Charles Sealsfield
Tokeah
Charles Sealsfield

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Einunddreißigstes Kapitel

»Sind sie abgezogen?« fragte ein Mann mit leiser Stimme, als wollte er die Umstehenden in ihren schmerzhaften Betrachtungen nicht stören.

»So wie Ihr seht,« versetzte ein zweiter; »Ihr seid unter den Riflemännern, Bob; Ihr solltet schon gestern dagewesen sein; Euer Kapitän ist fort.«

»Verdammt!« versetzte der Mann. »Wären es auch, wenn uns nicht diese zurückgehalten hätten.« Er wies auf eine Gruppe von fünf Männern, mit denen er soeben vom jenseitigen Ufer gelandet, und die verwundert schienen, als sie sich plötzlich in einer dichten Reihe von Männern, Weibern und Kindern befanden, von denen einige ihre Ohren den ferne her zischenden Dampfschiffen nachhielten, andere in schweren Gedanken vertieft standen, wieder andere ihre Tücher an die Augen hielten. Es war etwas Ergreifendes in dieser Todesstille der vielen hundert Männer, Frauen und Kinder, die, ohne einen Laut von sich zu geben, noch das Zischen der Dampfschiffe erhorchen zu wollen schienen. Das Gespräch, obwohl leise geführt, hatte jedoch die Aufmerksamkeit auf die soeben Angekommenen gerichtet, von denen zwei als Nachbarn begrüßt, der dritte als der entlaufene Neger des Obersten Parker erkannt, und der vierte einige Augenblicke betrachtet und dann als ein besonderer Aufmerksamkeit eben nicht sehr wertes Subjekt entlassen wurde, der letzte jedoch eine rasche Bewegung und ein Gemurmel veranlaßte, das schnell lauter wurde. »Der Spion«, rollte es von Mund zu Munde.

»Bei Jasus!« rief der Junge, den wir als den vierten bezeichnet, mit einer scharfen, knarrenden, rauhen Stimme und einem Dialekte, der ihn sogleich als einen Sohn Erins verriet. »Bei Jasus! Meister James, das ist eine lustige Hetze; was das für einen Lärm setzt. Als wir ankamen, hätte man eine Maus laufen hören können; kaum haben wir aber einen Fuß ans Land gesetzt, so hebt der Tumult und Schrecken an, just als wenn eine Yankeefregatte an einen königlichen Zweiundfünfziger angeprallt käme.«

Der angeredete Master James, der unser unglückseliger Brite war, gab keine Antwort. Mit zusammengepreßten Zähnen und Lippen stand er stieren, leeren, halb verwilderten Blickes da, der, wenn er auch nicht die Begrüßung, mit der er bewillkommt worden, rechtfertigte, mindestens auf harte Stöße während seiner dreißigstündigen Flucht deutete. Das Gemurmel »der Spion« war mittlerweile immer lauter geworden. Der Irländer besah zuerst sich vom Kopfe zu den Füßen, dann seine beiden Gefährten und rief lustig aus:

»Spion, bei Jingo! Wer, glaubt Ihr wohl, daß ein Spion ist? Meines Vaters Sohn? Ei, das ist zum Totlachen. Master James, das Milch- und Blutgesicht?« Er sah ihn nochmals an. »Der Negergentleman? Hol' mich der Teufel, wenn Ihr bei Sinnen seid. In unserer Familie, den Murphys zu Kildare, soll mich – verdammen, lebt keiner, der noch gehängt worden wäre. Spion! geht zum Teufel, Ihr seid nicht gescheit.« Er brach in ein unbändiges Gelächter aus.

»Ist ja dein Bruder Paddy zu Dublin mit der Hanfbraut getraut worden«, rief ihm einer der zurückgebliebenen Milizen zu.

»Da sprecht Ihr wie ein verdammter Mauldrescher«, fuhr der Irländer heraus. »Es war mein Stiefbruder, der Mann ihr Balg, ist im Greenhouse in der Kaserne vom Brette getanzt. Wäre nicht ihr Cousin zu Camarthaen in dem Teufelsnest aufgesessen, so wäre er noch in seiner Jacke. Er hatte aber keine, hatte sie für eine Bouteille Whisky noch im Loche verschachert, wurde im Hemde gehängt.«

»Hast recht, Paddy«, rief ein zweiter, der den Spaß nicht kalt lassen werden wollte. »Aber dein Vater, der Davy Murphy?«

»Ist wegen eines elenden Fäßchens Magentrost vom Constable Meigs erschossen worden. Verdammter Narr! Ein so ehrlicher Tod, als ihn einer nur sterben kann.«

»Und deine Schwester zu Cork ist ja wegen Schafdiebstahl konfisziert worden!« rief ihm ein dritter zu.

»In Cork? Bei Jasus«, lachte der Irländer. »In Cork? Haben in ganz Cork kein Schaf. Sind froh, wenn sie eine Ziege füttern können. Der Grashalm, der übrig bleibt, da machen sie Tee daraus. Arme Mary!« rief er drollig. »Als ich sie zum zweiten Male sah, da sagte sie mir: Du, Davy, sagte sie, sei gescheit, sagte sie, und –«

Der lustige Irländer wurde in seinen Familienbekenntnissen, zum Leidwesen der Männer von Opelousas, durch zwei Milizen unterbrochen, die, Gewehr im Arm, nun von dem Wachthause ankamen, um ihn mit seinen zwei Gefährten in Empfang zu nehmen. Er sah einen Augenblick verwundert die beiden an, und schrie dann, sich niederhockend, mit närrischem Gelächter: »Master James Hodges! Master James Hodges! Parleh fouhs frenseh, Monsiehour? Sprechen Sie französisch, Herr?« Und wieder lachte er so unbändig, daß ihm zuletzt der Atem verging. »Ei, Master James!« kicherte er, »als wir da gestern mit Besen und Stöcken expediert wurden, wer hätte da glauben sollen, daß uns in vierundzwanzig Stunden darauf so viele Auszeichnung erwiesen und wir mit einer Ehrenwache eingeholt würden?«

»Ich glaube,« rief einer, »hinter dem steckt etwas mehr, als der bloße Schalksnarr.«

» Parleh fouhs frenseh, Monsiehour?« schrie der Irländer wieder mit einem tollen Gelächter.

»Das ist ein närrischer Kauz«, riefen einige Milizen. »Laßt ihm doch seine Freude.« Und sofort schloß sich der ganze Haufe der Männer und Kinder an den Zug.

» Parleh fouhs frenseh, Monsiehour?« schrie er wieder, indem er stillstand und närrisch lachte. »Könnt auch nichts«, fuhr er in seinem Irisch-Englisch fort. »Hol' mich der Teufel, da sagen die Narren, Louisiana ist halb französisch, halb Yankee. Verdammt, unser Pfaffe, der Pater Kirkpatrik, weiß es besser, und meines Vaters Sohn hat's von ihm gelernt; aber wo ich noch angefragt habe, bat mich keiner verstanden.«

»Du bist ein kecker Bursche,« rief ihm einer der Offiziere zu, »ein paarmal vierundzwanzig Stunden bei Wasser und Brot werden deine Landstreicherzunge wohl langsamer machen.«

Der Ire sah den Sprecher eine Weile zweifelhaft an; dann fiel sein lauernder Blick auf die Umstehenden, die augenscheinlich durch seine tolle Laune ergötzt wurden, und wieder schrie er: » Parleh fouhs frenseh, Monsiehour?« aus seiner blauen Jacke ein Papier hervorziehend. »Mit Euer Wohlehren Erlaubnis, ein Seemann von der Brigg Sarah, Kapitän Morand, ein Landsmann von mir, der aber Yankee geworden, und hol' mich der Teufel, ich werde auch einer. Nichts über die Yankees. Parleh fouhs frenseh, Monsiehour, Master James Hodges?« wandte er sich zu diesem. »Ach, Master James! wären wir, wo wir gestern waren; die Besen und Stöcke sind bei alledem nicht so gefährlich, wie diese Stutzen da.«

Der lustige Schalksnarr hockte sich wieder nieder und lachte toller als je: » Parleh fouhs frenseh, Monsiehour

»Deine Abfertigung ist richtig,« sprach der Offizier, »aber wie kamst du zu dem Gefangenen?«

» Parleh fouhs frenseh?« rief der Ire wieder. »Hol' mich der Teufel, wenn ich selbst weiß wie und es sagen kann. Meine Zunge ist so trocken, seit ich die Stadt verlassen habe, als wenn sie eine Gallon Erbsenwasser hinabgeschwemmt hätte.« Und wieder stand er still und lachte pfiffig.

Das halb konfiszierte Schelmengesicht, in dem ein Zug von Gutmütigkeit mit einer derben Portion irischer Unverschämtheit und unbezwingbarer Laune sich spiegelte, hatte die ganze Eskorte allmählich in eine Stimmung versetzt, die, so ernst sie anfangs war, das Lachen kaum mehr unterdrücken konnte. Der Zug näherte sich nun dem Wachthause, der Ire hielt jedoch alle zehn Schritte. Einer der Offiziere nahm ein halbes Dollarstück aus seiner Börse und hielt es zwischen den Fingern.

»Ach, gnädigstet, süßester, liebster, schönster, holdseligster, allerfürtrefflichster, ehrenfestester Squire, Major, Oberst, General, Leutnant oder gar Korporal!« rief der Irländer, seine Hand nach dem Geldstücke mit einer possierlichen Fratze ausstreckend, die ein allgemeines Gelächter erregte.

»Ei, die alte Frau mit ihrer Kappe und der Adler mit seinen Sternen, die sind doch tausendmal gescheiter, als der närrische Kapitän Morand. Wollte mich mit aller Gewalt unter ein Korps Freiwilliger haben, da gegen die Rotröcke zu fechten. Hol' mich der Teufel, wenn ich's getan habe. Ei, wenn's noch der Akzise gegolten hätte, oder eine Gallon Kildare Whisky dabei zu verdienen gewesen wäre. Hört 'mal, Euer Whisky hier ist 'm Teufel zu schlecht. Ah,« blinzte er pfiffig, »Davy ist kein Narr, hätte ihn Sir Edward erwischt, so hinge er. Das ist auch einer, hat in eine Gelbrote hineingeheiratet. Ein verdammter Orangemann. Ah, Mister, nun laßt uns 'mal eins dem Master James Hodges zutrinken.«

»Bleibe nur unterdessen hier«, erwiderte der Offizier. »Du gehst mit ins Wachthaus; wird dir aber nichts geschehen.«

»Bei allen Mächten!« schrie der Ire, »ins Wachthaus soll ich! Was wollt Ihr damit? Weil ich nicht in der Freikompagnie dienen wollte, soll ich ins Wachthaus?«

»Paddy,« rief ihm der Nächststehende zu, »deines Vaters Sohn ist ein gewaltiger Narr.«

»Bei allen Mächten, er ist's«, rief der lustige Ire wieder. »Aber doch kein solcher Narr, seine Finger in den kochenden Topf zu stecken. Hab' mich aufn Weg ins Land gemacht, und da bin ich nun. Braucht Ihr 'n gewichsten Burschen? Kann alles in der Welt, nur Geld machen nicht. Schreinern, zimmern, Schuhe flicken, Stricke drehen. Hol' mich der Teufel, wenn zwischen Cork und Dublin einer 's mit Davy Murphy aufnimmt. Davy, sagte Seine Wohlehren, der Squire zu Camarthaen, Davy, sagte er, wenn aus dir nicht etwas Rechtes wird, so heiß' mich etwas. Aber gestern hättet Ihr mich sehen sollen! Bei Jasus, da war ich wild. Verdammter je nantang pas. Damn him. Verdamm' ihn. Nein! Hat mich über die Stiegen hinabgeworfen, mich nantang pas aufgeheißen. Kann mir's einer sagen, was das nantang pas ist? Wenn ich's wüßte, ich ging hinüber und drehte dem Landlubber den Hals um, und sollte ich morgen baumeln.«

»Du mußt uns nur sagen, wie du zu dem nantang pas gekommen bist.«

Unser Brite hatte bisher in stummer Wut die nimmer endenden tollen Ausbrüche seines Leidensgefährten angehört; nun schien jedoch seine Geduld ihr Ende erreicht zu haben, und er faßte den Jungen am Arme, ihn heftig schüttelnd. »Wenn du nicht dein Maul hältst, verdammter Taugenichts, so dreh' ich dir« – er konnte jedoch den Satz nicht vollenden, denn im nämlichen Augenblick rissen ihn zwei Männer von dem Iren weg.

»Ruhe, junger Mensch!« sprach der eine mit einer so ernsten Miene, daß dem zuckenden Jünglinge das Wort auf den Lippen erstarb.

»Geduld, Master James,« schrie der etwas aus seiner Fassung gekommene Ire darein; »Ihr seht, die Yankees haben nicht gar zu vielen Respekt vor einem englischen Gentleman; am besten ist's, Ihr ergebt Euch in Euer Schicksal. Hätt's nicht gedacht,« fuhr er fort, »hat's aber schon meine Großmutter ihrer Tochter gesagt. Hörst du, Davy, sagte sie, Davy, sagte sie, bist ein geschickter Balg, sagte sie, und geh' nur recht fleißig in die Schule zum Pater Murdoch, sagte sie, aus dir wird etwas Hohes. Aber der verdammte Kreole, kein Wort französisch kann er.«

»Und du hast mit ihm gesprochen?« fragten ihn zwanzig lachend.

»Mit ihm gesprochen? Ei, das hab' ich, hab' mit größern Herrn gesprochen als dem schäbigen Kreolen da, und verdammt mag ich sein, wenn's nicht wahr ist; hab' mit ihm parliert, so klar, so deutlich, wie's nur immer sein kann. Fragt nur Master James. Ach, der arme Master James! der hat 'mal so ein Armesündergesicht, – habt doch 'mal Mitleid; hatt'n just ein paar Stunden zuvor aufgegabelt, lugte mir da am Waldrande herum, wollte mit dem schwarzen Gentleman da nicht recht hinein und nicht heraus; dacht' mir, bei dem sieht's auch nicht zweimal richtig aus, willst doch 'mal sehen, was sie vorhaben, hat's aber im Gesicht; hab'n kaum angesehen, wüßt' ich schon, wie viel's geschlagen hatte. Ei, sagt' ich, Master, sagt' ich, woll'n 'mal zusammen schauen, ob wir den Yankees nicht eine Nase drehen und uns nach New York oder Philadelphia durchschlagen können. Es kann doch so gar weit nicht sein?«

»Eine Kleinigkeit,« lachten alle; »fünfundzwanzighundert Meilen.«

»Yankeemeilen?« fragte der Irländer mit einem pfiffigen Blinzeln, »davon gehen fünfzehn auf eine englische.«

»Der Kerl ist witzig«, riefen ihm einige zu.

»Ne, Spaß beiseite, sind es wirklich zweitausend?«

»Fünfhundert darüber, und gute.«

»Bei Jasus!« bekreuzte sich der Irländer, »wenn's so ist, da war meines Vaters Sohn doch ein gewaltiger Narr, daß er seine sechsunddreißig Dollar so versilbert, als wenn sie ihm in der Tasche brennten. Und wenn sie nun alle so sind, wie der verfluchte Nantang pas, stellt Euch 'mal vor: als wir uns denn da mit Master James und dem Negergentleman zusammengefunden, da machten wir uns auf'n Weg; Ihr wißt warum und weswegen: in unsern Magen hatte es bereits zweimal Mittag geschlagen. Wohl, kamen denn so in der besten Intention auf ein Haus zu, und ein sauberes Haus war's auch noch, steht so ein Landlubber mit zwei Lehdies vor der Tür und sieht uns ganz behaglich zu, wie wir einer nach dem andern angestiegen kamen. Master James hielt sich jedoch zurück und wollte auch mich nicht vorlassen; aber Davy ist kein Narr, und so ging er denn frisch drauf und dran. Es tat not, in meinem Magen rumpelte es, so wahr ich meines Vaters Sohn bin, wie in der Sarah, wenn ein Nordwester angezogen kam. Tut mir nur leid um den schönen Kratzfuß und die vielen Komplimente, die ich schnitt; aber die Damen waren sauber, keine schönern in Dublin, und das will viel sagen.«

Der Ire war mit seiner Begleitung, worunter wir die sämtlichen zurückgebliebenen Milizen verstehen, vor dem Wachthause angelangt. Eine Anzahl derselben hatte sich vor den Eingang gestellt, so gleichsam stillschweigend den Wunsch zu erkennen gebend, noch etwas mehr von dem lustigen Zeisige zu hören, ehe er in die Wachtstube abgeführt würde. Sein ungemein drolliges Wesen und seine unversiegbar unverschämte gute Laune hielten die Mienen seiner Zuhörer in steter lachlustiger Spannung.

»Wohl, Gentlemen,« fuhr er fort, »rückte sodann, die Kappe in der Hand, an meinen Mann und die beiden Lehdies heran und fragte ihn auf so gut französisch wie Ihr je gehört habt: Parleh fouhs frendseh, Monsiehour? sagt' ich; wui, sagt er; da war ich froh. Wir sind zwei arme reisende Gentlemen von der See, mit dem schwarzen Gentleman vom Lande hier, das war der Neger, und wir wollten gerne sogleich nach New York oder Philadelphia oder Boston, wenn das näher ist, sagt' ich. Da winkt der verdammte Landlubber, schaut mich an, als hätt' er in seinem Leben keinen Teer gesehen, und heißt mich verdrießlich einen Je nantang pas

»Das Parleh fouhs frendseh, Monsiehour hast du französisch gefragt, das übrige aber in deinem kauderwelschen irischen Englisch«, bemerkte einer der Umstehenden lachend.

»Ei, bei allen Mächten! wie glaubt Ihr wohl, daß meines Vaters Sohn auch reden soll, als in seines Vaters Sprache?«

Es brach nun ein Gelächter aus, so brüllend, so übermäßig, daß die bereits weit entfernten Frauen und Mädchen verwundert stehen blieben. Nur der Brite schoß wütende Blicke auf seinen armen irländischen Reisegefährten.

»Und was tatest du?« fragten ihn zwanzig.

»Verdammt,« fuhr der Ire fort, als sich der Aufruhr ein wenig gelegt hatte, »glaubt Ihr, ich hab' ihn so bald fahren lassen, wenn mir aus der Küche herüber der Dampf so liebreich in die Nase fuhr? Ich fragte ihn nochmals: Parleh fouhs frendseh, Monsiehour, sagt' ich, und der Kahlkopf sagt wieder wui, und als ich ihm wieder unsere Not auseinander setzte, schaut er mich wieder wie verrückt an. Der Maulaffe, er verstand wieder kein Wort französisch, und als ich ihm weiter erklärte, ward er zornig und hieß mich wieder einen Je nentang pas

»Und du?« brüllten fünfzig.

»Fragt 'n nochmals: Parleh fouhs frendseh, Monsiehour? und dann sagt' ich ihm, der Teufel soll ihn holen, wenn er so gleichgültig zusehen kann, wie zwei Gentlemen am Hungertuche nagen. Er aber hieß mich wieder giftig einen Je nantang pas

»Ei, das hast du aber doch nicht geduldig eingesteckt«, riefen ihm zwanzig mit brüllendem Gelächter zu.

»Da kennt ihr Davy Murphy schlecht, wenn ihr denkt, er ginge so leichten Kaufes davon; war schon halb wild und rief ihm nochmals mit lauter Stimme in die Ohren: Parleh fouhs frendseh, Monsiehour; aber da hättet ihr, ihn sehen sollen, er wurde toll wie Kapitän Morand, wenn's 'nen Windstoß setzte und er von der Rumflasche weg muß, zappelte vor Wut an allen Gliedern und fuhr auf mich zu. Um das hätte ich mich wenig geschert; aber es kamen ein halb Dutzend Neger mit Knütteln und Besen, alle auf mich los. Wurden ihrer zu viele, und so schaut' ich denn, wo der Zimmermann's Loch offen gelassen; der verfluchte Landlubber!«

»Und wie ging es Euch weiter?« fragten zwanzig.

»Hört 'mal,« fuhr der Irländer fort, »in euerm Yankeelande weiß man nicht, ob man gesotten oder gebraten ist; aber wenn wir nicht gestern in einer Räuber- und Mörderhöhle waren, Master James Hodges, so will ich wie eine Kanone vernagelt sein. Bei Jasus! Und die alte Vettel vor der Türe.«

»Hund,« rief einer der Hintenstehenden, »ich drehe dir den Hals um, wenn du meine Mutter so titulierst.«

»Ei, Mutter! Kapitän Rock hatte auch eine, und James Kirkpatrik, der in Ketten zu Greenwich gerade unterm Hospital am Strande hängt, könnt ihn noch klappern hören, wenn der Wind zieht, der hatte wohl auch eine?«

»Ne, weiter,« beruhigten ihn andere, »fürchte dich nicht.«

»Verdammt sei deine Plauderzunge,« rief ihm der Brite zu, der sich kaum mehr halten konnte; »wenn du nicht schweigst, so drehe ich dir den Hals um.«

Er machte Miene, seine Drohung in Ausführung zu bringen, jedoch ohne auf den eigenwilligen Iren die mindeste Wirkung hervorzubringen; im Gegenteile, der Zorn seines vormaligen Gefährten setzte sein Mundwerk nur um so mehr in Bewegung, als er seinen Triumph in den Gesichtern der Menge las.

»Schaut nur, wie Ihr draus kommt, Master James,« rief er, »und laßt mir die Sorge für meine Zunge. Meine Zunge ist eine so gute Zunge, wie eine in Irland, hat niemandem etwas zu leid getan, meine Zunge; habt sie nicht gefüttert, meine Zunge; braucht ihr also nicht das Reden zu verbieten, meiner Zunge.« »Bravo, Paddy!« rief es von mehreren Seiten, »du bist in einem freien Lande.«

»Eben deswegen,« fuhr dieser fort, »aber der Teufel selbst hätte Reißaus genommen, wenn er mit uns im Bett gewesen wäre. Wohl denn, Gentlemen, als wir so liefen, die Neger hinter uns drein –«

»Selbst Neger«, kreischten ihm ein Dutzend Wollköpfe aus dem äußern Halbzirkel zu.

»Laß dich nicht irremachen, Davy!«

»Wohl,« fuhr der Ire fort, »als wir so liefen – auch Master James hob seine Beine, da ging's denn fort über Stumpf und Stiel, durch Wälder und Felder, weiß selbst nicht mehr wie lange, wir liefen wie zwei ehrliche Untertanen Sr. britischen Majestät nur laufen können, wenn die Yankees hinter ihnen drein sind.«

»Das war nicht übel, Paddy,« bemerkte einer, »hier ist ein anderer halber Dollar.«

»Der Himmel segne es,« versetzte der Junge, »wenn nur euer Whisky nicht gar so schlecht wäre! – Wir waren ein paar Stunden so ausgezogen, auf einmal sahen wir uns vor einem Hause oder einer Hütte oder einem Blockhaus, wie ihr es nennen mögt. Saß da eine Alte vor der Tür, und wieder fragt' ich: Parleh fouhs frenseh, Monsihour? und sie schüttelte den Kopf. Wollte schon abziehen, dachte, da setzt's auch nicht viel, fragte aber doch, ob wir nicht eine kleine Unterlage für unsere rebellischen Magen und Knochen haben könnten; und, hol' mich der Teufel, sie sagt ja, in einem so guten Englisch, als je in Kildare gehört wurde; aber kamen uns teuer zu stehen, die Schinkenschnitte und Welschkornpfannkuchen und der Tee. Es sah grauslich aus in der Stube, könnt mir's glauben! ein Menschenkopf mit Füßen und Beinen in einem Troge, die Arme in einem zweiten, dazu das Grabeslicht; wir saßen wie im untersten Schiffsraume bei unserm Nachtessen.«

Der Brite wurde mit jedem Augenblick ärgerlicher.

»Wohlwerte!« fuhr der Ire fort, »Davy ist kein Narr, er weiß, was er weiß, umsonst hat uns die alte Hexe nicht so freundlich ins Haus hineingewinkt, und dann das Messerschleifen in der späten Nacht, – he? – haben wir's denn nicht mit unsern eigenen Ohren gehört?«

Die drei jungen Männer, die die beiden Gefangenen und ihren lustigen Kompagnon eingebracht hatten, sprachen nun leise mit den Milizen, und es entstand wieder ein lautes betäubendes Gelächter.

»Und sie haben also auf Euer kostbares Leben einen Anschlag gemacht?« fragten ihn mehrere.

»Ei, ihr mögt lachen,« schrie der Ire, »wär't ihr aber an unserer Stelle gewesen, wäre euch das Lachen wohl vergangen. Als wir so im Bett lagen, Master James und ich, und die draußen in der Stube untereinander zu wispern anfingen: die beiden entgehen uns nicht, aber haltet die Messer parat, es ist Nacht, und die Kugeln könnten sie nur anschießen, laßt sie ruhig noch eine Weile im Bett und schneidet ihnen die Kniegelenke ab. Ja, so sagten sie, und das munkelten sie,« versicherte der Ire, »und was sagt denn ihr dazu?« fragte er die Umstehenden.

»Das ist ja schrecklich«, riefen mehrere mit einem Schauder, der wieder in einem brüllenden Gelächter endigte.

»Ja, das war es auch; aber wir sprangen, als wir die Vögel so singen hörten, beide zugleich aus dem Bett, als ob der Donner dreingefahren wäre. Master James, der wollt' es anfangs nicht glauben; aber dann horchte er selbst an der Türe, und durch die Spalte sah er ihrer drei in der Stube, ihre Stutzen in der Hand und ihre Messer auch, und auf unsere Türe schauten sie so grimmig, da sprangen wir beide zugleich aus dem Fenster auf gut Glück.«

»Und ihr zwei Schafsköpfe habt in allem Ernst Mistreß Blunt für eine Räuberin und ihre Söhne für Räuber gehalten?« fragten ein Dutzend zugleich.

»Bei allen Mächten!« rief der Irländer in verwirrtem Staunen, »wie meint ihr das?«

»Und die Hirsche, die sie in der Nacht zu jagen ausgingen, auf Euch gedeutet?« fragten andere zwanzig, »und die geschlachteten Schweine für gemordete Menschen angesehen? und Euer gescheiter Kompagnen, der Midshipman im ›Donnerer‹ Sr. britischen, allerexzellentesten Majestät, hat sich auch aus dem Fenster salviert?« fragte ein dritter Haufe.

»Ach, der sprang,« rief der Ire, in dessen neblichtem Gehirn es allmählich zu tagen anfing, »der sprang, als ob der Donner in den Maienmast hineingeschlagen hätte. Flugs war er durchs Fenster; aber der arme Gentleman war aus'm Regen in die Traufe gekommen und schrie, als ob er am Spieße steckte; er war einem brummenden Bären in den Rachen gelaufen.«


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