Ludwig Thoma
Peter Schlemihl
Ludwig Thoma

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Forbach

            Ein Gerichtssaal an der Grenze.
Zeugen, Richter, Angeklagter,
Lauter deutsche Offiziere.
Ei, da gibt es was zu hören!
Skandalös und nervenkitzelnd,
Sehr pikant in Einzelheiten
Und pikant durch das Milieu.
Ist es nicht wie ein Kapitel
Aus Sedan und Jena? Szenen
Ähnlich wie im Rosenmontag?
Und mit Gruseln sieht der Leser
Auf die Sünder, die in blauen
Passepoilierten Hosen stecken.
Seine Seele überläuft ein
Gänsehäutchen, seine Seele,
Die sich niemals rührt bei eignen
Heitern sexualibus.
Unerhörte Dinge kommen
An das Tageslicht. Es sträuben
Sich die Haare deutscher Bürger
Und die Federn der Reporter.
Doch es hilft nichts. Widerwillig
Aber pflichtgemäß beschreiben
Unsre wackern Journalisten
Die entweihten Ehebetten
Mit Details. Und jede Zeile
Wird auch pflichtgemäß verschlungen.
Und so manches wohl erzogne
Junge Mädchen sieht bestätigt,
Was man sonst geheim erzählte
Von den ach! entzückend schlimmen
Leutnants, die mit vorgedrückten
Knieen tanzen. Doch die reifern
Frauen unsrer deutschen Heimat
Zählen sehr chokiert die vielen
Wohlgelungnen Ehebrüche.
Anderseits sind sie befriedigt,
Weil die Zeitung sehr an Inhalt,
Lesenswertem Stoff gewonnen.
Welch ein himmlisches Vergnügen,
Morgens bei der Kaffeeschale
Erst das Hemd der Polengräfin
Öffentlich beschrieben sehen,
Sehen, wie ein Pair von Preußen
Ohne Scheu, mit allen Mitteln
Um das liebe Geld sich balgt,
Wie die Hüter guter Sitten,
Die berufenen Vertreter,
Eine Frau mit Fragen quälen,
Die man im Bordell verbietet.
Und dazu, wie schön ergänzend,
Die Moral der Offiziere!
Vielen Dank den Journalisten,
Die uns trefflich unterhalten.
Auch das Ausland darf sich laben.
Sechs französische Reporter
Schmieren sich die Finger schwärzlich,
Um es nach Paris zu melden,
Daß die jungen deutschen Leute
Ohne priesterlichen Segen
Und auch manchmal gegen diesen
Die verbotnen Früchte naschen,
Welche Frankreichs Grenadiere
Selbstverständlich ängstlich meiden.
Ja, es scheint, wir Deutschen werden
Sodomiter, und man könnte
Diese Fälle tief bedauern,
Wenn sie nicht in letzter Reihe
Wiederum ihr Gutes hätten,
Uns so hübsch zu unterhalten!

 


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