Sagen aus Brandenburg
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Die verwunschene Prinzessin auf den Müggelbergen

Seltsame Geschichten von einem merkwürdigen Stein auf den Müggelbergen sind in der Gegend von Köpenick im Umlauf. Die Müggelheimer erklären zwar, der Stein sei zersprengt und die Teile zum Bau ihrer Brunnen verwendet worden. Der Felsblock habe der Teufelsaltar geheißen, und an der Stelle, wo er gelegen, lodere oft ein Feuer auf, das so hell leuchte, daß man es sogar in Müggelheim sehe. Sobald man aber in seine Nähe komme und nur ein lautes Wort spreche, so verschwinde es.

In Köpenick dagegen behaupten die Leute, der Stein, den man hier den Prinzessinnenstein nennt, liege noch auf einem Vorberg in der Nähe des Teufelssees, der ringsum von dunklen Fichten und Moorgrund umgeben ist. Das Wasser dieses Sees ist von fast schwarzer Farbe, und obgleich er nur klein ist, hat man sich doch bisher vergeblich bemüht, ihn zu ergründen.

Der Stein soll an Stelle eines prächtigen Schlosses liegen, in dem einst eine schöne Prinzessin gewohnt habe, die nun verwunschen und mit dem Schloß in den Berg versunken sei. Sie kommt jedoch zuweilen wieder zum Vorschein; unter dem Stein sei nämlich eine Öffnung, und von da führe ein Weg tief in den Berg hinein; daraus sieht man sie abends als altes Mütterchen am Stabe gebückt hervortreten. Andere Leute haben sie auch, namentlich um die Mittagszeit, als schönes Weib am Ufer des Teufelssees sitzen sehen, wie sie sich im Wasser beschaute und ihre langen Haare kämmte. So sah sie einst ein kleines Mädchen aus Köpenick, das in der Nähe mit ihrer Mutter Beeren gesucht und dabei die Mutter verloren hatte; weinend war die Kleine dann im Wald umhergeirrt. Da hatte die Prinzessin das Mädchen mit sich in ihr Schloß hinuntergenommen und reich beschenkt nach kurzer Zeit wieder heraufgebracht.

Sieht man die Jungfrau am Abend aus dem Berge hervorkommen, so trägt sie ein Kästchen, das leuchtendes Gold enthält; das soll der erhalten, der sie dreimal um die Kirche von Köpenick herumträgt und sich dabei nicht umsieht; dadurch wird sie erlöst. Einen Burschen hat,s einmal nach dem Golde gelüstet, und er hat das Wagestück unternommen. Er hob die Prinzessin auf den Rücken, denn sie war federleicht, und schritt mit ihr nach Köpenick. Aber je mehr er sich der Stadt näherte, desto schwerer wurde die Bürde; doch er hielt tapfer aus und kam endlich mit ihr ans Ziel. Nun begann er seinen Umgang um die Kirche. Da erschienen plötzlich Schlangen und Kröten und allerhand scheußliche Tiere mit feurigen Augen; koboldartige Wesen stürzten wild hinter dem Burschen her und bewarfen ihn mit Holzblöcken und Steinen. Aber er ließ sich durch all diese Schrecknisse nicht beirren und schritt mutig vorwärts. So hatte er schon den dritten Umgang begonnen und seine Aufgabe fast vollendet, als ihn ein grellroter Schein blendete, der so fürchterlich war, als stünde ganz Köpenick in Flammen. Da vergaß der junge Mensch das Verbot und sah sich um; doch im selben Augenblick war alles verschwunden, und ein heftiger Schlag raubte ihm das Leben.

Die Jungfrau aber harrt weiter des Mannes, der sie dereinst aus ihrer Verbannung erlösen werde, doch hat seit langem niemand mehr die Prinzessin erblickt.

 


 


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