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Inhalt

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  • Richard Wilhelm
  • Vorwort
  • 1. Weiberworte trennen Fleisch und Bein
  • 2. Die drei Reimer
  • 3. Wie einer aus Gier nach dem Kleinen das Große verliert
  • 4. Wer ist der Sünder?
  • 5. Das Zauberfaß
  • 6. Das Glückskind und das Unglückskind
  • 7. Der neunköpfige Vogel
  • 8. Die Höhle der Tiere
  • 9. Der Panther
  • 10. Das grosse Wasser
  • 11. Der Fuchs und der Tiger
  • 12. Des Tigers Lockspitzel
  • 13. Der Fuchs und der Rabe
  • 14. Warum Hund und Katze einander Feind sind
  • 15. Die Menschwerdung der fünf Altem
  • 16. Der Kuhhirt und die Spinnerin
  • 17. Yang Oerlang
  • 18. Notscha
  • 19. Die Mondfee
  • 20. Der Morgen- und der Abendstern
  • 21. Das Mädchen mit dem Pferdekopf
  • 22. Die Himmelskönigin
  • 23. Nü Wa
  • 24. Der Feuergott
  • 25. Die drei waltenden Götter
  • 26. Konfuzius
  • 27. Der Kriegsgott
  • 28. Die Heiligenscheine
  • 29. Laotse
  • 30. Der alte Mann
  • 31. Die acht Unsterblichen
  • 32. Die acht Unsterblichen
  • 33. Die beiden Scholaren
  • 34. Der Priester von Lauschan
  • 35. Der geizige Bauer
  • 36. Strafe des Unglaubens
  • 37. Morgenhimmel
  • 38. Der König Mu von Dschou
  • 39. Weibertreu (Dschuang dsï und seine Frau)
  • 40. Der König von Huai Nan
  • 41. Der alte Dschang
  • 42. Der gütige Zauberer
  • 43. Wie einer den Höllenfürsten beschimpfte
  • 44. Wie Muliän seine Mutter aus der Hölle holte
  • 45. Die Blumenelfen
  • 46. Der Bergelf
  • 47. Der Geist vom Wuliän-Berg
  • 48. Der Rossberg-Geist
  • 49. Der Ameisenkönig
  • 50. Der kleine Jagdhund
  • 51. Der Drache nach dem Winterschlaf
  • 52. Die Geister des gelben Flusse
  • 53. Die Drachenprinzessin
  • 54. Hilfe in der Not
  • 55. Die verstoßene Prinzessin
  • 56. Das Fuchsloch
  • 57. Fuchsfeuer
  • 58. Der Fuchs und der Donner
  • 59. Der freundliche und der schlimme Fuchs
  • 60. Der große Vater Hu
  • 61. Die sprechenden Silberfüchse
  • 62. Der Scherge
  • 63. Die gefährliche Belohnung
  • 64. Die Rache
  • 65. Der Geisterseher
  • 66. Die Geister der Erhängten
  • 67. Gespenstergeschichten
  • 68. Das tote Mädchen
  • 69. Der unartige Knabe
  • 70. Bestrafte Habgier
  • 71. Die Nacht auf dem Schlachtfeld
  • 72. Die Grabschänder
  • 73. Go Schu Han
  • 74. Die verwandelte Frau
  • 75. Das Oger-Reich
  • 76. Das geraubte Mädchen
  • 77. Der fliegende Oger
  • 78. Giftmischen
  • 79. Schwarze Künste
  • 80. Das treue Mädchen
  • 81. Die bemalte Haut
  • 82. Die Sekte vom weißen Lotos
  • 83. Die drei Übel
  • 84. Wie über zwei Pfirsichen drei Helden zu Tode kamen
  • 85. Wie das Heiraten des Flußgotts aufhörte
  • 86. Dschang Liang
  • 87. Der alte Drachenbart
  • 88. Wie der Molo die Rosenrot stahl
  • 89. Die golden Büchse
  • 90. Yang Gui Fe
  • 91. Der Arzt
  • 92. Der Mönch am Yangtsekiang
  • 93. Der herzlose Gatte
  • 94. Die schöne Giauna
  • 95. Ying Ning oder die lachende Schönheit
  • 96. Die Froschprinzessin
  • 97. Abendrot
  • 98. Edelweiß
  • 99. Das Heimweh
  • 100. Der Affe Sun Wu Kung
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48. Der Rossberg-Geist

Initial Am Fuß des Rossbergs ist ein Dorf. Da war ein Bauer, der vom Getreidehandel lebte. Alle fünf Tage ging er in den Flecken östlich vom Dorf auf den Markt. Jener Markt war etwa eine Meile weit und von dem Dorfe durch einen Felsrücken getrennt.

Eines Tages kam er etwas betrunken vom Markte heim. Er ritt auf seinem Maultier und kam eben bei dem Felsrücken vorüber, als er plötzlich an einem Bach ein Ungeheuer sitzen sah. Sein riesiges Gesicht war blau, und die Augen traten aus dem Kopf hervor wie bei einer Krabbe. Sie leuchteten mit funkelndem Schein. Das Maul klaffte ihm bis an die beiden Ohren und sah aus wie eine Schüssel voll Blut. Darinnen standen in dichtem Gewirr zwei, drei Zoll lange Zähne. So hockte es am Bach; es hatte sich eben niedergebeugt und schlürfte Wasser. Man hörte ganz deutlich, wie das Wasser gluckste.

Der Bauer erschrak entsetzlich. Zum Glück hatte ihn das Ungetüm noch nicht gesehen. Das machte er sich zu nutze und schlug den Umweg ein, der am Nordhang des Felsens vorbeiführt. Dieser Weg ist eben, aber etwas weiter. Die Leute aus dem Dorf benützten ihn, wenn sie Schubkarren zu schieben hatten. Der Bauer gab seinem Maultier die Peitsche und galoppierte, so schnell er konnte.

Als er eben um die Ecke bog, da hörte er jemand hinter sich rufen: »Nachbar, wartet auf mich!«

Er blickte sich um, da war es sein Nachbarsohn. Er machte Halt und wartete.

Der Nachbar sprach: »Der alte Li ist ernstlich krank. Er wirds wohl nicht mehr lange treiben. Sein Sohn hat mich gebeten, in den Marktflecken zu gehen und einen Sarg zu bestellen. Eben komm ich zurück.«

Der Bauer wußte, daß der alte Li schon lange krank war, und so glaubte er ihm.

Der Nachbar redete weiter: »Ihr geht doch für gewöhnlich immer den nächsten Weg über den Berg; warum macht Ihr heute diesen Umweg?«

Der Bauer sagte etwas unbehaglich: »Ich wollte auch heute über den Berg; aber da sah ich ein Ungetüm, häßlich und fürchterlich, darum ist mir der Umweg nicht zu weit.«

Der Nachbar sprach: »Wenn ich Euch so reden höre, so kommt mich selbst die Furcht an, und ich getrau mich nicht allein nach Hause. Wie wäre es, wenn Ihr mich hinter Euch auf Euer Maultier sitzen ließet?«

Der Bauer wars zufrieden, und der Nachbar setzte sich hinter ihn auf das Maultier.

Nach ein paar Schritten fing er wieder an: »Wie sah das Ungetüm eigentlich aus, das Ihr gesehen habt? Erzählt einmal!«

Der Bauer sprach: »Es ist mir noch nicht so recht geheuer zu Mut. Zu Hause will ich Euch dann alles sagen.«

»Wenn Ihr nicht reden wollt«, erwiderte der andere, »so dreht Euch einmal um und seht mich an, ob ich so aussehe wie das Ungetüm.«

Der Bauer sprach: »Ihr müßt keine schlechten Späße machen! Ein Mensch ist doch kein Teufel.«

Aber der andere blieb dabei: »Seht mich doch nur einmal an!«

Damit zerrte er ihn gewaltsam am Arm.

Der Bauer drehte den Hals und guckte nach ihm um, und richtig war es das Ungetüm, das er am Bach getroffen hatte. Vor Schrecken fiel er vom Maultier und blieb bewußtlos liegen.

Das Maultier wußte den Weg und kam nach Hause. Den Leuten zu Hause ahnte nichts Gutes, und sie verteilten sich auf den verschiedenen Wegen, ihn zu suchen. So fanden sie ihn schließlich an der Ecke des Felshanges und trugen ihn heim. Um Mitternacht kam er erst wieder zu sich und erzählte, was ihm begegnet war.

 


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