Karl Simrock
Das Nibelungenlied
Karl Simrock

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Sechzehntes Abenteuer

Wie Siegfried erschlagen ward

Gunther und Hagen · die Recken wohlgetan,
Gelobten mit Untreuen · ein Birschen in den Tann.
Mit ihren scharfen Spießen · wollten sie jagen Schwein'
Und Bären und Wisende · was mochte Kühneres sein?

Da ritt auch mit ihnen · Siegfried mit stolzem Sinn.
Man bracht' ihnen Speise · aller Art dahin.
An einem kühlen Brunnen · ließ er da das Leben:
Den Rat hatte Brunhild · König Gunthers Weib, gegeben.

Da ging der kühne Degen · hin, wo er Kriemhild fand.
Schon war aufgeladen · das edle Birschgewand
Ihm und den Gefährten · sie wollten über Rhein.
Da konnte Kriemhilden · leider nicht zumute sein.

Seine liebe Traute · küßt' er auf den Mund:
»Gott lasse mich dich, Liebe · noch wiedersehn gesund
Und deine Augen mich auch · mit holden Freunden dein
Kürze dir die Stunden · ich kann nun nicht bei dir sein.«

Da gedachte sie der Märe · sie durft' es ihm nicht sagen,
Nach der sie Hagen fragte · da begann zu klagen
Die edle Königstochter · daß sie je das Leben sah:
Ohne Maßen weinte · des Herren Siegfried Fraue da.

Sie sprach zu dem Recken · »Laßt euer Jagen sein:
Mir träumte heunt von Leide · wie euch zwei wilde Schwein'
Über die Heide jagten · da wurden Blumen rot.
Daß ich so bitter weine · das tut in Wahrheit mir not.

»Wohl muß ich fürchten · etlicher Verrat,
Wenn man den und jenen · vielleicht beleidigt hat,
Die uns verfolgen könnten · mit feindlichem Haß.
Bleibt hier, lieber Herre · mit Treuen rat' ich euch das.«

Er sprach: »Liebe Traute · ich kehr' in kurzer Zeit;
Ich weiß nicht, daß hier jemand · mir Haß trüg' oder Neid.
Alle deine Freunde · sind insgemein mir hold;
Auch verdient' ich von den Degen · wohl nicht anderlei Sold.«

»Ach nein, lieber Siegfried · wohl fürcht' ich deinen Fall.
Mir träumte heunt von Leide · wie über dir zutal
Fielen zwei Berge · daß ich dich nie mehr sah:
Und willst du von mir scheiden · das geht mir inniglich nah.«

Er umfing mit Armen · das zuchtreiche Weib,
Mit holden Küssen herzt' er · ihr den schönen Leib.
Da nahm er Urlaub · und schied in kurzer Stund':
Sie ersah ihn leider · darnach nicht wieder gesund.

Da ritten sie von dannen · in einen tiefen Tann
Der Kurzweile willen · manch kühner Rittersmann
Folgte Guntheren · und seinem Hofgesind.
Daheim waren verblieben · Gernot und Geiselher das Kind.

Manch Saumroß zog beladen · vor ihnen überrhein,
Das den Jagdgesellen · das Brot trug und den Wein,
Das Fleisch mit den Fischen · und Vorrat aller Art,
Wie sie ein reicher König · wohl haben mag auf der Fahrt.

Da ließ man herbergen · bei dem Walde grün
Vor des Wildes Wechsel · die stolzen Jäger kühn,
Wo sie da jagen wollten · auf breitem Angergrund.
Auch Siegfried war gekommen · das ward dem Könige kund.

Von den Jagdgesellen · ward umhergestellt
Die Wart an allen Enden · da sprach der kühne Held,
Siegfried der starke · »Wer soll uns in den Wald
Nach dem Wilde weisen · ihr Degen kühn und wohlgestalt?«

»Wollen wir uns scheiden« · hub da Hagen an,
»Eh' wir beginnen · zu jagen hier im Tann:
So mögen wir erkennen · ich und der Herre mein,
Wer die besten Jäger · bei dieser Waldreise sei'n.

»Leute so wie Hunde · wir teilen uns darein:
Dann fährt, wohin ihn lüstet · jeglicher allein,
Und wer das Beste jagte · dem sagen wir den Dank.«
Da weilten die Jäger · beieinander nicht mehr lang.

Da sprach der edle Siegfried · »Der Hunde hab' ich Rat
Bis auf einen Bracken · der so genossen hat,
Daß er die Fährte spüre · der Tiere durch den Tann.
Wir kommen wohl zum Jagen!« · sprach der Kriemhilde Mann.

Da nahm ein alter Jäger · einen Spürhund hinter sich,
Und brachte den Herren · eh' lange Zeit verstrich,
Wo sie viel Wildes fanden · was des erstöbert ward,
Das erjagten die Gesellen · wie heut noch guter Jäger Art.

Was da der Brack' ersprengte · das schlug mit seiner Hand
Siegfried der kühne · der Held von Niederland.
Sein Roß lief so geschwinde · daß ihm nicht viel entrann:
Das Lob er bei dem Jagen · vor ihnen allen gewann.

Er war in allen Dingen · mannhaft genug.
Das erste der Tiere · die er zu Tode schlug,
War ein starker Büffel · den traf des Helden Hand:
Nicht lang darauf der Degen · einen ungefügen Leuen fand.

Als den der Hund ersprengte · schoß er ihn mit dem Bogen
Und dem scharfen Pfeile · den er darauf gezogen;
Der Leu lief nach dem Schusse · nur dreier Sprünge lang.
Seine Jagdgesellen · die sagten Siegfrieden Dank.

Einen Wisend schlug er wieder · darnach und einen Elk,
Vier starker Auer nieder · und einen grimmen Schelk.
So schnell trug ihn die Mähre · daß ihm nichts entsprang:
Hinden und Hirsche · wurden viele sein Fang.

Einen großen Eber · trieb der Spürhund auf.
Als der flüchtig wurde · da kam in schnellem Lauf
Alles Jagens Meister · und nahm zum Ziel ihn gleich.
Anlief das Schwein im Zorne · diesen Helden tugendreich.

Das schlug es mit dem Schwerte · der Krimhilde Mann:
Das hätt' ein andrer Jäger · nicht so leicht getan.
Als er nun gefällt lag · fing man den Spürhund.
Seine reiche Beute wurde · den Burgunden allen kund.

Da sprachen seine Jäger · »Kann es füglich sein,
So laßt uns, Herr Siegfried · des Wilds ein Teil gedeihn:
Ihr wollt uns heute leeren · den Berg und auch den Tann.«
Darob begann zu lächeln · der Degen kühn und wohlgetan.

Da vernahm man allenthalben · Lärmen und Getos.
Von Leuten und von Hunden · ward der Schall so groß,
Man hörte widerhallen · den Berg und auch den Tann.
Vierundzwanzig Meuten · hatten die Jäger losgetan.

Da wurde viel des Wildes · vom grimmen Tod ereilt.
Sie wähnten es zu fügen · daß ihnen zugeteilt
Der Preis des Jagens würde · das konnte nicht geschehn,
Als bei der Feuerstätte · der starke Siegfried ward gesehn.

Die Jagd war zu Ende · doch nicht so ganz und gar.
Zu der Feuerstelle · brachte der Jäger Schar
Häute mancher Tiere · und des Wilds genug.
Hei! was man des zur Küche · für des Königs Ingesinde trug!

Da ließ der König künden · den Jägern wohlgeborn,
Daß er zum Imbiß wolle · da wurde laut ins Horn
Einmal gestoßen · so machten sie bekannt,
Daß man den edeln Fürsten · nun bei den Herbergen fand.

Da sprach ein Jäger Siegfrieds · »Mit eines Hornes Schall
Ward uns kund gegeben · Herr, daß wir nun all
Zur Herberge sollen · erwid're ich's, das behagt.«
Da ward nach den Gesellen · mit Blasen lange gefragt.

Da sprach der edle Siegfried · »Nun räumen wir den Wald.«
Sein Roß trug ihn eben · die andern folgten bald.
Sie ersprengten mit dem Schalle · ein Waldtier fürchterlich,
Einen wilden Bären · da sprach der Degen hinter sich:

»Ich schaff' uns Jagdgesellen · eine Kurzweil.
Da seh' ich einen Bären · den Bracken löst vom Seil,
Zu den Herbergen · soll mit uns der Bär:
Er kann uns nicht entrinnen · und flöh' er auch noch so sehr.«

Da lösten sie den Bracken · der Bär sprang hindann.
Da wollt' ihn erreiten · der Kriemhilde Mann.
Er kam in eine Bergschlucht · da konnt' er ihm nicht bei:
Das starke Tier wähnte · von den Jägern schon sich frei.

Da sprang von seinem Rosse · der stolze Ritter gut
Und begann ihm nachzulaufen · Das Tier war ohne Hut,
Es konnt' ihm nicht entrinnen · er fing es allzuhand;
Ohn' es zu verwunden · der Degen eilig es band.

Kratzen oder beißen · konnt' es nicht den Mann.
Er band es an den Sattel · auf saß der Schnelle dann
Und bracht es an die Feuerstatt · in seinem hohen Mut
Zu einer Kurzweile · dieser Degen kühn und gut.

Er ritt zur Herberge · in welcher Herrlichkeit!
Sein Speer war gewaltig · stark dazu und breit;
Eine schmucke Waffe hing ihm · herab bis auf den Sporn;
Von rotem Golde führte · der Held ein herrliches Horn.

Von besserm Birschgewande · hört' ich niemals sagen.
Einen Rock von schwarzem Zeuge · sah man ihn tragen
Und einen Hut von Zobel · der reich war genug.
Hei! was edler Borten · an seinem Köcher er trug!

Ein Vlies von einem Panther · war darauf gezogen
Des Wohlgeruches wegen · Auch trug er einen Bogen,
Den mit einer Winde · mußte ziehen an,
Wer ihn spannen wollte · er hätt' es selbst denn getan.

Von fremden Tierhäuten · war all sein Gewand,
Das man von Kopf zu Füßen · bunt überhangen fand.
Aus dem lichten Rauchwerk · zu beiden Seiten hold
An dem kühnen Jägermeister · schien mancher Flitter von Gold.

Auch führt' er Balmungen · das breite schmucke Schwert:
Das war solcher Schärfe · nichts blieb unversehrt,
Wenn man es schlug auf Helme · seine Schneiden waren gut.
Der herrliche Jäger · trug gar hoch seinen Mut.

Wenn ich euch der Märe · ganz bescheiden soll,
So war sein edler Köcher · guter Pfeile voll,
Mit goldenen Röhren · die Eisen händebreit.
Was er traf mit Schießen · dem war das Ende nicht weit.

Da ritt der edle Ritter · stattlich aus dem Tann.
Gunthers Leute sahen · wie er ritt heran.
Sie liefen ihm entgegen · und hielten ihm das Roß:
Da trug er an dem Sattel · einen Bären stark und groß.

Als er vom Roß gestiegen · löst' er ihm das Band
Vom Mund und von den Füßen · die Hunde gleich zur Hand
Begannen laut zu heulen · als sie den Bären sahn.
Das Tier zu Walde wollte · das erschreckte manchen Mann.

Der Bär durch die Küche · von dem Lärm geriet:
Hei! was er Küchenknechte · da vom Feuer schied!
Gestürzt ward mancher Kessel · verschleudert mancher Brand;
Hei! was man guter Speisen · in der Asche liegen fand!

Da sprang von den Sitzen · Herr und Knecht zumal.
Der Bär begann zu zürnen · der König gleich befahl
Der Hunde Schar zu lösen · die an den Seilen lag;
Und wär' es wohl geendet · sie hätten fröhlichen Tag.

Mit Bogen und mit Spießen · man säumte sich nicht mehr,
Liefen hin die Schnellen · wo da ging der Bär;
Doch wollte niemand schießen · von Hunden war's zu voll.
So laut war das Getöse · daß rings der Bergwald erscholl.

Der Bär begann zu fliehen · vor der Hunde Zahl;
Ihm konnte niemand folgen · als Kriemhilds Gemahl.
Er lief ihm mit dem Schwerte · zu Tod er ihn da schlug.
Wieder zu dem Feuer · das Gesind' den Bären trug.

Da sprachen, die es sahen · er wär' ein starker Mann.
Die stolzen Jagdgesellen · rief man zu Tisch heran.
Auf schönem Anger saßen · der Helden da genug.
Hei! was man reicher Speise · vor die edeln Jäger trug!

Die Schenken waren säumig · sie brachten nicht den Wein;
So gut bewirtet mochten · sonst Helden nimmer sein.
Wären manche drunter · nicht so falsch dabei,
So wären wohl die Degen · aller Schaden los und frei.

Da sprach der edle Siegfried · »Mich verwundert sehr,
Man trägt uns aus der Küche · doch so viel daher,
Was bringen uns die Schenken · nicht dazu den Wein?
Pflegt man so der Jäger · will ich nicht Jagdgeselle sein.

»Ich möcht' es doch verdienen · bedächte man mich gut.«
Von seinem Tisch der König · sprach mit falschem Mut:
»Wir büßen euch ein andermal · was heut' uns muß entgehn;
Die Schuld liegt an Hagen · der will uns verdursten sehn.«

Da sprach von Tronje Hagen · »Lieber Herre mein,
Ich wähnte, das Birschen · sollte heute sein
Fern im Spechtsharte · den Wein hin sandt' ich dort.
Heute gibt es nichts zu trinken · doch vermeid' ich es hinfort.«

Da sprach der edle Siegfried · »Dem weiß ich wenig Dank:
Man sollte sieben Lasten · mit Meth und Lautertrank
Mir hergesendet haben · konnte das nicht sein,
So sollte man uns näher · gesiedelt haben dem Rhein.«

Da sprach von Tronje Hagen · »Ihr edeln Ritter schnell,
Ich weiß hier in der Nähe · einen kühlen Quell:
Daß ihr mir nicht zürnet · da rat' ich hinzugehn.«
Der Rat war manchem Degen · zu großem Leide geschehn.

Siegfried den Recken · zwang des Durstes Not;
Den Tisch hinwegzurücken · der Held alsbald gebot:
Er wollte vor die Berge · zu dem Brunnen gehn.
Da war der Rat aus Arglist · von den Recken geschehn.

Man hieß das Wild auf Wagen · führen in das Land,
Das da verhauen hatte · Siegfriedens Hand.
Wer es auch sehen mochte · sprach großen Ruhm ihm nach.
Hagen seine Treue · sehr an Siegfrieden brach.

Als sie von dannen wollten · zu der Linde breit,
Da sprach von Tronje Hagen · »Ich hörte jederzeit,
Es könne niemand folgen · Kriemhilds Gemahl,
Wenn er rennen wolle · hei! schauten wir das einmal!«

Da sprach von Niederlanden · der Degen kühn und gut:
»Das mögt ihr wohl versuchen · wenn ihr mit mir tut
Einen Wettlauf nach dem Brunnen · Ist dies dann geschehn,
Dem soll man's zuerkennen · den wir als den Sieger sehn.«

»Wohl, laßt's auch uns versuchen« · sprach Hagen der Degen.
Da sprach der starke Siegfried · »So will ich mich legen
Hier vor eure Füße · nieder in das Gras.«
Als er das erhörte · wie lieb war König Gunthern das!

Da sprach der kühne Degen · »Noch mehr will ich euch sagen:
Gewand und Gewaffen · will ich bei mir tragen,
Den Wurfspieß samt dem Schilde · und all mein Birschgewand.«
Das Schwert und den Köcher · um die Glieder schnell er band.

Die Kleider vom Leibe · zogen die andern da:
In zwei weißen Hemden · man beide stehen sah.
Wie zwei wilde Panther · liefen sie durch den Klee;
Man sah bei dem Brunnen · den schnellen Siegfried doch eh.

Den Preis in allen Dingen · vor manchem man ihm gab.
Da löst' er schnell die Waffe · den Köcher legt' er ab,
Den starken Spieß lehnt' er · an den Lindenast.
Bei des Brunnens Flusse · stand der herrliche Gast.

Die höf'sche Zucht erwies da · Siegfried daran:
Den Schild legt' er nieder · wo der Brunnen rann;
Wie sehr ihn auch dürstete · der Held nicht eher trank,
Bis der König getrunken · dafür gewann er übeln Dank.

Der Brunnen war lauter · kühl und auch gut;
Da neigte sich Gunther · hernieder zu der Flut.
Als er getrunken hatte · erhob er sich hindann;
Also hätt' auch gerne · der kühne Siegfried getan.

Da entgalt er seiner höf'schen Zucht · den Bogen und das Schwert
Trug beiseite Hagen · von dem Degen wert.
Dann sprang er zurücke · wo er den Wurfspieß fand,
Und sah nach einem Zeichen · an des Kühnen Gewand.

Als der edle Siegfried · aus dem Brunnen trank,
Er schoß ihn durch das Kreuze · daß aus der Wunde sprang
Das Blut von seinem Herzen · an Hagens Gewand.
Kein Held begeht wohl wieder · solche Untat nach der Hand.

Den Gerschaft im Herzen · ließ er ihm stecken tief.
Wie im Fliehen Hagen · da so grimmig lief,
So lief er wohl auf Erden · nie vor einem Mann!
Als da Siegfried Kunde · der schweren Wunde gewann,

Der Degen mit Toben · von dem Brunnen sprang;
Ihm ragte von dem Herzen · eine Gerstange lang.
Nun wähnt' er da zu finden · Bogen oder Schwert,
Gewiß, so hätt' er Hagen · den verdienten Lohn gewährt.

Als der Todwunde · da sein Schwert nicht fand,
Da blieb ihm nichts weiter · als der Schildesrand.
Den rafft' er von dem Brunnen · und rannte Hagen an:
Da konnt' ihm nicht entrinnen · König Gunthers Untertan.

Wie wund er war zum Tode · so kräftig doch er schlug,
Daß von dem Schilde nieder · wirbelte genug
Des edeln Gesteines · der Schild zerbrach auch fast:
So gern gerochen hätte · sich der herrliche Gast.

Da mußte Hagen fallen · von seiner Hand zutal;
Der Anger von den Schlägen · erscholl im Widerhall.
Hätt' er sein Schwert in Händen · so wär' es Hagens Tod:
So sehr zürnte der Wunde · dazu trieb wahrlich ihn die Not.

Seine Farbe war erblichen · er konnte nicht mehr stehn.
Seines Leibes Stärke · mußte ganz zergehn,
Da er des Todes Zeichen · in lichter Farbe trug.
Er ward hernach betrauert · von schönen Frauen genug.

Da fiel in die Blumen · der Kriemhilde Mann.
Das Blut von seiner Wunde · stromweis niederrann.
Da begann er die zu schelten · ihn zwang die große Not,
Die da geraten hatten · mit Untreue seinen Tod.

Da sprach der Todwunde · »Weh, ihr bösen Zagen,
Was helfen meine Dienste · da ihr mich habt erschlagen?
Ich war euch stets gewogen · und sterbe nun daran.
Ihr habt an euern Freunden · leider übel getan.

»Die sind davon bescholten · so viele noch geborn
Werden nach diesem Tage · ihr habt euern Zorn
Allzusehr gerochen · an dem Leben mein.
Mit Schanden geschieden · sollt ihr von guten Recken sein.«

Hinliefen all die Ritter · wo er erschlagen lag.
Es war ihrer vielen · ein freudeloser Tag.
Wer Treue kannt' und Ehre · der hat ihn beklagt:
Das verdient' auch wohl um alle · dieser Degen unverzagt.

Der König der Burgunden · klagt' auch seinen Tod.
Da sprach der Todwunde · »Das tut nimmer not,
Daß der um Schaden weine · von dem man ihn gewann:
Er verdient groß Schelten · er hätt' es besser nicht getan.«

Da sprach der grimme Hagen · »Ich weiß nicht, was euch reut:
Nun hat doch gar ein Ende · was uns je gedräut.
Es gibt nun nicht manchen · der uns darf bestehn;
Wohl mir, daß seiner Herrschaft · durch mich ein End' ist geschehn.«

»Ihr mögt euch leichtlich rühmen« · sprach der von Niederland.
»Hätt' ich die mörderische · Weis' an euch erkannt,
Vor euch behütet hätt' ich · Leben wohl und Leib,
Mich dauert nichts auf Erden · als Frau Kriemhild mein Weib.

»Nun mög' es Gott erbarmen · daß ich gewann den Sohn,
Der jetzt auf alle Zeiten · den Vorwurf hat davon,
Daß seine Freunde jemand · meuchlerisch erschlagen!
Hätt' ich Zeit und Weile · das müßt' ich billig beklagen.«

Da sprach im Jammer weiter · der todwunde Held:
»Wollt ihr, edler König · noch auf dieser Welt
An jemand Treue pflegen · so laßt befohlen sein
Doch auf eure Gnade · euch die liebe Traute mein.

»Es komm' ihr zugute · daß sie eure Schwester ist:
Bei aller Fürsten Tugend · helft ihr zu jeder Frist.
Mein mögen lange harren · mein Vater und mein Lehn:
Nie ist an liebem Freunde · einem Weibe so leid geschehn.

Die Blumen allenthalben · waren vom Blute naß.
Da rang er mit dem Tode · nicht lange tat er das,
Denn des Todes Waffe · schnitt ihn allzusehr.
Da konnte nicht mehr reden · dieser Degen kühn und hehr.

Als die Herren sahen · den edlen Helden tot,
Sie legten ihn auf einen Schild · der war von Golde rot.
Da gingen sie zu Rate · wie sie es stellten an,
Daß es verhohlen bliebe · Hagen hab' es getan.

Da sprachen ihrer viele · »Ein Unfall ist geschehn;
Ihr sollt es alle hehlen · und einer Rede stehn:
Als er allein ritt jagen · der Kriemhilde Mann,
Erschlugen ihn Schächer · als er fuhr durch den Tann.«

Da sprach von Tronje Hagen · »Ich bring' ihn in das Land.
Mich soll es nicht kümmern · wird es ihr auch bekannt,
Die so betrüben konnte · der Königin hohen Mut;
Ich werde wenig fragen · wie sie nun weinet und tut.«


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