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Quell unendlicher Verschwendung,
      
 Sturmwind, der den Raum durchfegt
      
 und die Bilder der Vollendung
      
 im gebauschten Mantel trägt,
      
 Herr der drängenden Gewalten,
      
 Meister über jene Kraft,
      
 welche lebende Gestalten
      
 aus dem Ungeformten schafft:
Der dem Chaos zu gebieten
      
 mit gefurchter Stirne sinnt,
      
 dem die Sterne nur die Blüten
      
 unfassbarer Träume sind,
      
 der in rasender Bewegung
      
 Welten aneinanderreiht,
      
 Lenker einer jeden Regung,
      
 Herrscher über Raum und Zeit;
Du, dem fernste Möglichkeiten
      
 leuchtend vor den Augen stehn,
      
 du, in dem die Seligkeiten
      
 jedes Schaffens untergehn,
      
 du, um den unzähl'ge Sonnen
      
 glühn wie ew'ger Heil'genschein:
      
 Unermessne Schöpferwonnen,
      
 Allgewaltiger, sind dein.
*
Deine wechselnden Gestalten
      
 kann mein sterblich Aug' nicht fassen.
      
 Deine ewigen Gewalten
      
 muss ich schweigend wirken lassen.
      
 Doch ich führe deine Waffen:
      
 Ein Gesetz bestimmt uns beiden,
      
 dass wir leben, um zu schaffen.
      
 Und ich schaffe, um zu leiden.
Kleinster Tropfen deines Geistes,
      
 eingeengt von Körperwänden,
      
 kämpfen kann ich nur, – du weißt es, –
      
 ringen, aber nie vollenden.
      
 Greife ich in wildem Drängen
      
 nach der Schönheit reinen Zügen,
      
 mag ich auch die Form zersprengen,
      
 niemals kann ich mir genügen.
Auf und ab lässt du mich schwingen
      
 zwischen Raserei und Hoffen.
      
 Will mein Schöpfungstraum gelingen,
      
 stehn mir deine Himmel offen.
      
 Aber dann die Flammenzeichen
      
 der Verzweiflung ohne Ende,
      
 denn ein Stückwerk sondergleichen
      
 bleibt die Arbeit meiner Hände.
Da verfluch' ich meine Stärke,
      
 wünsch' ich, nie gelebt zu haben,
      
 lechze ich, dass meine Werke
      
 niederstürzend mich begraben …
      
 Zeuge deiner Schöpfergluten,
      
 Opfer meiner Endlichkeiten,
      
 im Vergehen, im Verbluten
      
 helf' ich doch, dein Werk bereiten.
*
Gezeichnet ist, wer deinen Hauch umfing …
      
 Auf seiner Stirne glüht ein düstres Mal;
      
 er findet sich zu stets erneuter Qual
      
 geschmiedet in des Schicksals Eisenring.
      
 Sein Dämon führt ihn rastlos rings im Kreise
      
 auf unbekannten, ungewollten Bahnen.
      
 Kein Weg, kein Ziel; nur manchmal dämmert leise
      
 Erkenntnis auf aus ungewissem Ahnen.
Zum Gleichnis wird ihm Leben, Schaffen, Stein,
      
 er selbst zum Werkzeug höherer Gewalten.
      
 Ein Stift in fremder Hand, gräbt er sich ein,
      
 erstaunend ob der eigenen Gestalten.
      
 An dumpfen Schmerzen rankt er sich empor,
      
 von innrer Not empfängt er seine Weihen
      
 und nichts kann ihn vom Erdendruck befreien,
      
 wenn nicht der Flug zu deiner Schönheit Tor.
Ein Fremdling, wandert er durch diese Welt,
      
 nur an die Stimmen seiner Brust verloren,
      
 als würde einmal hier das Licht geboren,
      
 in dem sein eigner Sinn sich ihm erhellt.
      
 Sein wildes Sehnen hämmert er in Stein,
      
 aus seinen Zweifeln türmt er seine Werke
      
 und seine Kunst blüht nicht aus Lust und Stärke
      
 zu dir empor … Sie wächst aus tiefer Pein.