Hans Sachs und die Reformation

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Schwank, Eulenspiegels Disputation mit einem Bischof ob dem Brillenmachen.

Eulenspiegel etwan vor Jaren,
In aller Schalkheit wol erfaren,
Loff in eim Winter über Felt,
Het schlechte Kleider und kein Gelt;
In dem da sah er dort von weiten
Ein reising Zeug gegen im reiten.
Dasselbige ein Bischof war;
Derselbige wolt gen Worms dar,
Allda solt werden ein Reichstag,
Und mancher Fürste darzu lag,
Solten betrachten gmeinen Nutz,
Römischen Reich zu Hilf und Schutz,
Das auf dißmal vil Anstöß het.
Als er im nun begegnen tet,
Eulenspiegel zog ab sein Hut
Und neigt sich gegn dem Bischof gut;
Der hielt, sah Eulenspiegel an,
Merkt wol, das er war ein Fatzman,
Do dacht: ich hört bei allen Tagen
Kinder und Narren die Warheit sagen,
Ich wil gleich disen reden an,
Der wirt mir gar balt sagen tan,
Was das Gschrei ist von Fürstn und Hern
Bei dem gmein Man nahet und fern.

Und sprach: Gut Gsell, wann her so schwint,
So übel kleidt in Schne und Wint?
Du solt bleibn under dem Obdach.

Eulenspiegel hinwider sprach:
Gnediger Herr, ich muß wol wandern
Von einem Lande zu dem andern
Mein Hantwerk nach durch Poln und Preußn,
Durch Hungern, Behem, Sachsn und Reußn,
Frankreich, Schotten und Engellant,
Durch Niderlant, Hollant, Brabant,
Den Reinstrom, Frankn, Beiern und Schwaben,
Kunt doch nirgent kein Arbeit haben
Nun daling daling ( tâlanc), in das dritte Jahr nur einen Tag lang. in das dritte Jar,
So bös ist iezt mein Hantwerk gar.

Der Bischof fraget wider her,
Was Hantwerks Eulenspiegel wer,
Das so unwert wer in der Welt.

Eulenspiegel herwider melt:
Gnediger Herr, ein Brillenmacher;
Das ist meins Laufens ein Ursacher,
Drumb ich kein Arbeit überkum.

Der Bischof antwort widerumb:
Wie kan das sein? Und tet sein lachen,
Ich denk vorwar, das Brillenmachen
Sei iezt vil beßer denn vor Jarn,
Weil wir im Teglichen erfarn
Haben, das ganz menschlich Natur
Wirt schwecher und brechlicher nur
Und nimt an allen Kreften ab;
Derhalb darfs wol Steuer und Lab,
Voraus das blöd menschlich Gesicht,
Das denn durch die Brillen geschicht;
Derhalb ist Brillenmachen wert,
Weil auch iezunt aus ganzer Ert
Die Leien lesen also vil,
Schier jeder Doctor werden wil
Und in der Schrift umbfantasieren,
Vil mit den Geistling disputieren
Und sie auch in die Bücher jagen,
Derhalb darf ich für Warheit sagen,
Das man iezt mer list denn vor Jaren,
Weil die Leien einfeltig waren,
Mit den Glerten nit conversierten,
Die auch dest weniger studierten,
Ließen die Bücher auch mit Ru.
Das sint merklicher Ursach zwu,
Das Brillenmachen werter ist
Denn vor Jaren zu keiner Frist,
Ich glaub noch, die Schult wirt dein wern,
Du seist faul und arbeitst nit gern.
Streunst Streunen, strolchen, vagieren. lieber umb so weit und ferr.

Nein, bei meim Eit, gnediger Herr,
Ich wil euch die Sach baß erklern,
Das ir mir werdet glauben gern.
Solt mein Hantwerk nit sein verdorben?
From geistlich Leut sint fast all gstorben,
Die vil lasen in Heilger Schrift
Und löschten aus der Ketzer Gift,
Suchten allein die Gottes Er
Und die Lieb ires Nechsten mer
Dann iren eigen Rum und Nutz,
On allen Neit, Zoren und Trutz;
Die sint fast all gen Himel gfarn
Und iezunt vil Brillen ersparn;
Die alten Pfaffen, so noch leben,
Und die alten Münich darneben
Haben ir Horas und Gebet
So lang getriben frü und spet,
Das sie es alls können auswendig,
Dörfen keiner Brillen beihendig,
Dergleich der jungen Münich Haufen,
So iezt aus den Klösteren laufen
Und hin und wider Hantwerk lern,
Sich gleich wie ander Leien nern,
Die dörfen auch der Brillen nicht,
Darumb mein Hantwerk ist entwicht,
Dergleichen auch Fürsten und Hern
In teutsch Landen weit und fern
Nutzen iezt auch kein Brillen nicht.

Der Bischof sprach: wie mag das gschehen?
Die Fürsten haben groß Hofgsint,
Auch sint ir Amptleut runt runt, schnell. und schwint schwint, ränkisch.,
Durchtriben, aller Schalkheit vol,
Dörfen ie scharpfer Brillen wol,
Das sie baß drauf sehen, glaub ich,
E die Katz würt ir bestes Vich; Sprichwörtliche, häufig vorkommende Redensart bei Hans Sachs: ehe sie verarmen.
Drumb tu mir solches baß erklern?

Eulenspiegel antwort: gar gern.
Gnediger Herr, secht in Teutschlant
Get Raub, Gefengnus, Mort und Brant
Wider all Recht und Billichkeit
Jezunt im Schwank ein lange Zeit
Durch heimlich Practik und bös Tück
Gar mancher tyrannischer Stück,
Welches den meisten Teil auch get
Ueber die Burger und Reichstet.
Solch Unrecht soltn die Fürsten wern,
Und understen understen ( understàn), verhindern. bei iren Ern
Und dem römischen Reich beisten,
Es nit laßen zu Trümmern gen.
So sitzen die Fürsten still mit Ru
Und sehen durch die Finger zu,
Derhalb dörfens kein Brillen nicht.
Zu behalten ein gut Gesicht,
Wie vor die alten Fürsten heten,
Die ir Lant sauber halten teten
Und schauten scharpf auf alle Straß,
Und wo ein Lantfridbrecher was,
Der aufrürisch wart in dem Lant,
Den tetens mit gwaltiger Hant
Hertreiben und teten in stillen in stillen, ihm das Handwerk legen.;
Da warn in hohem Wert die Brillen,
Gar köstlich do mein Hantwerk was,
Weil iederman noch nutzet das;
Jezt ist es worden gar unwert
Bei Geistling und Weltling auf Ert,
Das mir wer bei meim Hantwerk Not,
Das ich schier eß das Bettelbrot.

Der Bischof lachet, frölich sprach:
Gut Gesell, kom gen Worms hernach
Und iß zu Hof, sei unbeschwert
So lang und diser Reichstag wert,
Wann es wirt drauf von Fürstn und Herrn,
Hoff, etwas Guts beschloßen wern,
Auf daß im Teutschland beßer ste,
Und dein Hantwerk von statten ge,
Das du auch komst zu Er und Gut.
Der Bischof mit frölichem Mut
Rucket mit seinem Zeug dahin
Und dacht heimlich in seinem Sin:
Weiß der gmein Man von disen Tücken,
Das wir heimlich teten verdrücken
Als mit geferbtem guten Schein,
Vermeinten, es solt heimlich sein,
So ist es warlich hohe Zeit,
Das wir Unschult und Grechtigkeit
In dem verdrückten teutschen Lant
Hilf reichen mit gerechter Hant,
Das uns kein Unrat daraus wachs.
Got wöll, das bald gschech, wünscht

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