William Shakespeare
Coriolanus
William Shakespeare

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Vierte Szene

Vor Corioli

Mit Trommeln und Fahnen treten auf Marcius, Titus, Lartius, Anführer, Krieger. Zu ihnen ein Bote

Marcius.
Ein Bote kommt. Ich wett, es gab ein Treffen.

Titus.
Mein Pferd an Eures: nein.

Marcius.
Es gilt.

Titus.
Es gilt.

Marcius.
Sprich du. Traf unser Feldherr auf den Feind?

Bote.
Sie schaun sich an, doch sprachen sich noch nicht.

Titus.
Das gute Pferd ist mein.

Marcius.
Ich kauf's Euch ab.

Titus.
Nein, ich verkauf und geb's nicht; doch Euch borg ich's
Für fünfzig Jahr. – Die Stadt nun fordert auf.

Marcius.
Wie weit ab stehn die Heere?

Bote.
Kaum drei Stunden.

Marcius.
So hören wir ihr Feldgeschrei, sie unsers. –
Nun, Mars, dir fleh ich, mach uns rasch im Werk,
Daß wir mit dampfendem Schwert von hinnen ziehn,
Den kampfgescharten Freunden schnell zu helfen.
Komm, blas nun deinen Aufruf.

Es wird geblasen, auf den Mauern erscheinen Senatoren und andre.

Tullus Aufidius, ist er in der Stadt?

Erster Senator.
Nein, doch gleich ihm hält jeder Euch gering
Und kleiner als das Kleinste. Horcht die Trommeln
(Kriegsmusik aus der Ferne.)
Von unsrer Jugend Schar. Wir brechen eh die Mauern,
Als daß sie uns einhemmten. Unsre Tore,
Zum Schein geschlossen, riegeln Binsen nur,
Sie öffnen sich von selbst. Horcht, weit her tönt's.
(Kriegsgeschrei.)
Das ist Aufidius. Merkt, wie er hantiert
Dort im gespaltnen Heer.

Marcius.
Ha! Sie sind dran!

Titus.
Der Lärm sei unsre Weisung. Leitern her!

Die Volsker kommen aus der Stadt.

Marcius.
Sie scheun uns nicht; nein, dringen aus der Stadt.
Werft vor das Herz den Schild und kämpft mit Herzen,
Gestählter als die Schild'. Auf, wackrer Titus!
Sie höhnen uns weit mehr, als wir gedacht;
Das macht vor Zorn mich schwitzen. Fort, Kamraden!
Wenn einer weicht, den halt ich für 'nen Volsker,
Und fühlen soll er meinen Stahl.

Römer und Volsker gehn kämpfend ab. Die Römer werden zurückgeschlagen. Marcius kommt wieder.

Marcius.
Die ganze Pest des Südens fall auf euch!
Schandflecke Roms ihr! – Schwär' und Beulen zahllos
Vergiften euch, daß ihr ein Abscheu seid,
Eh noch gesehn, und gegen Windeshauch
Euch ansteckt meilenweit! Ihr Gänseseelen
In menschlicher Gestalt! Vor Sklaven lauft ihr,
Die Affen schlagen würden? Höll und Pluto!
Wund rücklings, Nacken rot, Gesichter bleich
Vor Furcht und Fieberfrost. Kehrt um! Greift an!
Sonst, bei des Himmels Blitz! lass' ich den Feind
Und stürz auf euch. Besinnt euch denn, voran!
Steht, und wir schlagen sie zu ihren Weibern,
Wie sie zu unsern Schanzen uns gefolgt!

Ein neuer Angriff, Volsker und Römer kämpfen. Die Volsker flüchten in die Stadt. Marcius verfolgt sie.

Auf geht das Tor, nun zeigt euch, wackre Helfer!
Für die Verfolger hat's das Glück geöffnet,
Nicht für die Flüchtgen. Nach! und tut wie ich.

(Er stürzt in die Stadt und das Tor wird hinter ihm geschlossen.)

Erster Soldat.
Tolldreist! ich nicht –

Zweiter Soldat.
Noch ich.

Dritter Soldat.
Da seht! sie haben
Ihn eingesperrt.

Alle.
Nun geht er drauf, das glaubt nur.

Titus Lartius tritt auf.

Titus.
Was ward aus Marcius?

Alle.
Tot, Herr, ganz gewiß.

Erster Soldat.
Den Flüchtgen folgt' er auf den Fersen nach
Und mit hinein; sie Augenblicks die Tore
Nun zugesperrt: drin ist er, ganz allein,
Der ganzen Stadt zu trotzen.

Titus.
Edler Freund!
Du, fühlend kühner als dein fühllos Schwert,
Feststehend, wenn dies beugt, verloren bist du, Marcius!
Der reinste Diamant, so groß wie du,
Wär nicht ein solch Juwel; du warst ein Krieger
Nach Catos Sinn, nicht wild und fürchterlich
In Streichen nur; nein, deinem grimmen Blick
Und deiner Stimme donnergleichem Schmettern
Erbebten deine Feind', als ob die Welt
Im Fieber zitterte.

Marcius kommt zurück, blutend, von den Feinden verfolgt.

Erster Soldat.
Seht, Herr!

Titus.
O! da ist Marcius!
Laßt uns ihn retten, oder mit ihm fallen.

(Gefecht. Alle dringen in die Stadt.)


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