Sagen aus Brandenburg
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Markgraf Hans auf der Jägersburg im Regenthinsee

Markgraf Hans, von dem man sich in der Neumark vielerlei Geschichten erzählt, besaß ein altes Schloß auf einer Insel des Regenthinsees, die Jägersburg. Die Schweden haben es später zerstört, und kein Stein ist mehr auf dem andern geblieben. Wer in trockener Jahreszeit an der Stätte des alten Schlosses steht, bemerkt dicht unter dem Wasserspiegel des tiefen Sees, nicht weit von der Insel nach Norden zu, einen langen Wall. Mit diesem hat es folgende Bewandtnis:

Markgraf Hans war ein frommer Herr, der Teufel aber ließ nichts unversucht, ihn in seine Gewalt zu bekommen. Er erbot sich einmal, wenn der Markgraf sich ihm mit Leib und Seele verpfänden wolle, dem Schloßherrn einen Damm vom Ufer bis zum Schloß zu bauen. Der Markgraf, der einen Damm nach dem Nordufer wohl brauchen konnte, war schließlich zu dem Bunde bereit, doch stellte er dem Teufel die Bedingung, der Damm müsse in einer Nacht bis zum Hahnenschrei fertig sein. Im stillen aber dachte er, dies sei auch dem Teufel unmöglich.

In der Nacht begann nun der Böse sein Werk, und dabei halfen ihm so viele höllische Geister, daß der Bau ungemein schnell vor sich ging. Um Mitternacht war schon mehr als die Hälfte des Dammes fertig. Als der Markgraf das schnelle Wachsen des Teufelswerkes sah, erschrak er und wandte sich in seiner Angst an seinen Kutscher um Hilfe. Der Kutscher war nämlich ein schlauer Mensch und wußte auch hier bald Rat.

»Ich werde dafür sorgen,« beruhigte er den Markgrafen, »daß der Hahn eine Stunde früher kräht,« und übte sogleich das Kikeriki, daß er es bald so gut konnte wie ein Hahn. Um ein Uhr schlich er zum Hühnerstall und fing zu krähen an. Da erwachte der Hahn und begann laut seinen Morgengruß, noch ehe der Teufel sein Werk zu Ende gebracht hatte. Der Markgraf aber jubelte laut und lachte den Teufel aus.

Als der Höllenfürst erkannte, daß er sein Spiel verloren habe, machte er sich mit seiner ganzen Helferschar auf und fuhr wütend durch die Lüfte über die Wälder davon. Dabei entstand ein so heftiger Sturmwind, daß die Kiefern sich bogen, die Äste brachen und die Stämme krüppelig wurden.

Noch nach vielen Jahren konnte man an diesen Bäumen, die im Wachstum zurückblieben, die Richtung erkennen, in der die höllischen Geister mit ihrem Anführer davongeflogen sind.

 


 


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