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Das heilige Buch der Liebe / Aus dem Tamulischen

Der König verläßt ruhmbegierig sein junges Weib und zieht in den Krieg. Er hat seine Feinde besiegt und ist auf dem Heimweg, als er den Mädchen begegnet.

Und sie lehren ihn unbekannte Künste vielerlei und bieten seinen verlangenden Sinnen Sträuße ihrer Lotosblumen. Mit ihrem versüßten Munde liebkosen sie ihn, wenn er weich geworden und erfrischen ihn im Schnee ihrer Brüste. Sie ziehen den König in ihre immer bewegten Gruppen und zeigen ihm ausgelassene Spiele, daß er nicht weiß, welcher er gibt und von welcher er empfängt. Sie drücken ihn an ihren Mund und in ihre Lotosblume und sperren ihn ein in den blumigen Kumil, der neben der Tillae, dem Platz der Liebe ist. Die jungen Frauen, deren Brust in ein enges Gewand gepreßt ist, zeigen die Gazelle oder den Reiter oder den Schwimmer. Auf tausend Arten versuchten sie die Kräfte des Königs zu erschöpfen, der stark ist wie ein Elefant, aber sie erschöpfen sich selbst.

Das Gerücht von der Untreue des Königs bei den Mädchen kam zur Königin, die darüber traurig und voll Eifersucht auf ihrem einsamen Lager ward. Und als er kam, machte sie ihm Vorwürfe und sprach so: »Oh, König meiner verlassenen Tillaeblüte, gib weg von mir dein Verlangen. Ich kenne die Künste deiner Mädchen nicht. Rühr mich nicht an und beflecke nicht mein reines Gewand.«

Die Königin macht sich auf zu den Mädchen, um von ihnen zu lernen. Sie lehren sie alles, und versprechen ihr, den König aufzugeben. So kehrt sie heim und empfängt den König wieder mit Freuden. Ein König der Erde kam des nachts mit dem Monde in Flockenwölkchen schwimmend und trug einen Bogen in seinen Blumenhänden. Er bot sich den Mallikablumen, die die Tillaeblüte umgeben, wo jener wohnt, der das Feuer in seiner Hand hält. Und so kamen wieder in die Macht des Königs diese Brüste, die der Gnade des ewigen Gottes gleich sind. Und in den Kelch des Lotos war im Verlangen frisch der Tau gefallen. In dem Kampfe gewann des Königs Krone den Schmuck der kleinen Blumenfüße der Königin. In dem Ozean seiner Lust ergriff er die Füße und trank den Honig, der in kleinen glänzenden Perlen aus ihrem leuchtenden Lotos strömte. Die roten Lippen zitterten, die schwarzen Augen wurden weit; und sie fiebert und stammelt sinnlose Worte in seiner Umarmung. Und mehr noch verlangte der König: Ich will deine Brüste drücken und darin mich mit Leben und Seele betten, hier zwischen den Hügeln mit den runden Wellen und hier in den Kelch des blühenden Kumil. Ich will dich sinnlos machen und toll und voll rätselhaften Schmerzes, der sich wie Lust fühlt. Ich will, daß deine Zunge mir die fünf Pfeile der Liebe des Gottes Kamadeva stoße, daß sie mir ins Herz eindringe durch den Kelch des Kumil, der sich weitet und engt, während ich dich in meinen Armen erdrücke. Kamadeva, den Gott des Verlangens, wollen wir feiern, und Gringarayoni, den des Rausches, Ragarazu Lingam, den Gott der Vereinigung, Ragatschurna, den Gott der Ohnmacht in Wollust, Ratanaritcha, den leisen Verführer und Berührer, Madana, der toll macht, Vel Ragaranta, dessen Gestalt eine Lanze ist, und Nelumbo Makare Ketu, deren Banner die Lotosblüte. Die Königin mit den großen Blumenaugen merkte vergehend, daß in allem, was der König tat, die Lehre der Mädchen war. Und sagte: »Ist es deiner würdig, daß du mich verlangst?« Und sie wollte nicht, daß der Gatte sich in ihren blumigen Kumil aufbäume, und gab ihm ihre Lippen und ihre kleinen Zähne und gab den Honig ihrer Zunge. Aber dann zögerte sie. So stand der König auf und sagte, das Lager gäbe nur Platz für einen.

Kamen die Gefährtinnen der Königin, sie zu trösten, und sprachen von den Künsten des Königs, aber immer mußte sie heftig an das denken und ganz fühlen, was sie vom König erfahren hatte.

Er ist in meinem Herzen und in meinem Lotos, der zittert und bebt. Ach, seine Zunge ist die Blume des Verlangens, seine Hände sind der Bogen des Liebesgottes und sein Schaft ist die Säule des Lebens.

Der König aber ging wieder zu den Mädchen, aber er mußte doch in den Räuschen, die sie ihm gaben, an die ganz anderen Köstlichkeiten seiner Geliebten denken.

Auf der Brust eines Mädchens lag er, auf seinem Leibe lag eine andere, und er sang: »Die da schön ist wie die Lotosknospe, deren Leib duftet wie der blühende Lotus und deren unverhüllbare Brüste den Früchten des Vilvabaumes gleichen. Die, deren Nase ist wie die Knospe des Sesam, die da strahlt wie die Blütenblätter des blauen Lotus, die da sanft geht wie der königliche Schwan, die drei kleine Falten am Gürtel ihres Leibes hat und süße, reine und leichte Nahrung liebt, die so schamhaft ist und der die weißen Blumen und weißen Kleider gefallen. Die im Liebesrausche süß ist; die, deren Brust den mächtigen Leib des Geliebten trägt und dessen wohlriechenden Atem trinkt, die die Brüste und Schenkel und Hüften stark und schön hat, die ist meine Königin.«

Und noch einmal ging der König zu seiner Geliebten, und diesmal gab sie nach, allem, was er verlangte.


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