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1   Eingang zu diesem Büchlein /
Trutz Nachtigal genant.

 

1.

Wan morgenröth sich zieret
      Mit zartem rosenglantz /
Vnd sitsam sich verlieret
      Der nächtlich Sternentantz:
Gleich lüstet mich spatziren
      In grünen Lorberwald:
Alda dan musiciren
      Die pfeifflein mannigfalt.

 

2.

Die flügelreiche schaaren /
      Daß Federbürschlein zart
In süssem Schlag erfahren /
      Noch kunst noch athem spart:
Mit Schnäblein wolgeschliffen
      Erklingens wunder fein /
Vnd frisch in Lüfften schiffen
      Mit leichten rüderlein.

 

3.

Der hole Waldt ertönet
      Ab jhrem kraussen sang:
Mit Stauden stoltz gekrönet
      Die Krufften geben klang:
Die Bächlein krumb geflochten
      Auch lieblich stimmen ein /
Von Steinlein angefochten
      Gar süßlich sausen drein.

 

4.

Die sanffte Wind in Lufften
      Auch jhre Flügel schwach
An Händen / Füß / vnd Hüfften
      Erschüttlen mit gemach:
Da sausen gleich an Bäumen
      Die lind gerührte Zweig /
Zur Music sich nit säumen;
      O wol der süssen streich!

 

5.

Doch süsser noch erklinget
      Ein sonders Vögelein /
So seinen Sang vollbringet
      Bey Mon- vnd Sonnenschein.
Trutz-Nachtigal mit namen
      Eß nunmehr wird genant /
Vnd vielen Wildt- vnd Zahmen
      Obsieget vnbekandt.

 

6.

Trutz-Nachtigal mans nennet /
      Ist wund von süssem Pfeil:
Die lieb eß lieblich brennet /
      Wird nie der Wunden heil.
Gelt / Pomp / vnd Pracht auff Erden
      Lust / Frewden eß verspott /
Vnd achtets für beschwerden /
      Sucht nur den schönen Gott.

 

VII.

Nur klinglets aller Orten
      Von Gott / vnd Gottes Sohn;
Vnd nur zun Himmelpforten
      Verweisets allen thon:
Von Bäum- zun Bäumen springet /
      Durchstreichet Berg / vnd Thal /
Im Feldt vnd Wälden singet /
      Weiß keiner Noten zahl.

 

VIII.

Es thut gar manche Fahrten /
      Verwechßlet Ort / vnd Lufft:
Jetzt findet mans im Garten
      Betrübt an holer Klufft;
Bald frisch vnd frewdig singlet
      Zusampt der süßen Lerch /
Vnd loben Gott vmbzinglet
      Den Oel- vnd andren Berg.

 

IX.

Auch schwebets auff den Waiden /
      Vnd wil beyn Hirten sein /
Da Cedron kombt entscheiden
      Die grüne Wisen rein;
Thut zierlich sammen raffen
      Die Verßlein in bezwang /
Vnd setzet sich zum schlaffen /
      Pfeifft manchen Hirtensang.

 

10.

Auch wider da nit bleibet /
      Sichs hebt in Wind hinein /
Den lären Lufft zertreibet
      Mit schwanken Federlein:
Sich setzt an grober Eichen /
      Zur schnöden Schedelstatt;
Wil kaum von dannen weichen /
      Wird Creutz / noch peinen satt.

 

11.

Mit jhm wil mich erschwingen /
      Vnd manchem schwebend ob
Den Lorber-Crantz ersingen
      In deutschem Gottes lob.
Dem Leser nicht verdriesse
      Der zeit / vnd Stunden lang:
Hoff jhm es noch erspriesse
      Zu gleichem Cither-sang.

 

2    Die gesponß Jesu lobet jh-
ren geliebten mit einem Liebgesang.

 

1.

Die reine Stirn der Morgenröth
      War nie so fast gezieret /
Der Frühling nach dem Winter öd
      War nie so schön muntiret /
Die weiche brust der Schwanen weiß
      War nie so wohl gebleichet /
Die gülden Pfeil der Sonnen heiß
      Nie so mit glantz bereichet:

 

2.

Alß Jesu Wangen / stirn / vnd mundt
      Mit gnad sein vbergossen;
Lieb hat auß seinen äuglein rundt
      Fast tausent Pfeil verschossen;
Hat mir mein Hertz verwundet sehr /
      O wee der süssen peine!
Für Lieb ich kaum kan rasten mehr /
      Ohn vnderlaß Ich weine.

 

3.

Wie Perlen klar auß Orient
      Mir Zähr von Augen schiessen:
Wie Rosenwässer wolgebrent
      Mir Thränen vberfliessen.
O keusche Lieb / Cupido rein /
      Alda dein hitz erkühle;
Da dunck dein heisse flüttig ein /
      Daß dich so starck nit fühle.

 

4.

Zu scharpff ist mir dein heisser brand /
      Zu schnell seind deine Flügel:
Drumb nur auß Zähren mit verstand
      Dir flechte Zaum vnd Zügel.
Kom nit so streng / mich nit verseng:
      Nit brenn mich gar zu Kohlen;
Halt zihl vnd maß / dich weisen laß /
      Dich brauch der linden stralen.

 

V.

O Arm vnd Hände Jesv weiß /
      Ihr Schwesterlein der Schwanen /
Vmbfasset mich nit lind / noch leiß /
      Darff euch der griff ermahnen.
Starck hefftet mich an seine Brust /
      Vnd satt mich lasset weinen:
Ich jhn erweich / ist mir bewust /
      Vnd wär daß Hertz von steinen.

 

VI.

O JEsu mein / du schöner Heldt
      Lang warten macht verdriessen:
Groß lieb mir nach dem leben stelt /
      Wan soll ich dein geniessen?
O süsse Brust! O Frewd vnd Lust!
      Hast endtlich mich gezogen:
O miltes Hertz!
      All pein vnd schmertz
Ist nun in Wind geflogen.

 

VII.

Alhie wil ich nun rasten lind /
      Auff JESU brust gebunden:
Alhie mag mich Cupido blind
      Biß gar zu todt verwunden.
Am Hertzen JESU sterben hinn /
      Ist nur in lüsten leben;
Ist nur verlieren mit gewinn /
      Ist todt im leben schweben.

 

3    Die gesponß Jesu klaget
jhren hertzenbrand.

 

I.

Gleich früh wan sich entzündet
      Der silber weiße tag;
Vnd vns die Sonn verkündet /
      Waß nachts verborgen lag:
Die lieb in meinem hertzen
      Ein flämlein stecket an;
Daß brint gleich einer kertzen /
      So niemand leschen kan.

 

II.

Wan schon Ichs schlag in Winde /
      Gen Ost- vnd Norden brauß;
Doch ruh / noch rast ich finde /
      Last nie sich blasen auß.
O wee der qual / vnd peine!
      Wo soll mich wenden hin?
Den gantzen tag ich weine /
      Weil stäts in schmertzen bin.

 

III.

Wann wider dann entflogen
      Der Tag zur Nacht hinein /
Vnd sich gar tieff gebogen
      Die Sonn / vnd Sonnenschein;
Daß Flämlein so mich queelet
      Noch bleibt in voller glut;
All stundt / so viel man zehlet /
      Michs je noch brennen thut.

 

IV.

Daß Flämlein daß ich meine /
      Ist JESU süsser nam;
Eß zehret Marck vnd Beine /
      Frißt ein gar wundersam.
O süssigkeit in schmertzen!
      O schmertz in süssigkeit!
Ach bleibe doch im Hertzen /
      Bleib doch in Ewigkeit.

 

V.

Ob schon in pein / vnd qualen
      Mein Leben schwindet hinn /
Wan JEsu Pfeil vnd Stralen
      Durchstreichet Muth vnd Sinn;
Doch nie so gar mich zehret
      Die Liebe JESU mein /
Alß gleich sie wider nehret /
      Vnd schenckt auch frewden ein.

 

VI.

O Flämlein süß ohn massen!
      O bitter auch ohn ziel!
Du machest mich verlassen
      All ander Frewd / vnd Spiel;
Du zündest mein gemüthe /
      Bringst mir groß Hertzen leidt /
Du kühlest mein Geblüthe /
      Bringst auch ergetzligkeit.

 

VII.

Ade zu tausent Jahren /
      O Welt zu guter nacht:
Ade laß mich nun fahren /
      Ich längst hab dich veracht.
In Jesv lieb Ich lebe /
      Sag dir von Hertzen grund:
In lauter Frewd Ich schwebe /
      Wie sehr ich bin verwund.

 

4    Die Gesponß Jesu spielet
im VValdt mit einer Echo oder
vviderschall.

 

I.

In grünem waldt ich newlich saß /
      Gen einer steinen Klausen;
Da kam durch zartes laub vnd graß /
      Ein sanfftes windlein sausen.
Ein brünlein klar /
           Bey seiten war /
      So frisch / vnd frölich spritzet /
Ein Bächlein rein
           Auch eben fein
      Von holem Felsen schwitzet.

 

II.

Der schöne Frühling schon begund /
      Eß war im halben Mertzen /
Da seufftzet ich von Seelen grundt /
      Der brand mir schlug vom hertzen.
Ich Jesvm rieff
           Auß hertzen tieff /
       Ach Jesv thet ich klagen:
Da hört ich baldt
           Auch auß dem Waldt
Ach Jesv / deutlich sagen.

 

III.

Gar laut eß mir zun Ohren kam:
      Dacht jemand wär im Walde:
Michs drumb nit also wunder nam /
      Noch merckets also balde.
Ich sah mich vmb /
           Vnd wider vmb /
       Ach Jesv rieff beyneben:
Alßbaldt in eil /
           Wie schneller Pfeil /
       Ach Jesv rieff eß eben.

 

IV.

Ich dacht eß wurd auch jemandt sein /
      Den Jesv lieb möcht brennen;
Vnd sprach: nun bin ichs nit allein /
      Ach möcht jch ihn dann kennen!
Ich rieff / Hola!
           Vnd schnell / VVer da?
      Ob Leuth furüber giengen:
Da thäts Hola!
           Vnd schnell / VVer da?
      Im selben Thon erklingen.

 

V.

Ich sprach hieher / hieher gar hell /
      Vermeint zu mir solls kommen:
Da sprachs hieher / hieher gar schnell /
      Doch niemandt hab vernommen.
Ich dacht bey mir:
           Er ruffet dir /
      Mich ließ nach jhm entführen;
Trat auff die Bein
           Zum Wald hinein;
      Da kont ich niemand spüren.

 

VI.

Ach laß dich sehn; Ich suche dich /
      Rieff abermahl behende:
Da rieff eß nur / Ich suche dich /
      Die letzte Wort vom Ende.
Ich widerum
           In kurtzer summ;
      Weil suchest mich / komb here:
Da gab eß nur /
           Alß wie zuvor /
      Die letzte Wort von fehre.

 

VII.

Ey / dacht ich dan / ist wunderlich:
      Ruff ich; rufft er mir wider;
Such ich nun Jhn / so sucht er mich:
      Mein Haupt ich sencket nider.
Da fiel mirs ein;
           Eß möchte sein
      Mein Jesvs den ich liebe /
Dems brechte lust /
           Daß vnbewust
      Er mich in schertz vmbtriebe.

 

VIII.

Ich sprach: bistu dan Jesvs nicht?
      Vnd seufftzet auß dem grunde.
Da sprach eß deutlich Jesvs nicht:
      Vnd seufftzet auch zur stunde.
Ey wer bist dan?
      Mir zeig es an /
      Gar freundtlich thet ich fragen;
Doch nichts gewan:
      Weil / zeig es an /
      Zu mir eß auch thät sagen.

 

IX.

Bald Jesu rieff ich vberlaut /
       Ach Jesv / mehr / vnd mehre.
Da rieff eß Jesv gleich so laut /
       Ach Jesv / gleich so sehre.
Gschwind ich gedacht:
      Man deiner lacht /
      Nur hebe dich von hinnen:
Weil jederzeit /
      Ohn recht bescheidt /
Man hie mag nichts gewinnen.

 

X.

Ich sprach: was werd ich machen dan?
      Weil nie wilt recht bescheiden.
Drauff bald (alß viel ich kond verstan)
      Eß riethe mir zu scheiden.
Ja scheiden zwar
      Ich muß fürwar /
      Bey dir ich nichts erjage:
Doch eines dich
      Muß fragen ich:
      Nur dieses mir noch sage.

 

XI.

Mein / wo dan JEsum treff ich an?
      Ist dirs halt vnverborgen?
Da seiner wolts kein wissen han;
      Gab nur daß wort verborgen?
Ey dan dich troll /
      Rieff ich im groll /
      Fahr hin in Gottes nahmen:
Ich auch tratt an /
      Vnd wolte gahn /
      Da klang von weitem Amen.

 

XII.

Alßdan mit hellem Ach vnd Ach
      Die Brust ich schlug in schmertzen:
Gleich selbe wort / mit selbem schlag
      Schien thät eß auch von hertzen.

Ich sprach zu letzt /
           Hab gnug geschwetzt /
      Wer auch soll dich thun schweigen?
Drauffs endtlich noch /
           Mit halbem poch /
      Gar deutlich sagte; Schvveigen.

 

XIII.

Wolan so schvveige schnell ich rieff:
      Schnell rieff eß auch; so schvveige.
Da mach ich mir gedancken tieff;
      Daß Haupt hinunder neige:
Daß Haupt ich senck /
           Vnd endlich denck /
      Ob wohl (wan mich wurd wenden)
Es auch bereit
           Von solcher seit
      Mir antwort solte senden.

 

XIV.

Drum kehr mich vmb / vn schawen wil /
      Ruff hin mit gantzer stärcke:
Da bleibts an jener seiten stil /
      Kein wörtlein ich vermercke.
Drauff wider wand
           Zur ander hand /
      Recht zu den holen steinen;
Dan hört ich städt /
Alß offt ich redt /
      Ein stimm / fast gleich der meinen.

 

XV.

Har / har / ich nun hab funden dich /
      Rieff laut / weil ichs verstunde.
Da rieff eß auch; hab funden dich /
      Nur Wort auß meinem Munde.
Alß dan zu handt:
           Hab erst erkandt /
      Weils einerseits nur redte /
Daß nur der schall:
           Mit gleichem hall
Mit mir gespielet hette.

 

XVI.

Ich rieff bistu der VViderschall?
      Hieß wilkom jhn beyneben:
Da rieff es laut der VViderschall.
      Auch wilkom mir thäts geben.
Als dan bereit
           Wir alle beyd
      Noch weiter thäten spielen:
Weil ohne maß /
           Ohn vnderlaß /
      Die Fugen vnß gefielen.

 

XVII.

Wolan / wolan / O widerschall /
      Weil einmahl dich hab funden;
Ich spielen will mit dir im Ball
      Hinfürter manche stunden.
Der Ball so dir
           Dan kompt von mir /
      Soll heißen Jesvs name /
Der Ball so du
           Solt schlagen zu /
      Soll sein auch Jesvs name.

 

XVIII.

In diesem Wald / bey diesem Thall
      Gar offt ich wil spatziren /
Vnd mich mit dir / O Widerschall /
      Gar freundlich verlustiren.
O süßer Schall!
           O schöner Ball!
      Mit dir wil vilmahl spilen;
Biß zu dem Grab
           Nit laß ich ab /
      Wan schon all Himmel filen.

 

XIX.

Mein JEsum wil nun tausentmahl
      In Wälden lahn erklingen:
Mit mir auch sollen vberal
      Die Bäum vnd Stauden springē.
Daß Laub vnd Graß /
           Wans mercken daß
Mit müssens auch zum Reyen:
Vnendtlich mahl /
           Durch Berg / vnd Thal
Wil Jesvm frölich schreyen.

 

XX.

O Jesv / liebster Jesv mein /
      Wie brint mir mein geblüte!
Nun bit ich dich / Ey laß es sein
      Durch deine große güte:
Daß tag / vnd nacht
           In stäter wacht /
      Die Welt von dir nur singe;
Vnd immerdar
           Daß gantze jahr
      Vor dir auß frewden springe.

 

5    Die gesponß Jesu seufftzet
nach jhrem Bräutigam, vnd ist ein spiel
der Nachtigalen mit einer Echo vnd
vviderschall.

 

I.

Ach wan doch Jesv liebster mein /
      Wan wirst dich mein erbarmen:
Wan wider zu mir kehren ein?
      Wan fassen mich in armen?
Was birgest dich?
Was kränckest mich?
      Wan werd ich dich vmbfangen?
Wan reissest ein /
           All meine Pein?
      Wan schlichtest mein verlangen?

 

II.

O wilkom süße Nachtigall
      Kombst mir zu rechter stunde:
Erfrisch den lufft mit bestem schall
      Erschöpff die kunst von grunde.
Ruff meinem Lieb /
           Er nit verschieb;
      O Jesv ruff mit kräfften;
Ruff tausendtmahl /
           Ruff ohne zahl /
      Wer weiß es je mögt häfften.

 

III.

Ach ruff / vnd ruff. O Schwester zart
      Mein JEsum zu mir lade:
Mir trewlich hilff zu diser fahrt;
      Dan ich in zähren bade.
O schwester mein /
           Sing süß vnd rein:
      Ruff meinem Schatz mit nahmen.
Dan kurtz / dan lang /
           Zieh deinen klang:
All Noten greiff zusamen.

 

IV.

Wolan; scheint mich verstanden hatt
      Die Meisterin in Wälden:
Jhrs albereit geht wol von statt /
      Die Färblein schon sich melden.
In starker zahl
           Nun manches mahl /
      Den Thon sie schon erhebet /
Weil auch der Schall
           Auß grünem Thall
Ihr freundlich widerstrebet.

 

V.

Da recht du fromme Nachtigall /
      Du jenem schall nit weiche:
Da recht / du trewer widerschall /
      Du stäts dich jhr vergleiche.
Zur schönen wett
           Nun beyde trett /
      Mein Jesvm last erklingen;
Ob schon im streit
           Der schwächsten seit
Am Leben solt mißlingen.

 

VI.

Die Nachtigal den Schall nit kendt /
      Vnd helts für jhr gespielin:
Verwundert sich wies mög behendt
      So gleichen Thon erziehlen.
Bleibt wenig stumm:
           Schlägt widerum:
      Denckt jhr bald obzusiegen:
Doch widerpart
           Machts gleicher art /
      Kein Pünctlein bleibt verschwiegē.

 

VII.

Bald steiget auff die Nachtigall
      Je mehr / vnd mehr / vnd mehre;
Gleich folget auch der Widerschall /
      Wans je noch höher wehre.
Drumb zierlich fecht:
           Vnd starcker schlegt
Daß Fräwlein reich von stimmen /
      Steigt auff / vnd auff /
           Gantz ohn verschnauff:
      Doch thuts der Schall erklimmen.

 

VIII.

Alßdan gehts vber Zihl / vnd Schnur;
      Daß Hertz möcht sich zerspalten;
Sie sucht eß in B moll / B dur /
      Auff allerhandt gestalten:
Thut hundertfalt
           Den Baß / vnd Alt /
      Tenor / vnd Cant durchstreichen;
Doch Stimm / vnd Kunst
      Ist gar vmbsonst /
      Der Schall thuts auch erreichen.

 

IX.

Da kitzlet sie dan Ehr / vnd Preiß
      Mit garzu scharpffen Sporen /
Erdenckt noch schön- vnd schöner weiß;
      Meint sey noch nicht verlohren.
All muth / vnd blut /
           Vnd Athem gut
      Versamlet sie mit hauffen
Wil noch zum Sieg /
           In schönem krieg
      Mit letzten kräfften lauffen.

 

X.

Ey da kracht jhr so mütigs hertz
      Gleich thon / vnd Seel verschwindē
Da leschet sich die gülden kertz /
      Entzückt von starcken winden.
O mütigs hertz!
           O schöne kertz!
      O wol / bist wol gestorben.
Die Lorber Cron /
           Im letzten thon
      Du doch noch hast erworben.

 

XI.

Dan zwar ein Seufftzerlein gar zart
      Im todt hast lan erklingen /
Daß so subtil dein widerpart
      Mit nichten mögt erschwingen:
Drumb ja nit lieg;
           Dein ist der Sieg;
      Daß Cräntzlein dir gebüret /
Welchs dir allein
           Von blümlein fein /
      Ich schon hab eingeschnüret.

 

XII.

Ade dan falbe Nachtigal /
      Von falbem todt entferbet:
Weil du nun ligst im grünen thal /
      Sag / wer dein Stim̅lein erbet?
Könts ie nit seyn
           Eß würde mein?
      O Gott könt jchs erwerben!
Wolts brauchen stät
           So früh / so spät /
      Biß auch im sang thet sterben.

 

XIII.

Nun wil ich doch in diesem Wald /
      Bey deinem grab verbleiben;
Hoff mich mit jhren pfeilen bald
      Begierd / vnd lieb entleiben.
Will ruffen starck
           Zum todten sarck
      Biß mein Geliebter komme:
Ein halten wil
            Mich in der still
      Biß letzt ich gar verstumme.

 

6    Die Gesponß Jesu beklaget
sich daß sie nimmer ruhen könne.

 

I.

Die Lieb / ohn Wehr vnd Waffen
      Mich hat genommen ein:
Gibt jmmer mir zu schaffen /
      Mag nie zu frieden sein.
Doch nur mir kombt von oben /
      Von Jesu solcher streit /
Hab weit von mir geschoben
      Die Weltlich üppigkeit.

 

II.

Nur Jesu Lieb mich zehret;
      Nur Jesus kräncket mich:
Waß qual mir widerfähret /
      Von Jesu reget sich.
Von jhm waß pein ich leide /
      Waß fewr / vnd hertzen-brandt /
Ich niemand recht bescheide /
      Wers nit hat selbst erkandt.

 

III.

Wan früh vor hellen tagen
      Die Morgenröth auffgaht /
Vnd kaum jhr pferd / vnd wagen
      Mit Rosen kleidet hat:
Dan auch in vollen stralen /
      Wan Sonnenliecht besteht /
In lauter pein / vnd qualen
      Ichs treib zum abend späth.

 

IV.

Ja solt ich je noch hoffen
      Als dan auch rast / vnd ruh /
Wan müd / vnd matt geloffen /
      Der tag sich riglet zu:
Wan lieblich vbergossen
      Die thier mit süssem schlaff /
Wan arbeit all beschlossen /
      Wan feyret alle straff.

 

V.

Da wolt ich leyd / vnd klagen
      Fast halber legen ab /
Noch sols mich also plagen
      Waß nun zu tragen hab.
Nun ist eß ja vergebens
      Ich nimmer kom zu rast;
Die tag ich meines lebens
      Verzehr in stätem last.

 

VI.

So vngestümb nichts finde /
      Daß nicht eins höre auff:
Man merckets an dem winde /
      Wie er so offt verschnauff:
Wan er ein weil geflogen /
      Die schläg er schüttlet auß /
Helt sich drauff eingezogen;
      Ohn ruh nit scheidt von hauß.

 

VII.

Daß Meer wans wüht ohn massen /
      Mags doch nit lang bestahn:
Pflegt bald sich niderlassen /
      Nimbt ruh begierlich ahn:
Ich newlich merckets toben /
      Wehrt etlich stunden kaum;
Da war all macht zerstoben /
      Zerschmoltzen aller schaum.

 

VIII.

Der wandersman ermattet
      Auff starck- vnd stäter reiß;
Beym grünen bäumlein schattet /
      Streicht ab den sawren schweiß /
Ja frey / sols anders gelten /
      All arbeit in gemein /
Mit ruh / nit also selten /
      Pflegt vnderbrochen sein.

 

IX.

Warumb thut mich dan plagen
      Die lieb ohn vnderlaß?
Daß nie kein punct mag sagen /
      Wan ich ohn schmertzen waß.
Ohn vnderlaß ich klage /
      Für stätem hertzen-leyd:
Bey nacht / vnd auch bey tage /
      Scheint mir nur sawre zeit.

 

X.

Die lieb mich setzt in leiden /
      O Jesv liebster mein!
Wer wil von dir gescheiden
      Nit stäts in qualen sein?
Der feynd mich kombt vmringen /
      Er meiner lacht / vnd spott /
Fragt hönisch auch mit singen /
      Wo sey mein schöner Gott?

 

XI.

Drumb stätig naß von zähren /
      Die seufftzer steigen auff:
Sie stündtlich sich vermehren /
      Vnzahlbar wird der hauff.
Die thränen mich ernehren /
      Seind meine speiß / vnd tranck /
Von zähren muß ich zehren /
      Weil bin von liebe kranck.

 

XII.

Ach wan doch wird erscheinen
      Der schön vnd weiße tag?
Wan eins nach stätem weinen /
      Ich stät / vnd sicher lach?
Wan schmertzen / Krieg / Alarmen
      Wird sein in fried verzehrt /
Wan Jesv dich mit armen
      Ich frölich binden werd?

 

XIII.

O wan / vnd wan wird scheinen
      Daß rein /vnd liechtes liecht /
Daß alle klag / vnd peinen
      In mir zumahl vernicht?
O Gott nun laß eß scheinen /
      Laß scheinen vberal /
Daß wir nit ewig weinen
      In diesem zähren thal.

 

7    Die Gesponß Jesu klaget
noch ferner jhre lieb.

 

I.

Wan morgenröth
           Die nacht ertödt
Mit jhren gülden stralen /
Wach ich zu Gott /
           Zu meinem Gott /
Ruff jhn zum offtermahlen.

 

II.

Ich wach zu Gott /
           Zu dir mein Gott
      Mein Augen zu dir kehre /
Vnd ruff dan frey /
           Mit mattem schrey /
Mich dürst nach dir so sehre.

 

III.

Ich wein zu dir /
           Seufftz mit begier /
      O liebster meines hertzen!
Mein trewer Gott /
           Ist mir kein spott /
Die lieb mich setzt in schmertzen.

 

IV.

Bin matt vnd müd /
           Fast ohn geblüt /
      Die kräfften seind erlegen:
Die gantze nacht
           Hab viel gewacht /
Ich kaum die zung mag regen.

 

V.

Mein hertz von mir /
Weicht gar zu dir /
      O gott mein trost alleine!
Seufftz also viel /
           Ohn maß vnd ziel /
O wee der schwären peine!

 

VI.

Mit starckem brand /
           Ist dir bekand /
      Bin ich so gar befangen:
O süsses band:
           Laß ab zuhand /
      Sonst tödt mich groß verlangen.

 

VII.

Drumb Gott nur eil /
           Dan deine pfeil
      Recht spielen mir zum leben /
Ich sterbe schir /
           Daß glaube mir /
      Mit noth ich bin vmbgeben.

 

VIII.

Wan ich nit bald /
           Bey dir erhalt
      Daß deiner mög geniessen /
Wird also stracks /
           Wie weyches wachß /
Daß hertz in mir zerfliessen.

 

IX.

Mit wahrem mund /
           Auß hertzen grund /
      Ich sprich mit thewren wohrten /
Hab ruh / noch rast /
           Ich leb im last /
      Fast aller end / vnd orten.

 

X.

Ich wohnet stät
           In wüsten öd /
      Da meint ich ruh zu finden;
Nun ist kein land
           So vnbekandt /
Da nicht die lieb kom hinden.

 

XI.

Wan ich vermein /
           Weit weg zu sein /
      Gefreit für jhren pfeilen;
Da rüst sie sich /
           Verfolget mich /
      Vnd wärens tausent meilen.

 

XII.

O, Gott vnd Herr /
           Waß wär so ferr /
      Da sie nit gleich solt kommen?
Kein rast / noch ruh /
           Nun finden thu /
Lieb hat mich vbernomen.

 

XIII.

Wan dein begird /
           Mein hertz regirt /
      Für leidt kan ich nit sprechen;
Für süsser noth /
           Für süssem todt /
Daß hertz möcht mir zerbrechen.

 

XIV.

Süß ist der schmertz /
           Gesund daß hertz /
      Für frewd ich muß ermatten:
Ja kranck daß hertz /
           Herb ist der schmertz /
      Bey Sonnenschein ist schatten.

 

XV.

Bald diese stundt
           Ich bin verwundt /
      Vnd sinck für todt darnider;
Bald selbe stundt
           Ich bin gesundt /
      Steh auff / vnd lebe wider.

 

XVI.

O wunder Dunst!
           O kühle Brunst!
      Wer wolt es je vermeinen /
Daß brenn / vnd kühl
Alß jetzt ich fühl /
      Die lieb daß marck in beinen.

 

XVII.

Die lieb ist fewr /
           O abenthewr!
      Ist wasser auch im gleichen:
Bringt hertzen leid /
           Bringt hertzen frewd /
      Muß eins dem andern weichen.

 

XVIII.

Offt mannigfalt /
           Ich bin mißstalt /
      Werd vmb / vnd vmb getrieben /
Hett nie gedacht
           An solche macht /
      Alß ich fieng an zu lieben.

 

XIX.

All mein gemüth /
           All mein geblüt
      Mir thut für frewden wallen /
So nur allein /
           O Gott / mir dein
      Gedächtnüß ein kombt fallen.

 

XX.

Dein edler stamm /
           Dein süsser nam
      Verwund mir mein gemüthe.

Dein angesicht /
      Dein augen-licht /
      Entzünd mir mein geblüte.

 

XXI.

Wan ich zu nacht
      Von dir betracht /
      Mit lieb / vnd last beladen;
Mein augen beyd /
      Für frewd vnd leyd
      In warmen zähren baden.

 

XXII.

O starcke lieb!
      O hertzen dieb!
      Waß wilt mit mir viel pochen?
Vergebens mich
      Setz wieder dich:
      Mein Seel hast du durchstochen.

 

XXIII.

Nim vollends hin /
      All meine sinn;
      Nim alles weg zur stunden:
Bin lauter dein /
      Vnd gar nit mein;
      Geb gantz mich vberwunden.

 

XXIV.

Ach / ach / wie geh
      Wird mir so weh!
Kan reden mehr noch dichten /
Die sprach besteht /
      Vnd krafft vergeht /
      Begierd mich hin wil richten.

 

8    Liebgesang der Gesponß
Jesu, im anfang der Sommerzeit.

 

I.

Der trübe winter ist fürbey /
      Die Kranich widerkehren;
Nun reget sich der Vogel schrey /
      Die Nester sich vermehren:
Laub mit gemach
           Nun schleicht an tag;
      Die blümlein sich nun melden.
Wie Schlänglein krumb
           Gehn lächlend vmb
Die bächlein kühl in Wälden.

 

II.

Der brünnlein klar / vnd quellen rein
      Viel hie / viel dort erscheinen /
All silber-weiße töchterlein
      Der holen Berg / vnd Steinen:
In großer meng
           Sie mit gedreng
Wie pfeil von Felsen ziehlen;
Bald rauschens her /
           Nit ohn gepleer /
      Vnd mit den steinlein spielen.

 

III.

Die jägerin Diana stoltz /
      Auch wald- vnd wasser-Nymphen /
Nun wider frisch in grünem holtz
      Gahn spielen / schertz- vn̄ schimpffen.
Die reine Sonn /
           Schmückt jhre Cron /
      Den kocher fült mit pfeilen:
Jhr beste roß /
           Läst lauffen loß /
      Auff marmer glatten-meilen.

 

IV.

Mit jhr die kühle Sommer-wind /
      All jüngling still von sitten /
Im lufft zu spielen seind gesinnt /
      Auff wolcken leicht beritten.
Die bäum vnd näst
           Auch thun das best /
      Bereichen sich mit schatten;
Da sich verhalt
           Daß Wild im waldt /
Wans pflegt von hitz ermatten.

 

V.

Die meng der Vöglein hören last
      Ihr Schyr- vnd Tyre-Lyre;
Da sauset auch so mancher nast /
      Sampt er mit musicire.
Die zweiglein schwanck
           Zum vogelsang
      Sich auff / sich nider neigen;
Auch höret man
           Im grünen gahn
      Spatziren Laut- vnd Geigen.

 

VI.

Wo man nur schawt / fast alle Welt
      Zun frewden sich thut rüsten:
Zum schertzen alles ist gestelt /
      Schwebt alles fast in lüsten.
Nur ich allein /
           Ich leide pein /
      Ohn end ich werd gequeelet /
Seit ich mit dir /
           Vnd du mit mir /
      O JEsu / dich vermählet.

 

VII.

Nur ich / O JESV / bin allein
      Mit stätem leyd vmbgeben;
Nur ich / muß nur in schmertzen sein /
      Weil nit bey dir mag leben /
O stäte klag!
           O wehrend plag!
      Wie lang bleib ich gescheiden?
Von großem wee /
           Daß dich nit seh /
      Mir kombt so schwäres leiden.

 

VIII.

Nichts schmäcket mir auff gātzer welt /
      Als JESV lieb alleine:
Noch spiel / noch schertz mir je gefelt /
      Biß lang nur Er erscheine:
Vnd zwar nun frey
           Mit starckem schrey
Ruff im so manche stunden:
      Doch nie kein tritt /
           Sich nahet nit;
      Solt michs nit hart verwunden?

 

IX.

Was nutzet mir dan schöne zeit?
      Was glantz / vnd schein der Soñen?
           Waß Bäum gar lieblich außgebreit?
      Waß klang der klaren Bronnen?
Waß Athem lind
           Der kühlen wind?
      Waß Bächlein krum geleitet?
Waß edler Mey /
Waß vogelschrey?
      Waß Felder grün gespreitet?

 

X.

Waß hilft all frewd / all spil / vn schertz?
      All trost / vnd lust auff Erden?
Ohn jhn ich bin doch gar in schmertz /
      In leyd vnd in beschwerden.
Groß hertzen band
           Mich tödt zuhandt /
      Weil JESV dich nit finde;
Drumb nur ich wein /
           Vnd heul / vnd grein /
      Vnd seufftzer blaß in winde.

 

XI.

Ade du schöne Frühlingszeit /
      Ihr Felder / wäld / vnd wisen /
Laub / graß / vnd blümlein new gekleid /
      Mit süßem taw berisen:
Ihr wässer klar /
           Erd / himmel gar /
      Ihr pfeil der gülden Soñen;
Nur pein vnd qual /
           Bey mir zumahl
      Hat vberhandt gewonnen.

 

XII.

Ach JEsu / JEsu / trewer heldt /
Wie kränckest mich so sehre!
Bin je doch hart / vnd hart gequeelt;
      Ach nit mich so beschwere.
Ja wiltu sehn /
           All pein vnd peen
      Im Augenblick vergangen?
Mein augen beid /
           Nur führ zur weid /
      Auff dein so schöne wangen.

 

9    Die Gespons Jesu sucht jhren
geliebten, vnd find jhn im Garten,
alda er gefangen vvird.

 

I.

Heint spät auff braunen Rappen
      Der Mon in starckem lauff /
Gundt mitternacht erdappen /
      Mit ernsten triebe drauff:
Nit manglets an Trabanten /
      An Sternen klar / vnd hell /
An gleichen Liechts-verwanten /
      Welch jhn begleitet schnell.

 

II.

Da fand ich mich entlassen /
      Von wunder schwärem traum;
Blickt auff zun blawen strassen /
Kent Mon / vnd Sternen kaum.
Baldt JESV dir von hertzen
      Ich schickt ein seufftzer tieff /
So gleich zun Him̃el-kertzen /
      Recht auff in lüfften lieff.

 

III.

Ach trewe Mon / vnd Sternen /
      Zeigt an den schönen Heldt;
Von Euch ich mögt erlernen /
      Wo schlaget er die Zelt?
Mir thut von JESV sagen /
      Wo rastet er zur ruh?
Denck nit ohn grauß / vnd zagen /
      Waß mich geträumet nu.

 

IV.

O tochter jung von jahren /
      Zu mir ein fläm̅lein sprach;
Er seinen weißen Scharen /
      Den Schäfflein folget nach:
Er treibet sie zur waiden /
      Zum grünen Erdgemüß /
Zum wasen vnderscheiden
      Mit vilen blümlein süß.

 

VI.

Schaw dorten jetzt im Garten /
      Am Oel- bekandten Berg /
Er jhnen auß thut warten /
Vnd weidets vberzwerch.
Dort findens vnverdrossen
      Auch tranck bey schönem graß /
Weil Cedron kombt geflossen
      Zu nechst in feuchter straß.

 

VI.

Danck habt jhr schöne Sternen /
      Ihr gülden fräwlein rein /
Von euch daß möchte lernen /
      Wo sey der liebste mein.
Treibt er die Schaaff zur waiden /
      Zum grünen Erd-gemüß?
Zun wasen vnderscheiden /
      Mit vielen blümlein süß?

 

VII.

Vnd treibet ers in Garten /
      Am Oel-bekandten Berg?
Thut er dort jhrer warten /
      Vnd weidets vberzwerch?
Wolan in eyl geschwinde
      Mich wil dan machen auff:
Den jüngling biß ich finde /
      Wil reysen ohn verschnauff.

 

VIII.

Zum Garten alß ich kame /
      O wee / was angst vnd noth!
Der Hirt schon vrlaub nahme /
Sich schickt sogar in Todt.
Daß leben auff der schwellen /
      Auff offnen lefftzen saß /
Sich that zum scheiden stellen /
      Gesann der duncklen straß.

 

IX.

Ab falber Stirn / vnd Wangen /
      Füß / händen marmer-weiß /
Die tropffen anher drangen /
      Von weiß / vnd rothem schweiß.
O liebster mein auff Erden
      O JESV schöner hirt!
Ach wie nun /was geberden?
      Sag an / waß immer wird?

 

X.

Wer thäte dich erschröcken?
      Sag an / was dir geschehn?
Ich schwör bey deinem stecken /
      Bei dir wil trewlich stehn.
Bei dir ich wil verbleiben /
      Sag an wers dir gethan?
Vnd solt man mich entleiben /
      Von dir nit wil ich lan.

 

XI.

Drauff band ich jhn in Armen /
      Küßt jhn mit süßem truck;
Gleich schallet ein Alarmen;
Da wand ich mich zu ruck /
Alß vil mich kond vmbgreiffen
      Mit meinen augen beyd /
Ich mörder sah durchstreiffen
      Die Felder weit und breit.

 

XII.

Beyn Fackeln / vnd Laternen /
      Ein Rott gewaffnet gantz /
Von waffen gab von fernen
      Gar breiten eysenglantz.
Bald ruckten sie zum Garten /
      O wee dem liebsten mein!
Mit Spiessen / Beyl / vnd Barten /
      Zur thür sich drangen ein.

 

XIII.

Zugleich mit zähnen kirrten /
      Grißgrammten vngeschewt:
Den halber todten Hirten
      Sie grieffen an zur Beut.
O wee / mir nun geschwindet /
      Mirs hertz in stuck zerbricht;
Ach nit / nit jhn doch bindet /
      Den jüngling greiffet nicht.

 

XIV.

Ach schonet seiner haaren /
      Der gülden haaren sein:
Ach schonet seiner Schaaren /
Der zarten Lämmerlein.
Wer will nach ihm dan weiden
      Die Schäfflein silber-weiß?
Nun wird vnunderscheiden /
      Daß wüllen völcklein preiß.

 

XV.

Schaw dorten schon ins wilde
      Die wollgebleichte Schaar /
Sich gar ohn schutz / vnd schilde
      Verwicklet in gefahr.
Ach schonet nur der herden /
      Der Hirt auch selber schrie:
Mit mir laß euch gewerden /
      Sprach Er / mich schawet hie.

 

XVI.

Mich greiffet / schleiffet / schlaget /
      Ja mich nun schlachtet gar:
Nur nit / ach nit verjaget
      Die reine wüllen schaar.
Nur mich zum todt / vnd leiden /
      Mich reisset ohn verbott /
So nur mag friedlich weiden
      Die Silber-schöne Rott.

 

XVII.

Last frey die Schäfflein lauffen
      Die Schwanen-weiße zucht /
Last gehn den schönen hauffen /
So nur man mich gesucht.
Den Todt ich mir wil kiesen
      Für meine Lämmerlein:
Ade nun waid / vnd wiesen /
      Eß muß gestorben sein.

 

XVIII.

O JESV du so wunder /
      Vnd wunder guter Hirt!
O warlich mit besonder
      Begird / vnd lieb geziehrt:
Wiltu den todt erkiesen
      Für deine Lämmerlein?
Vnd lassest waid / vnd wiesen /
      Weils muß gestorben sein?

 

XIX.

Ey da will dich begleiten /
      Du gut- vnd bester Hirt:
Weich nit von deiner Seiten
      Gott geb waß widerfihrt.
Waß nemblich ich erblicket
      Zuvor in schwärem traum /
Walt Gott / sichs nunmehr schicket
      Zum Creutz vnd galgenbaum.

 

10    Die gesponß Jesu sucht jhren
Bräutigam / vnd findet jhn auff
dem Creutzvveg.

 

I.

Die reine Sonn zu morgen
      In sanften haaren blos /
Den brand noch trug verborgen
      In jhrem purpur schos:
Da gab ich mich zu Felde /
      Laut rieffe meinem Schatz /
Der vber gold / vnd gelde
      Bey mir gefunden platz.

 

II.

Auff grüner Heyd vnd Matten
      Bey krausem Lorbeerbaum /
Ich spreitet mich in Schatten /
      Sanck ab in süssen traum:
Bald wider ich erwachet /
      Mein JESVM fande da /
So lieb- vnd freundtlich lachet /
      Zu mir tratt aller nah.

 

III.

Er gleich zu mir thät ziehlen
      Mit reinem augenblitz:
Auff mich mit hauffen fielen
      Die Stralen voller hitz:
Die pfeil da kamen loffen
      Von seinen äuglein thewr /
So mir das hertz getroffen /
      Mit bitter-süssem fewr.

 

IV.

Von seinen gläser-bogen
      Zu mir mit süssem schein
Die süsse Flämlein flogen /
      Auß beyden fensterlein.
O wee! wan ich der stunden /
      Wan ich der zeit gedenck /
Auß frisch-genetzter wunden
Ich hertz / vnd wangen tränck.

 

V.

Ich dachte sein geniessen /
      Den ich so lang gesucht /
Wen wolt es nicht verdriessen?
      Von mir er nam die flucht.
Er sprang durch feld vnd wisen
      Frisch fertig wie der windt;
Den lauff möcht jhm erkiesen /
      Ein frisches hirschen-kindt.

 

VI.

Ihr töchter keusch / vnd reine /
      Von Sion wol bekandt /
Zu todt ich mich noch weine /
      Für lieb / vnd hertzen-brandt.
Nun saget mir in trewen /
      Wo dan sich finden laß /
Der seither mich geht schewen
      Mit je zu starckem paß?

 

VII.

Ich aller ort / vnd plätzen
      Dem jüngling streiche nach /
Ach woltet jhr nur schwetzen /
      Wen weg er schleissen mag?
Ach woltet mich nur weisen /
      Den Pfad mir zeigen an:
Nach jhm ich wolte reisen /
      Durch hoch- vnd niderbaan.

 

VIII.

Ja du zuvor vermelde /
      Wer ist der liebste dein?
Sag vnß / von diesem Helde /
      Sag an / wer er mag sein.
Vns laß den jüngling wissen /
      Vns mach denselben kund;
So dir steht abgerissen
      In deinem hertzen wund.

 

IX.

O Töchter hoch geprisen /
      Nembt war den liebsten mein /
Nach balsam süß / vnd bisem
      Riecht jhm der athem sein;
Sein Haupt auch raucht / vnd windet
      Nach Zimmet / vnd Zibeth:
O seelig wer nur findet
      JESVM von Nazareth.

 

X.

Die Morgenröth erbleichet /
      Vnd scheinet gleich dem koth /
So nur man sie vergleichet
      Gen seine wänglein roth.
Sonn / Mon han jhm entstolen
      Von seiner stirnen rein
All jhren glantz vnd strolen /
      Den golt- vnd perlen-schein.

 

XI.

Corall / vnd purpur / seyden
      Gleich jedes auch erwarb
Von seinen lefftzen beyden
      Die schöne rosenfarb.
Ist weiß vnd roth bey-neben /
      Von rotem trauben-schaum /
Den er erpreßt von reben
      Mit schwärem kelter-baum.

 

XII.

Händ / füß hat er gefarbet
      In außgepreßtem wein /
In roth hat er verarbet
      So weisses helffenbein.
Ach zeiget mir die strassen /
      Sich wo nun Er verhelt:
O Gott / wer möcht vmbfassen
      Den weis- vnd rothen held!

 

XIII.

O mägdlein wir dich fragen /
      Ist er dan roth / vnd weis?
Thut er die farben tragen
      Von rothem trauben-schweiß?
Hat er händ / füß gefarbet
      In außgepreßtem wein?
Hat er in roth verarbet
      So weisses helffenbein?

 

XIV.

Wol da dan / wir dir zeigen /
      Wer orten er mag sein;
Zum Creutzweg thu dich neigen /
      Dort findest jhn allein.
Alda pflegt er zu schwitzen
      In rothem kelterhauß /
Alda die brünnlein spritzen /
      Mit sanfft- vnd lindem sauß.

 

XV.

Alda pflegt Er auch brechen.
      Die rothe röselein:
Ob schon die dörner stechen /
      Sich tröstet Er der pein /
O Töchter hoch beflissen
      Soll ich zum Creutzweg gan?
Ja frey dan sollet wissen /
      Will dapffer tretten an.

 

XVI.

Gleich ich zum Creutzweg kame /
      Gleich rieff dem liebsten mein;
Gleich dort ich jhn vername
      Bezecht in Bitter-wein.
Die stirn er hat bestecket
      Mit rothen Blümelein /
In händen außgestrecket
      Er trug zwo Rosen fein.

 

XVII.

Den ruch alß ich empfande
      Von beyden Rosen roth
Im eylen mir geschwande /
      Bey viel zu süsser noth.
Er leinet mich in armen /
      Mich hälset ohn Verdruß /
Vnd freundlich thät erwarmen
      Mit manch- vnd manchem kuß.

 

XVIII.

Die Bäcklein er mir klebet
      Auff meine wangen beyd /
Mich gütlich legt / vnd hebet
      An seine purpur seit.
Da gund ich mich erholen /
      Kam wider zu verstandt /
O wee! doch lag in kohlen
      In herb- vnd süssem brand.

 

XIX.

O süssigkeit in peinen!
      O pein in süssigkeit!
Alhie doch wil ich leinen
      Biß gar in Ewigkeit.
Alhie nun wil ich rasten /
      Mit JESV meinem Heldt:
Ade golt / gelt in kasten /
      Ade nun alle Welt.

 

11    Spiegel der Liebe,
In Maria Magdalena, da sie nach dem Judischen
Osterfest am grossen Sabbath morgens
früh jhren Jesum in dem
Grab gesucht.

Joan, am 20. cap.

 

I.

Die Sonn sampt jhren Rossen
      Späth Oesterlich bezecht /
Mit schlaff noch vbergossen
      Wolt früh kaum wachen recht:
Da fand ich schon bey zeiten
      Am grab in trawren stehn /
Vnd salb / vnd büchs bereiten
      Die weinend Magdalen.

 

II.

Zwar gleich / wan je zu weilen /
      Zur Frühlings morgen-stund /
Mit ersten Sonnen-pfeilen /
      Mit erster hitz verwund /
Herab von berg- vnd steinen /
      Von felßen hoch / vnd geh
Zerfleust in sanfftes weinen
      Der lind entlassen schnee:

 

III.

Fast eben gleicher massen
      Das weib von lieb verwund /
In lauter zähr zerlassen /
      Zerfloß in thränen rund:
Begierd mit heissen pfeilen
      Jhr beyde augen schmeltzt /
Vnd abwerts beyder theilen
      Die runde tröpfflein weltzt.

 

IV.

O wee / der schwachen Mergen!
      O wee / dem hertzen wund!
Kond lieb / noch brand verbergen /
      Sie sprach von Seelen-grund:
Ach Sonn dich heb mit machten /
      Zum grab nun herwarts leucht.
Auff / auff / mach kürtzer nachten /
      Der tag zu lang verzeucht.

 

V.

Leucht her / zur linck- vnd rechten /
      Spreit vberal mit fug
Die gülden haar / vnd flechten /
      Daß ich mein liebsten such.
Leucht her mit striem / vnd stralen /
      Leucht her zum holen grab;
Wer weiß / ob ich der qualen
      Möcht heut noch kommen ab.

 

VI.

Drauff sie zum felßen rücket;
      Wil da mit augen drein;
Zur klufften einher bücket;
      Wird wund mit frischer pein.
Den liebsten sie nit findet;
      Für jhn da thut ersehn
(O schier nun jhr geschwindet)
      Nur seiner Englen zween.

 

VII.

Ach nit / nit euch / jhr knaben /
      Jhr jüngling flügelreich /
Ach euch wil sie nit haben /
      Weicht ab von dannen gleich.
Nur Jesvm sie den einen /
      Vnd einen sucht allein:
Wil sonst vnd liebet keinen;
      Ohn jhn sie nit kan sein.

 

VIII.

In eyffer ohn verweilen
      Sie ruffet jhm zur stundt;
Mit süßlich-herben pfeilen /
      Laufft / geht / vnd steht verwundt.
Am grab sie drauß / vnd drinnen /
      Dort / hie / sucht dran / vnd drumb;
Noch scheidet je von hinnen /
      Lugt / schawt nach jhm hinumb.

 

IX.

Doch freylich sie mit nichten /
      Vnd freylich nit versteht;
Verwirrt in blinden pflichten /
      Wen / wo sie suchen geht.
Mit lieb ist jhr vergeben /
      Mit blinden hertzen gifft:
Sie sucht im grab daß leben /
      Zum Zweck beiseiten trifft.

 

X.

Sie sucht in schwartzen kohlen
      Ein purpur-schönen glantz;
Von zweigen welck wil holen
      Ein grünen Lorber-Crantz;
Sie Rosen wil von Reben /
      Von Dörnen lesen Wein;
Von scherben goldt erheben /
      Von schatten klaren schein.

 

XI.

O weib so gar verblendet!
      So gar von lieb entäugt!
Die schrifft bleibt vnverwendet /
      Die warheit nimmer leugt:
Wan du noch suchst in steinen /
      Im grab / vnd todtenruh /
Schon geht auff besten beinen /
      Vnd mehr nit stirbet nu.

 

XII.

Der todt kont jhn entleiben /
      Vnd einmal stechen ab:
Im todt kont er nit bleiben /
      Nit saumen in dem grab:
Dem todt er ist entwichen /
      Dem haut- vnd beinen-knecht;
Hat jhm so gar durchstrichen
      Daß falb- vnd bleiches Recht.

 

XIII.

Er jhm von falben grentzen
      Entlieff mit vollem trab /
Vnd stachel / pfeil / vnd sensen
      Ihm stahl gantz redlich ab.
Den bogen auch / vnd kocher
      Er jhm gleich warff zu fewr;
Lacht auß den stoltzen pocher /
      Sampt seinem grab-gemäur.

 

XIV.

Drumb nur dir laß gesagen /
      Nur laß von trawren ab;
Laß ab / laß ab von klagen /
      Nochs leben such im grab.
Ach / ach / sie doch thut klagen /
      Laßt nicht von trawren ab /
Laßt jhr so gar nit sagen /
      Sie doch noch sucht im grab.

 

XV.

Doch wer wils jhr nit schencken /
      Vnd freundtlich vbersehn?
Jhrs niemand soll verdencken /
      Bey straff der gleichen peen;
Von lieb ist jhr gestohlen /
      Von lieb all sinn / vnd witz;
Verdollt auff süssen kohlen /
      Sie tobt in grosser hitz.

 

XVI.

Verstandt sampt hirn / vnd sinnen /
      Gedancken / hertz / vnd mut /
Im grab mit Jesv drinnen
      Sie ließ / in seiner hut:
Weil er nit mehr nun drinnen /
      Weil er nun zogen drauß;
O wee nun jhrer sinnen!
      Auch sie seind flogen auß.

 

XVII.

Ohn sinn / vnd ohn gedancken /
      Die Merg / ohn seel / vnd hertz /
Bald hin / bald her geht wancken /
      Geht schweben allerwerts.
Sie selbsten geht verlohren /
      Vnd forschet mit geschrey /
Sampt jhrem außerkohren /
      Wo sie wol selber sey?

 

XVIII.

Doch selber sie von hertzen
      Wolt schon verlohren gahn /
Nur jhn kans nit verschertzen /
      Nur jhn wils wider han.
Für jhn wolt sie verlohren
      Wol ewig bleiben auß;
So nur den außerkohren
      Man jhr doch brächt nach hauß.

 

XIX.

Sie seufftzet / achtzet / weinet /
Klagt / heulet immerdar;
Erd / himmel sie vermeinet
      Wol möcht zerspringen gar.
Sie leiden möcht von oben
      Die runde Tempel schön
Nur kämen gar gestoben
      Heraber mit gethön.

 

XX.

Sie sprach: weil mir entzogen
      Ist hertz / vnd lieb / vnd frewd /
Jhr himmel rund gebogen
      Möcht ab noch tummlen heut.
O Sonn / du deinen wagen
      Magst heut noch stürtzen vmb /
Ichs wohl wil übertragen /
      Im dunckeln still / vnd stumm.

 

XXI.

Weil einmahl mir entstohlen
      Mein einigs hertzen-liecht /
Darff ich nun deiner strohlen /
      Darff ich nun deiner nicht.
Ade liecht / lufft vnd leben /
      Ade schnee-weisser tag /
Mich deiner wil begeben /
      Dich mehr nit schöpffen mag.

 

XIII.

Drauff müd / vnd matt zur erden
      Sie sittlich nidersitzt /
Vnd kläglich in gebärden
      Hin / her mit augen blitzt:
Verliebt / verwirrt / verworren
      Sie leidet fewr / vnd pein /
Marck / blut / vnd bein erdorren /
      Die zähr auch trucknen ein.

 

XXIII.

Bald wider doch von wangen
      Ein dopples Bächlein wischt /
Daß hertz mit hitz befangen /
      Mit feuchtem guß erfrischt.
Die seufftzer auch sich heben /
      Vnd wider winden starck /
Sie wider thut sich geben
      Zum grab / vnd lären Sarck.

 

XXIV.

Ach liebster mein von Ehren /
      Mir schier es wird zuviel;
Wirst bald nit widerkehren /
      Geb ich verlohren Spiel.
Ohn leben ich noch lebe /
      Bin todt ohn Todt zugleich /
Todt Lebend immer strebe /
      Wo nur ich dich beschleich.

 

XXV.

O Todt / O menschen-prasser /
      O vngeheures thier /
Auch fewr / lufft / erd / vnd wasser
      Ihr Elementen vier:
Auch Stätt / vnd landt / vnd felder /
      Was mehr ich nennen mag /
Laub / graß / vnd bäum / vnd Wälder
      Gebt ohren meiner frag.

 

XXVI.

Ey wo? was ort / vnd landen
      Möcht je zu finden seyn
Die leich noch frisch in banden /
      Das todte leben mein?
Wer? wo doch? kan mir zeigen
      Den Cörper wunden voll?
Ach nit / nit wollet schweigen /
      Weß mich getrösten soll.

 

XXVII.

Erhebet schall / vnd stimmen /
      Vnd jhm doch machet kund /
Er mich mit süssem grimmen /
      Mit kühlem brandt verwund.
Von kühlem fewr / vnd flammen /
      Von bitter-süßer glut /
Von lieb vnd leyd zusammen
      Mir schmeltzet hertz vnd mut.

 

XXVIII.

Bald / bald mich vnderstützet
      Mit laub / vnd blümlein zart /
Mit zweiglein abgenützet
      Von Oepfflen bester art:
Auß rosen mir bereitet
      Gar weich die ligerstatt;
Auch Lilgen häuffig spreitet /
      Ich sinck zur erden matt.

 

XXIX.

Von jhm ich hatt geglaubet /
      Daß nie zu keiner weil
Solt werden mir geraubet
      Der best erwehlte theil.
Schaw da / wie schon hats fehlet!
Wie schon zu dieser weil /
Ist weg / wen ich erwöhlet /
      Der best / vnd eintzel theil.

 

XXX.

Nun war von jhm geschrieben:
      Zu jhm wer wachet früh /
Er gleich / auff sein belieben /
      Solt finden jhn ohn müh.
Schaw da / bey guten stunden
      Ich hab gewachet früh;
Doch jhn ich nit hab funden /
      Nach viel gepflegter müh.

 

XXXI.

Er zwar vor wenig tagen
      War mir nit wenig holdt:
Weiß nit waß zugetragen
      Sich seither haben solt:
Weiß nit / noch mags entrichten /
      Wo? wan? womit? vnd wie
An meinem fleiß / vnd pflichten
      Ichs ließ erwinden je?

 

XXXII.

Beym Creutz mich hab lan finden /
      Hab jhm die purpur-Füß
Gekühlt mit hertzen winden /
      Mit meinem Athem süß:
Zum Grab hab jhn getragen
      Mit vollem todten Recht /
Vnd nach vollbrachtem klagen
      Hab jhn da nider legt.

 

XXXIII.

Dan wider bin gelauffen
      Vom Cörper wol versarckt /
Mehr salben einzukauffen /
      Am besten Myrrhen marckt.
Nurs fest ich hab verehret
      Mit Osterhafften ruh /
Gleich heut bin widerkehret
      Gantz früh zum Grab hinzu.

 

XXXIV.

Vnd wie dan habs verschuldet?
      Womit hab jn entrust?
Daß aller gnad enthuldet
      Ich jhn verlieren must?
Was war nun mein verbrechen?
      Waß meine fehl / vnd sünd?
An mir ich wolt sie rechen /
      So nur ichs wissen kündt.

 

XXXV.

Ja warlich doch hab fehlet /
      Es jetzt mir kombt in sinn /
Die schuld bleibt nit verhälet
      Ich dran selbst schuldig bin.
Alß wir den schatz begraben /
      Die wunden-reiche Leich /
Versperrt ich solt mich haben
      Ins grab mit jhm zugleich.

 

XXXVI.

Mich solt han lassen schieben
      Mit jhm zur klufft hinein;
Mit jhm ich solt verblieben
      Im Sarck / vnd Felsen sein.
Wer jhn dan hät entstohlen /
      Wer jhn getragen wegk /
Gleich dem dan auff die sohlen
      Ich wär gefolget keck.

 

XXXVII.

Von dem hett nie gelassen /
      Hett allweg heulet nach /
Vnd aller ort / vnd strassen
Erklungen ach / vnd ach.
Dem räuber ich mit greinen
Hett hertz / vnd muth erweicht /
Er mir auff stätes weinen
Den Raub hett hergereicht.

 

XXXVIII.

Nun ist / vnd bleibt entwendet /
      Bleibt auß ohn widerkehr /
Nach wem ich abgesendet
      So manch- vnd manchen zähr.
Seit jhn ohn mich versperren
      Hab lan in Felsen ein /
Mir lufft vnd windt zerzerren
      Die zähr vnd seufftzer mein.

 

XXXIX.

Mein stätes heul- vnd klagen
      Vnfruchtbar hin vnd her /
Von winden wird zertragen /
      Vnd trieben vber meer.
In Stätten er / noch felden
      Ist nu zu treffen an;
Vmbsonsten auch in wälden
      Wol würd ich suchen gahn.

 

XL.

Doch wil nit gar verzagen /
      Im grab wil suchen bas /
Vnd einmahl noch durchschlagen
      Den Sarck in guter mas.
Vielleicht er war noch drinnen /
      Villeicht habs vbersehn /
Allweil von stätem rinnen
      Mein augen fast vergehn.

 

XLI.

Villeicht er lag verschoben
      Da drunden irgent wa /
Daß nicht in eyl von oben
      Ich jhn kont mercken da.
Villeicht er war verborgen
      Mit Leinwath bas bedeckt /
Welch jhm zu mehrer sorgen
      Hett jemandts auffgelegt.

 

XLII.

Villeicht mir auch gestanden
      Im weg die jüngling seyn /
Daß nit waß ja verhanden
      Ich recht hab nommen ein.
Villeicht auch gar zu morgen
      Im grab nit leuchtets gnug:
Es freilich steht zu sorgen;
      Ist werth ich weiter such.

 

XLIII.

Die wort hett kaum vollendet
      Die weinend Büsserin /
Zum grab sich wider wendet /
      Lugt immer hin / vnd hin.
Der Leib doch war entzogen /
      Der sarck noch lähr vnd bloß /
All Hoffnung schier entflogen /
      Daß leyd noch eben groß.

 

XLIV.

Nur jene knaben beyden /
      So droben zogen an /
Sie fragten gar bescheyden /
      O weib / waß weinest dan?
Sie sprach: fragt jhr noch beyde /
      Waß ich mög weinen dan?
Man mir (euch recht bescheyde)
      Nahm ab den schönen man.

 

XLV.

Drumb jüngling frisch / vnd lebend /
      Euch hebet auß dem grab:
Sucht vberall durchschwebend
      Wen ich verlohren hab.
Auff / eylend / auff / jhr knaben /
      Ihr schöne diener sein /
Nach jhm thut zeitlich traben /
      Nit lasset ihn allein.

 

XLVI.

Gleich drauff sie sich entwendet
      Vom felsen / mit verdruß;
Auffs new die zähr verschwendet /
      Mit noch so starckem guß.
Alß dan jhr kam erscheinen
      So lang gewünschter heldt;
Für jhr er stund auff beinen /
      Doch frembd / vnd vnuermeldt.

 

XLVII.

O weib / waß lauffest greinen?
      Sag an / was dir gebricht.
Vnd ach / solt ich nit weinen?
      Daß weid hin wider spricht.
Hastu nun jhn entstohlen?
      Wo brachtest jhn doch hin?
Ich jhn wil dannen holen /
      Kom sonst vmb hirn vnd sinn.

 

XLVIII.

O weib / vnd woltest holen /
      Vnd woltest heben du
Den Cörper dir entstohlen
      Auß seiner todten-ruh?
Vnd wie? wan er dan eben
      In kett- vnd banden läg?
Sie sprach / ich jhn wolt heben /
      Die ketten ich zerbräch.

 

IL.

Vnd wie; wan er solt stecken
      In dörnen gantz vmringt?
Sie sprach: von dorn / vnd hecken
      Man doch die Rosen bringt.
Vnd wie? wan er vmbgeben
      Mit fewr / vnd flammen wär?
Sie sprach: michs fewr ließ leben /
      Die lieb mich brennet mehr.

 

L.

Vnd wie? wan Er von Bären
      Vnd Löwen wurd verwacht?
Sie sprach: wolt mich erwehren
      Auch wol der wilden macht.
Vnd wie? wan er wär tragen
      In schiffen vber Meer?
Sie sprach: ich nach wolt jagen
      Mit gleichem schiff-gewehr.

 

LI.

Vnd wie? wan Er versuncken
      Dan läg im wasser-sauß?
Sie sprach: seind viel ertruncken /
      So doch man fischet auß.
Hör auff: ich deiner fragen /
      Hör auff / bin sauber satt:
Sag du / wer mich zu plagen
      Den Cörper stohlen hat?

 

LII.

Hast du nit jhn entstohlen?
      Dich zwar hab in verdacht;
Sags an / ich jhn muß holen /
      Hab schon es offt gesagt:
O recht / vnd recht hats troffen /
      Daß weib hats troffen fein:
Recht wol ist eingeloffen
      Der pfeil zur scheiben ein.

 

LIII.

Er / Er / hat jhn entstohlen /
      Vnd Er hat jhn entführt:
O weib sey dirs befohlen /
      Die rechnung jhm gebührt.
Du fehlend ja nit fehlest /
      Die sach nit wissend weist:
Wen du verdechtig zehlest
      Ist schuldig allermeist.

 

LIV.

Er selbst es vngelogen /
      Vnd ers in warheit ist /
Wer dir den schatz entzogen /
      Gen wen verwundet bist.
Nur schnell fall jhm zun füssen /
      Halt an den thäter fest;
Leg jhn / den raub zu büssen /
      Mit armen in arrest.

 

LV.

O Jesv nit verschiebe /
      Den dunst beyseiten treib:
Dich kund nun einmal gibe
      Dem höchst betrangtem weib.
Nur bald / nur laß erschallen /
      Laß jhr zum höchsten lust
Ein kleines wörtlein hallen /
      Ein wörtlein dir bewust.

 

LVI.

Er schon jhm läst gesagen;
      Vnd wie zum morgen gut
Der blitz mit zarten schlagen /
      Ein flämlein zeigen thut:
Mit namen er sie rühret /
      Er nur Maria klingt:
Gleich sie das flämlein spüret /
      Gleich auff in frewden springt.

 

LVII.

Ihr marck in beinen wallet /
      Vnd widerlebend blut
In süssem sod erbrallet /
      Vnd farbet hertz vnd muth.
O Gott / vnd wer mit worten
      Möcht je nun zeichnen ab /
Waß jubel mancher sorten
      Alsdan sie trieben hab?

 

LVIII.

Mir stimm vnd Zung erstarren /
      Mir bresten red / vnd wort /
Ichs nimmer auß würd harren;
      Würd finden grund / noch bort.
Die feder schon sich sencket /
      Die dinten trücknet ein:
Wen je die lieb gekräncket
      Mags nur betrachten fein.

 

LIX.

Den boltz wer je gefühlet /
      Geschmidt in süssem brand:
Im brand / so wärmt / vnd kület /
      Mags greiffen mit verstand.
Allein / allein mags wissen /
      Vnd jhm recht bilden ein /
Wem je die lieb durchrissen
      Leib / Seel / vnd marck / vnd bein.

 

12    Ermahnung zur buß an
den Sünder / daß er die Burg seines hertzens
Christo auffmache / vnd einraume.

 

I.

Thu auff / thu auff / du schönes Blut /
      Sich Gott zu dir wil kehren.
O sünder greiff nun hertz / vnd mut /
      Hör auff die sünd zu mehren.
Wer buß zu rechter zeit verricht
      Der soll in warheit leben /
Gott will den todt deß sünders nicht /
      Wan wiltu dich ergeben?

 

II.

Vergebens ist all rath / vnd that /
      Waß wiltu länger saumen?
Es sey nun gleich früh / oder spath /
      Die festung mustu raumen.
O armes kind! O sünder blind!
      Was hilfft daß widerstreben?
Dein stärck verschwind / alß wie der wind /
      Laß ab / es ist vergeben.

 

III.

Thu auff / thu auff / mirs glaub fürwar
      Gott laßt mit jhm nit schertzen /
Dein arme seel / steht in gefahr /
      Vnd wird dichs ewig schmertzen.
Kehr wider / O verlohrner sohn /
      Reiß ab der sünden banden.
Ich schwer dir bey dem Gottes thron
      Die gnad ist noch fürhanden.

 

IV.

Geschwind / geschwind / all vhr vn stund
      Der todt auff vnß kombt eylen:
Ist vngewiß wen er verwund
      Mit seinen bleichen pfeilen.
Wen er nit find in gnaden zeit /
      Wär nützer nie geboren:
Wer vnbereit von hinnen scheidt /
      Ist ewiglich verlohren.

 

V.

O ewigkeit / O ewigkeit?
      Wer wird dich können messen?
Seind deiner doch schon allbereit
      Die menschen kind vergessen.
O Gott von höchstem himmel gut /
      Wan wird es besser werden?
Die welt noch jmmer schertzen thut
      Kein sinn ist mehr auff erden.

 

12    Conterfey des menschlichen
lebens.

 

I.

Ich newlich früh zu morgen /
      Zur edlen sommer zeit /
Hett abgespannt all sorgen /
      Vnd war geschefften queit.
Alß nun spatzirt im garten /
      Stund auff ein blümlein zart /
Da wolt ich je noch warten /
      Biß es vollkommen ward.

 

II.

Die morgenröth verschwunde /
      Weil jhren purpurschein
Der helle tag vmbwunde
      Mit klarheit noch so rein.
Die Sonn mit sanfften stralen
      Daß blümlein vbergoß /
All blättlein thet sie mahlen /
      Sampt blüets in jhrem schoß.

 

III.

Da gund es lieblich blicken /
      Gab auch so süssen ruch /
Ein krancken möchts erquicken
      So läg im letzten zug.
Ein lüfftlein lind von Athem
      Rührt an daß Blümelein.
Da schwebts / alß an ein Fadem
      Gebundnes vögelein.

 

IV.

Auff seinem stiel so mütig
      Sich wand es hin / vnd her /
So säfftig / vnd so blütig /
      Alß wär der Todt noch fehr.
O blümlein schön ohn massen /
      Weil bist in deiner zier /
Von dir wil nu nit lassen
      Biß zu dem abend schier.

 

V.

Ey wer mag auß- dan- sprechen
      Dein schön- und lieblichkeit?
An dir weiß kein Gebrechen /
      Bist voller zierlichkeit.
Ja Salomon der mächtig /
      War nie so schön bekleid /
Wan schon er leuchtet prächtig
      In pomp / vnd herrligkeit.

 

VI.

Vmb dich die Bienlein brummen /
      Vnd hönig samblen ein /
Zu saugen sie da kommen
      Die weiche wänglein dein.
Die menschenkind im gleichen
      Mit lust dich schawen an /
All schönheit muß dir weichen /
      Spricht warlich jederman.

 

VII.

Wolan / magst nun stoltziren
      Du garten Sternelein /
Must endlich doch verlieren
      All dein gefärbten schein.
Dich bald nur wirst entferben /
      Gestalt wirst reisen ab /
Noch heut wjrst müssen sterben
      Denck zeitlich nur zum Grab.

 

VIII.

Ich zwar will dich nit brechen /
      Will dich wol bleiben lan:
Die sonn dich wird erstechen /
      Wirst nicht so lang mehr stahn.
Halt / halt / wird schon bald werden /
      Schon dopplets jhre pfeil /
Vnd richts gerad zur erden /
      Wie lauter fewrig keil.

 

IX.

Starck hats gespannt den bogen
      Schießt ab den besten schein /
Groß hitz da kompt geflogen /
      Vnd dringt mit machten ein.
Ey waß will nun beginnen
      So zartes garten-blut?
Die blätlein gar erbrinnen /
      Von heisser sonnen-glut.

 

X.

Da neigt es sich zur stunde
      Verwelckt / vnd sincket hin /
Daß jetzt noch auffrecht stunde
      Mit also stoltzem sinn /
Daß blümlein / jung von tagen
      Sein hälßlein nidersenckt;
Ach / ach / nun muß ich klagen
      Schon gar es ist erkrenckt.

 

XI.

Die seel hats auff der zungen
      Alweil wirds blasen auß:
Nun muß es sein gerungen
      Mit todt / vnd letztem strauß.
O wee der kurtzen stunden!
      O wee! da schläfft es ein;
Jetzt / jetzt ist schon verschwunden
      Mein zartes blümelein.

 

XII.

O mensch hab dir gemahlet
      So gar ob augen dein /
Recht wie der todt vns holet /
      Wan wir in wolstand seyn.
O nie / nit traw der schöne
      Dem fleisch vnd blut nicht traw /
Dich nur mit Gott versöhne /
      Auff jhn alleinig baw.

 

XIII.

Wan schon all man dich preisen /
      Vnd stehst in voller blut /
Die blätlein doch bald reisen /
      Noch eh mans träumen thut.
Ein fieberlein kompt stechen
      Mit seinen stralen spitz /
Da muß all krafft zerbrechen /
      O wee der gschwinden hitz?

 

XIV.

Ey waß dan will brauiren
      Ein schwaches pfläntzelein?
Der Todt wird bald citiren /
      Fort / fort / dan muß es seyn.
Wan schon bist jung von jahren /
      Wan schon bist hüpsch / vnd fein /
Doch must von hinnen fahren /
      Fort / fort / muß dennoch seyn.

 

13    Das Vatter vnser Poetisch
auffgesetzt.

 

Eingang.

Ach Vatter hoch entwohnet /
      Ob allen lüfften weit /
Alda dir Sonn / vnd Monet
      Gar tieff zun füssen leit:
Nim auff von mir geringen /
      Ja nim die seufftzer an /
So mir von hertzen dringen /
      Durch läre Wolcken-baan.

 

Die I. Bitt.

Ach würd nur stäts gepriesen
      Nur dein so schöner Nahm /
Wan späth sich hat gewiesen
      Der nächtlich sternen kram!
Wan früh dan auch erschienen
      Der täglich glantz / vnd glast /
Vnd vns mit fremden dienen
      Sonn / Mon ohn ruh / vnd rast.
Dich alle stund / vnd vhren /
      Ich wölt von hertzen mein /
All deine Creaturen
      Recht lobten in gemein.
O Gott laß dir zu Ehren
      Erd / Himmel springen auff /
Will ja mich nit beschweren
      Ichs mit dem halß erkauff.

 

Die II. Bitt.

Nun stincket mir auff Erden
      Die welt / vnd weltlich pracht:
Nach Wagen / Gutsch / vnd Pferden /
      Goldt / geldt nit geitzig tracht.
Ach nur daß Reich dort oben /
      Die runde Tempel dein /
Vns raum doch vnuerschoben
      Nach diesem leben ein.

 

Die III. Bitt.

Weil vnder deß wir niessen /
      Den süssen Sonnen-schein
Wolt ich / wir nie verliessen
      Den minsten willen dein.
Gar offt ich wünsch von hertzen
      Gestrenger Herr / vnd Gott /
Nie keiner wöll verschertzen
      Auff erden dein gebott.

 

Die IV. Bitt.

Dich auch wir weiters bitten
      Vmb nahrung / speiß / vnd brod;
Daß je doch bleib vermitten
      Die saure taffel-noth.
Auß deiner hand ja prasset
      Die nackend Raben-zucht /
Vnd weiß / auff dich gepasset /
      Von keiner mangelsucht.

 

Die V. Bitt.

Nit ruck zu sinn mit grimmen
      Die sünd / vnd sünden-schuld /
Vnß mach in zähren schwimmen /
      Hab wenig noch gedult.
O Gott / so du mit augen
      Die sünd wolst schawen an
Würd gar für vns nit taugen /
      Nie könten wir bestahn.

 

Die VI. Bitt.

Daß fleisch mit süssen pfeilen
      Vns trifft in süssem blick:
Die Welt von seiden seilen
      Vnß macht gar sanffte strick:
Der Sathan vnß mit ehren /
      Mit Cron / vnd Scepter ladt /
Versuchung thut sich mehren /
      Hilff / hilff / gib rath / vnd that.

 

Die VII. Bitt.

Ja milt / vnd frommer Vatter /
      Ja Vatter / vatter from /
Der höllisch drach / vnd Natter
      Schaff nie zu kräfften kom̅.
Vor seinem gifft vnd flammen /
      Vor seel vnd leibs gefahr /
Erhalt vns allesammen /
      Ohn übel jmmerdar.

 

15    VVahre buß eines recht
zerknirschten hertzens.

 

I.

Wan abends vnß die braune nacht
      Im schatten schwartz verkleidet /
Vnd ich dan meine sünd betracht /
      Groß noth mein hertz erleidet.
Von lauter leyd / von trawrigkeit /
      Mein augen mir fast rinnen
Zun Sternen auff / so seind im lauff
      Ich schaw mit trüben sinnen.

 

II.

Halt / halt / jhr scheinend perlen klar
      Ihr tausend liecht / vnd fackel:
Halt / halt / jhr wolgezündte schar /
      Ihr fewr vnd flamm ohn mackel:
O schöne Stern / nit lauffet fern /
      Hört an waß euch wil klagen:
Du schöner Mon auch bleibe stohn
      Hör an mein leyd vnd zagen.

 

III.

Ach / ach / was angst / vnd hertzen-leid!
      Bin gar mit sünd befangen:
Auff / auff / jhr heisse brünlein beid /
      Nun rauschet mir von wangen.
Ach schöne Stern / wolt ich so gern
      Wär nie von Gott gewichen:
Ach schöner Mon / was hab ich thon?
      Mein Seel ist todts verblichen.

 

IV.

Fließ ab / fließ ab / du thränen bad /
      Für leyd kan dich nit halten:
Wäsch ab all sünd / vnd missethat /
      Daß hertz ist schon gespalten.
O trewer Gott! hab dein gebott
      In wind / vnd lufft geschlagen:
O frommer Herr! von dir so ferr
      Die sünd mich hat getragen.

 

V.

Ey wie nun wil ichs greiffen an?
      Mit Recht mags nie beschönen:
Ey wie wil ich vor dir bestahn?
      Dein angesicht versöhnen.
O Schöpffer mein / ichs nit vernein /
      Vor dir ich muß erstummen /
Bins freilig werth / mich Fewr / vnd Schwerd
      Reib auff in gleicher summen.

 

VI.

Doch nit / wan brinst in eyffermut /
      Dir stell mein sünd zugegen:
O nit / wan bist in voller glut /
      Mich laß mit straff belegen.
Bedeck mit gnad all meine that;
      Nit mehr der sünd gedencke /
Ach nur ins Meer / nur weit vnd ferr
      Sie tieff in grund versencke.

 

VII.

Schaff Herr / daß ich mit zähren heiß
      Den grimmen dein vergüte;
Mich mach recht schnee- vnd Schwanen-weiß
      Wäsch ab das alt geblüte;
Achs ist geschehn! kans nit vmbgehn:
      Nun kränckets mich von hertzen /
Vnd ich von leyd fast jederzeit
      Zerfließ gleich einer kertzen.

 

VIII.

Ach dörfft ich nur zun augen dein
      Mein augen auffrecht schlagen /
Dörfft nur dich nennen vatter mein /
      Wie zärtlich wolt ich klagen!
O vatter mein / wolt nur allein /
      O vatter mein wolt sprechen:
Da würd alßbald / mit gnaden spalt /
      Dein hertz in stuck zerbrechen.

 

IX.

Da würd dein miltes ingeweid
      Wie wachs vom fewr zerfliessen /
Da würdest mich mit armen beid
      An deine wangen schliessen.
Ach nur nim an wolt sprechen dan /
      Nach deiner grossen milte;
Nim an geschwind / dein armes kind /
      So gangen war ins wilde.

 

X.

Gleich würdest den verlohren sohn
      Mit frewden groß empfangen /
Vnd geben jhm die vorig Cron /
      Mit kleinod viel behangen.
Auch wurdest bald / ohn auffenthalt
      Gar prächtig bancketiren /
Vnd wurdest frey / mit jubelschrey /
      All höffling dein tractiren.

 

XI.

Nun bin ichs je mit nichten werth /
      Darff dich kein Vatter nennen:
Auch du / weil alles hab verzehrt /
      Wirst mich kein sohn mehr kennen /
Ach wo muß dan ichs greiffen an?
      Wem / wie dan muß ichs klagen?
Ach / ach was rath / ist zimlich spath:
      Jedoch nit will verzagen.

 

XII.

O sternen still / O stiller Mon /
      Deß elends laßt euch dauren.
Mein leyd euch laßt zu hertzen gan
      Mit mir thut kläglich trawren.
Ach haltet ein den halben schein /
      Euch halber thut zerspalten
Vnd halt zu nacht nur halbe wacht /
      Laßt finsternuß halb walten.

 

XIII.

Ja freylich / freylich gar / vnd gantz
      All augen thut beschliessen /
Verleschet allen schein / vnd glantz /
      Kein eintzen stral last schiessen.
Zur rew / vnd leyd bin ich bereit;
      Ade / Sonn / Mon / vnd sternen.
Nur trawren gar ich muß fürwahr /
      Vnd spiel vnd schertz verlernen.

 

XIV.

Ade dan / eins vnd abermahl /
      Ihr liechter schön gezündet /
Ade / verleschet alle stral;
      Euch gantz hab auffgekündet.
In dunckler nacht / ich bin bedacht
      Mein tag / ohn tag volbringen;
Nur trawr-gesang / mein leben-lang
      Bey mir soll stäts erklingen.

 

XV.

In finsternuß gewunden ein /
      Ich meine jahr werd schliessen.
Mein speiß / vnd tranck mir sollen sein
      Die zähr / so werd vergießen.
Mein kranckes hertz ich leg in schmertz /
      In schmertzen laß ichs rasten:
Wans dan verscheidt ist schon bereit
      Der schmertz zum todten-kasten.

 

XVI.

In schmertzen / qual / vnd trawrigkeit
      Mein leben soll passiren:
In wee / vnd ach / vnd stätem leidt
      Wil meine zeit verlieren.
In holem wald / der deutlich schallt,
      Ein hüttlein werd ich schlagen;
Da soll vor all der Echo schall
      Mit mir mein jammer klagen.

 

XVII.

Mit seufftzen viel in grossem hauff
      Die wund ich wil vermehren:
Die bächlein sollen schwellen auff /
      Von meinem vielen zähren.
Die bäum / vnd stein / sie mögen sein /
      Die Felsen hart vnd Eichen /
Mit thränen heiß / mit augenschweiß
      Ich hoff noch werd erweichen.

 

XVIII.

Wer weiß ob nit der fromme Gott
      Die gnaden brust erschliesse?
Wer weiß ob nit Herr Sabaoth
      Daß gnaden-meer ergiesse?
Die schrifft vermeld / der glaub es helt /
      Wer Buß mag redlich tragen /
Find je noch gnad / ist nit zu spath:
      Vnd wer dan wolt verzagen?

 

16    Ein ander Bußgesang
eines zerknirschten hertzens.

 

I.

Gleich früh wan zarter morgenschein
      All gipffel hoch vergüldet /
Mich zeitlich daß gewissen mein
      Der sünden viel beschüldet:
Auch abends / wan die braune nacht
      Den tag zu ruh getragen /
Es mirs kein härlein besser macht /
      Ja schärpffer thut michs nagen.

 

II.

O Gott wan ich mein laster all
      Mit Ziffer solt befangen /
Weit schrittens vber zihl vnd zahl:
      Solt ich noch gnad erlangen?
Nit minder haar / ich schetz fürwar /
      Mein feuchtes hirn bedecken /
Als vil der sünd / vnd fauler fünd
      In meinem busen stecken.

 

III.

O schöpffer mein! für augen dein
      Darff nie so bald erscheinen:
Mein vnuerstand ist dir bekandt /
      Nur seufftzen wil vnd weinen:
Auff äuglein / auff / rüst euch zum lauff /
      Ihr brünlein reich an feuchte /
Nur haltet ein den glantz / vnd schein /
      Kein augenstral mehr leuchte.

 

IV.

Spritzt eilend auff euch mischt zu hauff /
      Thut liecht vnd flam vertauschen:
Für stralen rein / für augenschein
      Die bächlein heiß laßt rauschen.
Du tieffes hirn / du flache stirn /
      Euch badet gantz in zähren.
Ichs / endlich halt / werd euch noch bald
      In starcke flüß verkehren.

 

V.

Ach du so from / vnd trewer Gott /
      Du schöpffer der naturen!
Warumb dan ließ ich dein gebott?
      Schlug mich zun Creaturen?
Vom brunnen fern hab mir Cistern
      Mit arbeit groß ergraben;
Nun find ich ja kein tröpfflein da /
      Daß nur die zung möcht laben.

 

VI.

Ach / ach / wan ich zu sinnen faß /
      Wie bald all frewd entflogen.
Von thränen werd ich sauber naß;
      O wee / bin gar betrogen!
Hab vbels than / werd nit bestahn:
      In leyd ich muß verderben.
Wer nur mich sicht / mich bald zerbricht /
      O wee der schwachen scherben!

 

VII.

Vnd wie doch thät michs kommen an /
      Daß meinem Gott so milde
Ich dörffte frey zu wider gan /
      Mit meinem wandel wilde?
Hab gleich in schertz sein trewes hertz
      Mit sünden vil gequeelet:
Fast alle stund hab ichs verwund /
      O wee / wer hats gezehlet!

 

VIII.

Vnd doch waß hattest mir gethan /
      O Gott so reich von güte!
Daß mich zur sünd hab führen lan?
      Hab kräncket dein gemüte?
Wan rieffest mir / lieff ich von dir;
      Vom fleisch ward vberwunden;
Wan suchest mich / hab flohen dich:
      O wee der blinden stunden!

 

IX.

Wolan / wil doch verzagen nit /
      Wil büssen mein verbrechen:
Wil meinem Gott mit starcker bitt
      Die milte brust erbrechen.
Zum gnaden-thron / mit jenem Sohn /
      Wil heut noch widerkehren:
Gnug sol mir sein / beym vatter mein
      Die zahl der knecht vermehren.

 

X.

O Sohn / vnd Vatter namen süß!
      Wie gar hab euch mißhalten?
Wil werffen mich an seine füß /
      Mein händ anmütig falten:
Wil schleichend bey mit starckem schrey
      Sein weiches hertz erspalten:
Ach vatter mein / beyn knechten dein
      Mich laß nur platz erhalten.

 

XI.

Wil sprechen: O du Vatter fromm
      Laß fließen gnad vnd güte /
Zu dir ich je doch widerkomm /
      Vnd bin doch dein geblüte:
Bin zwar vnwerth / mich lufft vnd erd
      In jhrem schos ertragen;
Doch zieh mich ein / zun knechten dein /
      Erbarm dich meiner klagen.

 

XII.

Wer weiß er möcht entgegen gan
      Dem lang verlohren kinde?
Mich möcht mit armen hefften an
      An seine brust geschwinde?
Wer weiß ob nit mit schnellem tritt
      Er schon zu mir kombt eilen?
Zwar seine gnad ohn end bestaht /
      Sich thut ohn maß ertheilen.

 

XIII.

S. O da / da vatter / vatter mein!
      O wee mir schönem kinde!
V. O kind / O kind / kehr wider ein /
      O wol / daß dich noch finde!
S. Ach vatter / ichs bekennen muß /
      O wee mir frech- vnd stoltzen!
V. Ach kind / mein hertz ob deiner buß /
      Ist schon für lieb zerschmoltzen.

 

XIV.

S. Ach vatter / mich nim wider an;
      Bin sonsten gar verlohren.
V. Ach kind / waß magst in zweiffel stan?
      Mein ingeweid erkohren.
S. Ach Vatter / wil zun knechten gan /
      Mein lieb ist gar erfroren.
V. Ach kind / solt ich beyn knechten lan /
      Mein fleisch / von mir geboren?

 

XV.

S. Ach vatter / bins mit nichten werth /
      Mich laß bey deinen füssen.
V. Ach kind / dein hab ich lang begerth /
      Muß dich nun hertzlich grüssen.
S. Ach vatter / liebster vatter mein /
      Wan ich der sünd gedencke!
V. Ach liebes kind nit also wein:
      Ich dirs von hertzen schencke.

 

XVI.

Geschwind / geschwind / in aller eyl /
      Her / sammet her / vnd seyden /
Her waß von bester purpur feil /
      Wil gantz mein kind bekleiden.
Bringt her gold / perlen / Edelstein /
      Wil frey dich prächtig zieren;
Richt zu die tisch / laßt frölich seyn /
      Laßt vnß nun jubiliren.

 

XVII.

S. O vatter / vatter / vil zu from!
      O gnad gantz vnermessen!
Für wunder schier ich bleibe stumm /
      Die sprach ist fast ersessen.
Ach sünder all / auß aller Welt /
      Last euch bey zeiten sagen.
In eyl / in eyl euch vnderstellt /
      Wolt nie / ach nie verzagen.

 

17    Ein Christliche Seel muntiert
sich auff im abgang jhrer travvrigkeit.

 

I.

O trawrigkeit deß hertzen /
      Wan wirstu nemmen ab?
Aprill kombt auff den Mertzen /
      Der winter geht zu grab.
Natur war auch im schmertzen
      Den trüben winter-tag /
Nun wend sie sich zum schertzen
      Allweils die zeit vermag.

 

II.

Die vöglein schön erklingen /
      Die Sonn sich strälet auff /
Die kühle brünlein springen /
      Die bächlein seind im lauff.
Die blümlein zart erspriessen /
      Zur Erden kriechens auß /
Laub / graß / herfür auch schiessen /
      Die pfläntzlein werden krauß.

 

III.

Ade last trawren fahren
      Zur wilden wüst hinein /
Bald wagen her / und kahren
      Lad auff all qual / und pein /
Führt hin so schnöde wahren
      Weit auß dem hertzen mein /
Wil fröligkeit nit sparen
      Beym lieben Sonnen-schein.

 

IV.

Ey wer doch wolt verlieren
      So schöne Frühlings zeit?
Weil doch melancoliren
      Hilfft warlich nit ein meit.
Ich heut noch will spatziren
      Zum nechsten grünen waldt /
Vnd da dan musiciren /
      Daß lieblich widerschallt.

 

V.

An einem holen Felsen
      Sich last ein Täublein sehn /
Ein Creutzlein thuts vmbhälsen
      Heist büssend Magdalen.
Pflegt lieblich offt zu spielen
      Auff diesem Psälterlein /
Daß nie so süß bey vilen
      Noch harpff / noch Cither seyn.

 

VI.

Mit jhr will ich dan singen
      Dem lieben Gottes Sohn:
Mehr lust es mir wird bringen
      Alß aller ander thon;
Im Creutz allein / mag sagen /
      Ist frewd / vnd fröligkeit:
Wers wil mit JESU tragen /
      Find endlich süssigkeit.

 

VII.

Wolauff / wolauff / im herren
      Ich wil recht frölich seyn.
In weltlich schrey / noch plerren
      Mag ich nicht stimmen ein.
All meine frewd verborgen
      In Jesv seiten ligt /
Da find ich heut / vnd morgen
      Noch manches rein gedicht.

 

VIII.

Mein harpff / so mir wil schlagen /
      Mein geig / vnd cither-sang /
Mein lied in frewden-tagen /
      Mein Laut- vnd psalter-klang
Sol sein als lang ich lebe /
      Creutz / nägel / speer / vnd blut /
Biß ich mein seel auffgebe
      Bleibt mir wol solcher muth.

 

IX.

O Creutz gar schön gezieret
      Mit Jesv meinem lieb!
Wer stäts bey dir psalliret /
      Wol stäts in frewden blieb.
Möcht nur zu dir ich steigen
      Ein Music richten an!
Zwar vber alle Geigen
      Es müßt in warheit gahn.

 

X.

Kom nur auß deinem steine /
      Du büssend Magdalen /
O Täublein daß ich meine /
      Dich laß nur kecklich sehn.
Vns laßt nun musiciren
      Mit hellem frewden-thon /
Vns last nun jubiliren
      Dem lieben Gottes Sohn.

 

XI.

In frewden wil ich leben /
      Der winter ist fürbey:
Die sünd mir seind vergeben /
      Bin frisch / und vogel-frey.
O wol / und wol der stunde /
      So mich zur buß gebracht /
Daß nit ich gieng zu grunde
      Hat JESU Creutz gemacht.

 

XII.

Nit lang / nit lang mags wehren
      In diesem jamerthal /
In eyl sich wird verzehren
      All meiner stunden zahl.
Warumb wolt ich dan klagen /
      Weil doch in ewigkeit
Nach diesen kurtzen tagen
      Die frewd ist uns bereit?

 

XIII.

Hab ich schon waß verlohren
      Auff dieser schnöden erd /
Ichs dort gantz außerkohren
      Bald wider finden werd;
Auff / auff dan / laßt erschallen
All frewd / und fröligkeit /
Dem Herren wirds gefallen
Fort / fort / O trawrigkeit.

 

18    Jubel einer Christlichen
Seelen nach vbervvundener travvrigkeit.

 

I.

O wie scheinbar trost von oben
      Endtlich durch die Wolcken bricht!
Nie noch keine Stralen gaben /
      Noch Crystall so reines liecht;
O wie wol wird meinem hertzen!
      O wie klar mein angesicht!
Weichet / weichet angst und schmertzen /
      Darff nun ewer weiter nicht.

 

II.

Euch hinaussen trollt mit hauffen /
      Fliehet hin zur Finstren nacht:
Lauter frewden kommen lauffen /
      Lufft / und Wetter wider lacht.
Kelt / und Winter ist gebrochen /
      Trübsal ist nun sauber hin /
Trawrigkeit ist gar erstochen /
      Fröligkeit ist mein gewin.

 

III.

Eya lasset vns spatziren /
       JESU viel geliebter mein /
Weil die gärten sich nun zieren /
      Weil die Blümlein offen seyn /
Weil die grüne wiesen lachen /
      Weil die pflantzen voller zweig /
Weil die vögel nester machen /
      Kinderbettlein zart vnd weich.

 

IV.

Schaw die reine Brünlein springen
      Hoch in lären lufft hinein;
Schaw die zarte Vöglein singen
      Wunder / wunder süß / vnd rein;
Schaw die Bächlein lieblich sausen /
      Klar wie lauter Silberschein;
Schaw die Bienen ernstlich hausen
      Rauben / klauben honig ein.

 

V.

Ach jhr Bienlein / ach jhr fehlet /
      Ledig fahret jhr nach hauß:
Nur von JESU lefftzen stehlet;
      Dannen klaubet Honig auß:
JESU lefftzen / mund / vnd augen
      Voll deß besten safftes seyn.
Da thut nun hinfürter saugen:
      Noch so viel es bringet ein.

 

VI.

Newlich ich in trawren stunde /
      Ware voller bitterkeit:
JESUM da gecreutzigt funde /
      Klaget jhm daß hertzen-leyd:
Lieblich thät ich jhn vmbhälsen /
      Küsset seine wangen beyd;
Gleich mir sprang von diesem Felsen
      Brunn / vnd bach der süssigkeit.

 

VII.

Warlich war ich gar zerschlagen /
      War von lauter trawren matt:
Bin nunmehr in frewden-tagen /
      Bin von lauter lüsten satt.
Trübnuß hatte mich vmbzogen /
      Ware mehr dan halber todt:
Nunmehr hab ichs leben sogen
      Nur auß JESU lefftzen roth.

 

VIII.

Drumb jhr Bienlein / last euch sagen /
      Kombt mit hauffen / kombt hinzu:
JESU lefftzen sollet nagen /
      Mercket was ich rahten thu.
Wil die warheit nit verhälen /
      Nirgend besser blumen sein:
Dorten wollet waidlich stehlen /
      Rauben / klauben honig ein.

 

IX.

Weidet jene süsse wangen /
      Euch nur freundlich klebet an /
Sauget / hauchet / bleibet hangen /
      Bessers niemand rahten kan.
Von den augen JESU fallen
      Runde thränen silber-weiß /
Von der stirnen roth corallen;
      Beyde seind euch geben preiß.

 

X.

Da thut sauber honig machen /
      Lauter süß- vnd liebligkeit /
Labung so für kranck- vnd schwachen /
      Dienen mag zu jeder zeit;
Wan dan werd in ängsten stecken /
      Brauchen wil ich solchen safft /
Weiß fürwar es wird erklecken /
      Zweiffel nit ich finde krafft.

 

19    Poetisch Gedicht von dem
H. Francisco Xavier der Gesellschafft JESU,
alß er in Jappon schiffen vvollte, alda die
Heidnische Völcker zu bekehren.

 

I.

Alß in Jappon weit entlegen
      Dachte dieser Gottes man /
Alle waren jhm entgegen /
      Fielens jhn mit worten an /
Wind / vnd wetter / meer / vnd wällen
      Mahltens jhm für augen dar /
Redten vil von vngefällen /
      Von gewitter / vnd gefahr.

 

II.

Schweiget / schweiget von gewitter /
      Ach von winden schweiget still:
Nie noch warer held / noch Ritter
      Achtet solcher kinderspiel.
Lasset wind / vnd wetter blasen /
      Flam der lieb vom blasen wächst:
Lasset meer / vnd wällen rasen /
      Wällen gehn zum Himmel nächst.

 

III.

Ey doch lasset ab von schertzen /
      Schröcket mich mit keiner noth;
Noch Soldat / noch Martis hertzen /
      Förchten immer kraut / vnd loth.
Spieß / vnd pfeil / vnd blosse degen /
      Rohr- pistoll- vnd Büxsen-spieß. Pulver.
Macht Soldaten mehr verwegen /
      Vnd sie lockt zum ehrenpreiß.

 

IV.

Lasset nur jhr hörner wetzen
      Wind / vnd wetter vngestumm /
Laßt de brummend wällen schutzen /
      Vnd die Trommen schlagen
Nord / vnd Suden / Ost / vnd Westen /
      Kämpffen last auff saltzem feld;
Nie wirds dem an ruh gebresten /
      Wer nur frid im hertzen helt.

 

V.

Wer wils vber Meer nit wagen /
      Vber tausent wässer wildt /
Dem es mit dem pfeil / vnd bogen
      Nach viel tausent Seelen gilt?
Wem wil grausen vor den winden?
      Förchten jhre flügel naß?
Der nur seelen denckt zu finden /
      Seelen schön ohn alle maß?

 

VI.

Eia starck / vnd freche wällen /
      Eia starck vnd stoltze windt /
Ihr mich nimmer sollet fellen /
      Euch zu stehn ich bin gesinnt /
Seelen / seelen / muß ich haben
      Sattlet euch nur höltzen Roß / Schiff.
Ihr must vber wällen traben /
      Nur von vfer drucket loß.

 

20    Die Gespons Jesu lobet Gott
bey dem gesang der vögel.

 

I.

Offt morgens in der kühle /
      Noch vor dem Sonnen-schein /
Wan JESV pfeil ich fühle
      Zu scharpff / vnd hitzig sein /
Mit frewden mich verfüge
      Zum grünen wald hinein;
Wolt Gott / nun dapffer schlüge
      Der klang der vögelein.

 

II.

O vöglein jhr ohn sorgen /
      Alß newlich kam hinein /
Ein liedlein must euch borgen;
      Wil nun bezahlet sein.
Nun mahnet auff zur stunde
      Den besten athem gut;
Nun schöpfft von hertzen grunde /
      Vom best-gesiebten blut.

 

III.

Mit bester stimm laßt klingen /
      Den höchst- vnd besten thon:
Durch wolcken soll sichs dringen /
      Biß zu dem Gottes thron.
Nun da / da thuts erklingen /
Nun da / da recht / vnd fein:
Ja so / so musset singen /
      Ihr lautbar vögelein.

 

IIII.

O Nachtigal du schöne!
      Verdienest rechter weiß /
Man dich fürnemblich cröne /
      Mit höchstem Ehrenpreiß.
Wie magst es je doch machen
      So sauber / glatt / vnd rund.
Daß hertzlein dir möcht krachen
      Förcht ich / wans geht zu bund?

 

V.

Thust wunder / wunder zwingen
      Den athem hundertfalt /
Kein vöglein ist im singen /
      So dir die farben halt.
Wan man dich mercket kommen /
      Offt zum gemeinen hauff /
Fast alle gleich erstummen /
      Die zünglein zäumens auff.

 

VI.

Doch jetzet sie nit schweigen /
      Nit feirens dieser frist /
Jetzt alle sie sich zeigen
      Weil Gott zu loben ist.
Keins will jetz andern weichen /
Sich brauchens groß / vnd klein;
Laut spielend gehn durchstreichen
      Daß frölich wäldelein.

 

VII.

O süßigkeit der stimmen!
      Wie pfeiffens also rein!
Im lufft wie lieblich schwimmen /
      Die flügend psälterlein:
Wie zierlich thuts erschallen
      Im krauß- vnd holen holtz?
Wil mirs ja bas gefallen
      Als alle music stoltz.

 

VIII.

Die bäumlein reich von zweigen
      Auch sang-weiß sausen gan /
Zum Gotteslob sich neigen /
      Vom wind geblasen an.
Die bächlein auch thun rauschen /
      Vnd frölich klinglen zu /
Nit bald den thon vertauschen /
      Bleibt gleicher klang ohn ruh.

 

IX.

Ey wo nun seind im gleichen /
      Wo seind all menschen spiel?
Ach woltens ja nit weichen /
      Sich samblen eben viel!
Ach woltens gleicher massen
      Bey dieser music seyn /
Sich auch mit hören lassen /
      Vnd sämptlich stimmen ein!

 

X.

O Gott waß frewd im hertzen /
      Waß lust ich schöpffen thät?
Wan heut zur Prim / vnd Tertzen /
      Sext / Non / vnd Vesper späth
Zu wegen ich könd bringen
      Dem lieben Gottes Sohn /
Vor jhm daß möcht erklingen
      So starck gemischter thon!

 

XI.

Her / her / all jnstrumenten /
      So seind in gantzer welt /
All Fugen / vnd Concenten
      So vil die music zehlt:
Her / her / all menschen stimmen /
      Laßt immer / immer gan /
Mans nie doch wird erklimmen /
      Waß Gott gebühren kan.

 

XII.

Je mehr man jhn erhoben /
      Gelobt / vnd ehret hat /
Je mehr man jhn zuloben
      Noch allweg lasset statt.
Drumb spielet / vnd psalliret /
      Was je nur spielen kan.
Springt / jauchtzet / jubiliret /
      Lust / frewd jhm stellet an.

 

21    Anleitūg zur erkandtnuß
vnd liebe deß Schöpffers auß den
geschöpffen.

 

I.

Daß meisterstuck mit sorgen
      Wer nur wilt schawen an /
Ihm freilich nit verborgen /
      Der meister bleiben kan.
Drumb wer nun heut vnd morgen /
      Erd / Himmel schawet frey /
Denck nachts mit gleicher sorgen /
      Wie je der meister sey.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

II.

Von oben wird vnß geben
      Daß liecht / vnd gülden schein /
In stätem lauff / vnd leben /
      Sonn / Mon / vnd himmel sein.
Deß tags biß auß den abend /
      Die Sonn gar freundtlich lacht /
Zu nacht der Mon Gott lobend /
      Führt auff die sternen wacht:
             O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

III.

In etlich tausent jahren /
      Vil tausent sternen klar.
Kein härlein sich verfahren;
      Gehn richtig immerdar.
Wer deutet jhn die strassen?
      Wer zeiget jhn die weg?
Daß nie nit vnderlassen?
      Zu finden jhre steg.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

IV.

In lauter grüne seyden /
      Gar zierlich außgebreit /
Daß erdreich thut sich kleiden /
      Zur werthen Sommerzeit.
Die pfläntzlein in den felden /
      Sich lieblich mutzen auff /
Die grünen zweig in wälden /
      Auch schlagen auß mit hauff.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

V.

In gärten merck ich eben /
      Die schöne blümelein /
Wie frewdig sie da schweben /
      Wan windt nur spielt hinein;
O frölich garten jugend!
      O frisch / vnd zartes blut!
Ohn zahl hast farb / vnd tugent /
      Wers denckt in stillem muth.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

VI.

Vnd wie werd dan gemohlet
      Ihr blümlein tausend-falt?
Weil alles jhr doch holet
      Auß schwartzer erden kalt;
All safft / vnd krafft / vnd wesen /
      Ihr nembt von schlechter Erd /
Vnd doch wer euch geht lesen /
      Nicht zierlichers begehrt.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

VII.

Die brünlein sich ergiessen /
      Vnd jhre wässer klar /
Wie silber stralen schiessen
      Von felsen offenbahr:
Die Sonn es bald erblicket /
      Drin kühlet jhren schein.
Die thier es auch erquicket /
Wans heiß vnd dürstig seyn.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

VIII.

Frisch hin vnd her gehn wancken
      Die klare bächlein krumb /
Vnd mit den steinlein zancken /
      Wans müssen fliessen vmb.
Allweg sie süßlich sausen /
      Zum sang vnd gang gewohn /
Daß gantze jahr ohn pausen
      Man höret jhren thon.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

IX.

Die flüß vnd breite wässer
      In still / vnd sanfftem trab
Schiff / nachen / pack / vnd fässer
      Lan führen auff vnd ab.
So pur vnd rein sie lauffen
      (Muß kecklich sagen daß)
Wers will gar zierlich tauffen /
      Der nents geschmoltzen glaß.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

X.

Vnd wütet ungestüm:
      Daß wilde meer nun brauset /
Nun still es wider sauset /
      Ligt vest in runder krümm /
Gar lieblich thuts bestralen /
      Die Sonn / mit sanffter glut /
Wan sie zum offtermalen /
      Sich drin erspieglen thut.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

XI.

Wer will die bäum nun zehlen /
      In jen- vnd jenem wald?
Seind deren doch ohn fehlen
      So tausent / tausent falt.
Gar hoch die gipffel klimmen /
      In klaren lufft hinauff /
Vnd gleich den Wolcken schwimmen /
      Wan stoßt ein windlein drauff.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

XII.

Der zweig vnd näst seind tausent /
      Vnd tausent / tausent viel.
Mehr tausent / tausent / tausent
      Der blättlein / vnd der stiel.
Doch äderlein bey neben /
      Noch mehr man zehlen thut /
Da nehret sich daß leben /
      Vnd seel in grünem blut.
             O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

XIII.

Wan dan schallt auff den zweigen
      Gesang der vögelein /
Noch Laut / noch Harpff / noch Geigen
      Klingt also süß / vnd rein:
Jhr lieblichs musiciren
      Mich dünckt so sauber gut /
Jhr künstlichs coloriren /
      Bringt lauter frewden muth.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

XIV.

Die Nachtigal ob allen
      Steigt immer auff / vnd auff;
Gar frewdig thuts erschallen /
      Wans geht in vollem lauff.
Man sagt daß etlich starben /
      Zu hoch wans wolten gahn /
Vnd mit zu starcken farben /
      Ihr stimlein streichen an.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

XV.

Wer wolt nun vberdencken /
      Der vielen vögel zahl?
Die Sonn sich würde sencken /
      Eh man sie nennet all.
Wer wolt jhr federn zehlen /
      Vnd feder-farben zart?
O Gott / muß dirs befehlen /
      Eß seind vnzahlbar art.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

XVI.

Von thieren muß ich schweigen /
      Vnd lassens vngezehlt:
Ins meer wil auch nit steigen /
      Daß ich von fischen meldt:
Von mensch- vnd menschen kinden
      Wil gar nit regen an /
Kein end ich da könd finden /
      Wils in der still vmbgan.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

XVII.

Elphanten / sampt Camelen /
      Roß / Löwen / hirsch / vnd Bär /
All würm / vnd alle Seelen
      So seind im wilden meer /
Wer mensch mags je beschreiben /
      Jhr eigenschafft vnd art?
Thut weißlich wers laßt bleiben /
      Wer wort vnd feder spart.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

XVIII.

O schönheit der naturen!
      O wunder lieblichkeit!
O zahl der Creaturen!
      Wie streckest dich so weit?
Wer wolt dan je nicht mercken
      Deß schöpffers herrligkeit /
In allen seinen wercken
      Gantz voller zierlichkeit.
            O mensch ermeß im hertzen dein /
           VVie vvunder muß der Schöpffer sein.

 

22    Lob Gottes auß beschreibung
der frölichen Sommerzeit.

 

I.

Jetzt wicklet sich der himmel auff /
      Jetzt bwegen sich die räder /
Der Frühling rüstet sich zum lauff
      Vmbgürt mit rosen-feder.
O wie so schön / wie frisch vnd krauß!
      Wie glantzendt Elementen!
Nit mügens gnugsam streichen auß
Noch Redner / noch Scribenten.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

II.

Du schnelle post / O schöne Sonn!
      O gülden Roß / vnd Wagen!
O reines rad auff reinem bronn
      Mit zartem glantz beschlagen!
Jetz schöpffest vns den besten schein /
      So winters war verlohren /
Da Rad / vnd Eymer-schienen sein
      Von kält gar angefroren.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

III.

O reines jahr! O schöner tag!
      O spiegel-klare zeiten!
Zur sommer-lust nach winter-klag
      Der Frühling vns wird leiten.
Im lufft ich hör die music schon /
      Wie sichs mit ernst bereite /
Daß vns empfang mit süssem thon /
      Vnd lieblich hin begleite.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

IV.

Für vns die schöne Nachtigal
Den Sommer laut begrüsset /
Ihr stim̅lein vber berg vnd thal
      Den gantzen lufft versüsset.
Die Vöglein zart in grosser meng
      Busch / heck / vnd feldt durchstreiffen /
Die nester schon seind jhn zu eng /
      Der Lufft klingt voller pfeiffen.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

V.

Wer legt nun jhn den thon in mund /
      Dan laut / vnd dan so leise?
Wer circklet jhn so rein vnd rund /
      So mannigfältig weise?
Wer messet jhn den athem zu /
      Daß mögens vollenführen
Den gantzen tag fast ohne ruh
      So frewdigs tute-lüren?
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

VI.

Jetz lauffen wider starck / vnd vest /
      So winterzeits gestanden
All flüß / vnd wässer in arrest /
      Bestrickt mit eyßes banden:
Jetz kalter lufft / vnd stawre wind /
      Vns wider seind versöhnet /
Der taw mit weissen perlen lind
      Die felder lieblich crönet.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

VII.

Jetz öffnet sich der Erdenschoß /
      Die brünnlein frölich springen;
Jetz laub vnd graß sich geben blos /
      Die pfläntzlein anher dringen.
Wer wird die kräuter mannigfalt /
      In zahl vnd ziffer zwingen.
Welch vns der Sommer mit gewalt
      Ans liecht wird stündlich bringen?
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

VIII.

Die blümlein / schaw / wie trettens an /
      Vnd wunder schön sich arten!
Violen rosen / tulipan /
      All kleinod stoltz in garten /
Jacynthen / vnd Gamanderlein /
      Dan saffran / vnd Lauendel;
Auch schwertlein / gilgen / nägelein /
      Narciß / vnd sonnenwendel.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

IX.

Ey da / du gülden Keysers Cron /
      Auß vilen außerkohren /
Auch tausentschon / vnd widerton /
      Nasturtz / vnd rittersporen /
Je lenger lieber / sonnentaw /
      Basilien / Brunellen /
Agleyen auch / vnd Bärenklaw /
      Dan Monsam / glock / vnd schellen.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

X.

Mein saget an / jhr blümlein zart /
      Vnd laßt michs je doch wissen /
Weil jhr an euch kein farb gespart /
      Wer hat euch vorgerissen?
Wo nahmet jhr das muster her /
      Davon jhr euch copeyet?
Das fürbild wolt ich schawen ger /
      Welchs jhr hatt conterfeyet.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

XI.

Wer mag nun je gebohren sein /
      So reich von scharffen sinnen /
Der auch das gringste pfläntzelein /
      Nur schlechtlich dörfft begien?
Die warheit sag ich rund / vnd glatt /
      Dan würd all sinn zerrinnen /
Wer auch nur dächt ein eintzig blat /
      Auß menschen kunst erspinnen.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

XII.

Daß feld / vnd wiesen feucht / vnd feist /
      Mit bächlein vil zerspalten
Die Sonn wan sie vorüber reist /
      Mit jhrer schön auffhalten:
Nun wundert sich der himmel selb /
      Wie zierlich vnderstralet
Mit gras / vnd früchten / grün / vnd gelb
      Daß erdreich sich gemahlet.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

XIII.

Wer treibet auß getreid / vnd gras /
      Wer lockets an die Sonnen?
Weils in der erd verwirret saß /
      Wer hats hinauß gesponnen?
Wer scherpfft den ähren jhre spitz?
      Wer thut die körnle zehlen?
Wo nemmens doch die kunst / vnd witz /
            Daß nie der art verfehlen?
             O Gott ich sing von hertzen mein /
Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

XIV.

Die stoltze bäum in wälden wildt /
      Seind zierlich außgebreitet /
O nur auß erd geschnitzte bildt!
      Ohn werck vnd zeug bereitet!
Wer that in lufft euch richten auff?
      Wer gab daß grün den zweigen?
Wo war so viel der farb zu kauff?
      Für wunder muß ich schweigen.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

XV.

Bald auch die zahm / vnd fruchtbar bäum
      Sich frewdig werden zieren /
Mit weichem obs / mit kinder träum /
      Nuß / äpffel / kirsch- vnd biren.
Die biren gelb / die äpffel roth /
      Wie purpur die Granaten /
Die pfersich bleich wie falber todt /
      Die kirschen schwartz gerathen.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

XVI.

Deß obs ich schier ohn zahl erblick /
      Vnd thuts sich jmmer mehren /
Citronen / quitten / pflaumen dick /
Fast alle näst beschwären:
Pomrantzen gülden von gestalt /
      Seind viel in warmen landen /
Da leucht mit gold wol mancher waldt /
      Alß newlich hab verstanden.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

XVII.

Der Rebenstock voll trauben schwär
      An pfählen lieblich scheinet /
Alß gleich ein wolgewaffnet heer /
      An spiessen angeleinet.
Da samblet sich daß reben blut /
      Zu süssen trauben zähren;
Die machen vnß den frischen mut /
      Waß will man mehr begehren?
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

XIIX.

Die reine flüß Crystallen klar /
      Verbremt mit grünen weiden /
Von schatten schier bedecket gar /
      Die Sonnen-hitz vermeiden.
Sich üben dort mit schwimmen viel /
      In schnee gefärbte Schwanen.
Dort haltens jhre frewden-spiel /
      Auff glatten wasser planen.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

XIX.

Die thier auff grünen felden breit /
      Sich frisch vnd frewdig zeigen.
Daß wildt in dunckel wälden weit /
      Dem Jäger zeigt die feigen:
Die vögel auch in freyem zug:
      In lufften frewdig spielen /
Mit hin vnd her gewendtem flug
      Zum ehren-Cräntzlein zielen.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

XX.

Wo nur daß aug man wendet hin /
      Mit lüsten wirds ergetzet;
Ergetzet wird fast jeder sinn /
      Vnd alles wunder schetzet;
Ohn maß ist alle welt geschmückt /
      Wer künstler möchts erdencken?
Wers recht bedenckt / wird gar verzückt /
      Das haupt thut nidersencken.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

XXI.

Drumb lobet jhn jhr menschen kind /
      Bey nun so schönen zeiten:
All trawrigkeit nur schütt in wind /
      Span̄t auff die beste seyten:
Auff Harpff / vnd Lauten tastet frey /
      Schneid an die süsse Geigen /
Mit reiner stim̅ / vnd Orgel schrey /
      Thut jhm all ehr erzeigen.
             O Gott ich sing von hertzen mein /
            Gelobet muß der Schöpffer sein.

 

23    Lob deß Schöpffers darin
ein kleines vvercklein seiner vveißheit, nemblich
die vvunderliebliche handthierung
der Immen oder Bienen beschrieben
vvird.

 

I.

Mit deiner lieb vmbgeben /
      O schöpffer aller ding /
Im trawren muß ich leben /
      Wan ich von dir nicht sing.
Von wercken deiner hände /
      Von wercken auch gering /
Von bienen ich dir sende /
      Waß ich heut new erkling.

 

II.

Wan ich bey deinen wercken /
      Die wunder dein betracht /
Zur lieb sie mich erstärcken /
      Der eyffer schöpffet macht /
O Gott wan dich zu loben /
      Ich nit von hertzen denck /
Mich lebend vnuerschoben /
      In tieff vnd grund versenck.

 

III.

Wolan will heut erklingen /
      Ein wercklein deiner händ /
Wil zarte verßlein zwingen /
      Von jmmen wol bekändt.
Nembt war / jhr menschen seelen /
      Dem schöpffer dencket nach /
Wil sauber nichts verheelen /
      Waß euch belusten mag.

 

IV.

Auff / auff / jhr kleine bienen /
      Der Winter ist fürbey:
Schon gaffen jetz / vnd gienen /
      Die blümlein allerley.
Auff / auff / die blümlein gaffen /
      Zu feld noch flieget heut /
Auff / auff / mit wehr / vnd waffen /
      Euch schickt zur blumen-beut.

 

V.

Ey da sie schon erbrommen /
      Zu feld sich stellens ein /
Starck rühren sie die trommen
      Die gelbe kriegerlein.
Sie weit / vnd breit mit sorgen
      Erforschen jhren raub /
So draussen ligt verborgen
      In weichem blumen-laub.

 

VI.

Vom raub sie nur sich nehren /
      Nur leben sie der beut /
Doch jemand nit beschweren /
      Verschonen landt vnd leuth.
Sie zihlen scharpff mit augen /
      Zum reichsten blümlein zart /
Von jhnen schätz ersaugen /
      In blättlein eingeschart.

 

VII.

Sie gleich daß best erheben /
      Daß beste blumen-blut /
Vnd bleiben doch beyneben /
      Die blümlein wolgemuth:
Gar starck vnd immer zahlen
      Die blümlein jhren zoll /
Vnd bleiben allemahlen /
      Jedoch noch eben voll.

 

VIII.

Ob schon die schätz erhoben /
      Ob schon sie plündert auß /
Doch schwebens je noch oben /
      Verbleiben eben krauß.
Jhr zänlein wolgewetzet
      Die Bienlein schlagen an /
Doch allweg vnuerletzet
      Die blümlein lassen stahn.

 

IX.

Kein blättlein sie zerbeissen /
      Kein härlein kränckens nicht /
Kein äderlern zerspleissen /
Alß wie mans täglich sicht.
      O wol wie friedlichs rauben!
Wie süsser blumen krieg!
      In honig / muß ich glauben /
Verwendt sich aller sieg.

 

X.

In lauter wachs / vnd hönig
      Verwendt sich alle beut /
So mancher Fürst / vnd König
      Geneust mit hertzen frewd.
Von blumen waß sie schaben /
      Waß da sie frücklen auß /
Wird gleich zur honig waben /
      Wans jhnen kombt nach hauß.

 

XI.

Drumb zeitlich dan sie rühren
      Die schwancke federlein /
Den süßen raub entführen /
      Vnd heimwärts kehren ein.
Mit flügeln dünn gezogen
      Von gülden pergamen /
Sie dickmals (vngelogen)
      Zwo kleiner meylen gehn.

 

XII.

Man wil daß etlich storben /
      Von viel zu stätem flug /
Weils sich zu gar beworben /
      Wan sie nit funden gnug.
In stein vnd felsen-rissen /
      An örten steinig-hart /
Offt habens abgeschlissen /
      Wol halbe flügel zart.

 

XIII.

Sie fleissig aller enden /
      Vnd orten späth / vnd früh /
Den gelben safft entwenden /
      Von bäum- vnd hecken blüh.
Wo nur sich bloß erweisen /
      Die glitzend blümelein /
Da werdens gleich zur speisen /
      Den honig-vögelein.

 

XIV.

Wan wol dan hat gezehret /
      Daß völcklein honig süß /
Es mit dem rest beschweret /
      Die beyden hinderfüß /
In lufft sie mütig tretten /
      Mit brommen vnd gesauß:
Bey trommel / vnd trompetten /
      Sie fahren reich nach hauß.

 

XV.

Offt fürchtens vnderwegen /
      Daß nit von jhrem zweck /
Wan wind sich gunt zu regen /
      Er sie mögt blasen wegk.
Sich drumb dan bas beladen /
      Mit kleinen steinelein;
So schwebens ohne schaden /
      Weil dan sie schwärer sein.

 

XVI.

Offt wan sie sich verweilet /
      Auff gar zu blosem feldt /
Vom abend übereilet /
      Ohn vnderschleiff vnd zelt /
Fürnemblich dan sie sorgen /
      Für jhre flügel zart /
Daß die biß auff den morgen /
      Für feuchte sein bewahrt.

 

XVII.

Damits dan je nit werden /
      Berürt von feuchtem taw /
Sich legen sie zur erden
      Mit vortheil gar genaw:
Sich legens aufs den rucken /
      Vnd also schlaffen ein:
So bleiben je noch trucken
      Die gülden flitterlein.

 

XVIII.

Bald wan die morgenstunden
      Mit rosen roth vmbgürt:
Den süssen schlaff entbunden /
      Gleich fassens jhre bürd!
Gleich wider sie dan schwingen
      Die flachen federlein /
Nach hauß die beuten bringen /
      Bey kühlem purpur-schein.

 

XIX.

Wan endlich dan sie kommen
      Zur edlen wächsen-burg /
Für frewden stärcker brommen /
      Sich tum̅lens durch vnd durch:
Gleich rüstet sich zum grüssen
      Waß blieben war daheim /
Den gästen streicht von füssen /
      Daß honig / wachs / vnd leim.

 

XX.

Wer mags dan je ersinnen /
      Mit welcher zierd / vnd kunst
Daß werck sie da beginnen
      In lauter schwartzem dunst.
Viel wunder von gebäwen /
      Viel häußlein auff das best
Im duncklen gar ohn schewen /
      Sie da dan gründen fest.

 

XXI.

Die klare Sonn dort oben /
      Der himmlisch augenball /
So sonsten hoch erhoben
      Sich wirblet oder all.
Mit seinen starcken pfeilen
      Mag da nit bohren ein /
Muß draussen ja verweilen /
      Nimbt nie den augenschein.

 

XXII.

Dem tag sie weichen ferne /
      Verkleben jhm die riß /
Daß niemand nichts erlerne /
      Noch jhre stücklein wiß.
Die schöne kunst verborgen
      Bißher bleibt in geheim;
Der leser muß mirs borgen /
      Kombt nicht in meine reim.

 

XXIII.

Ein König doch erwölen /
      Die stoltze bürgerschafft:
Wie der dan thut befehlen /
      Verwirckens jhren safft.
All ämpter er ertheilet /
      Gibt alles weißlich an /
Gleich niemand sich verweilet /
      Seind jhm gantz vnderthan.

 

XXIV.

Gleich die dan jhn begleiten /
      Vnd lauffen jhm zur Hand:
Gleich die dan draussen streitten
      Für jhre Burg vnd Land:
Gleich die den pöffel führen /
      Versorgen alle wacht:
Gleich die den lufft erspüren
      Auffs wetter gebend acht.

 

XXV.

Gleich die zu felde fahren /
      Mehr arbeit führen bey:
Gleich die / die flügel spahren
      Daheim sich brauchen frey:
Gleich die daß honig tragen /
      Gleich die den feuchten taw:
Gleich die den mörtel schlagen /
      Vnd mawren jhren baw.

 

XXVI.

Daß völcklein vnverdrossen
      Starck bawt ohn vnderlaß /
Vnd brauchets ohn verstossen
      Noch bley / noch winckelmaß.
Von bretter / holtz / noch steinen /
      Kein splitter brauchens nicht /
Vnd doch (wer wolt es meinen)
      Der schöne baw geschicht.

 

XXVII.

Von blümlein ist erwöhlet
      Der bawzeug nagel new /
In häußlein vngezehlet
      Sich theilt daß gelb gebäw.
Von wachs gar dünn getrieben
      Seind alle mawr vnd wänd;
Balliert / vnd glatt gerieben /
      In zeltlein abgetrennt.

 

XXVIII.

Dort nemens dan besonder
      Zur wohnung jhre plätz:
Dort samlens auch mit wunder /
      Vnd mehrens jhre schätz.
Auch örtlein jhn erkiesen
      Da ziehlens jhre zucht /
Biß die recht vnderwiesen /
      Auch gleiche nahrung sucht.

 

XXIX.

Die zimmer vnderscheiden /
      Versüssens mit geruch;
Sie stanck noch wust erleiden /
      Er draussen fält im flug.
Dan drinnen sie sich sparen;
      Sich halten pur vnd rein;
Recht sauber sie bewahren
      Die zelt- vnd kämmerlein.

 

XXX.

Sie häuffig sich vermehren /
      Doch keusch / ohn heyrath sein;
Ohn lieb sie sich beschwären
      Mit süssen kinderlein.
Sie nur von blumen lesen
      Die kleinen jhrer art;
Da findet sich daß wesen
      All jhrer Erben zart.

 

XXXI.

Wan dan die schöne jugent
      Sich nehret allgemach;
Sie gleich der vätter tugent /
      Vnd freyheit strebet nach.
Sie sich von mitgenossen
      Im schwarm zertheilen ab /
Von hauß mit frewden stossen
      In vollem flügel-trab.

 

XXXII.

Starck blasen sie zum lermen /
      Gar schwirig von geblüt:
In stoltzem zug vnd schwermen /
      Daß munter bürßlein wüt.
Ade du süsses heimet;
      Ade du mutter-schoß;
Hinaussen vngezeimet
      Sich waget vnser stoß.

 

XXXIII.

Schaw da / wie schön muntiret /
      Wie schön gebutzter hauff!
In lüfften er braviret /
      Zun wolcken schwebet auff.
Frisch hin vnd her sich schwencket
      Die gülden-gelbe schaar /
Nach frembdem land gedencket /
      Ihr hauß verlasset gar.

 

XXXIV.

Her / her nun pfann / vnd becken /
      Schlagt auff daß gütlich kling /
Vnd last den schwarm erschröcken /
      Daß nit er gar entspring.
Schlagt auff ting-tang: ting-tyren:
      Ting-tang: ting tyren-tang:
Laß jhm noch baß hoffiren
      Mit lindem becken-klang.

 

XXXV.

Gleich da laßt jhm gesagen
      Der stossend bienen schwarm /
Schon kühlet / vnd zerschlagen
      Ist jhm das müthlein warm /
Er herwarts thut sich lencken /
      Wil schon sich kleben an;
Schaw dorten er bleibt hencken /
      Man jhn dort fassen kan.

 

XXXVI.

Der hüter sich bereite
      Zum newen bienenstock /
Da drein dan er sie leite /
      Sie sanfft- vnd süßlich lock:
Der stock soll sein bestriechen
      Mit edlem Thymian /
Wans nur das kräutlein riechen /
      Sie gern sich halten lan.

 

XXXVII.

Gleich hebens an zu wohnen
      In also frischem sitz /
Vnd reichlich den belohnen /
      Der sie nimbt in besitz /
Die jung / vnd alte Bienen
      Gar häuffig ohne zahl
Den menschen trewlich dienen /
      Zur süssen speiß / vnd mahl.

 

XXXVIII.

Gar sparsam sie sich nehren /
      Gar leben sie genaw:
Nur wir / wir jhn entlären
      Die körb / vnd reichen baw.
Sie nur den frembden gästen
      Die reichthumb haben spart /
Vnd vns gethan zum besten
      So manche blumen fart.

 

XXXIX.

Wer wil nun vberdencken /
      Waß hoch- vnd schwären tax /
Der welt sie jährlich schencken /
      An honig / vnd an wachs?
Mit vielmahl tausend / tausend
      Ducaten roth von goldt /
Vnd je noch tausend / tausend
      Mans nie bezahlen solt.

 

XL.

Wer mensch mags auch erdencken /
      Was jährlich ohn verzug
Dem lieben Gott sie schencken
      Auß jhrem blumen-flug?
Sie tausend / tausend / tausend
      Ihm liechter zünden an /
So tag vnd nacht in tausend /
      Vnd tausend kirchen stahn.

 

XLI.

Dem Schöpffer sie zun ehren
      In lind gewircktem flachs
Vnzahlbar fewr ernehren /
      Von gelb- vnd weissem wachs.
Vnzahlbar jhm laternen
      Erhaltens tag zu tag.
In warheit sie den sternen /
      Mit nichten gebens nach.

 

XXXXII.

O schöpffer der naturen!
      Hoch schwellet mir der mut /
Wan dich der Creaturen
      Man danckbar loben thut:
Nun dancken wir von hertzen
      Den schöpffer lieb vnd werth /
Dem sie so manche kertzen
      Verehren vnbeschwert.

 

XLIII.

Ihr völcker vil auff erden /
      Ihr menschen allegar;
Frisch / frölich in geberden
      Vor jhm euch stellet dar:
Im dancket seiner gaben /
      Der vöglein wunder fein /
Deß wachs / vnd honig waben
      So wunder süß / vnd rein.

 

XLIIII.

Steigt auff / vnd steigt hinunder
      In allen wercken sein:
Rufft vberall / wie wunder
      Muß er doch selber sein!
Rufft vberall wie wunder
      Seind alle wunder sein!
Wie wunder / vnd wie wunder
      Muß er dan selber sein!

 

24    Anders lob Gottes; vnd ist
der 48. Psalm Dauids Poëtisch
auffgesetzt.

 

I.

Nun lobet Gott von himmel ab
      Ihr Gottes edel knaben /
Euch er den Geist vnd wesen gab /
      O wol der schönen gaben!
Euch er mit lauter frewden flamm /
      Mit lüsten thät vmbgeben;
Für frewden groß jhr allesamm
      Ohn vnderlaß thut beben.

 

II.

Auch lobe Gott du gelbe schaar /
      Ihr sternen wolgezündet:
Du Sonn / vnd Mon / jhr kuglen klar /
      Ihr circkel wolgegründet.
Ihr himmel / weit / vnd breit erleucht
      Ihr tempel wol gezieret /
Rund vber euch mit wasser feucht
      Von aussen verglasieret.

 

III.

Nun preiset jhn mit klarem schein
      Thut jhm der gnaden dancken:
Waß er gebeut muß fertig sein /
      Muß ewiglich nit wancken.
Er sprach so gar ein kleines wort
      Klein vnder alle massen /
Da spranget jhr auß nichten fort /
      Vnd liefft in runden strassen.

 

IV.

Drinn lauffet jhr noch heut zu tag /
      Vnd webet vnß die zeiten /
Thut mit geschecktem vnderschlag
      Den tag / vnd nacht bereiten.
Er zeichnet euch die zihl vnd maß /
      Er weiset euch mit sinnen;
Da wircket jhr ohn vnderlaß /
      Waß Sonn / vnd Sternen spinnen.

 

V.

Auch lobet Gott von erden auff
      Ihr Drachen auß den klufften;
Ihr Walfisch / tieff auß saltzem sauff;
      Wind / sauß / vnd brauß in lufften:
Auch hagel weiß / auch flocken greiß
      Von schnee vnd eyß entzogen:
Auch dämpff / vnd fewr / blitz ungehewr /
      Zusampt dem regen-bogen.

 

VI.

Auch lobet jhn jhr stoltze berg /
      Ihr hoch / vnd starke risen:
Auch kleine bühlein / kleine zwerg /
      Auch flaches feld / vnd wisen.
Auch grüne stauden / bäum / vnd zweig /
      Von früchten tieff gebogen;
Auch Ceder-holtz den wolcken gleich /
      In lüfften hoch erzogen.

 

VII.

Ihr thier / gewürm / vnd wilde rott /
      Mit keiner zahl zu greiffen /
So weit in wälden ohn verbott
      Die grüne baan durchstreiffen:
Auch du so schwanckes feder-vieh /
      So thust in lüfften schiffen /
Vnd zierlich trillest je / vnd je
      Die zünglein rein geschliffen:

 

VIII.

Ihr König / Fürsten / Richter groß /
      Ihr völcker vngezehlet /
Ihr kleinen auff der Mutter schoß /
      Ihr jüngling vnvermählet /
Ihr Töchter auch noch vnversagt /
      Noch blos in gülden haaren /
Dan auch jhr alten hoch betagt /
      Bewandert weit in jahren.

 

XI.

Recht preiset jhn mit jubelschall /
      Mit händen schlagt zusammen /
Springt auff vnd schreyet vberall /
      Erhebet jhn mit nahmen.
Fült an den lufft mit süssem sang /
      Mit harpffen / laut- vnd geigen /
Mit noten kurtz / vnd noten lang
      Thut auff zun wolcken steigen.

 

X.

Er immerdar hat gütlich than /
      Den Schäfflein seiner Herden /
Er setzet endlich oben an
      Die liebsten sein auff erden.
Drumb lobet jhn mit bestem thon /
      Den psalter hoch erhebet:
Sein ist der Scepter / sein die Cron;
      Vor jhm erd / himmel bebet.

 

25    Anders lob auß den vvercken
Gottes.

 

I.

Ein liedlein süß wolt stimmen an/
      Ihr wolgespante seiten /
Ihr Lauten / Geigen / Dulcian /
      Ihr Cymbel / harpff / vnd fleuten /
Posaun / Cornet / Trompeten klar /
      Auch hörner krum gebogen /
Gott loben sollet jhr fürwar /
      Sagt an waß euch will frogen.

 

II.

Wer hat in gold- vnd silber-stück /
      Die Sonn / vnd Mon gekleidet?
Wer hats gemacht so schnell / vnd flück /
      Daß nie kein pfeil erleidet?
Wer hat die sternen zündet an?
      Wer hats gezehlt mit namen?
Wer hats mit wesen angethan!
      Da sie von nichten kamen?

 

III.

Wer läret auß den vollen Mon?
      Wer schleiffet jhm die spitzen?
Wer heist die flüß von felsen gahn?
      Wer macht die brünlein spritzen?
Wer wicklet hoch in wolcken ein /
      Die spitz der wilden bergen?
Wer thut den lieben Sonnenschein /
      Mit schwartzer nacht verhergen.

 

IV.

Wer färbet vns die morgenröth /
      Mit purpur zart gerieben?
Wer thut / waß vnß die nacht getödt /
      Ans liecht bald wider schieben?
Wer heißt von wolcken springen ab
      Die blitz in eyl entflogen?
Wer zuckt die wind in vollem trab?
      Wer spannt den regen-bogen?

 

V.

Wer wirfft auß beyden händen voll
      Reiff / hagel rund gefroren?
Wer spinnet vns die winter-woll /
      Den schnee so rein geschoren?
Wer zäumet auff mit eyß vnd kält
      Die stoltze wasser-wogen?
Wer ist ders meer in züchten hält /
      Wans komt in grimm gezogen.

 

VI.

Wer gibt der erden lebens krafft
      Daß nie von alter sterbe?
Wer träncket sie mit wolcken safft /
      Daß nie von Hitz verderbe?
Wer nehret wild / vnd zahmes vieh?
      Wer sorget jhn die speisen?
Daß endlich doch noch manglet nie /
      Wie deutlich steht zu weisen?

 

VII.

Allein / allein ist vnser Gott /
      Der thaten groß verrichtet:
So bald nur schallet sein gebott;
      All streit ist schon geschlichtet.
Da lauffens jhm in eyl zuhand
      Geschöpff nach seinen sinnen;
Voll seiner krafft wird alles land /
      Viel wunder da beginnen.

 

VIII.

Sein will / vnd werck im selben schritt /
      Im selben glid passiren /
Kein härlein eins vors ander tritt /
      Mag ihm ja nichts falliren.
Waß er dan wil / thut er behendt
      In gleichem punct verrichten:
Was er auch wil / thut vnverwendt
      In gleichem punct zernichten.

 

IX.

Drumb nur zu loben fanget an
      Ihr wolgespante seiten /
Ihr lauten / geigen / dulcian /
      Ihr cymbel / harpff / vnd fleuten /
Posaun / cornet / trompeten klar /
      Auch hörner krum gebogen /
Gott loben sollet jhr fürwar /
      Waß wil man weiters frogen?

 

26    Die geschöpff Gottes vverden
zu seinem lob ermahnet.

 

I.

Wolauff / jr hole seiten-spiel /
      Stimmt an die silber-zungeu /
Die seiten stimmet an subtil /
      Stim̅t an waß je geklungen;
Stim̅t an dem werth- vnd lieben Gott /
      Euch laßt in frewden mercken:
Singt immer / immer ohn verbott /
      Vnd singt von seinen wercken.

 

II.

Er setzet vnß die tag / vnd jahr:
      Er spaltet ab die zeiten:
Dort stellet er den sommer klar /
      Den winter dort beyseiten;
Dan auch den herbst / vnd Frühling beyd /
      In gleicher läng durch-schnitten /
Er jhnen stellt zum vnderscheid /
      Recht dort / vnd dort in mitten.

 

III.

Zu nacht er vns den Himmel blaw /
      Mit flämmlein schön bespritzet /
Die glantzen wie der stoltze Pfaw
      Wan er voll spieglen glitzet.
Zu tag er vnß mit schönem schein /
      Gar freundtlich vberschwimmet /
Wan Phoebus mit den stralen sein /
      Den höchsten grad erklimmet.

 

IV.

Er schicket auß die vögelein /
      Auff läre wolcken strassen;
Er mahlet jhn die federlein /
      Schön vber alle massen;
Er schleiffet jhn die schnäbelein /
      Er löset jhn die zungen /
Da singlen sie dem namen sein /
      Gar hoch in lufft erschwungen.

 

V.

Daß grosse meer / vnd wässer klein /
      Heißt er die welt befeuchten:
Die wässer all mit lindem schein
      Wie glas / vnd silber leuchten:
Da nehret er die nasse burß /
      In schüppen glatt bekleidet /
So stumm / ohn stimmen / ohn discurs /
      Die feuchte reich zerschneidet.

 

VI.

Grün färbet Er den erdenklotz /
      Mit blümlein vntermahlet;
Die bieten auch den sternen trotz /
      Nur wären sie bestralet.
Die kräuter auch vnzahlbar vil
      Beruffet er mit namen /
Bestimmet jhnen maß vnd zihl
      An wurtzel / vnd an samen.

 

VII.

Er richtet auff die felsen stoltz /
      Die berg er hoch erhebet;
Er krönet sie mit cederholtz /
      Daß gleich den wolcken schwebet.
Er züglet auff so manchen wald /
      Mit nästen wol bekleidet;
Er da dem wild schafft vnderhalt /
      So feld / vnd menschen meidet.

 

VIII.

Er speist die junge raben-kind /
      Wan d'alten sie verhassen;
Vnd / weils noch vngeferbet sind
      Die zarte frucht verlassen.
Er speiset mensch / vnd alles vieh /
      Laßt kraut / vnd früchten wachßen;
Gibt wolfeyl alles dort vnd hie /
      Gar träglich sein die taxen.

 

IX.

Dem vieh sampt vns hat er bereit
      Die felder / berg / vnd wiesen /
Gibt jhm das graß / vnd vns getraid
      Oel / trauben hoch gepriesen.
Die trauben geben jenen tranck /
      Der in vns trawren labet /
Der vns / wan schon wir ligen kranck /
      Mit frischem sinn begabet.

 

X.

Er heist die wind auß Norden kalt
      Daß hohe meer bestraffen:
Da klinglē starck / das grausam schallt /
      Die klare wasser-waffen:
Da springet in stück gar manche flut /
      Das Vfer laut erbrüllet:
Den Lufft er gantz in eyffermut
      Mit schaum / vnd klang erfüllet.

 

XI.

Er spannet auch die schnelle wind
      An seinen wolcken-wagen:
Da laufft das schnauffēd lufft-gesind /
      Vnd jhn mit frewden tragen:
Er schiesset ab die rothe stral /
      In brausen eingeflochten:
Das meer gab nie so starcken schall /
      Wan schon all wällen pochten.

 

XII.

Da bebet wild vnd zahmes holtz:
      Die straff er zückt von leder:
Vor jhm fleugt her der wetter-boltz /
      Mit seiner gülden feder.
Er thut mit stoltzer wolcken-stimm /
      Den lufft in zorn zerreissen;
So kühlet er dan seinen grimm /
      Macht berg / vnd felsen spleissen.

 

XIII.

Drumb nur jhr hole seitenspiel /
      Stim̅t an die silber zungen:
Die seiten stim̅et an subtil
      Stim̅t an waß je geklungen.
Stim̅t an dem werth- vnd lieben Gott /
      Euch laßt in frewden mercken;
Singt jmmer / jmmer ohn verbott /
      Vnd singt von seinen wercken.

 

27    Andere ermahnung zum
lob Gottes in seinen vvercken.

 

I.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein /
      Der Schöpffer hoch von ehren:
Unß laßt die Laut vnd Harpffen rein /
      Mit seiten süß vermehren.
Die Sonn mit edlem stralen-crantz /
      Den Schöpffer täglich weiset /
Der Mon mit rundem sternen-tantz /
      Den Schöpffer nächtlich preiset.

 

II.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein /
      Der Schöpffer groß von machten;
Ich bey dem Sonn- vnd sternen-schein
      Thu seinen glantz erachten.
Wie klar muß er dan leuchten selb /
      Wie wunder / wunder glitzen?
Weil jene fackeln gülden gelb /
      So reines liecht besitzen.

 

III.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein /
      Du blawes feld / vnd wasen:
Euch himmel ich dort oben mein /
      Ihr zelt von glas geblasen:
Auch jhr vnsichtbar wässer klar /
      So droben aller wegen
Von aussen bleibet jmmerdar /
      Den himmlen vberlegen.

 

IV.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein /
      Jhr erd- vnd himmel-globen:
Jhn loben alle Geister sein /
      Jm Tempel sein dort oben.
Fast alles voller seiner macht
      Laut vberall erschallet;
Das meer in stäter wällen-jagt
      Mit brüllen weit erknallet.

 

V.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein:
      Jhn loben wind / vnd regen /
Jhn loben blitz / vnd wetterschein /
      Zusampt den donner-schlägen:
Jhn lobet auch der regen-creiß /
      Der bogen bunt gefärbet;
Reyff / wetter / wind / vnd sommer-eyß
      In kisel klein zerkerbet.

 

VI.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein;
      Der lufft auch musiciret:
Die morgenröth sich stellet ein /
      Mit rosen roth gezieret:
Die wolgemahlte vöglein schwanck
      Jhr zünglein süßlich stimmen /
Dem Schöpffer sagens lob vnd danck /
      Auff / ab / in lüfften klimmen.

 

VII.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein /
      Laßt jhn mit frewden preisen.
Schaw da die krauße vögelein
      Den Lufft mit sang durchreisen;
Vns laden sie bey schöner zeit
      Zum gleichen jubiliren:
Vns wincken sie mit flügeln beid /
      Mit bestem coloriren.

 

VIII.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein /
      Laßt jhn mit lüsten preisen.
Geschöpff / vns laden groß vnd klein /
      Zum Lob vns vnderweisen.
Laut vberall in aller welt
      Daß Gottes-lob sich höret;
Wer nunmehr sich nit vnderstellt
      Ist freylich ja bethöret.

 

IX.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein /
      Jhm lilgen schön / vnd rosen
In gelb vnd purpur mäntelein /
      Gar lieb- vnd freundlich kosen.
Sie lächlen jhm gar schön geferbt
      In kraut- vnd blumengärten;
Von jhm die schönheit han ererbt
      Sampt jhren mitgefärten.

 

X.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein /
      Jhr kräuter / staud- vnd hecken:
Jhn loben alle blümelein /
      So nur nach jhm thun schmecken.
Jhn lobet alle kräuter krafft /
      Mags niemand nit verneinen /
Auch Oel / getreid / vnd Reben-safft /
      Den vns die trauben weinen.

 

XI.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein /
      Wil sein von unß gepriesen:
Jhn loben alle berg / vnd stein /
      Jhn felder all / vnd wiesen.
Jhm alles holtz in wälden grün /
      Gar mütig außgerecket;
So freylich aller keck / vnd kün /
      Daß haupt in wolcken strecket.

 

XII.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein;
      Jhn loben flüß / vnd brunnen /
Jhn wässer all / vnd wässerlein /
      So gang / vnd lauff gewunnen.
Schaw da waß reines wasser-glas /
      Mit frewden kompt gezogen?
Waß manche fliessend silber-gas?
      Waß bächlein krum gebogen?

 

XIII.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein /
      Jhr warm- vnd heisse bäder;
Jhr wolgesotten stralen fein /
      Du schwebelreichs geäder.
Jhn lobet auch daß Ertz / vnd stahl /
      Jhn silber / gol / vnd eysen /
Jhn alle Berg-werck / vnd Metal
      Auß holer Erden preisen.

 

XIV.

Auff / auff / Gott wil gelobet sein /
      Bey schönen Sommer-tagen:
Laßt vnserm Gott / laßt jhm allein
      Die Laut / vnd Harpffen schlagen /
Fewr / wasser / lufft / erd / aller endt
      Die wunder sein verkünden;
Vns alle Welt / vnd Element
      Zu seiner lieb entzünden.

 

28    Die Geschöpff Gottes
vverden ausführlicher jhn zu
loben angemahnet.

 

I.

Die Engel Gottes.

Wolauff / wolauff nun lobet Gott /
      Jhr himmel-volck dort oben;
Jhr Engel Gottes Sabaoth /
      Der euch so gar erhoben.
Stäts schawet jhr sein angesicht /
      O lust / in lustes brunnen!
All frewd / vn̄ wun̄ / all glantz / vnd licht /
      Euch kompt von jhm gerunnen.

 

II.

Ach daß nur alles weit / vnd breit
Mit seinem lob erfüllet /
Voll krafft / vnd macht / vnd herrligkeit
      Von schall / vnd hall erbrüllet:
Ach preiset jhn mit höchstem schall /
      Mit starck / vnd starckem singen /
Ob schon die welt von hellem knall
      Auch soll in stück zerspringen.

 

III.

Die Himmel vnd jhre Liechter, &c.

Ach lobet Gott jhr himmel klar /
      Gewölbet von Crystallen:
Mit sambt den flüssen alle gar /
      Welch vber euch noch wallen;
Dan jhr mit wasser wurd bedeckt /
      Mit wällen hoch bezogen /
Als euch der Schöpffer außgereckt /
      Vnd in die ründ gebogen.

 

IV.

Ey wie so weit / vnd breites feldt /
      Mit fewr / vnd flamm besaamet!
Ey wie so groß / vnd reiche zelt /
      Die doch auß nichten kamet!
Ey wie so schöner fackel-pracht /
      Wie schöne liecht / vnd sternen /
Wan jhr euch zeiget in der nacht
      Im besten schmuck von fernen.

 

V.

Nun lobe Gott du gülden schein /
      Du silberglantz im gleichen:
Ich euch O Sonn vnd Mon vermein /
      Die welt jhr geht vmbstreichen:
Er euch mit liecht gefüllet hat /
      Mit schönheit hoch gezieret:
Drumb billig jhr dan früh / vnd spat
      Ihm allweg jubiliret.

 

VI.

Ach lobet jhn jhr sternelein /
      Zur schiltwacht außgeschicket:
So droben ligt in fensterlein /
      Vnd fleißig nunder blicket:
Dan er hat euch / weil er gewolt /
      Gemacht zu klaren liechten:
Wan anders er auch wollen solt /
      So würdet jhr zu nichten.

 

VII.

Der Lufft, vnd vvas im Lufft zu finden ist.

Ach lobe Gott du reiner lufft /
      Du web gar zart gesponnen!
Zu nachts bist nur ein schwartzer tufft /
      Biß zu der morgen sonnen:
Da zeigest dich in klarem schein /
      Viel weisser als die Schwanen /
Wan schon gleich außgespannet sein
      Ihr breite feder-fahnen.

 

VIII.

Zu dir viel tausend vögelein
      Mit frewd / vnd jubel schweben /
Zur sang-schul zu dir kommen ein /
      Vnd nach dem Cräntzlein streben /
Wer wil die stücklein zehlen all /
      So die dan figuriren?
Concerten / Fugen / Madrigall /
      Auff hundertfalt maniren.

 

IX.

In dir auch fliegen rein vnd zart
      Fast aller ding gestalten /
So seind von farben aller art
      Vnmercklich abgespalten:
Auch athem süß von blumen all /
      All ruch / vnd krafft der Erden:
All sang / vnd klang / all thon vnd schall
      In dir gezielet werden.

 

X.

Seind vnvermischt / ja doch vermischt /
      Vereinigt / vnd entscheidet:
Der thon / dem ruch / vn̄ liecht entwischt
      Je eins daß ander meidet.
Waß nur zum jeden sinn gericht /
      Waß zum gefühl / vnd hören /
Waß zum geschmack / waß zum gesicht
      Sich last von keim zerstören.

 

XI.

Auch lobet Gott jhr lufft-gewächß /
      Ihr wolcken hoch geboren /
Ihr wind / zween / vber fünffmal sechß /
      Ihr hagel rund gefroren.
Ihr fliegend flammen / donner / blitz /
      Comet vns nit gewogen /
Schnee / reiff / vnd regen / kält / vnd hitz /
      Vnd du gefärbet bogen. regenbogen.

 

XII.

Der schnee da kombt wie sanffte woll /
      Von wolcken abgekaimet /
Der hagel wie die perlen voll /
      Von kälte starck gelaimet.
Dan weil die tropffen seind im fall /
      Vom frost ertappet werden;
Der backt / vnd härtets wie Crystall /
      Da kuglens ab zur erden.

 

XIII.

Der weisse taw / vnd regen klar
      Gar lieblich kombt gefliessen;
Der regen-bogen immerdar
      Sich spannet ohne schiessen.
Den klaren blitz wir förchten mehr /
      Wan groß gewölck sich weget;
Doch lobe Gott nun eben sehr
      Waß nur im lufft sich reget.

 

XIV.

Er legt den winden flügel an /
      Er gürtet jhn die lenden /
Die blitz er heist mit kräfften gan /
      Er schüttlet sie von händen.
Mit wetter / vnd vnwetter starck
      Sein allmacht er erzeiget;
Vor jhm erschreckt all bein vnd marck /
      Vor jhm sich alles neiget.

 

XV.

Das Meer vnd alle Fisch vnd Schiff &c.

Ach lobe Gott du tieffer grund /
      Ohn zaum so gar ergossen:
Du weites meer / du breiter schlund /
      Ohn rigel weit entschlossen.
Jhr grosse walfisch vngeschlacht /
      Ihr drachen groß ohn massen /
Die jhr mit vngezäumter macht
      Bezwingt all feuchte strassen.

 

XVI.

O groß vnd klein geschüptes vieh /
      An zahl bist vnermessen:
Der sand am vfer war noch nie
      Dir jemahl vbersessen.
Her / her jhr feucht / vnd nasse rott /
      Die wässer schnell thut spalte /
            Vnd jhm / dem werth- vnd lieben Gott
      Nur frewden spiel kombt halten.

 

XVII.

Jhr wasserfräwlein wolbekandt /
      Den reyen sollet führen:
Auff Harpffen / Geigen allerhandt /
      Die beste seiten rühren.
Wan dan die schön gemahlte schiff
      In eyl fürüber fliegen /
Zum Gottes lob wend alle griff /
      Da strebet obzusiegen.

 

XVIII.

Ey da nun jhr vnzahlbar schiff /
      (O wasserwald beschoren!)
Euch eben recht ich jetzt betriff /
      O bäum zu land geboren!
Ach zäumet auff den vollen trab /
      Legt hin die flache sporen / Ruder.
Die flächsen feder Segel. spannet ab /
      Die zeit bleibt vnverlohren.

 

XIX.

Zum frewden Fest nun haltet ein
      Mit müsset jhr zum Reyen /
Der Schöpffer wil gelobet sein /
      Euch wirds zum heyl gedeyen.
Nun hebet an die Lauten griff /
      Jhr fräwlein reich von stimmen.
Auch hebet an / jhr hole schiff /
      Gar sänfftiglich zu schwimmen.

 

XX.

Die frembde waaren bringt zu hauff /
      Weit vber Meer geholet:
Die frewden fähnlein stecket auff /
      Mit farben viel bestrolet.
Da crönet euch mit lorber krauß /
      Mit perl / vnd edelsteinen /
Die bunte täppich spreitet auß /
      Vnd herrlich thut erscheinen.

 

XXI.

Die Erd vnd alle Erdgevvächs.

Auch lobe Gott mit höchstem preyß /
      O kugel wol geründet!
Du tausend-schöner Erden-kräyß /
      Im lären lufft gegründet.
Lobt jhn jhr berg / vnd flaches land /
      Lobt jhn jhr stoltze felßen /
Wan euch so gar mit feuchter hand
      Die wolcken hoch vmbhälßen.

 

XXII.

Auch lobet jhn jhr Ceder-bäum
      Auff Bergen hoch entstanden:
Noch holtz / noch höltzlein sich versäum /
      Von ferr / vnd nächsten landen.
Die zarte zweig nun breitet auß /
      Die blättlein last erschiessen;
Euch zeigt in grünen haaren krauß /
      So gar zun süssen fliessen.

 

XXIII.

Auch lobet jhn jhr blümelein /
      Viel tausentfalt entsprossen:
Jhr wild / vnd zahme pfläntzelein /
      Mit kühlem taw begossen:
Auch laub vnd graß / vnd auch getraid /
      All früchten auff den selben /
All grün gewächß ohn vnderscheid /
      Verborgen weit in wälden /

 

XXIV.

Ja lobet jhn auch jederzeit
      Jhr ertz- vnd glocken-speisen /
Der Erden reiches ingewaidt /
      Gold / silber / stahl / vnd eysen.
Dan auch daß kupffer / zinn / vnd bley /
      Dan schwebel / stein / vnd kolen /
So täglich wir gantz keck / vnd frey
      Von klufften tieff erholen.

 

XXV.

Nun hetten wir vergessen schier
      Der perl / vnd edelsteinen /
Her / her Carbunckel / vnd Sapphir /
      Auch müsset jhr erscheinen:
Türckoisen / vnd Schmaragden rein /
      Demanten außerkohren /
Vnd jhr Crystallen mehr gemein
      Wie sauber eyß gefrohren.

 

XXVI.

Auch lobet Gott jhr brünnlein klar /
      Jhr bächlein krumb gebogen /
In stätem sprung das gantze jahr /
      In stätem gang erzogen.
O stoltze quellen mannigfalt /
      O feuchte brüst der erden /
Bey stätem fliessen / ohn enthalt /
      Soll Gott gelobet werden.

 

XXVII.

Gelobet sey der Schöpffer gut /
      Von dem all wässer fliessen;
Der früchten- Oel- vnd Trauben-blut
      Den menschen gibt zu niessen.
Er schafft der erden fruchtbarkeit /
      All Seelen er ernehret /
Von jhm allein vns allezeit
      Groß wolthat widerfähret.

 

XXVIII.

Drumb lobet jhn / du zahmes Vieh /
      Du wilde zucht beyneben;
Jhr Vögel schnell / so dort / vnd hie /
      Bald hoch / bald nider schweben:
Ihr König stoltz / jhr völcker vil /
      Jhr Jüngling grün von jahren;
Ja auch kombt her zu diesem spiel
      Jhr Alten greiß von haaren.

 

29    Das geheimnuß der Hochheiligen
Dreyfaltigkeit / so vvol Theologisch
als Poëtisch, vvie viel geschehen können /
entvvorffen.

 

I.

Jhr schöne Geister Seraphim
      In glantz / vnd fewr bekleydet /
Jhr schnelle knaben Cherubim /
      Zum Gottes lob vereydet /
Stimmt ein zur besten harpffen mein /
      Zur harpffen frisch beschnüret /
Zun glatt-gezielten versen rein /
      Auß höchstem thon entführet.

 

II.

Vom Herren groß / Gott Sabaoth
      Erd / Himmel starck erschallet:
Dem Einsam-drey / drey-einem Gott
      Daß Meer in brausen wallet.
Ey da laßt vns mit stimmen ein /
      Laßt vns die Seiten rühren /
Laßt vns bey süssen versen rein
      Die zarte noten führen.

 

II.

Der Vatter / Sohn / vnd heylig Geist
      Ist eines nur zusamen /
Doch drey mans je verscheiden heist
      Mit eygenschafft / vnd namen.
Selb-ständig seind personen drey /
      Sols niemand nit verneinen /
Daß diese drey doch eines sey /
      Mit schrifft mans kan bescheinen.

 

III.

Man zehlet die selb-ständigkeit
      Vnd bleibet vnter dessen
Ein vngezehlte wesenheit /
      Vnd Gottheit vnermessen.
Ist eine macht / vnd herrligkeit
      Ist eine krafft / vnd stärcke /
Ist eine größ / vnd ewigkeit /
      O nur mich recht vermercke.

 

IV.

Der Vatter / Gott vnd alles ist /
      Allein ist er von keinem:
Der Sohn / auch Gott vnd alles ist /
      Allein ist er von einem:
Der Geist auch Gott vnd alles ist /
      Allein ist er von zweenen:
Doch alles aller eigen ist /
      Thut keiner nichts entlehnen.

 

VI.

Der Vatter kam auß niemandt zwar /
      Dich laß noch bas bescheiden /
Vom Vatter kam der Sohn fürwahr /
      Der Heilig Geist von beyden /
Der Sohn ist von dem Vatter sein /
      Nicht ohn geburt entsprossen /
Der Geist von beyden in gemein /
      Doch ohn geburt entflossen.

 

VII.

Der Sohn auß seines Vatters schoß
      Von ewigkeit gebohren /
Ist end- beginn- vnd Mutter-loß:
      Verstand gibt hie verlohren.
O Sohn / du deines Vatters glantz!
      O Liecht / vom Liecht gezündet!
Deß Vatters wesen / vnd substantz
      Vnendlich / vnergründet.

 

VIII.

Daß wesen sein / dir höret zu /
      Daß deinig ist das seine /
Bist nur was Er / vnd Er was du /
      Gar fest ichs also meine:
Doch du nit bist / wer eben Er /
      Auch Er wer du mit nichten /
Wers anders meinet fehlet ferr /
      Der glaub es muß entrichten.

 

IX.

Von beyden bist / O beyder Geist /
      Gleich beyden fürgetretten /
Von beyden gleichsam hergereist /
      Gleich beyden anzubetten.
Dem Sohn vnd Vatter / beyden gleich
      In gleich- vnd selbem wesen:
Gantz eben mächtig / eben reich:
      O wolstand außerlesen!

 

X.

Dasselbig / waß der Vatter ist /
      Was auch der Sohn im gleichen /
Du selber auch natürlich bist;
      Thut keiner keinem weichen:
Doch wer der Sohn / vnd Vatter ist /
      Selb-ständig in personen /
Derselbig du mit nichten bist /
      Wiewol bey selber Cronen.

 

XI.

Waß du dan bist / Sohn / Vatter ist /
      Das wesen aller beyden:
Wer du doch bist / jhr keiner ist /
      Personen seind verscheiden.
Von dem / was eben selber bist /
      Ein Gott von Gott sich rühret:
Von denen / deren keiner bist /
      Dein Vrsprung sich entführet.

 

XII.

Ach führe mich in hohem lauff /
      Begleite mich in lüfften;
Erhebe mir von Erden auff /
      Die schwäre füß / vnd hüfften.
Mich laß noch ferner machen kund
      Dem Leser vnverdrossen /
Wie Sohn / vnd Geist / jhr alle stund
      Seid ewiglich entsprossen.

 

XIII.

Der Vatter sich von Ewigkeit
      Nothwendiglich betrachtet /
Sein wesen / pracht / vnd Herrlichkeit
      Er mit verstandt erachtet.
Sich selbsten er jhm bildet ein /
      Vnendlich sich begreiffet;
In jhm Geschöpff / so müglich sein /
      Im selben blick durchstreiffet.

 

XIV.

Er gründet seine tieffe macht.
      Wiewol doch vnergründet:
Beschawet seine pomp / vnd pracht /
      Sein wesen er erkündet.
Die Gottheit sein / vnd gantzen gwalt
      Von ewig-alten tagen
Er deutlich fasset in gestalt
      Was wil man weiter sagen.

 

XV.

Wie klar dan er sich selbst erkendt /
      Wie selbst sich er mag wissen /
Also steht er von jhm behend
      Im hertzen abgerissen /
Das hertzen wort / vnd hertz-concept /
      Von jhm / gleich jhm gezeuget /
Auch gleich mit jhm in warheit lebt:
      Der glaub vns nicht betreuget.

 

XVI.

Weß wesens nun der concipist /
      So selb sich concipiret;
Der schön concept auch selber ist /
      Vnendlich gleich formiret.
In jhm dieselbe krafft / vnd macht
      Sich zeiget vngefehlet /
Geschöpff in jhm / als obgesagt /
      Auch bleibens vnverhälet.

 

XVII.

Schaw da dan zeiget sich das bild /
      Ein Gott / von Gott gestaltet:
Ein Sohn / von seinem Vatter mildt /
      Im wesen vnzerspaltet:
Ein red / von seinem mund gezihlt /
      Ein hertz / von seinem hertzen /
Ein bild / von jhm recht abgebildt /
      Ein liecht von seiner kertzen.

 

XVIII.

Ein Stern / von eben seinem Stern /
      Die Sonn / von seiner Sonnen /
Der wahre kern von seinem kern /
      Der bronn / von seinem bronnen /
Der schein / von eben seinem schein /
      Der stral von seinem stralen /
Die weißheit / von der weißheit sein /
      Kan besser dirs nit mahlen.

 

XIX.

Gleich wie der Vatter / so der Sohn /
      Seind eines nur sie beyden /
Ein einig Gott / vnd zwo persohn /
      All jrrthumb soll man meyden.
Nicht scheidet sich die wesenheit /
      Natur bleibt vnzerspaltet;
Sohn / Vatter selben Scepter beyd
      Wie der / so der verwaltet.

 

XX.

Der Vatter gar in sich verzuckt /
      Bleibt ewiglich im wesen /
Sein helles Wort / hell abgetruckt
      Er ewiglich thut lesen /
Er ewig in beschawligkeit
      Ob seinem pracht erstarret /
Drumb folgends auch in ewigkeit
      Das hertzen-Wort verharret.

 

XXI.

Wer wil nun zierlich reissen dar /
      Vnd mahlens nach dem leben /
Wie dan sie beyden also gar
      In lust vnd frewden schweben?
Wer wil beschreiben ohn verstoß /
      Wie wunder dan getrieben /
Mit außgespanter flammen groß
      Sich beyde gleich verlieben?

 

XXII.

Der Vatter in so werthem Sohn
      Die Schönheit sein betrachtet /
Den Vatter auch in seinem Thron
      Der Sohn ohn massen achtet:
Da reget sich mit starckem trieb /
      Von ein- vnd einer seiten
Ein hoch- vnd hoch gespante lieb /
      Ohn Anfang / End / vnd Zeiten.

 

XXIII.

Der Vatter seufftzet ohne ruh
      Zu seinem Sohn verliebet:
Der Sohn jhm wider seufftzet zu /
      Sich gleichem fewr ergibet.
Zu gleich dan er / zu gleich dan der
      Mit gleichem brand befangen /
Mit seufftzen hin / mit seufftzen her
      Bezeugens jhr verlangen.

 

XXIV.

Ahà der Vatter seufftzen thut
      Zu seinem Sohn geschwinde;
Ahà der Sohn auch seufftzet gut
      Mit eben selbem winde.
O schöner Sohn! du schönes Bild!
      Nun lieb ich dich so sehre.
O schöner Vatter! Vatter milt!
      Zu dir mich eben kehre.

 

XXV.

O schöner Sohn / du morgenschein /
      Die Lieb ist vnermessen:
O schöner Vatter / Vatter mein
      Auff dich bin gar erseßen.
Ach schöner Sohn du klares liecht /
      Für Lieb ich gar erbrinne:
Ach Vatter mein / ich freylich nicht /
      Dem Fewr ich nicht entrinne.

 

XXVI.

Ahà nun da du schöner Sohn /
      Für Lieb kan mich nit lassen:
Ahà nun da du meine Cron /
      Ahà laßt vns vmbfassen.
O Sohn du mein: du Vatter mein.
      Du meine krafft / du meine:
Vnd ich dan dein: vnd ich bin dein.
      O wollust in gemeine!

 

XXVII.

Schaw da dan kräfftig windet ab
      Der seufftzer jhrer beyden.
Der süsse Geist / die süsse gab /
      O frewd / ob allen frewden!
Der Sohn / vnd Vatter; der / vnd der
      Gar lieb- vnd freundlich hauchet:
Auß einem hertzen her / vnd her
      Der athem süßlich rauchet.

 

XXVIII.

Von beyden kompt der hertzenwind /
      Von beyden gleich gewindet:
Ist beyder Geist / vnd seufftzer lind /
      Ahà so nie verschwindet:
Ist beyder vnzertrenntes Band /
      So niemal sich entbindet:
Ist beyder Glut / vnd hertzenbrand /
      Ohn maß / vnd ziel gezündet.

 

XXIX.

Der Sohn / vnd Vatter ewiglich /
      Ohn end / vnd ohn beginnen /
Mit gleichem hertzen inniglich
      In gleicher Lieb erbrinnen.
Sie beyde zween / vnd eines beyd /
      Sich ewiglich vmbfassen /
So sauset auch in Ewigkeit /
      Der Geist / ohn vnderlassen.

 

XXX.

O süsser wind / O süsser Blast!
      Von beyden her geblasen:
Erleuchte meinen Sünden-last /
      Heil meine Wund / vnd Masen.
Ach mache mich der Sünden loß /
      Der Bürden vnerträglich:
Blaß aufs die ketten / band / vnd schloß /
      Mit seufftzen vnaußsprechlich.

 

XXXI.

O gülden Regen / gülden-fluß!
      Von beyden gleich ergossen:
O gülden stral / O gülden-schuß!
      Von beyden fürgeschossen!
Thu nur die dürstend hertzen dein
      Mit deiner gnad befeuchten;
Thu nur mit deinem klaren schein
      Die Kinder dein erleuchten.

 

XXXII.

Deß Sohns / vnd Vatters einig kuß /
      In Beyden vnzertheilet;
O starck- vnd reicher gnaden guß!
      So gleich all schaden heilet.
Vns deine Kinder spahr gesund /
      Das leben vns erstrecke /
Vnd aller vnser hertz / vnd mund
      Zu deinem lob erwecke.

 

XXXIII.

Gelobet sey der einig Gott /
      Zu tausent / tausent mahlen /
Zu tausentmahl Gott Sabaoth /
      Vnd noch zu tausentmahlen.
Gelobet die Dreyfaltigkeit /
      Dreyfältig in personen /
Gelobet die Drey-Einigkeit
      Drey-Einig in der Cronen.

 

XXXIV.

Dir sey lob / ehr / vnd preiß geleist /
      Als nun / von zeit / zu zeiten /
O Vatter / Sohn / vnd heilig Geist /
      In folgend-ewigkeiten.
Dich loben deine Seraphim /
      In glantz vnd fewr bekleydet /
Dich loben deine Cherubim
      Zu deinem lob veraydet.

 

30    Eine Ecloga, oder Hirtengespräch,
darin zvveen Hirten, einer Damon,
der ander Halton genant, je einer vmb
den andern in die vvett spielen, vnd zu
nacht Gott loben, dievveil Mon,
vnd Sternen scheinen.

 

Eingang.

Der Mon auff runder heyden war /
      Vnd hütet seiner Sternen;
Zween Hirten jhm da spielten zwar /
      Auff Harpffen / vnd Quinternen.
Sie fuhren fort mit nichten blödt
      Jhm freundlich lieb-zu-kosen /
Biß gar die schöne Morgenröth
      Sich crönt mit frischen Rosen.
Der Damon / vnd auch Halton from /
      Auß süß-gedänten seiten
Zur wett sich trieben vmb / vnd vmb /
      Wers Cräntzlein möcht erstreiten /
Drauff eylends ich mich vnderstund
      Es klüglich auffzufassen:
Doch alles ich nit setzen kund /
      Must vil noch hinden lassen.

Der Hirt Damon hebet an.

O schöner Mon / du bester Hirt
      Auff blaw-gefarbten weyden /
Groß vortheil dir da widerfihrt /
      Doch wil dich nit beneyden.
Nur sing / vn̄ kling dem schöpffer dein /
      Dem Schöpffer hoch-gepriesen;
Der dir so frey geraumet ein
      So weit geründte Wiesen.

Der Hirt Halton.

O schöner Mon du bester Hirt
      Bey deinen besten Schaffen /
Bey deinen Sternen wolgeziert /
      Wan thier / vnd menschen schlaffen.
Auch ich wil dir nit neydig sein /
      Noch tragen dir den grollen /
Wan schon die stern / vn̄ schäfflein dein
      Seind voll der gülden wollen.

Der Hirt Damon.

Nur lobe nur den Schöpffer dein /
      Der dir ist wol gewogen /
Vnd dir die gülden Läm̅erlein /
      Er selbst hat aufferzogen.
Sie nie noch keine mütterlein /
      Noch keine brüst gesogen /
Der Schöpffer nur / nur Er allein /
      Er selbst hats aufferzogen.

Der Hirt Halton.

Er spritzet ab ein kräfftigs wort
      Von lind gerührter zungen /
Gleich deine Schäfflein mancher sort
      In blawen felden sprungen:
Gleich kleidet ers in gülden woll
      Auff rein glasierten wasen /
Vnd hieß alda daß Bürßlein toll
      Dir stäts ob augen grasen.

Der Hirt Damon.

Wan vnser herden dort / vnd hie
      Gar offt in wälden irren /
Die deinen noch verlauffens nie /
      Noch jemahl sich verwirren:
Auch vngenanter Bösewicht
      Dir nie die zahl mag schwächen:
Auch hund / noch steckē brauchest nicht /
      Mag dir ja nichts gebrechen.

Der Hirt Halton.

Ach lobe noch den schöpffer werth /
      Der gütlich thät erachten /
Daß auch er deine gülden Herd
      Nur weiden ließ bey nachten.
Dan weil an hirn / vnd häupter blöd
      Sie keine Sonn vertragen /
Vnzweifflich würdens all getöd
      In Sonnen-liechten tagen.

Der Hirt Damon.

Ja lobe noch den Schöpffer milt /
      Der fridlich sie macht grasen:
Der alle wind vnd brausen stillt /
      Daß nie so kräftig blasen.
Er schonet immer deiner Herd /
      Beschirmets aller-wegen /
Daß nimmer sie berühret werd
      Vom Wetter / Schnee vnd Regen.

Der Hirt Halton.

Er schaffet jhn gesunde Weid /
      Gesunden lufft / vnd speisen /
Daß ledig sie von allem leid /
      Die runde baan durchreisen /
Er leitets gleichsam an der schnur /
      Auch selbst ist er nit ferren:
Nur lobe dan / vnd lobe nur
      So milt- vnd frommen Herren.

Der Hirt Damon.

Ja lobe noch so milten Gott /
      So milt- vnd frommen Herren /
Dem freylich deine gülden Rott
      Mit gülden zungen plerren.
Doch wir so ferr erhörens nicht /
      Weil wir die ohren spahren;
Wer hertz / vnd sinn hinauffen richt /
      Wirds je noch wol erfahren.

Der Hirt Halton.

Die gantze gülden Schäfferey
      Stäts jhm das lob verkündet:
Stäts preisen jhn mit stillem schrey
      Die Sternen glatt geründet.
Still ruffen sie die gantze nacht:
       Er vvarlich, Er vnfehlber,
Er, Er allein hat vns gemacht,
      Und vvir vns ja nit selber.

Der Hirt Damon.

O Mon / du frommer Sternen-hirt /
      Vns lasset beyd zusammen /
Alweil die Sonn gewecket wirdt /
      Erheben Gottes namen /
Vns laßt mit süssem jubel-schrey
      Den Schöpffer hoch verehren:
Laßt jhn von hertzen preisen frey;
      Der tag wil wider-kehren.

Der Hirt Halton.

Die Morgenröth schon wachet gar /
      Wil schon die Nacht verleiten /
Schon flechtets jhre purpur-haar /
      Vnd wil den Tag bereiten.
Vns laßt noch preisen allezeit
      Den Schöpffer groß von machten /
Laßt feyren jhm in fröligkeit /
      Zu Morgen / wie zu Nachten.

 

30    Andere Ecloga oder Hirtengesang,
darin jetz gemelte beyde Hirten
zu morgens früh Gott loben,
allvveil die schöne Sonn
scheinet.

Eingang.

Schon ist in rothem Carmesin
      Die Morgenröth erstanden:
Schon glantzend wie der best Rubin
      Die Sonn sich zeigt verhanden /
Nur fort jhr meine Geiger beyd /
      Der Sayten gar nit fehlet;
Vnd bey beliebtem Reimen-streit
      Die Geigen süßlich strelet.

Der Hirt Damon.

O schöne Sonn du klares goldt
      Magst wol den Schöpffer preysen /
Der jmmer dir sich zeiget holdt
      Auff deinen circkel-reisen /
Er streichet dir die stralen an
      Mit bester gelben farben /
Alß wol sich nie gefärbet han
      Die gelbest weitzen-garben.

Der Hirt Halton.

Er schärpffet dir die gülden Pfeil /
      Mit fläm̅lein zart befedert:
Er führet dich viel tausent meil /
      Auff straßen starck berädert.
Er schäncket dir die silberbaan /
      Die gülden Roß / vnd Wagen /
So dich den runden steeg hinan
      Von Ost- in Westen tragen.

Der Hirt Damon.

Er lasset dir die müde Roß
      (Als gut Poeten sagen)
Zu nacht mit allem wagen-troß
      In grossem kübel zwagen:
Drauff weidet er sie rosen satt /
      In edlem blumen-garten /
Biß früh sie wider frisch vnd glatt
      Volführen jhre fahrten.

Der Halton.

So bald in frischem purpur-schein
      Dich hebest nur zu morgen /
Dir zeiget er die Wunder sein /
      Dir nichts helt er verborgen:
Er zeiget dir auff deiner Reyß
      Den gantzen himmel-bogen /
Den gantzen grünen Erden-kreyß /
      Daß Meer / vnd wasser-wogen.

Der Damon.

Er zeiget dir die schöne Welt /
      Die vögel all in wolcken;
Auch vnser schaff vnd küh zu feld
      Gleich eben frisch gemolcken.
Auch menschen all / vnd alle thier /
      Waß nur von wild- vnd zahmen /
Der schönen welt zum schmück / vn̄ zier /
      Man treiben mag zusamen.

Der Halton.

Auch stätt / vnd mauren / thürn / palläst /
      Der alten viel / vnd newen;
Dan schlösser auch / vnd häuser fest /
      Gar wunder von gebäwen:
Auch allen frid- vnd kriegs-gerüst /
      Gelt / pracht / vnd wehr / vnd waffen /
Vnd was noch deß ich mehr gewüst
      Eh dan ich kam zun schaffen.

Der Damon.

O schöne Sonn du klares goldt /
      Magst wol den Schöpffer preisen /
Der jmmer dir sich zeiget holdt /
      Auff deinen circkel-reisen.
Er weiset dir den rechten streich /
      All örter zu beschleichen:
Da mag dā sand / noch land / noch reich
      Vor deinem glantz entweichen.

Der Halton.

Er leitet dich in deinem glantz
      Im hin- vnd widerkehren /
Alß wie zur hochzeit / vnd zum tantz
      Den Breutigam von ehren:
Er führet dich bey seiner hand /
      Weicht nie von deiner seiten /
Gibt nahrung deinem Fackelbrand /
      Ohn zahl der jahr vnd zeiten.

Der Damon.

Er schicket dir die vögelein
      Zu morgen gleich entgegen /
So dir den wilkom bringen ein /
      Vnd stimm alß Flügel regen.
Er heisset sie dir spielen schön /
      Daß weit / vnd breit erschallet /
Daß auch von felsen ein gethön
      Im widerschlag erhallet.

Der Halton.

Er spreitet dir die felder grün /
      Dir mahlet er die garten /
Da manch erhebte blumenbün
      Dir scheinet auffzuwarten:
Er laßt von dir getreid vnd graß
      Daß leben süß erlangen /
Auch Bäum / vnd Reben gleicher maß
      Von deinem glantz empfangen.

Der Damon.

Durch jhn besaamest alle welt
      Mit deinen stral- vnd strämen:
Ohn jhn hingegen alle welt
      Von dir gar nichts könt nehmen.
Ohn jhn all deine flam̅en-flüß
      Längst wären schon verronnen;
Noch flüssen mehr die stralen-güß
      Auß deinem stralen-bronnen.

Der Halton.

Ohn jhn kein halbes augenblick /
      Dort oben würd verbleiben
Ein füncklein einer Linsen dick
      Von deiner gelben scheiben:
Ohn jhn das gantze wesen dein /
      Vnd was noch dich mag zieren /
In pur / vnd lauter nichts hinein
      Geschwind sich würd verlieren.

Der Damon.

Drumb schöne Sonn / du klares goldt /
      Magst wol den Schöpffer preisen /
Der jmmer dir sich zeiget holdt
      Auff deinen circkel-reysen /
Ich helffen dir wil jederzeit
      Den schönen Gott verehren /
Vnd dich von jhm auff grüner weid
      Noch manches liedlein lehren.

Der Halton.

Auch ich dan wil dich eben vil
      Derselben Liedlein lehren /
Vnd freylich auch zu selbem zihl
      Den Fidel-bogen kehren.
Ja solt ich sein der Geigen müdt /
      Von stunden wil ich greiffen /
Mit frisch geschöpfftem hertz-geblüt /
      Zu meinen holen pfeiffen.

 

32    Andere Ecloga oder Hirten-gesang,
darin gemelte Hirten Gott loben
bey ihren Schäfflein, vnd jhr lieb zu
Gott anzeigen.

Eingang.

Wan offt von klarem him̅el-schweiß
      An schönen Sommer-tagen /
Die morgen perlen rund / vnd weiß
      Gar schön zertröpfflet lagen:
Die Sonn schoß ab so manchen stral /
      Vnd mehr vnd mehr erglitzet /
Da schwanden eylends ohne zahl /
      Die tröpfflein gar erhitzet.
Auff / auff / alsdan der Damon sprach /
      Auff / auff zun grünen wasen:
Laßt vnser Schäfflein allgemach
      In flachen Heyden grasen.
Drauff Halton bließ aufs süssem halm:
      Gleich der / gen den / sich bäumet /
Vnd beyd in gleichem Hirten-psalm
      Noch der / noch der sich säumet.

Der Hirt Halton hebet an.

O Damon schöner mitgespan /
      Den pfeiffen / vnd schalmeyen
Vns lasset heut auff grünem plan
      Den athem süß verleyhen.
Vns laßt mit bestem hirten-klang;
      Mit best-gefügten reymen /
Daß meisterlich zun ohren prang /
      Auff hirtisch weidlich leimen.

Der Hirt Damon.

Ach Halton / ich von hertzen gern
      Den pfeiffen / vnd schalmeyen
Wil heut / daß es erschallet fern /
      Ein lüfftlein süß verleyhen.
Nur lasset vns auff diesem plan
      Dem Schöpffer weißlich dancken /
Alweil die Schäfflein weiden gahn /
      In jenen grünen schrancken.

Der Hirt Halton.

Den Schöpffer lob ich alle tag /
      Noch vor der Sonnen-wagen /
Noch ehe sie recht sich schmücken mag
      Mit gülden kröß vnd kragen /
Noch ehe die Morgenstunden klar
      Von warmer Osten-seiten
Entbinden jhr die gelben haar /
      Vnd breit in lüfften spreiten.

Der Hirt Damon.

Den Schöpffer lob ich auch zumahl
      Wan klar die Sonn sich zeiget /
Vnd frewdig mit so manchem stral
      Das blaw gewölb ersteiget.
Wan sie geschmückt mit vollem glantz
      Volführet jhre reyen /
Vnd wir erspielen manchen Crantz /
      Besteckt mit grünen meyen.

Der Hirt Halton.

Den Schöpffer lob ich eben sehr /
      Wan Sonn sich wider bieget /
Vnd auff gesenckter niderkehr
      Den matten Wagen wieget.
Wan wir bey sanfftem abend-sang
      Nach hauß die Schäfflein treiben /
Vnd wachsen alle schatten lang /
      Gezielt von kurtzen leiben.

Der Hirt Damon.

Den Schöpffer lob ich gleicher weiß /
      Wan ich zu nacht gewecket
Schick auff nit wenig seufftzer leiß
      Zun Sternen angestecket /
Wan friedlich vnser Herd / vnd schaff
      Nach späthem widerkawen /
Bereuschlet mit gelindem schlaff /
      Die süsse Weid verdawen.

Der Hirt Halton.

Dem Schöpffer frey nun trettet her /
      Trett her jhr wüllen schaaren:
Vnd jhn auch preiset mit geplerr /
      Euch thut zum tantz verparen:
Vor jhm nur frisch vn̄ frewdig springt
      Nun flechtet jhm den Reyen /
Euch weil der schöne Damon klingt /
      Vnd Halton auff Schalmeyen.

Damon.

Frisch auff jhr zarte Lämmerlein /
      Springt auff / auff grünen wasen /
Frisch auff jhr weisse Brüderlein /
      Wir euch nun lieblich blasen.
Wir euch noch wollen ebenfals
      Mit bestem schmuck hoffiren /
Vnd euch die reine stirn / vnd halß
      Mit grünen Cräntzlein zieren.

Halton.

Alsdan mit bester zier geschmuckt
      Noch bas in frewden springet:
Dem Schöpffer feyret vnverzuckt /
      Vnd jubel groß volbringet.
Zu jhm noch das mit plerren rufft /
      Zu jhm euch thut erheben /
Der euch gerückt an süssen lufft
      An süsses liecht vnd leben.

Damon.

Er kleidet euch die Röcklein an /
      Zu seinem wolgefallen:
Gleich schawet man im grünen gahn
      Die weisse wüllen ballen.
Mit weissen wüllen Federlein
      Er euch die Fell verbrämet.
Von weichem schnee gantz oben rein /
      Als wärens abgefämet.

Halton.

Er wicklet euch in sanffte Beltz /
      Frisch new / noch vnbeschoren:
Vmbzinglet euch die nackent hälß
      Mit lind-gekäm̅ten haaren /
Er härtet euch die kläwlein zart
      Gar sittlich auffgesplissen;
Da trettet jhr auff grüner fahrt
      Nach weid / vnd grünen bissen.

Der Hirt Damon.

Er euch zur nahrung thal vnd berg
      Vnd felder hinderlasset /
Da schlagen wir euch in die pferch /
      Vnd jhr gar friedlich prasset.
Er giesset auß die bächlein schwanck /
      Er macht die brünnlein spritzen:
Da nehmet jhr dan kühlen tranck
      Bey warmer Sommer-hitzen.

Der Hirt Halton.

Er schencket euch gar manchen baum /
      Da drunden jhr euch schattet /
Wan jhr den stralen machet raum /
      Weil euch die Sonn ermattet.
Er euch vor vnbenantem fraß
      Mit seiner hand beschirmet;
Sonst würdet jhr aufs grüner straß
      Wol blütig offt gefirmet.

Damon.

Er segnet euch / jhr mütterlein /
      Mit säugling wol ersprossen:
Er segnet euch / jhr Lämmerlein /
      Mit gleichen brust-genossen.
Er quellet auff die dütten rund /
      Mit süß- vnd weissen gaben:
Da machet jhr dan süssen mund
      Jhr zarte wüllen-knaben.

Der Halton.

Er schaffet allen jhre speiß /
      Er nehret alle seelen:
Deß geben wir jhm ehr / vnd preiß /
      Vnd mögens nit verhälen.
Wir jhm auff hälmen vnd geröhr
      Durch alle noten schweiffen /
Vnd (so villeicht mans lieber hör)
      Auch auff gesäckten pfeiffen.

Der Hirt Damon.

Wir jhm zu lob auff grünem feldt
      Je späth / je zeitig feyren /
Vnd je dan eintzel / je gesellt
      Auch brauchen Harpff / vnd Leyren /
Wir auch die gelbe seiten schwanck
      Mit süsser stimm vermählen /
Wan wir mit reinem brunnen-tranck
      Erfrischen halß / vnd kehlen.

Halton.

Ach! daß nur jhm / daß nur allein /
      Ach! nur daß jhm gefiele /
Was ich zu lob / vnd ehren sein
      Bey meinen Schäfflein spiele;
Ja frey / den besten Hammel mein
      Noch heut ich drumb wolt geben /
Vnd ja die schönsten Lämerlein
      Noch drey / vnd drey darneben.

Damon.

Vnd solt nun auch dem Schöpffer gut
      Nit eben gar mißfallen /
Was ich bey meiner Herden hut
      Auch hertzlich pflag erschallen;
Ja frey / den besten Hirten-hundt
      Auch ich noch drumb wolt geben /
Vnd ja der längsten pfeiffen rund
      Noch dreymahl drey darneben.

Halton.

Ach Damon / wan die Schaff zu hand
      Den grünen grund bescheren /
Fühl ich so süssen hertzen-brand:
      Zu Gott steht mein begeren /
Von jhm kombt mir so reines fewr
      In marck vnd bein gekrochen /
Das quälet mich fast vngehewr /
      O wee / kans nit verkochen!

Damon.

Ach Halton / wan die Schaff zuhand
      Der kühlen Born verkosten /
Auch mich laßt er in gleichem brand /
      Aufs gleichen kohlen rosten.
Von jhm auch mir ko̅t gleiches fewr
      In blut / vnd mut geschleichen /
Daß wütet eben vngehewr /
      O wee / kan jhm nit weichen!

Halton.

Nun schaw / die Sonn zu gnaden geht /
      Vnd wil zu wasser tauchen:
Die Schloot / vnd Käm̅ig eben späth
      Rings vmb jhn dörffen rauchen.
Man kochet vns die nachten-speiß /
      Vns laßt nun heimwärts kehren /
Der brand in meinem hertzen heiß
      Sich wird noch wol vermehren.

Damon.

Ja / lieber / ja / laßt kehren heim /
      Vnd laßt die Schäfflein zehlen
Zu recht / ich kan doch sagen keim /
      Wie Lieb mich stäts thut quälen.
O schöner Gott / weil dich nit seh /
      Zumahl ich bin in peinen /
Nach dir ist meinem hertzen wee /
      Wan sonn / vnd sternen scheinen.

 

33    Christmeß gedicht, darin
ein Engel die geburt Christi, den
Hirten verkündigt.

 

I.

Vom kindlein frisch geboren /
      Vom klein-vermenschten Gott /
Im kripplein halb erfroren /
      Erschall der him̅lisch bott.
Der him̅lisch bott von oben
      Durch lufft / vnd wolcken drang /
Vnd frewdig vnverschoben
      Also zun Hirten sang.

 

II.

Auff / auff nun / anzubetten
      Das gülden schönes Kind:
Auff / auff / zur hirten-Metten /
      Du frommes feld-gesind.
Ihr fromme schäffer-schaaren /
      Zusampt der weissen zucht /
Euch / euch soll widerfahren
      Das Heyl vorlängst gesucht.

 

III.

Auff / eilend auff / zur Krippen /
      Zum kleinen Schäfferlein /
Küßt jhm die purpur-Lippen /
      Das purpurs-Mündelein.
Küst jhm die Rosen-wangen /
      Die Winter-Blümelein /
So trutz dem Frühling prangen /
      Obs wol erfroren sein.

 

IV.

Das kleinlein halb erfroren /
      Doch auch nit minder brinnt /
In kaltem Frost geboren /
      Es Fewr im Busen findt /
Lind hebets nur in armen /
      Vnd pressets mit verstandt /
Es bald euch wird erwarmen
      Mit süssem hertzen brandt.

 

V.

Es liebet Schaff / vnd Hirten
      Das hirtisch Kindelein:
Es leitet her von Hirten
      Den Stand / vnd Stammen sein.
Ein Läm̅lein auch ohn flecken
      Es führt in seinem schildt /
Zusampt eim Hirten-stecken /
      Gar zierlich abgebildt.

 

VI.

Ach tragets nur zun Herden /
      Zun süssen Lämmerlein /
In warheit es auff Erden
      Wird nirgend lieber sein /
Mans freylich wird erfahren
      Es künfftig werden wirdt /
Wans kombt zu seinen jahren
      Ein gut- vnd bester Hirt.

 

VII.

O wol dem schönen Hirten /
      Dem künfftig-Hirten gut!
Ach / ach mich in begierden
      Der zeit verlangen thut.
Als dan er wird erwecken /
      Vnd treiben auff zu feldt /
Mit bestem Hirten stecken
      Die völcker aller Welt.

 

VIII.

Er wird auff besten weiden
      Sie schlagen in die pferch /
Vnd ja mit nichten leiden /
      Man jhm die zahl verherg.
Er / er wird seinen stecken
      Den Sonnen-stralen gleich
Gantz vberall erstrecken /
      In alle Land / vnd Reich.

 

IX.

Wer dan wolt seine schaaren
      In zieffer schliessen ein /
Nit wenig der erfahren
      Muß in der kreiden sein.
Der muß die Sternen zehlen /
      Das gelb-gewaffnet Heer:
Der kreiden auch befehlen
      Den sand am wilden Meer.

 

X.

Alsdan mit schönem frieden
      Die schöne welt gecrönt /
Wird sehn vnvnderschieden
      Die Thier / vnd Thier versöhnt.
Mit wilden Löw- vnd Bären /
      Gleich werden in gemein /
Auß einer krippen zehren
      Die zartest Läm̅erlein.

 

XI.

Auff einem grund vnd wasen
      Zur schönen sommerblüh /
Mit Wölffen werden grasen
      Die Rinder / Schaff / vnd Küh;
Ja selbe dütten lären
      Auch werden vngezehlt /
Vnd selbe Wiesen scheren
      Die Thier auß aller Welt.

 

XII.

Als dan an Tann / vnd Linden /
      An Buch- vnd Eschen-laub
Wird häuffig sich lan finden
      Wol manch / vnd mancher Traub.
Auch wird von Eichen-bäumen
      Sichs honig pressen lan /
Vnd / wie sichs kaum ließ träumen /
      Das Oel von Felsen gahn.

 

XIII.

Erd / Himmel wird sich wenden
      In wesen aller new /
Vnd jhre schätz verschwenden
      Gar häuffig / vnd ohn schew.
Ohn vndergang wird schweben
      Die Sonn in klarem brandt /
Der Winter sich begeben
      Zun wüsten vnbekandt.

 

XIV.

Der Frühling wird sich schmucken /
      Vnd werden mit gewalt
Zur Erden außer gucken
      Die Blümlein tausendfalt.
Auch werdens gahn herum̅er /
      Spatziren immerdar /
In ewig grünem Summer /
      Die wanckend Wässer klar.

 

XV.

Ja gar von Honig-waben /
      Von süsser Milch / zu hand
Die Bächlein werden traben /
      Durchs new gelobte Land.
Von Wolcken ab wird fliessen
      Der lieblichst Götter-tranck /
Die Schäfflein werdens niessen /
      Vnd sämptlich sagen danck.

 

XVI.

Auff / auff dan / an zu betten
      Daß gülden schönes Kindt:
Auff / auff zur Hirten Metten /
      Du frommes feld-gesindt.
Ihr fromme Schäffer-schaaren /
      Zusampt der weissen zucht /
Euch / euch soll widerfahren
      Daß heyl vorlängst gesucht.

 

34    Christnächtliche Ecloga, oder
Hirten-gespräch, darin zvveen Hirten
Damon vnd Halton das Christkindlein
besucht haben, vnd gegen jhm mit
Liebe befangen, auch ihren
Brandt entdecken.

Der Hirt Damon hebet an.

Ach Halton / lieber Halton mein /
      Wen schatz han wir gefunden?
Wen schatz im holen krippelein /
      In windlein eingewunden?
O Gott / wie schönes kindelein!
      Wie gülden-gelb an haaren!
Wie perlen-weiß an äugelein!
      Kein zung mags offenbahren.

Der Hirt Halton.

Ach Damon / liebster Damon mein /
      Als wir den schatz gefunden /
Den schatz in holem krippelein /
      In windlein eingewunden.
Das kleinlein ich in armen band /
      Wolt jhm die wänglein küssen /
Da netzet ich die wieg zu hand
      Mit zarten augen-flüssen.

Damon.

Auch ich als jhm wolt pressen ein
      Auff seine purpur wangen
Ein dreyfach dupples mündelein /
      Mir zähr von augen sprangen /
Doch ließ ich nit mich schröcken ab /
      Mit keinen augenflüssen;
Ja mehr ich jhm der bäcklein gab
      Vnd mehr / vnd mehr thät küssen.

Halton.

Auch ich nit hab mich treiben lan
      Von seinen wänglein beyden:
Ich satt ließ meine lefftzen gan
      Aldort in Rosen weiden.
So frisch die saugend Lämmerlein
      Noch nie zun brüsten sprangen /
Als lieffen frisch die lefftzen mein
      Zur weid auff seinen wangen.

Damon.

Ach Halton als ich jmmerdar
      Das kind wolt lieblich pressen /
Vnd jhm die wänglein also gar
      Mit bäcklein ab wolt messen /
Es gleich mit süssem honig-mund /
      (O wee waß freundlich possen!)
Mich hat mit süssem pfeil verwund /
      Mit süssem pfeil durchschossen.

Halton.

Ach Damon als auch ebenfals
      Das kleinlein ich thät fassen /
Vnd jhm von augen / stirn / vnd halß
      Der bäcklein satt wolt prassen /
Es mir mit gleichem hertzen-fewr
      Thät marck / vnd bein verletzen /
Dem Brand nun find ich keine stewr
      An keinen ort- noch plätzen.

Der Damon.

Ihr Hirten auff gemeinem Feldt /
      Solt jemand Fewr begehren:
Nur mir es gleich werd angemeldt /
      Will jhm dan gnug bescheren.
Deß Fewrs ich gnug im Busen trag /
      Vnd lebts in rothen Kohlen /
Wer sein bedarff / mirs kecklich sag /
      Mags hie zur notturfft holen.

Der Halton.

Ihr Hirten / solt auch jemand sein /
      So reinen quellendes Wasser. Born käm suchen?
Weist jhn gerad zur Hütten mein /
      An jener grünen Buchen.
Alsbald ich jhm dan geben wil
      Born / vber Born zu niessen /
So stündlich mir in aller still
      Von Augen ab kombt fliessen.

Der Hirt Damon.

Daß Fewr in meinem hertzen süß /
      Daß Fewr in Marck vnd Beinen /
Wolt Gott michs ewig quälen müß /
      Mit seinen süssen peinen.
Gantz wol mir ist bey solcher pein /
      Bey süssem Brand / vnd Wunden /
So mir gemacht daß Kindelein /
      Im Kripplein eingebunden.

Der Hirt Halton.

Die flüß von meinen augen beyd
      Die beissend wasser-stralen /
Auch kräncken mich mit süssen Leyd
      Mit sanfft- vnd süssen qualen /
Wolt Gott auch bliebens allemahl
      In stätem lauff vnd rinnen /
Gantz wol mir ist bey solcher qual /
      Bey feuchtem Hirn / vnd Sinnen.

Der Hirt Damon.

O Gott / wie schönes Kindelein!
      Ich sein werd nie vergessen:
Ich stäts werd in verlangen sein /
      Wer liebt mags mir ermessen.
Nach jhm nun werd ich seufftzen stäth /
      Wan früh die Sonn sich hebet /
Auch wan sie späth zu gnaden geht /
      Vnd müd in Westen schwebet.

Der Halton.

O Gott / wie schönes Kindelein!
      Nach jhm ich werd verlangen /
Wan Mon / vnd alle Sternen rein
      Auff runden Wiesen prangen.
Nach jhm ich werd mit Lieb verwundt
      Beyd arm / vnd hertz erstrecken /
Wan zeitlich auch die Rosen-stundt
      Den tag vns an kombt stecken.

Damon.

Von jhm bey meiner weissen Heerd /
      Bey meinen Schaff- vnd Geissen /
Ich offt / vnd offt nun spielen werd /
      Vnd manche seiten schleissen.
Mit Seiten wil ich kleiden an
      Die Leyren / Harpff / vnd Geigen /
Vnd jhm zu lieb auff grünem plan
      Der stücklein vil noch zeigen.

Halton.

Auch ich zu lieb dem Gottes Kind
      Wil offt auff runden pfeiffen /
Mit süssem blasen manchen wind
      Zu runden liedlein schleiffen.
Der pfeiffen ich noch sieben hab /
      Von lauter horn / vnd beinen:
Ein hirt sie mir zur letzen gab /
      Vnd warlich weichens keinen.

Damon.

Wan dan die Geissen steigen an
      Zun felsen hoch vnd hauffen /
Vnd weiches laub / so für thut gahn /
      Von zarten stauden rauffen:
Wil nur von JEsu spielen dar /
      So werd ichs wunder locken /
Vnd werdens klimmen ohn gefahr
      Auff jhren hörnen socken.

Halton.

Wan dan die Schäfflein ebenfals
      Den flachen grund bescheren /
Or jenseit eines holen thals
      Gahn weiden in der ferren /
Wil auch von JEsu spielen ich /
      Wil nur von jhm erklingen /
So werdens gleich versamblen sich
      Vnd mir zun händen springen.

Damon.

Wan auch zur heissen Sommerzeit
      Begrillt mit Hirnen-mücken /
Die Böck in stoltzem stirnen-streit
      Mit Köpffen sammen rücken /
Wil ich von jhm noch spielen auff /
      Nit werdens weiter zörnen:
Ich weiß dan gebens besser kauff /
      Der streit fält ab von hörnen.

Halton.

Wan auch der bößwicht vngehewr
      Solt je zum weiden kommen /
Die Schäfflein mir zu machen thewr /
      Vnd kürtzen mir die summen;
Von JEsu will ich spielen schnell /
      Der Schalck wirds lassen bleiben;
Vnd ob noch hund / noch hündlein bell /
      Wil jhn doch gnugsam treiben.

Der Hirt Damon.

Wan auch dan werden je zu mahl
      Die warme Wolcken brommen /
Vnd rother Blitz / vnd Donnerstral
      Gen vnß mit kräfften kommen /
Von JEsu wil ich spielen gleich /
      Die Schäfflein ihm befehlen;
So werd ich jhrer nach dem streich
      Wol eben viel noch zehlen.

Der Hirt Halton.

Wan auch die Schäfflein vbel auff
      Sich jemahl solten legen /
And auff dem Feld mit holem bauch
      Der Weid noch Brunnen pflegen /
Wil ich von JEsu spielen an /
      Bald werdens wider grasen;
Bald wider weidlich scheren gahn
      Auff Blumen-reichen wasen.

Der Hirt Damon.

Von JEsu wil ich vberall
      In Feld / vnd Wälden singen:
Von jhm soll schall / vnd widerschall
      In Lufft / vnd Klufften ringen.
Doch Halton schaw / dan meine Reym
      Zusampt dem Tag ermatten:
Laßt vnser Herd nun führen heim /
      Vnd jhr die ruh gestatten.

Der Hirt Halton.

Ja Damon / schaw dan meine Reym
      Schon auch es mir versagen /
Drumb so nur du wilt treiben heim /
      Nit muß es mir mißhagen.
Auff / auff / jhr meine lautbar Hund /
      Die Schaff thut sammen bellen:
Vnd allgemach bey guter stund
      Begleitet sie zun Ställen.

 

35    Ein kurtz Poëtisch Christ-Gedicht,
vom Ochß, vnd Eselein
bey der Krippen.

 

I.

Der Wind auff lären strassen
      Streckt auß die flügel sein:
Streicht hin gar scharpff ohn massen /
      Zur Bethlems krippen ein;
Er brummlet hin / vnd wider
      Der fliegend winter-bott /
Greifft an die gleich / vnd glieder
      Dem frisch vermenschten Gott.

 

II.

Ach / ach / laß ab von brausen /
      Laß ab / du schnöder wind:
Laß ab von kaltem sausen /
      Vnd schon dem schönen kind.
Vielmehr du deine Schwingen
      Zerschlag im wilden Meer /
Alda dich satt magst ringen
      Kehr nur nit wider her.

 

III.

Mit dir nun muß ich kosen /
      Mit dir / O Joseph mein /
Daß futter misch mit rosen
      Dem Ochß / vnd Eselein /
Mach deinen frommen Thieren
      So lieblichs misch-gemüß /
Bald / bald / ohn zeit verlieren /
      Mach jhn den athem süß.

 

IV.

Drauff blaset her / jhr beyden /
      Mit süssem Rosen-wind;
Ochß / Esel wol bescheiden /
      Vnd wärmets nacket kind.
Ach blaset her / vnd hauchet /
      Ahà / ahà / ahà.
Fort / fort / euch weidlich brauchet /
      Ahà / ahà / ahà.

 

36    Ecloga, oder Hirten gespräch,
darin zvveen Hirten Damon, vnd
Halton jhre gaben erzehlen: so sie dem
Christkindelein schencken
vvöllen.

 

I.

Als nach verbrachten Reysen
      Bey frembden sternen-brand /
Die König drey / die Weisen /
      Gar fern auß Morgen-land /
Dem Kindlein new geboren
      Zum opffer brachten dar /
Die dreyfach außerkohren
      Vnd außerlesen wahr.

 

II.

Gleich auch gezogen kamen
      Zween frommer Hirten werth /
Mein Halton / vnd der Damen /
      Mit wol bewollter Heerd:
Auch dachtens darzubringen
      Dem schönen Kindelein
Gar viel der schönen dingen
      So Sie gesamlet ein.

 

III.

Die Gaben all mit namen /
      Die Bäurisch Hirten Schätz
Verfaßten sie zusamen
      In süsses Reym-geschwätz;
Jetz / jetzt wil ichs erholen
      Frisch / frewdig von gemüt /
Vnd spielens offtermohlen
      Wan ich der Schäfflein hüt.

Der Hirt Damon hebet an.

Wolan ich jhm wil schencken
      Ein silber-weisses Lamm:
Als vil mich kan bedencken /
      Kein edlers nie bekam.
Jhm kombt an lincker seiten
      Von blut ein schöner fleck /
Weis nit waß mög bedeiten /
      Waß je darhinden steck.

Der Hirt Halton.

Auch ich wil jhm dan schencken
      Ein saugends Kälbelein /
Mit bänden vberschrencken
      Wil dem die Füßlein sein:
Vnd also dan wils tragen
      Gefüg auff meinem halß;
Ich weiß wird jhm behagen;
      Wil wetten jhm gefalls.

Der Hirt Damon.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein Kitzlein sampt der Geiß /
Die muß es je noch träncken
      Auß jhren Dütten weiß.
Die Brüst es selber findet /
      Vnd kan sie lären schon;
Ja schon sichs vberwindet /
      Vnd wird der Weid gewon.

Der Hirt Halton.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein rothes Hirschen-kalb.
An Schenckel / vnd Gelencken
      Es ist vollwachsen halb.
Es mir auff grüner Gassen
      Im Wald entgegen kam /
Sichs ließ mit Stricken fassen /
      Gieng mit / vnd wurde zahm.

Der Hirt Damon.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein kneinlein. Hasen-königlin /
Es ist von tausent räncken /
      Von frisch / vnd leichtem sinn.
Es lauffet / springt / vnd spielet /
      Auch trom̅lets eigentlich /
Die streich zum boden zihlet
      Mit süssen meisterlich.

Halton.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein schöns Eichhörnelein;
Ist auch von manchen schwencken
      Ein hurtigs meisterlein /
Ich seiner offt muß lachen /
      Wans nur die Nüßlein pact /
Vnd schnell sie thut erkrachen /
      Trick / track / wol just zum tact.

Damon.

Vnd jch wil jhm noch schencken
      Ein zahmes Häselein;
Sichs last mit händen fencken
      Wil stäts bein menschen sein.
Es wird beym kripplein lauffen /
      Wird spielend jmmerdar
Hin / her / zu / ab / vnd auffen
      Recht / munter springen zwar.

Halton.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein wachtsams Hündelein:
Daß lernet zancken / zäncken;
      Die Schaff auch treiben ein.
Wans kombt zu seinen tagen /
      Wirds freilich sein gefaßt
Von Schaffen zu verjagen
      Den vnbenandten gast.

Damon.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein mausigs Kätzelein:
Kein härlein jhm darff kräncken /
      Halton / dein hündelein.
Sichs hat noch nie lan beissen /
      Sichs allen widersetzt:
Sichs bürsten thut vnd spreissen /
      Bleibt allweg vnverletzt.

Halton.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein stücklein gleicherley:
Mein / soltest wol gedencken
      Was je dan solches sey?
Zu deinem Kätzlein eben
      Auch ich wil jhm zugleich
Ein peltzen Maußfall Katz geben;
      So wird es noch so reich.

Damon.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein munters Täubelein /
Das laufft auff tisch / vnd bäncken
      Mit seinem schwesterlein.
Auß pflaum- vnd feder seyden /
      Von farben vnbewust /
Ein ringlein jhnen beyden
      Bezircklet halß / vnd brust.

Halton.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Zwo Turtel-tauben keusch:
Die spreiten / heben / sencken
      Die flügel ohn gereusch.
Ihr stimm / so vil man spüret /
      Nur lauter seufftzer sein:
Wer weiß waß leyd sie rühret /
      Maß lieb / vnd hertzen-pein?

Damon.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein grossen Hüner-Han;
Der haupt / vnd halß geht schwencken /
      Als nie kein edler Schwan.
Mit bunten füß- vnd sporen
      Er tritt gar stoltz herein;
Wan schon er wär verloren /
      Man kent die farben sein.

Halton.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein Finck / vnd Nachtigal;
So kopff / vnd ohren lencken
      Zu meinem hirten-schall.
Wan jhnn ich vor wil singen /
      Drey / vier / or fünffmahl nur /
Sie gleich mir nach thun springen
      In selben noten spur.

Damon.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Drey Meysen / Lerch / vnd Specht:
Ich habs von einem Encken /
      Von einem Acker-knecht.
Er glücklich hats gefangen /
      Doch nit ohn list / vnd müh /
Als newlich er war gangen
      Zum holtz in aller früh.

Halton.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein weisses körbelein:
An balcken soll mans hencken /
      Vol kleiner vögelein.
Ich selber habs geschnitzet /
      In siebenthalben tag:
Ist new / noch vnbeschmitzet;
      Nit gnug mans loben mag.

Der Damon.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein starcken Hirten-steck:
Mit farben jhn wil sprencken /
      Gebrennt mit fewr / vnd speck:
Die kunst ich newlich lernet /
      Wie recht mans machen soll /
Daß gantz er werd besternet /
      Mit bunten flecklein toll.

Der Halton.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Ein gelben Sonn-Compaß /
Daß zünglein sich verrencken
      Laßt nie von seinem spaß.
Sichs reget stäts / vnd neiget
      Zur just geraden schnur /
Biß lang der faden zeiget
      Die rechte stund / vnd vhr.

Der Damon.

Vnd ich wil jhm noch schencken
      Viel schöner sachen mehr:
Ja schencken / vnd noch schencken
      Je mehr / vnd je noch mehr.
Auch Oeppfel / Nüß / vnd Bieren
      Milch / honig / butter / käß.
Vnd waß noch mehr möcht zieren
      Die Taffel mir gemäß.

Der Halton.

Wol da dan / laßt vns reysen
      Zum schönen Kindelein:
Vnd laßt die Gaben weisen
      Dem kleinen Schäfferlein:
Jhms alles auff soll heben
      Die Mutter / mit bescheidt /
Daß jhm es werd gegeben
      Hernach zu seiner zeit.

 

37    Der Euangelisch gute Hirt
sucht das verlohren Schäfflein.

 

I.

O Schäfflein vnbeschoren /
      Du zartes wüllen Kind:
Ach wo dan gehst verlohren /
      Daß dich so gar nit find?
In holen Felß- vnd Klufften /
      Feld / Wiesen / Berg / vnd Thal /
Auff müden bein- vnd hufften
      Dich such ich vberall.

 

II.

Mit seufftzen vngezehlet
      Ich Lufft / vnd Wolcken spalt /
Daß Leyd / mit leyd vermählet
      Sich mehret hundertfalt:
Die zähr mir han zerschlissen
      Wol halbe wangen beyd /
Weil nie von dir mag wissen;
      Wer jrr-weg dich verleyt.

 

III.

Vnd ach! was auch muß dencken
      Der fromme Vatter mein /
Sich weil so späth last fencken
      Das wüllen Wiltprat sein?
Daß Thierlein er / das eintzig
      Kurtzumb wil wider han /
Ob wol noch neun vnd neuntzig
      Auff grünem wasen gähn.

 

IV.

Wolan / wolan / dort eben
      In jenem Bircken-waldt /
Mich dünckt sichs thut erheben /
      Ey da / da lieber halt.
Halt / halt / ichs muß ertappen /
      Wil sehn mirs nit entspring:
Nun soll mirs nicht entschappen /
      Wil wetten mirs geling.

 

V.

O wee doch meiner lenden!
      O wee / werd schwach / vnd kranck!
Mich streiffen aller enden
      Die Bircken-gerten schwanck:
Vnd ach der pein / vnd qualen!
      Daß Thierlein ist entwischt;
Mir bleiben allemahlen
      Das glück / vnd spiel vermischt.

 

VI.

Doch dort in jener hecken /
      Da dannoch düncket mich /
Da bleibets gar bestecken;
      Dort hör ichs regen sich.
Ja wärlich da / da drinnen
      Da möchts in warheit sein:
Wils greiffen da mit sinnen /
      Wil schleichen sanfft hinein.

 

VII.

Ach aber / ach mit nichten /
      Ach aber nein / ach nein /
Als vil ichs kan entrichten /
      Ist nit nochs Thierlein mein.
Vergebens nur verletzet
      Mich hab in dörnen spitz /
Das haupt mir gar zerfetzet
      Ist voller fewr / vnd hitz.

 

VIII.

Ey dorten doch / dort oben
      Auff jener schedel-statt /
Ein Creutz-baum frisch erhoben
      Die näst ersträcket hat.
Da düncket mich gar eben
      Dörffts haben seinen gang /
Ihm da denck nach zu streben /
      Hoff dort ichs endlich fang.

 

IX.

Doch müd mich auff den beinen
      Ich mehr mag halten kaum:
An dich dan muß ich leinen /
      O starcker Eichen-baum.
Ach Schäfflein außerkohren /
      Ach kämest / kämest noch!
Mit mir dochs ist verlohren /
      Muß ich wol sterben doch.

 

X.

Mit armen außgestrecket /
      Wil deiner warten hie;
Mirs leben mehr nit schmecket /
      Alweil noch seumest je.
O Vatter dir zun händen
      Mein Seel von hinnen reist;
Zu dir wol muß ich senden /
      Schaw da dan / meinen Geist.

Vorgehende Ode findet der Leser im Psälterlein
P P. Societ. Jesu schier auff selbigen sinn, aber
mit anderen vvorten gestellt, pag. 246. Cöllnische Trucks, mit dem Titel: Christus sucht
das verlohrne Schäfflein: Ein Schäfflein
etc.

 

38    Travvr-Gesang von der
noth Christi am Oelberg in
dem Garten.

 

I.

Bey stiller nacht / zur ersten wacht
      Ein stimm sich gund zu klagen.
Ich nam in acht / waß die doch sagt;
      That hin mit augen schlagen.

 

II.

Ein junges blut von sitten gut /
      Alleinig ohn geferdten /
In großer noth fast halber todt
      Im Garten lag auff Erden.

 

III.

Es wahr der liebe Gottes-Sohn
      Sein haupt er hat in armen.
Viel weiß- vnd bleicher dan der Mon
      Eim stein es möcht erbarmen.

 

IV.

Ach Vatter / liebster Vatter mein
      Vnd muß den Kelch ich trincken?
Vnd mags dan ja nit anders sein?
      Mein Seel nit laß versincken.

 

V.

Ach liebes kind / trinck auß geschwind;
      Dirs laß in trewen sagen:
Sey wol gesinnt / bald vberwind /
      Den handel mustu wagen.

 

VI.

Ach Vatter mein / vnd kans nit sein?
      Vnd muß ichs je dan wagen?
Wil trincken rein / den Kelch allein /
      Kan dirs ja nit versagen.

 

VII.

Doch sinn / vnd muth erschrecken thut /
      Sol ich mein leben lassen?
O bitter Tod! mein angst / vnd noth
      Ist vber alle massen.

 

VIII.

Maria zart / Jungfräwlich art /
      Soltu mein schmertzen wissen;
Mein leiden hart zu dieser fahrt /
      Dein hertz wär schon gerissen.

 

IX.

Ach mutter mein / bin ja kein stein;
      Das hertz mir dörfft zerspringen:
Sehr große pein / muß nehmen ein /
      Mit todt / vnd marter ringen.

 

X.

Adè / adè zu guter nacht
      Maria mutter mildte!
Ist niemand der dan mit mir wacht /
      In dieser wüsten wilde?

 

XI.

Ein Creutz mir für den augen schwebt /
      O wee der pein / vnd schmertzen!
Dran soll ich morgen wern erhebt /
      Daß greiffet mir zum hertzen.

 

XII.

Viel Ruthen / Geissel / Scorpion
      In meinen ohren sausen:
Auch kombt mir vor ein dörnen Cron;
      O Gott / wem wolt nit grausen!

 

XIII.

Zu Gott ich hab geruffen zwar
      Auß tiefen todtes banden:
Dennoch ich bleib verlassen gar /
      Ist hilfh noch trost vorhanden.

 

XIV.

Der schöne Mon / wil vndergohn /
      Für leyd nit mehr mag scheinen.
Die sternen lan jhr glitzen stahn /
      Mit mir sie wollen weinen.

 

XV.

Kein vogel-sang / noch frewden-klang
      Man höret in den Lufften /
Die wilden thier / trawrn auch mit mir /
      In steinen / vnd in klufften.

 

39    Eine Ecloga oder Hirtengesang,
von Christo dem Herren im Garten,
vnder der persohn des hirten Daphnis, vvelchen
der Himmlisch Sternen-Hirt, das ist der Mon,
allvveil er seine Sternen hütet, kläglich betravvret.
Seind aber Trochaische oder Springverss,
so nach jhrem sprung vvollen gelesen
sein also: vvie oben

Eingang.

 

I.

Mon des Himmels treib zur weiden
      Deine Schäfflein gülden-gelb /
Auff geründter blawen heiden
      Laß die Sternen walten selb /
Ich noch newlich so thät reden /
      Da zu nacht ein schwacher hirt /
Aller wegen / steeg / vnd pfäden
      Sucht ein Schäfflein mit begirdt.

 

II.

Gleich der Mon jhm ließ gesagen /
      Nam ein lind gestim̅tes rohr:
That es blasend zärtlich nagen /
      Spielet seinen Sternen vor.

Der Mon.

Auff jhr Schäfflein / auff zur Heyden /
      Weidet reines himmel-blaw:
Dannenhero wan wir scheyden /
      Schwitzt jhr ab den morgen-taw.

 

III.

Ach! wer aber dort im garten
      Ligt mit seinem hirtenstab?
Wer wil seiner dorten warten?
      Schawt jhr sternlein / schawt hinab.
Haltet / haltet / ich nit fehle:
      Ist der Daphnis wolbekandt:
Eia / Daphnis / mir erzehle /
       Daphnis / waß wil dieser standt.

 

IV.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
      Ich mit jhm noch reden muß.
Weidet / meine Sternen / weidet /
       Daphnis ligt in harter Buß.
Daphnis / thu die Lefftzen rühren /
      Eia / nit verbleibe stumm:
Daphnis / laß dich dannen führen /
      Eia nit verbleibe tumm.

 

V.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
       Daphnis ligt in ängsten groß:
Daphnis pein / vnd marter leidet /
      Wölt / er läg in mutter-schoß!
Er dem felsen ligt in armen /
      Ligt auff harten steinen bloß:
Ach wer dorten jhn wil warmen?
      Förcht / er da das haupt zerstoß.

 

VI.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
       Daphnis spaltet mir das Hertz!
Wer mag haben jhn beleidet?
      Weinen möchten stein vnd ertz:
Kalte wind halt ein die flügel /
      Rühret nicht daß krancke blut:
Meidet jenen berg / vnd hügel /
       Daphnis ligt ohn schuch vnd hut.

 

VII.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
       Daphnis leidet angst vnd noth:
Daphnis dopple thränen leidet /
      Weisse perl / corallen roth.
Perlen jhm von augen schiessen /
      Schiessen hin ins grüne gras:
Von dem leib corallen fliessen
      Fliessen in den boden bas.

 

VIII.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
      Niemand hats gezehlet gar /
Niemand hat es außgekreidet /
      Ob auch zahl der tropffen war.
Nur der boden wol genetzet /
      Für den weiß- vnd rothen schweiß /
Ihm zu danck heraußer setzet
      Rosen roth / vnd lilgen weiß.

 

IX.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
       Daphnis voller ängsten ligt:
Ruch / noch farben vnderscheidet /
      Achtet keiner blümlein nicht.
O was marter dir begegnet?
      Hör zu schwitzen einmahl auff:
Gnug es einmahl hat geregnet /
      Nit in rothem bad ersauff.

 

X.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
      Wer doch hat es jhm gethan?
Niemand meine frag bescheidet:
      Du mir Daphnis zeig es an.
Daphnis kan für leyd nit sprechen /
      Seufftzet manchen seufftzer tieff /
Jhm das hertz wil gar zerbrechen:
      Ach daß jemand helffen lieff.

 

XI.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
      Schon ein Englisch Edel-knab
Starck in Lüfft- vn̄ Wolckē schneidet /
      Eylet hin in vollem trab.
Er jhm singlet süsse Reymen /
      Mit gar süssem stim̅lein schwanck /
Auch den Kelch nit thut versäumen /
      Zeiget einen kräuter-tranck.

 

XII.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
      Alles / alles ist vmbsonst:
Er doch allen trost vermeidet /
      Achtets wie den blawen dunst.
O du frommer Knab von oben /
      Du nur mehrest jhm die pein:
Doch ich deine trew muß loben.
      Gott! dirs muß geklaget sein;

 

XIII.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
      O wie schlecht / vnd frommer Hirt!
Er den Becher jetzet meidet /
      Morgen jhms gerewen wirdt.
Er sich jetzet gar wil freyen /
      Weigert was man trincket zu;
Dörfft villeichten morgen schreyen /
      Ach wie sehr mich dürstet nu!

 

XIV.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
       Daphnis bleibet schmertzenvoll:
Euch befehl ich / euch entkleidet /
      Reisset auß die gülden Woll.
Nur euch kleidet pur in kohlen
      Pur in lauter schwartzes wand /
Von der scheitel aufs die sohlen
      Euch gebühret solcher standt.

 

XV.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
       Daphnis führet starckes leyd:
Ist vom Vatter hoch veraydet /
      Hoch mit wolbedachtem ayd /
Er doch wolte widerbringen /
      Ein verlohren Schäfflein sein;
Ach wan solte das mißlingen /
      Er ja stürb für lauter pein.

 

XVI.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
       Daphnis wird verfolget starck:
Böß gesindlein jhn beneydet /
      Trachtet jhm nach blut / vnd marck.
O waß dorten! waß von stangen /
      Wehr / vnd waffen nehm ich war?
O villeicht man jhn kompt fangen!
      Warlich / warlich / ist gefahr.

 

XVII.

Weidet / meine Schäfflein / weidet /
      Sprechen wolte bleicher Mon:
Ja nit weidet / sonder scheidet /
      Er da sprach / vnd wolte gohn.
Scheidet / scheidet / meine schaaren /
      Kan für leyd nit schawen zu:
Dich nun wolle Gott bewahren /
       Daphnis / wer kan bleiben nu?

 

XVIII.

Drauff adé der Mon wolt spielen /
      Da zersprang das matte rohr:
Augen tropffen jhm entfielen /
      Wurde wie der schwartze Mohr.
Vnd weil eben dazumahlen
      Er tratt an in vollen schein /
Gleich vertauschet er die stralen /
       Vollen schein gen volle pein.

 

XIX.

Auch die sternen weinen kamen /
      Flötzten ab all jhren schein /
Schein / vnd thränen flossen samen /
      Recht zum blawen feld hinein;
Machten eine weisse gassen /
      So noch heut man spüren mag:
Dan der milch-weg hinderlassen /
      Ist wol halb von solcher bach.

 

40    Andere Ecloga oder Hirten-gespräch,
von der gefängnuß Christi
vnder der Person des Hirten
Daphnis.

Eingang.

 

I.

Newlich seine Schäfflein weidet
      Damon sehr berüm̅bter hirt
Ich die Sonn zu weit vermeidet /
      Wurd im nechsten wald verwirrt.
Weil ich jhn doch pfeiffen höret /
      Tratt gerad zum klang hinan /
Da war alle forcht zerstöret /
      Dan ich kam aufs rechte ban.

 

II.

Damon süß / vnd lieblich spielet /
      Damon mir auch wincken thät /
Mir jhr süsse vers gefielet /
      Euch zu lieb mich hab verspäth.
Vnd weil da nichts war zu finden /
      Da man euch könt schreiben auff /
Nahm ich eine grüne rinden /
      Zeichnet euch mit dörnen drauff.

 

III.

Damon spielte nur allarmen
      Vber seinen mitgespan /
Der von Lauren / ohn erbarmen /
      War gefänglich zogen an.
Daphnis hieß man jhn mit namen
      War mit reichem sinn geziert;
Kam von altem edlen samen /
      War der best / vnd schönest Hirt.

 

IV.

Der Hirt Damon spielet

Höret / meine Schäfflein höret /
      (Hub er an / aufs grüner heyd)
Daphnis war von lieb bethöret /
      Liebe führet jhn ins leyd.
Mörder nahmen jhn gefangen /
      Als die lieb jhn führet, auß;
O villeichten muß er hangen!
      Ach was gieng er doch von hauß!

 

V.

Hundert Schäfflein / jung von jahren
      Weidet er in stäter Hut:
Hundert hett er in verwahren /
      An gestalt / vnd wollen gut.
Ja nit het ers in verwahren /
      Alle warens eigen sein /
So sein eigen alle waren /
      Waren all Crystallen rein.

 

VI.

O der schönen silber-schaaren!
      O der schönen wüllen Rott!
Daphnis / o laß trawren fahren /
       Daphnis aller hirten Gott.
Dir auch ist der Mon gewichen /
      Dir auch seine Sternen herd /
Sie sich nie mit dir verglichen /
      Nie mit deinen Schäfflein werth.

 

VII.

Nur ein einigs war entgangen /
      War vom hauffen kommen ab:
Bald mit liebe starck befangen /
       Daphnis griff zu seinem stab.
Tag / vnd nacht auff grüner heyden
      Lieff / vnd rieff Er Ach / vnd Ach /
Neun vnd neuntzig ließ er weiden /
      Nur dem einen trachtet nach.

 

VIII.

Armes Thierlein! O dir armen!
       Daphnis rieff auff grünem feld:
Armes Thierlein! O dir armen!
       Daphnis lieff in alle Welt.
Er es allen thäte klagen /
      Sorget ob es jemand fünd.
Er ein jeden thäte fragen /
      Ob mans jrgend spüren künt.

 

IX.

Ohn gesellen / ohn geferden
      Er da lieff in blinder lieb:
Dachte keiner ander herden /
      Förchtet jhnen keiner dieb.
Schier ohn sinn / vnd ohn gedancken /
      Offt er auch ohn leben schier
Geht in wilden wälden wancken /
      Nur beklagt diß einig thier /

 

X.

Thränen jhm heraber weltzen
      Von beschenckten wangen beyd /
Er vor ängsten möcht zerschmeltzen /
      Er sich wend auff alle seit.
Ihm die kräfften gar entweichen /
      Er läßt fallen hut vnd stab /
Vnd geleint an holer Eichen /
      Offt erwöhlet jhm das grab.

 

XI.

Blinde lieb / nun mag ich sagen /
      Blinde pfeil / vnd bogen blind!
Dich ich freilich muß beklagen
       Daphnis hoch verliebtes kind:
Ach! wie möchtest je doch lieben
      Nur das einig Schäfflein arm?
Wo der ander hauff ist blieben?
      Ach / vnd ach / das Gott erbarm?

 

XII.

Ey laß lauffen / laß nur lauffen
      Schaw die sach nit ärger werd /
Bleibe bey dem grösten hauffen /
      Schone dein / vnd deiner herd.
Er doch schleisset seine strassen /
      Merckt nit / was man wendet ein:
Er das thierlein wil nit lassen /
      Laufft bey Sonn- vnd Mone-schein.

 

XIII.

Endtlich stürtzet er in nöthen /
      Fält zur erden aller kranck;
Lieb / vnd leyden jhn wil tödten /
      Schencken jhm gar herben tranck.
O der wunder falschen thaten!
      Judas gar ein falscher hirt /
Ihn alldorten geht verrathen /
      Er alldort gefangen wirdt.

 

XIV.

Ach jhr stille fewr vnd flammen /
      Bleicher Mon / vnd bleiche Stern /
Leuchtet her / vnd leucht zusammen
      Bleiche facklen / vnd latern.
Leuchtet her / dem armen kinde;
      Leuchtet jhm zur nacht hinauß /
Daß er weg / vnd strassen finde /
      Ob villeicht er käme drauß.

 

XV.

Aber ach! seind schon verrathen
      Alle winckel / weg / vnd gaß:
Schon die Schergen vnd Soldaten
      Schliessen jeden steeg / vnd paß.
Sie den knaben greiffen / binden /
      Wüten wie die Tartar-hund.
Ihn in seyl / vnd ketten winden /
      Ihn mit stricken machen wund.

 

XVI.

Daphnis freundlich in geberden
      Seufftzet mit gar sanfftem sinn /
Bald man reisset jhn zur Erden /
      Tretten / fallen vber jhn.
O der hart- vnd schwären bürden!
      Nie doch Daphnis klagen thut:
Seyl- vnd ketten schamroth würden /
      Schamroth auch von frembdē blut.

 

XVII.

Gnug jhr banden seidt geröthet /
      Euch nit weiter trincket voll;
Schier die Rott hett jhn getödtet;
      Ach wie blind! wie frech / vnd toll!
Ach was hüpffen! jauchtzen! juchtzen!
      Ruffen! schreyen! vber laut
Frewdig schwingens arm vnd vchtzen /
      Fahren schier auß eigner haut.

 

XVIII.

Sie da fechten / schlagen / balgen /
      Toben ohn verstandt / vnd sinn:
Je nur pochen / creutz / vnd galgen /
      Führen jhn zu schlachten hin.
O! wan deiner ich gedencke
       Daphnis / Daphnis / viel zu fromm!
Satt ich meine wangen träncke;
      Ruffend / schreyend / schaw mich vmm.

 

XIX.

Daphnis / Daphnis / ich muß trawren:
      Wo bist hin geführet dan?
Wil zerschlagen schloß / vnd mawren /
      So nur solches helffen kan.
Cron der hirten außerkohren /
       Daphnis vnser mit-gespan;
Dich noch zimblich jung von johren
      Gnugsamb niemand loben kan.

 

XX.

Daphnis / O du zier der felden /
       Daphnis hoch berühmbter knab /
Dein war alles wild in wälden /
      Wan die pfeil nur schicktest ab.
Deine pfeil / von deiner sennen
      Kaum nur hettest abgesetzt /
Da war mitten auch im rennen
      Schon das lauffend wild verletzt

 

XXI.

Du die beste schäfflein hättest /
      Schäfflein wie die schwanen weiß /
Recht vom rauber du sie rettest /
      Alle gaben dir den preiß.
Du den bären / löwen / drachen
      Fertig warest auff der haut /
Rissest jhnen schlund / vnd rachen /
      Nahmest jhnen allen raub.

 

XXII.

Wind / vnd wetter / feld / vnd wiesen /
      Freundlich dienten deiner herd;
Mon / vnd sternen hochgepriesen
      Dir auch schienen vnbeschwärt.
Doch was wil mich lang verweilen?
      Waß wil rühmen jenen stand?
Weil ja nunmehr gar in eylen /
      Gar ist alles vmbgewand.

 

XXIII.

Dir nun alle schäfflein greinen /
       Daphnis / o du frommes kind!
Dich auch alle flüß beweinen /
      Dich beseufftzen alle wind.
Dich auch alle bäum besausen /
      Dich auch schall / vnd widerschall:
Dir auch meer / vnd wällen brausen /
      Dir auch trawret berg / vnd thal.

 

XXIV.

Beschluß.

Mir dan solches dazumahlen
      Damon aller trawrig sang /
Biß die schöne sonnen-stralen
      Sich geneigt zum vndergang.
Damon / Damon / cron der sänger /
      O wie wunder süsse reym!
Gern ich wölte bleiben länger /
      Schaw die nacht mich treibet heim.

 

42    Andere Ecloga oder Hirten-gesang,
von selbiger materi, darin der
bach Cedron Poëtisch eingeführt vvird, so die
gefängnuss Christi vnder der person des hirten
Daphnis beklaget: Seind abermahl Trochaische
versen, müssen gelesen vverden vvie das
Pange lingua, oder Mein zung
erkling, &c.

 

I.

Da nun abends in dem garten
       Daphnis vberfallen war /
Vnd nun keinen grimmen spahrten
      Starck bewehrte mörder-schaar.
Hube süßlich an zu weinen
      Ein so gar berühmbter bach;
Ließ die liebe sternen scheinen /
      Er dem Daphnis trawret nach.

 

II.

Cedron hieß der bach mit namen /
      Wohnt an einem holen stein:
Offt zu jhm gesellschafft kamen /
      Damals war er doch allein.
Saß in seiner grünen krufften /
      Strälet seine bintzen-haar /
Spielet mit gar sanfften lufften /
      Dacht an keine kriegs-gefahr.

 

III.

Rohr / vnd graß / vnd wasserblätter
      Deckten seine schulter bloß /
Starck er sich bey feuchtem Wetter
      Leint auff seinen eymer groß.
Doch weil er fast müd gelauffen
      Dazumahl in starckem trab /
Er ein wenig wolt verschnauffen /
      Goß den eymer langsam ab.

 

IV.

Nahm ein Röhrlein wol-geschnitten /
      Spielet seinen wässerlein /
Sie zum schlaffen thät erbitten /
      Wolt sie süsslich sausen ein.
Eia meine wässer schlaffet /
      Schlaffet meine wässerlein.
Nit mit augen jmmer gaffet /
      Eia schlaffet / schlaffet ein.

 

V.

Kaum nun waren eingeschlaffen
      Seine matte wässerlein /
Bald erklungen wehr / vnd waffen /
      Flam̅ / vnd Fackel gaben schein /
Nur von doll- vnd vollen knechten /
      Voll war alles vberall /
Nur von jauchtzen / springen / fechten /
      Thal vnd vfer gaben schall /

 

VI.

Cedron erstens gar erschrecket /
      War der waffen vngewohn /
Bald er seine wässer wecket /
      Wolte der gefahr entgohn.
Wie die pfeil von bogen zihlen /
      Lieff er ab auff nasser meil /
Rohr / vnd eimer jhm entfielen /
      Fiel auch selbst in blinder eyl.

 

VII.

Doch weil nachmals er verspüret /
      Es nit wider jhn gemeint /
Vnd nur Daphnis würd geführet /
       Daphnis von bekandtem feind;
Ließ er ab von strengem lauffen /
      Fasset eine weiden rut /
Seine wässer trieb zu hauffen /
      Vnd beklagets junge blut.

 

VIII.

Trawrig hub er an zu klagen /
      Bließ auff einem holen ried /
Hertz vnd muth jhm war zerschlagen /
      Sang mit schmertzen folgends lied:
Ach / vnd ach / nun muß ich klagen /
       Daphnis / o du schönes blut!
Ach / vnd ach / bin gar zerschlagen;
      Brochen ist mir hertz / vnd muth.

 

IX.

Daphnis / o du schöner knabe /
       Daphnis mir so lang bekandt /
Offt bey mir du schnittest abe
      Ried / vnd röhrlein allerhandt.
Viel du deren hast verschlissen /
      Wan du spieltest deiner herd;
Seind im blasen vil zersplissen /
      Waren mehr dan geldes werth.

 

X.

Offt bey mir die weide nahmen
      Deine schäfflein silber-weiß.
Offt zu mir auch trincken kamen /
      In den sommer-tagen heiß.
Wan dan spieltest deinen schaffen /
      Vnd die röhrlein bliesest an /
Gundten meine wässer schlaffen /
      Wanckten offt von rechter bahn.

 

XI.

Auch die wind sich gundten legen /
      Banden jhre flügel ab /
Kaum den athem thäten regen /
      Wie dan offt gespüret hab.
Auch die schaff mit lüsten assen /
      Süsser wurden laub / vnd graß /
Ja deß werdens offt vergassen /
      Deine stimm vil süsser was.

 

XII.

Auch die vöglein kamen fliegen /
      Kam auch manche nachtigal /
Deinem spielen (wil nit liegen)
      Hörten zu / mit grosser zahl.
Sassen gegen deiner geigen /
      Sassen gegen deinem rohr /
Thäten jhnen freundlich neigen
      Dan das linck / dan rechtes ohr.

 

XIII.

Schöne sonn / du deinen wagen
      Liessest in gar lindem lauff /
Wan bey reinen Sommer-tagen
      Dir nur Daphnis spielet auff.
Schöner Mon / du deine Sternen
      Morgens führtest ab zu späth /
Wan auch Daphnis dir von fernen
      Je zu nachten spielen thät.

 

XIV.

Schöne Sonn / magst nunmehr trawre
       Daphnis dir nit spielet mehr.
Daphnis ist von bösen lauren
      Hingeruckt ohn widerkehr.
Schöner Mon / magst nunmehr klagē /
       Daphnis rastet in verhafft:
O den schweren eisen kragen!
      O der kalten ketten krafft!

 

XV.

Mon / vnd Daphnis jhr allbeyden
      Offt enthieltet euch vom schlaff:
Kamet in gesellschafft weiden /
      Du die Sternen / Er die Schaff.
Nit hinfüro wacht allbeyden /
      Schlaff / O matter Mon / entschlaff /
Nie zusammen werdet weiden /
      Du die Sternen / Er die Schaff.

 

XVI.

Ach jhr Schäfflein / wer wird hüten /
      Wer soll euch nun treiben auff?
Hirten solcher milt-vnd güten
      Seind nit also guten kauff.
O deß jung-vnd schönen knaben!
      Hirt- vnd Schützen gleichen gut;
Wer soll seinen stecken haben?
      Taschen / horn / vnd winter-hut?

 

XVII.

Wer soll haben seinen bogen?
      Wer den kocher? pfeil / vnd boltz?
Böltz mit welchen (vngelogen)
      Er nit fehlet im geholtz.
Wer soll haben seine Geigen?
      Cither / Leyr / vnd Dulcian?
Ach für trawren muß ich schweigen!
      Ach adè / muß fliessen gahn.

 

42    Poëtisch gedicht, vber das
Ecce Homo, nach der Geißlung, vnd
Crönung Christi.

 

I.

Schavv den menschen / O du schnöde /
      Frech / vnd stoltze / böse welt.
Ach nit JEsum vollens töde /
      Schaw wie gar ist er mißstellt!
Schaw die wunden sich entschliessen /
      Schaw der safft herausser bricht /
Schaw die rothe bächlein fliessen /
      Färben leib / vnd angesicht.

 

II.

Schavv den menschen / gar zergerbet /
      Gar mit ruthen rissen auff:
Viel zu starck er ist gefärbet;
      Purpur war zu guten kauff.
O der viel zu scharpffen ruten!
      O was wunder vberall
Ach nun höret auff zu bluten
      Heisse brünlein ohne zahl.

 

III.

Schavv den menschen / den die liebe
      Viel zu starck am hertzen brann:
Lieb vom Himmel jhn vertriebe /
      Nacket er zur erden rann.
Er zun menschen vnverdrossen
      Sprang vom seinem gülden saal /
Jhn die menschen gar verstossen /
      Hassen / meiden vberal.

 

IV.

Schavv den menschen / der die menschen
      Suchet ohne massen sehr:
Schaw den menschen / den die menschē
      Fliehen ohne widerkehr:
Ach wie brennet er von liebe!
      Bleibet stäts gezündet an!
Ich für wunder mich ergibe /
      Kaum ich mehr gereden kan.

 

V.

Schavv den menschen / der vom vatter
      Wurd gebohren ewiglich /
Ich erzitter / vnd ertatter /
      Wan ich recht bedencke mich.
Gott von wahrem Gott geboren /
      Liecht von wahrem liecht gezünd /
Steht verspottet gleich den Toren /
      Büsset lauter frembde sünd.

 

VI.

Schavv den menschen / der auß nichten
      Erd / vnd himmel schaffen thät:
Wunder thaten vnd geschichten /
      Kamen her von seiner redt.
Nur mit einem wort alleine
      Schuff er alle wunder groß /
Thier / vnd menschen ich vermeine /
      Sampt geschöpffen lebenloß.

 

VII.

Schavv den menschen / der auß nichten
      Mon / vnd sternen zündet an.
Der die baanen thäte richten /
      Eh die sonn im circkel rann.
Gleich die reine tag / vnd nachten
      Mahlten vns den erden-creiß /
Vnd von Ost- vnd Westen brachten
      Braune schatten / stralen weiß.

 

VIII.

Schavv den Menschen / der zun wolcken
      Hoch aufführet dämpff / vnd meer /
Der auch alle wind vnd wolcken
      Tummlet in den lüfften lär:
Der mit seinen stralen schröcket
      Alles feucht / vnd trocken-landt:
Schaw nun er in ängsten stecket /
      Leidet spott / vnd narren-tand.

 

IX.

Schavv den Menschen / den die Engel
      Tieff gebogen betten an;
Schaw nun jhm die galgenschwengel /
      Jhm die Schergen widerstahn.
Schimpfflich habens jhn gecrönet;
      Zeugets jener dörnen hut:
Ernstlich habens jhn verhönet;
      Zeugens jene streich / vnd blut.

 

X.

Schavv den Menschen / schaw den waren
      Spiegel der Dreyfaltigkeit /
Alle klarheit ist entfahren /
      Aller schein / vnd herrligkeit.
O wie vor so reine Fackel!
      O wie reiner augen-brandt!
Ist nun worden voller mackel /
      Voller speichel / voller schand.

 

XI.

Schavv den Menschen / schaw den brunnē
      Aller lust / vnd lieblichkeit:
Schaw die wässer seind entrunnen /
      Alles voller speichel geit.
O wie vor so schöne wangen!
      O wie vor so lefftzen rein!
Alle schönheit ist entgangen /
      Aller glantz / vnd augen-schein.

 

XII.

Schavv den Menschen / der vnschuldig
      Wird verdampt zum galgen-todt.
O wie friedsam / vnd gedultig
      Leidet er die wunden roth.
Schaw den Menschen der von Heiden /
      Der von Juden wird veracht:
O wie spöttlich er von beyden
      Wird verwisen / vnd verlacht!

 

XIII.

Schavv den Menschen / der zu richten
      Kombt gewiß an jenem tag /
Dan wird er all schuld / vnd pflichten /
      Vnd anhören alle klag.
Er die todten wird erwecken /
      Jhn das leben blasen ein;
Wird mit jhrem fleisch bedecken
      All / vnd jede menschen-bein.

 

XIV.

Er alsdan in fewr / vnd flammen
      Wird ersäuffen alle Land /
Er die sünder wird verdammen
      Zu dem blawen höllen-brand.
O was heulen! o was klagen /
      Er wird haben da bereit!
Da nach diesen schnöden tagen /
      Brennt das fewr in ewigkeit.

 

XV.

O wir arme menschen-kinder /
      Wie dan werden wir bestahn?
Weil wir also schnöde sünder
      Ihn so gar zergeißlet an?
Wir auch haben jhn gecrönet /
      Wir die dörn gepresset ein /
Wir auch haben jhn verhönet /
      Jhm gesponnen alle Pein.

 

XVI.

JEsu / wir zu deinen füssen
      Werffen arm / vnd ancker ein:
Wir da deine wunden grüssen;
      Wir da hoffen sicher sein.
Ach den frieden vns doch schencke /
      O du roth gewaffnet held!
Ach in deinem blut versencke
      Sünd vnd laster aller welt.

 

XVII.

JEsu du für vns geboren /
      Du für vns gegeben dar /
Nit laß sein an vns verloren
      Deine marter alle gar.
Mach doch vns in zähren schwimmen /
      Mach doch vns mit deinem blut
Leschen deines vatters grimmen /
      Seinen zorn vnd hertzen-glut.

 

43    Ein travvriges gespräch,
so Christus an dem Creutz
führet.

Eingang.

 

I.

Da mit peinen gar vmbgeben /
      Schier in todt gewicklet ein /
That an seinem balcken schweben
      JEsus der geliebte mein /
Er noch beyde lefftzen rühret /
      Beide lefftzen bleich vnd fahl /
Er noch manche klagen führet /
      Weinet / seufftzet ohne zahl.

 

II.

Ach jhr seine lefftzen beyden /
      Beyde purpur-schwesterlein /
Jhr noch wenig vor dem leyden
      Waret wie Corallen-stein.
Euch der falbe todt bestreichet /
      Färbet euch mit bleicher noth:
Jhr nun keiner purpur gleichet /
      Keinen jhr Corallen roth.

 

III.

Jhr zum reden euch thut regen /
      Seelig wer es hören könt /
Wil nun beyder ohren pflegen /
      Ob noch etwas ich verstünd.
Kommet her zu disem stammen /
      Kommet alle menschen-kindt /
Höret JEsum allesammen /
      Er zu klagen starck beginnt.

Jesus spricht zu den Nägeln.

 

IV.

Ach jhr nägel / stumpffe kägel /
      Sollet jhr mich hefften an?
Jhr mich plagen? jhr durchschlagen?
      Ach was hab ich euch gethan?
Ich auß nichten alle waffen /
      Eisen / kupffer / ertz / vnd stahl.
Euch / vnd anders hab erschaffen /
      Alles berg-werck / vnd metal:

 

V.

Ach wie waret jhr vergessen
      Aller wolthat in gemein?
Ach wie waret jhr vermessen /
      Mir zu geben solche pein?
Ach wie köndtet mich verwunden?
      Euch was hab ich leyds gethan?
Ach wie gar zu lange stunden
      Jhr mich nunmehr haltet an?

 

VI.

Jhr mich ohne massen quälet /
      Jhr mich aller schöpffet auß /
Jhr mir alle kräfften stehlet /
      Denck es nit ohn starcken grauß.
Ach jhr viel zu rauche nägel /
      Ach der starcken marter mein!
Meine glieder zart / vnd hägel
      Jhr erfült mit höchster pein.

Antvvort der Nägel.

 

VII.

Ach vns armen! vns ellenden!
      Ach was haben wir gethan?
JEsu wir vns hoch verpfänden /
      Wir nit waren schuldig dran.
Da wir zu den händen kamen /
      Da wir zu den füssen dein;
Wir ein grausen warlich nahmen /
      Wolten da nit wülen ein.

 

VIII.

Deinen cörper halb erfroren /
      Deine zarte füß vnd händ /
Wir mit nichten dörfften bohren /
      Hetten schon vns abgewendt;
Bald ein grober eysen slägel /
      Vber alle Flegel hart /
Trieb vns arme stumpffe nägel.
      Starck in deine glieder zart.

 

IX.

Ach was wurden wir getrungen /
      Als wir wolten widerstahn?
Wären schier in stuck zersprungen /
      Biß wir endlich musten gahn.
Drumb nit laß es vns entgelten /
      Wir es dir nit haben than:
JEsu / thu den hammer schelten /
      Thu den hammer klagen an.

Jesus spricht zum Hammer.

 

X.

O du grober eisen hammer /
      Soltest du mich hefften an?
Du mir schaffen solchen jammer?
      Dir was hab ich immer than?
Ich doch hab dein lob vermehret /
      War gen dir so wol gesinnt /
Daß man freylich hoch verehret
      Dich in meiner bibel findt.

 

XI.

Dan mit dir ich hab verglichen
      Meine red / vnd Gottes-wort /
Hab dich herrlich außgestrichen
      An gar wol bekantem orth;
Wie dan köntest mich beneyden /
      Mich an diesen balcken schlan?
Wie dan hilffest meinem leyden?
      So dir nichtes hab gethan.

Antvvort des Hammers.

 

XII.

Ach mir armen / vnd ellenden!
      Ach was hab ich böses than?
JEsu / kan mich auch verpfänden /
      Ich nit wäre schüldig dran.
Ich von wesen / vnd naturen
      Bin ein blosser menschen-knecht /
An gestalten / vnd figuren
      Vber alle massen schlecht.

 

XIII.

Bin von grobem holtz / vnd eysen
      Ohn discurs / vnd ohn verstandt:
Laß mich führen / laß mich weisen /
      Wer mich hebet in der hand.
Ich mich selber nie mag regen /
      Noch zum schlagen heben auff /
Mich ein ander thät bewegen /
      Nahm die nägel / schluge drauff.

 

XIV.

Er mit kräfften / er thät schlagen /
      Er da führet alle streich:
Mir es thäte sehr mißhagen /
      Bin für schrecken worden bleich.
Gleich die warme purpur spritzet /
      Mich in eylen färbet roth;
Ich vom heissen safft erhitzet
      Wurd geweicht ab deiner noth.

 

XV.

Hab mich weiter nicht gerühret;
      Mich nit wollest fahren an;
Schelte den / der mich geführet /
      Schelte nur den zimmerman.

Jesus spricht zum Zimmerman.

O du freylich eysen-harter /
      Vngeschlachter zimmerman:
Ach was brachtest mich zur marter?
      Dir was hab ich leids gethan?

 

XVI.

Ich das handtwerck hab erhoben /
      Aller handtwerck vnveracht:
Da sambt meinem Vatter droben
      Wir die schöne Welt gemacht.
Erd / vnd himmel / wir in zeiten
      Han gezimmert / vnd gebawt /
Selber thaten wirs bereiten /
      Habens keinem anvertrawt.

 

XVII.

Auch auff Erden ich da niden
      Wöhlet einen Zimmerman /
Den ich nahm vor all / vnd jeden
      Mir zu meinem pfleger an.
Wer dan thäte dich verblenden?
      Wer dan hatte dich verruckt?
Da zu meinen füß- vnd händen
      Du den hammer angetruckt:

Antvvort des Zimmermans.

 

XVIII.

Armer Jesv sohn deß wahren
      Erdt- vnd himmel-Zimmermans.
O nit wollest mich befahren /
      Ich bin ohne schulden gantz.
Waß ich thete / wurd befohlen /
      Von gelehrter Obrigkeit;
Mir in warheit deine qualen
      Seind von hertzen selber leid.

 

XIX.

Nit verdencke mich zuschlechten /
      Vngeschickten zimmerman /
Ein so tummen / in den Rechten
      Vngelehrten vnderthan.
Ohne zweiffel deiner thaten
      Hat man dich gestelt zur Red /
Eh man dich zum Creutz berathen;
      Eh man dich verdammen thät.

 

XX.

Weil daß vrtheil nun gesprochen /
      Klag es meiner Obrigkeit:
Sie den Stecken han gebrochen /
      Da dan hole dir bescheidt.

Jesvs spricht zur Obrigkeit.

O du freilich vnbedachtsam /
      Vnbescheiden Obrigkeit:
Nur zu meinen peinen wachtsam /
      Dir waß thet ich je zu leidt?

 

XXI.

Ich dich alweg hab verehret /
      Dir mit nichten widerstrebt /
Deine Satzung nie verkehret /
      Friedlich / vnd in ruh gelebt:
Ich bey deinen vnderthanen
      Bin gereiset auff / vnd ab:
Ich sie trewlich lieff ermahnen /
      Ich sie recht gelehret hab.

 

XXII.

Ich den blinden / ich den lamen
      Gab ja wider liecht / vnd gang /
Ich sie tröstet alle samen
      Schaw / was gibstu mir zu danck!

Schimpfliche antvvort der Obrigkeit.

Da wolan / du schöner lehrer /
      Schöner meister / vnd Prophet:
Da wolan du Land-verkehrer /
      Gelt / es nu zum Nagel geht.

 

XXIII.

Doch nit wollest vns verklagen /
      Noch den handel messen zu /
Dan zum Leiden / wil man sagen /
      Warest ja gebohren du.
Weil dan je zu deinem Leiden
      Deine Mutter dich gebahr /
Schon gerechnet ohne kreiden /
      Schaw die summ ist offenbahr.

 

XXIV.

Drumb es nur der mutter klage /
      Klag es deiner mutter frey /
Nur die sach mit jhr vertrage /
      Sie dir lasse springen bey.

Jesus spricht freundlich zur Mutter.

Mutter / mutter / O von hertzen
      Viel geliebte mutter mein!
O was peinen / O was schmertzen
      Mir beschleichen marck / vnd bein!

 

XXV.

Ach wie köntest mich gebähren
      In so grosse qual / vnd pein?
Warest du dan (solt man schweren)
      Lauter stahl / vnd marmerstein?
Ware dir dan je geschnitten
      Hertz / vnd muth / vnd ingeweid
Nur von felßen auß der mitten?
      Oder von metal bereit?

 

XXVI.

Ach wie köntest mich gebähren
      Nur zu lauter pein / vnd qual?
Ach wie köntest mich ernehren /
      Geben mir die brüsten-stral?
Ey was rucktest mich zum leben
      Mir was reichtest fleisch / vnd blut?
Da nur Creutz vnd leiden eben
      Mir solt werden zugemuth?

 

XXVII.

Ey was brachtest mich zur Erden /
      Zu gemeinem lufft vnd liecht /
Da doch endtlich ich solt werden
      Nur mit marter zugericht?

Antvvort der Mutter.

O betrangtes Hertz der Hertzen!
      O du zartes mutter-kind!
Warest muster meiner schmertzen!
      Mir das blut zum hertzen rinnt.

 

XXVIII.

O nit wollest mich verdencken /
       Jesv / mir zuviel geschicht;
So mich soltest weiter kräncken /
      Mir das hertz in stück zerbricht.
Dan zu süssem liecht vnd leben
      Ich dich hab geboren zwar /
Doch zu deinem creutz beyneben
      In mir kein gedancken war.

 

XXIX.

Mir von himmel kam geflogen
      In gemahltem wolcken kleidt /
Gleich dem schönen regenbogen
      Ein gesandter mit bescheidt /
Ich in meinem leib empfangen
      Solte wahren Gottes sohn /
Der in warheit wurd erlangen
      Dauid seines vatters thron.

 

XXX.

Wie dan wolte mich erwehren?
      Wie der bottschafft widerstahn /
Noch so werthen sohn gebähren /
      Alß man mir gezeiget an?
Ob villeicht nun er gefehlet
      Der die bottschafft mir gebracht /
Jhm soll werden zugezehlet /
      Ich nit kommen in verdacht.

Jesus spricht zum bottschaffter dem Engel Gabriel.

 

XXXI.

O du sonsten wol gezogen /
      Gabriel du schöner knab!
Ach wie dörfftest immer wogen
      Was doch nie verdienet hab?
Ach wie dörfftest mich verkünden
      Zur geburth / vnd Mutter-schoß?
Weil ich kommen ohne sünden
      Solt in diese marter groß!

 

XXXII.

Ach wie dörfftest mir bereiten /
      Eine solche sawre baan?
Die so peinlich solte leiten /
      Vnd gerad zur marter gahn?
Ach wie könntest ohn erstummen
      Mich zum leben melden an?
So man endlich wird in summen
      Mich an diesen balken schlan?

 

XXXIII.

Wer doch wolt es je vermeinen
      O du schöner Gabriel /
Du zu meinen qual- vnd peinen
      Würdest eylen also schnell?
O der schönen himmel knaben!
      O der trewen diener mein!
Die so fertig kamen traben /
      Vnd mir halffen zu der pein.

Antvvort des Engels.

 

XXXIV.

O du König hochbetrübet /
      Voller schmertzen vberall /
JEsu / nichts ich hab verübet /
      Welches billich dir mißfall.
Ich zu diesem liecht / vnd leben
      Hab dich angekündet zwar:
Doch wer konte widerstreben /
      Weil es mir befohlen war?

 

XXXV.

Hoch von Himmel thäte senden
      Mich der ewig Vatter dein;
Gleich vmbgürtet ich die lenden /
      Tratt in lären lufft hinein:
Kam zu deiner Mutter eben /
      Meldet ihr in aller still /
Mir als war in mund gegeben /
      JEsu deines Vatters will.

 

XXXVI.

Warlich auff gerechter wage /
      Muß ich ohne schulde sein /
Du den Vatter selbest frage /
      Frage nur den Vatter dein /
Er zu meiner Ambaßaden
      Selber dichtet alle wort /
Hieß mich gehn den schnur-geraden
      Nechsten weg in lüfften fort.

Jesus spricht zum Vatter.

 

XXXVII.

Heli, lamma Sabactani!
      Vatter / liebster Vatter mein:
Heli, lamma Sabactani!
      Schaw die marter / noth / vnd pein.
Schaw / die schaaren mich vmbgeben /
      Saugen meine füß vnd händ:
Schaw / die körnel ab den Reben
      Fliessen / weidlich auffgetrennt.

 

XXXVIII.

Schaw / die wilde bären prassen /
      Sauffen meine feel vnd blut:
Ach wie kontest mich verlassen?
      Mich berauben deiner hut?
Vatter / Vatter / ach warumben
      Liessest in so schweres Creutz
Deinen eintzen Erben kummen?
      Vatter / Vatter / was bedeuts?

 

XXXIX.

Solte dann je wol gewesen
      Ein so strenger Vatter sein /
Der mit also scharpffem besen
      Seine kinder zäumet ein?
O wie schöne Vatters liebe!
      O wie schönes Vatter-stuck!
Der so werthen Sohn vertriebe /
      Vnd von jhm sich wandt zuruck.

 

XL.

Heli, lamma, sabactani!
      Solte dieses rühmlich sein?
Heli, lamma, sabactani!
      Warlich / warlich / Vatter nein.

Antvvort des himmlischen Vatters.

O geliebter Sohn von ehren
      JEsu viel geliebtes kindt /
Nur begeb dich deiner zähren /
      Spare deiner seufftzer windt.

 

XLI.

Dich zu gar nit laß verstören /
      Deine schmertzen / deine lieb:
Mich gedültig wöllest hören;
      Sohn ich dir verlohren gib.
Waß nur sagest / was nur klagest /
      Auß gar hoch betrangtem geist /
Dich nit schönet / klingt / noch thönet /
      Wie dan du auch selber weist.

 

XLII.

Du mit grosser lieb vmbgeben
      Gegen deine menschen-kindt /
Selber thatest immer schweben /
      Wollest auff die welt geschwindt /
Du mit süsser flamm gezündet
      Selber woltest auff die welt /
Meine tempel wolgeründet
      Selber hast hindan gestelt.

 

XLIII.

Du mich selber hast getrieben /
      Ich dich solte reisen lan;
Vnd es einmahl ohn verschieben
      Lan auff erden künden an.
Gleich mit also gutem wissen /
      Mit gar wol bedachtem sinn /
Bist in eiffer außgerissen /
      Zu den menschen zogen hin.

 

XLIV.

Ich zun offt- vnd offtermahlen
      Hab es alles vndersagt:
Du zun offt- vnd offtermahlen
      Es doch nahmest nit in acht;
Offt ich warnet / offt ermahnet
      Sohn es dir wirt vbel gahn;
Waß doch warnet / waß ermahnet
      Du mit nichten hörtest an.

 

XXXXV.

Ich von hertzen / ohne schertzen
      Rieffe / laß die menschen stahn;
Du von hertzen ohne schertzen /
      Rieffest / wil zun menschen gahn.
Du von liebe gar verblendet /
      Woltest bey den menschen sein;
Schaw nun eben ist vollendet /
      Waß ich offt gewendet ein.

 

XXXXVI.

Du die menschen hast geliebet
      Ohne massen viel zu viel /
Schaw die liebe dir nur gibet
      Solchen lohn / in solchem spiel.
Deinen menschen / deiner liebe /
      Dir es selber schreibe zu;
Keine schulden mir nit gibe /
      So man dirs bezahlet nu.

Jesvs spricht zun menschen.

 

XXXXVII.

Höret / höret / so die strassen
      Wandert alle menschen kind.
Höret / höret / ohne massen
      Mich die liebe kräfftig brinnt:
Schawet / zehlet meine wunden /
      Meine strämen rosen-roth:
Ich von flammen uberwunden /
      Lösch mich ab in kaltem todt.

 

IIL.

Ich mir selber thu den schaden /
      Klage selber alle schuld:
Selber ich mich hab beladen /
      Wil mich geben in gedult.
Ich von lauter lieb gezogen /
      Ließ den Scepter / Thron / vnd Cron;
Zu der Erden thät mich wogen /
      Wurde meiner Mutter sohn.

 

IL.

Mir ich selbest hab zu klagen
      Meine schmertzen / meine pein:
Mir nur wöllet helffen tragen /
      O geliebte menschen mein.
Höret / höret mein gegehren /
      Höret meine letzte bitt /
Jhr mich deren wolt bewehren /
      Noch versagens nimmer nit.

 

L.

Weil die liebe mich getrieben
      Also weit in diesen standt /
Jhr hinwider mich zu lieben
      Wöllet fassen in verstandt:
Meine liebe / meine flammen /
      Vnd begierden vngehewr /
Messet ab an diesem stammen /
      Diesem creutz / vnd marter thewr.

 

LI.

Jhr an diesem balcken findet
      Meiner flammen rechte maß /
Da die liebe mich noch bindet /
      Auch mit eysen hafften baß.
Nur hinwider / nur mich liebet /
      O jhr harte marmerstein!
Arme sünder / nit verschiebet;
      Wil alsdan zu frieden sein.

 

LII.

Meine marter / meine qualen /
      O geliebte menschen kindt!
Ich gedenck / dan allzumahlen
      Schlagen hin in lufft / vnd windt.
Nur bey diesem creutz / vnd fahnen
      Euch zur liebe stellet ein;
Liebet / liebet / euch ermahnen
      Meine wunden / meine pein.

 

LIII.

Liebet / liebet / ich zur letzen
      Euch zur letz ersuchen thu
Lieb mit liebe thut ersetzen
      Mir die lefftzen fallen zu.
Schawet / schawet / ich von leyden
      Werde seel- vnd kräfften-loß /
Vatter / vatter / laß verscheiden
      Meinen geist in deinen schoß.

 

44    Klag- vnd travvrgesang
der Mutter Jesv, vber den todt ihres Sohns,
den sie beklagt vnder der person deß
Hirten Daphnis.

 

I.

Da zu grabe / Daphnis lage /
       Daphnis hoch berühmbtes kind
Hört man seiner Mutter klage;
      Schlaffen waren lufft / vnd wind /
Erd / vnd himmel schwartz benachtet /
      Stunden in gar braunem kleid /
Son̄ vor schmertzē war verschmachtet /
      Mon / vnd Sternen trugen leyd.

 

II.

Ach! jhr schöne Mon / vnd Sternen /
      Gülden fläm̅lein / gülden schein.
Gülden öpffel / gülden kernen /
      Gülden perll / vnd Edelstein.
Ach! jhr gelbe gülden Liechter /
      Die betrübte Mutter sprach /
Ach! jhr gülden angesichter /
      Trawret meinem Daphnis nach.

 

III.

Ach! nur weinet / vnd nit scheinet /
      Klaget mein so schönes kindt;
Ach! nit scheinet / ach! nur weinet /
      Vnd euch weinet sauber blindt.
Daphnis hoch-berühmbter knabe
      Ward im wilden waldt ermordt /
Da mit seinem hirten stabe
       Daphnis kam der frembden orth.

 

IV.

Daphnis saß aufs grüner heyden /
      Sah nur eins der schäfflein seyn.
Von gemeinem hauffen scheyden /
      Vnd zur wüsten lauffen ein.
Daphnis da nit lang verweilet /
      Auch zur wilden wüsten rann;
Nach dem schäfflein weidlich eylet /
      Ihn die lieb wol hefftig brann.

 

V.

Kaum nun Daphnis hat gefunden
      Wolgesuchtes thierlein zart /
Er von bären / wölff / vnd hunden
      Gleich im wald vmbgeben ward:
Sie da spannten jhre rachen /
      Sprungen aufs das schöne kind;
Wie die vngehewre drachen
      Ihn zu morden gantz gesinnt.

 

VI.

Rissen seine füß vnd hände
      Weisser als das helffenbein /
Rissen auch die seit behende /
      Schlugen zähn / vnd tappen ein.
Zogen jhn durch dorn / vnd hecken /
      Scharpff / vnd spitz / vnd abgelaubt /
Da die zacken blieben stecken /
      Vnd verwundten stirn vnd haupt.

 

VII.

Ach! jhr wilde wölff / vnd bären
      Ach! jhr wilde tigerthier!
Er in blut / vnd ich in zähren /
      Sohn / vnd Mutter watten schier.
Ach! was vieler angst / vnd schmertzen /
      Jhr dan brachtet meinem kind!
O der stahl- vnd eysen hertzen!
      Stahl / vnd eisen weicher sind.

 

VIII.

Ach nur schonet seiner jahren /
      Schonet seiner gelben haar;
Nit so grausam thut verfahren /
      Ach! nit wütet also gar,
Nit jhr Bähren / wolt vermehren
      Sein / vnd meine marter groß /
Mich wolt lassen / jhn vmbfassen /
      Nehmen jhn in Mutter-schoß.

 

IX.

Ja mich reisset / mich zerspleisset /
      Mich mit wunden füllet an:
Mich zernaget / mich zerplaget;
      Nur den jüngling lasset gahn.
Mich mit zähnen / thut zerdänen /
      Spahret meinen knaben zart /
Mich mit klawen kombt zerhawen;
      Nur doch schonet jener part.

 

X.

Ach! wie kondet jhr behalten
      Ein so schnödes wesen wild?
Da so freundlich von gestalten
      Ihr gesehn so schönes bild?
Ach! wie wäret jhr geblieben
      Von naturen eben wild?
Noch den knaben gundt zu lieben?
      Noch auch wurdet zahm vnnd mild.

 

XI.

Warlich jhr von sinn entführet /
      Warlich waret jhr verblendt;
Da mit zähnen jhr berühret
      Seine seiten / füß / vnd händt.
Ach nur hettet jhr den knaben
      Recht geschawt mit augen an /
Würdet seiner schonet haben /
      Ihn wol hettet bleiben lan.

 

XII.

O du bleicher todt im gleichen /
      Warest ohne zweiffel blindt.
Da du kämest zu beschleichen /
      Ein so wunder liebes kindt.
Sonsten er mit süssen strolen /
      Vnd mit süssem augenblick /
Dir das hertz hett abgestohlen /
      Hett verzehret deine strick.

 

XIII.

Schöner Daphnis / du mein eigen /
      Einigs blut / vnd ingeweid:
Schaw nun erd / vnd him̅el schweigen /
      Hören an mein hertzen-leid.
Dich zu nachten / dich zu tage
      Lauff ich klagen vberall:
Dich zu nachten / dich zu tage
      Klaget schall / vnd widerschall.

 

XIV.

Schöner Daphnis / meine schmertzen
      Nit noch wären also groß /
Wan nur küssen / halsen / hertzen /
      Ich dich möcht in meiner schoß:
Wan bey deinen letzten kräfften /
      Ich gemöcht an letzter stund
Dir die letzte bäcklein hefften
      An die süsse wangen rund.

 

XV.

Ach nur wäre mir erlaubet /
      Zu gemelter herben stundt /
Ich doch einen kuß geraubet
      Hett von deinen lefftzen wundt.
Ich zu mir hett angezogen
      Deinen letzten athem lindt /
Ich in mich hett eingesogen
      Deinen letzten seelen windt.

 

XVI.

Ich dan mit hinzugenahtem
      Gantzen hertz- vnd seelen mein /
Meinen frisch / vnd newen athem
      Hette dir geblasen ein.
Du den meinen / ich den deinen /
      Hetten wir gewechßlet ab;
Wären beyden vngescheiden
      Blieben bey dem hirtenstab.

 

XVII.

Ach du runder Mon / vnd sternen /
      Runde flämmlein / rundes fewr /
Ach nun schawet her von fernen
      Meine schmertzen vngehewr.
Ich in felden / ich in wälden /
      Ruffe meinem zarten kind.
Doch in felden / noch in wälden /
      Nirget meinen knaben find.

 

XVIII.

Ich in weinen / ich in peinen
      Schleisse nacht- vnd tages-zeit;
Doch an weinen / noch an peinen
      Sich zerschleisset noth / noch leidt.
Mich der Mone / mich die sternen
      Mit betrübnuß hören an:
Doch noch Mone / noch die sternen /
      Noch mich jemand trösten kan.

 

45    Ecloga oder klägliches hirten-gespräch,
darin zvveen Hirten, Damon,
vnd Halton den todt Christi, vnder der
Person des hirten Daphnis, vveitläuffig
betravvren.

Eingang.

Newlich auff die wiesen kamen
      Damon / Halton / hirten beyd:
Reymten süßlich beyd zusam̅e /
      Waren voller trawrigkeit.
Damon auff der Leyren leyret /
      Vnd gar trawrig spielet vor /
Drauff dan Halton auch nit feyret /
      Bließ auff einem holen rohr.

Der Hirt Damon.

Schönes fräwlein / stim̅ der wälden /
      Wolberedte Nachtigal /
Nit von waffen / noch von helden /
      Singend / schleisse deinen schall.
Nur von Daphnis wollest klingen;
      Schaw; er ligt schon kalt im grab:
Lasset vns den stein vmb-ringen /
      Klagen dich / o schöner knab.

Halton.

Ja fahr hin in lufft geschwinde /
      Fahr in lufft O Nachtigal:
Vnd in aller welt verkünde
       Daphnis lige bleich vnd fahl;
Ruff zum grabe / ruff zusam̅en /
      Groß / vnd kleines feder-vieh:
Waß von Vögel wild- vnd zahmen /
      Sich der stim̅ gebrauchet je.

Damon.

Ja schon dorten kombt gefahren /
      Dorten ein gemahlte wolck /
Sein in warheit flügel-schaaren:
      Wilkom schönes feder volck;
Eben jhr bey zeiten kummen /
      Fliehet her / zu diesem stein /
Euch zur leich nun setzt herummen /
      Trawret / klaget in gemein.

Halton.

Nur den schönen Daphnis trawret /
       Daphnis hie vergraben ligt:
Daphnis ligt im stein vermawret /
       Daphnis nunmehr spielet nicht.
Eia lasset euch bedingen /
      Groß / vnd kleine vögelein;
Eia thut von hertzen klingen
      Lauter trübe liedelein.

Damon.

Schaw / schon jhre zungen wetzen
      Groß / vnd kleine vögelein:
Schon zur leich herumb sich setzen /
      Legen jhre flügel ein.
Sie den schönen Daphnis klagen /
      Klagen jhn gar trawriglich:
Sie nun leidt von hertzen tragen /
      Weinen / seufftzen inniglich.

Der Halton.

Schaw die marmer-weisse schwanen
      Schon auch schmeltzen jhren schnee:
Schmeltzen jhn in lauter thranen /
      Zeugen großes hertzen-wee.
Schon sie fast in zähren schwimmen /
      Werdens nicht mehr machen lang /
Heben jhre letzte stimmen;
      O wie reines trawr-gesang!

Damon.

Daphnis / o du cron der hirten!
       Daphnis / du so schönes blut!
Dich die beste sitten zierten /
      Warest voller tugent gut.
Ach wer brachte dich zum grabe?
      Wer so stahl- vnd eisen-hart /
Je doch dorffte brechen abe
      Solches blümlein / solche art?

Halton.

Klaget jhn jhr flüß / vnd Bronnen /
      Klaget jhn jhr bächlein klar.
Klaget jhn bey Mon / vnd Sonnen /
      Heimlich / vnd auch offenbar:
Klaget jhn / jhr feld / vnd wisen /
      Stein / vnd felsen / berg / vnd thal /
So von Hirten vnderwiesen
      Fertig seidt zum widerschall.

Der Damon.

Wer nach jhm wil nunmehr brauchen
      Seine leyr / vnd dulcian?
Wer nach jhm so lieblich hauchen /
      Vnd die pfeifflein blasen an?
Pfeifflein / da noch seine bäcklein /
      Ruch / vnd athem kleben an?
Ründer als die purpur-schnecklein;
      Gnug sie niemand loben kan.

Der Halton.

Wer wird seine schäfflein weiden?
      Wer sie führen auß vnd ein?
Wer von bintzen / vnd von weyden
      Flechten schöne körbelein?
Wer vns auch die krancken heylen /
      Wer die völcker daub / vnd blind?
So von vielen land- vnd meylen
      Täglich zugeloffen sind?

Der Hirt Damon.

Ach jhr schäfflein / ach jhr zahme /
      Weiß / vnd reine wüllen-zunfft!
Wan zun felden Daphnis kame /
      Wir vns frewten seiner kunfft.
Was dan ware kranck / vnd reudig /
      Er dan heylet gleicher handt;
Da war alles frisch / vnd frewdig /
      Frisch war auch der sonnen brandt.

Halton.

Wan zum felde Daphnis kame /
      Weid / vnd herd in frewden war.
Auch jhr alle schwach / vnd lame /
      Lieffet jhm entgegen dar.
Ach wie trawrig jhr nun klaget?
      Suchet jhn mit hertzen-leidt?
Kaum nun jhr die kräuter naget /
      Kaum euch schmecket graß / vn̄ weidt.

Damon.

Wan zum felde Daphnis kame
      Er gar lieblich spielet auff:
Er der Sonnen offt benahme
      Ihren viel zu starcken lauff.
Er mit harpffen / er mit leyren
      Hielt die Sonn / vnd himmel an /
Lufft / vnd wetter thäten feyren /
      Wind / vnd regen blieben stahn.

Halton.

Wan zum Felde Daphnis kame
      Morgen zeitlich / abend späth /
Gleich mit seinem blumen-krame
      Sich das Erdreich zeigen thät:
Schöner wurden alle weiden /
      Süsser wurden kraut vnd gras /
Vnd auch weicher alß die seyden /
      Wo nur Daphnis nider saß.

Damon.

Daphnis aufs die beste wiesen
      Führet seine Läm̅erlein:
Dan zu jenen / dan zu diesen
      Lind berauschten wässerlein.
Er dan durch die bächlein wadet /
      Wusch die weisse Lämmerlein /
Er sie saubert / Er sie badet /
      Sambt den weissen mütterlein.

Halton.

Daphnis mercket nur ein eintzig
      Schäfflein dorten irrend gahn /
Gleich verließ er neun- vnd neuntzig /
      Nam sich nur deß einen an:
Trug es wider zu der herden /
      Vnd für lauter frewden sprang:
Ladet seine mitgeferden /
      Spielte daß es weit erklang.

Damon.

Schaw nun lufft / vnd wetter trawren /
       Daphnis nu nit spielet mehr /
O der vielen regen schawren /
      Schaw die wolcken weinen sehr.
Ach die sonn sich gar verbirget!
      Lesch in zähren alles liecht /
Weil den Daphnis sie nun nirget
      Auff dem feld / vnd wiesen sicht.

Halton.

Schaw die schöne wiesen trawren /
      Suchen ihren schönen hirt;
Gras / vnd kräuter gar versawren /
      Sawr / vnd bitter alles wirdt.
Groß / vnd kleines vieh zusamen
      Tranck / noch speise nehmen kan /
Die zur weyden weinend kamen /
      Kraut / noch brunnen rürtens an.

Der Hirt Damon.

Ach nur graset / ach nur weidet /
      Ich sie dick vermahnen thu /
Nit so sauber euch bekleidet /
      Graset / weidet / greiffet zu:
Sie doch je mit nichten weiden /
      Ich vergebens mahnen thu:
Sie sich dannoch gar beleiden /
      Noch kein härlein greiffen zu.

Der Hirt Halton.

Meine schäfflein / meine geißen
      Warlich seind betrübnuß voll:
Ligend ihre zeit verschleissen /
      Lassen darm / vnd magen holl.
Ich zum weiden / ich zum grasen /
      Offtermahlen sie vermahn;
Doch die weid / vnd grüne wasen
      Bleibet vnberühret stahn.

Damon.

Schaw die große flüß / vnd wässer /
      Schaw die kleinest äderlein /
Nunmehr weinend fliessen besser;
      Doch zun klüfften lauffens ein.
Sie die schöne sonn vermeiden /
      Hassen liecht / vnd hellen tag /
Vnd bedeckt mit dörn / vnd weyden /
      Führen stätes leyd / vnd klag.

Halton.

Schaw die feist- vnd grüne blätterr
      Grüne näst / vnd grüne zweig /
Bey so trübem todten-wetter /
      Schō auch werden welck / vn̄ bleich.
Grüner safft ist jhnn entgangen /
      Seind wie truckner erden-staub /
Kaum an bäumen bebend hangen /
      Bebend wie das Espen laub.

Damon.

Sich die blümlein nider-sencken /
      Seind so gar / vnd gar entferbt:
Todt zur Erden sie sich lencken /
      Sie das wetter hat enterbt:
Sie das jhrig haben zahlet /
      Da nun ligens vngezehlt /
Ach! wie stundens vor gemahlet?
      Ach! wie ligens jetz verstelt?

Halton.

Auch schon sterben feld / vnd wiesen /
      Graß / vnd kräuter ohne zahl;
Schon von bäumen kombt gerisen
      Starcke meng der blätter fahl.
Nackent schon in lüfften schiffen
      Manche linden kahl / vnd bloß:
Blösse zeitlich hat begriffen
      Eich- vnd büchen lauber-loß.

Der Damon.

Ach die bäum sich weinend zeigen /
      Weinend mancher stam̅ vnd nast;
Weinend sie sich nid er neigen /
      Nur mit lauter leyd belast.
Sie zu thränen gar verkehren
      Allen jhren grünen safft /
Drumb nur gum̅ / vnd gelbe zähren
      Aussen auff den rinden hafft.

Der Hirt Halton.

Daphnis / wan ich dein gedencke /
      Deiner qualen / deiner noth /
Ich mich matt zur erden lencke /
      Thränen werden meine brod:
Mir die thränen jmmer lauffen /
      Werden meine speiß vnd tranck:
Mir in thränen gar ersauffen
      Manches lied / vnd trawr-gesang.

Der Hirt Damon.

Was nun wil man weiter klagen /
      Halton / liebster mit-gespan?
Ich die geigen wil zerschlagen;
      Schier ich nit mehr streichen kan.
Schaw der abend kombt mit hauffen /
      Laß die schäfflein kehren heim:
Laß auch deine Ried verschnauffen /
      Laß verschnauffen meine reym.

Der Hirt Halton.

Schaw / nun eben mir zerspleissen
      Meine pfeifflein / meine ried:
Wil sie nunmehr gar zerschmeissen;
      Ach! adè betrübtes lied.
Heim jhr meine weisse kinder /
      Heim jhr meine läm̅erlein / .
Heim jhr schäfflein / trett geschwinder /
      Schwartze stunden fallen ein.

Beschluß.

Also damahls trawrig sangen
       Damon / Halton / Hirten beyd!
Mon / vnd sternen kamen gangen /
      War auch jhnen eben leid:
Weinet / meine sternen / weinet /
      Weinet / sprach der falbe Mon /
Wer doch hett es je vermeinet /
       Daphnis müst zu grabe gohn?

 

46    Eine Christliche Seel redet
von dem Creutz, vnd vvunden Christi.
Seind Trochaische Verß, vvie oben.

 

I.

Manche stunden JESU wunden
      Ich mir setz ob augen mein.
Thu mich wenden zu den händen
      Zu der seit- vnd füssen sein.
O du bester / Creutz baläster!
      Ich dan ruff in aller eyl.
O zur stunde mich verwunde /
      Schieß herab die nägel-keyl.

 

II.

Mich gesunden ohne wunden /
      Laß mit nichten dannen gahn.
Recht nur zörne / mir die dörne
      Lantz / vnd nägel werff hinan.
Mich nur quäle / nit verfehle
      Meiner hände / füß / vnd seit:
O mich Cröne / nit verschöne;
      Wil mit JESV tragen leydt.

 

III.

Keine beissel / keine meissel /
      Keine stahl- noch eysen-spitz /
Meinen glieder / hoch / noch nider /
      Werden geben solche schlitz /
Alß die nägel / stumpffe kägel /
      Lantzen / geissel / scorpion /
Han zergerbet / vnd zerkerbet
      Ihn / den wahren Gottes sohn.

 

IV.

Seine qualen / ich zumahlen
      Fleissig hab in stäter hut:
O elende / süß / vnd hände /
      Seit / vnd Cörper voller blut!
Reichlich schweissen / scheinbar gleissen
      Alle wunden / alle streich.
Schaw / nun fliesset / vnd sich giesset
      Purpur / vber marmer bleich.

 

V.

Auß der seiten / lan sie leiten
      Rothe stralen wie Corall:
Auß der seiten / lan sie leiten
      Weisse wässer wie Crystall.
O du reines / hüpsch / vnd feines
      Bächlein von Corall / vnd glaß!
Nit noch weiche / nit entschleiche /
      O rubin / vnd perlen gaß.

 

VI.

Ach verweile / nit noch eyle /
      Wil nun hie mich setzen bey;
Wil da baden meinen schaden
      Ob er schon veraltet sey /
Kräfftigs plaster meinem laster /
      Wil ich dorten salben drauß /
Wil dan gründen tieff zun sünden /
      Sie von jhnen waschen auß.

 

VII.

Bey den füssen wil ich büssen /
      Vnd auß meinen augen beyd
Wol sie netzen / vnd ersetzen
      Waß von blut herausser geit.
Wil mit zähren widerkehren /
      Gleich als vil entfliessen wird /
Vnd mit sattem guß erstatten /
      Was von purpur da vergirt.

 

VIII.

Doch jhr bronnen / wol beronnen /
      Schon beschenckt ist erd / vnd graß:
Ach verschnauffet / nit so lauffet /
      Nit so giret ohne maß.
Schon an laugen meiner augen /
      Schon an zähren mirs gebrist;
Thut euch stillen; wer kan füllen /
      Was bereit verflossen ist?

 

IX.

Zu den händen / wil ich senden
      Hundert tausent seufftzer lind /
Sie durchwülen / vnd erkühlen
      Mit so lindem hertzen wind.
Mit so linden hertzen winden
      Wil ich trücknen allen schweiß /
Alle masen wil durchblasen /
      Kühlen alle wunden heiß:

 

X.

Doch zur stunden / auch lig vnden /
      Ich zu wenig seufftzer find;
Bin von wunden vberwunden /
      Mir gebrichts an hertzen wind.
Häuffigs windē macht mich schwindē /
      Kaum ich mehr den athem hab /
Seufftzen / weinen / O der peinen!
      Mich noch bringen gar ins grab.

 

XI.

In der cronen / dacht zu wohnen
      Mein so gar betrangtes hertz;
Dort in hecken / sich verstecken /
      Sich bezäunen aller werts.
In den spitzen dörnen sitzen
      Schon es auch ein zeitlang blieb /
Thät sich freyen vor den weysen /
      Vor dem schnöden seelen dieb.

 

XII.

Doch nun wider bald hernider
      Zu der holen seit begerts /
Wil sich setzen / vnd ergetzen /
       JEsu / neben deinem hertz.
Es nun dorten / jene pforten /
      Jene rothe seiten-thür /
Wil verwahren / sich nit spahren /
      Da die schiltwacht halten für.

 

XIII.

O du runde seiten wunde!
      Reich- vnd edler hertzen-kast!
Bey dir sterben / vnd erwerben
      Hofft es waren fried / vnd rast.
Da laß walten / vnd laß schalten;
      Da nun laß es haben platz:
Laß es wachen / vnd auch machen
      Da sein bettlein / vnd matratz.

 

XIV.

Bey der seiten / seine zeiten
      Wird es wachen ohne verdruß:
Bey der seiten / seine zeiten /
      Auch es wider schlaffen muß.
Bey der seiten / seine zeiten
      Singen / vnd es klingen will:
Bey der seiten / seine zeiten
Es auch wider schweigen still.

 

XV.

Drumb auß liebe / nun ich gibe /
       Jesv / dir es eygen gantz.
Jhm wil schaffen / deine waffen /
      Deine nägel / deine Lantz.
Darmit streitten vor der seiten
      Wird es gen die laster sein.
Biß mans leite von der seite
      Zu den außerwöhlten dein.

 

47    Ecloga oder Hirten gespräch
von Christo dem gecreutzigten, vnder
der Person deß hirten Daphnis, vnd
bey gleichnuß eines jungen
vvilds.

 

Eingang.

Pferdt / vnd wagen / new beschlagen
      Alß die Sonn heut spannet an /
Vnd mit rossen vnuerdrossen
      Reyset jhr Crystallen baan;
Ich spatzieren gieng nach thieren
      Dort in jenen grünen waldt /
Trug den bogen auffgezogen /
      Schoß ein Reechlein wolgestalt.

 

II.

Griff zum degen / wolts entlegen /
      Hiengs an einen eychen-baum /
Gleich zur stunden / von der wunden /
      Rann herab der purpur-schaum.
Bald Palæmon, vnd Phidæmon /
      Meine beyde mit-gespan /
Kamen gangen / schawtens hangen:
      Sich bey seiten stelten dran.

 

III.

O Palæmon, o Phidæmon
      Dieses hinnlein dessen sey /
Wer mit geigen / sich wird zeigen /
      Vnd am besten streichen frey.
Drumb die geigen thut besteigen /
      Greiffet jhr den gelben kam̅ /
Vnd mit bogen glatt bezogen
      Prest herauß den honig-sam.

 

IV.

Gleich ohn wancken / sie zum schranckē
      Tretten mütig auff die baan /
Sich bewerben / redlich kerben /
      Vnd die seiten schneiden an.
Ey laßt hören / keins verstören;
      Erstens der Palæmon geigt;
Bald im gleichen nach dem zeichen
      Auch darauff Phidæmon streicht.

Der Hirt Palæmon.

Schöner possen! wer hat schossen /
      Dieses Reeh mit frechem muth?
Wer mocht streben nach dem leben
      Einem also jungen blut?
Ach wer bogen dorfft es wogen?
      Welcher pfeil war also grauß /
Der so kleines / vnd so reines
      Thierlein dorffte trincken auß?

Der Hirt Phidæmon.

O was beute? wer hat heute /
      Wer hat also frech / vnd stoltz /
Die beschlossen senn entlossen
      Vnd entricht so scharpffen boltz?
Ach die senne gleich zertrenne /
      Gleich den bogen werff zu fewr /
Pfeil / vnd kocher werff hernocher /
      O du wildt-schütz vngehewr!

Palæmon

Armes kitzlein! frommes hitzlein!
      Mir nun Daphnis kombt in sinn /
O wie newlich / also grewlich
       Daphnis ist gerichtet hin!
Jhn betrawren / jhn bedawren
      Mich ermahnet deine wund:
Wers betrachtet / wers erachtet /
      Fallen jhm die thränen rund.

Phidæmon.

An dir scheinen Daphnis peinen /
      O du schwach- vnd kranckes Reeh.
Ich nun dencke seiner kräncke /
      Weil ich dich verwundet seh.
O wie newlich gar abschewlich
       Daphnis ist gehencket auff!
Sehr michs rühret / vnd entschnüret /
      Schier in zähren ich ersauff.

Palæmon.

Du nun hangest / vnd erbangest
      Frommes thierlein ohn betrug!
Zagest / bebest / kaum noch lebest /
      Ruckest zu dem letzten zug.
Kaum dich regest / näwlich wegest:
      O der wunden / pein / vnd schmertz!
Zwar von heissen purpur-schweissen /
      Möchten schmeltzen stein / vnd Ertz.

Phidæmon.

Gleiche nöthen dich auch tödten
       Daphnis / o getrewer hirt /
Kaum dich hebest / kaum noch lebest /
      O mit wunden wolgeziert!
Schaw die schmertzen meines hertzen /
      Qual / vnd marter mich vmb-ringt /
Wird es wehren / sag mit zähren /
      Mir das hertz in stuck zerspringt.

Palæmon.

Schönes Böcklein / rothes röcklein /
      Roth bist du von lauter schweiß /
Roth geträncket / wol beschencket
      Seind auch deine zähnlein weiß.
Auch die näste / rind vnd bäste
      Deiner eichen seind erröth;
Rothe regen thut euch legen /
      Sonsten jhr das thierlein tödt.

Phidæmon.

Auch thut bluten Daphnis</g< ruten /
      Dran man jhn hat auffgehenckt.
Creutz / vnd nägel / stumpffe kägel
      Seind mit tropffen wol besprengt.
O waß regen aller wegen!
      O was rothe wunden güß!
Daphnis eben ist vmbgeben
      Nur mit lauter purpur-flüß.

Palæmon.

Halbes hirschlein / rothes kirschlein /
      Bist nun inn- vnd außen roth;
Doch dich weisset / vnd jetzt beisset
      Auch zugleich der falbe todt.
Kranckes hinnlein / dir daß kinnlein /
      Mund / vnd lefftzen werden bleich /
O nun stirbest / nun verdirbest /
      O du schon so fahle leich!

Phidæmon.

Auch thut sterben / sich entferben
       Daphnis dort an seinem baum:
Thut erbleichen / todts verweichen /
      O was matt- vnd falbe pflaum!
Schon verblichen / schon entwichen /
      Schon ist vnser Daphnis hin:
O der kalten / vnd zerspalten /
      Augen / lefftzen / mundt / vnd kinn!

Palæmon.

Kombt nun zogen / kombt geflogen /
      Kombt nun her jhr vögelein:
Feder-scharen kombt gefahren /
      All so nur im walde sein.
Thut euch setzen / trawrig schwetzen /
      Thut nun klagen all zugleich:
Trawrig klingen / vnd besingen
      Jhr nun sollet vnser leich.

Phidæmon.

Her im gleichen / her zur leichen /
      Menschen seelen allerhandt.
Kombt zusammen / her zum stammen
      Dran man Daphnis auffgespannt.
Da dan klaget / heulet / zaget /
      Weinet starck ohn vnderlaß /
Bleibet jmmer / scheidet nimmer /
      Allweg schleisset diese straß.

Palæmon.

Her schon fliegen vnverschwiegen
      Fromme vöglein auß dem wald:
Lan sich dingen zum besingen;
      Singen / daß es kläglich schallt.
Ich für peinen auch muß weinen /
      Zartes hinnlein / sehr ich wein /
Also säwrlich / also däurlich
      Mustest du besungen sein.

Phidæmon.

Auch der frommen etlich kommen /
      Man vnd weib zu Daphnis creutz /
Ihn bescheinen / süßlich weinen /
      Niemand frage was bedeuts?
Sie den knaben / wan begraben /
      Trucknen ab das wunden blut /
Heben / legen / waschen / pflegen /
      Salben jhn bey warmer glut.

Palæmon.

Mich gemahnen thut mit thranen

      Dieses wild an Daphnis tobt;
Wil nun dessen / nie vergessen;
      Soll nun sein mein täglichs brodt.
Ich nun seinen todt beweinen
      Wil mit dir Phidæmon gleich /
Schwartz bekleiden laßt vns beyden
      Vnser viel zu gelbe Geig.

Phidæmon.

Schwartz bekleiden laßt auch beyden
      Vnser harpffen / zinck / vnd ried /
Laßt zu mehren Daphnis ehren
      Spielen manches trawrig lied.
Laßt erholen offtermohlen /
      Leider! so betrübten schall /
Vnd mit machten tieff erachten
      Seine marter / pein / vnd qual.

Beschluß.

Also strichen / vnd nit wichen
      Beyde geiger in die wett:
Ich mit nichten kont entrichten /
      Wer es recht gewunnen hett.
Drumb zur gabe nun doch habe /
      Sprach ich / dieser / dieses Reeh:
Vnd zur gabe jener habe
      Was dort weidet in dem klee.

Ist ein lämmlein mütigs hämmlein /
      Zart / vnd reines wüllen-kind:
Glaub / euch beyde recht entscheide;
      Glaub / jhr beyd zu frieden sind.
Nun biß morgen / weil verborgen
      Sich die Sonn zu wasser helt /
Euch zur heide dan bescheide /
      Wider euch dan vnderstellt.

 

48    Ecloga oder hirtengespräch
darin die zvveen hirten Damon vnd Halton,
je einer vmb den andern, mit vnderschiedlichen
gleichnußen, vnd concepten, allvveg
den gecreutzigten, vnd aufferstehenden
Jesvm, vnder der person deß hirten
Daphnis, Poëtisch bereymen.

Der Hirt Halton hebet an.

Schöner Damon / zung der hirten /
      Der auff deinem holen halm /
Wan wir vnser herden schmierten /
      Hast erpfiffen manchen palm:
Vns in reymen lasset zwingen
      Daphnis wunden rosen-roth /
Laßt im holen thal erklingen
      Seine marter seinen todt.

Damon.

Frommer Halton hoch gepriesen /
      Der zum ersten sommerglantz
Hast ergeiget auff den wiesen
      Manchen schmucken lorber-crantz /
Lasset jenes Creutz vmb-ringen /
      Ehren / den die welt verspott;
Laßt von gantzem hertzen klingen
       Daphnis aller hirten Gott.

Halton.

Weil ein schäfflein vnbeschoren /
      Außer der gemeinen zucht /
In der wüsten gieng verlohren /
      Es der Daphnis wider sucht.
Er im felde mir begegnet /
      Trug es aufs der schulter sein:
War in warheit starck beregnet /
      Voller frewden / voller pein.

Damon.

Daphnis war gar müd geloffen /
      Auch er mir entgegen kam;
Wär im regen schier ersoffen /
      Leint an einen eichen-stamm.
Er das thierlein je noch truge /
      Seufftzet manchen seufftzer tieff;
Er gen himmel d' augen schluge /
Ach mir helffet / helffet / rieff.

Halton.

Alß ich newlich auff der reysen
      Ware worden müd vnd matt /
Mich der Daphnis thäte speisen;
      Vnd von fruchten machet satt.
Stieg auff einen grünen Palmen /
      Warff der schönen früchten ab /
Sang zu gleich wol sieben Psalmen /
Ich mit lüsten gessen hab.

Damon.

Alß ich newlich auff der reysen
      Wolt zum weinhauß kehren ein /
Thät man mich zur herberg weisen /
      Hieß zum rothen lämmelein /
Auff dem schilde stund gemohlet
       Daphnis in der kelter sein.
Jeder dort zu trincken holet /
      O was roth- vnd guter wein!

Halton.

Wan der sommer wider-kehret
      Vnd klopfft an zur grünen thür /
Er mit blumen sich vermehret /
      Rothe rosen gahn herfür:
Fünff der besten schon bey zeiten
       Daphnis hat gebrochen ab /
Thut ein schmücklein drauß bereiten /
      Welches vns in schwachheit lab.

Damon.

Daphnis deine rothe rosen
      Werff von deinem Creutz herab:
Wan die welt mir lieb-wil kosen
      Darff ich solcher blumen gab.
Daphnis deine rothe rosen /
      Dein so schöner blumen-strauß
Allen krafft- vnd leben-losen
      Hilfft auß aller schwachheit auß.

Halton.

Wie der sommer sich bestecket
      Mit auch kleinen blümelein;
Also Daphnis sich bedecket
      Mit auch kleinen röselein.
Von der schaitel / zu den süssen
      Sie dan stehn in voller blut;
Rings herumb den lufft versüssen /
      Mit geruch / vnd athem gut.

Der Damon.

Hin vnd wider auff den wiesen
      Alles voller dörnen war:
Schäfflein / so nit vnderwiesen
      Sich verletzten immerdar:
Daphnis liesse sichs erbarmen /
      Macht ein große bürden drauß /
Ihn die liebe gundt erwarmen
      Trugs auff seinem haupt herauß.

Der Halton.

Sich die dörner han gerochen /
      Haben jhn verwundet gantz:
Doch die rosen er hat brochen /
      Drauß gemacht ein ehren-crantz.
Schaw nun er gar zierlich pranget
      Mit gedörnter blumen-cron:
Her / jhr hirten jhn empfanget /
      Setzet jhn auff hohen thron.

Der Hirt Damon.

Newlich ab der heissen Sonnen /
      Ich den stralen weichen must:
Gleich mich Daphnis führt zum bron̄en
      War mir sonsten vnbewust.
Er auff einem berge spritzet /
      Hieß mit nahmen Golgotha:
Weil ich ware gar erhitzet /
      Ich mich thät erkühlen da.

Der Hirt Halton.

Auch ich gar erschwachet ware /
      Lag an starckem fieber kranck:
Ichs dem Daphnis offenbare /
      Der mir mischet einen tranck:
Kaum ich den hett angesetzet /
      Kaum gebracht an meinen mund /
Bin in aller eyl ergetzet /
      Ja bin worden gantz gesund.

Damon.

Ach nun höret / laßt euch sagen /
      Seht euch für jhr wanders-leuth:
Noch für etlich wenig tagen /
      Räuber machten starcke beuth.
Daphnis reiset auch der orten /
      Gleich die lose Räuber-schaar
Ihn beraubten / vnd ermordten /
      Schlugen jhn an galgen dar.

Halton.

Wan wir vnser herden scheren /
      Vnd entheben jhre woll /
Sie mit nichten klagen / plären /
      Bleiben ohn gemurr / vnd groll;
Also Daphnis wurd beraubet
      Seiner kleider ohne sprach:
Keinem wörtlein Er erlaubet /
      Dachte keiner heissen rach.

Damon.

Wan der vnbenandte fresser /
      Wan der Metzger vngeschlacht /
Der mit zähnen / der mit messer
      Mir die schäfflein wund gemacht.
Sie dan gar geduldig ligen;
      Still vertüschens jhre pein:
Also Daphnis auch verschwigen /
      Litt den todt vnd marter sein.

Halton.

Wie die breit gestreckte Falcken /
      Hoch in weichem wolcken land /
Also stund an seinem balcken
       Daphnis weidlich außgespan̄t /
Er mit beiden füß- vnd armen
      Stund gestreckt in grosser noth /
Ach wen wolte nicht erbarmen /
       Daphnis / dein gespanter todt!

Damon.

Da die purpur-morgenstunde /
      Morgen-röthe wolbekendt /
Heut auß ihrem beth erstunde /
      Drauff sich tag vnd nacht getrennt /
Sie noch brauchet nit bey weiten
      Ein so rothes Rosen-kleid /
Alß man thäte roth bereiten /
       Daphnis deine bleiche seit.

Halton.

Auff jhr hirten / thut errathen /
      Wer im lufft genäglet auff /
(O der viel zu frembden thaten)
      Doch im tieffen meer ersauff?
Daphnis voller purpur farbe /
      Voller wunden / voll geschwehr /
Hoch zu gleich am galgen starbe /
      Starb zu gleich im rothen meer.

Der Damon.

Auff jhr hirten mir auch saget /
      Wer ertrinckt im vollen meer?
Vnd doch seinen durst beklaget /
      Vnd der feuchte mehr begehr?
Daphnis in den grösten peinen
      Doch noch wolte leiden mehr;
Rieff mit seufftzen / vnd mit weinen
      Ach mich dürstet / dürstet sehr!

Halton.

Lieber Damon / wil noch fragen
      Wil dan geben auch bescheidt:
Wer thut seine pein beklagen /
      Vnd jedoch begierlich leidt?
Daphnis muß für vns bezahlen /
      Beisset einen sauren kern:
Vnd doch alle pein / vnd qualen
      Er von hertzen leidet gern.

Damon.

Lieber Halton / dieser tagen
      Sich begab ein wunder that:
Will hinfürter nie verzagen /
      Hör dan waß es geben hat:
Mir von einem falben Drachen
      Wurd getödt ein Lämlein zart;
Bald es wider gund zu lachen /
      Weil es wider lebend ward.

Halton.

Lieber Damon wer wil glauben /
      Waß der tagen auch geschehn?
Einen schönen rothen trauben
      Ich mit augen hab gesehn;
Ware nunmehr außgepresset /
      Von bedingtem kelter-man:
Er doch wider vnder desset
      Lieblich fieng zu blühen an.

Damon.

Lieber Halton ich von einem
      Thewren vogel hab gehört /
Er an farben weichet keinem /
      So man mich nit hat bethört;
Wan schon er in liechter flammen
      Sich zu lauter pulver brennt /
Er jedoch auß liechter flammen
      Wider zu dem leben wendt.

Halton.

Schöner Damon / deine reymen
      Mir erfrischen muth / vnd blut:
Wil die geigen süßlich keymen /
      Vnd noch spielen eben gut.
Wil nit weichen deiner pfeiffen /
      Deinem wolgestim̅ten ried;
Wil noch manche seiten greiffen /
      Ehe man dir daß Cräntzlein biet.

Damon.

From̅er Halton / deine geigen
      Meinem röhrlein weichet nicht;
Wollest keinen eyffer zeigen /
      Wir vnß gleichen im gedicht.
Keiner keinen soll beneyden /
      Beyden gleiches lob gebührt;
Gleiches cräntzlein allen beyden
      Auch soll werden eingeschnürt.

 

49    Ecloga oder Hirtengespräch
vber daß Creutz, vnd aufferstehung Christi,
darin / vvaß der eine hirt Damon genant
von seinem vorhaben vorspielet, der ander
Halton genant, allvveg nachspielend
auff daß Geistlich
deutet vnd ziehet.

Eingang.

Heut ein bächlein wol beschwetzet
      Nahm die flucht auß grünem wald;
An den steinlein sich verletzet /
      Hett mit jhnen starcken spalt:
Dan weils jhm nit wolten weichen
      Auß so lützel feuchter straß /
Zornig thät es neben streichen /
      Murret starck ohn vnderlaß.

 

II.

Alß nun dorten mich ergetzet /
      Tratt hinan ein junger hirt;
Sich zum bächlein nidersetzet /
       Damon er genennet wird /
Bald sich auch hinzu gesellet /
       Lycas, Halton, Marsilas:
Da ward geig / vnd Leyr gestellet /
      Lächlen gunden laub / vnd graß.

 

III.

Damon / Halton / jüngling beyde
      Sangen / klungen in die wett.
Weit mans höret auff der heyde /
      Ach wers recht beschrieben hett!
Stum̅ die schöne vöglein sassen /
      Saß auch stum̅ die Nachtigal:
Sie schier aller kunst vergassen /
      Da gab Damon solchen schall.

Der Hirt Damon spielet vor.

Wan von heisser Sonn verwüstet
      Kält / vnd Winter ligen todt /
Man den sommer wider grüsset /
      Wider bricht man rosen roth.
Thal / vnd felder schön verblümet /
      Grün sich wider legen an:
Weil ichs meinen schäfflein rühmet /
      Woltens wider weiden gahn.

Der Hirt Haltō folget nach.

Wan die sünder zeitig büssen /
      Vnd mit jhrem hertzen-eyß
Sie sich neben JEsu füssen
      Legen zu den wunden heiß:
Werdens wider bald entzündet /
      Wider leuchtet sommer-schein /
Heyl vnß wider wird verkündet /
      Straff sich wider zäumet ein.

Damon.

Wan die vöglein vmb / vnd vm̅en
      Hoch in weitem wolcken-feldt /
Hin vnd her sich müd geschwum̅en /
      Suchens wider grüne wäldt.
Rasten auff den äst- vnd zweigen /
      Schöpffen wider athem gut /
Trutz auch allen pfeiff- vnd geigen
      Machens einen frischen muth.

Halton.

Wan die seel sich müd geflogen /
      Auff / vnd ab in eitler welt /
Endlich kombt sie widerzogen /
      Vnd sich zu dem Creutz gesellt.
JEsu / JEsu rufft vnd weinet /
      Nider zu der Erden fält /
Vnd an wunden JEsu leinet /
      Biß daß hertz in ruh gestelt.

Damon.

Weil dan jene vöglein singen /
      Will die schäfflein führen dar /
Auff: laßt euch zur weiden bringen:
      Auff / du marmer-weisse schaar.
O wie frewdigs feld / vnd wiesen!
      O wie zartes laub / vnd gras!
Wer wil schöners leben kiesen?
      Weißlich ich der stät vergaß.

Halton.

Weil am Creutz ich frieden finde /
      Zwar mit nichten mich versaum:
Mich mit beyden armen binde
      Manche stund an diesen baum.
Sieben liedlein hör ich klingen /
      Klingen süßlich vberall /
Niemands wird mich dannen bringen /
      Mir ist wol bey solchem schall.

Damon.

Schon ich längst in grossen stätten
      War der stein / vnd gassen müd.
Lieff zum grünen / thät mich retten /
      Da man liebe schäfflein hüt.
O du reines hirten-leben!
      Wer wil gnugsamb loben dich!
Wil dich allweg hoch erheben /
      Wirst ja nie verlassen mich.

Halton.

Lang ich lieff auff deinen gassen /
      O du schnöde Babylon!
Hab doch endlich dich verlassen /
      Nahm die flucht vnd sprang daruō.
Gleich zum Creutz mich thät begeben
      Dorten ich die wunden küß /
Wil nu nirget lieber leben!
      Trinck nur lauter frewden flüß.

Damon.

Wan die weisse schäfflein weyden /
      Ich mich leg an jener Eych:
Wan die schöne Sonn will scheiden /
      Süß ich jhr die geigen streich:
O du schöne / laß dir sagen /
      Schöne bildtnuß bleibe noch.
Schöner fuhrmann halt den wagen /
      Laß die Roß verschnauffen doch.

Halton.

Wan auch ich die sünd will meiden /
      Zu dem Creutz mich setzen thu:
Ruff / o JEsu / wolst nit scheiden /
      O / nit thu dein äuglein zu:
O nit weiche / nit verfahre /
      O nit wöllest vndergahn;
Vnß noch deine stralen spahre /
      Bleib zu dieser frist doch stahn.

Damon.

Wan die Sonn hinunder schwebet /
      Vnd verachtet meine reym.
Jhr der wiesen euch begebet /
      Jhr dan / schäfflein / dencket heim.
Schöne Sonn / adé du schöne;
      Ich die schäfflein führ nach hauß /
Nur vnß morgen wider fröhne;
      Wil dan wider treiben auß.

Halton.

JEsu wares Liecht / vnd fackel /
      Als verlohrest deinen schein /
Wer mocht dulden solch spectackel!
      Wer nach hauß nit kehret ein?
Wan du nun auch ab wilt scheiden /
      Sehr ist vnsern hertzen weh;
Doch verkürtz vnß vnser leiden /
      Daß man dich bald wider seh.

Damon.

Wan die feuchte felsen weinen
      Neben meiner weissen schaar /
Vnd von etwan holen steinen
      Stürtzen jhre wässer klar;
Gleich sich meine schäfflein kühlen /
      So mit warmer hitz behafft:
Sie den durst vom hertzen spülen /
      Mit so frischem felsen safft.

Halton.

Als mit einem speer durchschossen
      JEsu deine seiten rund /
Vnß ein bächlein kam geflossen /
      Drin̄ man milch / vnd purpur fund:
Ich mit gleichem eiffer lauffe /
      Zu dem brunnen wolbewust;
Da mich spüle / wäsch / vnd tauffe /
      Trinck nach viel-gewünschtem lust.

Damon.

Wan die sonn sich gar geneiget /
      Vnd gesencket jhre Cron /
Gleich die nacht in himmel steiget /
      Arbeit heischet jhren lohn:
Thier / vnd menschen gehn sich legen /
      Gantz erstummet alle welt:
Auch sich kaum die blättlein wegen /
      Trawrig feyret alles feldt.

Halton.

Da du JEsu todts verblichen /
      Vns die todten han erschröckt:
Felsen von den felsen wichen /
      Gräber wurden auffgedeckt.
Thier vnd menschen that es dauren /
      Auch verwelcket laub / vnd graß:
Alle wässer nur von trawren /
      Han geweint ohn vnderlaß.

Damon.

Mon / vnd sternen abends wachen /
      Legen jhre Sonn zu beth:
Sie sie sanffter schlaffen machen /
      Mit gelind- vnd süsser red:
Schlaffet / Eia / matte strolen /
      Schlaff du matt- vnd müdes liecht /
Thu mit schlaffen dich erholen /
      Biß den schlaff der morgen bricht.

Halton.

JEsu / dich auch from̅e seelen
      (Wie dan mehrmals höret hab:)
Thäten / waschen / salben / streelen /
      Heben / trugen zu dem grab:
Auch die mutter trawrig klagte /
      Schlaff nur mein geliebtes kind /
Vnd bey nebens müthig sagte /
      Doch den todt bald vberwind.

Damon.

Wan die Sonn dan außgeschlaffen /
      Richtet sie sich zeitlich auff /
Schärpffet jhre pfeil / vnd waffen /
      Geht zum wagen / sitzet drauff /
Ich dan wider treib zur heiden
      Meine weisse wüllen herd;
Sie dan wider grasen / weiden /
      Scheren waß daß aug begehrt.

Halton.

Als / o JEsu / du gelegen
      Kurtze zeit in kalter Erd /
Sich dein seel thät wider wegen
      Denckend seiner weissen herd.
Sie der höllen pforten rühret /
      Hielt weit offen scheur vnd stall /
Seine schäfflein dannen führet /
      Triumphirend überall.

Damon.

Ich dan ohne leyd / vnd klagen /
      Blaß die pfeifflein honig süß!
Vnd gewend zum Sonnen-wagen /
      Sie mit krausem lüfftlein grüß:
Ey zu vielmahl tausent mahlen /
      Sey mir wilkom / liebe Sonn:
Heut ergreiff die längste stralen /
      Nit zu schnell dich mach daruon.

Halton.

Ich / mit einer holen rinde
      Mich zu JEsu wende schnell /
Füll mit eben süssem winde /
      Dieses pfeifflein eben hell /
O wie wilkom bist erstanden /
      JEsu / zu gewünschter zeit!
Du die schnöde todtes banden /
      Hast verwendt in herrligkeit.

Damon.

O du meine gülden geigen /
      Mehr vnd mehr heb auff den klang:
Mir nun waldt / vnd vögel schweigen /
      Bächlein zucken jhren gang.
Sage lob der schönen Sonnen /
      Sage danck dem runden-schein.
Braune stunden seind entronnen /
      Eia lasset frölich sein.

Halton.

O du meine Leyr im gleichen /
      Auch du deinen thon erheb:
Thut man dan die seyten streichen /
      Du nach selben Ehren streb.
Preise den / der heut erstanden /
      Warlich wahren Gottes sohn:
Preiset jhn in allen landen /
      Ihm gebühret Ehr vnd Cron.

Beschluß.

Also thäten lieblich singen
      Hoch benante jüngling beyd:
Auch noch immer weiter giengen /
      Da zerrann die schnelle zeit.
Ich dan heimwärts muste kehren;
      Sang es wider mit vernunfft.
Schrieb / vnd hielt es auff zun ehren
      Der geliebten hirten-zunfft.

 

II.

Nun wol aufs jhr andre hirten /
      Brecht vnd schnüret kräuter ein /
Lorbern / Balsam / Palm / vnd Myrten /
      Maioran / vnd Rosmarein:
Vnd weil beyde gleich gerungen /
      Flechtet beyden gleiche Cräntz:
Vnd weil beyde gleich gesungen
      Führet beyd an gleiche täntz.

 

50    Andere Ecloga darin der
Hirt Damon, die schöne Osterliche Sommerzeit,
vnd die vrstend Christi, gar
Poétisch bereymet.

Eingang.

Nach den schönen Oster tagen /
      Hirten zween in aller früh
Kamen auff die weyden schlagen
      Ihre schäfflein / jhre küh:
Damon / Halton / war jhr name /
      Frisch / vnd grün von jahren beyd;
Damon seine fidel nahme /
      Striech mit wunder-liebligkeit.

Der Hirt Damon spielet allein.

Schaw die schöne Sonn sich strolet /
      Krauset jhre gülden haar;
Sie die kräfften gantz erholet /
      Schmidet gar ein schönes jahr:
Sie die zeiten thut bereiten /
      Nur von Perlen / vnd Crystall;
Sie da lauffet / nie verschnauffet
      Webet / schwebet / vberall.

 

II.

Sich die schöne vöglein rüsten /
      Schärpffen jhre schnäbelein /
Sie sich lan der stim̅ gelüsten /
      Blasen jhre pfeiffelein /
Sie sich hoch in wolcken heben /
      Spreiten jhre flügel franck /
Sie den reinen lufft durch-weben /
      Sagen jhrem schöpffer danck.

 

III.

Wider wir die felder weissen
      Mit gebleichten herden zart /
Wir mit schaffen / wir mit geissen /
      Gehn zur grünen sommer-fahrt.
Ich / vnd Halton gleich von jahren /
      Auch zu morgens gleichen früh /
Treiben keine gleichen schaaren;
      Ich die schäfflein / er die küh.

 

IV.

Sich die felder wider zieren /
      Thun die grüne läden auff;
Tausend blümlein da stoltziren;
      O wie wol gemahlter hauff!
Schaff / vn̄ rinder nun verschnauffen /
      Auff den wiesen wolgerüst /
Da der schöne säugend-hauffen /
      Ründet seine flache brüst.

 

V.

Ich nun wider schaw vor augen
      Tausent weisser Lämmerlein:
Halton wider lasset saugen
      Tausent bunte kälberlein.
O wie wunder schöne zeiten!
      O wie wunder feistes jahr.
Sieben troppen laß ich leiten /
      Also groß ist meine schaar.

 

VI.

Wider schöne wasser-stralen /
      Wider kühle wasser-pfeil;
Sich versamblen in den thalen /
      Bieten jhre bäder feil /
Brünnlein von den bergen spielen /
      Starck mit rothem Ertz vergüldt /
So die Carwoch trawrig fielen /
      Starck mit zähren angefült.

 

VII.

Lieblich alle bäch / vnd bächlen /
      (Krum geführtes wasser-glaß.)
Auff den grünen wiesen lächlen /
      Vnd befeuchten laub / vnd graß.
Zierlich wider kombt gekrochen
      Manches rauschend wässerlein /
So mit steinlein vnderbrochen
      Sausend lobt den schöpffer sein.

 

VIII.

Schaw nun wider tann- vnd linden /
      Eich / vnd stoltzer Cederbaum /
Ihre weg in lüfften finden /
      Wachsen ohne schnur / vnd zaum;
Strecken jhre grüne sprossen /
      Breiten jhren grünen safft /
Zu den wolcken frewdig stossen /
      Suchen hohe nachbarschafft.

 

IX.

Wir die leyr auch wider schnüren /
      Vnd in holem hirten Thal
Hochgereckte seiten rühren /
      Spielen / reymen ohne zahl.
Wir auff harpff- vnd lauten tasten /
      Spielen jenem lieben Christ.
Der im grab nit wolte rasten /
      Der dem todt entfahren ist.

 

X.

Schawet / lieben hirten / schawet /
      Er der höllen pforten bricht.
Waß der bleiche todt gebawet /
      Er in eiffer macht zu nicht.
Schawet / lieben hirten / schawet /
      Zeitlich für der morgen-röth /
Er von waffen vnbenawet /
      Schröcket seine wächter blöd.

 

XI.

Er auß tieffem schlaff erwecket
      Lasset eine Ligerstatt /
Vnd mit armen außgestrecket /
      Richt in lüfften seinen pfad.
Flam̅ / noch fackel thut erklecken /
      Gegen seinen hellen schein;
Sich die sternen gleich bedecken /
      Zucken jhre stralen ein.

 

XII.

Er hinauff zur Sonnen schwebet /
      Machet selber seinen tag:
Sie der arbeit vberhebet /
      Folget seinem wagen nach.
Er die beste baanen reyset /
      Zeiget jhr den besten lauff /
Auch die längste strassen weiset /
      Sie dan lasset wider auff.

 

XIII.

Er erleuchtet auch die nachten /
      Heißt die sternen dan̄en gahn /
Lösets ab von jhren wachten /
      Setzet andre liechter an.
Seine groß- vnd kleine wunden /
      Er in himmel setzet ein;
Sie da werffen glantz hinunden /
      Leuchten mit gantz rothem schein.

 

XIV.

Vnder dessen er die seinen
      Auch besuchet offtermahl /
Laßt in jhren hertzen scheinen
      Manchen süssen frewden stral.
Sie mit jubel vberladen /
      Wegen seiner widerkehr /
Nur in lauter lüsten baden /
      Ihm der vrstend dancken sehr.

 

XV.

JEsu / dir nun deine kinder /
      Dir die wachtsamb hirten-zunfft /
Dir die schäfflein / dir die Rinder /
      Dancken deiner widerkunfft.
Dir die böcklein / dir die geissen /
      Dir die zarte Lämmerlein /
Hinn vnd wider vngeheissen
      Hupffen / springen in gemein.

 

XVI.

Schaw die schäfflein jhre wollen
      Dir zum wilkom bieten dar /
Vnd mit brüsten auffgequollen /
      Dancken dir der weissen waar.
Sie nun deiner mit verlangen
      Warten auff gemahlter weid /
Vnd mit lüsten sehr befangen /
      Wären gern von dir geleit.

 

XVII.

Sie zu deiner stim̅ gewöhnet /
      Kennen deinen hirten-steck:
Keine wölff so starck bezähnet /
      Dir sie werden reissen wegk.
Schöner JEsu / kom zur weiden /
      Führ die zarte Lämmerlein;
Hirt der hirten / komb zur heiden /
      Führ auch jhre mütterlein.

 

51    Am heiligen Fronleichnās
Fest, von dem Hochvvürdigen Sacra-Ment
deß Altars.

 

I.

Richt aufs du purpur morgen-stund
      Die stirn / bestecks mit rosen:
Vnß laßt von edler speisen rund /
      Zum früh-stück zeitlich kosen.
Die tauben-reine Tochter schön /
      Von Sion wol entsprossen /
Zugleich wird heben jhr gethön
      Mit vnß / gantz vnuerdrossen.

 

II.

Fast hoch wil heut gepriesen sein
      Ein tracht von gelben ähren /
Ein kern / vnd marck von weitzen rein /
      Ja wils noch bas erklären:
Ein brodt / nit brodt / gantz leben-reich /
      Da drinn ward lebend gessen /
Der vngleich bey den zwölffen gleich /
      Zum abendmahl gesessen.

 

III.

Der Herr zur letzten taffel saß /
      Er sechster selb / vnd sieben.
Manhu? Manhu? waß da? waß daß?
      Nim war / waß Er getrieben.
Er nahm daß brodt / nahm auch dē wein
      Vnd gabs den tisch-genossen /
Verwandlets in den Leichnam sein /
      Ins blut / für vns vergossen.

 

IV.

Das brodt / ich sprich / dē weitzen-schnee
      Nahm erstlich Er zun händen /
Ers jhnen reicht / vnd thät es geh
      Zum waren fleisch verwenden:
Hernach den wein / den rothen safft /
      Reicht jhnen gleicher massen /
Durch nur im wort verfasste krafft /
      In wares blut zerlassen.

 

V.

O lieb / du viel zu starck / vnd groß!
      Hast frey mit Gott gerungen /
Hast jhm durch süssen hertzen-stoß
      Groß wunder abgetrungen.
Das Ewig wort / mit kurtzem wort /
      Brodt / wein in sich verwandlet /
Vnd tranck- vnd eßbar beyder sort /
      Sich selbsten hebt / vnd handlet.

 

VI.

Dan weiters auch / waß Er volbracht /
      Nach jhm wolts hinderlassen:
Er gab den zwölffen selbe macht /
      So mit zur taffel sassen.
Vor jhm hernach han wirs ererbt /
      So durch den Priester segen /
Mit gleichen worten vngeferbt /
      Vnß gleicher that verwegen.

 

VII.

In Christi Leib / wir wein / vnd brodt /
      Gantz wesentlich verkehren:
Betrachten seine pein / vnd todt /
      Wol offt mit warmen zähren.
Zum opffer groß wirs tragen auff /
      Biß wo sich kehrt / vnd wendet
Die gülden post in stätem lauff
      So liecht / vnd stralen spendet.

 

VIII.

Wo früh die Sonn gleich rühret an /
      Die morgen-roß mit sporen /
Vnd wo zu nacht von weisser baan /
      Sie reit zum schwartzen Mohren /
Dem höchsten man / zu lob / vnd preiß /
      Daß opffer groß erweiset /
Vnd wird der Leichnā schwanen-weiß /
In gantzer welt gespeiset.

 

IX.

Substantz / vnd wesen brod- vnd weins
      Zum Leib sich vberleiben:
Doch brod vn̄ wein / von aussen scheints
      Die zufäll je noch bleiben.
Geruch / geschmack / farb / vnd gestalt /
      Sich frisch noch lassen finden /
Alß wie vom wesen abgespalt /
      Nur blosse schal- vnd rinden.

 

X.

Gestalten beyde nackt / vnd bloß
      Wie wein / vnd brodt geründet /
Seind wein- vnd brodt- vnd boden-loß /
      Vnd stehn ohn grund gegründet.
Ja drunder noch versteckt / vermum̅t /
      Gott selb sich helt verschoben:
Für wunder Erd / vnd meer erstum̅t /
      Vnd lufft / vnd himmel droben!

 

XI.

Was vor es war / ist nun nit hie /
      Die ding seind vnderscheiden /
Wie vor dochs war / so bleibets je /
      Der schein ist gleich an beyden.
So schmeckt man da / waß nit mehr da /
      Waß lang verzehrt vom segen:
Nit schmeckt man da / waß warlich da /
      Von fleisch / vnd blut zugegen.

 

XII.

Den Leib man leiblich niessen thut /
      Nur nichts in Leibs gestalten:
Vnd blütig nimbt man wahres blut /
      Kein sinn für blut kans halten.
Es alles ist verduncklet gar;
      Vnd wie die kirch vnß rühmet /
Mit frembder form / vnd schein fürwar
      Gantz obenhin verblümet.

 

XIII.

Wer nun in bluts-gestalt verdeckt /
      Gott-mensch / wer da verborgen /
Er auch in weins gestalten steckt;
      Leg ab die wanckel sorgen:
Du mehr nit auch in beyden gleich /
      Alß nur in eim kanst niessen;
Die stücklein seind auch eben reich /
      Vnd eben weit erspriessen.

 

XIV.

Wan schon in zarte brosamlein
      Der brodt-schein wird zergrümmlet;
Von Christi Leib doch sag ich nein:
      Er drumb nit wird gestüm̅let.
Im gantz- vnd halben eben gantz /
      Ist gantz / in groß- vnd kleinem:
Vnd leuchtet dieser Sonnen-glantz /
      Nit vielen mehr alß einem.

 

XV.

Der lebend Leichnam vnzertren̄t /
      Zugleich im himmel droben /
Zugleich ist aller ort vnd end /
      Wo jenes brodt erhoben.
In vielmahl tausent kirchen dan /
      Aufs mehr / vnd mehr altären /
An so viel ort / vnd stellen man
      Von Cristi Leib mag zehren.

 

XVI.

Zu gleicher zeit / zu gleicher frist /
      In tausent viel oblaten /
Auff einmahl einer vielmahl ißt;
      O wol der wunder thaten!
Der Glaub allein es freilich sicht /
      Der sinn gibt gar verlohren;
Noch händ / noch auge greiffens nicht /
      Verstand mags nie durchbohren.

 

XVII.

Vnd zwar / wers niesset vnbereit /
      Ich sags mit wahren Worten /
Vom frech- vnd hochmuth wird verleit
      Zum Todt vnd schwartzen pforten.
Hingegen wer sich prüffet vor /
      Vnd dan der speiß geniesset /
Man jhm die schöne thür vnd thor
      Zum leben weit erschliesset.

 

XVIII.

Ey da dan laßt vns dieß gericht
      In demut hoch verehren /
Vnd nider halß / vnd angesicht
      Zur erden tieff beschweren:
Vns laßt das Heilthumb vnd Monstrantz
      (Weil Ketzer es verhönen)
Mit manchem schönen blumen-crantz
      Nach alter andacht crönen.

 

XIX.

Vns laßt mit zartem rosmarein
      Die rosen roth vermählen /
Die Lilgen auch mit schnüren ein /
      Der Näglein auch nit fehlen.
Vns laßt die straß- vnd gassen all
      Erfrischen allerwegen /
Mit lind-gestrewtem bletter-fall /
      Mit trucknem blumen-segen.

 

XX.

Laßt Harpff- vnd Lauten hochgestimbt
Mit süssem schlag durchstreiffen:
Mans nim̅er doch / was Gott gezimbt /
      Mit noten wird ergreiffen.
Gèlobet sey das Manna zart /
      Von oben abgeriesen /
Sey GOTt / von dem es geben ward /
      In ewigkeit gepriesen.

 

52    Die Gesponß JESV ervveckt
die vögelein zum Lob Gottes.

 

I.

Wacht auff jhr schöne vögelein /
      Ihr Nachtigalen kleine /
Die jhr auff grünen zweigelein /
      Noch eh die Sonn recht scheine /
Stimmt an die lautbar schnäbelein /
      Gedräht von helffenbeine.

 

II.

Her / her / gefedert Schwesterlein /
      Euch samblet zur gemeine /
Blaßt an die beinen psälterlein /
      Ihr sämbtlich keusch vnd reine.
Lobt GOTt / lobt GOTt / jhr vögelein /
      Jhr / Jhr / vnd all die seine.

 

III.

Lobt GOTt / jhr süsse schwetzerlein /
      Jhr Nachtigalen kleine /
Jhr lufft- vnd wolcken-Sängerlein /
      Für jhn bestelt alleine /
Mit euch zun besten liedelein
      Ich harpff vnd Laut vereine.

 

IV.

Ich euch zu lieb / jhr pfeifferlein /
      An holer Eichen leine /
Vnd euch die wilde färbelein
      Mit worten klar bescheine;
Laßt gahn die klinglend stimmelein /
      Zum tieffen wald hineine.

 

V.

Da seind viel klarer brünnelein /
      Gefaßt in marmersteine /
Dort netzet vor die züngelein /
      Nach ordnung ein / vnd eine;
Da spület hälß- vnd gürgelein /
      Drauff besser singt jhr kleine.

 

VI.

Den Tact gebt mit den flügelein /
      So schickt sichs recht / jhr feine;
Auch frewdig schwingt die federlein /
      Wegt ärmelein vnd beine /
Erstreckt zum klang das hälselein /
      Ein jedes thu das seine.

 

VII.

Habt jhr kein sonders Liedelein /
      So lernet nur das meine /
Ist gnug mit einem seufftzerlein /
      Man darff der ander keine.
Singt nur allein: Gelobt sey GOTT /
      GOTT Sabaoth alleine.

 

VIII.

Zu tausentmal gelobt sey GOTT /
      GOTT Sabaoth alleine:
Zu tausent-tausent-tausent-mal /
      GOTT Sabaoth alleine /
Vnd dan noch tausent-tausent-mal
      GOTT Sabaoth alleine.

 

IX.

Singt nur diß eintzig liedelein /
      Das stücklein das ich meine:
Singt / singt / vnd klingt / jhr vögelein;
      Dan ich für frewden weine:
Bin wund von süssem Liedelein /
      Was hilfft daß ichs verneine?

 

X.

Fliegt hinn durch alle wäldelein /
      Bleibt tag vnd nacht beyn eine /
Singt jmmer nur diß liedelein /
      Bey Sonn- vnd Mone-scheine /
Gelobt sey Gott / Gott Sabaoth /
      Gott Sabaoth alleine.

 

XI.

Sonn / Mon / vnd lützel Sternelein /
      Wie gäntzlich ich vermeine /
Mit sampt der Erden pfläntzelein
      Laub / graß / busch / heck / vnd zäune /
Thun werden ein schöns täntzelein /
      Daß höll vnd Teuffel greine.

 

XII.

Frewd bringen wirds den Engelein /
      Den bösen bringt es peine;
Drumb singt jhr schöne vögelein /
      Ihr Nachtigalen kleine /
Also will Gott gelobet sein /
      Gott Sabaoth alleine.

 

XIII.

Gelobt sey Gott / Gott Sabaoth
      Singt tausentmal alleine /
Gelobt sey Gott / Gott Sabaoth /
      Noch tausentmal alleine;
Vnd dan noch tausent / tausentmal /
      Gott Sabaoth alleine.

 


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