Edgar Wallace
Der Mann, der seinen Namen änderte
Edgar Wallace

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34

Alma Javot weinte, als sie den Brief von Sir James Tynewood gelesen hatte. Sie fühlte nun doch Reue, aber diese Reue äußerte sich in einer für sie ganz charakteristischen Art.

»Ich muß wirklich sagen, daß er sehr anständig ist«, sagte sie zu Javot. »Aber ich bleibe nicht hier. Ich siedle wieder nach London über und gehe zur Bühne zurück. Stelle dir vor, welchen Eindruck es macht, wenn auf den Theaterzetteln steht: Alma, Lady Tynewood!«

»Nun sei doch zufrieden, daß du mit heiler Haut davongekommen bist. Du nennst dich Alma Trebizond, sonst hast du es mit mir zu tun.«

Er sprach im Ernst, und sie wußte, daß mit Mr. Javot nicht zu spaßen war.

»Auf keinen Fall bleibe ich hier«, erklärte sie. »Wenn ich nicht Lady Tynewood auf Schloß Tynewood sein kann, so will ich auch nicht Mrs. Javot von Tynewood sein.«

»Du kannst dich meinethalben Mrs. Javot von Kensington nennen, wenn dir das Spaß macht, und solange du dich ruhig und vernünftig verhältst, hast du ja auch nichts zu fürchten. Ich bleibe jedenfalls hier. Zum Wochenende kannst du ja dann von London herüberkommen.«

Sie sah ihn erstaunt an.

»Du wirst ja auf deine alten Tage liebenswürdig, Javot?«

*

Mrs. Stedman hatte wieder Grund, sich zu beschweren. Als sie entdeckte, daß ihr Schwiegersohn ein wirklicher englischer Baron war, beanspruchte sie eine Wohnung von mehreren Zimmern im Ostflügel des Schlosses für sich.

»Aber es gibt doch gar keinen Ostflügel, liebe Mutter«, sagte Marjorie. »Das Haus erstreckt sich von Norden nach Süden, und außerdem werde ich nicht dort wohnen.«

»Was, du bleibst nicht in Tynewood?« fragte Mrs. Stedman.

»Mein Mann geht nach Südafrika zurück.«

»Und will dich allein zurücklassen? Das geht nicht.«

»Warum nicht? Ich regle meine häuslichen Angelegenheiten allein und ohne deine Hilfe.«

Die alte Frau begann zu weinen.

»Ja, ich sehe es schon«, sagte sie bitter. »Meine eigene Tochter wendet sich gegen mich – sie ergreift die Partei ihres Mannes!«

»Mach dich doch nicht lächerlich, Mutter. Er geht nach Südafrika zurück, und infolgedessen kann ich doch nicht im Schloß wohnen. Das stimmt doch, James?«

»Jim klingt viel besser«, meinte James Tynewood, der gerade hereingekommen war. »Nein, wir werden die nächsten Wochen und Monate nicht im Schloß wohnen. Übrigens habe ich meine Abreise nach Südafrika auf unbestimmte Zeit verschoben. Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich noch eine Weile bei Ihnen bin, Mrs. Stedman?« Er sah sie nachdenklich an.

»Nein, im Gegenteil, ich freue mich.«

»Hast du an der Tür gelauscht?« fragte Marjorie, als ihre Mutter gegangen war.

»Natürlich!«

»Und du willst nicht nach Südafrika gehen?«

»Nein, ich bleibe hier – direkt hier im Hause.«

Beide schwiegen eine Weile.

»Wie lange dauert es, bis das Schloß eingerichtet ist?« fragte Marjorie schließlich.

»Oh, das dauert noch viele Wochen«, entgegnete er vergnügt. »Deine Mutter hat doch nichts dagegen, wenn ich hier wohne?«

»Nein. Sie fühlt sich höchstens sehr geehrt, daß ein Baron unter ihrem Dach wohnt. Aber ist es denn nicht sehr ungemütlich?«

»Ich fühle mich sehr wohl dort. Habe ich mich etwa schon einmal beklagt?«

»Hältst du es denn nicht für hübscher, wenn man einen elektrischen Kocher im Zimmer hat und sich Tee machen kann?« fragte sie verzweifelt.

Er lachte und zog sie am Ohr. »Ach ja, du hast so ein Gerät in deinem Zimmer. Also gut – wir wollen zusammen Tee kochen.«

 

Ende

 


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