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Das Stilleben des Hochmeisters des Deutschen Ordens und sein Fürstenhof


Es ist die grosse Aufgabe des Geschichtschreibers, nicht daß man die Geschichte der Zeiten nur lese, sondern daß man sie sehe. Darum sagt Johannes von Müller: »Große Geschichtschreiber der Begebenheiten ihrer Zeiten, Cäsar und Xenophon, erzählen nicht, sondern zeigen. Was wir aber bei der Dämmerung der Geschichte des Mittelalters kaum zur Hälfte erblicken, läßt sich nicht in solchem Lichte darstellen«. Um so mehr erzeugt es ein Freudegefühl in der Seele des Geschichtschreibers, wenn es ihm möglich wird, das Bild einer Erscheinung mit lebendigen Farben ausmalen und das Leben der Vergangenheit nicht bloß nacherzählen, sondern nachzeichnen zu können. Das Reinmenschliche behält ewig seinen eigenen Reiz und hohen Zauber. Darum soll hier versucht werden, das Bild eines Stillebens aus dem Mittelalter an dem Leben des Hochmeisters des deutschen Ordens in Preußen, wie es im Anfange des fünfzehnten Jahrhunderts dastand, so treu und wahr darzustellen, als es die glaubhaftesten Berichte möglich machen; es soll das Gemälde streng nach der Wirklichkeit entworfen und bis in seine einfachsten Einzelheiten nachgezeichnet werden, also daß Treue und Wahrheit der schönste Schmuck sein sollen, dessen das Bild sich rühmen mag.

War des Meisters Wahl im prachtvollen Kapitelsaale des Ordenshaupthauses Marienburg beendigt und der Ordensritter zum Fürsten des Landes und Oberhaupte des Ordens erhoben, so trat er in den Besitz der hochmeisterlichen Hofburg, wo, in der mittleren Burg des Ordenshaupthauses, die Wohngemache des Meisters lagen. Sein eigentliches Wohnzimmer, des Meisters Gemach genannt, durch fünf Fenster freundlich erhellt und zur Winterzeit durch einen Kamin und einen Ofen im Fußboden warm erhalten, gab ihm die Aussicht auf den großen Burgplatz, wo er Leben und Treiben der Ordensritter beobachten konnte. Von zwei Pfeilern getragen, waren Gewölbe und Wände nach dem Zeitgeschmack zierlich ausgemalt, in den Gewölbebogen grünendes Weinlaub mit reifen Trauben, an den Wänden Ritter und Bilder berühmter Ordensbrüder, zwischen den Fenstern Wappenschilde. Durch eine Türe in der Seitenwand gelangte der Meister in ein kleineres Wohngemach, des Meisters Stube genannt, von zwei Fenstern erhellt, ebenfalls durch einen Kamin und einen Ofen im Fußboden erwärmt und, ähnlich wie das Wohngemach, mit bildlichen Darstellungen geschmückt. Aus diesem Wohnzimmer, wohin sich der Meister zur Ruhe und stillen Geschäften zurückzog, führte eine Seitentüre in des Meisters kleines Remter, dessen schönes Gewölbe, auf einem einzigen Pfeiler ruhend, sich wie der reine Himmelsbogen auf diesen in der Mitte niedersenket. Das reiche Licht durch vier Fenster und die gemächliche Erwärmung durch den Ofen im Fußboden verliehen diesem Gemache eine eigene trauliche Heiterkeit, und mit diesem Charakter vereinte sich der Zweck des lieblichen Gemaches; denn wenn der Meister die Gebietiger, Komture des Landes, Gäste aus der Landesritterschaft oder vornehme Fremde zur Tafel zog, bot hier eine Schenkbank an der Seite die Speisen und Getränke dar, und an den Wänden gaben die Bildnisse aller Hochmeister, welche die Burg bewohnt hatten, in Ritterrüstung und zu Roß dargestellt, manchen Stoff zu ernster und fröhlicher Unterhaltung. Zu größeren Festmahlen diente ein anderes, diesem kleinen zur Seite liegendes großes Remter, in dessen ganzer Beschaffenheit Würde und Erhabenheit der herrschende Charakter ist. Im kleineren Speise-Remter sah man den gastfreundlichen Meister unter seinen Gästen am einfacheren Tische sitzen, lustigen Gesprächen hingegeben, im großen Remter erschien an der reicheren Tafel das allgewaltige Oberhaupt des Ordens; und wie der einzige mächtige Granitpfeiler in des weiten Gemaches Mitte das hochaufstrebende und weitverzweigte Gewölbe stützt und trägt, so trat hier unter seinen Gebietigern der oberste Meister als die mächtige Stütze und der kräftigste Träger des ganzen deutschen Ordens auf.

siehe Bildunterschrift

Lucas Cranach d. Ält., Edeldame als Judith. Silberstiftzeichnung. Dessau, Anhaltische Behörden-Bibliothek

In diesem Remter ließ der neuerkorene Hochmeister den zahlreich versammelten Gebietigern, Komturen, Ordensrittern und anderen hohen Gästen ein glänzendes Festmahl bereiten. Hatten die Gäste, dem Range nach, sich an den Tafeln niedergelassen, also daß die beiden Landmeister aus Deutschland und Livland dem Hochmeister zunächst, und neben jenen die fünf obersten Gebietiger, der Großkomtur, der Ordensmarschall, der Ordensspittler, der Ordenstrapier und der Treßler saßen, so erschienen die zur Aufwartung bestimmten Personen, nicht Diener in unserem Sinne, sondern niedere Ordens- oder Hausbeamten, die nur für solche Feste zu bestimmten Dienstleistungen verpflichtet waren oder vom Meister befehligt wurden. So mußte der Kornmeister von Marienburg dem Kellermeister in Besorgung der Getränke zu Hülfe stehen; den Küchenmeister unterstützte der Tempelmeister, ein Aufseher oder Beamter über ein großes Vorratshaus. Der Pfleger von Lesewitz reichte den Gästen das Brot dar. Während der Pferdemarschall, der junge Karwansherr von Marienburg und der Karwansherr von Grebin, nebst zwei jungen Ritterbrüdern, den Gästen die Gerichte von der Schenkbank vorsetzten, waren die Pfleger von Meselanz und Montau mit dem Waldmeister, Mühlenmeister und Viehmeister bemüht, die geleerten Becher zu füllen. Die Oberaufsicht über die Ordnung an den Tafeln hatten die drei Vögte von Dirschau, Grebin und Stuhm; sie mußten im Remter umhergehen und zusehen, wo es an etwas gebreche.

Man aß die Suppe mit Möhrrüben, Schoten, Petersilienwurzel und Knoblauch. Dann erschienen als Gemüse bald Kohl, Möhren und Kumst, bald Kresse, Meerrettich oder Erbsen, bald Schoten, Zwiebellauch und andere Gattungen. Hierauf trug man verschiedene Gerichte von Fischen auf; man aß Karpfen, Lachs, Morenen, Schmerlen und Lampreten oder Gerichte von Aal, Bressem, Dorsch, Hecht, auch trockene Fische, als Streckfuß, Bergerfisch, Stockfisch oder auch Krebse. Nun folgten die Fleischspeisen, als Pökelfleisch, Rinder-, Kälber-, Schöpsen- oder Schweinebraten, Schinken, Hühner-, Gänse- und Entenbraten. Dann wechselten die Mehlspeisen, und nach diesen ergötzte man sich am Wildpretsbraten, bald am Reh-, Hirsch- und Elendbraten, bald an Hasen- und wilden Schweinsbraten; als Leckerbissen galten Eichhörnchen, Rebhühner, Stare und mehrere Arten kleiner Vögel; auch Kaninchen und Kraniche wurden bisweilen aufgesetzt. Den Durst reizte man durch Neunaugen oder durch schonische und bornholmische Heringe oder auch durch Käse; der bessere hieß Herrenkäse zum Unterschied vom Gesindekäse; die vorzüglichen Gattungen wurden aus Schweden und England gezogen. Butter kannte man wenigstens unter diesem Namen nicht. Dann ergötzte man sich gerne an Wälschen- und Haselnüssen, an Äpfeln, Birnen, Pflaumen und Kirschen, an Erdbeeren und Weintrauben von inländischen Weinpflanzungen. Den Beschluß des Mahles machten Leckerbissen und verschiedene Konfekt-Arten: man reichte den Gästen Kaneel-, Kubeben-, Koriander-, Kardamom- und Anis-Konfekt, Kaiserbissen, Paradieskörner, Rosinen, Datteln, Mandeln oder Pfefferkuchen. Als Speisegewürze gebrauchte man viel Pfeffer, auch Ingwer, Kaneel, Nelken, Muskatenblume, Anis, Safran, Kümmel und andere Gattungen; man bezeichnete damals alle diese Gewürzarten mit dem Worte »Krude«. Zucker war noch etwas kostbar; denn im Jahre 1406 kostete ein Pfund eine halbe Mark; man versüßte daher vieles mit Syrup und Honig. Während des Mahles wechselten die Getränke. Man reichte den Gästen Märzbier, Weiß- und Weizenbier oder auch die vorzüglichen Gattungen, die sich der Meister zu hohen Festen aus Wismar, Danzig, Elbing und Bromberg kommen ließ. Dann erfreute man sich des alten vaterländischen Trankes, des Methes. Man kostete zuerst in kleineren Schenkgläsern reinen, guten Tischmeth, hierauf wechselten aber hohe Gläser für alten und zum Teil sehr starken Meth, der meist aus Riga kam und zu hohen Preisen bezahlt wurde; denn sechs Tonnen alter Rigaer Meth kosteten acht Mark. Hierauf prangte die Tafel von silbernen und vergoldeten Trinkbechern, worin bei den Nachgerichten der Wein gekostet wurde, mit dessen verschiedenen Gattungen der hochmeisterliche Keller reichlich gefüllt war. Fremde Gäste überraschte man zuweilen mit Landwein, der in den Gärten bei Marienburg gewonnen und von solcher Güte war, daß der Meister kein Bedenken trug, selbst fremde Fürsten damit zu beschenken. Im Herbste erschien auch Thorner Most auf der Fürstentafel. Ihm folgte der edlere Rheinwein, den der Komtur von Koblenz jährlich für 400 ungarische Gulden besorgte. Als Köstlichkeit galt alter edler Rheinfall, vom Landkomtur von Böhmen gesandt und in Mischung mit Eiern und Milch gekostet. Er wechselte mit elsaßer, wälschem, griechischem und Ungarwein oder mit Malvasier und anderen Gattungen.

An solchen Festen war auch das Tischgerät und Trinkgeschirr des Fürsten völlig würdig. Jeder Gast hatte seine Handquehle, der Hochmeister die seinige von Seide und mit Gold umbrämt. Die Messer der obersten Gebietiger waren silbern und das des Meisters mit Gold ausgelegt; Gabeln nannte man Beiwerfe. Auch das übrige Speisegeräte, als Löffel, Teller, Schüsseln und Schalen sah man nur von Silber; das Ordenshaus besaß hieran bedeutenden Reichtum; denn im Jahre 1408 allein kaufte der Großschäffer dem Hochmeister für 333 Mark silberne Gefäße, ungeachtet daß vom Jahre 1399 an bis zur Schlacht von Tannenberg im Ordenshause selbst eine Menge silberner Gerätschaften für den Meister verfertigt wurde. Je edler das Getränk, um so edler war das Gefäß. Man setzte Bier in zinnernen Flaschen oder stählernen und eisernen Kannen auf, den Meth dagegen in silbernen, in übergoldeten den edelsten rheinländischen Rebensaft. Vor dem Meister prangte eine große silberne Kanne, reich übergoldet und aufs kostbarste gearbeitet; aus ihr füllte man sein vergoldetes Bisonshorn, aus dem er gerne den Wein trank. Den Rheinfall kostete er aus einem Kopfe oder Trinkbecher von Alabaster. So standen auch vor jedem Gaste silberne Köpfe, – damals die Benennung einer Art von Trinkbechern, – silberne Karken und silberne Stutzchen; die der obersten Gebietiger waren meist übergoldet und mit Bernstein geschmückt oder »poncionirt«. Mit Silber beschlagene und vergoldete Straußeneier schmückten bei festlichen Mahlen die hochmeisterliche Tafel.

Abwechselnd ergötzte die Gäste während des Schmauses Gesang und Saitenspiel. Ein Chor singender Schüler aus der Stadt Marienburg, verbunden mit den Schülern des Hauses, die auch in des Meisters Kapelle zur Messe sangen, erheiterte die ritterliche Versammlung. Den ernsteren Gesang begleiteten des Meisters eigene Musiker, die er als Hofkapelle im Ordenshause unterhielt. Im Jahre 1399 belief sich ihre Zahl auf nicht weniger als 32, und Herr Pasternak und Herr Hensel standen als Direktoren an ihrer Spitze. Ward es aber nötig befunden, so vermehrten ihre Zahl noch »die Fiedeler aus der Stadt Marienburg«. Wie auf Reichstagen oder bei Hoffesten immer Spielleute, Pfeifer und Trompeter sich einfanden, so zog bei der Meisterwahl die Zahl der Gäste, von denen jeder reichlich spendete, auch »fahrende« Künstler und Künstlerinnen ins Ordenshaus, wo sie die Gäste durch ihre Kunst erheiterten. So fand sich im Jahre 1405 aus fernen Gegenden am meisterlichen Hofe ein Sänger ein, »der da sang als eine Nachtigall«. Aber ihm lernte die Kunst bald der Kapellan des Ordenshauses Papau ab, denn auch er »sang bald so wohl sam die Nachtigall«. Schon damals zogen die Musikanten aus Böhmen bis nach Preußen und man hörte »die Fiedeler aus Prag« und »die Pfeifer des Königs von Böhmen« mit solchem Vergnügen, daß der Meister sie an einem Feste mit 25 Mark beschenkte. Ein berühmter Violinspieler des Fürsten der Walachei erschien im Jahre 1399 in Marienburg und ward vom Meister reich belohnt; an einem Feste bewunderte man einen blinden Spielmann mit der Laute in Begleitung einer Sängerin mit der Leier und des Großfürsten Witold Pfeifer aus Litauen. Kamen fürstliche Personen zum Meister, so waren sie meist von musikalischen Gesellen begleitet, die bei ihnen im Dienste standen. So zogen dem Herzog Konrad von Oels auch seine Pfeifer und Fiedler nach, um sich am hochmeisterlichen Hofe durch ihre Kunst ein Trinkgeld zu verdienen.

Nicht selten zogen an hohen Festen im fürstlichen Hofe auch Menschen mit lustigen Schaudingen ein. Man nannte sie »gehrende Compagnie« oder »gehrende Leute«. Da erschien ein Bärenführer, der die Ritter durch den Tanz seiner Bestie erheiterte, oder ein anderer, der sie durch die Künste seines abgerichteten Hirsches in Bewunderung setzte. Wie auch anderwärts an Fürstenhöfen und Reichstagen, so fanden sich gleicher Weise in Marienburg umherziehende Truppen von »Trumelern und Kokelern« ein, ohne Zweifel nichts anderes als Seiltänzer, Luftspringer und Gaukler. Meist verbanden sie mit ihrem Spiele auch die im Mittelalter sehr vervollkommnete Pfeifkunst. Sie kamen gewöhnlich aus Deutschland, vom Hofe des Herzogs von Braunschweig, oder auch aus Böhmen. Zwar verbot freilich das Ordensgesetz dem Ritterbruder die öftere Zerstreuung durch solches Gaffenspiel; »dessen man durch weltliche Hoffahrt pfleget zu des Teufels Diensten«, wie das ernste Gesetzbuch sagt; allein an festlichen Tagen ließ es der Meister zu.

Wie solche Gaukler und Possenreißer eine alte Erscheinung an fürstlichen Höfen, besonders bei Krönungsfesten waren, sodaß schon Karl der Große sie kannte, so gehörte schon seit alten Zeiten ein Hofnarr zu der fürstlichen Dienerschaft, und da die Sittengeschichte des Mittelalters sogar einen Narrenbischof und einen Narrenpapst kennt, so darf es nicht auffallen, daß auch das ernste Ordenshaus seinen Hofnarren hatte und der Hofmeister es mitunter gern sah, wenn sein Hausnarr mit Beihilfe der hochmeisterlichen Affen durch seine Tollheiten die Gäste erlustigte. Aber es kamen nicht selten von auswärts Narren und Gecken, um vom Ordensmeister eine Belohnung zu erhaschen. Der lustige Geck aus Böhmen, Hans Schlag-in-den-Haufen, reizte schon durch seinen wunderlichen Namen die Lachlust der versammelten Gäste; dann erschien Herr Pischer, der Hofnarr des Großfürsten von Litauen, und verdiente sich durch sein Possenreißen einen neuen Narrenrock, der dem Meister fünf Mark kostete. Als einstmals William, der Hofnarr des Herzogs von Burgund, im Ordenshause einsprach, wußte er durch närrisch-witzige Äußerungen in solchem Maße zu ergötzen, daß ihn der Hochmeister mit dem Geschenke eines Schildes beehrte, wofür dieser fünf Mark zahlte; denn nicht selten waren solche Hofnarren zu gleicher Zeit auch Ritter, und darum wurden ihnen auch öfter Ritterschilder als Geschenke gegeben. So überließ einst der Hochmeister seinen Hofnarren Henne dem Großfürsten Witold von Litauen, und dieser schlug ihn zum Ritter, jedoch mit der Bedingung, daß er nur des Vormittags Ritter sein und seinen Ritterrock und die Ritterrüstung tragen dürfe, des Nachmittags aber seinen bunten Geckenrock anziehen, die Narrenkappe aufsetzen und bis auf den Abend sein Narrenwesen treiben solle. Da aber beim Ritterrocke dem Lustigmacher die Narrenteien nicht mehr gefielen und er sich weigerte, den Narren zu spielen, so mußte ihm der Großfürst mit einer Ohrfeige drohen, die, wie der Fürst sich ausdrückte, seine krummgewordene Backe wieder in Richtung bringen sollte. Meist geschah es auch, daß solche Narrenritter mit Empfehlungsbriefen von einem Fürstenhofe zum anderen zogen und überall ihre Schwänke trieben. So empfahl ein Markgraf von Brandenburg dem Hochmeister einen Narrenritter in folgender Weise: »Es kommet zu euch dieser gegenwärtige Hans von Cronach, ein ehrloser Ritter aller Gutthat, die er in mannigfaltigen Sachen hoch bewähret, sich auch in solcher Ritterschaft bei uns und anderen mit Worten und Werken also geübet hat, deshalb er billig nach seinem Stand als ein einäugiger Ritter hoch geachtet und der Ritterschaft zu Ehren solchermaß gehalten wird, als ihm nach Herkommen und allem Erzeigen seines Wesens möglich zugebühret, so ihr das alles eigentlicher vom ihm werdet vernehmen, nachdem er es an Worten nicht gebrechen läßt. Darum, und auch, weil uns der genannte Ritter als unser Diener und Hofgesinde zugehört und auch in anderen Wegen seiner Redlichkeit halber, und weil er auch sonst vor anderen Narren solchermaßen gewandt ist, daß wir ihm viel Gutes gönnen, so bitten wir euch gar freundlich und mit ganzem Fleiße, so der genannte Ritter also zu euch, als ein Landfahrer und Nachfolger der Ritterschaft, darinnen er sich auf die Fahrt begeben hat, kommen wird, daß ihr ihm dann zuvoran um seines Verdienstes und darnach auch von unser wegen förderlichen, günstigen, guten Willen beweisen und tun wollet mit solchem Erzeigen.«

In solchen geräuschvollen Zerstreuungen lebte der Meister aber nur an glänzenden Festtagen. Weit einfacher waren Erheiterungen und Lebensweise in seinen einsamen Wohngemachen. Für dieses sein Stilleben hatte ihm ein berühmter Arzt diätetische Vorschriften mitgeteilt, »ein Regiment des Lebens« genannt, die er aufs pünktlichste befolgte. Darin hieß es: »Wenn ihr umfahret in eurem Lande, so schicket es, wenn die Luft sehr feucht oder kalt ist, daß ihr stetiglich bei euch habet einen Apfel des Sommers und des Winters, wo ihr reitet und ziehet, und an dem riechet in solcher Luft oder auch in der pestilenzialen Luft. Wo ihr liegen sollt, so lasset das Gemach wohl rein machen und ein gut Feuer von dürrem Holze daselbst bereiten, ehe denn ihr darein kommet. Lasset stetiglich im Winter euer Gemach beräuchern mit Einbeeren, Myrrhenweihrauch oder Bernstein, geschüttet auf Kohlen oder Salbei oder Dostenkraut, im Sommer mit Weidenlaub oder mit Essig und frischem Wasser.« Als Speisen an seinem täglichen Tische werden ihm, außer gewissen feinen Fleisch- und Fischgattungen, als zuträglich empfohlen Mandelmuß und Mandelmilch mit Grütze, Weinmußgrütze, Mohnmuß, Hanfmuß, Rüben, Rosinen, Petersilienmuß, besonders Gerstenmuß »gemacht in einer fetten Fleischjauche«. Dann heißt es: »Meidet auch mancherlei Speise zu nutzen an einem Tische. Lasset euch genügen an zwei oder drei Gerichten, die gut sind. Euer gemeiner Trank soll sein ein guter rheinischer Wein mit etwas gesottenem Wasser im Sommer und Winter. Wenn es kalt und feucht ist, möget ihr eines Rheinfalls oder Malvasier oder wälschen Weines des Morgens gebrauchen. Nach der Mahlzeit sollet ihr genießen: Ingwer, überzogenen Koriander und andere Konfekte, die die Kraft der Verdauung stärken. Auch wäre es Not, daß die beiden Mahlzeiten sechs oder sieben Stunden von einander geschieden wären. Gehet in eurem Gemache auf und nieder, daß ihr warm werdet, ehe ihr zum Essen gehet, und dasselbe tuet auch vor dem Abendessen. Es ist eine böse Gewohnheit bei Hofe, daß man alsobald nach der Mahlzeit reitet mit vollem Bauche. Auch mit nichten sollet ihr euch schlafen legen mit vollem Bauche, sondern ergehet Euch ja vor wohl, daß ihr keine Beschwerung der Speisen oder Getränke fühlet. Wenn ihr schlafen wollet, so leget euch zuvor auf die rechte Seite und lieget etwas hoch mit dem Haupte, und wenn ihr erwachet, so kehret euch auf die linke Seite. Schlafet, mit nichten auf dem Antlitze oder auf dem Rücken und behelfet euch wohl mit sechs Stunden, drei vor der Messe und drei darnach. Möget ihr auch mehr Zeit gehaben, die nehmet darzu. Meidet, des Tages zu schlafen; es wäre denn, daß ihr die Vornacht nicht wohl geschlafen hättet, so möget ihr wohl eine Stunde ruhen und nicht zuhandes nach dem Essen. Auch möget ihr unter Zeiten baden nach euerer Gewohnheit des Morgens nüchtern, und nach dem Bade haltet euch warm, besonders das Haupt nach dem Waschen. Schicket euch Freude, wie ihr möget, mit eurem Gesinde; seid fröhlich und übergebet alle Betrübnis, wenn ihr esset, trinket oder schlafen gehet. Ist es, daß ihr von Geschäften wegen euch der Sorge nicht entschlagen könnet, so lasset vor euch spielen die Spielleute, die da fröhliche Gebärden können treiben, damit ihr die Gedanken möget überwinden«.

Diese Vorschriften bildeten die Norm des Stillebens des Hochmeisters. Gern vertrieb er seine Mußestunden mit Musik am Klavikordium, auch am Brettspiel fand man ihn nicht selten, wo er im Schachzabel seinen Gegner zu bessern suchte. Ihm war es erlaubt, um Geld zu spielen, den anderen Ordensrittern dagegen war im Remter alles Spielen um Geld und mit Würfeln untersagt und nur der Schachzabel und andere Spiele ohne Geld unverboten. Mitunter benutzte der Meister die Stunden seiner Muße auch zum Briefschreiben und zur Lektüre. Wie bedeutend in den Jahren 1400 bis 1406 die hochmeisterliche Korrespondenz war, ergibt sich daraus, daß für des Meisters Briefe allein jährlich zweihundert Bücher Papier für fünfzehn Mark und hundert Bogen Pergament, ebenfalls zu Briefen, für fünf Mark gekauft werden mußten.

Ansehnliche Summen verwandte der Meister auf seine Bibliothek. Zu seiner Erholung und Belehrung las oder ließ er sich vorlesen die Chronik von Preußen, die Chronik von Livland, der Väter Buch, das speculum historiale, das Gedicht Barlam und Josaphat, den Roland, den Stricker, eine römische Chronik, den wälschen Gast, Esther und Judith und so manche andere Bücher. In einem seiner Wohngemache hing eine Landkarte von der ganzen Erde, eine Mappa Mundi, zierlich in einen Rahmen eingefaßt, auf deren Besitz der Meister großes Gewicht legte. Zur Vermehrung seiner Büchersammlung unterhielt der Meister Konrad von Jungingen, der überhaupt für Ankauf und Abschreiben nützlicher Bücher bedeutende Summen aussetzte, einen besonderen Bücherschreiber, der nur dieses Geschäft betrieb. Ein Buch war damals eine kostbare Sache. Zu einem einzigen Antiphonium, das der Meister im Jahre 1400 schreiben ließ, mußte in Danzig auf dem Dominiksmarkte für siebzehn Mark Pergament gekauft werden und sechs Mark erhielt der Schreiber als Schreiblohn. Zwei Psalter wurden ihm mit zwölf Mark und ein Gesangbuch mit zwei Mark bezahlt. Andere Kosten verursachte noch das Ausmalen der Bücher mit sogenannten »gepayrierten« oder verzierten Buchstaben, welches Geschäft des Meisters Hofmaler für besondere Belohnung besorgte.

Zu bestimmten Tagesstunden, welche das Gesetz ihm vorschrieb, hielt der Meister seine kirchlichen »Gezeiten« oder Horen in der seinen Wohngemachen gegenüber liegenden Hauskapelle. Dort verrichtete er mit seinem Hauskaplan Gebete und hier nahm ihm dieser sein Kaplan als Beichtvater auch die Beichte ab. Für die Messe in dieser Kapelle unterhielt der Meister seine eigenen Singschüler, und waren Gäste am Hofe, die diese Kapelle besuchten, so ward hier der Gottesdienst mit ganz besonderer Feierlichkeit gehalten.

Zur Sommerzeit lebte der Meister inmitten der freien Natur, und nach der nordöstlichen und südöstlichen Gegend um das Ordenshaus an dem Wege nach Elbing hin prangten die schönsten Gärten und herrliche Anlagen.

Wie gern er sich in diesen schönen Umgebungen aufhielt, beweist der Umstand, daß er in der Mitte dieser Pflanzungen wohnte. Hier stand des »Meisters Sommerhaus«, in dem außer seinen Wohngemachen auch ein Sommerremter zur Bewirtung der Gäste war.

In mäßiger Entfernung von den Gartenanlagen befand sich des Hochmeisters Falkenschule, die er von seinem Garten aus sehr oft besuchte; denn auf wenige Gegenstände des Vergnügens ward im Ordenshause so viel Sorgfalt und Pflege und zugleich auch eine so bedeutende Summe Geldes verwandt als auf die Falkenzucht.

Der Meister liebte das edle Jagdvergnügen. Am meisten gab er sich ihm in dem nicht weit von Marienburg gelegenen Stuhm hin, wo die vollständigsten Jagdanstalten eingerichtet waren. Dort sah man die größte Zahl seiner Jagdhunde, seine Hühner- und Leithunde, die zuweilen den Bewohnern manchen Schaden anrichteten; denn einmal mußte der Meister 21 Schafe, ein andermal 17 Gänse, dann wieder einmal 15 Schafe den Eigentümern vergüten, weil seine Jagdhunde sie zerbissen hatten. In gleicher Weise ersetzte er den Landleuten immer allen Schaden, den sie bei der Jagd auf ihren Feldern am Getreide erlitten. Seine Windhunde erhielt er größtenteils aus Gothland oder von anderen Orten als Geschenke; selbst von Rom aus beehrte man ihn mit Sendungen von Federangeln, Windstricken, Beizenstielen und anderen Jagdgeräten. Es versteht sich, daß der Meister immer die ausgezeichnetsten Jagdfalken hatte, die, sobald sie ihm der Vogler auf die Jagd nachbrachte, mit goldenen oder silbernen und mit dem meisterlichen Wappen gezierten Schildchen versehen waren. Bald jagte der Meister am Weichsel-Strome, bald in der Scharffau, oder auf seinen Reisen durch das Land. Nicht selten hielt er sich mehrere Tage zum Jagdvergnügen auf der damals reichbewachsenen und waldigen frischen Nehring auf, wohin dann sein Kompan die nötigen Lebensmittel beibringen und selbst der hochmeisterliche Koch und Kellermeister nachfolgen mußten. Hohes Wild, als Hirsche und Rehe, wurde eingegarnt und durch gedungene Treibleute zusammengetrieben. Zur Jagd auf Eichhörnchen, die man gerne aß, wurden für Taglohn arme Leute bestellt, welche die Tierchen aus ihrem Lager aufscheuchen mußten. Übrigens war das Jagdvergnügen außer dem Meister nur noch den obersten Gebietigern und Komturen erlaubt; denn ein bestimmtes Gesetz verordnete, daß in einem Konvente außer dem Komtur und Hauskomtur kein anderer Ritterbruder Jagdhunde halten oder Federspiel und Weidwerk betreiben durfte, und selbst jenen war Mäßigung in diesem Vergnügen zur Pflicht gemacht. Wie jedoch der Meister selbst den Konventsrittern zuweilen die Jagd ausdrücklich erlaubte und ihnen dazu das nötige Geld auszahlen ließ, so geschah dieses mitunter auch von den Komturen für ihre einzelnen Konventsbrüder.

siehe Bildunterschrift

Dürer, Zwei Frauen in Venetianischer und Nürnberger Tracht. Federzeichnung. Frankfurt a. M., Städel'sches Institut

Außer diesen Vergnügungen ergaben sich noch andere Veranlassungen zur Freude und Heiterkeit, die des Meisters gewöhnliches Tagesleben angenehm unterbrachen. Erschien der sogenannte Hochmeistertag, der entweder sein Wahltag oder sein Geburtstag war, so ließ der Meister den gesamten Bewohnern des Ordenshauses ein köstliches Mahl ausrichten; für die vornehmere Tafel wurde dann Rheinwein von der edelsten Gattung, von der daß Faß von sechs Ohm 34 Mark kostete, in reichem Maße aufgetischt, und Feigen, Mandeln, Rosinen und andere Leckerbissen eingekauft. Ähnliche Festgelage wurden veranstaltet, wenn die Bischöfe von Kurland, Livland oder aus Preußen in Marienburg gekrönt wurden oder fürstliche Personen des Hochmeisters Gäste waren, die zwar niemals in dem eigentlichen Ordenshause selbst, aber doch in schön eingerichteten Gemachen auf der Vorburg wohnten und auf Kosten des Meisters in allen ihren Bedürfnissen unterhalten wurden; denn nie zahlte im Ordenshause ein Gast auch nur das Mindeste. Außerordentliche Vergnügungsfeste fanden indessen für solche Besuche nur äußerst selten statt; nie aber ließ der Hochmeister vornehmere Gäste vom Ordenshause ziehen, ohne sie selbst und ihre ganze Dienerschaft ansehnlich beschenkt zu haben. Freilich entsprechen unseren Sitten solche Geschenke wohl keineswegs; als der Herzog Swidrigail von Litauen im Jahre 1402 nach Marienburg kam, ließ ihm der Hochmeister ein neues herzogliches Kleid verfertigen, wozu der Taffet vier Mark kostete; außerdem erhielt der Fürst auch vier Paar Stiefeln und vier Paar Niederschuhe als Geschenk; man überreichte ihm zum Jagdvergnügen eine schöne Weidtasche und führte ihm ein prächtiges Roß zu, womit der Meister ihn beehrte. Bei einem andern Besuche erhielt derselbe Fürst ein Faß guten griechischen Weines, den der Meister mit dreizehn Mark bezahlt hatte, daneben auch Rheinwein und guten preußischen Landwein, den der Hauskomtur von Thorn, die Last für zwölf Mark, in Thorn selbst gekauft hatte. Ein junger Herzog von Oels, der den Hochmeister im Jahre 1408 in Marienburg besuchte, bekam von ihm als Geschenk eine Unterjoppe, die an Baumwollenzeug, Leinwand, gezwirnter Seide und Macherlohn dem Meister eine Mark und vier Schillinge kostete. Dagegen beehrte der Meister den Erzbischof von Riga und die Bischöfe von Kurland und Ermland mit silbernen Köpfen oder Trinkbechern, und noch ausgezeichneter den freilich für den Orden auch sehr wichtigen Großfürsten Witold von Litauen; denn bei einem Besuche ließ er ihm drei prachtvoll gearbeitete Rittersättel und Aftereisen mit den nötigen Ritterzäumen und einen vorzüglich schönen Hengst und ein andermal einen künstlich gearbeiteten silbernen Panzergürtel als Ehrengeschenke überreichen; als Witolds Gemahlin das Ordenshaus mit ihrem Besuche erfreute, ließ ihr der Meister mehrere Fingerringe, die ihm fünfzehn Mark kosteten, und zwei kostbar gearbeitete und vergoldete Köpfe oder Trinkbecher von Silber verfertigen. Die Frauen und Jungfrauen, welche die Fürsten begleiteten, erhielten seidene Borten und seidene Tollen oder kleine Quasten, die zum Schmuck der Kleider gebraucht wurden. Kamen die Ordensgebietiger aus Deutschland nach Marienburg, so waren es Handschuhe und Hosen von sämischem Leder, die ihnen der Meister als Geschenke geben ließ; so wurden im Jahre 1405 zu diesem Zwecke der ersteren dreißig, der anderen sechzehn Paare verfertigt.

Nicht selten wurde der Meister von Leuten, die bei der Ordensburg im Dienst oder in Arbeit standen, bei ihrer Verheiratung zur Hochzeit gebeten, wobei er nie verfehlte, die Brautleute mit Geld oder sonst mit irgend etwas zu beschenken; bald erhielt ein Brautpaar sechs, bald ein anderes zehn Mark, oder der Meister ließ dem Bräutigam das nötige Bier und Meth zu seiner Hochzeit anweisen, und war dieser von etwas vornehmerem Stande, so wurden ihm wohl auch einige Hirsche zu seiner Hochzeitstafel zugesandt. Auch geschah es öfters, daß sich heidnische Litauer oder Samaiten in Marienburg taufen ließen, wobei der Hochmeister Patenstelle vertrat. Gewöhnlich gab er den Neugetauften, nicht bloß ein ansehnliches Patengeschenk von fünf bis acht Mark, sondern ließ sie meistens ganz neu einkleiden und richtete ihnen nach der Taufe noch ein besonderes Gastmahl aus. Als sich dagegen ein Jude in Marienburg taufen ließ, erhielt er vom Meister mir eine halbe Mark als Patengeschenk.

In der Mitte seiner Konventsbrüder ging der Meister gewöhnlich in ganz einfacher Kleidung, doch war sie ziemlich mannigfaltig. Im Sommer trug er einen kurzen Überrock mit weißem Unterfutter; reitend dagegen erschien er in einem langen Rocke mit Büchsen; im Winter war sein Reitrock mit schwarzen Schaffellen gefüttert. Die Farbe seines Tuches war beständig schwarz. Unter dem Rocke trug er ein Unterkleid von Baumwolle. Die Beinkleider waren zum Teil von Tuch, doch meist von sämischem Leder, Hirsch- oder Rehleder; denn lederne Hosen trug man damals ganz allgemein, weshalb in Marienburg auch eine ungemein große Masse von Leder zur Kleidung der übrigen Ordensritter zubereitet wurde. Ein kostbares Staatskleid des Hochmeisters, worin er an hohen Festen oder beim Besuche fürstlicher Personen an der Tafel erschien, war die Schaube, ein mantelartiges Kleid, das bis an die Knöchel reichte, aus dem feinsten Tuche bestand und mit goldenen Borten besetzt war. Zu seinem Rittermantel nahm der Meister englisches weißes Tuch, und auf seinem Waffenmantel trug er ein äußerst schön gearbeitetes Kreuz, dessen Verfertigung allein 15 Mark kostete. Außer dieser Kleidung von schwarzer und weißer Farbe liebte er auch manches von grauem »werweschen« Tuche, wie denn überhaupt zur Bekleidung des Meisters und seiner Ritter und ihrer Dienerschaft eine Menge ausländischer Tücher im Gebrauche waren; man hatte amsterdamisches, mechelnisches, leydensches, brüggesches, brüsselisches, bergisches, aldenardensches, ipernsches, werwesches, londisches, walmisches, mabusches, poppernsches, vallentisches, herrentalisches und russisches Tuch. Im Winter gebrauchte der Meister zu seiner Kleidung viel Pelzwerk; denn er trug nicht bloß einen großen und weiten Umschlagpelz, sondern auch seine übrigen Kleider waren stark mit Pelz gefüttert. Daher ließ er jedes Jahr über 100 Zobelbälge zubereiten und zu Pelzen und Futter verarbeiten. Seine Winterschaube war immer mit dem kostbarsten Zobelpelz gefüttert, und ebenso sein schwarzer Arrasrock. Zu anderen Kleidern gebrauchte er auch Marderfelle und aus Fuchsbälgen ließ er seine Handschuhe oder seine Fuchswannen, enge um den Leib anschließende Pelzleibchen, oder auch seine Fuchsdecken zur Erwärmung der Füße verfertigen. Außerdem trug er auch Biberfelle und mitunter auch wohl Lämmerfelle, obgleich solche nach der Ordensregel nur die gewöhnlichen Ritter oder die Herren im Konvente als Pelze trugen; denn außer dem Hochmeister durften nur die obersten Gebietiger kostbares Pelzwerk zu ihrer Kleidung nehmen. Die Kopfbedeckung des Meisters bestand teils in Hüten, teils in Mützen. Im Sommer sah man ihn meist mit einem in Danzig verfertigten und mit Seide gefütterten Strohhute oder auch mit einem russischen Filzhute, deswegen so genannt, weil es in der Regel Russen waren, die nach Preußen kamen, um eine besondere Art von Filzhüten zu verfertigen; die des Hochmeisters wurden wenigstens alle von Russen in Marienburg gemacht. In den Umgebungen des Hauses sah man den Meister mit einer Sammelmütze, deren er einmal drei für zwölf Mark kaufte. Aber er wechselte auch mit braunen Tuchmützen, die im Winter mit feinem Pelze gefüttert waren. Mitunter bediente er sich auch der Kogel, einer damals in Deutschland gebräuchlichen Art von Kappe, die etwas ähnliches mit der Mönchskapuze hatte und den Kopf warm hielt, da sie meist mit Grauwerk gefüttert, oft aber ziemlich kostbar war. Zur Erwärmung der Füße bei strenger Winterkälte waren Wärmflaschen im Gebrauche, die auf dem Fußboden von Stuck oder Fliesen im Winter ganz besonders nötig wurden. Zur Leibwäsche ließ der Meister in der Regel westfälische Leinwand über Lübeck zur See kommen, wovon hundert Ellen damals 5 Mark kosteten. Außerdem gebrauchte er viel Seidenzeug, Taffet, Atlas, Damast, seidene und golddurchwirkte Tücher und seidene und goldene Borten. Ein seidenes Tuch kaufte er im Jahre 1402 für 8 Mark, und für vierzehn andere seidene Tücher zahlte er 77 Mark. Eine goldene Borte zu einer Zobel-Schaube kostete nahe an 3 Mark.

Bekanntlich war den Ordensbrüdern im Gesetze nur ein sehr einfaches Ruhelager vorgeschrieben; das Bett bestand bloß aus einem Bettsacke, einem Kopfkissen, einem Bettuche und einer leinenen oder wollenen Decke. Indessen machte der Meister auch hier eine Ausnahme. Er schlief in einem Flaumfederbette, im Sommer auf Bettkissen mit Bettzügen von sämischem Leder; auch war sein Bett, was man den gewöhnlichen Ordensbrüdern nicht erlaubte, mit einem blauen Vorhang umzogen, der nicht weniger als 26 Mark kostete. Bei ihm schlief in demselben Schlafgemache entweder einer seiner Kompane oder ein getreuer Kammerdiener.

Machte der Hochmeister Reisen im Lande, was er oft, bald in geringer Begleitung, bald mit zahlreichem Gefolge tat, so änderte sich natürlich vieles in seiner gewöhnlichen Lebensweise. Auf die Nachricht seiner Ankunft zog ihm das Volk aus den Städten mit den Musikanten und Stadtschülern jubelnd entgegen, und nie unterließ es der freundliche Herr, die Singenden und Spielenden mit Geschenken zu erfreuen. Wo der Meister hinkam, beeiferte man sich, ihm allerlei kleine Geschenke zu überreichen. Hier brachte ein Mann ihm Haselnüsse, weil er diese gerne aß; dort machte man ihm ein Geschenk mit jungen Bären; heute wollte ihn eine arme Frau mit einem Lilienstrauß erfreuen; morgen erschien ein armer Greis, »der den Meister mit einem Biberzagel ehrete« und dafür eine Mark erhielt. Zog der Meister nach Memel über die kurische Nehring, so »beehrten« ihn regelmäßig die Frauen von Rositten mit Fischen, Eiern und Öl. Tanzten die Mädchen einer Stadt, wo der Meister übernachtete, des Abends vor seinen Fenstern, so fiel auch ihnen ein Geschenk aus des Fürsten Händen zu. Regelmäßig bedachte der Meister auch die Armen und Kranken der Stadt, die Siechen in den Hospitälern und die armen Schüler. Ganze Gebiete erfreuten sich in unglücklichen Jahren seiner reichlichen Unterstützung, sobald er sich auf seinen Reisen von ihrer Not und ihren Verlusten überzeugt hatte; ehrbaren und redlichen Leuten, die ihm als der Aufhilfe bedürftig empfohlen wurden, ließ er öfter, auch wenn sie keine Verluste erlitten hatten, Unterstützungsgelder auszahlen, um damit ihre Wirtschaft zu verbessern.

Daher trat man dem Meister auf seinen Reisen überall mit Beweisen der Liebe und Ergebenheit entgegen und die Städte beschenkten ihn bald mit dieser, bald mit jener Ehrengabe nach der Sitte der Zeit. Aus Elbing empfing er eine Last des besten Elbinger Biers, »do mete yn die Bürger zum Elbing ereten«, die Danziger erfreuten ihn mit einem Faß guten Rheinfalls, und ein Mann aus Danzig, der dem Meister eine Tonne neuer Heringe brachte, »do mete In der Rath von Danzig ehrete«, erhielt eine Mark als Trinkgeld.

Die meisten Reisen machte der Meister in seinem besonderen Wagen. Zwei Reisewagen und einen Weinwagen zu bauen, kostete im Jahre 1412 nicht mehr als sechs Mark. Zu kleineren Ausfahrten bediente er sich eines mit blauem Tuch ausgeschlagenen »Hangelwagens«, der für zehn Mark gebaut war, oder auch eines kleinen, blau ausgeschlagenen Kammerwagens. Bei weiten Reisen wurden auf einem großen Kammerwagen in Körben und Laden die nötigen Kleider mitgenommen. Auf solchen Reisen kehrte der Meister bei den Landes-Bischöfen und in den Ordenshäusern ein, wo für ihn beständig ein schön eingerichtetes Wohngemach zur Aufnahme bereit stand. Hier fand er jederzeit alles, wessen er bedurfte; nur sein Reisebett führte er beständig mit sich. Für den Unterhalt wurde nicht das Mindeste gezahlt; nur der »Stobenroch« oder Einheizer, der den Meister auch beim Bade bediente, erhielt ein mäßiges Trinkgeld. Reiste der Hochmeister zu einer Zusammenkunft mit einem benachbarten Fürsten, so folgten ihm außer seinem Silberwagen, worauf das silberne Tischgerät befindlich war, auch seine Wein-, Speise- und Fischwagen, und auf Kriegsreisen brachte ihm der Harnischwagen seine Kriegsrüstung und Waffen nach. Außer dem Hochmeister durften nur die obersten Gebietiger, die Komture, die Kaplane und anderen Geistlichen nebst des Meisters Kämmerer ihre Reisen zu Wagen machen, denn die gemeinen Ritterbrüder konnten nur zu Pferde reisen.

Auf solchen Reisen ergab sich dem Meister Gelegenheit, mit dem Zustande des Landes aufs genaueste bekannt zu werden. Aber auch in Marienburg selbst konnte er jeden Tag die zuverlässigsten Nachrichten einziehen. Es bestand nämlich schon zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts durch ganz Preußen eine förmlich eingerichtete Reitpost, die ausschließlich für den Hochmeister und die Ordensbeamten vorhanden war und deren Mittelpunkt immer der Hof und Aufenthalt des Meisters blieb. Der oberste Pferdemarschall zu Marienburg war der Hofpostmeister; denn unter seiner Oberaufsicht standen die Reitpostpferde, damals Schweiken oder Briefschweiken genannt, und unter seinen Befehlen die Postillons, die Briefjungen hießen; er war der obere Beamte des sogenannten Briefstalles oder des Postamtes. Die Briefschweiken wurden nur für diese Reitpost gebraucht; und wie im Haupthause Marienburg, so war die Einrichtung der Post auch in jeder anderen Ordensburg; denn in jeder wechselte man den Briefjungen und das Postpferd, und der Komtur des Hauses war verpflichtet, auf der Adresse des Briefes anzugeben, in welcher Stunde der Brief bei ihm angekommen und von ihm weitergesandt worden sei. Demnach las man auf einem vom Ordensmarschall an den Hochmeister nach dem Sommeraufenthalt Stuhm gesandten Briefe:

»Dem ehrwirdigen Homeister mit aller Erwirdikeit, Tag und Nacht ohne alles Säumen, sonderliche Macht (das heißt Wichtigkeit) liegt daran.

Gegangen zu Königsberg am Abend Conception Mariä nach Mittag hora V.

Kommen und gegangen von Brandenburg am selbigen Abend vor Mitternacht hora X.

Kommen und gegangen von der Balga am Tage Conception vor Mittag hora IX.

Kommen und gegangen von Elbing am selben Tage nach Mittag hora VIII.

Kommen und gegangen von Marienburg am Sonnabend darnach vor Mittag hora VIII.«

Sonach konnte der Hochmeister vergleichen, ob die Briefe prompt weiterbefördert worden und welcher Komtur darin etwa säumig gewesen war. Schwieriger war des Meisters Korrespondenz ins Ausland, wozu Läufer und reitende Boten dienten. Einen Brief des Hochmeisters nach Rom zu bringen, kostete zehn Mark, und einen Brief an den König von Schweden drei Mark. Dagegen erhielt ein Mönch, der mit einem Briefe nach Rom lief, nur eine Mark, weil ihm die Zehrung auf dem Wege überall ganz leicht ward. Einem Boten, der Briefe des Meisters nach Österreich brachte, wurde für jede Meile ein Schilling Botenlohn angerechnet, sodaß er für die ganze Reise die Summe von drei Mark erhielt. Fremde Boten und Gesandte, die zum Hochmeister kamen, wurden zu Marienburg jederzeit auf Kosten des Meisters unterhalten, indem sie in eine Herberge einquartiert, ihrem Stande gemäß versorgt wurden, und bei ihrer Abreise bezahlte man die Rechnung für sie auf des Meisters Befehl aus der hochmeisterlichen Kasse. Dies hieß, sie aus der Herberge lösen. So bezahlte einmal die Kasse des Meisters die Zehrung von zwei Rittern, die der König von Polen als Gesandte nach Marienburg geschickt hatte, mit acht Mark, und einen Ritter aus Burgund, der in der Herberge lag, löste der Treßler mit fünf Mark und siebzehn Scoter. Ein Bischof von Persien mit einem Barte kostete der Kasse des Meisters zehn Schock böhmischer Groschen, und ein griechischer Bote aus Konstantinopel, der im Jahre 1409 im Ordenshause ankam, verzehrte in der Herberge zwanzig ungarische Gulden. Den Burggrafen von Nürnberg, der mit seinem Gefolge sieben Tage zu Marienburg gelegen hatte, mußte der Meister mit 156 Mark aus der Herberge lösen, und 177 Mark nach Thorn und Kulm senden, um dort die Herbergsrechnungen des Herzogs von Oels zu bezahlen.

Werfen wir einen Blick auf den Hof des Meisters, so finden wir ihn nach einem sehr zweckmäßigen Plane geordnet, indem die gesamte Hausverwaltung in bestimmte Ämter geteilt war, an deren Spitze Beamte standen, die das Gesetz zu Buch und Rechnung verpflichtete und jeden Augenblick einer Kontrolle unterwarf. Man zählte dieser Ämter im ganzen 32, deren Vorgesetzte zum Teil auf den nahegelegenen Höfen und Vogteien wohnten. Alle diese eigentlichen Beamten des Haupthauses, mit denen der Meister fast jeden Tag Geschäfte zu besprechen hatte, gehörten ohne Ausnahme als Brüder dem Orden an; ein Umstand, der für die gesamte Verwaltung der Angelegenheiten des Ordenshauses von außerordentlicher Wichtigkeit war, indem kein einziger das mindeste an Besoldung und Gehalt bezog und alle Beamten das bloße und ausschließliche Interesse für den Orden und dessen Oberhaupt, den Hochmeister, beherrschte. Was der einzelne bedurfte und das Gesetz erlaubte, das gewährte ihm der Orden, und was die Ordensregel nicht gestattete, das konnte ihm der Meister jederzeit entziehen, und was er irgend besaß, fiel bei seinem Tode sofort wieder dem Orden anheim. Außer diesen eigentlichen Hausbeamten hatte der Meister noch zwei Kompane und sein sogenanntes Hofgesinde. Es war alte Einrichtung im deutschen Orden, daß der Hochmeister beständig von zwei Ordensbrüdern begleitet und bedient werden mußte; diese Kompane standen ihm am nächsten, hatten ihre Wohngemache ganz in der Nähe der hochmeisterlichen Schlafkammer, sodaß sie jeden Augenblick zum Meister kommen konnten; sie hatten zu jeder Stunde, selbst zur Nachtzeit, freien Zutritt in seine Gemache, begleiteten ihn auf Reisen, zu Tagsatzungen mit fremden Fürsten, – kurz, sie durften ihren Herrn nie und nirgends verlassen. Ihre Wahl hing ganz allein vom Meister ab; ihre Stellen galten für Ehrenämter, und Kompan des Hochmeisters zu sein, war der erste Schritt zu einem höheren Ordensamte.

Des Meisters Hofgesinde bestand dagegen aus Hofdienern, von denen kein einziger Ordensbruder war, sondern jeder auf bestimmten Gehalt und Lohn diente. An der Spitze dieser Hofdienerschaft stand, dem Range nach, des Meisters Hofjurist, ein doctor juris, daher gewöhnlich Magister und Meister tituliert. Sein vollständiger Titel war: Dominus N. N., doctor decretorum et iurista Ordinis. Er stand auf einem Jahresgehalt von zwanzig Mark; außerdem fiel ihm meist noch eine Rente von zehn Mark zu, und, wie es scheint. hatte er noch einzelne Nebeneinkünfte, teils aus der hochmeisterlichen Kasse, teils von Geschäften, für die er besonders honoriert wurde. Begleitete er den Hochmeister zu einer Tagsatzung nach Thorn, so erhielt er eine außerordentliche Zahlung von zehn Mark. Er wohnte nicht in der Ordensburg selbst, sondern in der Stadt, und hatte seine vom Hochmeister besonders gelohnten und gekleideten Schreiber und Diener. Auf diese Weise stand auch des Hofmeisters Haus- und Hofarzt auf einem bestimmten Gehalte, der im Jahre 1400 dreißig Mark betrug, aber im Jahre 1408 auf siebzig Mark erhöht war. Bisweilen erhielt er vom Meister besondere Ehrengeschenke, wie das nötige Pelzwerk zu einer Schaube, Tuch zur Kleidung oder ein Faß Wein. Er mußte immer Magister in seiner Wissenschaft sein und auf weiteren Reisen den Hochmeister begleiten. Der Augenarzt und der Wundarzt des Meisters scheinen keinen bestimmten Gehalt gehabt zu haben, sondern jedesmal besonders belohnt worden zu sein. Für die Heilung eines Bein- oder Armbruches zahlte der Hochmeister dem Wundarzte eine Mark; ebensoviel erhielt der Barbier für einen Aderlaß am Hochmeister. Der Roßarzt dagegen hatte ein festes Jahresgehalt von zehn Mark, wurde jedoch zuweilen noch außerordentlich belohnt.

siehe Bildunterschrift

Urs Graf, Fahrende Dirne. Federzeichnung. Dessau, Anhaltische Behördenbibliothek

Da das Bad damals zu den notwendigsten Leibesbedürfnissen gehörte, so hielt sich der Hochmeister einen besonderen Bader, der in der Badestube ihm zur Hand sein mußte. Es wurde beim Baden sehr viel sogenanntes Questenlaub gebraucht, indem man entweder durch das Schlagen mit diesem Laube, wie heutzutage bei den russischen Dampfbädern, die Haut reizte oder die Blöße damit bedeckte, wiewohl dieses sehr unwahrscheinlich ist.

Wie Musik und Gesang an dem Meister immer ihren Beförderer fanden, so hielt er an seinem Hofe auch einen eigenen Hofmaler, beschäftigte daneben aber noch andere Künstler in der Malerei; denn er machte mit Gemälden nicht bloß Geschenke an Ordenshäuser und Kirchen in Preußen, sondern auch an auswärtige Fürsten. Auf die Schönheit dieser Kunstwerke läßt sich aus den ansehnlichen Summen schließen, die dafür gezahlt wurden; so erhielt ein Meister Johann im Jahre 1397 für ein Gemälde vom Hochmeister nicht weniger als 121 Mark; es war ein Prachtgeschenk für den König von Ungarn. Ein schönes Marienbild, von seinem Hofmaler verfertigt, schenkte der Hochmeister der Ordenskirche zu Tapiau. Der Maler Albert aus Elbing malte, auf seinen Auftrag, für den Komtur von Elbing, Konrad von Kiburg, ein ausgezeichnet schönes Altarblatt, welches noch in späterer Zeit am Hochaltare der Ordenskirche zu Elbing bewundert wurde, und ein anderes ähnliches Altargemälde kam in demselben Jahre 1404 in die Kirche zu Neidenburg. Außer diesen nach auswärts verschenkten Gemälden ließ der Hochmeister mehrere Jahre hindurch auch sehr vieles für das Ordenshaus selbst malen, und wir finden den Hofmaler bald beschäftigt mit Gemälden in des Meisters Kapelle, wo besonders eines Gemäldes aus Prag erwähnt wird, das von großer Schönheit gewesen sein muß; bald arbeitet er für diese Kapelle an zwei Altarblättern, die nach den angegebenen Preisen gewiß sehr ausgezeichnet waren; dann bemalt er ein Gehäuse zu einem Marienbilde oder es beschäftigt ihn ein Gemälde auf der seidenen Heerfahne des Hochmeisters mit dessen Wappen in Gold; bald wieder ziert er mit seinem Pinsel mehrere Streitschilde oder er schmückt ein Gesangbuch mit »gepayriereten Buchstaben« oder er malt das Bild des verstorbenen Meisters in das kleinere Remter. Auch die Glasmalerei fand an den Hochmeistern immer günstige Beförderer, und man versorgte mit Bildwerken, auf Glas gemalt, von Marienburg aus fast alle Ordenskirchen des Landes.

Zu des Meisters Hofgesinde wurde auch der Goldschmied gezählt, der beständig für den Meister in Arbeit war; er verfertigte Fingerringe, die als Geschenke an Fürstinnen und vornehme Frauen dienten, ein Silberservice für den Meister oder silberne Schüsseln und Schalen, silberne Löffel, mit Gold und Silber belegte Messer und Beiwerfe oder Gabeln, silberne Köpfe oder Trinkbecher, übersilberte Wisenthörner und endlich mit Silber und Gold eingefaßte Straußeneier. Wir finden unter den Künstlern im Hause auch Bildhauer, Bildschnitzer, Orgel- und Uhrmacher genannt. Endlich gehörten zu des Meisters Hofgesinde auch Kapläne und Pfarrer, die Tischleser und Glöckner, des Hochmeisters Kämmerer und Unterkämmerer, die in des Meisters Begleitung beim Ausgehen Almosen verteilen mußten, überdies sein Kammerdiener und mehrere andere Diener, die auf bestimmtem Jahrlohn standen und mit des Meisters innerem Hausleben und Hauswesen beschäftigt waren.

Dies waren die Beamten und die Dienerschaft, in deren Umgebung der Hochmeister in seinem Haupthause täglich lebte. Er lebte aber in der Tat auch wirklich mit und unter ihnen und bewies durch dieses tägliche Zusammensein mit seinen Ordensgenossen, daß er den Bruder in dem Meister nicht vergessen habe. Meistens aß er mit ihnen an demselben Tische. Zwar hatte er, wie wir sahen, sein eigenes Speiseremter, allein er benutzte dieses gewöhnlich nur, wenn die Gebietiger, Komture oder Fremde zu Gast geladen wurden. In der Regel folgte er dem Ordensgesetze, nach welchem der Meister und alle gesunden Ordensbrüder an den Konventstafeln im Konventsremter beisammen sitzen und gleiches Essen genießen sollten; denn es war gesetzlich bestimmt, daß auch in anderen Ordenshäusern kein Gebietiger oder Komtur außerhalb des Konventes essen durfte, ausgenommen, wenn Prälaten, oberste Gebietiger oder sonst Gäste bei ihm waren. Im Konventsremter zu Marienburg standen mehrere Tafeln unter besonderen Namen, an denen eine bestimmte Rangordnung galt: Die erste hieß die Gebietigertafel, weil an ihr der Hochmeister, der Großkomtur, der Treßler und der Hauskomtur ihre Sitze hatten. Der Meister erhielt an Speisen viermal so viel als ein anderer Ordensbruder, damit er gegen Brüder, die zur Buße saßen, mildtätig sein könne; denn so bestimmte es das Ordensgesetz. Eine zweite Tafel nannte man den Konventstisch, weil an ihr sämtliche eigentliche Konventsbrüder saßen, und zwar Priester- und Laienbrüder nebeneinander. An Tagen, die nicht Fisch- oder Fastentage waren, aß man an diesem Tische drei Gerichte nebst Käse und Weißbrot. Die dritte Tafel hieß der Jungentisch, weil hier die jungen Herren speisten, das heißt, solche Ordensbrüder, welche die vom Ordensgesetz bestimmte »Zeit der Probacie« oder Prüfung zur förmlichen Aufnahme in den Orden noch nicht bestanden hatten. Auch hier wurden drei Gerichte und Weißbrot, aber kein Käse gegeben. Während des Essens herrschte nach dem Ordensgesetze allgemeine Stille, weil nach der Ordensregel während der Tischzeit Vorlesungen oder sogenannte »Leccien« gehalten wurden, »auf daß den Ritterbrüdern nicht allein die Gaumen werden gespeiset, sondern auch ihre Ohren hungern nach Gottes Wort«. Zu diesem Zwecke hielt der Hochmeister mehrere Tischleser, von denen einer der oberste Tischleser hieß; es waren ihrer bald drei, bald vier im Hause. Auch zur Abendzeit fand sich der Meister öfter im Konventsremter bei seinen Konventsbrüdern zur sogenannten Collacie ein; so hieß nämlich die Versammlung der Ordensritter zum Abendessen an Festtagen, wo indessen mehr getrunken als gegessen wurde. An Festtagen ließ der Meister den Konventsbrüdern zur Collacie Leckerbissen, zuweilen auch Wein aufsetzen; regelmäßig geschah dieses am Christfeste und an den meisten Heiligentagen.

Es scheint nötig, einen Blick auf die Einnahmen des Haupthauses zu werfen, durch welche der Fürstenhof des Hochmeisters unterhalten und seine nicht geringen Ausgaben bestritten wurden. So viel zu ermitteln ist, befand sich in der Ordensburg ein dreifacher Schatz; es gab nämlich drei verschiedene Treßel, in die alle Einnahmen des Ordens flossen und aus denen auch alle Ausgaben gezahlt wurden. Der eine hieß »der große Treßel im Keller«, der andere schlechthin »der Treßel auf dem Hause« und der dritte wurde »die Silberkammer auf dem Hause« genannt. Der erste war der eigentliche allgemeine Ordensschatz, aus dem man die großen Ausgaben bestritt, der zweite mochte der besondere Schatz des Konvents von Marienburg sein, die Silberkammer dagegen war der besondere Treßel des Hochmeisters.

Der Treßler des Ordens war zugleich Schatzmeister des Hochmeisters, indem er nicht bloß das Buch über den eigentlichen Ordensschatz, sondern auch die Rechnung über die Kammerkasse des Meisters führte, und diese Rechnung ist uns für eine Reihe von Jahren vollständig erhalten worden. Der Treßler zahlte dem Hauskomtur, der für die Bedürfnisse des Konventes sorgte, immer die Summen im ganzen aus, weil dieser für sich selbst Buch und Rechnung führen mußte. Im Durchschnitt erhielt er jährlich für den Konvent die Summe von 2500 Mark. Am Schlusse des Jahres wurden vom Treßler in Gegenwart des Hochmeisters und des Großkomturs sowohl die Einnahmen als die Ausgaben des Hochmeisters und des Konventes in das große Treßlerbuch eingetragen, und dann ward, gemäß dieser Zusammenstellung, ein Rechnungsabschluß angefertigt.

Nachdem wir den Hochmeister in seinem Tun und Treiben also kennen gelernt, bleibt noch übrig, ihn zu seiner letzten Ruhestätte zu begleiten. Sobald der Meister entschlief, trat sofort der Großkomtur als Statthalter in seine Stelle und ordnete mit dem Treßler und Hauskomtur seine feierliche Bestattung an. Bevor der Verstorbene zur Ruhe beigesetzt ward, wurden nicht bloß die gewöhnlichen Seelenmessen gelesen und Vigilien gehalten, sondern man teilte auch reichliches Almosen aus. Die Bestattung war schlicht, aber würdig; sie geschah zur Abendzeit in Begleitung aller Brüder des Hauses, der nahen Gebietiger, Komture und der Landesbischöfe. Der Sarg wurde auf einer mit blauem Tuche belegten Bahre von auserwählten Ordensrittern in die St. Annen-Kapelle getragen und nach den üblichen Feierlichkeiten in die Gruft gesenkt. Ein ganzes Jahr wurde darauf für den hingeschiedenen Meister Messe gelesen und, um das Andenken an den Dahingeschiedenen gegenwärtig zu erhalten, ward dem Hofmaler der Auftrag erteilt, sein Bildnis in dem kleineren Remter an die Wand zu malen.


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