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Mir deuchte, ich sollte dich bitten
– doch wagt ich es nicht – um den Rosenkranz,
den du im Nacken trugst. So wartet
ich bis zum Morgen, da du gingst, um
ein paar Brocken auf deinem Bette zu finden.
Und wie ein Bettler sucht ich im Zwielicht
um ein oder zwei verstreute Blätter.

Doch sieh! Was find ich? Welch ein
Zeichen ließ deine Liebe? Es ist nicht
Blüte, nicht Weihrauch und kein Gefäß
mit duftendem Wasser. Es ist dein mächtiges
Schwert, flammend wie Feuer,
schwer wie ein Donnerkeil. Das junge
Licht des Morgens kommt durch das
Fenster und breitet sich über das Bett
aus. Die Morgenvögel zwitschern und
fragen: »Weib, was hast du gefunden?«
Nein, es ist nicht Blüte, nicht Weihrauch
und nicht ein Gefäß mit duftendem Wasser
– es ist dein schreckliches Schwert.

Ich sitze und sinne dem Wunder, was
heißt diese Gabe von dir? Ich find keinen
Platz, wohin ich es berge. Ich schäme
mich, es zu tragen, schwach wie ich bin,
es verletzt mich, wenn ich an den Busen
es drücke. Doch werde ich im Herzen
tragen die Ehre der Schmerzenslast dieser
Gabe von dir.

Von nun an soll keine Furcht der Welt
in mir sein und siegen sollst du in allen
meinen Kämpfen. Du ließest den Tod als
meinen Gefährten und ich will ihn krönen
mit meinem Leben. Dein Schwert ist
mit mir, um meine Bande entzwei zu
schneiden und keine Furcht der Welt
soll in mir sein.

Von jetzt an entlaß ich allen eitlen
Schmuck, Herr meines Herzens, nie mehr
will ich warten und weinen in Winkeln,
kein scheues, sanftes Benehmen mehr.
Du hast mir dein Schwert zum Schmuck
gegeben – kein Puppenschmuck ist mehr
für mich!

 


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