Ludwig Aurbacher
Schwänke
Ludwig Aurbacher

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Doktor Faust und Kaiser Maximilian

Einst war Kaiser Maximilian mit seiner ganzen Hofhaltung nach Innsbruck gekommen, um einige Zeit dort zu verweilen und sich von den Regierungsgeschäften auszuruhen. Doktor Faust aber war auch zugegen und stand wegen seiner Kunst und der Proben, die er früher davon hatte sehen lassen, bei Seiner Kaiserlichen Majestät in großer Gunst und hohem Ansehen.

Eines Abends, als der Kaiser das Nachtessen eingenommen hatte und in seinem Zimmer auf und ab spazierte, ließ er den Doktor allein zu sich kommen und sprach zu ihm: »Ich saß neulich in Gedanken und dachte darüber nach, wie meine Vorfahren so hoch in ihrer kaiserlichen Würde und Hoheit gestiegen und zu einem solchen Ansehen bei der Nachwelt gelangt sind, dass ich billig Sorge trage, ob die nachfolgenden Kaiser gleicher Ehre teilhaftig werden möchten. Aber was ist dieses alles gegen die Hoheit und das Glück Alexanders des Großen gewesen, der fast die ganze Welt in kurzer Zeit erobert hat? Wie gern möchte ich den Geist dieses unüberwindlichen Helden, wie auch seiner schönen Gemahlin, wie sie im Leben gewesen, einmal mit eigenen Augen schauen!«

Doktor Faust wollte diesen Wunsch seinem kaiserlichen Herrn nicht abschlagen und antwortete daher nach kurzem Bedenken, er wolle dies alles ohne Betrug bewerkstelligen, nur bäte er Seine Kaiserliche Majestät, ja während der Zeit dieser Vorstellung nichts zu reden, was der Kaiser auch versprach. Alsbald begibt sich Faust vor das Gemach, erteilt seinem Diener Mephistopheles Befehl, jene Personen vorzustellen und kommt wieder herein. Darauf klopft er an die Türe.

Da tut sich diese von selbst auf, und herein schreitet der große Alexander, wiewohl nicht groß von Person, doch strengen Ansehens; dazu hatte er einen blonden Bart. Angetan mit einem kostbaren Panzer, machte er dem Kaiser eine Verbeugung. Dieser aber wollte sofort dem Herrn Bruder die Hand bieten und sprang deswegen von seinem Stuhle auf. Allein Faust trat eilig dazwischen und verhinderte es. Als nun Alexanders Geist wieder von dannen gegangen war, kam alsbald der Geist der Königin, seiner Gemahlin, herein. Diese machte ebenfalls vor dem Kaiser eine tiefe Verbeugung und war gekleidet in ein Gewand von himmelblauem Samt, welches über und über mit orientalischen Perlen besetzt war. Sie war dabei eine über alle Maßen schöne Frau, lieblichen Ansehens und holdseliger Gebärden, so dass sich der Kaiser über diesen Anblick herzlich freute und dem Doktor, nachdem auch diese wieder verschwunden war, für den hohen Genuss, den er ihm bereitet hatte, gar sehr dankte und den Schwarzkünstler mit einem ansehnlichen kaiserlichen Geschenke bedachte.

Weil dieses aber über alle Maßen reichlich war, wollte Faust sich dankbar erzeigen und seinem gütigen Herrn noch eine besondere Ergötzlichkeit verschaffen. Nachdem nämlich der Kaiser zur Ruhe gegangen war und sich in sein gewöhnliches Schlafgemach verfügt hatte, konnte er sich am frühen Morgen, als er erwachte, nicht besinnen, wo er war. Denn das Schlafgemach war durch Doktor Faust Kunst in einen schönen Saal verwandelt worden, wo gar viele herrlich grünende Bäume standen, unter andern auch solche, welche mit allerlei Obst behangen waren.

Der Boden des Saales war eine grüne Wiese, mit tausenderlei Blümlein geschmückt. Um das Lager des Kaisers aber standen noch edlere Bäume, wie Pomeranzen, Granaten und Feigen, auf dem Gesims waren die wohlriechendsten Blumen zu schauen, und an den Wänden hingen köstliche Weintrauben.

Durch solch eine unverhoffte Veränderung seines Schlafzimmers geriet der Kaiser, wie leicht zu glauben, in große Verwunderung – und weil es ihm außerordentlich gefiel, verblieb er etwas länger als sonst im Bette. Da vernahm er plötzlich den lieblichen Gesang der Nachtigall und anderer Singvögel, welche immer von einem Baume auf den andern hüpften. Auch sah er von ferne am Ende des Saals schneeweiße Kaninchen und junge Hasen laufen und bald darauf überzog das obere Tafelwerk ein Gewölk.

Während nun der Kaiser diesem allem begierig zusah, gedachten die Kammerdiener seiner und fragten sich, wie es doch kommen möge, dass ihr allergnädigster Herr so lange in seinem Gemache verweile, und fürchteten, es möchte ihm etwas Böses zugestoßen sein. Sie erkühnten sich deshalb, die Türe leise zu öffnen. Da trafen sie denn aber nicht allein ihren Herrn bei gutem Befinden an, sondern nahmen auch selbst all die Herrlichkeiten, wie sie der Schwarzkünstler mit seinem Diener hergerichtet hatte, wahr.

Der Kaiser ließ nun die Vornehmsten am Hohe zu sich berufen, welche sich ebenfalls ob der Zierlichkeit und Lustbarkeit des Saales nicht genug verwundern konnten. Allein nach etwa einer Stunde, und ehe sie sich dessen versahen, fingen die Blätter an den Bäumen sowie auch die Früchte und Blumen an welk zu werden und zu verdorren. Bald aber kam ein Wind zum Gemache herein, der alles mit einem Male hinwegwehte, so dass der ganze Zauber in einem Augenblicke vor ihren Augen verschwand und es ihnen nicht anders war, als hätten sie geträumt. Faust aber wurde auch für diese Kurzweil, woran der Kaiser sowie alle übrigen großes Wohlgefallen gehabt hatten, reichlich belohnt.

 


 


 << zurück weiter >>