Richard Wagner
Das Rheingold
Richard Wagner

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Vierte Szene

Freie Gegend auf Bergeshöhen

Alberich, Wotan, Loge, die übrigen Götter und Göttinnen, Erda, die drei Rheintöchter

Loge
Da, Vetter, sitze du fest!
Luge, Liebster, dort liegt die Welt,
die du Lungrer gewinnen dir willst:
welch Stellchen, sag',
bestimmst du drin mir zum Stall?

Alberich
Schändlicher Schächer! Du Schalk! Du Schelm!
Löse den Bast, binde mich los,
den Frevel sonst büssest du Frecher!

Wotan
Gefangen bist du, fest mir gefesselt,
wie du die Welt, was lebt und webt,
in deiner Gewalt schon wähntest,
in Banden liegst du vor mir.
Du Banger kannst es nicht leugnen!
Zu ledigen dich bedarf's nun der Lösung.

Alberich
O ich Tropf, ich träumender Tor!
Wie dumm traut' ich dem diebischen Trug!
Furchtbare Rache räche den Fehl!

Loge
Soll Rache dir frommen,
vor allem rate dich frei:
dem gebundnen Manne
büsst kein Freier den Frevel.
Drum, sinnst du auf Rache,
rasch ohne Säumen
sorg' um die Lösung zunächst!

Alberich
So heischt, was ihr begehrt!

Wotan
Den Hort und dein helles Gold.

Alberich
Gieriges Gaunergezücht!
Doch behalt' ich mir nur den Ring,
des Hortes entrat' ich dann leicht:
denn von neuem gewonnen
und wonnig genährt
ist er bald durch des Ringes Gebot.
Eine Witzigung wär's,
die weise mich macht:
zu teuer nicht zahl' ich die Zucht,
lass' für die Lehre ich den Tand.

Wotan
Erlegst du den Hort?

Alberich
Löst mir die Hand, so ruf' ich ihn her.
Wohlan, die Niblungen rief ich mir nah:
ihrem Herrn gehorchend hör' ich den Hort
aus der Tiefe sie führen zu Tag.
Nun löst mich vom lästigen Band!

Wotan
Nicht eh'r, bis alles gezahlt.

(Die Nibelungen steigen aus der Kluft herauf)

Alberich
O schändliche Schmach,
dass die scheuen Knechte
geknebelt selbst mich erschaun!

(Zu den Nibelungen)

Dorthin geführt, wie ich's befehl'!
All zu Hauf schichtet den Hort!
Helf' ich euch Lahmen?
Hieher nicht gelugt!
Rasch da, rasch!
Dann rührt euch von hinnen:
dass ihr mir schafft!
Fort in die Schachten!
Weh euch, find' ich euch faul!
Auf den Fersen folg' ich euch nach.

Gezahlt hab' ich:
nun lasst mich ziehn!
Und das Helmgeschmeid,
das Loge dort hält,
das gebt mir nun gütlich zurück!

Loge
Zur Busse gehört auch die Beute.

Alberich
Verfluchter Dieb! Doch nur Geduld!
Der den alten mir schuf, schafft einen andern:
noch halt ich die Macht, der Mime gehorcht.
Schlimm zwar ist's, dem schlauen Feind
zu lassen die listige Wehr!
Nun denn! Alberich liess euch alles:
jetzt löst, ihr Bösen, das Band!

Loge (zu Wotan)
Bist du befriedigt? Lass ich ihn frei?

Wotan
Ein goldner Ring ragt dir am Finger:
hörst du, Alp?
Der, acht' ich, gehört mit zum Hort.

Alberich
Der Ring?

Wotan
Zu deiner Lösung musst du ihn lassen.

Alberich
Das Leben – doch nicht den Ring!

Wotan
Den Reif verlang' ich:
mit dem Leben mach', was du willst!

Alberich
Lös' ich mir Leib und Leben,
den Ring auch muss ich mir lösen:
Hand und Haupt, Aug' und Ohr,
sind nicht mehr mein Eigen
als hier dieser rote Ring!

Wotan
Dein Eigen nennst du den Ring?
Rasest du, schamloser Albe?
Nüchtern sag',
wem entnahmst du das Gold,
daraus du den schimmernden schufst?
War's dein Eigen, was du Arger
der Wassertiefe entwandt?
Bei des Rheines Töchtern hole dir Rat,
ob ihr Gold sie zu eigen dir gaben,
das du zum Ring dir geraubt.

Alberich
Schmähliche Tücke, schändlicher Trug!
Wirfst du Schächer die Schuld mir vor,
die dir so wonnig erwünscht?
Wie gern raubtest
du selbst dem Rheine das Gold,
war nur so leicht
die Kunst, es zu schmieden, erlangt?
Wie glückt' es nun dir Gleissner zum Heil,
dass der Niblung ich aus schmählicher Not,
in des Zornes Zwange,
den schrecklichen Zauber gewann,
des Werk nun lustig dir lacht?
Des Unseligen, Angstversehrten
fluchtfertige, furchtbare Tat,
zu fürstlichem Tand soll sie fröhlich dir taugen,
zur Freude dir frommen mein Fluch?
Hüte dich, herrischer Gott!
Frevelte ich, so frevelt' ich frei an mir:
doch an allem, was war,
ist und wird,
frevelst, Ewiger, du,
entreissest du frech mir den Ring!

Wotan
Her den Ring!
Kein Recht an ihm
schwörst du schwatzend dir zu.

Alberich
Ha! Zertrümmert! Zerknickt!
Der Traurigen traurigster Knecht!

Wotan
Nun halt' ich, was mich erhebt,
der Mächtigen mächtigsten Herrn!

Loge
Ist er gelöst?

Wotan
Bind ihn los!

Loge
Schlüpfe denn heim!
Keine Schlinge hält dich:
frei fahre dahin!

Alberich
Bin ich nun frei? Wirklich frei?
So grüss' euch denn
meiner Freiheit erster Gruss!
Wie durch Fluch er mir geriet,
verflucht sei dieser Ring!
Gab sein Gold mir Macht ohne Mass,
nun zeug' sein Zauber Tod dem, der ihn trägt!
Kein Froher soll seiner sich freun;
keinem Glücklichen lache sein lichter Glanz!
Wer ihn besitzt, den sehre die Sorge,
und wer ihn nicht hat, den nage der Neid!
Jeder giere nach seinem Gut,
doch keiner geniesse mit Nutzen sein!
Ohne Wucher hüt' ihn sein Herr,
doch den Würger zieh' er ihm zu!
Dem Tode verfallen, fessle den Feigen die Furcht;
so lang er lebt, sterb er lechzend dahin,
des Ringes Herr als des Ringes Knecht:
bis in meiner Hand den geraubten wieder ich halte!
So segnet in höchster Not
der Nibelung seinen Ring!
Behalt ihn nun, hüte ihn wohl,
meinen Fluch fliehest du nicht!

Loge
Lauschtest du seinem Liebesgruss?

Wotan
Gönn ihm die geifernde Lust!

Loge
Fasolt und Fafner nahen von fern;
Freia führen sie her.

Froh
Sie kehrten zurück.

Donner
Willkommen, Bruder!

Fricka
Bringst du gute Kunde?

Loge
Mit List und Gewalt gelang das Werk:
dort liegt, was Freia löst.

Donner
Aus der Riesen Haft naht dort die Holde.

Froh
Wie liebliche Luft wieder uns weht,
wonnig Gefühl die Sinne erfüllt!
Traurig ging es uns allen,
getrennt für immer von ihr,
die leidlos ewiger Jugend
jubelnde Lust uns verleiht.

Fricka
Lieblichste Schwester, süsseste Lust!
Bist du mir wieder gewonnen?

Fasolt
Halt! Nicht sie berührt!
Noch gehört sie uns.
Auf Riesenheims ragender Mark
rasteten wir: mit treuem Mut
des Vertrages Pfand pflegten wir.
So sehr mich's reut, zurück doch bring' ich's,
erlegt uns Brüdern die Lösung ihr.

Wotan
Bereit liegt die Lösung:
des Goldes Mass sei nun gütlich gemessen.

Fasolt
Das Weib zu missen, wisse, gemutet mich weh:
soll aus dem Sinn sie mir schwinden,
des Geschmeides Hort häufet denn so,
dass meinem Blick die Blühende ganz er verdeck'!

Wotan
So stellt das Mass nach Freias Gestalt.

Fafner
Gepflanzt sind die Pfähle nach Pfandes Mass:
gehäuft nun füll' es der Hort.

Wotan
Eilt mit dem Werk: widerlich ist mir's!

Loge
Hilf mir, Froh!

Froh
Freias Schmach eil' ich zu enden.

Fafner
Nicht so leicht und locker gefügt!
Fest und dicht füll' er das Mass!
Hier lug' ich noch durch:
verstopft mir die Lücken!

Loge
Zurück, du Grober!

Fafner
Hierher!

Loge
Greif mir nichts an!

Fafner
Hierher! die Klinze verklemmt!

Wotan
Tief in der Brust brennt mir die Schmach.

Fricka
Sieh, wie in Scham schmählich die Edle steht:
um Erlösung fleht stumm der leidende Blick.
Böser Mann! Der Minnigen botest du das!

Fafner
Noch mehr! Noch mehr hierher!


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