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Erster Aufzug

Ein Maleratelier in Paris.

Zu ebener Erde gelegen, mit Glastüren nach einem Garten hinaus. Im Hintergrunde große Fenster, eine Tür zum Vorflur. Studien, Gewebe, Waffen, Kostüme und Gipsdetails an den Wänden. Links Tür zum Zimmer Axels. Rechts Tür zum Zimmer Bertas. Mitten im Raum, etwas nach dem Fenster zu, eine Estrade für Modelle. Links eine Staffelei mit Zubehör. Eine Chaiselongue. Ein großer Kamin mit durchsichtiger Marienglasklappe, durch die das Feuer leuchtet. An der Decke eine Hängelampe.

Erster Auftritt.

Axel und der Doktor.

Axel (sitzt und malt). Also du auch in Paris?

Doktor. Hier versammelt sich ja alles wie im Mittelpunkt der Erde; und du bist verheiratet und glücklich?

Axel. O ja, gewiß. Ja, ich bin recht glücklich. – Versteht sich –

Doktor. Was versteht sich?

Axel. Höre mal, du bist ja Witwer und also verheiratet gewesen. Wie fandest du denn die Ehe?

Doktor. Sehr hübsch – für sie!

Axel. Und für dich?

Doktor. So, so! Aber siehst du, man muß sich eben anpassen, und wir passen uns immer an mit der Zeit.

Axel. Was soll das heißen, sich anpassen?

Doktor. Das heißt: ich gab nach!

Axel. Du?

Doktor. Ja, du kannst dir wohl das von einem Menschen, wie ich bin, nicht recht denken?

Axel. Nein, das hätte ich nicht gedacht! Sag einmal, du glaubst wohl nicht an das Weib?

Doktor. Nein! Das nicht! Aber ich liebe es.

Axel. In deiner Weise – ja!

Doktor. In meiner – gewiß! Wie ist denn die deinige?

Axel. Wir haben uns wie Kameraden eingerichtet, siehst du, und die Freundschaft steht doch höher und ist dauerhafter als die Liebe!

Doktor. Hm! – Berta malt also auch? Gut?

Axel. So, so!

Doktor. Wir, sie und ich, waren früher nämlich gute Freunde, das heißt, wir zankten uns immer ein bißchen. – Da kommt jemand. – Still! Es ist Karl mit seiner Frau.

Axel (steht auf). Und Berta ist natürlich nicht zu Hause. Sapristi!

Karl Stark und Frau (treten ein).

Zweiter Auftritt.

Die Vorigen. Leutnant Karl Stark und Frau.

Axel (ihnen entgegengehend). Na, willkommen! Wir kommen ja hier aus allen Weltenden zusammen. Guten Tag, Frau Stark; Sie sehen vorzüglich aus nach der Reise.

Frau Stark. Danke, lieber Axel, es ist eine wirkliche Vergnügungsreise für uns gewesen! Aber wo ist denn Berta?

Karl. Ja, wo ist die junge Frau?

Axel. Im Atelier; aber sie muß jeden Augenblick nach Hause kommen! Wollt ihr euch nicht ein wenig setzen?

Doktor (begrüßt die Gekommenen).

Karl. Nur einen Augenblick, weißt du. Wir wollten nur so im Vorbeigehen einmal sehen, wie es euch geht. Aber wir sind ja für den 1. Mai zu euch geladen!

Axel. Gewiß. Ihr habt also unsre Karte bekommen?

Frau Stark. Ja, wir erhielten sie bereits in Hamburg. Na, was macht Berta denn jetzt?

Axel. Ja, sie malt, sie wie ich. Wir erwarten gerade das Modell für sie! Ich kann euch darum gar nicht recht zum Sitzen einladen, wenn ich aufrichtig sein soll.

Karl. Glaubst du denn, wir sind so müde?

Frau Stark. Es ist doch wohl nicht – entkleidet?

Axel. Ja, gewiß!

Karl. Ein Mann? Pfui Teufel! Nein, das würde ich meiner Frau nicht erlauben. Allein mit einem nackten Kerl?

Axel. Das ist Vorurteil, Karl!

Karl. Ja, weißt du –

Frau Stark. Pfui!

Doktor. Ja, das sage ich auch!

Axel. Ich will nicht gerade behaupten, daß es ganz nach meinem Geschmack ist, aber solange ich weibliche Modelle haben muß, so –

Frau Stark. Das ist ganz etwas andres –

Axel. Etwas andres?

Frau Stark. Ja, das ist etwas andres; wenn zwei dasselbe tun, ist es nicht immer dasselbe.

(Es klopft.)

Axel. Da ist er.

Frau Stark. Dann gehen wir! Adieu also und au revoir! Grüßen Sie Berta herzlich von mir.

Axel. Also adieu, da Sie so furchtsam sind. Und auf Wiedersehen!

Doktor und Karl. Adieu, Axel!

Karl (zu Axel). Du bleibst doch wenigstens mit dabei?

Axel. Nein! Warum das?

Karl (geht ab, indem er den Kopf schüttelt). Hu!

Dritter Auftritt.

Axel allein, er malt. Das Modell.

(Es klopft.)

Axel. Herein!

Das Modell (kommt herein).

Axel. So, sind Sie wieder da! Meine Frau ist noch nicht nach Hause gekommen.

Das Modell. Aber es ist bald zwölf Uhr, und ich muß anderwärts hin.

Axel. So, so! Ja, das ist ärgerlich, aber, hm, sie hat wohl irgendwelche Abhaltung auf dem Atelier gehabt. Was bekommen Sie?

Das Modell. Fünf Frank, wie gewöhnlich!

Axel (bezahlt). Da! Sie können ja für alle Fälle noch eine Weile warten.

Das Modell. Ja, wenn ich gebraucht werde!

Axel. Ja; bitte, setzen Sie sich einen Augenblick.

Das Modell (geht hinter den Schirm).

Vierter Auftritt.

Axel allein, er zeichnet und pfeift. Gleich darauf Berta. Später Abel von außen.

Axel. Na, guten Tag, Liebe, kommst du endlich?

Berta. Endlich?

Axel. Ja, das Modell wartet!

Berta (erstaunt). Nein! Ist er wieder dagewesen?

Axel. Du hattest ihn ja um elf bestellt.

Berta. Ich? Nein! Sagte er das etwa?

Axel. Ja, und ich hörte selbst, wie du ihn gestern bestelltest.

Berta. Es ist möglich, aber ich kann nichts dafür, der Professor ließ uns nicht fort; du weißt, es sind ja die letzten Stunden, und man ist so unruhig. Du bist doch nicht böse auf mich, Axel?

Axel. Böse? Nein. Aber das ist nun das zweitemal, und er bekommt jedesmal fünf Frank für nichts!

Berta. Kann ich denn etwas dafür, daß uns der Professor aufhält? Warum schiltst du nun wieder? Niemals –

Axel. Habe ich dich gescholten?

Berta. Wie? Du hast mich nicht –

Axel. Ja, ja, ja, ich habe dich gescholten! Vergib mir – verzeihe, wenn ich glaubte, es wäre deine Schuld!

Berta. So ist es recht! – Aber wovon hast du ihn denn bezahlt?

Axel. Ich bekam die zwanzig Frank wieder, die ich Gaga geliehen hatte.

Berta (nimmt das Haushaltungsbuch vor). Ja so, die hast du wieder bekommen. Dann werde ich sie einschreiben. Der Ordnung halber. Das ist dein Geld, mit dem du natürlich machen kannst, was du willst; da du aber wünschest, daß ich die Finanzen verwalten soll, so – (Sie schreibt.) »Fünfzehn Frank Einnahme; fünf Frank Ausgabe für Modell.« So.

Axel. Nein, höre; es waren doch zwanzig Frank Einnahme.

Berta. Ja, aber hier sind nur fünfzehn.

Axel. Ja, aber es waren doch zwanzig Frank Einnahme.

Berta. Ja, aber es sind nur fünfzehn Frank hier auf dem Tisch. Kannst du das leugnen?

Axel. Nein, nein, ich leugne nichts. Es liegen fünfzehn Frank auf dem Tisch! Es liegen –

Berta. Warum streitest du denn so?

Axel. Habe ich –? – Übrigens – der Mann wartet.

Berta. Ja so! Mache alles bereit, ja, sei so gut!

Axel (arrangiert die Estrade; er ruft hinter den Schirm). Sind Sie schon ausgezogen?

Das Model (hinter dem Schirm). Gleich!

Berta (schließt die Tür ab und legt Holz in den Kamin). So, nun mußt du aber hinausgehen!

Axel. (zögernd). Berta!

Berta. Ja!

Axel. Ist das durchaus notwendig mit dem nackten Modell?

Berta. Gewiß, es ist durchaus notwendig.

Axel. Hm! Ja!

Berta. Über das Thema haben wir nun doch wohl genug gestritten.

Axel. Freilich! Aber unschön ist es in jedem Fall. (Er geht ab nach links.)

Berta (nimmt Pinsel und Palette; sie ruft nach dem Schirm hin). Sind Sie fertig?

Das Modell. Ich bin fertig!

Berta. So kommen Sie!« (Pause.) Kommen Sie! (Es klopft.) Wer ist da? Ich habe Modell!

Willmer (außen). Willmer! Mit Neuigkeiten von der Ausstellung!

Berta. Von der Ausstellung. (Zum Modell.) Ziehen Sie sich an! Wir müssen die Sitzung aufschieben. Axel! Willmer ist da mit Neuigkeiten vom Salon!

Axel (kommt herein und läßt Willmer eintreten).

Das Modell (geht unbemerkt während des folgenden Auftritts fort).

Fünfter Auftritt.

Die Vorigen. Willmer.

Willmer. Guten Tag, liebe Freunde! Morgen beginnt die Jury ihre Arbeit. – Hier, Berta, da hast du die Malstifte! (Er holt ein Paket aus der Tasche.)

Berta. Besten Dank, lieber Gaga; was kosten sie? Sie waren wohl teuer?

Willmer. Ach, nicht der Rede wert!

Berta. Also sie fangen morgen schon an. Axelchen, hör mal!

Axel. Ja, Liebe!

Berta. Willst du einmal sehr liebenswürdig sein? Sehr!

Axel. Ich will immer liebenswürdig gegen dich sein!

Berta. Willst du? Also du kennst doch Roubey?

Axel. Jawohl, ich traf ihn in Wien, und wir wurden, was man so gute Freunde nennt.

Berta. Du weißt, daß er in der Jury sitzt?

Axel. Und was weiter?

Berta. Ja, nun wirst du böse werden. Ich weiß es.

Axel. Ja, wenn du es weißt, dann mache mich nicht böse.

Berta (liebkost ihn). Willst du für dein Frauchen kein Opfer bringen? Kein einziges?

Axel (zu ihr). Gehn und betteln? Nein, das will ich nicht.

Berta. Nicht für dich, denn du kommst doch hinein, aber für deine Frau?

Axel. Bitte mich nicht weiter darum!

Berta. Ich soll dich niemals um etwas bitten.

Axel. O ja, um etwas, was ich ausführen kann, ohne –

Berta. Deinen männlichen Stolz zu opfern!

Axel. Streiten wir nicht um Worte.

Berta. Aber ich würde meinen weiblichen Stolz opfern, wenn ich dir helfen könnte.

Axel. Ihr habt keinen Stolz!

Berta. Axel!

Axel. Nun ja, vergib!

Berta. Du bist entschieden auf mich neidisch. Du willst gewiß nicht haben, daß ich in den Salon hineinkomme.

Axel. Es würde meine größte Freude sein, wenn du hineinkämst, Berta, das darfst du mir glauben.

Berta. Würdest du dich freuen, wenn ich hineinkäme und du zurückgewiesen würdest?

Axel. Ich muß einmal nachfühlen. (Er legt die Hand auf die linke Seite.) Das würde sicher ein unbehagliches Gefühl sein! Sicher! Schon deshalb, weil ich besser male als du, und weil –

Berta (macht einige Schritte durchs Zimmer). Sag es nur gerade heraus, weil ich eine Frau bin.

Axel. Ja, auch darum! Es ist wunderlich, es ist einem, als wäret ihr Eindringlinge, als kämet ihr und wolltet dort plündern, wo wir gekämpft haben, während ihr am Kamin saßet! Verzeih', Berta, daß ich so rede, aber es kommen einem solche Gedanken.

Berta. Siehst du, daß du gerade wie alle andern Männer bist!

Axel. Wie alle andern! Das hoffe ich.

Berta. Und außerdem behandelst du mich in letzter Zeit so von oben herab! So warst du früher nicht.

Axel. Das kommt wohl daher, weil ich dir überlegen bin. Tu' etwas, was wir nicht schon vorher getan haben!

Berta. Was! Was sagst du? Schämst du dich nicht?

Willmer. Sieh, sieh, die guten Freunde! Nein, aber liebe Leute! Berta, beruhige dich! (Er wirft ihr einen Blick zu, den sie zu deuten sucht.)

Berta (einlenkend). Axel, laß uns wieder gute Freunde sein, und höre mich einen Augenblick ruhig an! Meinst du, daß meine Stellung in deinem Hause – denn es ist dein Haus – behaglich ist? Du gibst mir meinen Unterhalt, du bezahlst meine Stunden bei Professor Julian, während du nicht über die Mittel verfügst, selbst irgendwelchen Unterricht zu nehmen. Glaubst du, ich kann es mit ansehen, wie du dasitzest und dich und dein Talent mit diesen Zeichnungen zugrunde richtest und nur in freien Augenblicken zum Malen kommst? Du konntest dir keine Modelle nehmen, während du die meinen mit teuern fünf Frank die Stunde bezahltest. Du weißt selbst nicht, wie gut, wie edel, wie aufopfernd du bist, aber du weißt auch nicht, wie ich darunter leide, wenn ich sehe, Wie du dich für mich abquälst. Ach, Axel, du kannst gar nicht begreifen, wie ich mir in meiner Stellung vorkomme. Was bin ich für dich? In welcher Eigenschaft bin ich in deinem Hause? Ich schäme mich, wenn ich daran denke.

Axel. Was! Was! Bist du nicht meine Frau?

Berta. Ja, aber –

Axel. Na, und?

Berta. Aber du unterhältst mich!

Axel. Na, soll man das denn nicht tun?

Berta. Ja, früher, in der alten Ehe, war es so, aber wir dürfen es nicht so machen. Wir wollen ja Kameraden sein!

Axel. Was für Geschwätz; soll denn der Mann seine Frau nicht unterhalten?

Berta. Ich wenigstens will es nicht! Und du, Axel, du solltest mir dazu verhelfen. Ich bin nicht deinesgleichen unter den jetzigen Verhältnissen, aber ich könnte es werden, wenn du dich einmal, ein einziges Mal demütigen wolltest. Du bist nicht der einzige, der zu einem Mitglied der Jury hingeht, um ein gutes Wort für einen andern einzulegen. Wenn es noch für dich selbst geschähe, dann wäre es etwas andres, aber für mich. Für mich! Nun bitte ich dich, so recht von Herzen. Hebe mich aus meiner Erniedrigung zu dir empor, und ich werde dir ewig dankbar sein, ich werde dich niemals mehr damit Plagen, daß ich dich an meine Stellung erinnere, niemals, Axel.

Axel. Bitte mich nicht, du weißt ja, wie schwach ich bin!

Berta (umarmt ihn). Doch, ich werde dich bitten, so lange bitten, bis du meine Bitte erfüllst! Ach, sieh du nicht so stolz aus, sondern sei hübsch menschlich. So! (Sie küßt ihn.)

Axel (zu Willmer). Du, Gaga, findest du nicht, daß die Frauenzimmer fürchterliche Tyrannen sind?

Willmer (kläglich). Ja, besonders wenn sie unterwürfig sind.

Berta. Sieh nur, was für hübsches Wetter jetzt wieder ist! Du gehst, Axelchen, nicht wahr? So, zieh nun deinen schwarzen Rock an und komm dann zum Mittag nach Hause, dann gehen wir zusammen zum Essen aus.

Axel. Woher weißt du, daß Roubey jetzt empfängt?

Berta. Glaubst du denn, ich hätte mich danach nicht erkundigt?

Axel. Du bist ja aber eine reine Intrigantin, Berta!

Berta (nimmt einen schwarzen Überrock aus dem Schranke). Na, das muß man ja sein, sonst kommt man zu nichts. Sieh, hier ist dein schwarzer Rock! So!

Axel. Aber das ist doch schrecklich! Was soll ich dem Menschen denn sagen?

Berta. Hm! Dir wird unterwegs schon etwas einfallen. Sage, daß – daß deine Frau – nein – daß du einer Taufe entgegengehst.

Axel. Aber Berta –!

Berta. Na, dann sage, du könntest ihm einen Orden verschaffen.

Axel. Nein, du erschreckst mich, Berta!

Berta. So sage, was du willst! Komm jetzt, ich werde dich frisieren, damit du präsentabel aussiehst. Kennst du seine Frau?

Axel. Ganz und gar nicht.

Berta (kämmt sein Haar). Dann solltest du dich ihr vorstellen lassen. Sie soll großen Einfluß haben, aber sie ist gegen die Frauen.

Axel. Was machst du denn da mit meinem Haar?

Berta. Ich frisiere dich, wie es jetzt für Herren Mode ist.

Axel. Ja, das will ich aber nicht!

Berta. So! Nun bist du fein! Folge mir jetzt nur! (Sie geht zur Chiffonniere, nimmt ein Etui heraus, in dem der russische Annenorden liegt, und will ihm denselben im Knopfloch befestigen.)

Axel. Nein, Berta, das geschieht nicht; den Orden trage ich niemals!

Berta. Aber du hast ihn doch angenommen!

Axel. Ja, ich konnte ihn nicht zurückschicken, aber tragen werde ich ihn niemals.

Berta. Gehörst du etwa einer politischen Partei an, deren Freisinn so weit geht, daß sie die individuelle Freiheit, Auszeichnungen anzunehmen, glaubt unterdrücken zu dürfen?

Axel. Nein, das nicht, aber ich gehöre einem Kreise von Kameraden an, die einander gelobt haben, das Verdienst nicht auf dem Rocke zu tragen.

Berta. Die aber Preismedaillen angenommen haben.

Axel. Die werden nicht auf dem Rock getragen.

Berta. Was sagst du dazu, Gaga?

Willmer. Solange es Auszeichnungen gibt, leistet man sich einen schlechten Dienst, wenn man so gezeichnet einhergeht, und schlechte Beispiele darf man nicht nachahmen. Lege sie ab, ich habe nichts dagegen, aber den andern kann ich sie nicht fortnehmen.

Axel. Ja, aber wenn Kameraden mit größeren Verdiensten ohne die Auszeichnung gehen, dann setze ich sie herab, wenn ich sie trage.

Berta. Aber da man es unter dem Paletot doch nicht sieht, weiß es keiner, und du hast niemand herabgewürdigt.

Willmer. Darin hat Berta recht. Du trägst deinen Orden unter dem Rock, also trägst du ihn nicht auf dem Rock.

Axel. Jesuiten! Wenn man euch nur einen Finger gibt, nehmt ihr gleich die ganze Hand.

Abel (kommt, mit Pelz und Pelzmütze bekleidet).

Sechster Auftritt.

Die Vorigen. Abel.

Berta. Sieh, da ist Abel! Komm und schlichte unsern Streit!

Abel. Guten Tag, Berta, guten Tag, Axel. Wie geht's, Gaga? Um was handelt es sich denn?

Berta. Axel will seinen Orden nicht tragen, weil er meint, daß er es seiner Kameraden wegen nicht dürfe.

Abel. Natürlich gehen die Kameraden der Frau vor, das ist ja selbstverständlich. (Sie setzt sich an einen Tisch, holt das Tabakspäckchen vor und macht sich eine Zigarette.)

Berta (befestigt das Band in Axels Knopfloch und legt den Stern ins Etui). Er kann mir nützen, ohne jemand zu schaden, aber ich fürchte, er will mir lieber schaden!

Axel. Berta! Berta! Ihr macht mich ja ganz verrückt. Ich sehe es nicht für ein Verbrechen an, das Band da zu tragen, und habe auch keinen Eid geleistet, es nicht zu tun. Aber nach meiner Anschauung ist es feig, wenn man nicht wagt, seiner Bahn treu zu bleiben.

Berta. Unmännlich, versteht sich! Aber du gehst diesmal gar nicht deine, sondern meine Bahn!

Abel. Axel, du hast eine repräsentative Pflicht gegen die Frau, die dir ihr Leben opfert.

Axel. Ich fühle, daß das, was ihr da sagt, falsch ist, aber ich habe weder Zeit noch Kraft, eine Entgegnung auszudenken, denn es gibt eine Entgegnung darauf. Es ist, als würfet ihr ein Netz um mich, während ich in meine Arbeit vertieft dasitze. Ich fühle, wie das Netz sich um mich herumlegt, aber mein Fuß verwickelt sich darin, wenn ich es fortstoßen will. Wartet nur, bis ich die Hände frei habe, dann hole ich mein Messer vor und zerschneide euer Garn. Wovon sprachen wir doch? Ach ja, ich wollte einen Besuch machen! Na ja! Gib mir denn meine Handschuhe und meinen Überzieher! Adieu, Berta! Adieu! – Halt! Wo wohnt Roubey eigentlich?

Willmer, Abel und Berta (gleichzeitig). Rue des Martyrs 65.

Abel. Es ist ja ganz in der Nähe.

Berta. Gleich an der Ecke! Dank, Axel, daß du gehst! Na, fällt dir das Opfer so schwer?

Axel. Ich empfinde nichts weiter, als daß ich eures Geschwätzes müde bin, und freue mich, fortzukommen. Adieu! (Er geht ab.)

Siebenter Auftritt.

Die Vorigen, ohne Axel.

Abel. Es ist schade um Axel. Wirklich schade. Ihr wißt Wohl nicht, daß er zurückgewiesen ist?

Berta. Und ich?

Abel. Über dich ist noch nichts entschieden; da du deinen Mädchennamen in französischer Aussprache einschriebst, kommst du erst bei O an die Reihe.

Berta. Für mich ist also noch Hoffnung!

Abel. Für dich ja, aber nicht für Axel.

Willmer. Nun, wir werden ja sehen.

Berta. Woher weißt du denn, daß er zurückgewiesen ist?

Abel. Hm, ich traf einen » hors Concours«, der es wußte. Und ich fürchtete schon, Zeuge einer Szene zu werden, als ich herkam; aber er hat offenbar noch keine Nachricht erhalten.

Berta. Nein, soviel ich weiß, nicht! Aber Abel, bist du nun auch sicher, daß Axel Madame Roubey trifft und nicht Monsieur?

Abel. Was wollte er bei Monsieur Roubey, der hat ja nichts zu sagen, wogegen Madame in dem Schutzverein der Malerinnen das große Wort führt.

Berta. Also: ich bin noch nicht zurückgewiesen!

Abel. Nein, wie du hörst, und Axels Besuch wird gute Wirkung üben. Er hat einen russischen Orden, und alles Russische ist jetzt in Paris sehr populär. Aber es ist in jedem Fall schade um Axel.

Berta. Schade! Warum? Alle können ja nicht Platz finden an den Wänden der Salons. Es gibt so viele Frauen, die zurückgewiesen werden, daß so ein Herr es auch einmal kennen lernen kann. Komme ich jetzt aber hinein, dann werden wir wohl hören, daß er mein Bild gemalt hat, daß er mich belehrt und daß er meine Stunden bezahlt hat. Aber das lasse ich mir nicht gefallen, denn das ist nicht wahr!

Willmer. Nun werden wir etwas Ungewöhnliches zu sehen bekommen!

Berta. Nein, im Gegenteil; angenommen, daß man mich nicht zurückweist, so wird man etwas sehr Gewöhnliches zu sehen bekommen. Aber dennoch fürchte ich den Augenblick. Mir ist, als wenn dann zwischen Axel und mir nicht mehr alles wie bisher sein wird.

Abel. Das wäre doch gerade gut, wenn ihr gleichgestellt würdet.

Willmer. Ich denke, eure Stellung wird viel klarer werden und die deinige viel behaglicher, wenn du deine Bilder verkaufen und dich selbst versorgen kannst.

Berta. Das sollte sie! Wir werden ja sehen! Wir werden ja sehen!

Das Mädchen (kommt).

Achter Auftritt.

Die Vorigen. Das Mädchen.

Das Mädchen (bringt einen grünen Brief und geht wieder ab).

Berta. Ein grüner Brief an Axel! Da haben wir's! Da haben wir's! Er ist zurückgewiesen. Ja, das ist aber schrecklich – und doch ein Trost für mich, wenn es mir auch schlecht geht!

Abel. Und wenn es dir gut geht? (Pause.) Du antwortest nicht?

Berta. Nein, darauf antworte ich nicht.

Abel. Weil dann das Gleichgewicht verrückt ist; du bist ihm dann über!

Berta. Über! Eine Frau über ihrem Mann, ihrem Mann! O!

Willmer. Es ist Zeit, daß einmal ein Exempel statuiert wird.

Abel. Du warst heute zum Frühstück? War es nett?

Berta. O ja!

Willmer. Na, wann wirst du eigentlich mein Buch besprechen, Abel?

Abel. Ich bin gerade damit beschäftigt!

Willmer. Und wird es gut?

Abel. Sehr gut! – Na, Berta, wie und wann wirst du ihm den Brief geben?

Berta. Darüber denke ich gerade nach. Hat er Madame Roubey nicht getroffen und hat sie sein Gesuch nicht erfüllt, so läßt sich nichts mehr machen, da ihn nun einmal dieser Schlag getroffen hat.

Abel (erhebt sich). Ich glaube nicht, daß Axel so unedel ist, an dir Rache zu nehmen.

Berta. Unedel? Edel! Was heißt das? Warum ging er, als ich ihn eben schickte? Doch nur, weil ich seine Frau bin. Für jemand anders hätte er es nicht getan!

Abel. Würde es dir gefallen haben, wenn er es für jemand anders getan hätte?

Berta. Lebt wohl, ihr müßt jetzt gehen, ehe er zurückkommt!

Abel. Just mein Gedanke! Adieu, Berta!

Berta. Ja, jetzt müßt ihr wirklich gehen! Lebt wohl!

Das Mädchen (kommt).

Neunter Auftritt.

Die Vorigen. Das Mädchen.

Das Mädchen (meldet). Frau Hall.

Berta. Wer kann das sein?

Abel und Willmer. Adieu, Berta! (Beide gehen ab.)

Frau Hall (auffallend, aber nachlässig gekleidet und von abenteuerlichem Aussehen, tritt ein).

Zehnter Auftritt.

Berta. Frau Hall.

Frau Hall. Ich weiß nicht, ob ich die Ehre habe, von Ihnen gekannt zu werden! Sie sind doch Frau Alberg, geborene Olund?

Berta. Ja, die bin ich; bitte, nehmen Sie Platz.

Frau Hall. Mein Name ist Hall! Ach mein Gott, ich bin so müde, ich bin so viel Treppen gestiegen, ach ja, ach ja! Ich glaube, ich werde ohnmächtig.

Berta. Womit kann ich Ihnen dienen?

Frau Hall. Sie kennen wohl einen Doktor Östermark, Frau Alberg?

Berta. Ja, das ist ein alter Freund von mir.

Frau Hall. Ein alter Freund, ja! Ja! Sehen Sie, liebe Frau Alberg, ich war früher mit ihm verheiratet, aber wir ließen uns scheiden. Ach ja, ich bin eine geschiedene Frau!

Berta. O! Das hat er mir niemals erzählt!

Frau Hall. Ja, von so etwas spricht man nicht.

Berta. Er sagte mir immer, er wäre Witwer.

Frau Hall. Ja, Sie waren damals ein junges Mädchen, und ihm ist wohl auch nicht gerade daran gelegen, daß es weiter bekannt wird.

Berta. Und ich glaubte immer, Doktor Östermark wäre ein ehrenhafter Mann.

Frau Hall. Ja, das war der Rechte! Ein feiner Patron, sage ich Ihnen.

Berta. Ja, aber warum erzählen Sie mir das alles?

Frau Hall. Warten Sie nur ein wenig, liebe Frau Alberg, warten Sie nur, dann werden Sie alles erfahren. Sie sind Mitglied des Frauenvereins? Nicht wahr?

Berta. Ja, das bin ich!

Frau Hall. Sehen Sie! Warten Sie nur!

Berta. Haben Sie Kinder?

Frau Hall. Zwei Kinder; zwei Töchter, Frau Olund!

Berta. Das ist freilich etwas andres! Und er ließ Sie auf dem Trocknen sitzen?

Frau Hall. Warten Sie nur! Er setzte mir eine dürftige Jahresrente aus, die nicht einmal für die Miete hinreichte! Und nun, da die Mädchen erwachsen sind und ins Leben hinaus sollen, nun schreibt er, er sei ruiniert und könne mir nur noch die Hälfte schicken. Ist das nicht fein? Nun gerade, da die Mädchen erwachsen sind und ins Leben hinaus sollen!

Berta. Da müssen wir eingreifen. Er kommt in einigen Tagen her. Wissen Sie, Madame, Sie haben das Gesetz auf Ihrer Seite, und das Gericht kann ihn zum Zahlen zwingen! Und er soll gezwungen werden! Jawohl! Kinder in die Welt setzen und sie dann mit der armen verlassenen Mutter im Stich lassen! O, er soll schon sehen! Wollen Sie mir Ihre Adresse angeben?

Frau Hall (sucht eine Visitenkarte hervor). Beste Frau Alberg! Werden mir wohl zürnen, wenn ich Sie um einen kleinen, kleinen Dienst bitte?

Berta. Sie können sich vollkommen auf mich verlassen. Ich werde an die Sekretärin schreiben –

Frau Hall. Ach ja, Sie sind unendlich gütig, aber bis die Sekretärin antwortet, bin ich mit meinen armen Kindern vielleicht auf die Straße gesetzt. Liebe Frau Olund, Sie können mir wohl nicht eine kleine Summe leihen, eine ganze Kleinigkeit, so vielleicht nur zwanzig Frank?

Berta. Nein, liebe Frau, ich habe selbst kein Geld! Vorläufig versorgt mich mein Mann, und ich muß das oft genug fühlen. Es ist bitter, Gnadenbrot zu essen, wenn man jung ist, aber es kommen vielleicht auch für mich noch andre Tage.

Frau Hall. Ach, liebe, gute Frau Alberg, Sie dürfen es mir nicht abschlagen, ich bin sonst verloren. Helfen Sie mir um des Himmels willen!

Berta. Ist die Not denn so groß und dringend?

Frau Hall. Das fragen Sie noch?

Berta. Sie sollen das Geld haben! (Sie geht zur Chiffonniere.) Zwanzig, dreißig, sechzig, achtzig! Fehlen zwanzig. Was habe ich damit gemacht? Hm! Das Frühstück! (Sie schreibt ins Haushaltungsbuch.) Farben: zwanzig Frank, Diverse: zwanzig Frank. – Da haben Sie!

Frau Hall. Besten Dank, liebe Frau Olund, besten Dank, gute Frau!

Berta. So, heut' habe ich nun nicht länger Zeit. Adieu, und verlassen Sie sich ganz auf mich.

Frau Hall (unsicher). Warten Sie, einen Augenblick. –

Berta. Nein, jetzt müssen Sie gehen!

Frau Hall. Warten Sie ein wenig! Was wollte ich doch noch sagen? – Aber es ist gleich! (Sie geht ab.)

Elfter Auftritt.

Berta allein. Gleich darauf Axel.

Berta (steckt den grünen Brief in die Tasche, als sie ihn kommen hört). Schon besorgt! Na, trafst du sie – ihn?

Axel. Ihn traf ich nicht, aber sie. Und das war viel besser. Ich gratuliere dir, Berta! Dein Bild ist bereits angenommen!

Berta. Ah! Was du sagst! Und deins?

Axel. Ist noch nicht entschieden, aber da geht es auch wieder durch.

Berta. Bist du denn so sicher?

Axel. Natürlich.

Berta. Ah, ich bin angenommen! Herrlich! Herrlich! Aber gratuliere mir doch!

Axel. Habe ich es nicht schon getan? Ich meine, ich sagte eben, ich gratuliere dir! Übrigens soll man niemals das Fell verkaufen, ehe man den Bären geschossen hat. In den Salon hineinkommen, ist eigentlich nichts. Das ist ein Zufall! Das kann davon abhängen, mit welchem Buchstaben der Name anfängt. Du kommst bei O, weil du deinen Namen französisch schriebst, und da mit M begonnen wurde, so geht es leicht.

Berta. So, du willst also sagen, daß ich hineinkam, weil mein Name mit O beginnt.

Axel. Nicht gerade nur deshalb!

Berta. Na, wenn du aber zurückgewiesen wirst, so geschieht es wohl, weil dein Name mit A anfängt.

Axel. Nicht allein darum, aber doch zum Teil.

Berta. Höre, ich finde, du bist nicht so edelmütig, wie man allgemein meint. Du bist neidisch.

Axel. Warum sollte ich neidisch sein; ich weiß ja noch gar nicht, wie es mir ergangen ist.

Berta. Aber wenn du es erführst?

Axel. Was?

Berta (zieht den Brief vor).

Axel (setzt sich auf einen Stuhl). Was! – – (Er faßt sich.) Das ist ein Schlag, den ich nicht erwartet hatte. Das ist recht schlimm!

Berta. Dann darf ich jetzt wohl dir helfen!

Axel. Du siehst schadenfroh aus, Berta. O, ich fühle, daß in meinem Innern ein großer Haß gegen dich herauszuwachsen beginnt.

Berta. Ich sehe froh aus, vielleicht, weil ich einen großen Erfolg gehabt habe, aber wenn man an einen Menschen gebunden ist, der sich über das Glück eines andern nicht zu freuen vermag, dann fällt es schwer, Mitleid mit seinem Unglück zu empfinden.

Axel. Ich weiß nicht warum, aber jetzt kommt es mir so vor, als wenn wir Feinde werden müßten. Der Kampf um den Vorzug ist zwischen uns ausgebrochen, darum können wir niemals mehr Freunde sein.

Berta. Kann dein gerechter Sinn sich nicht beugen, da du siehst, daß der Tüchtigere im Kampfe siegte.

Axel. Du warst nicht der Tüchtigere!

Berta. Die Jury muß es doch gefunden haben.

Axel. Die Jury? Aber du weißt doch, daß du schlechter malst als ich.

Berta. Ist das so sicher!

Axel. Jawohl, das ist ganz sicher. Aber du arbeitetest unter günstigeren Umständen als ich. Du hattest keine Nebenarbeiten, dir stand das Atelier zur Verfügung, du hattest Modelle und du bist eine Frau!

Berta. Da haben wir es, nun wird mir vorgeworfen, daß ich von dir unterhalten wurde –

Axel. Unter uns, ja, aber die Welt erfährt es nicht, wenn du nicht selbst hingehst und es erzählst.

Berta. O, das hat die Welt bereits erfahren. Aber sage mir, warum leidest du nicht darunter, wenn ein Kamerad, ein männlicher Kamerad, von geringerem Können hereinkommt?

Axel. Darüber muß ich nachdenken. – Siehst du, wir haben euch niemals anders als mit dem Gefühl kritisiert, und darum habe ich noch nie über unsre Stellung zueinander nachgedacht. Nun, da mich der Schuh drückt, kommt es mir vor, als wären wir gar keine Kameraden, da ich das Gefühl habe, ihr hättet hier nichts zu tun. Ein Kamerad ist ein mehr oder minder loyaler Konkurrent, wir aber sind Feinde. Ihr habt hinter den Büschen gespielt, während wir die Schlachten auskämpften, und nun, da wir den Tisch gedeckt, setzt ihr euch daran, als wäret ihr bei euch zu Hause!

Berta. Ei was! Haben wir jemals in den Kampf mit dürfen?

Axel. Ihr habt es immer gedurft, aber ihr habt es nicht gewollt oder nicht gekonnt. Auf unserm Gebiete zum Beispiel, in das du einbrichst, mußte die Technik ihre ganze Entwicklung durchmachen und wurde von uns vollendet, ehe ihr hervortratet. Und nun kauft ihr die Arbeit von Jahrhunderten für zehn Frank die Stunde auf einem Atelier und für Geld, das wir durch unsre Arbeit erwarben.

Berta. Jetzt bist du zum mindesten nicht edel, Axel!

Axel. Wann war ich edel? Ja, als ich mich von dir niedertreten ließ wie ein alter Schuh; – aber nun bist du mir über, jetzt mag ich nicht länger edel sein. Weißt du, dieses Unglück ändert schon unsre ökonomische Stellung! Ich kann nicht länger daran denken, zu malen, sondern ich muß auf den Traum meines Lebens verzichten und wirklich Zeichner werden.

Berta. Das brauchst du nicht; wenn ich mein Bild verkaufe, versorge ich mich selbst.

Axel. Übrigens, was ist das eigentlich für eine Art Vereinigung, die wir geschlossen? Die Ehe sollte auf gemeinsame Interessen gegründet sein, die unsre beruht auf widerstreitenden.

Berta. Darüber kannst du allein nachgrübeln; denn ich gehe jetzt aus und esse Mittag; kommst du mit?

Axel. Nein, ich will mit meinem Kummer allein sein.

Berta. Und ich muß Gesellschaft haben für meine Freude. Es ist wahr, wir haben ja heute abend bei dir hier Versammlung. Das geht jetzt wohl nicht, da du Trauer hast?

Axel. Es ist nicht gerade angenehm, aber es muß wohl sein. Laß sie nur kommen.

Berta (zieht sich an, um auszugehen). Du müßtest aber zu Hause bleiben, sonst würde es aussehen, als wärest du feig.

Axel. Ich werde zu Hause bleiben, sei ganz ruhig! – Aber gib mir etwas Geld, ehe du gehst.

Berta. Die Kasse ist leer.

Axel. Leer?

Berta. Ja, auch das Geld nimmt ein Ende.

Axel. Kannst du mir zehn Frank leihen?

Berta (zieht das Portemonnaie vor). Zehn Frank. Jawohl! Wenn ich so viel habe! Da hast du! Kommst du nicht mit? Was? Man könnte es eigentümlich finden!

Axel. Den besiegten Löwen vor dem Triumphwagen spielen! Nein, weißt du. Ich brauche etwas Zeit, um meine Rolle für die Abendvorstellung zu lernen.

Berta. Adieu so lange!

Axel. Adieu! Berta! Darf ich dich um etwas bitten!

Berta. Um was denn?

Axel. Komm nicht betrunken nach Hause! Heute wäre es mir noch unbehaglicher als sonst.

Berta. Was geht es dich an, wie ich nach Hause komme.

Axel. Ja, ich fühle mich solidarisch mit dir, wie ein Verwandter, da du denselben Namen trägst wie ich; und außerdem ist es mir so widerlich, ein berauschtes Weib zu sehn.

Berta. Warum ist das widerlicher als ein betrunkener Mann?

Axel. Ja, warum? Vielleicht, weil ihr es nicht vertragt, ohne Verstellung gesehen zu werden.

Berta. Adieu, du alter Moralprediger! – Du gehst also nicht mit? (Sie geht ab.)

Axel (steht auf und zieht den schwarzen Rock aus, um einen andern anzuziehen). Nein!


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