William Shakespeare
Viel Lärmen um Nichts
William Shakespeare

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Vierter Aufzug

Erste Szene

In der Kirche: Don Pedro, Don Juan, Leonato, Mönch, Claudio, Benedikt, Hero und Beatrice

Leo. Wohlan, Pater Franziskus, machts kurz . . . nichts als was zur eigentlichen Trauung gehört: Ihre besonderen Pflichten könnt ihr ihnen hernach vorhalten.

Mön. Ihr seid hier, gnädiger Herr, um euch diesem Fräulein zu vermählen?

Clau. Nein.

Leo. Um mit ihr vermählt zu werden, Pater . . . ihr seid hier, um sie zu vermählen.

Mön. Fräulein, seid ihr hier, um mit diesem Grafen vermählt zu werden?

Hero. Ja.

Mön. Wofern einer von euch ein innres Hindernis weiss weshalb ihr nicht verbunden werden dürfet, so beschwöre ich euch bei dem Heil eurer Seelen es zu entdecken.

Clau. Wisst ihr eines, Hero?

Hero. Keines, Herr.

Mön. Wisst ihr eines, Graf?

Leo. Ich getraue mich für ihn zu antworten: keines.

Clau. O was sich die Menschen nicht alles getrauen! Was sie alles tun! Was sie täglich tun, und wissen nicht was sie tun!

Ben. Nun? Interjektionen? Freilich! Einige werden gebraucht beim Lachen, als z. B. Ha, ha, ha!

Clau. Pater, mach Platz! Erlaubt ein Wort, mein Vater:
Gebt ihr aus freier Wahl mir, ohne Zwang,
Dies Mädchen, eure Tochter?

Leo. So frei, mein Sohn, als Gott sie mir gegeben.

Clau. Und was geb ich zurück euch, dessen Wert
So reichem, köstlichem Geschenk entspräche?

Ped. Nichts, wenn ihr nicht zurück sie selbst erstattet.

Clau. Ihr lehrt mich edle Dankbarkeit, mein Prinz.
Hier, Leonato, nehmt zurück sie wieder,
Gebt eurem Freunde nicht die faule Frucht,
Sie ist nur Schein und Zeichen ihrer Ehre . . .
Seht nur, wie mädchengleich sie jetzt errötet.
O wie vermag in Würd und Glanz der Tugend
Verworfne Sünde listig sich zu kleiden!
Zeugt nicht dies Blut als ein verschämter Anwalt
Von ihrer schlichten Tugend? Schwürt ihr nicht,
Ihr alle die sie seht, sie sei noch schuldlos,
Nach diesem äussern Schein? Doch ist sies nicht:
Sie kennt die Gluten heimlicher Umarmung,
Nur Schuld, nicht Sittsamkeit, ist dies Erröten.

Leo. Was meint ihr, Herr?

Clau.                                 Sie nicht zu nehmen mein ich.
Mein Herz an keine Buhlerin zu knüpfen.

Leo. Mein teurer Graf, wenn ihr durch eigne Probe
Das Widerstreben ihrer Jugend bracht
Und ihre Jungfraun-ehre überwandet –

Clau. Ich weiss schon was ihr meint! Erkannt ich sie,
Umarmte sie in mir nur ihren Gatten
Und milderte die vorbegangne Sünde:
Nein, Leonato!
Nie mit zu freiem Wort versucht ich sie . . .
Stets wie ein Bruder seiner Schwester zeigt ich
Verschämte Neigung und bescheidnes Werben.

Hero. Und hab ich jemals anders euch geschienen?

Clau. Fluch deinem Schein! Ich will dagegen schreiben.
Du schienst wie Diana mir in ihrer Sphäre,
Keusch wie die Knospe die noch nicht erblüht:
Doch du bist ungezähmt in deiner Lust,
Wie Venus oder jene üppigen Tiere
Die sich im wilden Sinnentaumel wälzen.

Hero. Ist meinem Herrn nicht wohl, dass er so spricht?

Leo. Ihr, teurer Fürst, sagt nichts?

Ped.                                               Was soll ich sagen?
Ich steh entehrt, weil ich die Hand geboten,
Den teuern Freund der Dirne zu verknüpfen.

Leo. Wird dies gesprochen, oder ists ein Traum?

Juan. Es wird gesprochen, Herr, und ist auch wahr.

Ben. Dies sieht nicht aus wie Hochzeit.

Hero.                                                       Wahr? O Gott!

Clau. Leonato, steh ich hier?
Ist dies der Prinz, ist dies des Prinzen Bruder?
Dies Heros Antlitz? Sind dies unsre Augen?

Leo. Das alles ist so . . . doch was soll es, Herr?

Clau. Erlaubt nur eine Frage an eure Tochter:
Beim Recht das euch Natur und Blut gegeben
Auf euer Kind, heisst sie die Wahrheit reden.

Leo. Tus, ich befehl es dir, wenn du mein Kind.

Hero. O Gott, beschütze mich! Wie man mich drängt!
Wie nennt ihr diese Weise des Verhörs?

Clau. Ihr sollt euch nennen mit dem wahren Namen.

Hero. Ist der nicht Hero? Wer schmäht diesen Namen
Mit irgend billigem Vorwurf?

Clau.                                             Das tut Hero,
Ja, Hero selbst kann Heros Tugend schmähn . . .
Wer ist der Mann den gestern nacht ihr spracht
Aus eurem Fenster zwischen zwölf und eins?
Wenn ihr ein Mädchen seid, antwortet mir.

Hero. Ich sprach mit keinem Mann zu dieser Stunde.

Ped. Nun, dann seid ihr kein Mädchen! . . . Leonato,
Mich schmerzt dass ihr dies hört, bei meiner Ehre!
Ich selbst, mein Bruder, der gekränkte Graf,
Sahn sie und hörten sie zu jener Stunde
An ihrem Fenster mit 'nem Wüstling reden,
Der, wie ein frecher Schuft, auch eingestand
Die tausend schändlichen Zusammenkünfte
So heimlich stattgehabt.

Juan.                                     Pfui! Pfui! man kann
Sie nicht benennen, Herr, noch drüber reden.
Die Sprach ist nicht so rein, um ohne Sünde
Davon zu sprechen . . . Drum, mein schönes Kind,
Beklag ich deinen schlechtberatnen Wandel.

Clau. O Hero! Welche Hero könntst du sein,
Wenn halb nur deine äussre Huld im Innern
Dein Tun und deines Herzens Rat bewachte!
So fahr denn wohl, höchst hässlich und höchst schön!
Du reine Sündlichkeit, sündhafte Reinheit!
Um deinethalb schliess ich der Liebe Tor
Und häng als Decke Argwohn vor mein Auge.
Sie wandle jede Schönheit mir in Unheil,
Dass nie ihr Bild im Glanz der Huld mir strahle.

Leo. Ist niemands Dolch für meine Brust geschliffen?

Hero fällt in Ohnmacht

Bea. Was ist dir, Muhme? warum sinkst du nieder?

Juan. Kommt, gehn wir. Diese Schmach ans Licht gebracht
Löscht ihre Lebensgeister.

Don Pedro, Don Juan und Claudio ab

Ben.                                           Wie gehts dem Fräulein?

Bea. Tot, fürcht ich . . . Oheim, helft!
Hero! ach Hero! Oheim! Pater! Signor Benedikt!

Leo. Zieh, Schicksal, nicht die schwere Hand zurück!
Tod ist die schönste Hülle solcher Schmach
Und einzig zu erflehn.

Bea.                                   Wie ist dir, Muhme?

Mön. Erholt euch, Fräulein!

Leo. Blickst du noch auf?

Mön.                                 Ja, warum soll sie nicht?

Leo. Warum? ha! ruft nicht jede Kreatur
Schmach über sie? Vermochte sie es wohl
Die in ihr Blut geprägte Schuld zu leugnen?
Du sollst nicht leben! Schliess dein Aug auf ewig!
Denn glaubt ich nicht dass du alsbald hier stürbest,
Dass deine Kraft die Schande überlebte,
Ich würde selbst als Schlusswort meiner Flüche
Dein Herz durchbohren . . . Klagt ich, du seist mein Einziges?
Zürnt ich deshalb der kargenden Natur?
O eins zu viel an dir! Weshalb das eine?
Weshalb warst du je lieblich meinem Auge,
Weshalb nicht nahm ich mit barmherziger Hand
Ein Bettlerkind mir auf vor meinem Tor?
Dem, war es so befleckt, mit Schmach besudelt,
Ich sagen könnt: kein Teil davon ist mein.
Im fremden Stamm hat diese Schande Wurzel.
Doch mein! meins, das ich liebte, das ich pries,
Mein Eigentum, mein Stolz: so sehr ja meins,
Dass ich mir selbst nicht mehr als mein erschien,
Mich an ihr messend: ha, sie! sie ist gefallen
In einen Pfuhl von Schwarz: die weite See
Hat Tropfen nicht genug, sie rein zu waschen,
Zu wenig Salz, vor Fäulnis zu bewahren
Dies bös verderbte Fleisch!

Ben.                                             Herr, seid geduldig!
Ich, wahrlich, bin von Staunen so betäubt,
Dass mir die Worte fehlen.

Bea. Bei meinem Leben, man belog die Muhme!

Ben. Fräulein, schlieft ihr zu Nacht in ihrem Zimmer?

Bea. Nein, diesmal nicht . . . doch bis zur letzten Nacht
Schlief ich das ganze Jahr in ihrer Kammer.

Leo. Bestätigt! Ha, bestätigt! Noch verstärkt
Was schon verschlossen war mit Eisenbanden!
Wie könnten beide Prinzen, Claudio, lügen?
Der so sie liebte, dass, die Schmach erzählend,
Er sie mit Tränen wusch? Fort! lasst sie sterben.

Mön. Hört jetzt mich an.
Denn nur deshalb hab ich so lang geschwiegen
Und diesem Vorfall freien Raum gegeben,
Das Fräulein zu beachten. Sah ich doch
Wie tausend Röten durch ihr Antlitz fuhren
Als Boten . . . und wie tausend Unschuldsengel
In weisser Scham hinweg die Röten schlugen.
Und in dem Auge glüht' ein Feuer auf,
Verbrennend allen Irrwahn den die Prinzen
Aufstellten wider ihre Mädchentreu . . .
Nennt mich Tor,
Traut meinem Wissen nicht noch der Erfahrung
Die mit der Prüfung Siegel stets bekräftigt
Die Wahrheit meines Wissens, nicht dem Alter,
Ehrwürdigem Stand, Beruf und heiligem Amt:
Liegt nicht dies süsse Fräulein schuldlos hier
Von giftigem Wahn getroffen.

Leo.                                               Mönch, unmöglich!
Du siehst, es blieb ihr nur so viele Gnade,
Nicht zur Verdammnis ihrer Schuld zu fügen
Des Meineids Sünde. Leugnet sie es denn?
Was suchst du denn entschuldigend zu verhüllen
Was frei in eigner Nacktheit vor uns steht?

Mön. Fräulein, wer ists mit dem man euch verklagt?

Hero. Die mich verklagen wissens . . . ich weiss keinen.
Weiss ich von irgendeinem Mann der lebt
Mehr als der Jungfrau Sittsamkeit erlaubt,
Sei keine Sünde mir vergeben . . . Vater!
Beweist dass irgendwer mit mir gesprochen
Um Mitternacht, und dass ich gestern abend
Mit irgendeinem Wesen Wort gewechselt,
Verstosst mich, hasst mich, martert mich zu Tode.

Mön. Ein seltsam Irren muss die Prinzen täuschen!

Ben. Gewiss sind zwei von ihnen Ehrenmänner!
Und ward ihr bessres Urteil fehl geleitet,
Schreibt sich die Bosheit wohl vom Bastard her,
Dess Geist und Sinn nur lebt von Trug und Tücke.

Leo. Ich weiss nicht. Sprachen wahr sie, so zerreisse
Dich diese Hand. Ist falsch sie angeklagt,
So soll der Stolzeste wohl davon hören.
Zeit hat noch nicht mein Blut so ausgetrocknet
Noch Alter meinen Geist so abgestumpft
Noch Armut mein Vermögen so vernichtet
Noch schlechter Wandel mich beraubt der Freunde,
Dass sie nicht, so mich kränkend, fühlen sollen
Der Glieder Kraft, des Geistes festes Wollen,
Des Reichtums Macht und auserwählter Freunde,
Es ihnen übergnug zu zahlen.

Mön.                                               Haltet!
Lasst meinen Rat in diesem Fall euch leiten.
Die Prinzen liessen eure Tochter tot.
Lasst eine Zeitlang heimlich sie verschliessen
Und macht bekannt dass wirklich sie gestorben.
Behauptet allen äussern Prunk der Trauer
Und hängt an eurer Ahnen altes Grabmal
Ein Epitaph, vollziehet jede Feier
Die zur Beerdigung die Sitt erheischt.

Leo. Und wohin führt dies alles? was dann weiter?

Mön. Dies wird, gut durchgeführt, Verleumdung wandeln
In Mitleid gegen sie: das ist schon viel.
Doch mehr noch träum ich von so kühnem Wagnis,
Von grösserer Geburt aus diesen Wehn.
Sie starb, so muss man überall verbreiten,
Im Augenblick als man sie angeklagt:
So wird sie dann entschuldigt und bedauert
Von jedem der es hört. Denn so geschiehts
Dass was wir haben wir nach Wert nicht achten,
Solange wirs geniessen: ists verloren,
Dann überschätzen wir den Preis, ja dann
Erkennen wir den Wert den uns Besitz
Missachten liess. So wirds mit Claudio sein,
Hört er dass seine Worte sie getötet:
Mit süsser Macht schleicht ihres Lebens Bild
Sich in die Werkstatt seiner Phantasie,
Und jedes liebliche Organ des Lebens
Stellt sich, in köstlicher Gewand gekleidet,
Weit zarter, rührender, voll frischern Lebens
Dem innern Auge seines Geistes dar,
Als da sie wirklich lebt', und er wird trauern,
Hat Lieb in seinem Herzen je geherrscht,
Und wünschen dass er nicht sie angeklagt,
Selbst wenn er auch die Schuld als wahr erkannte.
Geschieht dies nun, so zweifelt nicht: Erfolg
Wird dieses Glück noch glänzender bekleiden
Als ich das ungefähre Bild entwerfe.
Doch war auch jeglich andres Ziel verfehlt:
Die Überzeugung von des Fräuleins Tod
Tilgt das Gerücht von ihrer Schmach gewiss.
Und fügt sichs nicht nach Wunsch, so bergt sie dann,
Wie's ihrem wunden Ruf am besten ziemt,
In eines Klosters abgeschiednem Leben
Vor aller Augen, Zungen Schmähn und Kränkung.

Ben. Signor Leonato, folgt dem Rat des Mönchs,
Und wisst ihr schon wie sehr ich Lieb und Neigung
Dem Prinzen und Graf Claudio zugewendet,
Doch will ich, auf mein Wort, so sorglich schweigen,
So streng und treu für euch wie eure Seele
Sich selber bleibt.

Leo.                             In dieser Flut des Grams
Mögt ihr mich lenken an dem schwächsten Faden.

Mön. So sei denn, wenn euch Fassung nicht verlässt,
Seltsame Heilung seltnem Schmerz beschieden . . .
Ihr, Fräulein, sterbt zum Schein. Eur Hochzeitsfest
Ward, hoff ich, nur verlegt: drum harrt in Frieden.

Mönch, Hero und Leonato ab

Ben. Fräulein Beatrice, habt ihr die ganze Zeit geweint?

Bea. Ja, und ich werde noch viel länger weinen.

Ben. Das will ich nicht wünschen.

Bea. Dessen bedarfs auch nicht, ich tu es freiwillig.

Ben. Gewiss, ich denke, eurer schönen Base ist Unrecht geschehn.

Bea. Ach! wie hoch würde der Mann sich um mich verdient machen der ihr Recht widerfahren liesse!

Ben. Gibt es irgendeinen Weg solche Freundschaft zu zeigen?

Bea. Einen sehr ebnen Weg, aber keinen solchen Freund.

Ben. Kann ein Mann es vollbringen?

Bea. Es ist eines Mannes Amt, aber nicht das eure.

Ben. Ich liebe nichts in der Welt so sehr als euch. Ist das nicht seltsam?

Bea. So seltsam als etwas von dem ich nichts weiss. Es wäre mir ebenso möglich zu sagen, ich liebte nichts in der Welt so sehr als euch: aber glaubt mirs nicht, und doch lüg ich nicht: ich bekenne nichts und leugne nichts. Mich jammert meine Muhme.

Ben. Bei meinem Degen, Beatrice, du liebst mich.

Bea. Schwört nicht bei eurem Degen, esst ihn.

Ben. Ich will bei ihm schwören dass du mich liebst, und ich will den zwingen meinen Degen zu essen der da sagt, ich liebe euch nicht.

Bea. Ihr wollt euer Wort nicht wieder essen?

Ben. Mit keiner Brühe die nur je ersonnen werden kann. Ich beteure dass ich dich liebe.

Bea. Nun denn, Gott verzeihe mir!

Ben. Was für eine Sünde, liebste Beatrice?

Bea. Ihr unterbracht mich eben zur guten Stunde: ich war im Begriff zu beteuern, ich liebte euch.

Ben. Tue das von ganzem Herzen.

Bea. Ich liebe euch mit so viel von meinem Herzen dass nichts mehr übrigbleibt, es euch dabei zu beteuern.

Ben. Heiss mich was du willst für dich ausführen.

Bea. Ermorde Claudio.

Ben. O, nicht für die ganze Welt!

Bea. Ihr ermordet mich, indem ihrs weigert! Lebt wohl!

Ben. Warte noch, süsse Beatrice.

Bea. Ich bin fort, obgleich ich noch hier bin. Nein, ihr seid keiner Liebe fähig – nein, ich bitt euch, lasst mich.

Ben. Beatrice . . .

Bea. Im Ernst, ich will gehn.

Ben. Lass uns erst Freunde sein.

Bea. O ja, ihr wagt eher Freund mit mir zu sein als mit meinem Feinde zu fechten.

Ben. Ist Claudio dein Feind?

Bea. Hat sich der nicht auf den äussersten Grad als ein Schurke gezeigt der meine Verwandte verleumdet, geschmäht, entehrt hat? O! dass ich ein Mann wäre! Was! Sie hinzuhalten, bis sie ihm am Altar die Hand hinhält, und dann mit so öffentlicher Beschuldigung, so unverhohlener Beschimpfung, so unbarmherziger Tücke – o Gott! dass ich ein Mann wäre! ich wollte sein Herz auf offnem Markt verzehren.

Ben. Höre mich, Beatrice.

Bea. Mit einem Manne aus ihrem Fenster reden! Ein feines Märchen!

Ben. Nein, aber Beatrice –

Bea. Die süsse Hero! Sie ist gekränkt, sie ist verleumdet, sie ist vernichtet!

Ben. Beatr . . .

Bea. Prinzen und Grafen! Wahrhaftig, ein recht prinzliches Zeugnis! ein honigsüsses Grafenstückchen! ein lieber Bräutigam, wahrhaftig! O dass ich ein Mann wäre um seinetwillen! oder dass ich einen Freund hätte der um meinetwillen ein Mann sein wollte! Aber Mannheit ist in Zeremonien und Höflichkeiten zerschmolzen, Tapferkeit in Komplimente. Die Männer sind ganz Zungen geworden, und noch dazu sehr gezierte. Es ist jetzt schon einer ein Herkules der nur eine Lüge sagt und darauf schwört. Ich kann durch meinen Wunsch kein Mann werden, so will ich denn als ein Weib mich grämen und sterben.

Ben. Warte, liebste Beatrice . . . bei dieser Hand, ich liebe dich.

Bea. Braucht sie mir zu Liebe zu etwas Bessern als dabei zu schwören!

Ben. Seid ihr in eurem Gewissen überzeugt dass Graf Claudio Hero verunglimpft hat?

Bea. Ja, so gewiss ich einen Gedanken oder eine Seele habe.

Ben. Genug, zählt auf mich. Ich fordre ihn heraus. Lasst mich eure Hand küssen, und so empfehle ich mich euch. Bei dieser Hand, Claudio soll mir eine schwere Rechenschaft ablegen. Wie ihr von mir hört so denket von mir. Geht, tröstet eure Muhme . . . Ich muss sagen, sie sei gestorben, und so lebt wohl! Ab.

 

Zweite Szene

Gefängnis: Holzapfel, Schlehwein, Schreiber, alle drei in ihren Amtsröcken, erste und zweite Wache mit Konrad und Borachio

Holz. Sind alle Verschwornen unsres Trübenaals beisammen?

Schl. O, einen Stuhl und Kissen für den Herrn Schreiber.

Schr. Welches sind die Malefikanten?

Holz. Zum Henker, der bin ich und mein Gevatter.

Schl. Das versteht sich. Wir haben die Introduktion sie zu examinieren.

Schr. Aber wo sind die Verbrecher die exanimiert werden sollen? Lasst sie vor den Herrn Konstabel führen.

Holz. Ja, zum Henker, lasst sie vorführen. Wie ist seine Name, Freund?

Bor. Borachio.

Holz. Seid so gut, schreibts auf, Borachio . . . Seiner, Musjeh?

Kon. Ich bin ein Kavalier, Herr, und mein Name ist Konrad.

Holz. Schreibt auf, Meister Kavalier Konrad. Leute, sagt einmal, dient ihr Gott?

Kon. und Bor. Nun, das hoffen wir.

Holz. Schreibts nieder: sie hoffen, sie dienen Gott, und schreibt Gott voran: denn Gott verhüte dass Gott nicht solchen Schelmen vorangehen sollte. Leute, es ist bereits erwiesen dass ihr nicht viel besser seid als Spitzbuben, und man wird bald genug eine Ahndung davon kriegen. Was könnt ihr nun für euch anführen?

Kon. Ei nun, Herr, wir sagen, wir sind keine.

Holz. Ein verdammt witziger Bursch, das muss ich sagen. Aber ich will schon mit ihm fertig werden. Kommt einmal hier heran, Musjeh! Ein Wort ins Ohr, Herr: ich sage ihm, man glaubt von euch, ihr seid zwei Spitzbuben.

Bor. Herr, ich sage euch, wir sind keine.

Holz. Tretet wieder auf die Seite. Bei Gott, sprechen sie nicht, als hätten sie sich miteinander verabredet! Habt ihrs hingeschrieben dass sie keine sind?

Schr. Herr Konstabel, das ist nicht die Manier zu examinieren. Ihr müsst die Wache abhören die sie verklagt hat.

Holz. Ja, zum Henker, das ist die vidimierte Heerstrasse. Die Wache soll kommen.

Wache tritt auf

Leute, ich befehle euch in des Prinzen Namen, verklagt mir einmal diese beiden Menschen.

1. Wa. Dieser Mann hier sagte, Herr, Don Juan, des Prinzen Bruder, sei ein Schurke.

Holz. Schreibt hin, Don Juan ein Schurke. Was! das ist ja klarer Meineid, des Prinzen Bruder einen Schurken zu nennen.

Bor. Herr Konstabel . . .

Holz. Stillgeschwiegen, Kerl, dein Gesicht gefällt mir gar nicht, muss ich dir gestehn.

Schr. Was hörtet ihr ihn sonst noch sagen?

2. Wa. Ei nun, er sagte auch, er hätte tausend Dukaten vom Don Juan erhalten, um Fräulein Hero fälschlich anzuklagen.

Holz. Klare Brandmörderei, wenn jemals eine begangen ist.

Schl. Ja, mein Seel, so ist es auch.

Schr. Was sonst noch, Mensch?

1. Wa. Und dass Graf Claudio nach seinen Reden sich vorgesetzt habe Fräulein Hero vor der ganzen Versammlung zu beschimpfen und sie nicht zu heiraten.

Holz. O Spitzbube! Dafür wirst du noch ins ewige Jubiläum verdammt werden.

Schr. Was noch mehr?

2. Wa. Das war alles.

Schr. Und das ist mehr, Leute, als ihr leugnen könnt. Prinz Juan hat sich diesen Morgen heimlich weggestohlen. Hero ward auf diese Weise angeklagt, auf eben diese Weise verstossen und ist aus Gram darüber plötzlich gestorben. Herr Konstabel, lasst die beiden Leute binden und in Leonatos Haus führen, ich will vorangehn und ihm das Verhör zeigen.

Holz. Recht so, lasst ihnen die Bandagen antun.

Schl. Lasst sie festbinden.

Kon. Fort, ihr Maulaffen!

Holz. Gott steh mir bei, wo ist der Schreiber? Er soll schreiben: des Prinzen Konstabel ein Maulaffe! Wart! bindet sie fest! Du nichtswürdiger Kerl!

Kon. Fort! ihr seid ein Esel, ihr seid ein Esel.

Holz. Despektierst du denn mein Amt nicht? Despektierst du denn meine Jahre nicht? Wär er doch noch hier, dass er es aufschreiben könnte dass ich ein Esel bin! Aber, ihr Leute, vergesst mirs nicht dass ich ein Esel bin. Wenns auch nicht hingeschrieben ward, erinnerts euch ja dass ich ein Esel bin. Nein, du Spitzbube, du steckst voller Moralität, das kann ich dir durch zuverlässige Zeugen beweisen. Ich bin ein gescheiter Mann, und was mehr ist, ein Mann bei der Justiz, und was mehr ist, ein ansässiger Mann, und was mehr ist, ein so hübsches Stück Fleisch als nur irgendeines in ganz Messina, und ein Mann der sich auf die Gesetze versteht, siehst du, und ein Mann der sein Vermögen hat, siehst du, und ein Mann der um vieles gekommen ist, und der seine zwei Röcke hat, und alles was an ihm ist, sauber und akkurat. Bringt ihn fort! Ach, hätten sies nur von mir aufgeschrieben dass ich ein Esel bin! Ab.

 


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