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Dritter Aufzug

Ein Saal im Schlosse zu Stockholm.

Im Hintergrunde eine Galerie, die später durch einen Vorhang geschlossen wird. Ein älterer Diener geht in der Galerie wartend auf und ab.

Erster Auftritt.

Olaf. Ein Diener.

Olaf (tritt herein). Ist der König heute zu sprechen?

Diener. Ja.

Olaf. Kannst du mir sagen, warum man mich vier Tage hintereinander vergebens hat herkommen lassen?

Diener. Nein, das weiß ich nicht.

Olaf. Es kommt mir sonderbar vor, daß ich nicht vorgelassen wurde.

Diener. Worum handelt es sich?

Olaf. Das geht dich nichts an.

Diener. Nein, das ist schon wahr. Aber ich glaubte, ich könnte vielleicht einige Aufklärungen geben.

Olaf. Pflegst du die Audienzen des Königs zu erledigen?

Diener. Nein, Gott behüte! Aber wenn man soviel hört, wie ich, weiß man doch immer mit diesem und jenem Bescheid.

(Pause.)

Olaf. Dauert es noch lange?

Diener (tut, als wenn er nicht hört).

Olaf. Weißt du, ob der König bald kommt?

Diener (Olaf den Rücken wendend). Was?

Olaf. Weißt du nicht, mit wem du sprichst?

Diener. Nein, das weiß ich nicht.

Olaf. Ich bin des Königs Sekretarius.

Diener. Nein, heiliges Kreuz, seid Ihr der Meister Olaf! Dann habe ich ja Euern Vater gekannt, den Schmied Peder, denn ich bin auch aus Örebro, müßt Ihr wissen.

Olaf. Kannst du nicht trotzdem höflich sein?

Diener. Ja, ja, so geht es, wenn man hier in der Welt vorwärts kommt; dann vergißt man seine armen Eltern.

Olaf. Daß mein Vater dich wirklich mit seiner Bekanntschaft beehrt hat, will ich nicht bestreiten; aber daß er bei seinem Tode dich zu meinem Vater eingesetzt haben sollte, glaube ich nicht.

Diener. Ja, ja, da kann man sehen! Die arme Frau Christina! (Er geht links hinaus. Pause.)

Reichsmarschall Lars Siggeson (kommt von rechts).

 

Zweiter Auftritt.

Die Vorigen. Reichsmarschall Lars Siggeson.

Der Marschall (ohne Olaf anzusehen, wirft ihm den Mantel zu). Kommt der König bald?

Olaf (nimmt den Mantel und wirft ihn auf den Boden). Das weiß ich nicht.

Marschall. Verschaffe mir einen Stuhl.

Olaf. Das ist nicht mein Amt.

Marschall. Ja, ich kenne nicht die Instruktionen des Türwächters.

Olaf. Ich bin nicht Türwächter.

Marschall. Es ist mir gleichgültig, was du bist oder nicht bist; ich trage keine Liste der Dienerschaft bei mir. Aber höflich sollst du sein.

Olaf (schweigt).

Marschall. Na, wird's bald? Ich glaube, du bist vom Teufel besessen!

Olaf. Um Vergebung, aber es gehört nicht zu meinen Amtsgeschäften als Sekretarius aufzuwarten.

Marschall. Was? Meister Olaf! Ja so; es macht Euch Spaß an der Tür zu sitzen und den Diener zu spielen, um Euch später als Gott zu entpuppen! Ich glaubte, Ihr wäret ein stolzer Mann! (Er hebt den Mantel auf und legt ihn auf die Bank.)

Olaf. Herr Marschall!

Marschall. Nein, Ihr seid also ein eitler Emporkömmling! Seid so gut, tretet näher und setzt Euch, Herr Sekretarius!

(Er weist ihm einen Platz an und geht in ein Nebenzimmer hinein.)

Olaf (setzt sich).

Ein junger Edelmann (grüßt Olaf von der Galerie her).

 

Dritter Auftritt.

Olaf. Edelmann.

Edelmann. Guten Morgen, Herr Sekretarius! Kommt noch niemand? Na, wie steht's hier zu Hause in Stockholm? Ich komme direkt von Malmö.

Olaf. Hier sieht es sehr traurig aus.

Edelmann. Ja, ich habe davon reden gehört. Das Pack setzt sich auf die Hinterbeine, sobald der König nur den Rücken wendet. Und dann diese dummen Priester! Ja, entschuldigt, aber Ihr seid ja Freidenker, Herr Sekretarius?

Olaf. Ich verstehe Euch nicht.

Edelmann. Macht nur keine Umschweife! Seht, ich habe meine Ausbildung in Paris erhalten. Franz der Erste, o Saint Sauveur! das ist ein vorgeschrittener Mann! Wißt Ihr, was er auf einem bal masqué, jetzt beim letzten Karneval, zu mir sagte?

Olaf (schweigt).

Edelmann. » Monsieur,« sagte er, » la religion est morte, est morte,« sagte er; aber darum geht er doch in die Messe!

Olaf. So?

Edelmann. Und wißt Ihr, was er antwortete, als ich ihn fragte, warum er das täte? – »Poesie! Poesie!« sagte er; o, er ist göttlich?

Olaf. Was sagtet Ihr darauf?

Edelmann. Euer Majestät, sagte ich – natürlich auf Französisch – glücklich das Land, welches einen König hat, der seinen Blick so über den engen Kreis der Zeit hinausrichten kann, daß er die Forderung des Zeitgeistes erkennt, aber gleichwohl nicht mit Gewalt die schlafenden Massen zwingen will, sich eine höhere Anschauung anzueignen, zu der heranzureifen ihnen Jahrhunderte nötig sind! War das nicht gut gesagt?

Olaf. O ja! Aber es ging wohl viel durch die Übersetzung verloren! So etwas muß auf Französisch gesagt werden!

Edelmann (zerstreut). Darin habt Ihr vollkommen recht! – Sagt mir einmal – Ihr dürftet fortune machen! Ihr seid Eurer Zeit ja weit voraus!

Olaf. Nicht so weit wie Ihr glaubt, fürchte ich. Leider ist meine Ausbildung vernachlässigt worden. Ich habe sie, wie Ihr wißt, in Deutschland erhalten, und die Deutschen sind noch nicht über die Religion hinausgekommen.

Edelmann. Nicht wahr? Aber hört einmal: könnt Ihr mir all' das Geschwätz von der Reformation in Deutschland erklären? Luther ist ein aufgeklärter Mann, das weiß ich, ich glaube es in jedem Fall, aber das kann er ja für sich behalten oder wenigstens sollte er nicht Funken in die rohen Massen hinausschleudern, wo sie doch immer Perlen unter Säuen bleiben müssen. Erhebt man den Blick über die Zeit hinaus und geht mit den großen Gedankenströmungen ein wenig mit, dann wird man leicht die Ursachen des Mißverhältnisses im Gleichgewicht gewahr werden, welches sich nun in den großen Kulturländern bemerkbar macht – ich spreche nicht von Schweden, denn das ist kein Kulturland. Wißt Ihr, was der Schwerpunkt ist, der Schwerpunkt, bei dessen Verrückung alles aus dem Leim geht und ohne dessen feste Beibehaltung alles umstürzt? Das ist der Adel! Der Adel ist die Intelligenz! Die Feudalmacht ist in Auflösung – das heißt die Welt, die Bildung ist in Auflösung, die Kultur stirbt hin. Ihr glaubt es nicht? Der kleinste historische Überblick wird es Euch zeigen. Es war der Adel, der die Kreuzzüge machte, der Adel machte dies und der Adel machte das! Warum ist Deutschland zersplittert? Weil die Bauern, welche sich gegen den Adel erheben, ihren eigenen Kopf abhauen. Warum ist in Frankreich Einigkeit, la France? Weil Frankreich der Adel ist, und der Adel Frankreich, das sind identische Begriffe, sie sind geradezu solidarisch! Warum, frage ich wieder, ist Schweden zurzeit in seinen Grundfesten erschüttert? Weil der Adel niedergebrochen ist. Christian der Zweite war ein schlauer Mann, er wußte, wie man ein Land erobern muß, er sägte nicht einen Arm oder ein Bein ab, nein er haute den Kopf herunter! Nun wohl, Schweden soll befreit werden, und der König weiß die Art und Weise: der Adel soll sich wieder erheben und die Kirche unterdrückt werden! – Wie meintet Ihr?

Olaf (steht auf). Ich sagte nichts. (Pause.) Ihr seid Freidenker?

Edelmann. Natürlich.

Olaf. So glaubt Ihr nicht, daß Bileams Esel reden konnte?

Edelmann. Nein, freilich nicht!

Olaf. Aber ich tue es.

Edelmann. Wirklich?

Laurentius Andreae (kommt herein).

 

Vierter Auftritt.

Die Vorigen. Laurentius Andreae und andere Hofleute.

Laurentius Andreae. Grüß dich Gott, Olaf.

Olaf (umarmt ihn). Willkommen, Laurentius.

Edelmann (geht). Populace!

Laurentius Andreae. Wie geht's dir hier?

Olaf. Hier ist es so eng.

Laurentius Andreae. Ja, ja!

Olaf. Und dann so bedrückt!

Laurentius Andreae. Daher fällt es ihnen auch so schwer, gerade einherzugehen.

Olaf. Ich bin innerhalb zehn Minuten in dem Grade Hofmann geworden, daß ich gelernt habe, meinen Mund zu halten, wenn ein Esel redet.

Laurentius Andreae. Ja, das schadet nichts.

Olaf. Worauf sinnt der König?

Laurentius Andreae. Davon spricht er nicht.

(Es versammeln sich indessen immer mehr Hofleute.)

Olaf. Wie sieht er aus?

Laurentius Andreae. Wie ein Fragezeichen mit verschiedenen Ausrufungszeichen dahinter.

Bischof Brask (tritt herein).

Alle (weichen zur Seite).

Der Marschall (der indessen zurückgekommen ist, geht ihm entgegen und begrüßt ihn).

Olaf (grüßt ihn auch).

 

Fünfter Auftritt.

Die Vorigen. Bischof Brask. Der Marschall. Dann Diener.

Brask (sieht erstaunt aus; zum Marschall). Ist dies der Platz des Schreibers?

Marschall. Er sollte es nicht sein, aber unser König ist so außerordentlich gnädig.

Brask. Herablassend, meint Ihr!

Marschall. Gewiß!

Brask. Heute ist große Audienz.

Marschall. Hauptsächlich Glückwunschbesuch, wegen der glücklichen Rückkehr seiner Gnaden.

Brask. Es ist eine wahre Freude, Herr Marschall, unserm König unsre ungemischte Teilnahme gelegentlich der glücklichen Lösung der Frage zu beweisen.

Marschall. Ihr seid allzu artig, Herr Bischof, daß Ihr Euch einen so weiten Weg herbemüht habt, obendrein in Eurem Alter.

Brask. Ja, und mit der Gesundheit will es nicht immer ganz nach Wunsch gehen.

Marschall. Ist Eure Gesundheit, Herr Bischof, nicht so gut, wie Ihr es wünschtet? Es ist immer traurig, wenn die Kräfte nicht mehr ganz ausreichen wollen, namentlich wenn man ein so hohes und verantwortungsvolles Amt bekleidet.

Brask. Der Herr Marschall sehn sehr wohl aus!

Marschall. Ja, Gott sei Lob!

(Pause.)

Brask (setzt sich). Finden der Herr Marschall nicht, daß es hier zieht?

Marschall. O ja, daran fehlt es nicht. Sollen wir vielleicht sagen, daß man die Tür schließen möchte?

Brask. O nein, ich danke, ich glaube nicht, daß es nötig ist.

(Pause.)

Marschall. Der König läßt lange auf sich warten.

Brask. Ja.

Marschall. Es lohnt vielleicht nicht, sein Kommen abzuwarten?

Brask. Das ist schon möglich.

Marschall. Wenn Ihr erlaubt, Herr Bischof, werde ich Eure Leute rufen lassen.

Brask. Nein, habe ich so lange gewartet, so glaube ich doch, ich bleibe noch ein wenig hier.

(Pause.)

Der Diener. Seine Gnaden!

König Gustav (kommt herein).

 

Sechster Auftritt.

Die Vorigen. König Gustav.

Gustav. Willkommen, meine Herren! (Er setzt sich an den Tisch.) Wenn die Herren ins Vorgemach hinaustreten wollen, so werde ich einen nach dem andern empfangen.

Alle (mit Ausnahme von Brask, ziehen sich zurück).

Gustav. Unser Marschall bleibt hier!

Brask. Euer Gnaden!

Gustav (mit lauterer Stimme). Herr Siggeson!

Brask (geht).

Marschall (bleibt).

(Pause.)

 

Siebenter Auftritt.

Gustav. Marschall.

Gustav. Sprecht, was soll ich tun?

Marschall. Euer Gnaden! Der Staat hat seine Stütze verloren, darum wankt er; der Staat hat einen Feind, der übermächtig geworden ist. Richtet die Stütze, den Adel, wieder auf und vernichtet den Feind, die Kirche!

Gustav. Ich wag' es nicht!

Marschall. Euer Gnaden müssen!

Gustav. Was sagst du?

Marschall. Fürs erste: Brask steht in Unterhandlung mit dem Papst behufs Einführung der Inquisition; Lübeck pocht auf seine unverschämte Forderung und droht mit Krieg; die Schatzkammer ist leer, Aufruhr an allen Enden des Landes –

Gustav. Genug! – Aber ich habe das Volk auf meiner Seite.

Marschall. Vergebt, daß ich es leugnen muß! Die Dalekarlier zum Beispiel, ein verzogenes Volk, das sich mit den Lübeckern um die Ehre streitet, Schweden einen König gegeben zu haben, sind bereit, Aufruhr zu machen bei der ersten besten Gelegenheit und mit Forderungen hervorzutreten, wie die, »daß keine fremden Moden von buntfarbigen und faltenreichen Gewändern eingeführt werden dürften, wie es neulich am Hofe des Königs geschehen sei.«

Gustav. Tod und Teufel!

Marschall. »Jeder, der am Freitag oder Sonnabend Fleisch ißt, soll verbrannt oder auf andere Weise vom Leben zum Tode gebracht werden.« Ferner: »Es darf kein neuer Glaube oder lutherische Lehre eingeführt werden.«

Gustav. Welche treulose, unverschämte Bevölkerung! Sie haben sich doch früher als brave Kerle gezeigt!

Marschall. Ja, als ihr eigenes Haus in Flammen stand, war es wohl nichts Besonderes, daß sie Wasser herbeitrugen! Und wie oft haben sie nicht Gesetz und Treue gebrochen! Nein, sie haben ihr Lob so oft singen hören, daß sie ihre rohe Unverschämtheit für alte schwedische Ehrlichkeit ausgeben.

Gustav. Du bist Edelmann.

Marschall. Ja, und meine Überzeugung ist, daß der Bauer seine Rolle zu Ende gespielt hat: die der rohen Kraft, die den Feind mit der Stärke des Armes vertreibt. Euer Gnaden! Vernichtet die Kirche, denn sie hält das Volk in Fesseln, nehmt das Gold der Kirche und bezahlt die Schulden des Reiches – und gebt dem gesunkenen Adel wieder, worum die Kirche ihn geprellt hat.

Gustav. Ruft Brask herein!

Marschall. Euer Gnaden!

Gustav. Bischof Brask!

Marschall (geht).

Brask (kommt herein).

 

Achter Auftritt.

Gustav. Brask.

Gustav. Seid so gut, Herr Bischof, das Wort zu nehmen.

Brask. Ich wollte meinen Glückwunsch darbringen gelegentlich –

Gustav. Danke, Herr Bischof! Weiter!

Brask. Es sind leider von verschiedenen Teilen des Reichs Klagen eingelaufen betreffs der unbezahlten Silberanleihe, welche Euer Gnaden bei der Kirche aufgenommen hat.

Gustav. Und welche Ihr nun zurückfordert! Werden wirklich all die Kelche bei der Kommunion gebraucht?

Brask. Ja.

Gustav. Laßt sie denn aus Zinnbechern trinken!

Brask. Euer Gnaden!

Gustav. Gibt es sonst noch etwas?

Brask. Das Schlimmste von allem – Ketzerei!

Gustav. Das geht mich nichts an, ich bin nicht der Papst.

Brask. Ich muß Euer Gnaden wissen lassen, daß die Kirche sich selbst Recht verschaffen wird, selbst wenn sie dabei in Streit geraten sollte –

Gustav. Mit wem?

Brask. Mit dem Staate!

Gustav. Der Teufel möge Eure Kirche holen! So, nun ist es heraus!

Brask. Das weiß ich!

Gustav. Und Ihr wartetet nur darauf, es aus meinem eigenen Munde zu hören?

Brask. Ja!

Gustav. Hütet Euch! Ihr reist mit zweihundert Mann Gefolge und speist auf Silber, während das Volk Rindenbrot ißt.

Brask. Euer Gnaden fassen die Sache gar zu kleinlich auf.

Gustav. Kennt Ihr denn Luther? Ihr seid ein aufgeklärter Mann! Was ist das für eine seltsame Erscheinung? Was sagt Ihr von der Bewegung, die ganz Europa durchdringt?

Brask. Ein rückwärtiger Fortschritt! Luthers Rolle ist nur die, als Fegefeuer zu dienen für das Alte, in Jahrhunderten Gewonnene und Erprobte, in dem es gereinigt werden und siegreich aus dem Streite hervorgehen muß.

Gustav. Ich kümmere mich nicht um eure gelehrten Disputationen.

Brask. Aber Euer Gnaden beschützen die Verbrecher und greifen in das Recht der Kirche hinein. Meister Olaf hat die Kirche gröblich gekränkt.

Gustav. So verflucht ihn!

Brask. Ist bereits geschehen, aber er ist gleichwohl in Euer Gnaden Diensten.

Gustav. Was wollt Ihr ihm weiter tun? Sagt!

(Pause.)

Brask. Ferner soll er so weit gegangen sein, daß er sich heimlich gegen das kanonische Gesetz verheiratet hat.

Gustav. So? Das ist schnell gegangen!

Brask. Darum kümmern sich Euer Gnaden auch nicht – sehr wohl; aber wenn er nun das Volk aufwiegelt?

Gustav. Dann werde ich mich der Sache schon annehmen! Was weiter?

Brask (nach kurzem Zögern). Ich bitte Euch um des Himmels willen, stürzt das Land nicht von neuem ins Verderben!

Es ist noch nicht reif für die neue Lehre! Wir sind schwache Binsen, die gebeugt werden können, aber der Glaube, die Kirche – niemals!

Gustav (reicht ihm die Hand). Ihr habt vielleicht recht! Laß uns Feinde sein, alter Bischof Hans, lieber als falsche Freunde!

Brask. Wohl! Aber tut niemals etwas, was Ihr später bereuen könntet! Jeden Stein, den Ihr von der Kirche abreißt, wird das Volk Euch nachwerfen!

Gustav. Treibt mich nicht zum Äußersten, Bischof, denn dann bekommen wir hier dasselbe furchtbare Schauspiel zu sehen, wie in Deutschland! Zum letztenmal: wollt Ihr nachgeben, wenn die Wohlfahrt des Reiches auf dem Spiele steht?

Brask. Die Kirche –

Gustav. Die Kirche natürlich zuerst! Lebt wohl!

Brask (geht).

Marschall (kommt herein).

 

Neunter Auftritt.

Gustav. Marschall.

Gustav. Der Bischof hat Eure Aussage bestätigt. Ja, das war der Sinn. Schafft mir nun Maurer, welche das Niederreißen verstehen! Die Wände sollen stehen, die Kreuze auf den Dächern sitzen bleiben und die Glocken in den Türmen hängen, aber die Keller sollen zugeworfen werden. Man beginnt von unten, seht Ihr!

Marschall. Aber das Volk wird meinen, ihm solle der Glaube geraubt werden; es muß aufgeklärt werden.

Gustav. Wir werden Meister Olaf hinaussenden, um zu predigen.

Marschall. Meister Olaf ist ein gefährlicher Mann.

Gustav. Er ist just der, dessen wir bedürfen.

Marschall. Er ist wie ein Wiedertäufer vorgegangen, anstatt sie zu bekämpfen.

Gustav. Ich weiß es. Darauf kommen wir später zurück. Schickt ihn herein!

Marschall. Laurentius Andreae ist besser.

Gustav. Schickt sie beide herein!

Marschall. Oder Olafs Bruder, Laurentius Pederson.

Gustav. Taugt noch nicht! Er ist zu weichherzig, um geschlagen zu werden. Seine Zeit kommt noch.

Marschall (führt Olaf und Laurentius Andreae ein).

 

Zehnter Auftritt

Die Vorigen. Olaf. Laurentius Andreae.

Gustav (zu Laurentius Andreae). Willst du mir helfen, Laurentius?

Laurentius Andreae. Es gilt der Kirche?

Gustav. Ja, sie soll niedergebrochen werden!

Laurentius Andreae. Dazu bin ich nicht der Mann. Aber wenn Euer Gnaden sich an Meister Olaf wenden wollten!

Gustav. Du willst also nicht?

Laurentius Andreae. Ich kann nicht! Aber eine Waffe kann ich Euch überlassen. (Er überreicht ihm die neue Bibelübersetzung.)

Gustav. Die Heilige Schrift! Das war eine gute Waffe! Willst du sie führen, Olaf?

Olaf. Ja, mit Gottes Hilfe!

Gustav (gibt Laurentius Andreae einen Wink, sich zu entfernen).

Laurentius Andreae (geht ab).

 

Elfter Auftritt

Gustav. Olaf.

Gustav. Bist du noch ruhig, Olaf?

Olaf (schweigt).

Gustav. Ich gab dir vier Tage Bedenkzeit! Wie hast du deinen Auftrag wahrgenommen?

Olaf (heftig). Ich habe zum Volke gesprochen –

Gustav. So, daß du noch jetzt Fieber hast! Du beabsichtigst die verrückten Menschen, die man Wiedertäufer nennt, zu verteidigen?

Olaf (schroff). Ja!

Gustav. Ruhig! Du hast dich in großer Eile vermählt?

Olaf. Ja!

Gustav. Du bist verflucht?

Olaf. Ja!

Gustav. Und doch bist du gleich keck? Wenn du nun als Aufruhrstifter mit den andern zum Galgen wandern müßtest, was würdest du dann sagen?

Olaf. Ich würde beklagen, daß ich meine Tat nicht vollenden konnte, aber Gott für das danken, was ich ausrichten durfte.

Gustav. Es ist gut! Wagst du es mit dem alten Eulennest Upsala aufzunehmen und den Gelehrten zu erzählen, daß der Papst nicht Gott sei, und daß er nichts mit Schweden zu schaffen hätte?

Olaf. Weiter nichts?

Gustav. Willst du ihnen beweisen, daß einzig und allein die Bibel Gottes Wort ist?

Olaf. Weiter nichts?

Gustav. Luthers Namen darfst du aber nicht nennen!

Olaf (nach einigem Bedenken). Nein, dazu will ich mich nicht verpflichten!

Gustav. Willst du lieber sterben?

Olaf. Nein, mein König bedarf meiner.

Gustav. Es ist nicht edelmütig von dir, Olaf, mein Unglück dir zunutze zu machen! So sage denn, was du willst; aber du mußt mir vergeben, wenn ich später etwas davon zurücknehme.

Olaf. Man feilscht nicht mit der Wahrheit!

Gustav. Donnerwetter! (Er beherrscht sich.) Tu, was du willst.

Olaf (auf den Knien). So darf ich denn alles sagen?

Gustav. Ja!

Olaf. So ist mein Leben nicht umsonst gewesen, wenn es mir nur gelingt, einen Funken von Zweifel in des schlafenden Volkes Seele hineinzuschleudern! Es wird also eine Reformation!

Gustav (nach einer Pause). Ja!

(Pause.)

Olaf (ängstlich). Und was soll mit den Wiedertäufern werden?

Gustav. Wie kannst du fragen? Sterben sollen sie!

Olaf. Gestatten Euer Gnaden eine Frage?

Gustav. Erkläre mir, was diese verrückten Menschen wollen?

Olaf. Das Unglück ist, daß sie es selbst nicht recht wissen. Und sollte ich es sagen – –

Gustav. Sprich aus!

Gert (kommt schnell hinein, den Wahnsinnigen spielend).

 

Zwölfter Auftritt.

Die Vorigen. Gert.

Gustav. Wer bist du, der es wagt sich hier hereinzudrängen?

Gert. Ich ersuche Euer Gnaden alleruntertänigst um Bestätigung der Nichtigkeit dieser Erklärung.

Gustav. Warte, bis du hereingerufen wirst!

Gert. Ja, das würde ich gern tun, aber die Wache will nicht auf mich warten. Ich bin aus dem Gefängnis entflohen, müßt Ihr wissen, denn dort war nicht mein Platz.

Gustav. Gehörst du zu den Wiedertäufern?

Gert. Ja, ich wurde durch Zufall mit in die Sache verwickelt, aber hier habe ich ein Attest, daß ich ins Hospital, dritte Abteilung für Unheilbare, Zelle Nr. 7, hingehöre.

Gustav (zu Olaf). Rufe die Wache!

Gert. Nein, das ist nicht nötig; ich fordere nur Gerechtigkeit, und darum kümmert sich die Wache nicht.

Gustav (blickt Gert scharf an). Bist du nicht bei den schändlichen Taten in den Kirchen der Stadt dabeigewesen?

Gert. Ja, natürlich, denn so verrückt kann sich ein kluger Mensch doch nicht gebärden! Wir wollten nur einige kleine Veränderungen im Stil vornehmen; wir fanden es zu niedrig bis zur Decke.

Gustav. Was wollt ihr eigentlich?

Gert. Ach, wir wollen mancherlei, obschon wir noch nicht die Hälfte haben ausführen können; ja wir wollen so vieles, und es soll so schnell gehen, daß der Gedanke gar nicht folgen kann, und daher kommt es, daß er ein wenig zurückbleibt! Ja, und dann hätten wir gern einiges an den Tapeten in der Kirche geändert und die Fenster herausgenommen, denn es roch moderig darin. Ja, wir wollten noch vieles andere, aber das hat noch Zeit.

Gustav (zu Olaf). Das ist eine gefährliche Krankheit, denn weiter kann es nichts sein.

Olaf. Wer weiß?

Gustav. Nun bin ich müde. Vierzehn Tage hast du Zeit, dich vorzubereiten. Deine Hand darauf, daß du mir helfen willst!

Olaf. Ich werde das Meinige tun!

Gustav. Sorge dafür, daß Rink und Knipperdollink nach Malmö geführt werden.

Olaf. Und dann?

Gustav. Können sie ihres Weges gehen! Den verrückten Menschen da kannst du ins Hospital bringen lassen. Lebe wohl. (Er geht ab.)

 

Dreizehnter Auftritt.

Gert. Olaf. Dann Diener.

Gert (ballt hinter Gustav die Faust). Sollen wir denn gehen?

Olaf. Wohin?

Gert. Nach Hause!

Olaf (schweigt).

Gert. Willst du deinen Schwiegervater ins Narrenhaus einsperren, Olaf?

Olaf. Wollen? Es ist meine Pflicht!

Gert. Gibt es keine höheren Pflichten, als einen Befehl?

Olaf. Fängst du schon wieder an?

Gert. Was, glaubst du, wird Christina sagen, wenn du ihren Vater unter die Verrückten einsperrst?

Olaf. Führe mich nicht in Versuchung!

Gert. Da siehst du, wie schwer es ist, dem Könige zu dienen.

Olaf (schweigt).

Gert. Na, ich werde dir keine Sorge machen, armer Junge, Hier hast du Absolution für dein Gewissen. (Zeigt ein Schriftstück.)

Olaf. Was ist das?

Gert. Ein Entlassungsattest! Siehst du, man muß verrückt sein unter den Klugen, und klug unter den Verrückten!

Olaf. Wo hast du das herbekommen?

Gert. Findest du nicht, daß ich es verdiene?

Olaf. Ich weiß nicht!

Gert. Es ist wahr, du wagst es noch nicht.

Der Diener (kommt herein). Seid so gut hinauszugehen, hier soll gefegt werden!

Gert. Vielleicht soll auch gelüftet werden?

Diener. Gewiß!

Gert. Dann vergeßt nur nicht die Fenster aufzumachen!

Diener. Nein, das kann nach einer solchen Gesellschaft wohl nötig sein.

Gert. Höre einmal, Freundchen, ich soll dich von deinem Vater grüßen.

Diener. So?

Gert. Du kennst ihn vielleicht nicht?

Diener. Ja, freilich!

Gert. Weißt du, was er sagte?

Diener. Nein!

Gert. Du möchtest den Besen naß machen, sonst machst du dich noch schmutzig.

Diener. Das verstehe ich nicht.

Gert. Nein – das ist deine Entschuldigung. (Er geht ab.)

Diener. Pack!

 

Verwandlung.

Olafs Arbeitszimmer.

Fenster im Hintergrunde, durch welche die Sonne hineinscheint; Bäume außerhalb.

 

Vierzehnter Auftritt.

Christina steht an einem der Fenster und begießt die Blumen; hie und da plaudert sie mit den Vögeln in einem Bauer. Olaf sitzt und schreibt; mit ungeduldiger Miene sieht er vom Papier auf und nach Christina hin, als wenn er sie zum Schweigen bringen wollte. Dieses wiederholt sich einigemal, bis Christina einen Blumentopf umwirft.

Olaf (stampft auf den Boden).

Christina. Ach, meine arme Blume! Sieh nur, Olaf, vier Knospen sind abgebrochen!

Olaf. Ja, das sehe ich!

Christina. Nein, du tust es nicht; du sollst herkommen.

Olaf. Liebes Kind, ich habe keine Zeit.

Christina. Du hast auch meine Stieglitze noch nicht gesehen, die ich heut morgen für dich kaufte. Singen sie nicht hübsch?

Olaf. O ja!

Christina. O ja?

Olaf. Es stört mich in meiner Arbeit, wenn sie schreien.

Christina. Sie schreien wirklich nicht, Olaf, aber du scheinst einen schreienden Nachtvogel lieber zu mögen. Sage mir, was bedeutet die Eule, die du in deinem Siegelring trägst?

Olaf. Die Eule ist ein altes Symbol der Weisheit.

Christina. Das, finde ich, ist ein dummes Symbol – der Weise liebt doch nicht das Dunkel.

Olaf. Der Weise haßt das Dunkel und die Nacht, aber er macht mit seinem scharfen Blick die Nacht zum Tage.

Christina. Warum hast du immer recht, Olaf? Kannst du mir das sagen?

Olaf. Weil ich weiß, mein Kind, daß es dir Spaß macht, mir recht zu geben.

Christina. Sieh, nun hast du wieder recht! – Was schreibst du da?

Olaf. Ich übersetzte!

Christina. Lies mir ein wenig davon vor!

Olaf. Ich glaube nicht, daß du es verstehen würdest.

Christina. Es verstehen? Ist es denn nicht Schwedisch?

Olaf. Ja, aber es ist zu immateriell für dich.

Christina. Immateriell? Was ist das?

Olaf. Du würdest mich nicht verstehen können, wenn ich es dir auch erklärte, aber wenn du nicht verstehst, was ich dir vorlese, dann verstehst du, was man immateriell nennt.

Christina (nimmt ein halbfertiges Strickzeug). Lies denn, während ich stricke.

Olaf. Höre aber gut zu; es ist jedoch nicht meine Schuld, wenn du dich dabei langweilst.

Christina. Ich werde es schon verstehen; ich will es verstehen.

Olaf (liest). »Die Materie, gedacht in ihrer Abstraktion von der Form, ist das vollkommen Prädikatlose, Unbestimmte, Unterschiedslose. Denn nicht aus dem reinen Nichtsein, sondern nur aus dem Nichtsein der Wirklichkeit, das heißt aus dem Sein als Möglichkeit, kann etwas entstehen. Das mögliche Sein ist ebensowenig das Nichtsein wie die Wirklichkeit. Jede Existenz ist darum ein wirklichgemachtes Mögliches. Die Materie ist bei Aristoteles also ein weit positiveres Substrat als bei Plato, welcher sie für ein reines Nichtsein erklärt. Hieraus sieht man, wie Aristoteles die Materie im Gegensatz zur Form als eine positive Negativität ausfassen konnte.«

Christina (wirft ihre Arbeit fort). Hör auf! Warum muß ich das nun nicht verstehen können? Habe ich denn nicht dieselben seelischen Fähigkeiten wie du? Ich schäme mich vor dir, Olaf, daß du ein so elendes Wesen zur Frau haben mußt, das nicht versteht, was du sagst. Nein, ich werde mich an mein Strickzeug halten, ich werde in deinem Arbeitszimmer Ordnung machen und Staub wischen, ich werde wenigstens lernen, dir deine Wünsche an den Augen abzulesen, ich werde deine Sklavin sein, aber niemals, niemals werde ich dahin gelangen, dich zu verstehen! Ach, Olaf, ich bin deiner nicht wert, warum nahmst du mich zur Gattin? Du überschätztest mich in einem Augenblicke des Rausches. Es wird die Zeit kommen, da du es bereust, und dann werden wir beide unglücklich werden!

Olaf. Christina! Fasse dich, mein Kind! Setz dich her zu mir. (Er nimmt das Strickzeug auf.) Glaubst du mir, wenn ich dir sage, es ist mir unmöglich, eine solche Arbeit zu machen? Nie im Leben würde ich es fertig bringen. Bist du dann nicht geschickter als ich, und ich unbedeutender als du?

Christina. Warum kannst du es nicht?

Olaf. Aus demselben Grunde, aus dem du mich soeben nicht verstandst; ich habe es nicht gelernt. Aber wirst du nun wieder froh werden, wenn ich dir sage, daß du lernen kannst, dieses Buch zu verstehen, welches du genau von mir trennen darfst, während ich dagegen niemals deine Arbeit lernen kann.

Christina. Aber warum nicht?

Olaf. Weil ich nicht so beschaffen bin, und weil ich nicht will.

Christina. Aber wenn du nun wolltest?

Olaf. Siehst du, mein Kind, das ist gerade meine Schwachheit, daß ich es niemals wollen kann. Glaube mir, du bist stärker als ich, denn du gebietest über deinen Willen, was ich nicht tue.

Christina. Glaubst du, ich kann lernen, das Buch da zu verstehen?

Olaf. Davon bin ich überzeugt. Aber du mußt es nicht.

Christina. Soll ich denn beständig in Unwissenheit gehalten werden?

Olaf. Nein, nein, verstehe mich recht! In dem Augenblick, da du verständest, was ich verstehe, würdest du aufhören mich zu achten –

Christina. – wie einen Gott –

Olaf. Wie du willst! Aber glaube mir, du würdest das verlieren, was dich größer macht als mich; die Kraft, deinen Willen zu beherrschen, und dann würdest du geringer als ich, und dann würde ich dich nicht achten! Versteh mich recht: unsere Freude besteht darin, einander zu überschätzen, laß uns diesen Irrtum bewahren!

Christina. Jetzt verstehe ich dich nicht; aber ich möchte dir glauben, Olaf. Du hast recht!

Olaf. Laß mich allein, Christina, ich bitte dich!

Christina. Störe ich dich?

Olaf. Mich nehmen ernste Gedanken in Anspruch. Du weißt, ich erwarte heute die Entscheidung. Der König hat der Regierung entsagt, weil man auf seinen Willen nicht eingehen wollte. Heute stehe ich entweder am Ziel oder muß den Kampf von vorn beginnen.

Christina. Darf ich heut nicht froh sein, Olaf, es ist Johannisabend?

Olaf. Warum ist deine Freude heute so groß?

Christina. Sollte ich nicht froh sein, daß ich der Knechtschaft entronnen und deine Gattin geworden bin?

Olaf. Du mußt mir verzeihen, wenn meine Freude ernster ist, denn mein Glück hat mich – eine Mutter gekostet!

Christina. Das weiß ich und fühle es tief. Deine Mutter wird, wenn sie unsere Verheiratung erfährt, dir vergeben, aber mir fluchen. Wer bekommt also die schwerere Bürde? Aber das ist gleich, denn es geschieht um deinetwillen! Ich weiß das, ich weiß, daß deiner schwere Kämpfe harren, daß kühne Gedanken in deinem Haupte entstehen, und daß ich niemals an dem Kampfe teilnehmen kann, niemals dir mit Rat zur Seite stehen, niemals dich gegen Verleumder verteidigen kann; ich muß Zuschauer sein und während all diesem in meiner kleinen Welt leben, mich mit Kleinlichkeiten beschäftigen, von denen ich nicht glaube, daß du ihnen einen Wert beimißt, aber welche du doch vermissen würdest. Olaf, ich kann nicht mit dir weinen, also tue du das Deinige dazu, mit mir lächeln zu können, steige herab von deiner Höhe, die ich nicht erreichen kann, kehre bisweilen einmal von den Kämpfen heim, die ihr droben aus den Bergen besteht; ich kann nicht zu dir hinaufsteigen, komme also zu mir einen Augenblick herunter. Olaf, vergib mir, wenn ich kindlich rede. Du bist ein Mann, von Gott gesandt, das weiß ich, und ich habe Segen von deinen Worten empfangen, aber du bist noch mehr: du bist Mensch und mein Ehegemahl, oder wenigstens solltest du es sein! Du sinkst von deiner Höhe nicht herab, weil du einmal deine feierliche Rede ablegst und die Wolke auf deiner Stirn sich zerstreuen läßt. Bist du zu groß, um eine Blume anzusehen oder einen Vogel zu hören? Olaf, ich stellte die Blumen auf deinen Tisch, damit du dein Auge auf ihnen ruhen lassen solltest, aber du ließest sie durch das Mädchen hinaustragen, denn du bekämst davon Kopfschmerzen; ich wollte die einsame Stille deiner Arbeit unterbrechen und gab dir Vogelgesang, aber du nennst es Schreien; ich bat dich bereits vor einer Weile zum Mittagessen, aber du hattest keine Zeit; ich will mit dir reden – du hast keine Zeit; du verachtest diese kleine Wirklichkeit, und doch hast du sie mir angewiesen, mich darin zu bewegen. Du willst mir nicht emporhelfen – so tritt mich denn wenigstens ganz nieder! Ich werde alles entfernen, was deine Gedanken stören kann. Du sollst vor mir – und meinen unnützen Dingen Frieden haben! (Sie wirft die Blumen zum Fenster hinaus, nimmt den Vogelbauer und will gehen.)

Olaf. Christina, liebes Kind, vergib mir! Du verstehst mich nicht!

Christina. Immer dasselbe: du verstehst mich nicht! O, nun weiß ich es! Ich alterte in dem Augenblick in der Sakristei so schnell, daß ich wieder Kind wurde.

Olaf. Liebes Kind, ich werde nach deinen Vögeln sehen und mit deinen Blumen plaudern.

Christina (trägt das Bauer fort). Ach nein – mit allem Plaudern ist es jetzt vorbei – Ernst soll es werden. Habe keine Furcht vor meiner lärmenden Freude, sie war nur um deinetwillen da, aber wenn sie nicht für dich und deinen ernsten Beruf paßt, so – (Sie bricht in Tränen aus.)

Olaf (nimmt sie in seine Arme und küßt sie). Christina! Christina! Jetzt hast du recht! Vergib mir!

Christina. Olaf, du schenktest mir eine verhängnisvolle Gabe, als du mir die Freiheit gabst, ich kann sie nicht brauchen! Ich muß jemand haben, dem ich gehorche!

Olaf. Das sollst du auch; aber sprechen wir nicht mehr davon. Jetzt gehen wir zu Tisch. Ich habe wirklich Hunger!

Christina (froh). Kannst du wirklich Hunger haben? (Sie sieht durch das Fenster und macht eine Gebärde des Schreckens.) Geh, Olaf, ich werde sogleich nachkommen, ich will hier nur erst ein wenig Ordnung machen.

Olaf (geht). Laß mich nicht so lange warten, wie du auf mich gewartet hast.

Christina (streckt die Hände wie bittend aus und stellt sich hin, um jemand zu erwarten, der zur Tür von der Straße hereinkommen soll).

(Pause.)

Olafs Mutter (tritt herein und geht an Christina vorüber, ohne sich umzuwenden).

 

Fünfzehnter Auftritt.

Christina. Olafs Mutter.

Mutter. Ist Meister Olaf zu Hause?

Christina (die ihr freundlich entgegengegangen ist, bleibt erschreckt stehen, schlägt dann aber denselben Ton wie die Mutter an). Nein! Habt die Güte Platz zu nehmen, er kommt bald.

Mutter. Danke! (Sie setzt sich. Pause.) Gebt mir einen Schluck Wasser!

Christina (bringt es).

Mutter. Laßt mich allein!

Christina. Als Herrin des Hauses ist es meine Pflicht, Euch Gesellschaft zu leisten.

Mutter. Ich wüßte nicht, daß die Haushälterin eines Priesters sich Hausherrin nennt!

Christina. Meister Olafs Gattin bin ich vor Gott! Wißt Ihr nicht, daß wir getraut sind?

Mutter. Eine Metze seid Ihr, das weiß ich!

Christina. Ich verstehe das Wort nicht.

Mutter. Ihr seid ein Weib derselben Art, wie das, mit dein Meister Olaf jenen Abend in der Bierschenke sprach.

Christina. Sie, die so unglücklich aussah? Ja, glücklich bin ich nicht!

Mutter. Das glaub' ich gern. Fort mit Euch, aus meinem Angesicht, Eure Gesellschaft bereitet mir Schande!

Christina (kniend). Um Eures Sohnes willen schmäht mich nicht!

Mutter. Kraft meines Ansehens als Mutter weise ich Euch aus meines Sohnes Haus, dessen Schwelle Ihr entehrt habt.

Christina. Als Herrin des Hauses öffne ich meine Tür, wem es mir gefällt. Ich hätte sie vor Euch verschlossen, wenn ich Eure Sprache geahnt hätte!

Mutter. Große Worte fürwahr! Ich befehle Euch zu gehen!

Christina. Mit welchem Recht wagt Ihr, mich in meinem eigenen Hause zu überfallen und mich von meinem Heim fortzuweisen? Ihr habt einen Sohn geboren und ihn erzogen, das war Eure Pflicht, Eure Bestimmung, und Ihr könnt Gott danken, daß Ihr sie so gut erfüllen durftet, denn so glücklich sind nicht alle. Nun steht Ihr am Rande des Grabes; tretet darum zurück, ehe es vorbei ist. Oder habt Ihr Euren Sohn so schlecht erzogen, daß er noch ein Kind ist und Eurer Leitung bedarf? Wollt Ihr Dank haben, so sucht ihn, aber in anderer Art; glaubt Ihr, es ist des Kindes Bestimmung, sein Leben zu opfern, nur um Euch Dankbarkeit zu erweisen? Sein Beruf sagt: »Gehe dorthin!« Ihr ruft: »Undankbarer, komme hierher!« Soll er in die Irre gehen, soll er seine Kräfte opfern, die der Gesellschaft, der Menschheit gehören, nur um Eure persönliche kleinliche Selbstsucht zufriedenzustellen, oder meint Ihr, daß es überhaupt Dank verdient, daß Ihr ihm das Leben gegeben und ihn erzogen habt? War das nicht die Aufgabe und Bestimmung Eures Lebens, dürft Ihr nicht Gott danken, daß Ihr einen so hohen Beruf erhalten habt, oder tatet Ihr es nur, um hernach ein halbes Leben hindurch auf Dankbarkeit Anspruch machen zu können? Wißt Ihr nicht, daß Ihr mit dem Wort Dankbarkeit niederreißt, was Ihr einmal aufgebaut habt? Und welches Recht maßt Ihr Euch über mich an? Soll die Ehe eine Pfandverschreibung meines freien Willens an diejenigen sein, welche die Natur meinem Gatten zur Mutter oder zum Vater gegeben hat? Ihr seid nicht meine Mutter, ich schwor Euch nicht Treue, da ich Olaf zum Manne nahm, und ich habe genug Achtung für meinen Mann, daß ich niemand gestatte, ihn zu kränken, wenn es auch seine eigene Mutter wäre! Darum habe ich gesprochen!

Mutter. Nun sehe ich die Frucht der Lehren, welche mein Sohn verbreitet.

Christina. Wollt Ihr Euern Sohn schmähen, so muß es in seiner Gegenwart geschehen. (Sie geht zur Tür und ruft.) Olaf!

Mutter. Seid Ihr bereits so schlau!

Christina. Bereits? Das bin ich sicher immer gewesen, obwohl ich es nicht früher wußte, als ich dessen bedurfte.

Olaf (kommt herein).

 

Sechzehnter Auftritt.

Die Vorigen. Olaf.

Olaf. Willkommen, Mutter!

Mutter. Danke, mein Sohn! Lebe wohl!

Olaf. Gehst du? Was soll das heißen? Ich wünsche mit dir zu reden.

Mutter. Dessen bedarf es nicht. Sie hat alles gesagt. Du hast nicht nötig, mir die Tür zu weisen!

Olaf. Mutter! Was in Gottes Namen redest du da! Christina! Was soll das heißen?

Mutter (will gehen). Lebe wohl, Olaf! Das vergebe ich dir niemals!

Olaf (will sie zurückhalten). Bleib und erkläre dich zum wenigsten!

Mutter. Das ist meiner unwürdig! Du schickst sie aus, um mir zu sagen, daß du mir nichts schuldig bist und mich nicht mehr brauchst! O, das ist hart! (Sie geht ab.)

 

Siebzehnter Auftritt.

Olaf. Christina. Dann Bote.

Olaf. Was hast du gesagt, Christina?

Christina. Ich entsinne mich dessen nicht mehr, denn es war eine ganze Menge, was ich niemals gewagt hätte zu denken, was ich aber geträumt haben muß, während mein Vater mich in Sklaverei hielt.

Olaf. Ich kenne dich nicht wieder, Christina!

Christina. Ich fange fast selbst an mich ein wenig verändert zu finden.

Olaf. Du warst unfreundlich gegen meine Mutter!

Christina. Ja, das mag ich wohl gewesen sein! Findest du nicht, daß ich hart geworden bin, Olaf?

Olaf. Wiesest du ihr die Tür?

Christina. Vergib mir, Olaf, ich war nicht artig gegen sie.

Olaf. Um meinetwillen hättest du in deiner Rede wohl ein wenig milder sein können. Warum riefst du mich nicht sofort?

Christina. Ich wollte sehen, ob ich meine Sache nicht selbst verfechten könnte. Olaf, willst du mich deiner Mutter opfern, wenn sie dich darum bittet?

Olaf. Eine solche Frage beantworte ich nicht so im Augenblick.

Christina. Ich werde sie beantworten. Es macht dir Freude, dich aus eigenem Antrieb unter Wunsch und Willen deiner Mutter zu beugen, weil du stark bist; mich kränkt es dagegen, es zu tun, denn ich bin schwach; ich tue es niemals!

Olaf. Wenn ich dich nun darum bitte!

Christina. Das kannst du nicht verlangen! Oder willst du, daß ich sie hassen soll? – Sage mir, Olaf, was verstehst du unter einer Metze?

Olaf. Du kommst mit so wunderbaren Fragen!

Christina. Willst du mich einer Antwort würdigen?

Olaf. Vergib mir, wenn ich schweige!

Christina. Immer dasselbe Schweigen! Darf man mir denn noch immer nicht alles sagen? Soll ich denn stets ein Kind bleiben? So setze mich in die Kinderstube und spiele mit mir!

Olaf. Es ist ein unglückliches Weib!

Christina. Nein, es ist etwas anderes!

Olaf. Hat jemand gewagt, dir diesen Namen zu geben?

Christina (nach einer Pause). Nein!

Olaf. Jetzt sprichst du nicht die Wahrheit, Christina!

Christina. Ich lüge, ich weiß es; o ich bin seit gestern so schlecht geworden.

Olaf. Gestern ist etwas geschehen, was du mir verbirgst!

Christina. Ja! Ich glaubte, ich würde es alles allein tragen können, aber nun vermag ich es nicht mehr.

Olaf. Sprich, ich bitte dich!

Christina. Aber du mußt mich nicht schwach nennen! Ein Volkshaufe verfolgte mich bis hier zur Tür und rief mir dies entsetzliche Wort nach, welches ich nicht verstehe! Über ein unglückliches Weib lacht man nicht!

Olaf. Ja, mein Kind, das tut man doch!

Christina. Ich verstand nicht ihre Worte, aber ihre Gebärden verstand ich zur Genüge, um verwirrt und böse zu werden!

Olaf. Und doch bist du so freundlich gegen mich gewesen! Vergib mir, wenn ich hart gegen dich war! – Das ist der Name, den die rohe Kraft ihren Opfern gegeben hat! Du wirst bald genug mehr hiervon erfahren, aber verteidige niemals ein solches »unglückliches Weib«, denn dann wird man dich mit Schmutz bewerfen! –

Ein Bote (kommt mit einem Brief).

Olaf. Endlich! (Er liest schnell.) Lies, Christina, denn von deinen Lippen will ich die frohe Botschaft hören.

Christina (liest). »Du hast gesiegt, junger Mann! Ich, Dein Feind, bin der erste, welcher Dir es sagt, und der sich an Dich ohne Demütigung wendet, denn Du führtest die Waffe des Geistes, als Du für den neuen Glauben sprachst! Ob Du recht hast, weiß ich nicht, aber ich glaube, Du verdienst einen Rat von einem alten Manne: bleibe hier, denn Deine Feinde sind fort. Schlage Dich nicht mit Luftgebilden herum, denn das wird Deinen Arm lähmen, so daß Du Dir selbst den Tod bereitest. Setze Dein Vertrauen nicht auf Fürsten, das rät Dir ein ehemals mächtiger Mann, der nun zurücktritt und in des Herrn Hand legt, was mit seiner geschlagenen Kirche geschehen soll.
Johannes Brask. «

Christina. Du hast gesiegt!

Olaf (freudig). Gott, ich danke dir für diesen Augenblick. (Pause.) Nein, ich fürchte mich, Christina! Dieses Glück ist zu groß. Ich bin zu jung, um schon am Ziel zu stehen! Nichts mehr zu vollbringen haben! O, das ist ein furchtbarer Gedanke! Kein Kampf mehr, das ist der Tod!

Christina. Ruhe dich einen Augenblick und sei froh, daß er zu Ende ist.

Olaf. Kann es hier ein Ende geben. Ein Ende an diesem Anfang! Nein, nein! O, ich wollte gern wieder von vorn anfangen! Was ich wollte, war nicht der Sieg, sondern der Kampf!

Christina. Versuche nicht Gott, Olaf! Ich fühle, daß hier noch viel, viel übrigbleibt.

Der Edelmann (tritt herein).

 

Achtzehnter Auftritt.

Die Vorigen. Der Edelmann.

Edelmann. Guten Tag, Herr Sekretarius! Angenehme Nachrichten!

Christina (geht ab).

Olaf. Willkommen! Ich habe bereits etwas gehört!

Edelmann. Dank für Eure ausgezeichnete Verteidigung gegenüber diesem dummen Galle; Ihr zerschmettertet ihn wie ein Mann, Ihr machtet nur ein wenig zuviel daraus. Nicht soviel Feuer, ein wenig Gift ist auch gut!

Olaf. Ihr habt Mitteilungen vom Könige?

Edelmann. Ja! Ihr sollt nun die Beschlüsse in aller Kürze hören. Erstens: gegenseitige Verpflichtung, gegen allen Aufruhr Widerstand zu leisten und ihn zu bestrafen.

Olaf. Bitte weiter!

Edelmann. Zweitens: der König hat das Recht, die Schlösser und befestigten Plätze der Bischöfe einzuziehen, ihre Einkünfte zu bestimmen –

Olaf. Drittens?

Edelmann. Nun kommt das Beste, der Kernpunkt der ganzen Sache. Drittens: Recht des Adels zurückzuerhalten, was von seinem Erbe und Eigentum seit Karl Knutsons Untersuchung im Jahre 1454 den Kirchen und Klöstern überwiesen ist –

Olaf. Viertens –

Edelmann. Sofern der Erbe sein Anspruchsrecht darauf auf dem Thing mit dem Eide von zwölf Männern erhärten kann. (Er legt das Papier zusammen.)

Olaf. Ist das alles?

Edelmann. Ja! Ist das nicht ausgezeichnet?

Olaf. Und weiter nichts?

Edelmann. Ja, danach kommen einige Kleinigkeiten, aber sie sind ohne weitere Bedeutung.

Olaf. Laßt mich sie hören!

Edelmann. Dort steht unter Nr. 5 von dem Recht für die Priester, Gottes Wort zu verkündigen, aber das hatten sie ja auch bereits vorher.

Olaf. Und weiter nichts?

Edelmann. Ja, dann kommt die Verordnung: es sollen Register über die Einkünfte aller Bischöfe, der Domkirchen und Domherren ausgearbeitet werden, und der König behält sich vor –

Olaf. Das gehört ja nicht hierher.

Edelmann. – zu bestimmen, wieviel sie davon behalten und wieviel sie ihm für die Bedürfnisse der Krone abgeben sollen; daß die geistlichen Ämter – ja, das wird Euch interessieren – daß die geistlichen Ämter, nicht nur die höheren, sondern auch die niederen, hiernach einzig und allein mit Zustimmung des Königs besetzt werden sollen, so daß –

Olaf. Seid so gut den Punkt vorzulesen, der vom Glauben handelt –

Edelmann. Vom Glauben – davon ist nichts erwähnt. Ja, laßt mich sehen – »das Evangelium soll vom heutigen Tage an in allen Schulen gelesen werden.«

Olaf. Ist das alles?

Edelmann. Alles? Nein, es ist wahr! Ich habe einen besondern Befehl vom König an Euch, welcher sehr vernünftigerweise gebietet, daß, alldieweil das Volk über die neuen Einrichtungen aufgebracht ist, Ihr in keiner Weise das Alte erschüttern dürft, nicht Messen, Weihwasser oder andere Gebräuche abschaffen und überhaupt keine neuen Willkürlichkeiten vornehmen, denn der König will Euren Übergriffen fernerhin durchaus nicht mehr so durch die Finger sehen wie bisher, da er nicht die Macht hatte, anders zu verfahren!

Olaf. Ach so! Und der neue Glaube, den er mich hat verkünden lassen!

Edelmann. Soll langsam reifen! Er kommt! Er kommt!

Olaf. Steht da sonst noch etwas?

Edelmann (steht auf). Nein! Verhaltet Euch jetzt nur ruhig, dann werdet Ihr es noch weit bringen! Ach, beinahe hätte ich das Beste vergessen! Herr Pfarrer, ich habe die Ehre, Ihnen Glück zu wünschen! Hier ist die Ernennung: Pfarrer an der Stadtkirche mit dreitausend Talern Gehalt in einem so jugendlichen Alter! Ja, nun könnt Ihr Euch zur Ruhe setzen und Euer Leben genießen, wenn Ihr auch niemals weiter kämet. Es ist herrlich, sein Ziel in so jugendlichem Alter erreicht zu haben! Ich gratuliere! (Er geht ab.)

Olaf (wirft die Ernennung auf den Boden). So, das War alles, wofür ich gekämpft und gelitten! Eine Ernennung! Eine königliche Ernennung! Ich habe Belial gedient, anstatt Gott! Wehe dir, falscher König! der du deinen Herrn und Gott verkauft hast! Wehe mir, der ich mein Leben und meine Arbeit für Mammon verkaufte! Gott im Himmel, vergib mir! (Er wirft sich auf eine Bank und weint.)

Christina und Gert (kommen herein. Christina geht auf ihn zu, Gert bleibt im Hintergrunde stehen).

 

Neunzehnter Auftritt.

Olaf. Christina. Gert.

Christina (nimmt die Ernennung auf und liest sie, geht dann froh zu Olaf hin). Olaf! Nun will ich dir von ganzem Herzen Glück wünschen! (Sie will Olaf liebkosen.)

Olaf (springt auf und stößt sie zurück). Fort von mir! Du auch!

Gert (tritt hervor). Na, Olaf – der Glaube –

Olaf. Der Unglaube, meinst du!

Gert. Der Papst ist ja geschlagen. Werden wir nun bald mit dem Kaiser den Kampf aufnehmen?

Olaf. Wir haben am verkehrten Ende angefangen!

Gert. Na – endlich!

Olaf. Du hattest recht, Gert! Hier hast du mich! Kampf! Aber offen und ehrlich!

Gert. Du hast geträumt wie ein Kind bis zum heutigen Tage.

Olaf. Das fühle ich. Nun kommt der Strom. Aber laß ihn nur kommen! Weh ihnen und uns!

Christina. Olaf, um des Himmels willen, halt ein!

Olaf. Geh deines Wegs, Kind! Hier ertrinkst du oder ziehst mich hinab!

Gert. Mein Kind! Was hast du draußen im Sturm zu tun?

Christina (geht ab).

(Glockenläuten, Jubel, Musik und Trommler draußen.)

Olaf (tritt ans Fenster). Warum jubelt das Volk?

Gert. Weil der König draußen vor Norrport einen Maibaum mit Musik errichtet.

Olaf. Und sie wissen nicht, daß er ihnen das Schwert statt der Rute gegeben hat.

Gert. Wissen? Wenn sie nur wüßten!

Olaf. Arme Kinder! Sie tanzen nach seinen Flöten und gehn in den Tod nach seinen Trommeln – sollen denn alle sterben, damit einer leben kann?

Gert. Einer soll sterben, damit alle leben können!

Olaf (macht eine Bewegung des Unwillens und Abscheus).


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