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Wie Herzog Ernst dem Kaiser den Pfalzgrafen, seinen Verräter, an der Seiten erstach

Nach dem trachtet er nach dem Tode seines falschen Dargebers, und nahm zu sich seinen Freund und geselligen Mitgenossen, Grafen Wetzeln, und auch den dritten, die alle Beid, samt ihm, hätten starkmütige Herzen, als die kühnen Leuen. Und sie saßen auf sonders erwählte und rasche Pferd, und ritten alleine, die Drei, von seinem Lande ein gen Frankreich; denn sie wußten wohl, daß der Kaiser Ott in Kürze würde einen großen gemeinen Hof haben zu Speyer. Dahin sie Dreie allein kamen, ohn andere Mitreiter, zur Vesperzeit, und sprungen da in des Kaisers Vorhofe von den Pferden, als ander Edelleute; die Tier der Herzog dem Dritten empfahl, damit sein zu warten; und er nahm mit sich seinen treuen Grafen Wetzeln, und gingen kecklich, doch schädlich gewagt, denn, Graf Heinrich, wär er hie bei dir blieben, ich wollt ihm des Unrechts durch dein falschlich Fürtragen, das ich weder um ihn noch um keinen der Euern verdient habe, soliches Widerlegen und Dank haben gesagt, daß ich des fürbaß von ihm möchte vertragen sein. Aber Du, o Allmächtiger und Barmherziger GOTT, wirke die Eigenschaft deiner milden Barmherzigkeit mit dem Grafen Heinrich also, wiewohl daß sein Leib, um seiner Bosheit Verdienen, zu dem Tode von uns gebracht ist, daß doch seine arme Seele ewiglich sälig werde.«

Das sprach er, und steckten wieder ein, und eilten Beid schnelliglich wieder aus dem Palast; und ihrer jeglicher sprang bald wieder zu Roß, und ritten gar rasch von dannen.

Da ward von Stund ein groß Geläuf, Rumore und Geschrei von Hofleuten, des Kaisers Dienern, und aller Männiglich, wie daß der Pfalzgraf ermordet und von Herzog Ernsten an des Kaisers Seiten erstochen wäre; als denn allweg des Übels böser Ruf wird eh ausgebreitet denn das Gute. Davon wurden bewegt die Landesherren mit allem Adel, die Fremden mit den Hofgenossen, die Bürger mit ihren Gästen: alle Nachbauern mitGesellen liefen zusammen und drungen mit Macht in den kaiserlichen Saal und fragten, wes, oder durch wen das Übel geschehen wäre. Da funden sie den Pfalzgrafen in seinem eigenen Blute umgewälzt, und mit abgehauenem Haupte und fern vom Körper geworfen, dort liegen.

Um das eilten sie alle, ohn Verziehen, ihrer Jeglicher an seine Herberge, und würfen ihren Harnisch an, und mit umgegürteten Schwerten und in die Händ genommenen Speeren, und eilten nach für die Stadt und suchten des Mordes Stifter, die sie endlich mit strenglicher Rachsal begehrten zu sahen. Aber die Nachtfinsternis und Furcht heimlicher Hinterhut des Herzogen machte ihnen Irrung, daß sie nicht ferne mochten noch durften reisen. Und zogen, alle mit gemeinem Rate, ein Jeglicher wieder heim an seine Herberge. Desgleichen Herzog Ernst und Graf Wetzel, mitsamt dem Dritten, ritten auch fröhlich an ihre Wohnung.

Da nun der Kaiser vernahm, daß soliche Übertreter und Letzer der kaiserlichen Majestät ungeschädiget entronnen waren, und daß seines Bruders Sohn, Graf Heinrich, gestorben wäre, da wütet er vor brennendem Zorne, und ging in eine Kemnate, und verhieß mit Gelöbnis, er wolle soliche Übertretung zu Morgens rächen mit strenglicher Rachsal. Und da Frau Adelheid, die Kaiserin, höret so ein behend ungewöhnlich Geläuf und Getümmel und zum Letzten vernahm grundliche Ursache dieses Auflaufs, da ging sie aus ihrer Kammer ein zu des Pfalzgrafen totem Körper und sprach also:

»Nimm wahr, Graf Heinrich, Frieds unwert,
meins Sohns, des Herzogen, scharfes Schwert
hat dir dein Haupt abgeschlagen,
des ich mit Weinen nicht sehr will klagen.
Deins Körpers Tod ist mir nicht leid,
Deiner Seele begehr ich Säligkeit.«

Des andern Morgens, nach dem, als der Kaiser seinen Freund, Graf Heinrichen, mit aller Würdigkeit kläglich zu Grabe gebracht, da berief er alle Fürsten und Herren und legt ihnen für so grob und trotzlich gehandelte Frevel von Herzog Ernsten, die er so freislich wider kaiserliche Majestät hätt begangen. Darum sie alle mit gemeinem Rate Urteil gaben wider ihn und seinen Gesellen, Graf Wetzeln, daß alle Provinzien, Gegend, Land, Leute und Gut, liegend und fahrend, die ihrem Gebieten und gewaltiger Herrschaft untertänig wären, ihnen abgesprochen und fürbaß gänzlich in des Kaisers Gewalt und Schatzkammer ewiglich geantwortet und gereicht sollten werden. Und daß sie Beide, von kaiserlichen Gebotes wegen, in allen Landen, Städten, Märkten, Gerichten und von Jedermänniglich bezwungen und in der Größern Ächte sollten gehalten sein. Nach kurzer Zeit tröstet sich der Kaiser seiner Fürsten und Lehensherren, die mit großer Sammlung ihm zu Hilf kamen, und zog gewaltiglich, mit dreißig tausend Mannen, in das Bayerland. Und mit der ersten streitlichen Ungestümigkeit berannte und beleget er des Herzog Ernsts Stadt Regensburg. Davon die ungewarnten Bürger soliche, ihnen unwerte und unwissende Gäste empfingen mit rostigen Schwerten; und grüßten sie zorniglich mit alten Hellebarten, und vergossen gar viel Blutes derer, die sie ertöteten, in das Erdreich. Davon des Kaisers Diener, freislich, von seinem Heißen wohlgewappnet, allenthalben die Stadt bestritten, und meinten, sie zu gewinnen. Wiederum die besatzten Bürger wurfen und schussen kecklich auf ihre Feinde von der Mauer Zinnen: Pfeil, Pfähle, Stein, Holz und viel desgleichen, damit sie ihren Feinden den Tod und sich selber Schirmung ihrer Stadt meinten zu schaffen. Also stritten sie stark zu beiden Teilen ritterlich lange Zeit widereinander, doch zum Letzten, mit viel Mannschlacht und Mord beider Teile, aber viel mehr auf des Kaisers Teil, ward also der Krieg zertrennet und eine Zeit geschieden. Denn es wurden aufgelesen auf des Kaisers Seiten mehr denn zweitausend Mannen, die sie allenthalben zu begraben führten. Auch viel anderer, die wund waren, der auch viel in kurzer Frist ihr Leben mit des Todes Ende beschlossen. Desgleichen begingen auch die Bürger kläglich ihrer Mitbürger Begräbnis. Und mit gemeinem Rate sandten sie einen gewissen ausgerichteten Boten auf einem raschen Pferde, durch den sie ihren Herrn, Herzog Ernsten, das erbärmliche Wesen und Gelegenheit seiner und ihrer Stadt, mit großem Zorn und herzlicher Unhuld des Kaisers, nach Notdurft verkündeten. Und begehrten fleißiglich von ihm, als von ihrem eigenen Herren, demütiglichen Rat und Hilf, und sonders eine unverzogenliche Zukunft. Von solicher schier verkündten traurigen Botschaft ward der zart liebe Herzog sehre betrübt, und schicket den Bürgern wieder ihren Boten, bei dem er ihnen seine Klage und kurzkünftiges Beiwesen verkündet mit treulichem Verheißen.


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