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Helena allein auf der Gartenbank.
Helena
 Diese letzten Tränen der Qual
      
 Weihe ich dir,
      
 Nun deine Seele ins Dunkel getaucht,
      
 Menelaos, mein Herr und Gemahl!
      
 Was mir das Leben an einsamem Leid
      
 Und Liebe noch ließ,
      
 Sei dir geweiht!
      
 Denn alles in mir
      
 Ist zerbrochen, zerrissen, verbraucht;
      
 Mein Herz ging auf allen Straßen sich irr,
      
 Unfruchtbar wurde und müde mein Leib;
      
 Doch du warst groß und gütig zu mir
      
 Und nahmst aufs neue
      
 In deine Arme das Weib ohne Treue. –
      
 Diese letzten einsamen Tränen
      
 Weihe ich dir!
      
 Wie war es mein Sehnen,
      
 Die Stille in diesem Hause zu hüten,
      
 Das mir endlich den Frieden geschenkt;
      
 Wie hätte ich gern meine herbstlichen Blüten
      
 Zärtlich auf deinen Winter gesenkt!
      
 O Menelaos, Herr und Gemahl,
      
 Nun stehe ich einsam und unbewehrt
      
 Hier, wo ich dich hörte zum letztenmal.
      
 Sieh meine Augen, die dich betrauern,
      
 Hör meine einsame Stimme, die bald
      
 So wie die deine im Dunkel verhallt.
      
 Menelaos, mein Herr und Gemahl,
      
 Eh ich dich grüße in Todesbangen
      
 Empfange
      
 Diese letzten Tränen der Qual!
Pollux, Helena.
Pollux
 Sieg und Triumph in meinen beiden Händen,
      
 So tret ich, Schwester, heute vor dich hin.
      
 Kein Tag soll sein, wo du nicht Königin
      
 Hier warst im Land. Denn hier, wo unsre Mutter
      
 Mit Tyndarus dereinst gebot, will nun
      
 Das Schicksal uns zu Herrschern. Und vereint,
      
 Wie uns die Götter in die Sternenkreise
      
 Einst reihen wollen, laß uns heute schon
      
 Im Irdischen als Könige gebieten.
Helena
 O Menelaos, rasch vergaß man dich!
Pollux
 Die Toten, laß sie ruhn! Ist nicht das Leben
      
 Von Wundern voll, jäh, schön und unfaßbar?
      
 Und wars dir bislang trotzig und verschworen,
      
 Nun bändigt meine Hand es dir zu Füßen.
Helena
 Zu spät! Zu spät!
Pollux
 Nein, es ist nie zu spät!
      
 Das Glück steht auf und folgt mir allerwegs,
      
 Stürm ich auch unbedacht ins Unbekannte,
      
 Die tollsten Träume, die ich hege, werden
      
 Fleisch, Blut und Leib und heben an zu leben:
      
 Ich zwinge Haß und Wut in meinen Willen
      
 Und form mit losen Händen mir mein Glück. 
      
Helena
 O irdisch Unterfangen!
Pollux
 Nenn es Kraft!
      
 In Sparta auf dem Markt erwartet dich
      
 Die wilde Freude deines ganzen Volks;
      
 Töchter und Mütter, Väter, Söhne, alle
      
 Füllen die Luft mit Jubel, Wunsch und Schrei.
      
 All ihr Verlangen zittert dir entgegen,
      
 Höre die Liebe, die im Lärme schwingt,
      
 Berausche dich an dem Triumph des Lebens!
      
 Sie wählten mich und doch, sie meinen dich!
Helena
 Wozu das sehen, was zu oft ich sah?
Pollux
 Die ganze Erde badet deine Füße
      
 Mit Flammenküssen ihrer heißen Mengen.
      
 Verstoße deine Angst! Wach auf und komme!
      
 Einzig ist diese Stunde, und ich fühle
      
 So stark in mir die unbeugsame Kraft,
      
 Daß nichts mehr ist in dieser Welt, vor dem
      
 Ich zagen würde. Denn ich fühls, ich bin
      
 Ein Herrscher, und ich weiß es zu gebieten!
Helena
 Was gilt das mir, ob du gebieten wirst
      
 In diesem traurigen und namenlosen Land,
      
 Von dem die Ströme und die Wolkenbrüche
      
 Das Blut der Frevel nicht abspülen könnten!
      
 Mein Willen ist erstorben. Nichts will ich,
      
 Nein, gar nichts mehr! Mein ganzes Leben ist
      
 Zerfetzt bis in die Tiefen meiner Seele;
      
 Kein Stolz, kein Schein von Lebensflammen glimmt
      
 In meiner Brust, in meinen toten Augen. 
      
Pollux
 Dann hast du, Schwester, all dein Leid verdient!
      
 Gestern, als du, von frevelhafter Liebe
      
 Zwiefachem Ausbruch jäh erschreckt, an mich
      
 Dich flehend wandtest, fühlte ich in dir
      
 Noch Kraft und Widerstand, Glut und Gewalt.
      
 Da bot ich gerne Schutz und Unterstützung.
      
 Doch heute schwindet plötzlich deine Kraft,
      
 Du stößt die brüderliche Hand zurück,
      
 Gehst hin wie eine Blinde durch die Nacht
      
 Und läßt die Schönheit, die dich schmückte, welken.
      
 Und all dies darum nur, weil einer starb,
      
 Den du dein ganzes Leben nie geliebt.
Helena
 Geliebt? Nein, ich tat mehr! Ich weihte ihm
      
 Das ganze Leben. Ein mir Unbekanntes,
      
 Das Neigung war und Zärtlichkeit, durchdrang
      
 Und wandelte mit einem Mal mein Wesen!
      
 Wie war der König freudig schon, wenn er
      
 Mich nur erscheinen sah, nur sah bei ihm
      
 Des Abends sitzen! Oh, ich war für ihn
      
 Das sanfte Feuer über seiner Nacht!
      
 Und sicher fühlte er in mir die Treue,
      
 So sehr war meine Hand schon mütterlich.
      
 O nein, du wirst es nie, niemals begreifen,
      
 Wieviel sein Tod in meinem Herz begrub,
      
 Wie er den letzten Traum, die letzte Hoffnung,
      
 Den letzten Splitter einer Hoffnung brach.
Pollux
 Leb wohl! Du bist gestürzt, und ich versuche nicht,
      
 Dich aus der Tiefe wieder aufzuheben.
      
 Nichts bist du mehr, bist du Helena nicht,
      
 Und gerne löse ich dein schwankes Schicksal
      
 Von meinem los, das zu den Höhn aufstrebt.
      
 Unheil klebt sich zu leicht an fremdes Glück,
      
 Und vor den Stürmen, die den Purpur leicht
      
 Zerfetzen, weich ich vorsichtig zurück.
Helena
 Geh nur! Geh nur!
Pollux geht ab. Aus dem Dunkel taucht Elektra auf.
Helena
 Du? Wirklich du?
Elektra
 Seit gestern irr ich einsam durch das Dunkel
      
 Des Waldes, irr auf allen Wegen hin
      
 Und finde in dem Abgrund meiner Seele
      
 Die Angst nicht mehr und nicht die Todesgier.
      
 Zum erstenmal des alten Hasses ledig,
      
 Fühle ich Friedenshauch um meine Stirn.
Helena
 Du rächtest meinen Herrn und schlugst den Bruder
      
 Und tatest beides nur um meiner willen,
      
 Um deine Eifersucht im roten Blut
      
 Der hingestreckten Opfer reinzubaden,
      
 Gerechtigkeit und üble Tat zugleich
      
 Begehend wie die Deinen zu Mykenä.
Elektra
 Nur Menelaos solltest du betrauern,
      
 Der dich noch zärtlich liebte, als ringsum
      
 Schon fremde Gier sein eigen Haus umschlich
      
 Und ihn zu heimtückischem Tod bestimmte. –
      
 O König, man erschlug dich, als ich ruhig
      
 An deiner Seite schritt, vor meinem Blick.
      
 Vor der Atridentochter Racheblick!
      
 Und du sankst hin in meine trauervoll
      
 Gebeugten Arme, stumm und ohne Wort,
      
 Und doch mich lauter als mit tausend Rufen
      
 Hinstoßend zu Kastor, der feige sich
      
 Ins Waldesdunkel schlich, er, dessen Herz
      
 Für Greisesschwäche kein Erbarmen fand.
Zu Helena.
Was hättest du getan?
Helena
 Mein Gott!
Elektra
 Die Hand,
      
 Die seine Wunde zu verschließen mühte,
      
 Ward heiß von Blut; er sah mich klagend an,
      
 Die aufschrie voll Empörung zu den Göttern,
      
 ich fühlte seinen Körper kälter werden
      
 Und hätte gern mein Leben hingegeben,
      
 Um seines zu erneun, ihn zu erwecken;
      
 Doch ach, mein allzu matter Arm, er konnte
      
 Nicht seine regungslose Brust beleben!
Helena
 Welch wilder Schmerz, welch Glühn der Rache!
Elektra
 Doch seit ich Kastor schlug, verstummt mein Herz,
      
 Und Kühle fühl ich mit dem Sonnensinken
      
 Hinströmen auf mein hingehetztes Leben.
      
 Ich sah die Nacht aus ihren Sternenaugen
      
 Furchtlos auf mich die ernsten Blicke richten,
      
 Und meiner roten Sippe Blutschuld überzählend,
      
 Habe ich, müde, glücklich fast, geweint.
      
 O wieviel Frevel, Mord, wie viele Opfer,
      
 Auf alle Wege hingesprengtes Blut!
      
 Und jener erste Mord und dieser letzte,
      
 Sie schienen wie verknüpft in meiner Hand.
      
 Verständnislos und matt schweifte mein Sinnen
      
 Um so viel Greuel, die ich nicht verstand,
      
 Und wie aus Totenurnen quoll das Rinnen
      
 Der Tränen auf und tropfte in den Sand.
Helena
 Oh, wie ist meine Seele auch verwirrt!
      
 Ich litt nur Böses, du hast es getan,
      
 Und dennoch bleibe ich an deiner Seite,
      
 Denn deine Tränen tun mir seltsam wohl.
      
 O all dies Fluten, das uns eint von Schmerz,
      
 Die dunkle Zeit, die uns wie Gift durchdrang,
      
 Dies Blut auf deinen jungfräulichen Händen!
      
 Wir kommen von so fern aus unserm Dunkel
      
 Eine zur andern, und mit einem Mal
      
 Sind, ehe wir uns zu verzeihen wagten,
      
 Schon unsre Traurigkeiten ganz vereint.
      
 Ich kannte dich als Kind bei deiner Schwester,
      
 Und einmal, als dich Träume weinen ließen,
      
 Brachte man dich zum Schlafe in mein Bett;
      
 Da nahm ich deine Hände, löste dir
      
 Das Haar, und während ich dich wiegte,
      
 Schliefst du sacht ein wie eine schöne Frucht
      
 Vom Dunkel hoher Zweige überschattet.
Während der letzten Worte hat Helena, ohne es zu wissen, die Haare Elektras gekost.
Elektra
 Gib acht! Gib acht! Helena, hüte dich,
      
 Der Brand in meinem Blute schlummert nur!
      
 – O deine Hand auf meiner Stirn, im Haar,
      
 Dein Atem, der an meinen Körper streift,
      
 Dein Arm, die Finger, o dein ganzer Leib! 
      
Helena
aufspringend.
 Was für Gelüste noch in deinem Elend!
Elektra
 Helena! Helena!
Helena
 Fort, wir müssen scheiden!
      
 Die Erde kennt für uns nicht Friedensstunden,
      
 Wir finden Ruhe nur mehr bei den Toten.
Elektra
 Helena!
Helena
 O ich vergaß, ich darf nicht gütig sein!
      
 Alles ist mir versagt, selbst zu vergeben.
      
 Ich hör in mir den Schauer aller Welt,
      
 Und Unglück, das nie seine Tiefen findet,
      
 Schmettert in mir mit fremdem Leid zusammen.
      
 Dein Herz ist schaurig, schmerzvoll auch das meine,
      
 So laß uns scheiden ohne Wort und Träne,
      
 Jeder auf seinem Wege sich den Tod
      
 In einem unbekannten Schicksal suchend.
Helena steigt die Terrasse empor. Elektra wagt ihr nicht zu folgen, irrt schweigend um den Palast des Menelaos und, verschwindet schließlich.
Helena
 O Nacht, durch deren taugekühlte Reiche
      
 Diana schwebt mit mattem Silberschuh,
      
 Finstere Nacht, die du die dämmerbleichen
      
 Fernen mit Sternen schmückst, verschwiegne du,
      
 O Nacht, durch die die Götter wandernd streifen,
      
 Die einzig du mein bittres Los
      
 Gehört,
      
 Nimm du
      
 Mich auf in deinen unfruchtbaren Schoß!
      
 Ich kann nicht mehr,
      
 Meine Kraft ist zerstört,
      
 Ob ich liebe und hasse, ich weiß es nicht mehr.
      
 Ich bin nur die Asche, die ausgelohte,
      
 Ich bin die Gejagte und tausendfach Tote.
      
 Die Qualen, die rauschend hinter mir schleifen,
      
 Sind viel und dunkel, ein rastloses Meer,
      
 Und mein einzig Begehr
      
 Ist: das Leben, wie abends mein schweres Gewand,
      
 Vom Körper zu streifen.
Im Vordergrund sind zwei Schäfer aufgetaucht und deuten flüsternd auf den Wald hin.
Der Erste
 Siehst du den Busch dort sich regen und rühren,
      
 Den Wald aufleuchten von zahllosen Blicken?
      
 Komm sie zu sehen, die muntern Satyren!
Der Zweite
 Hast du nicht Furcht?
Der Erste
 Vor den Satyren?
      
 Ich kenne sie alle, sie sind mir hold,
      
 Weil ich mit Milch sie immer erquicke.
      
 Höre doch, höre!
Man hört Stimmen und leises Rauschen im Gehölz.
Der Zweite
 Das ist nur ein Wagen, der ferne rollt.
Der Erste
 Nein, das sind ihre trunkenen Stimmen.
      
 Komm nur, komm, wir wollen erlauschen,
      
 Was die Wälder heut in die Ebenen rauschen!
Die Satyrn
 Helena,
      
 Du, die du kommst von Asiens Küsten,
      
 Die du Seufzer gekannt und der Liebe Gier,
      
 Höre den Schrei unsrer heimlichen Lüste,
      
 Wir, die Satyren, wir rufen zu dir!
      
 Die Erde ist schwül, im Dämmerwehen
      
 Zerfließen die Formen, weich dehnt sich das Moos,
      
 Und sachte löst sich in unsrer Nähe
      
 Aus deiner Brust die Erinnerung los.
Der zweite Hirt
 O Wunder!
Der Erste
 So schweige!
Die Satyrn
 Wir sind
      
 Der Wahnsinn, der wilde Schauer im Wind.
      
 Unsere Haut ist behaart,
      
 Und wenn uns das Fieber zum Tanze paart,
      
 So stampfen
      
 Wir aus der Erde die ewige Gier.
      
 Die Berge, die Büsche, der Felder Dunst,
      
 Die Wälder, die keuchend im Morgenrot dampfen,
      
 Das sind wir,
      
 Wenn wir uns packen in zorniger Brunst.
      
 Und der Schweiß, der tierisch und heiß uns entquellt,
      
 Ist der Same der Welt.
Helena
 Götter! Ihr Götter!
Der erste Hirt
 Nun?
Der Zweite
 Ich höre nur dunkel,
      
 Ich verstehe nicht ganz.
Der Erste
 Es ist der Wald, der Helena ruft,
      
 Längs aller Gebüsche regt sich ein Schwellen,
      
 Schwüler Schauer durchgeistert die Luft,
      
 Oh, sieh dort der Bäche jähes Gefunkel!
      
 Najaden entsteigen den glitzernden Wellen.
Eine Najade
 Helena!
      
 Dein Leib ist der Welt ein schöner Geschmeide
      
 Als dem Himmel der Sterne demantenes Leuchten.
      
 O komme zu uns; durchsichtig und seiden
      
 Sind hier dir kristallne Paläste gebaut!
      
 Die Liebe ist sanft in unseren feuchten
      
 Armen und kühlt mit Küssen die glühende Haut.
Helena
 O nichts mehr hören, fühlen, nichts mehr sehn!
      
 Mein Gott, was tat ich Menschen je und Dingen,
      
 Daß alles, Blumen, Quellen, Tal und Höhn
      
 Mit Schauer und mit Lockung mich umringen?
Der Hirt
vorne.
 Und dort, sieh rückwärts! Hinter dem Gestade
      
 Bacchantinnen! Sie stürmen zu den Höhn!
      
 Siehst du sie dort?
Eine Bacchantin
 Wir sind die Mänaden,
      
 Die ewig Glühenden, und lieben dich.
      
 Wenn uns die Weine des Dunkels berauschen,
      
 Erzittern die Fluren von unserm Tanz.
      
 Sieh! all die Dinge, welche dich belauschen,
      
 Rühmten dich zärtlich uns und deinen Glanz.
      
 Kein Flecken Erde ist fühllos geblieben,
      
 Felsen und Staub, du hast ihn verwirrt,
      
 Und selbst die Steine noch müssen dich lieben,
      
 Die deinen nackten Fuß gespürt.
Helena
 O sterben! sterben! Fortgehn und verschwinden!
      
 O schlafen! Fortsein! Endlich ruhig sein!
      
 O atmen ohne Ängsten, rein, allein,
      
 Nicht ewig Schauer um sich, in sich finden!
      
 Fort! Laßt mich, Atem, Anhauch, Wort!
      
 Winde und Wellen, dringt nicht auf mich ein!
      
 Morgen und Mittag, findet mich nicht,
      
 Und fort, verfluchtes Sonnenlicht!
Ein Satyr
 Helena!
Helena
 Steine, laßt ab, verrucht auf mich zu blinken,
      
 Weg, Spiel des Schattens und der Winde Winken!
Die Najaden
 Helena! Helena!
Helena
 O Qual meines Körpers, Gefängnis der Welt,
      
 Unentrinnbar von allen Seiten umstellt,
      
 Ihr Tränen, die ihr vergeblich quellt!
Die Bacchantin
 Helena!
Helena
 Und nirgendhin Flucht!
      
 Ich schauere, des Grabes Schollen werden
      
 An meinem starren Leib sich noch entzünden.
      
 O Zeus, König des Lichts, Herrscher der Erde,
      
 Sieh meine Qualen, laß Gehör mich finden!
      
 Die Erde ängstigt mich, in ihrer Tiefe
      
 Ist vielleicht Liebe noch, die mich verbrennt.
      
 Und da mein Leib mehr keine Zuflucht kennt
      
 Vom Aufgang bis zum Niederstieg des Lichts,
      
 Vernichte du mein Sterbliches, entwinde
      
 Der Erde mich, zerstäube mich zu Nichts!
Ein starkes Leuchten flammt auf. Die Hirten sehen die Erscheinung des Zeus und heben gegen sie die Hände.
Zeus
unsichtbar.
 Vernimm, die du den Menschen Helena gewesen:
      
 Zeus, ich, des Himmels Herr, entschleire mich für dich.
      
 Ob auch an Liebe einzig reich, blieb doch dein Wesen
      
 In allen Nöten klein, in Qualen kümmerlich.
      
 Das dunkle Nichts, das du von mir begehrtest, findet
      
 Sich nicht; wo golden sich die Firmamente drehn,
      
 Dort gattet alles sich, verschwendet und verschwindet,
      
 Um neu in andrer Form unendlich zu erstehn.
      
 Klage und Schrei, sie dürfen nur auf Erden schweifen,
      
 Wie Nebel hingehn an der Berge letzten Rand,
      
 Doch nie den Rätselfels der Wirklichkeiten streifen.
      
 Du warst ein Weib und wußtest nicht, den Widerstand
      
 Zu Kraft zu glühen, deine Schönheit hat den Blick
      
 Des Stolzes nie sich auf die matte Stirn gebrannt.
      
 So stirb! Stirb und erstehe! Laß dein armes Klagen!
      
 Aus einstigem Geschehn wird dir ein neu Geschick.
      
 Da nimm den Blitz und meinen Donner! Sieh, sie tragen
      
 Dich zu der väterlichen Liebe Gotts zurück!
Ein Donnerschlag. Helena wird zum Himmel entführt.