William Shakespeare
König Heinrich der vierte.
William Shakespeare

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Vierte Scene.

Eine andre Strasse in London.

Prinz Heinrich und Poins.

Prinz Heinrich. Du kanst mirs glauben, ich bin entsezlich müde.

Poins. Wie, ist es dazu gekommen? Ich dachte, die Müdigkeit dürfte keinen Königssohn angreiffen.

Prinz Heinrich. Es ist doch so, ob meine Hoheit sich gleich entfärbt, es zu gestehen. Kommt es nicht pöbelhaft an mir heraus, daß ich einen Gelust nach Schmahl-Bier habe?

Poins. In der That, ein Prinz sollte sich nie so sehr vergessen, an eine so schwache Composition nur zu denken.

Prinz Heinrich. Mein Appetit ist also vermuthlich nicht von königlicher Abkunft; denn, in gutem Ernst, ich denke izt an die arme Creatur, Schmahl-Bier. Aber in der That, diese gedemüthigen Gedanken erleiden mir meine Hoheit gewaltig. Was für eine Unanständigkeit, daß ich mich deines Namens erinnere? Oder daß ich morgen dein Gesicht noch kenne? Oder daß ich weiß, wie viele paar seidene Strümpfe du hast, (z. Ex. diese hier, und deine Pfersich-Blüth farbene;) oder daß ich ein Inventarium über deine Hemder bey mir trage, z. Ex. eines für die Noth, und eins zum Ueberfluß, usw.

Poins. Wie übel das zusammenhängt, daß ihr izt so alberne Dinge sagt, nachdem ihr kaum so grosse Dinge gethan habt! Sagt mir einmal, wie viele wakre junge Prinzen sind in der Welt die es so machen würden wie ihr, wenn ihr Vater so krank läge, als der eurige izt ist?

Prinz Heinrich. Sol ich dir was sagen, Poins?

Poins. Ja, aber einmal etwas recht gutes.

Prinz Heinrich. Es soll für wizige Köpfe von so edler Geburt wie du, gut genug seyn.

Poins. So sagt es denn, ich kan alles anhören.

Prinz Heinrich. Ich sage dir, es schikt sich nicht, daß ich izt traurig aussehe, weil mein Vater krank ist; und doch könnt' ich dir sagen, (als einem, den mir's beliebt, aus Mangel eines bessern, meinen Freund zu nennen,) daß ich traurig seyn könnte, im Ernst traurig.

Poins (spöttisch.)
In der That, die Ursache ist auch darnach.

Prinz Heinrich. Bey dieser Hand, du denkst ich sey ein so verstokter Bube, als du und Falstaff. Laß das Ende den Mann bewähren. Aber ich sage dir, mein Herz blutet innwendig, daß mein Vater so krank ist, wenn mir gleich der Umgang mit so schlimmer Gesellschaft als du bist, die Freyheit benimmt, äusserliche Zeichen von Schmerz an mir sehen zu lassen.

Poins. Und warum das?

Prinz Heinrich. Was würdest du von mir denken, wenn ich weinte?

Poins. Ich dächte, du seyest ein so durchlauchtiger Heuchler, als ein Cron-Prinz je gewesen ist.

Prinz Heinrich. So würde jedermann denken, und du bist ein glüklicher Geselle, daß du immer denkst wie jedermann denkt. Keines Menschen in der Welt seine Gedanken bleiben besser in der allgemeinen Landstrasse als die deinigen. Jedermann würde denken, ich sey ein Heuchler, so ist es. Und was bewegt eure hochzuverehrende Gedanken, so zu denken?

Poins. Was? Weil ihr so lüderlich zu seyn geschienen habt, und mit Falstaffen in so vertrauter Freundschaft gelebt habt.

Prinz Heinrich. Und mit dir.

Poins. Nein, bey diesem Tageslicht! Ich bin in keinem schlimmen Ruf, ich darf zuhören, wenn von mir gesprochen wird. Das ärgste was die Leute von mir sagen können, ist, daß ich ein jüngerer Bruder bin, und daß ich flinke Hände habe; und für diese zwey Dinge, ich muß es gestehen, kan ich nichts. Seht, seht, da kommt Bardolph – –

Prinz Heinrich. Und der Junge, den ich Falstaffen gab; der Junge sah doch wie ein Christenmensch aus, da er ihn von mir bekam, und sieh, ob ihn der feiste Spizbube nicht in einen ausgemachten Affen verwandelt hat?


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