Georg Bötticher
Gedichte
Georg Bötticher

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Zechers Rat

              Mein lieber Sohn, bezech dich nie allein,
Laß einsam dich auf keine Bowle ein!
Die Götterlust, die mächtig dich erfaßt,
Wenn du den Zaubertrank erst in dir hast –
Wie willst du, sag mir, würdig sie verwerten,
Fehlt's dir an gleichgestimmten Zechgefährten?

Mit Engelsflügeln fühlst du dich beglückt.
Sag es der Welt: – Sie hält dich für verrückt!
Die schnöde Welt – daß sie der Henker hole! –
Trank ja nicht mit von deiner Götterbowle –
Sie sitzt und kaut und schlingt, indes du fliegst
Und jubelnd dich in Himmelslüften wiegst!

Du fliegst – zu Füßen dir das Weltenall!
Der Erde Glanz und Schimmer – Rauch und Schall!
Freundschaft und Liebe, alles Große, Schöne
Umklingt dich, aufgelöst in Sphärentöne –
O Götterlust! und doch – o Herzeleid:
Einsam, allein – bei all der Seligkeit!

Drum, lieber Sohn, bezech dich nie allein:
Lad' einen dir, lad zwei und drei dir ein.
Die Götterlust, die mächtig dich erfaßt,
Wenn du den Zaubertrank erst in dir hast –
Du kannst sie, glaub mir, würdig nie verwerten
Fehlt's dir an gleichgestimmten Zechgefährten!

 


 


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