held‹, antwortetest du. Und ein Held, mein lieber Konrad, wird immer siegen.« »Auch wenn er untergeht,« ergänzte dieser ernst.

Warburg untersuchte und beobachtete Norina lange, ehe er ein Urteil abgab. »Ich glaube, sie wird dir erhalten bleiben,« sagte er schließlich. Ein Ausruf des Glücks drängte sich auf Konrads Lippen, aber ein Blick in des Freundes ernste Züge wandelte rasch seine Freude. »Du verheimlichst mir etwas?« frug er besorgt.

»Nein, denn jede Verheimlichung wäre in diesem Augenblick ein Unrecht gegen dich,« entgegnete Warburg ruhig. »Des Fiebers wird ihre starke Natur Herr werden, besonders wenn wir den alten verrückten Seiltänzer entfernen. Aber nach allem, was ich von dir weiß, schließe ich, daß sie, die ganz auf die Erfüllung ihres Muttertraums eingestellt war, sich seelisch schwer erholen und – du siehst, ich bin bis zur Härte offen – dich als eine der Ursachen ihres Unglücks ansehen wird.«

»Sage nur ruhig: als die Ursache,« erwiderte Konrad, aber sein Blick blieb hell, fast froh dabei. »Ich werde sie zurückerobern, und wenn ich meine Kräfte verdoppeln sollte.«

Warburg sah ihn prüfend an: »All deine Kräfte, deine reichen Kräfte für – ein Weib,« murmelte er mit leisem Tadel.

Konrad lächelte wehmütig: »Du hast anderes von mir erwartet, ich weiß. Ich sollte ein Krieger werden, einer, der um Menschheitsgüter kämpft. Gibt es die Güter nicht – oder bin ich kein Krieger, – wer kann es entscheiden?! Eins nur weiß ich: daß mir Norina die Verkörperung alles Größten und Schönsten wurde, daß meine Unrast in ihr Ruhe, meine Sehnsucht in ihr Erfüllung findet; daß vielleicht, und dies mag dir zum Troste dienen, durch sie der Krieger in mir erwacht, und ich mit ihr die Güter finde, um die das Leben einzusetzen sich lohnt.«

Aber trotz des Freundes Zuversicht wurde Warburg die Sorge nicht los und beschloß, zunächst in seiner Nähe zu bleiben. Seiner kühlen Ruhe gelang, woran Konrad immer wieder scheiterte, weil er Norina keine Freude zu rauben vermochte: Giovanni nicht mehr zu ihr zu lassen. Wohl tobte der Alte und drohte mit Gewalt. »Hundert Jahre dien' ich um Monna Lavinia,« schrie er, »nun will ich meinen Lohn: ihre schwarzen Haare und ihre weißen Füße. Der Tod dem, der ihn mir raubt!« – Aber Warburg nahm ihn mit einem einzigen festen Griff beim Arm und führte ihn in sein Turmzimmer, ihn in den alten wurmstichigen Lehnstuhl niederdrückend. Aus dem staubigsten Winkel des völlig verwahrlosten Raums kroch eine große Schildkröte mit verrunzeltem Greisengesicht unter des Seiltänzers Füße, und ein kläglich miauender Kater, der graue Haare hatte, rieb den krummen Buckel an seinem Arm. Mit den beiden unterhielt sich Giovanni von da an unablässig. Denn sie antworteten ihm, obwohl es niemand hörte.

Konrad besuchte ihn oftmals am Tage, um sich zu versichern, daß er noch da war. Der Alte lachte ihn stets lustig an und erzählte, was er von den Tieren erfahren haben wollte. »Signor Tenda,« flüsterte er einmal geheimnisvoll, während ein gelbes Funkeln sich in seinen kleinen Augen entzündete, »geht des Nachts durch den Park auf leisen Sohlen, und seine Seufzer schweben wie große, schwarze Nachtschmetterlinge durch Monna Lavinias Fenster –«

»Signor Tenda?!« wiederholte Konrad überrascht, »du irrst, Giovanni, er ist längst in Berlin.«

Der Alte kicherte: »Willst du klüger sein, Bambino mio, als der Kater?! Der schlich auf der Terrasse den vielen Wühlmäusen nach, die das Haus unterhöhlen, und sah den Fremden leibhaftig.« Giovanni rutschte vom Sessel auf die Knie und hob flehend die dürren Greisenhände zu seinem Herrn. »Laß den alten Seiltänzer frei,« bettelte er, »daß er dir Monna Lavinia hütet.«

Mit einem peinlichen Gefühl, das er nicht zu bannen vermochte, verließ ihn Konrad. Er forschte nach dem Maler. Vergebens. Und erleichtert atmete er auf.

* * *

Norina erholte sich zusehends. Als das Fieber gewichen war und die wirren Phantasien verstummten, begann sie langsam, mit scheuer, fremder Kühle, an dem Geschehen um sie her wieder Anteil zu nehmen.

»Du wirst viel Geduld haben müssen,« sagte Warburg zu Konrad.

Der nickte: »Meinst du, ich wüßte das nicht?!« Mit zarter Sorgfalt, jede leidenschaftliche Aufwallung, die sie verletzen könnte, unterdrückend, umgab er Norina. Und sie war wie ein ungeschicktes, verlegenes Kind im stillen Dank, den sie äußerte.

Aber wenn er nur ihre Hand berührte, wurden ihre schmalen Wangen fahl. Und wenn er sie sanft mit einer brüderlichen Gebärde auf die Stirn küßte, preßten sich ihre Lippen krampfhaft zusammen.

Sie verlangte nach Giovanni; »er spricht toskanisch,« meinte sie schüchtern, als müsse sie sich um ihrer Bitte willen entschuldigen. Von da an schenkte der Alte wieder wie einst den Wein in die Gläser. Und jeden Mittag prangte ein Strauß frischer fremder Blumen vor ihrem Teller, die er irgendwo in einem sonnigen Winkel heimlich gezogen hatte. Er strahlte, wenn er sie sah, zitterte, wenn sie ihm dankte, und mit tiefem, unheimlichen Feuer verfolgten sie seine Augen, wo sie ging und stand.

»Fürchtest du ihn nicht?« frug Warburg sorgenvoll, als sie eines Abends, nachdem Norina sich wie gewöhnlich früh zurückgezogen hatte, zusammensaßen. Konrad lachte: »Der arme Narr! Er würde sich eher vierteilen lassen, als daß er uns etwas zuleide täte.«

Sie kamen auf die verschiedenen Formen menschlicher Liebesleidenschaften zu sprechen, und ihre Unterhaltung wurde allmählich intimer.

»Je differenzierter wir werden, um so seltener scheint die eine große Liebe zu sein, die uns ganz ausfüllt, Seele, Geist und Körper in gleicher Weise ergreift,« sagte Warburg.

»Ich glaube, du bist ein lebendiger Widerspruch deiner Theorie,« antwortete Konrad, zum erstenmal seit ihrem Zusammensein eine Anspielung auf Walters nie erloschene, gleichmäßig tiefe Neigung wagend.

»Du irrst, lieber Freund,« antwortete der, »denn ich bin nicht differenziert, bin vielmehr eine einfache Natur – ein Alltagsmensch, sozusagen. Darum liebt sie mich auch nicht, sie, deren Wesen so gar nichts vom Alltag weiß.«

»Wie aber konnte sie jemals einen Gerhard Fink liebgewinnen!« rief Konrad aus.

»Ich gebe mich als der ich bin; in ihn, der seine Beschränktheit als einen Theatermantel um sich zu drapieren verstand, konnte sie alles mögliche hineingeheimnissen.«

»Sie konnte, sagst du? – Ist ihre Ehe wieder getrennt?« frug Konrad überrascht.

»Sie wurde niemals geschlossen.«

»Wie?!«

Warburg lachte bitter. »Die Eltern Finks nahmen Anstoß an der Jüdin und an dem schlechten Ruf, den sie haben soll! Er aber – zu allem kraftlos, sowohl zum Widerstand den Eltern wie zum Bruch Frau Sara gegenüber – fügte sich.«

»So ist es eine freie Ehe?«

»Ich – weiß es nicht,« entgegnete Warburg zögernd. »Ich weiß nur, daß sie leidet – sehr leidet. Aus allen Enttäuschungen des Herzens und Geistes flüchtete sie in diese Liebe. Vielleicht –« und er schloß die Augen mit einem wehen Lächeln – »flüchtet sie noch einmal, Schutz vor sich selber suchend, zu mir.«

Erstaunt, fast verletzt, sah Konrad ihn an: »Und ein solches Geschenk könntest du nehmen?!«

Warburg erhob sich und legte die Hand auf die Schulter des ihn weit überragenden Freundes, während ein müder, gespannter Zug sich um seine Mundwinkel grub. »Wir werden uns alle bescheiden müssen,« sagte er, »keine unserer Jugendhoffnungen hat sich erfüllt. Unsere Ideale sind schal geworden.«

Dann nickte er versonnen und ging durch das große Zimmer, das die verlöschende Glut im Kamin nur noch mit leise flackernden blauen Flammen spärlich erhellte, hinaus, wo der dunkle Flur ihn verschlang.

Konrad starrte ihm nach. »Unsere Ideale sind schal geworden,« wiederholte er sehr langsam. Jedes der fünf Worte bohrte sich ihm wie ein Pfeil ins Herz.

Da öffnete sich die Türe wieder. »Bambino,« zischte es, »er ist wieder da – er – der Maler!«

Konrad fuhr auf und ging dem Voranschleichenden nach. Wahrhaftig: Draußen auf der Terrasse, auf die Norinas Fenster still und dunkel herabsahen, drückte sich Vittorio Tendas Gestalt in den Schatten der Lorbeerbäume.

Mit einem festen Schritt stand Konrad vor ihm und bohrte seinen funkelnden Blick in das erblassende Antlitz des Italieners.

»Was suchen Sie hier bei Nacht und Nebel wie ein Einbrecher?!« Er dämpfte die Stimme um Norinas willen, wo er sie am liebsten zum Brüllen gesteigert hätte.

Tenda rührte sich nicht. Ebenso leise, die haßerfüllten Augen auf den anderen gerichtet, sagte er: »Nichts.«

Noch näher trat Konrad dem Ertappten, so daß er seinen heißen Atem zu spüren glaubte, während Giovanni geduckt, beide Hände gespreizt, zum Zuspringen bereit, sich dicht neben ihm hielt.

»Durch ihre nächtlichen Spaziergänge kompromittieren Sie meine Frau.«

Tenda warf den Kopf in den Nacken: »Ich bin zu jeder Genugtuung bereit.«

Mit einem Blick eisigen Hochmuts maß ihn Konrad von oben bis unten: »Damit durch das romantische Ereignis Dienstbotenklatsch zum Skandal der ganzen Gegend wird und Sie sich in Ihrem Heldentum sonnen?!«

»Soll ich ihn würgen, Bambino mio?!« schrie in diesem Augenblick Giovannis Stimme grell dazwischen.

»Still!« zischte Konrad. Der Alte prallte zurück. Sie horchten sekundenlang alle drei zu den Fenstern hinauf. Nichts rührte sich.

»Sie kommt zuweilen und schluchzt in die Nacht hinaus,« murmelte Tenda vor sich hin, »mich bemerkte sie nie.«

»Das weiß ich,« sagte Konrad laut und hart, »sie hätte Sie sonst davongejagt.« Dann nahm seine Stimme wieder den Ton beherrschter Ruhe an: »Sie sind von morgen ab auf dem Eckartshof mein Gast. Ich werde Sie, um jedes Gerede im Keime zu ersticken, ein paar Tage lang an meinem Tische dulden und dann –« er machte eine verächtliche Gebärde, die nicht mißzuverstehen war.

Tenda zuckte zusammen und ballte die Fäuste.

Ohne einen Gruß, erhobenen Hauptes, wandte sich Konrad dem Hause zu.

Norina empfing die Nachricht von dem Gast mit steinerner Ruhe. »Ich werde auf meinem Zimmer essen,« sagte sie. »Ich wünsche das nicht,« entgegnete Konrad kurz und fest. Sie neigte den Kopf tief auf die Brust. Erschüttert von dieser Bewegung eines Gehorsams, der nichts als Gehorsam war, versuchte er sie behutsam an sich zu ziehen. »Es war nur eine Bitte, Geliebte,« flüsterte er. Sie entzog sich ihm nicht, aber sie blickte ihn an, groß und fremd, als sähe sie ihn zum erstenmal.

Als der Gast gekommen war und sie ins Zimmer trat, blieb sie sekundenlang in der Türe stehen; ihr weißes Gesicht leuchtete wie der blasse Mond in dunklen Herbstnächten aus dem Schwarz ihrer Haare, ihrer Gewänder. Tenda starrte sie an, selbstvergessen, mit einem Ausdruck so schmerzreicher Liebe, daß Konrads Zorn vor diesem Anblick langsam zu weichen begann. Was konnte der Arme dafür, daß er sie liebte, hoffnungslos liebte – fast wie er?! Und er versuchte, etwas wie ein Gespräch in Gang zu bringen. Es fiel ihm nicht schwer, denn Tenda übernahm alle Kosten der Unterhaltung. Er erzählte. Von Paris zuerst. Aber nicht von seinem Glanz und seinen Freuden, sondern von der stillen Schönheit seiner Gärten mit ihren grauen Bildsäulen und gelbroten Pflanzenkübeln, von dem melancholischen Reiz des linken Seineufers mit den verstaubten alten Büchern und Bildern auf den verwitterten Ufermauern, vom Park von St. Cloud mit seinen geraden Kastanienalleen, die sich im Himmel verlieren, und dem Blick auf die ferne ruhende Stadt, die die silberne zitternde Luft zärtlich umhüllt. Er sprach, als male er. Norinas Blick wurde um ein weniges heller. Sie sah seine Bilder.

Von Trouville erzählte er dann, wo um die hochhackigen Schuhe geschminkter Frauen der weiche weiße Seesand sich schmiegt, in überladenen Kasinosälen das Gold über die grünen Tische rollt, wo der Wind wütend das nordische Meer mit seinen immer graugrünen kalten Wellen peitscht und an den Schleiern der Schönen unwirsch zerrt, wo von den prunkenden Villen auf der Höhe enge schmutzige Gassen herunterfuhren, in denen die teuersten Dirnen der Welt sich ausstellen.

Er machte eine Pause und sah zu Norina hinüber. Ihr Mund verzog sich – aber sie lauschte.

»An Italiens Meer, Signora, floh ich von dem strengen Gestade,« fuhr er fort, »dahin, wo seine dunkelblauen Wogen San Marcos heilige Füße küssen, wo große Künstler, voll Ehrfurcht vor der Natur, nicht wagten, im Angesichte ihrer Majestät etwas anderes zu bauen als Dome und Paläste. Und Italiens Frauen sah ich wieder, vom sonnendurchglühten Wasser die schlanken Glieder umschmeichelt, geschmückt mit der Fülle unserer Blumen –« Er verstummte, von der eigenen Leidenschaft erschüttert. Auf Norinas Wangen lag purpurne Röte. Da brach ein Glas klirrend entzwei; Giovannis zitternde Hände hatten es beim Einschenken umgestoßen.

Später als es ihre Gewohnheit war, zog sich Norina an jenem Abend zurück, und es war, als ob ihr Fuß noch auf der Schwelle zögere. Auf dem Flur schlich ihr der Alte nach, und im Augenblick, da sie die Türe ihres Schlafzimmers öffnen wollte, warf er sich ihr, wild aufheulend, in den Weg.

»Hundert Jahre diente ich, Monna Lavinia – hundert Jahre –« schluchzte er, ihre Knie umklammernd.

Ein Gefühl, aus Ekel und Mitleid gemischt, kräuselte ihre Lippen. »Armer Narr –« sagte sie und befreite sich mit einer einzigen Bewegung von den dürren Armen, die ihr den Eingang wehrten. Kaum war sie hinter der Türe verschwunden, als er sich ächzend aufrichtete. »Armer Narr, sagst du –« murmelte er, während die tausend Falten auf seinem Gesicht sich verzerrten und seine Gestalt sich reckte, »weh mir, daß ich weiser bin als alle.«

Am nächsten Tage bediente er nicht bei Tisch. Da und dort hatte man ihn im Schlosse schlürfen hören, aber niemand bekam ihn zu Gesicht.

Auch Norina blieb auf ihrem Zimmer. »Fühlst du dich nicht wohl, geliebte Frau?« frug Konrad, dem sie ihren Entschluß ohne Begründung hatte mitteilen lassen.

Mit einem langen zärtlichen Blick – dem ersten seit vielen Wochen – sah sie ihm gerade ins Gesicht.

»Ich darf mich nicht so viel erinnern, Konrad,« und ganz schwer, wie belastet von Gedanken, fiel jedes Wort aus ihrem Munde. »Seit mir das Kind nicht blieb, bin ich so fremd geworden – mir selbst – dir – allen! Hilf du mir,« – flehend und wie von Angst geweitet, ruhten ihre Augen auf ihm, – »daß ich nicht noch weiter fort muß.« Von ungeweinten Tränen geschüttelt, barg sie den Kopf an seiner Schulter. Und er preßte sie an sich, von neuer, heißer Hoffnung durchströmt, daß sie ihm wieder gehören würde.

Warburg atmete förmlich auf, als er erfuhr, daß Norina zum erstenmal von ihrem Unglück gesprochen hatte. »Jedes Redenkönnen ist schon eine Befreiung,« sagte er, »nur das tiefste Leid, das noch unerlöste und nicht zu erlösende, bleibt stumm.«

Während Konrad mit seinen Gästen bei Tische saß – eine gequälte Tafelrunde, bei der schließlich keiner mehr sich die Mühe gab, ein Gespräch aufrechtzuerhalten – betrat Norina die kleine Kapelle. Die Türe knarrte im Schloß, irgendwo knirschte der Fußboden. Sekundenlang hob sie in erschrecktem Lauschen den Kopf. Niemand sollte ihr folgen. Sie mußte allein sein. Alles blieb still; was sie noch hörte, war wohl nur das Klopfen ihres eigenen Herzens gewesen. Die Luft im Innern des geweihten Raumes schlug ihr atembeklemmend entgegen, denn seit dem Tage vor der Geburt des toten Kindes war die Kapelle nicht mehr geöffnet worden, und vor Demeter-Maria standen noch in ihren Schalen die armen, welken Frühlingsblüten Italiens; ihre feuchten, faulenden Stengel, ihre trockenen, verwesenden Blätter breiteten einen Geruch nach Sumpf und Moder aus. Norina aber griff mit einem Blick sehnsüchtigen Verlangens mit beiden Händen in das dürre Laub und preßte es krampfhaft an ihr blasses Gesicht; in grauen Staub zerfallend, zerrann es zwischen ihren Fingern.

An dem kleinen Fenster über dem Altar raschelte es. Wie lebendig funkelnd die roten und blauen Gläser niederstarrten!

»Es sollte vergittert werden –« hatte das nicht einmal irgendwer gesagt?

Ihre Augen, um die sich tiefe Ringe legten, wanderten durch den Raum: wer hatte die bunten Blumenbilder um die Säulen geschlungen? Gab es noch eine Erde, der sie lächelten?! Wer hatte die blaue Wölbung mit den goldenen Sternen darüber gespannt? Gab es noch einen Himmel, der also leuchtete?! Vom Schoße Demeter-Marias schien der üppige Knabe die ganze Welt jubelnd umarmen zu wollen – er hatte die Augen so blau wie die Adria und Haare wie die Sonnenstrahlen, wenn sie Santa Maria del Fiore küßten. Norina brach lautlos zusammen.

Das Fenster über dem Altar splitterte. Sie hörte es nicht. Rote und blaue Scherben regneten herab. Sie merkte es nicht. Ein faltiges Greisengesicht erschien in der Öffnung, mit Pupillen in den Augen wie gelber Bernstein. Sie sah es nicht.

Von draußen her klangen Schritte. Da horchte sie auf, die Hände krampfhaft ineinander verschlungen.

»Sie erreichen den direkten Zug nach Italien,« sagte Konrads Stimme; die höflich-kühle Warburgs danach: »Werden Sie sich aufhalten unterwegs?« Und schließlich Vittorio Tendas weicher Bariton: »Nein. Wie könnte ich auch nur eine Stunde verlieren wollen?« –

Norina war aufgesprungen, mit fliegenden Pulsen, glutheißen Wangen – schon griff sie nach der Türe, da zuckte ihre Hand, als hätte sie in Feuer gefaßt, zurück, ihre Augen starrten entgeistert. Der Kopf zwischen dem Fensterrahmen über dem Altar verschwand. Ein Strom fahlen, weißen Lichtes zerschnitt die warme Dämmerung der Kapelle. Aufstöhnend schwankte Norina dem Altar zu. Hart schlug ihr Kopf auf die Stufe.

Und die Pforte sprang auf mit beiden Flügeln. Und ein Etwas stürzte herein –, und im Nacken Norinas saß ein Dolch.

Und rot sprang ihr Blut wie ein Quell über ihre lange, schwarze Schleppe – – –

 


 << zurück weiter >>