Ludwig Uhland
Ludwig der Baier
Ludwig Uhland

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Dritter Aufzug.

Erste Scene.

Ludwigs Lager bei Ampfing.

Gegen den Vordergrund das königliche Zelt.

Thomas, Bäcker von München, mit Schwert und Pickelhaube gewaffnet, steht vor einem Zelt. Steffen, sein Sohn, den Bündel auf dem Rücken, kommt aus dem Hintergrunde.

Thomas. Dort kommt mir einer durch die Lagergasse,
Er ist von unsrer Zunft, ein Sauerbeck.
Den sollt' ich kennen. Freilich, muß ja wohl!
Ist's doch mein Sohn, mein eigen Blut, mein Steffen!
Gott grüß' dich, Steffen!

Steffen.                                 Grüß' Euch, Vater Thoms!

Thomas. Das laß dir gut sein, Steffen!

Steffen.                                                   Was denn, Vater?

Thomas. Daß du nicht blieben bist in Feindesland.

Steffen. Mir ging's halt wohl zu Wien, ein frommer Meister,
'ne gute Kost –

Thomas.                 Man sieht's, hast zugelegt.

Steffen. Da hört' ich, daß die Münchner ziehn ins Feld,
Da ward mir's heiß im Ofen, macht' es kurz,
Den Bündel schnürt' ich –

Thomas.                                   Nun! jetzt bist daheim.
Sieh! hier ist München. Dieses große Zelt,
Das ist das Schloß, da wohnt der König drin,
Der Ludwig; und die Zelte da herum,
Das ist die Stadt, da wohnen unsre Bürger,
Und er wohnt mitten drin, just wie zu München,
Er hat die Stadt mit sich genommen, wie
Die Schneck' ihr Haus. Das wollt' ich fragen, ei!
Was gilt das Korn da drunten? 77

Steffen.                                           Dürft mir glauben,
's gilt dort nicht halb so viel, wie hier zu Land.

Thomas. Ja! hier ist teure Zeit. (Halblaut.) Der Bäcker selbst
Gewinnt nichts mehr. Ist Feierabend jetzt,
Giebt nichts zu backen mehr.

Steffen.                                         Der leid'ge Krieg
Währt gar zu lang.

Thomas.                       Jawohl! die beiden Herrn,
Sie thun sich alles bittre Herzeleid.

Steffen. Ist halt nicht recht, sind doch gesippte Freunde.

Thomas. Sind leibliche Geschwisterkinder; doch
Bei solchen Herren kommt's darauf nicht an.
Weißt du, wie's angegangen ist?

Steffen.                                               Wie denn?

Thomas. Der Ludwig ward zu Aachen in der Kirche
Gekrönt, wie sich's gehört, der Friedrich aber
Im Stoppelfeld, und weil kein Thron da war,
Mußt' er sich auf ein Mehlfaß niedersetzen.

Steffen. Zu Wien, da sagten sie, der Ludwig sei
Nicht mit der rechten Krone –

Thomas.                                           Das macht nichts.
Der Ludwig trieb den Friedrich aus dem Feld.
Dem Friedrich ging es schlimm und seinen Rittern,
Denn keine Stadt wollt' ihnen Herberg' geben;
Sie hätten viel fürs schwarze Brot gezahlt,
Sie mußten Rüben aus den Äckern rupfen.

Steffen. Der Friedrich aber sei in kurzer Frist
Zurückgekommen mit gewalt'ger Schar,
Und bei 'ner Stadt (sie heißen's Speier) habe
Der Ludwig auf dem Judenkirchhof sich
Behelfen müssen.

Thomas.                       Friedrich, der ging fehl,
Als er 'mal in ein bairisch Lager kam,
Statt in sein eignes. Damals sagt' er nicht,
Er sei der König.

Steffen.                     Dann zu Schillingsfürst
Sei Ludwig unsanft aufgewacht, als schon
Die Dielen brannten. Wieder anderswo,
Da sei das Wasser angelaufen –

Thomas.                                             Meinst
Bei Landsberg? 78

Steffen.                     Daß der Ludwig bis zum Bart
Im Nassen stand.

Thomas.                       Ist nichts, nur bis ums Knie.
Bist österreichisch worden? Scheint mir fast.

Steffen. Warum bin ich herausgelaufen, Vater,
Wenn ich kein Baier bin? Doch sprecht nur fort,
Erzählt mir weiter von dem großen Krieg!

Thomas. Weißt du's von Eßlingen?

Steffen.                                             Das weiß ich nicht.

Thomas. Dort lagen sie einander gegenüber,
Und als man abends dann von beiden Seiten
Die Gäul' im Neckar in die Schwemme ritt,
Da hub sich mitten in dem Strom ein Krieg,
Davon bei hundert Ross' erstochen wurden
Und stundenweit der Neckar floß wie Blut.

Steffen. Das ist ein Graus.

Thomas.                               Ja! das ist eine Not.
Das Allerschlimmste kommt uns aber noch,
Den Rüben und den Gäulen gilt's nicht mehr,
Jetzt gilt's den Männern. Dort bei Mühldorf drüben,
Da steht der Feind, und gestern abend ist
Der alte Kriegshauptmann hier angelangt,
Der Schweppermann von Nürnberg.

Im Hintergrunde erscheint Ludwig mit dem Burggrafen und Schweppermann.

                                                              Steffen, schau'!
Dort kommt er mit dem König. Auch der Burggraf
Von Nürnberg ist dabei. Da ist's nicht richtig,
Die kneten was zusammen. Ja! der Alte
Versteht das Handwerk; wo man den erblickt,
Da geht was los.

Steffen.                     So komm' ich eben recht.

Thomas. Gieb acht, man wird dir Arbeit geben, Bursch!
Streif' nur die Ärmel auf!

Steffen.                                   Jetzt geht's auf Ziel.
Wir fehlten noch, der Schweppermann und ich.

(Thomas und Steffen treten in ein Zelt, während die andern näher kommen. Schweppermann stellt sich seitwärts und sieht, ohne an dem Gespräche teilzunehmen, zwischen den Zelten hinaus.

Ludwig. Habt Dank, Herr Burggraf, daß Ihr diesen Mann
Mir zugeführt! Mit Sehnsucht harrt' ich sein.
Der Böhmenkönig kam mit seinem Heer,
Der Erzbischof von Trier mit seinen Scharen, 79
Fußvolk und Reiterfähnlein zogen stündlich
Ins Lager ein, nur ihn vermißt' ich noch.
Ist denn ein König nicht der Geist, der alles
Zu überschauen und zu ordnen weiß?
Ist großer Hilfsmacht nicht der eine gleich,
Der vieles aus dem Wenigen erschafft?
Schon hat er ja so einfach und so klar
Den Plan der Schlacht mir hingebreitet, hat
Die Dinge so lebendig und gegliedert
Vors Auge mir gestellt, daß ich mit Staunen
Erkenne des Gedankens Siegerkraft.

Schweppermann. Ein schönes, breites Feld die Vehenwiese,
Die Ströme wohlgeführt, die Höhn bequem.

Burggraf. So stand er da, die Hand ans Kinn gelegt,
Mit unverwandtem, scharfem Auge spähend,
Als ich zu Nürnberg in sein Stüblein trat,
Ihn zu berufen zu dem Feldherrnamt.
Und wie er dort auf eine Tafel blickte,
Die er mit kecken Strichen sich beschrieben,
So faßt er hier die weite Gegend auf.
Sein frisches, mußeloses Alter schien
Mir längst für großen Endzweck aufgespart.
Warum auch sollten die Erfahrungen
So thatenreichen Lebens ungenützt
Zu Grabe gehen? Wenn sich lebensmüd'
Ein Greis gottseligen Gedanken und
Bußfert'gen Übungen ergiebt, der hat
Sich für die andre Welt schon angeschickt;
Doch wer, wie dieser, stets von irdischen
Entwürfen, kriegerischen Planen glüht,
Der ist bestimmt, die grauen Locken noch
Zu krönen mit der letzten, vollsten That.

Schweppermann. Heut wär's zur Schlacht ein heller, lust'ger Tag.

Burggraf. Ein Ritter sprengt heran.

Ludwig.                                               Das ist der Pfleger
Von Neustadt, Albrecht Rindsmaul.

Albrecht von Rindsmaul tritt auf.

Albrecht.                                                   Ist er hier,
Der König?

Ludwig.           Hieher, Ritter Albrecht!

Albrecht. Erlauchter Herr!

Ludwig.                                 Was habt Ihr uns zu melden? 80

Albrecht. Wir haben einen Boten aufgefischt,
Der diesen Brief zum Herzog Friedrich trug
Von Leopold. Lest selber!

Schweppermann. (aufmerkend).   Ha! von dem!

Ludwig (nachdem er gelesen).
Ja! der hat Gutes vor. Er rückt heran
Mit großer Macht aus Schwaben und vom Rhein,
Nach Fürstenfeld hat er sich hingezogen
Und will vom Bruder wissen, wann und wo
Die Heere sich verein'gen sollen.

Schweppermann.                               Jetzt
Ist jeder Augenblick uns kostbar. Laßt
Das Heer sich scharen! Längst schon regt's sich drüben;
Der Bienenstock will lassen. Jetzt ist's Zeit!
Wenn wir die Schlacht anbieten, kommen sie.

Ludwig. Jetzt, Schweppermann, leg' ich in deine Hand
Des Reiches Schicksal und das meine. Keinem,
Mir selber nicht, vertrau' ich so, wie dir.
Sei du, nächst Gott, der Lenker dieses Tags,
Der langen, schweren Streits Entscheidung bringt!
Hier hängt die Königsrüstung, trag sie du
Zum Zeichen deiner vollesten Gewalt!

Schweppermann. Dergleichen Harnischs bin ich ungewohnt.

Ludwig. So sollen meine Waffenträger dich
Begleiten mit dem königlichen Schmuck.
Ich aber will so, wie du hier mich siehst,
Im blauen Waffenrock zu Felde gehn.
In Mitte meines treuen Baiervolks
Will ich mitstreiten wie ein andrer Mann.
Mit weiser Umsicht ordne du das Heer!
Mit kräft'gem Eifer will ich es durchdringen.
Sei du das Haupt der Schlacht und ich das Herz!

(Ludwig mit dem Burggrafen in das königliche Zelt, Schweppermann nach der entgegengesetzten Seite ab.)

 


 

Zweite Scene.

Friedrichs Lager.

Friedrich und der Marschalk Dietrich von Plichendorf treten auf.

Friedrich. Was habt Ihr einzuwenden, Marschalk?

Dietrich.                                                                     Vieles.
Mir scheint die Zeit nicht günstig noch der Ort. 81

Friedrich. Nicht länger wollen meine Ritter harren,
Sie brennen nach der Schlacht.

Dietrich.                                           Ich kenne das,
Auch ich bin jung gewesen.

Friedrich.                                   Und die Völker,
Die mir mein Oheim, König Karl, gesandt,
Die Ungarn, Raizen, Serben und Bulgaren,
Sie lieben nicht die Rast, und säum' ich noch,
Sind sie entflogen auf den flücht'gen Rossen.

Dietrich. Solch Heidenvolk, es bringt uns wenig Segen,
Sie plündern Klöster, rauben Kirchen aus.
Laßt diese hin! erharrt die bess're Hilfe,
Die Herzog Leopold uns bringt!

Friedrich.                                           Zu lang
Verweilet er. Kein Bote kommt von ihm,
Und keiner kehrt zurück, den ich gesandt.

Dietrich. Er bleibt nicht aus, er hat Euch nie gefehlt.
Und ziehn wir übern Innstrom uns zurück,
So stehn wir ungefährdet, bis er kommt.

Friedrich. Zurück? Nein, wahrlich nicht.

Dietrich.                                                     Bedenklich ist
Die Stellung hier, von Strömen eingeklemmt,
Von Inn und Isar. Wenn die Schlacht mißlingt,
Sind wir verloren; eine Brücke nur
Zum Rückzug, die vom Drang zusammenbricht.

Friedrich. Dem Feinde soll man Brücken, goldne, baun;
Wir brauchen keine. Vorwärts blickt der Held;
Das Rettungsschiff, das nur dem Flüchtling frommt,
Zertrümmert er.

Dietrich.                   Das Glück ist keinem pflichtig,
Drum ist die Vorsicht für das Unglück gut.

Friedrich. Kann ich es länger dulden, weiser Freund,
Daß ich ein König und auch keiner bin?
Soll ich den Gegner suchen stets und meiden?
Nein, die Entscheidung ist uns beiden not,
Die Völker fordern sie; und wie wir heut
Uns gegenüberstehen, Macht an Macht,
Ist es ein gleicher, heldenwürd'ger Kampf.

Dietrich. Der Landmann hat fürs Wetter seine Zeichen,
Der Schiffer seine Boten für den Sturm,
Ein alter Kriegsmann hat die seinen auch.
Nicht ich allein hab' Euch gewarnt; als Ihr 82
Im Kloster Admont übernachtetet,
Da sah der Abt zu den Gestirnen auf,
Und fröhlich blickt' er nicht zurück.

Friedrich.                                                 Ich glaube
Den Zeichen gern, wenn sie mir günstig sind.
Heut sind es fünfzig Jahre, daß der erste
Von Habsburgs Stamm zum König ward gewählt,
Heut schwebt die Krone über Östreichs Haupt.

Dietrich. Wenn sonst den Fürsten Eures Stamms ein Kampf
Bevorstand, fragten sie den goldnen Ring,
Das Kleinod Eures Hauses. Glänzt' er hell,
So galt's für gutes Zeichen, war er trüb,
Für schlimmes. Ja! vor jener Marchfeldsschlacht,
Drin Ottokar erlegen ist (es war
Mein erster Strauß in König Rudolfs Dienst),
Da leuchtete das Gold wie Sonnenschein;
Und so bei Gellheim auch, wo Euer Vater
Den Adolf schlug und sich die Kron' errang.

Friedrich. Seht! hier am Daumen trag' ich diesen Ring.

Dietrich. Der ist ja bleich wie Erde.

Friedrich.                                           Muß er nicht?
Ihn trugen Helden, Sieger, Könige;
Wie könnt' er glänzen an des Enkels Hand,
Der zaudernd vor dem Gegenkönig steht?
Doch hört! es nahet schon der Krieger Schar,
Die ich nach alter Sitte vor dem Treffen
Zu Rittern schlagen will. Geht Ihr hinüber
Zu meinem Bruder Heinrich, nehmt die Fahne
Von Österreich und steht dem Jüngling bei!
Er soll des rechten Flügels Führer sein,
Den linken Flügel führet Salzburg an,
Das Reichspanier wird in der Mitte wallen.
Sowie der Ritterschlag vollzogen ist,
Ertönt zum Aufbruch der Trommetenstoß.
Ja, tapfrer Plichendorf, erfahrner Held,
Ein Kleinod meines Hauses seid auch Ihr,
Laßt Euer Heldenauge hell mir glänzen!
Das soll mir gute Vorbedeutung sein.
    (In das Hauptzelt abgehend.)
Man wappne mich! 83

Aus dem Hintergrunde kommt der Zug der zum Ritterschlag bestimmten Knappen. Sie sind sämtlich mit weißen Waffenröcken bekleidet, weiße Federn auf der Sturmhaube, das Schwert am Halse hängend, in der rechten Hand goldne Sporen, in der linken einen silbernen Gürtel. Musik.

Dietrich (seitwärts stehend).   Da ziehen sie heran,
Die Jünglinge, wie Opfer aufgeschmückt,
In weißen Waffenröcken, bald vielleicht
Gerötet von dem frischen Herzensblut.
Das ist ein Neideck, dies ein Stralenfels,
Die sind von Achdorf, der von Hohenstein,
Der edelsten Geschlechter Sprößlinge.
O Mütter, Bräute, weinen werdet ihr!

Nachdem sich die Knappen im Vordergrund in einem Halbkreis aufgestellt haben, tritt Friedrich in prächtiger Rüstung, mit gezogenem Schwert, aus dem Zelte. Die Knappen werfen sich aufs Knie. Friedrich tritt in ihre Mitte.

Und dort aus dem Gezelte tritt der König.
Ha, wie er glänzt in Schönheit und in Pracht!
Von Golde schimmert Rüstung und Gewand,
Der Helmbusch wallt, das Schlachtschwert leuchtet hell.
Seit ich ihn kenne, so erschien er nie.
Sucht er auf sich zu locken die Gefahr?
Meint er zu siegen durch die bloße Macht
Der herrlichen Erscheinung? – Hüt' ihn Gott!   (Ab.)

Friedrich. Die ihr mich grüßet mit gebognem Knie,
In Kleidern, weiß und rein wie frischer Schnee,
Als ob ihr, allen Makels abgethan,
Eintreten wolltet in ein neues Leben,
Sagt! was begehrt ihr?

Die Knappen.                     Herr! den Ritterschlag.

Friedrich. Was ihr begehrt, ist eine hohe Sache,
Die nur ein Tadelloser bitten soll.
Doch weil mir euer adeliger Stamm
Bekannt und eure Tugend ist bewährt,
So soll euch des Begehrs willfahret sein,
Wofern ihr das zu halten mir gelobt,
Was ich euch heiße.

Die Knappen.               Herr! wir sagen's zu.

Friedrich. So schnallt euch denn die goldnen Sporen fest!
Und soll es sein, als hätt' ich's selbst gethan.
Der Sporn der Ehre weck' euch das Gemüt
Zu löblichem und tugendsamem Werk!
    (Sie schnallen sich die Sporen an.)
Habt ihr's vollzogen?

Die Knappen.                 Herr! es ist geschehn. 84

Friedrich. Jetzt gürtet euch den Silbergürtel um!
Und soll es gelten, als hätt' ich's gethan.
Der Gürtel deutet euch die fromme Zucht,
Die euch vor Übelthat bewahren soll.
Seid ihr gegürtet?

Die Knappen.             Herr! es ist geschehn.

Friedrich. An euern Gürtel hänget nun die Wehr!
Und sei's, als hätt' ich selbst sie dran gehängt.
Gespornt von Ehre und mit Zucht gegürtet,
Ist euch das Schwert ein Rüstzeug rechter That.
    (Sie stecken die Schwerter an.)
Seid ihr bewehret?

Die Knappen.             Herr! es ist geschehn.

Friedrich (mit hochgehaltenem Schwert).
Im Namen Gottes und Sankt Michaels
Und Sankt Georgs, des Ritters, schaff' ich euch
Zu Rittern mit dem Schlage meines Schwerts.
Und wie ich dieses Jünglings Schulter traf,
So traf ich alle mit dem einen Schlag.
Seid echte Ritter, tapfer, fromm und treu!
Seid Gottes Diener, ehret reine Fraun,
Die Witwen schützet und die Waisen schirmt,
Der Unschuld helfet und das Unrecht straft!
Wenn euch der König ruft zu Schlacht und Streit,
Zieht aus die Ersten, kehrt die Letzten heim!
Vor allem heute, wo der höchste Kampf
Gestritten wird, der Kampf um Kron' und Reich,
Seid unverdrossen, seid wie Löwen kühn!
Denn darum schuf ich jetzt zu Rittern euch,
Daß euer neues, frisches Rittertum
Belebend ströme durch mein ganzes Heer.
Das Schwert laßt blitzen! braust dahin gleich Wettern!
Die Fahnen flattern, die Trommeten schmettern.

(Trommetenschall. Die Knappen springen auf und stürmen mit geschwungenen Schwertern nach allen Seiten ab. Friedrich in das Zelt.) 85

 


 

Dritte Scene.

Anhöhe.

Schweppermann, Albrecht von Rindsmaul, Adelram von Hals und andere Kriegsleute treten auf. Waffenträger mit der königlichen Rüstung stellen sich hinter Schweppermann.

Schweppermann. Hier ist der rechte Blick, hier will ich stehn.
Die Böhmen brechen los, so seh' ich's gern.
Sankt Wenzels, ihres Heil'gen, Tag ist heute,
Drum schickt' ich die voran. Herr Albrecht!

Albrecht.                                                               Hier!

Schweppermann. Ihr seid ein sichrer und bedachter Mann,
Euch hab' ich was Besondres ausgesucht,
Gebt Ihr mir auf den freud'gen Friedrich acht!
Euch stell' ich eigens ihm zum Gegner auf.
Setzt Eure Ruhe seiner Hitz entgegen,
Ermüdet ihn, nehmt seiner Blößen wahr!
Doch Ihr versteht mich. Wählt Euch selber aus,
Wen Ihr zu Eurer Hilfe tauglich glaubt!

Albrecht. Wie Ihr befehlt.   (Er geht mit einigen Rittern ab.)

Schweppermann.             Da drunten steht's nicht gut.
Hilf heil'ger Wenzel! Böhmen, haltet aus!
Sind euch der Ungarn Pfeile allzu dicht?
Erschrecken euch die langen Bärte? Wetter!
Dort fallen Östreichs schwere Reiter ein.
Ha! das giebt Lücken, das ist ein Gedräng',
Ein Wirbel. Nun ist's klar, die Böhmen weichen.
    (Zu einem Ritter.)
Die Baiern sollen vor, links in die Flanke!
    (Der Ritter ab.)
Da rennt ein Bote her. Was giebt's?

Ein Ritter (tritt auf und meldet).                 Herr Hauptmann!
Das Böhmenheer ist überrannt, gefangen
Der Vortrab. König Johann lag am Boden,
Des Marschalks Pferd, des Plichendorfs, trat schon
Auf ihn. Ein fremder Ritter half ihm auf.
Schickt Hilf'!

Schweppermann.   Ist schon gesorgt, die Baiern kommen.
Seht Ihr? Sie reiten schon. Ha, wie das stäubt!
Nun muß sich Östreich wenden, wie ich's will.
Jetzt, Sonne, die du hell am Himmel brennst,
Jetzt, frischer Wind, der du die Wolken jagst, 86
Als Bundsgenossen führ' ich euch zum Kampf.
Wirf, Sonne, deine Strahlenpfeile scharf,
Recht in des Feindes Augen, blende sie!
Wind, wirble du den Staub von Baierns Hufen,
Erstick in dichten Wolken Östreichs Stolz!

Adelram. Ha, wie die Baiern stürmen! Feldhauptmann,
Warum ist mir's versagt, mit meinen Brüdern
Den Kampf zu teilen und den Ruhm?

Schweppermann.                                     Geduld!
    (Ein Ritter tritt eilig auf.)
Was Neues?

Ritter.                 König Ludwig wird vermißt;
Die Kunde fliegt durchs Heer und lähmt den Sieg.

Schweppermann. Das wär' ein Strich durch meine Rechnung. Nein,
Der König darf nicht fehlen. Um den König
Ist's ganze Spiel. Ein König muß mir her.
Sind Kön'ge hier so teuer? Stampften doch
Die Ross' auf einem. Her, ihr Waffenträger!
Ihr habt den König. Hier der Kronhelm, hier
Der Panzer, hier das Reichsschwert, hier der Schild!
Der Schein ist alles. Wer will König sein?
Man beut's nicht alle Tage. Wer will's sein?

Adelram. Eilt, wappnet mich!
    (Er wird während des Folgenden mit den königlichen Waffen bekleidet.)
                                              Ich will die tote Hülle
Beleben. Was ist königlicher Geist,
Wenn's das nicht ist, was jetzt die Brust mir schwellt?
Hier bin ich. Dort mein Leibroß. Frisch hinauf!   (Ab.)

Schweppermann. Da jagt er schon hinab, der König, der
Aus meiner Stirn' mit Helm und Harnisch sprang.
Hört ihr sie jauchzen? Seht ihr, wie der Kampf
Von seinem Anblick plötzlich sich erfrischt?
Noch eins ist übrig. Pflanzt das Zeichen auf,
Die rote Fahne!   (Es geschieht.)   Seht! im Holze drüben,
Da rührt sich's. Panzer, Helme schimmern durch,
Das ist der Burggraf. Seinen Hinterhalt
Verläßt er, wird sie in die Seite fassen.
Er kommt von dort, woher der Leopold
Erwartet wird, ein österreichisch Banner
Hab' ich ihm aufgesteckt. Schon seh' ich's wehn.
Nun ist geschehn, was meines Amtes war,
Das Werk im Gang, die Räder alle rollen, 87
Und nichts mehr hemmet ihren raschen Schwung.
Und jetzt hinunter in das Feld der Schlacht!
Helf' Gott, daß wir den guten Ludwig finden!   (Alle ab.)

 


 

Vierte SceneDer Verfasser denkt sich diese, meist in äußerer Handlung bestehende Scene so dargestellt, daß sie, mittels klarer Gruppierung und bezeichnenden, zusammengreifenden Spiels, in den Hauptzügen schon als Pantomime sich verständlich mache..

Schlachtfeld.

Friedrich, mit einer Kriegsschar, worunter mehrere der neuen Ritter zu bemerken sind, wird im Getümmel der Schlacht auf die Bühne geworfen.

Friedrich. Wohin noch wirft uns dieser tolle Sturm?
Das wogt und brandet wie die hohle See.

Albrecht von Rindsmaul mit Kriegsleuten tritt auf.

Albrecht. Ich hab' ihn wieder. Kämpft nicht dieser Mann,
Als wollt' er alles thun mit seiner Hand?

Geplänkel zwischen Albrechts und Friedrichs Kriegern.)

Friedrich. Bist wieder hier, du neckendes Gespenst?
Verfolgst mich stets und hältst mir niemals stand.
Will dich 'mal fassen.

(Er dringt auf Albrecht ein.)

Albrecht.                           Brüder! weicht ihm aus!

(Sie zerstreuen sich.)

Friedrich. Und alles wieder wie vom Wind verweht!

Ein Ritter (auftretend). Herr, Euer Bruder Heinrich ist gefangen.

Friedrich. Und Plichendorf?

Ritter.                                     Er ließ die Fahne nicht,
Bis Heinrich, schwer bedrängt, sie an sich riß
Und sich damit den Böhmen übergab.

Ein andrer Ritter (hereineilend).
Frohlockt, ihr Männer! Herzog Leopold,
Er ist uns nah, schon sah ich sein Panier.

Friedrich. Jetzt ist's gewonnen. Frischauf, Ritter!

Er will zu neuem Angriff abziehn. Adelram, in der königlichen Rüstung, mit geschlossenem Helmsturz, hereinstürmend, vertritt ihm den Weg.

Adelram.                                                                     Halt!
Mit mir hast du zu thun, die Krone gilt's.

Friedrich. Die Krone, Ludwig! Rasch! Ich oder du.

(Zweikampf. Adelram fällt.)

Adelram. Gott sei mir gnädig! 88

Die Österreicher.                     Heil! Heil! Östreich Heil!

Ein Ritter (tritt auf). Betrogen sind wir, Leopold ist's nicht,
Der Burggraf ist's, die Franken. Rettet euch!

Flüchtige eilen über die Bühne. Von drei verschiedenen Seiten dringen zu gleicher Zeit Albrecht von Rindsmaul, der Burggraf und Schweppermann, jeder mit seinem Kriegshaufen, auf Friedrichs Schar ein.

Albrecht (zu den Seinigen).
Jetzt dringt auf ihn! Jetzt muß er unser sein.

Friedrich. Den Freund erschlug ich, meine Kraft ist hin.
Hinweg, verfluchtes Schwert!

(Er wirft sein Schwert Albrecht vor die Füße.)

Die Baiern.                                     Sieg, Baiern, Sieg!

Der Burggraf (den gefallenen Adelram erblickend).
Unsel'ger Sieg! Da liegt der König tot.

Während der Burggraf sich trauernd über die vermeintliche Königleiche hinbeugt, deutet Schweppermann mit den nachstehenden Worten nach dem Hintergrunde, wo Ludwig erscheint, von den jauchzenden Münchnern auf Schultern getragen und umdrängt. Unter de Bürgern sind Thomas und Steffen.

Schweppermann. Schaut hin! Hoch lebe König Ludwig!

Die Baiern.                                                                           Hoch!

Thomas (vortretend). Wir haben ihn herausgehaun, wir Münchner,
Die Bäckerzunft, mein Steffen hat's gethan,
Der war der hitzigste. Sein Meisterstück
Hat er gemacht.

Die Baiern.             Hoch, König Ludwig, hoch!

Friedrich. Erstehn die Toten? Ludwig ist's, er ist's.

Ludwig (sich Friedrich nähernd).
Wir sehn Euch gerne, Vetter! Fürchtet nicht
Für Euer Leben. Ritterliche Haft
Sei Euch versprochen. Senket nicht den Blick!
Ihr habt mit Ruhm gefochten, stolzer Held!
    (zu den Baiern.)
Wer fing den Herzog?

Einige.                               Wir.

Albrecht.                                   Nein! ich.

Andre.                                                         Nein! wir.

Ludwig. Entscheidet, Friedrich!

Friedrich.                                     Weist die Schilder vor!

(Nachdem er die Wappen überblickt, klopft er auf Albrechts Schild, worauf ein Büffelskopf mit einem Ring gemalt ist.)

Hier, diesem Kuhmaul mußt' ich mich ergeben.

Ludwig. Mein tapfrer Albrecht, führt den Herzog hin!
Bringt ihn nach Trausnitz, auf mein festes Schloß!
    (Friedrich wird von Albrecht abgeführt.) 89
Laßt Eure Hand mich drücken, Schweppermann!
Ihr zittert?

Schweppermann.   Herr, das ist der Zoll, den ich
Dem Alter schuldig bin. Die morsche Hütte
Erbebt, wenn Mächt'ges sich in ihr bewegt. –
Laßt jetzt dem Kriegsgebrauch sein Recht geschehn!
Zum Zeichen, daß das Feld gewonnen ist,
Laßt auf der offnen Walstatt hier das Mahl
Uns halten!

Burggraf.           Wird ein magrer Imbiß werden.

Schweppermann. Wir haben Eier.

Ludwig.                                             Jedem Mann ein Ei,
Dem frommen Schweppermann zwei!

Schweppermann. Auf meinen Grabstein schreibt mir diesen Spruch!

 


 


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