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Verschiedene Getränke

Aus: Davidis und Rottenhoefer

Schokolade (von dem mexikanischen Worte Choko, Geräusch, und Latte, Wasser). – Die Spanier brachten die Schokolade aus Mexiko, und bis zur Stunde wird noch in Spanien die beste Schokolade in Europa bereitet, und das selbst in den allerabscheulichsten Maultiertreiber-Herbergen. Ich habe mir mehrfach große Vorräte aus Spanien kommen lassen, auch selbst mitgebracht; sie schmeckte mir nie so gut, wie die in Spanien bereitete, weshalb ich der Meinung bin, daß der Kakao, frisch bereitet, der Schokolade den feinen Wohlgeschmack gibt. Auch geht es mit der Kakaobohne in Deutschland wie mit der Kaffeebohne: wir rösten sie zu stark, sehr viel mehr, wie namentlich in Spanien, wodurch viel Nahrungsstoff verloren geht und noch mehr Wohlgeschmack.

Schokolade darf nicht süß, nicht bitter, nicht scharf gewürzt, sondern muß hart und trocken und, zerbrochen, braun von Farbe, mit weißen Punkten oder weißen Strichen durchzogen sein; je älter sie wird, desto mehr Aroma und Geschmack verliert sie. Schokolade ist ein Nahrungsmittel, welches in kleiner Quantität nahrhaft, leicht und angenehm, aber selten unverfälscht, oft schädlich ist.

Die Schokolade ist die Milch der Greise und repräsentiert den Spanier, wie die Limonade den Italiener, Punsch und Bischof den Engländer, Genever den Holländer, der Wein den Deutschen, der Kaffee den Franzosen, Branntwein und Met den Polen, Tee und Branntwein den Russen, das Bier den Skandinavier, die Milch den Schweizer und das Wasser den Morgenländer.

Milch. – Einige Ärzte haben der Milch eine besondere physisch ansteckende Gewalt zugeschrieben. Nach Helmont sollte eine geizige, diebische, zornmutige Amme dieses Naturell auf alle die Kinder, welche sie gesäugt hatte, übertragen haben, und schon in alter Zeit wurde die Neigung des Tiberius zum Trunk als eine Wirkung der Milch betrachtet, die er von einer fast immer betrunkenen Amme genossen. Desgleichen wurde die Grausamkeit des Caligula von der wilden Gemütsart seiner Amme hergeleitet, welche die Brüste jederzeit mit Blut bestrichen wenn sie dem Kinde zu trinken gegeben. Welchen schädlichen, ja augenblicklich tötenden Einfluß die Milch der Amme habe, wenn diese eben von heftiger, widerwärtiger Bewegung des Gemüts, als Zorn, Ärger, Schrecken ergriffen war, das lehren tausendfältige Erfahrungen der älteren und neueren Zeit. Es sterben daher so häufig die Kinder der zornmütig oder sonst geistig zu reizbaren Ammen.

Man findet die Milch in den Magen aller Tiere geronnen. Nach Spallanzanis Versuchen gerinnt die Milch sogar in den Magen der fleischfressenden Vögel. Eben wegen dieser Eigenschaft des Magensaftes, die Milch zum Gerinnen zu bringen, bedient man sich des Magensaftes der Kälber bei dem Käsemachen. Die Milch muß im Magen gerinnen, ehe sie verdaut werden kann. Da nun dies Gerinnen selbst einen Teil der im Magen vorhandenen Säure vernichtet, so hat man keine Ursache, die Milchnahrung selbst solchen Kindern zu verbieten, die an Säure leiden.

Der hohe Wohlgeschmack der Milch rührt von sorgfältiger Abnahme des Rahms vor der Säuerung, und dies wirkt, nebst holländischer Reinlichkeit, zurück auf die Güte von Butter und Käse.

In Kroatien hat man eine sehr originelle und vortreffliche Zubereitung zum Aufbewahren der Milch. Nachdem man nämlich in den Sommermonaten die Milch gekocht hat, nimmt man das Obere davon; es wird gesalzen und in ein Gefäß, Missina genannt, gegossen, welches dann, damit keine Luft hinzukomme, zugebunden und so zu allerlei Speisen verwendet wird. Die so zubereitete Milch wird Skorup genannt.

In der Tatarei wird Pferdemilch getrunken, in Amerika ein Getränk aus der Cassavewurzel und – Tran in Grönland.

Scherbet im Persischen lautet im Arabischen Serup und ist nichts anderes als unser deutsches Sirup. Es ist ein Lieblingsgetränk vieler orientalischer Völker und besteht aus einem mit Zucker vermischten Himbeeren-, Erdbeeren- oder Aprikosensaft, den man in feste Täfelchen bringt und zum Gebrauch in Wasser auflöst; er ist stark mit Moschus gemischt, was ihn sehr angenehm macht. Er gibt in der Sonnenhitze ein desto erquickenderes Getränk, da man ihn mit Schnee schmelzen läßt.

Yaourt ist ein anderes kühlendes Getränk in der Türkei. Man nimmt zu einem Quart kochender Milch einen Löffel Wein- oder Bierhefen; ist jene dadurch geronnen, so nimmt man 1 ½ Eßlöffel voll davon, wodurch man ein anderes Quart Milch zum Gerinnen bringt. Nach einigen Wiederholungen verliert der geronnene Teil der Milch den Hefengeschmack. Der Yaourt hat die sonderbare Eigenschaft, daß, wenn man ihn stehen läßt, er täglich saurer und zuletzt ganz trocken wird, ohne in eine faulende Gärung überzugehen. In diesem Zustande tut man ihn in Säcke und bewahrt ihn auf. Vermischt man diesen trockenen Yaourt mit Wasser, so gibt er ein angenehm kühlendes Getränk.

Sultanentee ist ein drittes türkisches Getränk, welches aus einer Pflanze bereitet wird, welche die Türken Serkis nennen, eine Art Katzenkraut (Marum). Dies Serkis soll eine verjüngende Eigenschaft haben. Es wächst bloß am Abhänge eines Berges bei Mekka, und der Sultan läßt es bewachen. Todesstrafe steht auf dem Abpflücken dieser Pflanze. Bloß für den Sultan und die Sultaninnen wird sie gehegt und jener Tee daraus bereitet. Diese Pflanze wird in Konstantinopel sehr teuer und nur im geheimen von denen verkauft, die sie mit Gefahr ihres Lebens sich zu eigen machen.

Der sogenannte Jesuitentee (Cassine Paraguay), womit in Amerika ein sehr wichtiger Handel getrieben wird, ist den Indianern ebenso zum Bedürfnis geworden, wie uns der Kaffee. Die getrockneten, fein zerriebenen Blätter werden mit Zucker, Zitronensaft und Gewürz in ein Gefäß geschüttet, dann kochendes Wasser darauf gegossen und das Getränk möglichst heiß getrunken. Der Name dieses Tees kommt von den Jesuiten in Paraguay, welche ihn einsammeln ließen.

Palmwein. – Die Ganuitepalme (Borassus ganutus, auch Sagwirepalme) gibt ein berauschendes Getränk, das aus dem fleischigen und mit Saft angefüllten Stengel bereitet wird, welcher aus der Mitte der großen in der Krone sich erhebenden Blume emporsteigt. Diese Palme ist eine der am besten gedeihenden Palmen. Von ihr hauptsächlich gewinnt man jenen zuckerigen Likör, der getrunken, aber auch zur Extraktion des Zuckers benutzt wird. Sie unterscheidet sich von allen Palmen durch ihren wilden und verworrenen Wuchs. Man gewinnt etwa drei Quart Saft täglich aus einer Palme. Läßt man diesen Saft, der anfangs hell ist, stehen, so wird er trübe, milchig und scharf, worauf er in Weingärung tritt und berauschende Eigenschaften annimmt. Dieser Wein wird auch von den Chinesen zur Bereitung des berühmten Batavia-Rums mit benutzt.

Claret und Piment nannte man im Mittelalter Likörweine, mit Gewürz und wohlriechenden Kräutern gemischt. Die gewöhnlichsten Pimentsorten (Piment war der allgemeine Name) waren Claret und Hypokras. Der Claret, den man nicht mit dem Weine verwechseln muß, war dieser Wein mit Honig vermischt. Hypokras ward aus griechischen Weinen bereitet. Armand de Villeneuve, ein berühmter Arzt aus dem dreizehnten Jahrhundert, gibt dafür folgendes Rezept: Nimm Gewürznelken, Kubeben, Muskatnuß, Rosinen – von jedem drei Unzen; alles dies wird in Leinwand gewickelt, diese in einen Topf getan, der drei Quart guten Wein enthält, welcher so lange gekocht wird, bis ein Drittel davon eingekocht ist, dann kommt hinlänglich Zucker dazu. Dies Getränk war bis ans Ende des vorigen Jahrhunderts am französischen Hofe sehr in der Mode; man sendete als Galanterie den Damen davon bei schicklicher Veranlassung.

Bischof ist eine Mischung von Wein, Arrak oder Rum, bitteren Pomeranzen und Zucker; ein Glas Maraskin, aber nur eins, in einer Bowle von sechs Quart, tut dazu gute Dienste. Ähnliche Gebräue nennt man Punsch, Kardinal, Papst. Glühwein besteht aus gekochtem Wein mit Eidotter und Gewürzen. Der Punsch wirkt von allen diesen Getränken am wenigsten erhitzend, aber auch dieser erhitzt noch mehr als die reinen, unvermischten geistigen Getränke. Von den vielen Rezepten der genannten Getränke kenne ich nur eins als Norm: Nimm keinen schlechten Wein dazu. Ich habe die Gewohnheit, am Ende eines reichen Diners alle angebrochenen Flaschen der verschiedensten Weine in eine Bowle gießen zu lassen, schwächere Weinsorten beizumischen, Zucker und viel Ananasscheiben, zwölf Stunden vorher in aufgelöstem Zucker gesättigt, dazu zu tun, und habe dadurch immer ein köstliches Getränk gewonnen. Man kann den Punsch auch heiß servieren, was ich nicht liebe.

Die Chinesen genießen alle Getränke heiß und behaupten, wenn die Natur gewollt hätte, daß wir die Getränke kalt genießen sollten, so würden nicht alle Flüssigkeiten unseres Körpers warm sein. Aber sie vergessen, daß alle warmblütigen Tiere, mit Ausnahme des Menschen, genötigt sind, kalt zu trinken. Über Sachen des Geschmacks muß man mit Chinesen nicht streiten.

Bier ist unter den künstlich bereiteten Getränken das gesundeste. Seine nährenden und reizenden Bestandteile stehen zueinander in einem für die Gesundheit sehr vorteilhaften Verhältnis, und es hält die Mitte zwischen der zu nahrhaften, aber zu wenig reizenden Milch und dem dagegen wenig nährenden, aber stark erregenden Wein. In Bierländern sind die Bewohner phlegmatischer und träger, in Weinländern lustiger, agiler und aufgeweckter. Fette Personen, schlaffe und wässerige, zur Melancholie geneigte Menschen müssen kein Bier trinken. Weintrinkern bekommt das Wasser besser als das Bier, das sich mit dem Weine nicht gut verträgt. Hingegen ist es für magere und arbeitsame Personen ein gutes Getränk.

Alle scharfen und geistigen Biere, die mit Wermut, Pomeranzenschalen, Zittwerwurzel, Muskaten, Nelken und anderen Gewürzen geschärft sind und den Körper angreifen, sind kein gesundes und natürliches Getränk. Das Bier wird ungemein schädlich, wenn es nicht recht gegoren hat. Die Holländer lieben solch Bier vorzüglich und freuen sich, wenn es recht braust, was doch ein Merkmal ist, daß die Gärung nicht vollendet ist. Goethe sagt (im Briefwechsel mit Zelter): »Ich hatte einen Freund, der zu sagen pflegte, er wünsche in zwei Fällen König zu sein: wenn nämlich bei Tafel englisches Bier oder Heringe präsentiert würden, damit er von jenem das erste Glas und von diesem das Mittelstück zu sich nehmen könne.«

Das Bier wird aber, in Menge genossen, durch seine große Nahrhaftigkeit schädlich, und auch schon in geringerem Maße getrunken durch die ihm öfters beigefügten betäubenden Stoffe oder durch die ungesunde Kraft, welche ihm eine zweite Gärung in lang und wohlverschlossenen Gefäßen verteilt. Einigen mit narkotischen Stoffen versetzten Bierarten wird eine vorzüglich zum Zorn und Unmut aufregende Kraft zugeschrieben.

Branntwein. – Man wird bei seinen Wirkungen zweifelhaft, ob er unter die Gifte oder Arzneien zu rechnen sei. Die fremden Liköre: Rosoglio, Ratafia und andere über Nelken, Zimt, Muskatnüsse und andere hitzigen Gewürze abgezogenen Branntweine, überdies vom Verdachte mancherlei Vergiftungen nicht frei, sind die allergefährlichsten. Viele trinken zur Beförderung der Verdauung nach der Mahlzeit ein Glas Likör; allein der Branntwein verdickt die Magensäfte und paßt zu den wenigsten Speisen, von denen er keine einzige auflöst. Allenfalls nach blähenden Speisen, Erbsen, Bohnen, Kohl, Rüben, nach zähen Mehlspeisen dem schwachen Magen durch einen guten Likör zu Hilfe zu kommen, mag hingehen.

Der Arrak, das geistige Getränk aus Reis, Sirup und Palmenwein, ging früher aus Indien in bedeutenden Quantitäten nach Europa. Der berühmte Batavia-Arrak wird aus 62 Teilen Rohzucker, 3 Teilen Palmenwein und 35 Teilen Reis gemacht. Hundert Teile dieser Mischung geben 23 ½ destilierten Probearrak.

Für Rundschit-Singh wurde ein Branntwein verfertigt, zu dem nicht nur die stärksten Brühen vom Fleisch aller nur möglichen Tiere, Ochsen ausgenommen, verwendet wurden, sondern auch Perlen und Edelsteine, Moschus, Opium und zahlreiche Kräuter, welche einen sogenannten Lebenstrank abgeben sollten, fast von der Stärke des Alkohols bereitet. Der Baron Hügel sagt: Ich hatte das Teufelsgetränk gekostet, das angenehm genug schmeckt, und den ganzen nächsten Tag war mein Geist tief herabgestimmt.

Bei den Lappländern und Isländern ist Branntweintrinken allgemeine Leidenschaft, und doch sind diese Leute zäher als wir. Ein Lappländer bedient sich bei gewissen Magenleiden der Krähenaugen, die bei uns Wölfe töten.


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