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Ich verachte euch nicht, Priester aller Zeiten und über alle Erde.
Mein Glaube ist der größte der Glauben und der geringste der Glauben,
Schließt in sich alten Kult und neuen und jeden zwischen altem und neuem.
Daß ich nach fünftausend Jahren wieder auf die Erde kommen werde, glaube ich,
Auf Antworten von Orakeln wartend, die Götter verehrend, die Sonne begrüßend,
Einen Fetisch mir bildend aus dem nächsten Felsen oder Baumstumpf.
Ich tanze den Knütteltanz im Kreise der Obis,
Helfe dem Lama oder Brahminen die Götzenlampe putzen,
Ich tanze durch die Straßen in der Phallus-Prozession, verzückt und asketisch bin ich, ein Gymnosophist in den Wäldern,
Trinke Met aus dem Hirnschädelbecher, bewundre die Schastas und Veden, achte den Koran,
Steige auf die Teokallis, die befleckt sind mit Blut durch Stein und Messer, und schlage die Schlangenhauttrommel,
Akzeptiere die Evangelien, akzeptiere den, der gekreuzigt wurde, und weiß ganz sicher, daß er göttlich ist,
Knie bei der Messe oder steh auf zum Gebet des Puritaners oder sitze geruhig in einem Kirchenstuhl,
Ich tobe und schäume in der Krise meines Wahnsinns oder warte todgleich, bis mein Geist mich aufjagt,
Ich schaue hinaus auf Pflaster und Land oder hinweg über Pflaster und Land,
Zu denen gehörend, die den Kreis der Kreise runden.
Niedergeschlagene Zweifler, trübsinnig und ausgestoßen,
Frivol, mürrisch, gelangweilt, zornig, gerührt, entmutigt, atheistisch,
Ich kenne jeden von euch, ich kenne das Meer der Peinen, Zweifels, Verzweiflung und Unglaubens.

Wie die Flossen das Wasser schlagen!
Wie sie sich krümmen, blitzend schnell, mit Zucken und Sprudeln von Blut!

Seid ruhig, blutende Flossen der Zweifler und mürrischen Ausreißer!
Ich nehme meinen Platz unter euch so gut wie unter irgendwelchen sonst.
Die Vergangenheit drängt euch, mich, uns alle gleich;
Und was noch unversucht bis jetzt und kommen wird, ist für euch, mich, uns alle ganz gleich.

Ich weiß nicht, was unversucht ist und kommen wird,
Aber ich weiß, es wird schon als hinreichend sich erweisen, es kann nicht fehlen.

Was geht, steht in Betracht, was verharrt, steht in Betracht; kein einziger kann ausgenommen sein.

Unverloren ist der Züngling, der starb und begraben ward,
Unverloren das junge Weib, das starb und ihm an die Seite gelegt wurde,
Nicht verloren das kleine Kind, das zur Türe hereinsah, zurückging und nie mehr gesehen wurde,
Nicht der Greis, der zwecklos lebte und es mit Bitterkeit fühlt, schlimmer als Galle,
Nicht der Armenhäusler, der tuberkulös ist vom Schnaps und von schlechter Krankheit,
Nicht die zahllosen Hingeschlachteten und Gescheiterten, nicht der tierische Auswurf, den man den Auswurf der Menschheit nennt,
Nicht die Säcke, die nur so mit offenem Maule umherschwimmen, damit Speise hineinschlüpfe,
Noch irgend sonst etwas auf der Erde oder drunten in der Erde ältesten Gräbern hat verspielt und verloren,
Noch irgend etwas in den Myriaden von Sphären, noch die Myriaden ihrer Bewohner,
Noch die Gegenwart, noch der letzte Dreckwisch, den man kennt.

 


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