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Ludwig Anzengruber

Ludwig Anzengruber
Bildquelle: www.geschichtewiki.wien.gv.at

Vorrede zur zweiten Auflage.

A Anzengruber mußte sterben, um zu seinem vollen Dichterrecht zu kommen. Erst seit seinem Scheiden geht seine ganze Bedeutung den Landsleuten mehr und mehr auf. Seine Schriften, die bei seinen Lebzeiten in den Magazinen seiner ersten Verleger nach Rosners Zeugnis mitunter »schwer wie Blei« lagen, brachten es binnen sieben Jahren in der nach seinem Tode veranstalteten Ausgabe der Gesammelten Werke zu drei starken Auflagen. Seine Stücke, für die während der Achtzigerjahre keine Wiener Bühne zu haben war, werden heute gleichzeitig in der Burg, im Deutschen Volks- und im Raimundtheater gespielt. Scherpes congenial empfundenem, vom Anzengruber-Kuratorium errichteten Grabdenkmal auf dem Central-Friedhof hat man nicht nur kürzlich Pendls Gedenktafeln am Geburts- und Sterbehaus des Dichters folgen lassen: in wenigen Jahren soll sich als Gegenstück zu Vogls Raimund-Denkmal vor dem Deutschen Volkstheater eine von Meisterhand geformte Bildsäule Anzengrubers erheben. Monumentale Ehren, gegen die umsoweniger einzuwenden sein wird, je früher man daneben an Anzengruber-Preise und Anzengruber-Stiftungen, vor allem aber an ein in seinem Geiste geschaffenes und geleitetes, für die Massen bestimmtes wahres, wohlfeiles Volkstheater denken wird, das am richtigsten den Namen Anzengruber-Theater tragen würde.

Diesem beständig wachsenden Anteil für sein Wirken, diesem liebevoll gehegten Gedächtnis seiner Art und Kunst gesellt sich begreiflicherweise der Wunsch, den Werdegang seiner mächtigen Persönlichkeit kennen zu lernen. Nur diesem Umstand, nicht dem Verdienst meiner Arbeit, danke ich die Überraschung, sieben Jahre nach der ersten Niederschrift dieser Blätter, die ursprünglich bestimmt waren, gegen unbillige Verdunkelung des Lebenden anzukämpfen, eine zweite Auflage besorgen zu dürfen.

Was mittlerweile an biographischen Einzelheiten neu zum Vorschein gekommen ist – von Roseggers Erinnerungen in den »Guten Kameraden« bis zu Anzengrubers unersetzlichen, im Jahrgang 1896 meiner »Biographischen Blätter« veröffentlichten achtundfünfzig inhaltreichen Jugendbriefen an seinen Freund und nachmaligen Schwager Franz Lipka – war ich bemüht, im Text oder in Anmerkungen und Beilagen zu berücksichtigen. Ebenso mehrere seither aufgespürte Jugendarbeiten – lyrische Bekenntnisse, Gelegenheitsstücke, wie die erste seiner in Wien aufgeführten Komödien, die Ausstattungs-Posse » Der Reformtürk«, sowie das Volksstück » Glacéhandschuh und Schurzfell« –. Endlich freundliche mündliche und handschriftliche Mitteilungen von Rudolf Alt, Direktor v. Bukovics, Paul Heyse, Heinrich Jacobsen, Kapellmeister Adolf Müller jun., Gustav Andreas Ressel u. A.

An der Grundanlage dagegen habe ich nach längerer Erwägung aller beachtenswerten gedruckten und brieflichen Kritiken, zumal der freundschaftlichen Ratschläge von Erich Schmidt und Schönbach, nichts geändert. In der Sache selbst bekenne ich mich nach wie vor zu denselben Anschauungen. Und in Betreff der Form wird der wohlwollende Leser, wenn ihm manches in Ton, Farbe, Stimmung befremdlich oder überschwänglich erscheinen sollte, über dem Was und Wie auch das Wann jenes ersten Versuches nicht vergessen.

Wien, Pfingstmontag 1897.
Anton Bettelheim.

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