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IX.

Liebe.

Dolores und Carmen waren allein im Garten. Sie saßen wie zwei furchtsame Grasmücken im Hintergrunde eines Bosquets von blühenden Orangen- und Granatenbäumen und plauderten auf's Angelegentlichste.

Donna Maria war durch ein leichtes Unwohlsein an das Zimmer gefesselt; oder hatte vielmehr unter diesem Vorwand die jungen Mädchen im Garten allein gelassen, um ungestört einen wichtigen Brief von Don Jaime zu lesen, den ihr ein sicherer Mann überbracht hatte.

Von aller Aufsicht befreit, überließen sich die jungen Mädchen dem Bedürfniß, einander ihre süßen und kindlichen Geheimnisse anzuvertrauen. Einige Worte waren genügend gewesen, um jede Erklärung zwischen ihnen unnütz zu machen; auch gab es keine Hintergedanken und Ausflüchte, sondern es herrschte das unbegrenzteste Vertrauen, um einander zu Hülfe zu kommen und die geliebten Männer zu zwingen, endlich ihr langes Schweigen zu brechen und offen in ihrem Herzen den Namen Derjenigen erkennen zu lassen, die jeder von ihnen vorzog.

Sie waren gerade in diesem Augenblick in der Unterhaltung über diesen ernsten und interessanten Gegenstand begriffen.

Obwohl sie sich ihre gegenseitige Liebe längst gestanden hatten, so hielt sie dennoch ein Gefühl von Würde, welches jeder wahren Neigung eigen ist, ab, die jungen Männer zu einer Erklärung zu nöthigen.

Donna Carmen und Dolores waren in der That sehr naive und unschuldige Kinder, frei von aller Coquetterie, wodurch bei den sogenannten civilisirten Völkern die Frauen ein so grausames Spiel treiben.

Durch einen jener seltsamen Zufälle, wie das wirkliche Leben sie so oft schafft, war die Unterhaltung der jungen Mädchen, mit geringem Unterschied fast dieselbe, wie die, welche zwischen dem Grafen und seinem Freunde über denselben Gegenstand stattgefunden hatte.

»Dolores,« sagte Donna Carmen mit schmeichelnder Stimme, »Du bist muthiger als ich; Du kennst Don Ludovic besser als ich, da er überdies Dein Verwandter ist; wozu also diese Zurückhaltung gegen ihn?«

»Ach, meine Liebe,« antwortete Donna Dolores, »diese Zurückhaltung, welche Dich in Erstaunen setzt, ist mir durch meine Lage geboten. Der Graf Ludovic ist jetzt, wo ich von Allen verlassen bin, mein einziger Verwandter; seit langen Jahren sind wir mit einander verlobt.«

»Wie ist es nur möglich,« rief lebhaft das junge Mädchen, »daß Eltern ihre Kinder, ohne sie zu fragen, verloben und sie im Voraus zu einer Zukunft des Leidens verdammen können?«

»Solche Uebereinkommen, sagt man, sind in Europa sehr häufig, meine Liebe; überdies macht uns unsere natürliche Schwäche zu Sclaven der Männer, die die Macht für sich behalten; obgleich uns die unerträgliche Tyrannei manchen Seufzer auspreßt, müssen wir dennoch demüthig das Haupt beugen und gehorchen.«

»Ja, das ist nur zu wahr, indessen scheint mir, wenn wir uns dagegen auflehnten ...«

»Würden wir verhöhnt werden und unsern Ruf verlieren, ja, man würde mit Fingern auf uns weisen.«

»Du willst also, Deinem Herz zum Trotz, diese Verbindung eingehen?«

»Was soll ich Dir antworten, Carmen, schon der Gedanke allein, daß diese Heirath geschlossen werden könnte, macht mich ganz unglücklich und dennoch sehe ich kein Mittel, mich derselben zu entziehen. Der Graf hat Frankreich verlassen und ist nur zu dem Zwecke herübergekommen, um mich zu heirathen; mein sterbender Vater hat ihm das Versprechen abgenommen, mich nicht ohne Beschützer zu lassen und diese Verbindung zu schließen. Du siehst daher wohl ein, wie ernste Gründe ich habe, und daß es unmöglich sein wird, dem Schicksal, welches mir droht, zu entgehen.«

»Aber, meine Liebe,« fragte Donna Carmen eifrig, »warum erklärst Du Dich nicht offen dem Grafen? Vielleicht würde diese Erklärung alle Schwierigkeiten ebnen.«

»Das ist möglich; aber diese Erklärung kann nicht von mir kommen, der Graf hat mir unermeßliche Dienste seit dem Tode meines unglücklichen Vaters erwiesen, es würde sehr undankbar sein, wollte ich seinen Antrag, der mich in jeder Beziehung ehren muß, mit einer Weigerung belohnen.«

»Oh! Du liebst ihn, Dolores!« rief sie wehmüthig aus.

»Nein, ich liebe ihn nicht,« versetzte sie mit Würde, »über vielleicht liebt er mich; nichts beweist mir das Gegentheil.«

»Ich bin gewiß, daß er mich liebt!« sagte Carmen.

»Meine Liebe,« entgegnete lächelnd Dolores, »über diese Dinge kann man niemals sicher sein, selbst wenn man die heiligsten Schwüre für sich hat, um wie viel mehr, wenn weder Wort noch Blick da sind, um zu beweisen, daß man sich nicht täuscht. Ich nehme also zweierlei an: entweder liebt mich der Graf oder er liebt mich nicht und vermuthet, daß ich ihn liebe. In beiden Fällen ist mir mein Benehmen vorgezeichnet, – ich muß warten, ohne eine Erklärung zu veranlassen, welche, ich bin es überzeugt, bald stattfinden wird. Dann, Carmen, schwöre ich Dir, werde ich vollkommen offen gegen den Grafen sein, und wenn nach dieser Erklärung noch irgend ein Zweifel in seinem Herzen bleiben sollte, so ist es sein Wille, denselben zu bewahren, und es bleibt mir dann nichts Anderes übrig, als mich in mein Schicksal zu ergeben. Das ist Alles, was ich Dir zu versprechen vermag, meine Liebe; etwas Anderes wage ich nicht zu thun meine Würde als Weib, die Achtung, welche ich mir selbst schulde, haben mir die Richtung vorgezeichnet, von welcher, abzuweichen mir meine Ehre verbietet.«

»Meine theure Dolores, ich bin gezwungen, Dir zu gestehen, daß obwohl mich Dein Entschluß betrübt, er dennoch das einzig Schickliche ist, was man unter solchen Umständen thun kann. Sei mir also nicht böse, ich leide so sehr.«

»Und ich? Glaubst Du denn, liebe Carmen, daß ich mich glücklich fühle! Oh! wenn Du diesen Gedanken hast, wirst Du einsehen, in welchem Irrthum Du befangen warst; vielleicht bin ich noch unglücklicher als Du.«

In diesem Augenblick vernahm man auf dem Sande der Allee das leichte Knirschen sich nahender Schritte.

»Es kommt Jemand,« sagte Donna Dolores.

»Es ist der Graf,« antwortete Carmen sogleich »Woher weißt Du das, meine Liebe?«

Das junge Mädchen erröthete.

»Ich errathe es an dem Schlagen meines Herzens,« flüsterte sie sanft.

»Er ist allein, glaube ich.«

»Ja, er ist allein.«

»Mein Gott, sollte Etwas vorgefallen sein?«

»Gott gebe, daß es nichts Schlimmes ist.«

Der Graf erschien am Eingang des Bosquets. Er war in der That allein; er begrüßte die jungen Damen und erwartete, daß sie ihn einladen würden, näher zu treten.

Donna Dolores reichte ihm lächelnd die Hand, während ihre Gefährtin sich verneigte, um ihre Röthe zu verbergen.

»Seid willkommen, lieber Vetter,« sagte Donna Dolores, »Ihr kommt spät heut.«

»Ich freue mich, liebe Cousine,« antwortete er, »daß Ihr diese unfreiwillige Verspätung bemerkt habt; mein Freund, Don Domingo, der heut früh genöthigt war, sich nach einem zwei Meilen von der Stadt entfernten Ort zu begeben, hatte mich mit einem Auftrag betraut, den ich erfüllen mußte, bevor ich das Glück haben konnte, Euch meine Aufwartung zu machen.«

»Das ist allerdings eine vollkommen motivirte Entschuldigung, bester Vetter, und Carmen und ich absolviren Euch; jetzt setzt Euch dort zwischen uns und laßt uns plaudern.«

»Mit dem größten Vergnügen, theure Cousine.«

Er trat in das Bosquet und setzte sich zwischen die beiden jungen Mädchen.

»Erlaubt mir, Donna Carmen,« nahm er von Neuem das Wort, »indem er sich höflich zu dem jungen Mädchen neigte, »Euch meine ehrfurchtsvollen Huldigungen darzubringen und nach Eurem Befinden zu fragen.«

»Ich bin Euch für diese Aufmerksamkeit sehr verbunden, Caballero,« erwiderte sie; »Gott sei Dank, befinde ich mich vollkommen wohl, und ich wünschte, daß dasselbe bei meiner Mutter der Fall wäre.«

»Ist Donna Maria krank?« fragte er rasch.

»Ich hoffe nein, allein sie befindet sich dennoch unwohl genug, um das Zimmer hüten zu müssen.«

Der Graf machte eine Bewegung, als wolle er sich erheben.

»Vielleicht ist unter solchen Umständen meine Anwesenheit hier nicht am Platze,« sagte er, »ich will ...«

»Durchaus nicht, Caballero, bleibt, Ihr seid kein Fremder für uns: der Titel Vetter und Verlobter meiner theuren Dolores,« setzte sie mit Absicht hinzu, »gestattet vollkommen Eure Gegenwart.«

»Um so mehr gestattet, mein Vetter, wegen der zahlreichen Dienste, die Ihr uns erwiesen habt und welche Euch ein Recht auf unsere Dankbarkeit verleihen.«

»Was auch kommen möge, Ihr und Euer Freund Don Domingo, werdet immer bei uns willkommen sein,« bemerkte Donna Carmen lächelnd.

»Ihr seid zu gütig, Sennoritas.«

Werden wir nicht das Vergnügen haben, heut Euren Freund zu sehen?«

»Er wird in einer Stunde hier sein, Sennorita; aber haben Sie die Absicht uns zu verlassen, Donna Carmen?«

»Nur für einige Minuten, Caballero, bitte ich, Euch verlassen zu dürfen; Dolores wird Euch Gesellschaft leisten, während ich nach dem Befinden meiner Mutter sehen will.«

»Thut das, Sennorita, und seid so gütig. Eurer Frau Mutter mein lebhaftes Bedauern wegen ihres Unwohlseins auszusprechen.«

Das junge Mädchen grüßte lächelnd und eilte leicht wie ein Vogel davon.

Der Graf und Donna Dolores blieben allein.

Ihre Lage war seltsam und setzte sie in Verlegenheit, als sie sich so unvermuthet einander gegenüber sahen, um die Erklärung zu beginnen, vor welcher, trotzdem sie deren dringende Nothwendigkeit erkannten, dennoch Beide zurückwichen.

Wenn es einer Frau schwer wird, einem Manne, welcher ihr den Hof macht, zu gestehen, daß sie ihn nicht liebt, ist das Geständniß auf Seiten des Mannes vielleicht noch schwieriger und peinlicher.

Einige Minuten verflossen in tiefem Schweigen, während die jungen Leute sich verstohlene Blicke zusandten.

Endlich, da die Zeit verging und der Graf fürchtete, sich diese günstige Gelegenheit entschlüpfen zu lassen, die sich vielleicht in längerer Zeit nicht wieder bieten würde, beschloß er das Wort zu nehmen.«

»Nun, meine Cousine,« sagte er mit dem ungezwungensten Tone, den er anzunehmen vermochte, »beginnt Ihr Euch an das eingezogene Leben zu gewöhnen, zu welchem Euch die Lage, in der Ihr Euch befindet, nöthigt?«

»Ich habe mich vollkommen an dieses ruhige Leben gewöhnt, mein Vetter,« antwortete sie, »wenn nicht die trüben Erinnerungen wären, die mich keinen Augenblick verlassen, so gestehe ich Euch, würde ich mich sehr glücklich fühlen.«

»Dazu wünsche ich Euch von Herzen Glück, liebe Cousine.«

»In der That, was fehlt mir hier? Donna Maria und ihre Tochter lieben mich, sie umgeben mich mit zarter Aufmerksamkeit, ich habe einen kleinen Kreis ergebener Freunde – kann ich mehr wünschen auf dieser Welt, wo das wahrhafte Glück nicht existirt?«

»Ich beneide Eure Philosophie, Cousine, indessen zwingt mich meine Pflicht als Verwandter ... und Freund,« setzte er zögernd hinzu, »Euch darauf aufmerksam zu machen, daß diese Lage, so glücklich sie auch sein mag, nur sehr unsicher ist. Ihr könnt nicht hoffen, stets Eure Tage im Schooße dieser liebenswürdigen Familie zuzubringen; tausend unvorhergesehene Ereignisse können hereinbrechen, welche Euch plötzlich von derselben trennen.«

»Das ist allerdings wahr, mein Vetter,« flüsterte sie mit bebender Stimme.

»Ihr wißt,« fuhr er fort, »wie wenig man in diesem unglücklichen Lande auf die Zukunft rechnen kann, ein junges Mädchen Euren Alters und überhaupt von Eurer Schönheit, liebe Cousine, ist leider tausendfachen Gefahren ausgesetzt, welchen zu entgehen fast unmöglich ist. Ich bin Euer Verwandter, wenn nicht der nächste, so doch der aufrichtigst ergebene, daran zweifelt Ihr nicht, nicht wahr?«

»Oh nein! Gott behüte mich, lieber Vetter, glaubt vielmehr, daß mein Herz Euch eine tiefe Dankbarkeit für die unzählichen Dienste, die Ihr mir erwiesen habt, bewahrt.«

»Dankbarkeit allein,« sagte er absichtlich, »das ist ein sehr relativer Begriff, Cousine.«

Sie richtete einen freundlichen, hellen Blick auf ihn.

»Welch' anderes Wort könnte ich anwenden?« sprach sie.

»Ich habe Unrecht, verzeiht mir,« antwortete er; »aber unsere Lage einander gegenüber ist so seltsam, daß ich nicht weiß, wie ich mich ausdrücken soll, ohne fürchten zu müssen, Euch zu mißfallen.«

»Nein, mein Vetter, Ihr habt etwas Aehnliches nicht zu fürchten,« erwiderte sie lächelnd, »Ihr seid mein Freund, und bei dieser Benennung habt Ihr das Recht, mir Alles zu sagen, wie ich Alles hören darf.«

»Den Namen eines Freundes, den Ihr mir beilegt,« sagte er sanft, »hätte Euer Vater gewünscht ...«

»Ja,« unterbrach sie ihn mit einiger Lebhaftigkeit, »ich weiß, auf was Eure Anspielungen hindeuten, mein Freund; mein Vater hatte Pläne für unsere Zukunft, die zu realisiren der Tod ihn verhinderte.«

»Diese Pläne zu verwirklichen, hängt nur von Euch ab, Cousine.«

Sie schien einige Augenblicke zu zögern, dann nahm sie mit zitternder Stimme, während ihr Gesicht sich leicht entfärbte, wieder das Wort:

»Die Wünsche meines Vaters sind Befehle für mich, lieber Vetter; an dem Tage, wo Ihr meine Hand verlangen werdet, werde ich Eurem Wunsche nicht entgegen sein.«

»Meine theure Cousine,« rief er feurig aus, »so verstehe ich es nicht; ich habe Eurem Vater geschworen, nicht allein über Euch zu wachen, sondern sogar Euer Glück zu sichern durch alle Mittel, die in meiner Macht liegen. Diese Hand, die ihr bereit seid, mir zu geben, werde ich nur dann annehmen, wenn Ihr mir gleichzeitig Euer Herz schenkt. Welches auch meine Gefühle für Euch sein mögen, niemals würde ich Euch nöthigen, eine Verbindung zu schließen, die Euch unglücklich machen würde.«

»Habt Dank, lieber Vetter,« flüsterte sie, indem sie die Augen niederschlug, »Ihr seid edel und gut.«

Der junge Mann ergriff sanft ihre Hand.

»Dolores,« sagte er zu ihr, »erlaubt mir, Euch diesen Namen zu geben, ich bin Euer Freund, nicht wahr?«

»Oh! ja,« antwortete sie leise.

»Aber,« setzte er zögernd hinzu, »nur Euer Freund?«

»Leider ja!« seufzte sie.

»Das genügt, es ist unnütz länger dabei zu verweilen, meine Cousine, Ihr seid frei.«

»Was meint Ihr?« rief sie voll Angst.

»Ich will sagen, Dolores, daß ich Euch Euer Wort zurückgebe, ich verzichte auf die Ehre einer Verheirathung mit Euch, obgleich ich mir das Recht reservire, wenn Ihr es erlaubt, auch ferner über Euer Glück zu wachen.«

»Mein Vetter!«

»Dolores, Ihr liebt mich nicht. Euer Herz gehört einem Andern, eine Verbindung zwischen uns würde uns Beide unglücklich machen. Armes Kind, Ihr seid schon genug durch Trübsal geprüft worden in einem Alter, wo das Leben nur mit Blumen bedeckt sein sollte, seid glücklich mit Dem, welchem Ihr Eure Liebe geschenkt habt! Es soll nicht an mir liegen, daß Euer Geschick nicht bald mit dem seinigen verbunden wird. Ich werde den kostbaren Namen Freund, den Ihr mir beigelegt, rechtfertigen, indem ich alle Hindernisse, welche der Erfüllung Eurer theuersten Wünsche entgegen sein könnten, beseitige.«

»Ah!« rief sie mit thränenden Augen, indem sie die Hand, welche die ihrige hielt, sanft drückte, »warum liebe ich nicht Euch, der Ihr so würdig seid, ein solches Gefühl einzuflößen?«

»Das Herz hat einmal solche Abweichungen, liebe Dolores; wer weiß, vielleicht ist es besser so; nun trocknet Eure Thränen, seht in mir nur einen ergebenen Freund, einen sichern Vertrauten, dem Ihr alle Eure Liebesgeheimnisse ohne Furcht anvertrauen könntet, wenn mir dieselben nicht schon bekannt wären.«

»Wie?« sagte sie, ihn erstaunt anschauend, »Ihr wüßtet ...?«

»Ich weiß Alles, Cousine, beruhigt Euch also; übrigens ist er nicht so discret gewesen wie Ihr, er hat mir Alles gestanden.«

»Er liebt mich!« rief sie in die Höhe fahrend, »ist es möglich?«

In diesem Augenblick vernahm man draußen eilige Schritte.

»Er wird es Euch selbst sagen,« erwiderte der Graf.

In demselben Augenblick trat Dominique in das Bosquet.

»Ah!« seufzte sie, indem sie bebend auf die Bank zurücksank.

»Mein Gott!« rief Dominique erbleichend, »was giebt es denn?«

»Nichts, was Dich erschrecken könnte, mein Freund,« antwortete lächelnd der Graf; »Donna Dolores gestattet Dir, ihr Deine Huldigungen darzubringen.«

»Wäre es möglich!« rief er, indem er auf sie zu eilte und ihr zu Füßen sank.

»Oh! mein Vetter,« sprach das junge Mädchen im Tone sanften Vorwurfs, »warum mißbraucht Ihr so ein Geheimniß?«

»Was Ihr mir nicht anvertrautet, sondern welches ich errathen habe;« antwortete er.

»Verräther!« rief das junge Mädchen, plötzlich aufstehend und ihrem Vetter mit dem Finger drohend, »wenn Ihr mein Geheimniß errathen habt, so habe ich Euch das Eurige abgelauscht.«

Und sie verschwand, leicht wie ein Vogel dahineilend, und ließ die beiden Männer allein.

Dominique, erstaunt über diese plötzliche Flucht, deren Motiv er nicht begreifen konnte, wollte ihr nacheilen, aber der Graf hielt ihn zurück.

»Bleib,« sagte er; »das Herz eines jungen Mädchens hat Geheimnisse, die nicht entschleiert werden dürfen. Was willst Du mehr, jetzt, wo Du ihrer Liebe sicher bist?«

»O? mein Freund,« rief er aus, indem er sich in seine Arme warf, »ich bin der Glücklichste der Sterblichen.«

»Egoist,« erwiderte sanft der Graf, »der nur an sich denkt, während meine Seele vielleicht ohne Hoffnung leidet!«

Donna Dolores hatte nur so schnell die Flucht ergriffen, um ihre Verwirrung zu verbergen und ihre Bewegung zu beherrschen.

Als sie in das Haus treten wollte, kam ihr Carmen entgegen.

Dolores warf sich in ihre Arme und brach in Thränen aus.

Das junge Mädchen führte sie, über den Zustand, in welchem sie ihre Freundin sah, erschrocken, sanft bis zu ihrem Zimmer, was diese ohne den geringsten Widerstand geschehen ließ.

Es währte lange, ehe Dolores im Stande war, ihrer Freundin das Vorgefallene mitzutheilen, wie die unvermuthete Ankunft Dominique's ihr das Geständnis ihrer Liebe hatte entschlüpfen lassen.

Donna Carmen, die eine so schnelle und glückliche Entwicklung nicht erwartet hatte, war außer sich vor Freude.

Von nun an konnten sie sich ohne Zwang ihren süßen Zukunftsplänen überlassen. Was hatten sie zu fürchten; jetzt wo sie der Liebe der beiden jungen Leute sicher waren. Welches Hinderniß konnte sich gegen ihre baldige Vereinigung aufthürmen?

Durch solche Reden versuchte Donna Carmen die Verwirrung und Beschämung ihrer Freundin zu beruhigen.

So sind die jungen Mädchen, sie sehen es gern, wenn Derjenige, den sie lieben, ihre Liebe erräth, aber sie halten es für eine unverzeihliche Schwäche, dieselbe ihm gegenüber einzugestehen.

Carmen, die einige Jahre älter als Dolores war, und demzufolge ihre eigene Bewegung besser beherrschen konnte, scherzte über die Schwäche ihrer Freundin, und allmählich gelang es ihr, sie zu beruhigen und daß sie zugab, daß da das Geständniß ihrer Liebe einmal geschehen sei, sie kein Bedauern mehr darüber empfand.

Darauf verließen sie ihr Zimmer und begaben sich, jede Aufregung aus ihrem Gesicht verbannend, wieder in den Garten.

Derselbe war leer.


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