William Shakespeare
Antonius und Cleopatra
William Shakespeare

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Fünfter Aufzug

Erste Szene

Cäsars Lager vor Alexandrien

Es treten auf Cäsar, Agrippa, Dolabella, Mäcenas, Gallus, Proculejus und andre

Cäsar.
Geh, Dolabella, heiß ihn, sich ergeben:
Da es so ganz umsonst, sag ihm, er spotte
Der Zögrung, die er macht.

Dolabella.
Ich gehe, Cäsar. (Ab.)

Dercetas kommt mit dem Schwert des Antonius.

Cäsar.
Was soll uns das? Und wer bist du, der wagt,
Uns so zu nahn?

Dercetas.
Dercetas heiß ich, Herr;
Ich diente Mark Anton, dem Besten, wert
Des besten Diensts; solang er stand und sprach,
War er mein Herr; mein Leben trug ich nur,
An seine Hasser es zu wagen. Willst du
Mich zu dir nehmen? Was ich ihm gewesen,
Will ich dem Cäsar sein. Gefällt dir's nicht,
So nimm mein Leben hin.

Cäsar.
Was sagst du mir?

Dercetas.
Ich sag, o Cäsar, Mark Anton ist tot.

Cäsar.
Daß nicht den Einsturz solcher Macht verkündet
Ein stärkres Krachen! Soll der Welt Erschüttrung
Nicht Löwen in der Städte Gassen treiben
Und Bürger in die Wüste? Antonius' Tod
Ist nicht ein einzeln Sterben: denn so hieß
Die halbe Welt.

Dercetas.
Er ist gestorben, Cäsar.
Kein Henker des Gerichts auf offnem Markt,
Kein mordgedungner Stahl, nein, jene Hand,
Die seinen Ruhm in Taten niederschrieb
Hat mit dem Mut, den ihr das Herz geliehn,
Sein Herz durchbohrt. Dies ist sein Schwert.
Ich raubt es seiner Wund; es ist gefärbt
Mit seinem reinsten Blut.

Cäsar.
Ihr trauert, Freunde?
So strafe Zeus mich! Dies ist eine Botschaft,
Ein Königsaug zu feuchten.

Agrippa.
Seltsam ist's,
Daß uns Natur das zu beweinen zwingt,
Was wir erstrebt mit Eifer!

Mäcenas.
Ruhm und Unwert
Wog gleich in ihm.

Agrippa.
Nie lenkt' ein höhrer Geist
Ein Wesen; doch ihr Götter leiht uns Fehler,
Damit wir Menschen seien. Cäsar weint?

Mäcenas.
Wird ihm solch mächtger Spiegel vorgehalten,
Muß er sich selber schaun.

Cäsar.
O Mark Anton! –
Bis dahin bracht ich dich! Doch schneiden wir
An unserm Körper Schwär'n: gezwungen mußt ich
Dir solchen Tag des Untergangs bereiten,
Wenn du nicht mir; Raum war nicht für uns beide
In ganzer weiter Welt. Und doch beklag ich's
Mit Tränen, kostbar wie des Herzens Blut,
Daß du, mein Bruder, du, mein Mitbewerber
Um jedes höchste Ziel, mein Reichsgenoß,
Freund und Gefährt im wilden Sturm der Schlacht,
Arm meines Leibes, Herz, an dem das meine
Sich Glut entzündete – daß unsre Sterne,
Die gar nicht zu versöhnen, trennen mußten
So weit die vor'ge Einheit. Freunde, hört –
Doch sag ich's lieber euch zu beßrer Zeit!
Ein Bote kommt.
Des Mannes Botschaft kündet schon sein Blick,
Laßt uns ihn hören. Woher bist du?

Bote.
Nur
Ein armer Ägypter. Meine Königin,
In ihrem Grabmal (ihrer Habe Rest)
Verschlossen, wünscht zu wissen deine Absicht;
Daß sie sich fassen mög und vorbereiten
Auf ihre Zukunft.

Cäsar.
Sprich ihr Mut und Trost;
Bald meldet einer ihr der Meinigen,
Welch ehrenvoll und mildes Los wir schon
Für sie bestimmt: denn Cäsar kann nicht leben
Und hart gesinnt sein.

Bote.
Schütze dich der Himmel! (Ab.)

Cäsar.
Komm hieher, Proculejus; geh, verkünd ihr,
Ich sei nicht willens, sie zu kränken. Gib ihr
Trost, wie's der Umfang ihres Wehs erheischt,
Daß sie großherzig nicht durch eignen Tod
Uns überwinde. Sie, nach Rom geführt,
Würd unsern Siegstriumph verewgen. Geh
Und auf das schnellste bring mir, was sie sagt,
Und wie du sie gefunden.

Proculejus.
Ich eile, Cäsar. (Ab.)

Cäsar.
Gallus, begleit ihn. Wo ist Dolabella,
Zu helfen Proculejus! –

(Gallus geht ab.)

Agrippa und Mäcenas.
Dolabella!

Cäsar.
Laßt ihn; denn eben jetzt besinn ich mich,
Wozu ich ihn gebraucht. Er muß bald hier sein; –
Kommt mit mir in mein Zelt, da sollt ihr hören,
Wie schwer ich mich für diesen Krieg entschied,
Wie mild und ruhig ich mich stets geäußert
In allen Briefen. Folgt mir und erfahrt,
Was ich hierin euch offenbaren kann.

(Alle ab.)


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