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III.
Geschichte des blutigen Blockhauses

»Und hatten wir sonach beschlossen, unser Recht mit unserm besten Blute und unsern besten Kräften zu verteidigen, und machten wir auch Anstalt zu dieser Verteidigung.

Und fällten Bäume, mehrenteils junge Zypressen, und schleppten sie hinüber und hauten sie zu, und dann zogen wir sie mit Stricken herauf und blockten sie auf, ganz wie Ihr seht – ein Viereck, vierzig Fuß lang, bei vierzig breit, und in die Mitte stellten wir einen Kamin; – war das nicht alles.

Asa, der bei Brandywine mitgefochten und an der Seite Lafayettes gewesen, als er verwundet wurde, und später in den Carolinas bei Cowpens und gegen Cornwallis, und da das Verpalisadieren gesehen und den Nutzen, den es gewährt, wenn ein Dutzend oder halbes tüchtiger Scharfschützen dahinter steht, der ließ uns Palisaden schlagen und spitzig zuhauen und die Löcher in den Mound graben und sie in diese einrammeln und sie verbinden mit Zweigen, so daß sie nicht leicht ausgerissen werden konnten; und nachdem wir das Blockhaus aufgeblockt, errichteten wir, wie gesagt, die Stockade, und nachdem wir mit dieser fertig, deckten wir das Blockhaus mit Clapboards.

Nahmen die Clapboards von Schwarzkiefern, die Jonas und Righteous eine halbe Meile von hier fällten und spalteten und dann auf einem Schlitten herüberschleiften. – War sehr gefehlt, das – denn Schwarzkiefern brennen Euch, wenn sie ein paar Tage in der Luft ausgetrocknet sind, wie Zunder weg, war uns aber die Zeit zu kurz, festeres Holz zu nehmen. Hatten bloß sechs und sieben Fuß dicke Zypressen, und die lassen sich nicht so leicht spalten – so mußten wir zu den v–ten Schwarzkiefern greifen, die uns aber in eine heillose Klemme brachten, wie Ihr zu seiner Zeit hören werdet.

Hatten also das Blockhaus aufgerichtet und die Dachbalken darüber, und belegten diese mit den Dachdauben, und nagelten und hämmerten das Ganze zusammen, und auch den Kamin, so daß unsere Weiber zur Not kochen konnten, und füllten die Whisky- und Mehlfässer und Geschirr, so viel als vorrätig, mit Wasser und brachten unsere Gerätschaften und Schinken und Pflüge und Notions und Mehl und Welschkorn und alles und alles herein ins Blockhaus, und waren schier Tag und Nacht beschäftigt, alles fix und fertig zu machen, ohne daran zu denken, daß uns die heillosen Clapboards von Schwarzkiefern in eine so v–te Teufelei bringen würden.

Und kalkulierten, daß die spanischen Musketiere vor einem Monat oder auch zweien nicht kommen würden, denn wußten so ziemlich genau die Stärke der Besatzung des Forts von Natchitoches, betrug beiläufig zweihundert Mann, und alle konnte sie der Kommandant nicht gegen uns schicken, kalkulierten wir; und ehe er Verstärkung von den Forts am Mississippi oder von Neuorleans heraufbringen konnte, mußten wenigstens an acht Wochen verlaufen, kalkulierten wir.

Und tröstete uns dieses sehr, denn wären die Spanier in den vier Wochen gekommen, wäre unser Blockhaus nicht fertig geworden, und mit sechs Riflen, wenn sie noch so gut sind, läßt sich nicht gegen sechzig fechten, das wußten wir; ist ein glorioses Ding, eine Rifle, in einer tüchtigen Hand und bei einem scharfen Auge, kann aber doch nicht, wie der Eselskinnbacken in der Bibel, hundert auf einen Hieb niederwerfen.

Und eilten wir also, das Blockhaus fix und fertig zu machen, was die Hauptsache war, und die Palisaden dazu zuzuspitzen und einzugraben, alles, wie Asa es haben wollte, und stellten alles, so wie Ihr es hier seht, fünf Schritte vom Blockhause, so daß ein Zwischenraum war, in dem wir uns frei bewegen konnten, und die Palisaden zuerst genommen werden mußten, ehe sie dem Blockhause etwas anhaben konnten. Und nahm uns das ganze vier Wochen.

Und nach vier Wochen waren Blockhaus und Palisaden in Ordnung, und unsere Weiber schafften die Vorräte, die wir in Baton Rouge eingehandelt, mit allen unsern Notions, Pflügen und allem ins Blockhaus, und ließen nur das Nötigste in den Häusern, und war uns um vieles wohler und weit fröhlicher bei dem Gedanken, daß unser Blockhaus in Ordnung und wir in der Verfassung zur Behauptung; – nur blieb Asa schwermütig, betrachtete das Blockhaus oft und sagte: ›Habe die Notion, wird ein blutiges Blockhaus in kurzer Zeit werden; und sage Euch,‹ sagte er, ›habe die Notion, daß einer ein blutiges Grab finden wird, und wer es ist, das weiß ich am besten.‹

Sage ihm: ›Stille, Asa! Was sind das da für Notions? Wozu uns das Herz schwer machen? Brauchen leichte Herzen, Asa.‹

Und schien Asa wieder heiter und ging wieder ruhig an die Arbeit, die wir ausgesetzt hatten, aber da wir nicht immer die Gäule brauchten, so patrouillierte abwechselnd einer um den andern so an zehn Meilen vorwärts und rückwärts, just um zu sehen, ob die ungebetenen Gäste noch nicht uns zu besuchen kämen. Auch bei Nachtzeit waren wir auf unserer Hut, und jede Nacht hatten zwei abwechselnd die Wache, die auf- und abpatrouillieren mußten. Und wie wir eines Morgens im Busche arbeiten und Bäume ringeln, kommt Rigtheous dahergesprengt.

›Sie kommen, ihrer wenigstens hundert‹, schreit er.

›Jetzt gilt es,‹ sagt Asa so gelassen, als ob er seine Rifle auf einen Hirschbock anlegte, ›jetzt gilt es. Sind sie noch weit weg?‹

›Sie kommen gerade auf die Prärie zu, in einer halben Stunde mögen sie da sein‹, sagt Righteous.

›Wie kommen sie? Avantgarde? Arrièregarde? Wie stark mögen sie sein?‹

›Nichts von alledem, marschieren in einem Haufen. Mögen ihrer wohl an hundert sein‹, sagt Righteous.

›Dann haben wir gewonnen Spiel – verstehen nichts vom Militärwesen, wissen nichts vom Buschkriege, sind Bradockianer Anspielung auf den General Bradock, der sich bei Pittsburg von den mit den Franzosen verbündeten Indianern überfallen ließ und, mit Ausnahme der von Washington kommandierten Arrièregarde, sein ganzes Heer einbüßte.‹, sagt Asa.

›Jetzt fort mit Euch Weibern, fort!‹ schreit Asa; ›fort, laßt alles liegen und stehen und fort; wir folgen und decken Euch den Rücken, zwei voraus, um zu sehen, ob sie unsern Versteck nicht ausgewittert.‹

Righteous galoppierte sogleich, wie er war, dem Blockhause zu, um, falls sie es ausgewittert, vor ihnen da zu sein; war aber keine Gefahr – ahnten nicht mehr vom Blockhause als unsere wilden Truthühner.

Und nahmen noch die Weiber das Rumpelzeug, das zurückgeblieben war, mit; viel gab es nicht, denn Hinterwäldler, wie Ihr wißt, befassen sich nicht damit, ganze Schiffsladungen unnützen Zeuges mitzuschleppen. Nahmen aber, was noch da war, und marschierten ab, und zogen uns am Rande dieses Waldes unserer Zitadelle zu, in der Righteous bereits war. Hatte die verborgene Pfostentüre geöffnet und die Staffelleiter herabgelassen.

Und stiegen auf der Leiter hinauf, nachdem wir unsere Gäule gegen den Sumpf zugetrieben, und ihnen die Füße eingehenkelt, auf daß sie sich nicht verliefen, und zogen dann die Leiter nach und rammelten die Pfostentüre zu, und da waren wir.

War uns doch ein wenig sonderbar zumute, als wir eingeschlossen zwischen den Palisaden und nur durch Ritzen, so groß, daß Ihr Eure Rifles durchstecken konntet, schauen konnten, was draußen vorgeht. Wurde uns schier bange, waren das Eingeschlossensein nicht gewohnt.

Wurden so still, mausestill, und verlief uns eine Minute nach der andern, und war höchstens ein Gewisper zu hören. Rachel zerschnitt alte Hemden und strich Fett auf die Stücke und zerschnitt sie zu Kugelhülsen, wir setzten frische Steine an unsere Rifles und putzten sie fix und fertig, und die Weiber schliffen die Äxte und Weidmesser, alles in der Stille.

War uns so eine lange Stunde vergangen, hörten endlich Lärmen und Geschrei und auch Musketenschüsse, und sahen auch endlich durch die Ritzen die spanischen Musketiere, wie sie auf dem Kamme, auf dem unsere Häuser standen, die wir aber nicht sehen konnten, hin und her liefen.

Aber auf einmal wurden wir Euch alle doch so bleich!

Stieg zuerst eine Rauchsäule auf, dann eine zweite, eine dritte. ›Gott gnade uns!‹ sagt Rachel, ›die Mordbrenner haben unsere Häuser in Brand gesteckt.‹

Und wir zitterten alle vor Wut. Hört! Wenn Ihr Euch so vier bis fünf Monate abgeschunden habt, ärger als das unvernünftige Vieh, und Euch für Eure Weiber und die armen Würmer, die sie getragen, eine Blockhütte zusammengebaut, und so ein höllischer Feind kommt und brennt sie weg, als wären es Stoppeln in einem Welschkornfelde, hört, da müßtet Ihr keine Menschennatur mehr haben, wenn Euch da nicht die Zähne klapperten und sich die Fäuste ballten. Und klapperten uns die Zähne, standen aber still, die Wut ließ uns nicht reden.

Und Rachel seufzt: ›O unser Haus! Unser armes Blockhaus! Was hat unser armes Blockhaus den Mordbrennern getan? – O ihr Mordbrenner ihr.‹

›Stille, Weib!‹ sagt Asa. ›Stille, ist nicht Zeit zum Lamentieren. Mögen vielleicht bald auslamentiert haben.‹

›Herr, dein Wille geschehe!‹ sagt Rachel. Ist frommer Leute Kind, Rachel, die ihre Bibel liest. Und holte sie diese auch hervor, sagt aber Asa: ›Ist jetzt nicht Zeit zum Beten, so gerne ich dies sonst tue, sondern zum Handeln – lasse das, Rachel.‹

Und legte Rachel wieder die Bibel weg, und wir schauten nun, ob alles in Ordnung und legten unsere Rifles an und starrten auf unsere armen brennenden Blockhäuser.

Und wie wir so schauten und starrten, kommt es auf einmal ganz schwarz und blau da herein zwischen den beiden Waldesrändern.

Dabei deutete der Alte auf die Perspektive, die sich in den Strahlen des Mondes wie eine Bucht zwischen zwei Vorgebirgen in die weite Präriesee hinaus öffnete.

›Und kamen die Spanier‹, fuhr der Alte fort, ›wohl an die hundert herangesprungen.

War Mittagszeit – wir zählten sie, konnten aber anfangs nicht recht ins reine kommen, denn sie schwärmten ab und zu, wie wilde Tauben, und schier in keiner besseren Ordnung, mußten gar zu wenig von uns denken, sonst hätten sie sich klüger benommen; aber als sie auf fünfhundert Schritte heran gekommen, ordneten sie sich einigermaßen in Reihe und Glied, und wir zählten zweiundachtzig Mann mit Musketen und Karabinern und drei ohne – die entblößte Degen in der Hand hatten und zu Pferde saßen, von denen sie aber jetzt abstiegen.

Und waren noch sieben andere zu Pferde, die gleichfalls abstiegen und ihre Gäule anbanden, erkannten unter ihnen drei der verräterischen Kreolen, die uns in die Klemme gebracht, und den einen, den sie Groupier nannten.

Die sechs andern waren sogenannte Akadier oder Kanadier, mit deren Landsleuten wir bereits am obern Mississippi Bekanntschaft gemacht. Sind tüchtige Jäger, diese Akadier, aber verwilderte, liederliche, versoffene Barbaren.

Und waren es, habe die Notion, diese Akadier, die den spanischen Musketieren den Weg zu unserem Blockhause zuerst gezeigt, denn die Spanier stellten sich so dämisch an, daß sie, habe die Notion, wohl ein paar Stunden wie weiße Nachteulen bei hellem, lichtem Tage herumgepußt hätten, ehe sie ausgefunden, wo wir hingeraten.

Und kamen endlich die Akadier, wie gesagt, zuerst und erhoben ein lautes Geschrei, als sie das Blockhaus und die Stockade sahen, und stutzten, wie sie merkten, daß wir zu ihrem Empfange gerüstet, und traten zu dem Hauptkorps.

Und rapportierten zweifelsohne den Offizieren, die sie zwar anhörten, aber die Köpfe schüttelten, und setzte sich dann der ganze Trupp in Bewegung.

›Jetzt gilt es,‹ raunte uns Asa zu, als sie blau und weiß und braun und in allen Farben, einer aber schmutziger als der andere, herankamen.

Und marschierten sie jetzt in besserer Ordnung, der Kapitän in der Fronte, an den Flanken die Akadier, die sich aber näher an die Kottonbäume hielten und bald ganz hinter diesen verschwanden.

Als Asa dies sah, raunte er mir zu, diese wären eigentlich die gefährlichsten, von wegen ihrer schußfertigen Hand und ihres scharfen Auges, – auf diese müßten wir es vorzüglich anlegen. Die übrigen verständen nichts vom Buschkriege, sagte er, mit denen würden wir wohl fertig werden.

Und marschierten die Spanier und kamen näher, waren nur noch ein hundert Schritte vom Blockhause und gerade zum Schusse; fragt Righteous: ›Sollen wir knallen lassen gegen die Mordbrenner –?‹

›Gott behüte!‹ sagt Asa, ›uns geziemt das nicht; wollen uns wie Männer verteidigen, aber warten, bis sie uns angreifen, kommt dann ihr Blut über sie; und fallen wir, so fallen wir im Kampfe für unser Leben und unserer Weiber Leben; – wollen aber auf Rechtsgrunde stehen bleiben.‹

Und als nun die Spanier bis auf hundert Schritte vom Blockhause herangekommen, und deutlich sahen, daß sie erst die Palisaden nehmen müßten, um zu uns zu gelangen, hielten und besprachen sich die Offiziere.

Und rief Asa ihnen ein Halt zu.

Und rief der Kapitän wieder ein Messieurs les Américains entgegen.

›Was gibt es?‹ fragte Asa durch die Palisadenritze.

Und steckte der Kapitän ein schmutziges Sacktuch auf die Spitze seines Degens und sprach lachend zu seinen Offizieren, und trat dann zwanzig Schritte vor – hinter ihm drein seine Leute.

Und rief abermals Asa aus der Stockade ›Halt‹ heraus. ›Das ist nicht Kriegsgebrauch,‹ rief er; ›der Parlamentär mag kommen, aber so seine Mannschaft folgt, geben wir Feuer.‹

Müßt wissen, die Spanier, die doch sonst wohl hinter den Wällen und Bäumen zu fechten wissen, standen alle in einem Klumpen. Mußten verdammt wenig von unsern Rifles halten, oder schier die Notion haben, daß wir es gar nicht wagen würden, uns um unsere Haut zu wehren, sonst wären sie klüger gewesen und hätten es wie die Akadier gemacht, die sich hinter den dicken Kottonbäumen hielten; riefen auch diese dem Kapitän zu, er solle sich in den Wald ziehen, aber er schüttelte verächtlich den Kopf.

Wie er aber Asa nochmals Halt rufen hört und schreien, daß er Feuer gebe, wurde ihm doch ein wenig angst, sahen es, und mochte wohl die Notion haben, daß unsere Kugeln ihn nicht fehlen würden.

Und schrie er ›Halt, und schießt nicht, bis ich Euch eröffnet habe.‹

›Dann macht es kurz!‹ schrie Asa zurück. ›Wenn Ihr etwas zu eröffnen hattet, dann solltet Ihr es, wenn Ihr Kriegsgebrauch versteht, vor Eröffnung der Feindseligkeiten getan, nicht aber wie Mordbrenner unsere Häuser niedergebrannt haben.‹

Und knallten, während Asa so sprach, drei Schüsse hintereinander aus dem Walde herüber.

Waren die Kreolen, die zwar Asa nicht sehen konnten, aber habe die Notion, durch die Ritzen der Palisaden einen seiner Knöpfe oder seine Rifle blinken sahen, und in dieser Richtung und der Stimme nach anlegten und krachen ließen.

Und sprangen die beiden Verräter ebenso schnell wieder hinter den Baum, und lugten vor, um zu hören, ob nicht ein Wimmern ausbräche. Sah sie aber Righteous und ich ihre verräterischen Köpfe vorstrecken, und ließen wir zusammen krachen, und im nächsten Augenblicke taumelten sie nieder, um nicht mehr aufzustehen. Waren zwei der Kreolen, mit denen wir den Pferdehandel hatten, einer davon der Verräter, der sich Groupier genannt.

Und wie die spanischen Musketiere die Schüsse hören, denn sehen konnten sie nichts wegen der vorspringenden Waldesecke, lief der Offizier über Hals und Kopf zurück und schrie: ›Vorwärts zum Angriffe!‹ Und die Spanier sprangen und liefen wie närrisch ein dreißig Schritte vorwärts, und als glaubten sie, wir seien wilde Gänse, die sich vom bloßen Büchsenknall vertreiben lassen, schossen sie ihre Musketen auf das Blockhaus los.

›Jetzt ist die Zeit‹, sprach Asa – ›sie wollen es nicht besser. Habt Ihr wieder geladen, Nathan und Righteous? Ich nehme den Kapitän, du Nathan den Leutnant, Righteous den dritten Offizier, James den Sergeanten. Versteht Ihr, daß nicht zwei einen nehmen, dürfen unsere Kugeln nicht umsonst verschießen.‹

Und waren die Spanier noch sechzig Schritte entfernt, aber waren wir auf hundertundsechzig unseres Schusses gewiß, und wenn sie Eichhörnchen gewesen wären, und ließen krachen, und jeder Schuß nahm seinen Mann. Und der Kapitän und der Leutnant und der dritte Offizier und die beiden Sergeanten und noch einer lagen da und krümmten sich, bald hatten sie ausgekrümmt.

Und entstand ein totaler Wirrwarr unter den achtzig Musketieren, oder wie viele ihrer waren, die einen liefen hin, die andern her; die meisten liefen dem Walde zu, aber ein Dutzend oder auch mehr blieben und hoben den Kapitän und ihre Offiziere auf, um zu sehen, ob noch Leben in ihnen wäre.

Wir aber, nicht träge und ohne erst auf Asa zu hören, der uns zuraunte, frisch zu laden, hatten schnell die Kugeln in unsern Büchsen und ließen abermals krachen, und fielen abermals sechs. – Jetzt ließen, die noch standgehalten, alles liegen, wie es fiel und lag, und liefen, als ob ihnen die Schuhsohlen brannten.

Wir aber putzten so schnell, als es ging, unsere Rifles, wohl wissend, daß wir es später nicht mehr würden tun können, und daß ein einziger versagender Schuß uns alle verderben könne. Und nachdem wir unsere Rifles geputzt, laden wir, und kalkulieren, was wohl die Musketiere zuerst anfangen werden.

Waren zwar die Offiziere gefallen, aber von den Akadiern waren noch fünf am Leben, und diese gerade am meisten zu fürchten. Die Turkey-Bussards hatten sich bereits gesammelt, und kamen ihrer immer mehrere und mehrere. Zu Hunderten kamen sie angeflogen, uns umkreisend und die Gefallenen.

Und wie wir so auf der Lauer stehen, auf allen Ecken hinaus in den Wald lugend, winkt mir Righteous, der ein prächtiges Auge hat, und deutet da hinunter auf die Waldesecke, wo sich das Unterholz anschließt.

Und ich winke Asa, der gerade geladen, und wir schauen, und wie wir schauen, sehen wir, daß es kriechendes Getier ist, das sich im Unterholz herumwindet, um auf die östliche Waldesseite zu gelangen. Und sahen wir deutlich, daß zwei Akadier voran waren, und ein zwanzig Musketiere hinterdrein oder mehr.

›Nimm du, Nathan,‹ sagt Asa, ›und du, Righteous, die Akadier, wir nehmen die Spanier, wie sie herankriechen, der Reihe nach.‹

Und nahmen wir sie so und ließen krachen, und die zwei Akadier mit vier Spaniern krümmten sich und blieben liegen, aber einer der Akadier, den wir übersehen hatten und der hinter einem Spanier kroch, der sprang auf und schrie: ›Mir nach, frisch mir nach, haben abgeschossen, ehe sie geladen, sind wir im Walde. Wollen es doch noch haben, das Blockhaus.‹

Und sprang der Akadier auf, und die Spanier hinterdrein, und ehe wir geladen hatten, waren sie im Walde drüben. Wir knirschten vor Wut, daß uns der Akadier entgangen.

Merkten bald, daß noch drei Akadier oder Kreolen, was sie waren, übrig geblieben, denn übernahmen nun den Befehl über die Spanier, die einsehen gelernt hatten, daß ihre Offiziere nichts vom Buschkriege verstanden, und war unsere Lage nicht um vieles besser als gleich anfangs, wie sie noch alle beisammen waren; kamen ihrer noch immer zehn auf einen von uns. Aber war uns der Mut nicht gesunken, ganz und gar nicht; hatten nur jetzt schwereres Spiel, weil wir unsere Aufmerksamkeit und Kräfte teilen mußten und der Feind gewitzigt war.

Und wir hatten bald darauf alle Hände voll zu tun, und war es hohe Zeit, die Augen offen zu behalten, denn wo sich nur einer von uns an einer Ritze zeigte – die Kugeln hatten Späne aus den Palisaden gerissen und Löcher gemacht –, da knackten ein und auch mehrere Schüsse lustig darauf los, hielten sich jetzt aber hinter den Bäumen.

Hatten zwar einige Male Gelegenheit, unsere Büchsen knallen zu lassen, und ein vier oder fünf Musketiere mußten nieder, aber wurde uns die Zeit schier lang.

Und hatten die Spanier sich, merkt Ihr, auf beiden Seiten des Waldesrandes geteilt, und schossen herüber, und achteten wir nicht viel darauf; – gaben uns aber auf einmal ein lautes Hurra.

Hatten verdammtes Werg zu ihren Ladungen genommen, und einer ihrer Schüsse gezündet. – Merkten es nicht sogleich, aber begann zu knistern und zu prasseln im Dache, in den Schwarzkiefer-Clapboards.

Und wie die Spanier das sehen, geben sie ein dreimaliges Hurra, und dann hielten sie sich abermals still.

Und wir schauen hinauf auf das Dach, konnten bereits das Flämmchen sehen, das leckend im Dachstuhl weiter fraß, und die Spanier hörten wir wieder mehr und mehr jubeln, und sagt Asa:

›Dem Dinge muß ein Ende gemacht werden, sonst braten wir hier wie Hirschkeulen zusammen; muß einer hinauf in den Kamin mit einem Kübel Wasser – will selbst hinauf.‹

›Nein, ich will hinauf, Asa!‹ sagt Righteous.

›Bleibe du hier, einer gilt wie der andere. Will hinauf und das Feuer löschen‹, sagt Asa.

»Ist jetzt, wie Ihr seht, das Blockhaus leer,« sprach der Alte, »war aber damals voll von uns und unserer Rumpelkammer und Notions, und nahm Asa einen Tisch und stellte darauf einen Stuhl, und Rachel reicht ihm den Kübel mit Wasser, und er zieht sich an den Haken, die wir in den Kamin eingeschlagen und darauf unsere Hirschkeulen gehängt, hinauf und zieht dann den Kübel nach.

Und wurden Euch die Spanier immer toller und ihr Geschrei immer ärger, war hohe Zeit, dem Feuer Einhalt zu tun.

Und hatte Asa nun den Kübel hinaufgezogen, und schüttet den Kübel Wasser aus, und Righteous sagt: ›Mehr links, Asa, mehr links frißt die Flamme am stärksten.‹

›Das ist ein verdammtes Links, kann es nicht sehen,‹ sagt Asa; ›reicht mir aber noch einen Kübel mit Wasser.‹

Und wir reichen ihm den zweiten Kübel mit Wasser, und Asa streckt den Kopf hinaus aus dem Kamine, nur um zu schauen, wo das Feuer eigentlich lecke, und dann schüttet er das Wasser darüber hin, aber in dem Augenblicke knallen wohl ein Dutzend Schüsse, hatten ihn gesehen die Spanier.

›Halt!‹ ruft Asa mit ganz veränderter Stimme, ›halt, ich habe es. Laßt sie schreien und springen, die Teufel.‹

Und in demselben Augenblicke kommen Schinken und Hirschziemer herab aus dem Kamine, und ein Gepolter, und gleich darauf Asa – ganz blutig.

›Um Gottes willen, Mann, du bist erschossen.‹

›Stille, Weib! Stille, sage ich dir‹, sagt Asa. ›Hab' genug für alle Tage meines Lebens, die kurz genug sein werden, aber wehret Euch, Jungens, und schießt ja nicht zwei auf einen, verschwendet keine Kugel, werdet sie brauchen. Versprecht mir das!‹

›Asa, mein liebster, bester Asa, du tot! Dann mag ich nicht mehr leben, ich will dir folgen‹, schreit Rachel.

›Stille, törichtes Weib – vergissest, daß ein Asa zurückbleibt und du einen zweiten im Leibe trägst. Stille, sage ich dir, hört die Spanier – wehrt Euch, und schützt mein Weib und Kind, und Nathan sei an Vaters Stelle, versprich mir das!‹

Hatten aber keinen Augenblick mehr Zeit, dem sterbenden Asa zu versprechen oder die Hand zu drücken, denn die Spanier, die erraten haben mußten, was vorgegangen, waren wie wütende Kobolde auf unsere Stockade losgesprungen.

Wohl ein zwanzig kamen von jener, ein dreißig und drüber von dieser Seite.

›Und ruhig!‹ schrei' ich, ›ruhig! Du, Righteous, her zu mir, und Rachel, jetzt kannst du zeigen, daß du Hiram Strongs Tochter und Asas Weib bist, du ladest Asas Rifle, sowie ich abgeschossen.‹

›Gott, o mein Gott, o mein Asa‹, schreit Rachel – ›o mein Asa, den die Höllenhunde verräterisch erschossen.‹

Und hing sie an ihres Mannes Leichnam, und war nicht wegzubringen, und war ich Euch schier böse darüber, aber die Feinde gaben mir keine Zeit zum Bösesein.

Und kam ein Trupp, von einem der beiden übrig gebliebenen Akadier angeführt, mit Flinten und Äxten auf meiner Seite heran und herauf. Ich schoß ihn nieder, gerade wie er oben war; aber ein anderer Akadier, der sechste und vorletzte, springt an seine Stelle.

›Rachel, jetzt das Gewehr! Mein Gott, Rachel, die Rifle, um Gottes willen die Rifle, eine Kugel mag so viel wert sein wie das Blockhaus und unsere Leben!‹ schrei ich. War aber keine Rachel da, und der Akadier mit den Musketieren, die aus dem Aussetzen unseres Feuers errieten, daß wir entweder nicht geladen oder unsere Munition verschossen, die sprangen nun wie höllische Feinde lachend heran, und einer den andern hebend, kletterten sie den senkrecht aufsteigenden Rasen herauf, ein halbes Dutzend mit ihren Äxten, voran der Akadier, der tüchtig auf die Palisaden ein- und das Flechtwerk auseinanderhaut.

Wären ihrer nur drei gewesen wie dieser Akadier, dem Teufel seine Gerechtigkeit! so war es um uns geschehen, denn auf der anderen Seite waren gleichfalls ein Dutzend mit dem siebenten dieser v–ten Akadier, und von dorther also keine Hilfe möglich. Aber die Spanier, entweder fehlte ihnen der starke Arm oder das Geschick, so hämmerten sie zwar auch tüchtig darauf los, waren aber wahre Kinderschläge; aber der Akadier, gerade wie Righteous geladen und wieder einen niedergeschossen, reißt er die Palisade wie, weiß ich noch zur jetzigen Stunde nicht, mußte auswärts ein Ast stehengeblieben sein – reißt sie kurz heraus, hebt sie wie einen Schild vor gegen mich, schleudert sie auf mich, wirft mich zurück, daß ich taumele, und springt herein. – Jetzt war es um uns geschehen. Righteous gab zwar dem nachkommenden Spanier mit seiner Rifle eines auf den Kopf, den nächsten stach er mit seinem Weidmesser nieder, aber dieser Akadier war Mann genug, uns alle in die Teufelei zu bringen; da fällt ein Schuß, der Akadier taumelt, im nächsten Augenblick springt mein zehnjähriger Bube Godsend mit Asas Rifle auf mich zu, hatte sie aufgerafft, die Rifle, wie er sah, daß Rachel es nicht tat, und sie geladen, der herzige Bube, und ihn flink niedergeschossen, den Akadier, der gloriose Bube. Und jetzt besinne ich mich, greife nach der Axt, und diese wieder in der Hand, stürze ich auf die Spanier los, und schmetterte in sie hinein, in der rechten Hand die Axt, in der linken das Weidmesser. War ein wahres Metzeln, das eine gute Viertelstunde und darüber dauerte, verging ihnen endlich die Lust, und wäre ihnen früher vergangen, hätten sie gewußt, daß der Akadier gefallen, und wehrten sich wohl nur, weil sie oben waren, und sie sich um ihre Haut wehren mußten und in der Verwirrung nicht wußten, wie sie wieder hinunter sollten. Sprangen aber endlich alle über den Rand hinab und liefen, die nämlich laufen konnten, und hatten wir Ruhe auf dieser Seite.

Und springe ich mit Righteous, um die Palisade einzusetzen, und sage meinem Buben, er soll acht haben auf die Spanier, dann laufe ich auf die andere Seite, wo der Kampf schier ebenso verzweifelt vor sich ging.

Waren da drei unserer Männer und die Weiber, die mit Spießen und Pockers und Äxten mithalfen, und hatten die Spanier mit ihren Bajonetten durch die Palisaden gegen unsere Männer gestoßen und mehrere verwundet, bluteten wie angeschossene Stiere, aber Rachel war wieder zu sich gekommen von ihrem Schmerze um Asa, und riß sie und die Weiber den Spaniern die Bajonette durch die Palisaden aus den Händen, und die Musketen dazu, und beide Teile, indem sie hin- und herzerrten, zerren sie die Palisaden so weit auseinander, daß die dünnleibigen Spanier, von ihren Hintermännern gedrängt, hereinkommen. Kamen gerade herbeigesprungen, als ein paar dieser olivengrünen Dons sich hereingezwängt hatten, statt ihrer Musketen nun ihre kurzen Säbel in der Hand, kürzeres Werk mit uns zu machen. Sind fertig in diesen Handgriffen, die Spanier. Sprang einer auf mich zu, und ohne meine Weidmesser war es um mich geschehen, denn fehlte an Raum, um die Axt zu schwingen, gab ihm aber zuerst einen Faustschlag, der ihn schier zu Boden warf, und stach ihm dann das Weidmesser in den Leib, und sprang vor und riß Rachel eine der Musketen aus der Hand, und sie umkehrend – die Kolben der Spanier sind viel schwerer als die unserer Rifles, war mir auch leid um meine Rifle – schlug ich die Spanier auf die Köpfe, links und rechts, und schrie den Weibern zu, sie sollten ins Blockhaus und uns nicht im Wege sein und die Rifles laden und alles andere liegen und stehen lassen, den Akadier müßten wir noch haben, war der letzte; – und Godsend lud meine Rifle, und die Weiber luden die andern, und während wir an der Stockade kämpfen, stellen sich um uns herum die braven Weiber, unsere herrlichen Weiber im Blockhause auf, und schießen in die Spanier drein, – und das wirkte. –

Fielen ihrer drei oder vier, darunter, zum Glücke, der Akadier. Wie die Spanier das sehen – sind wie die Hunde, diese Spanier, die nur anpacken, wenn es ihnen ein Vormann so zu tun heißt, – springen sie mit einem Dios und Carracco und Maleditos Gojos! da hinab, und laufen, als wenn eine Petarde unter sie gefahren wäre.«

Der Alte hielt inne und holte tief Atem, denn er war während der Schilderung der letzten Szenen ungemein lebendig geworden. Erst nachdem er wieder Luft geschöpft, fuhr er fort:

»Ja, diese halbe oder ganze Stunde, wie lange sie gedauert, könnte ich euch unmöglich sagen, war mir kurz und lang, kurz und tödlich lang zugleich. Ist bei meiner Seele kein Spaß, wenn man sich so gegen ein schier hundert spanisches Gewürm um seine Haut zu wehren hat, und um der Seinigen Haut und seiner lieben Kinder Haut. Waren Euch doch so hunds- und todesmüde, daß wir gerade wie übertriebene Ochsen oder Kälber niederfielen, ohne aufs Blut zu achten, das so dick rann, als ob es Blut seit dem Morgen geregnet hätte. Lagen ein siebzehn Spanier mit den zwei Akadiern innerhalb der Stockade, hatten sich ausgeblutet, und wir bluteten auch wie angeschossene Säue; waren alle leichter oder schwerer verwundet; hatte ich mehrere Stiche, andere Schießwunden, die zwar nicht gefährlich, aber doch ziemlich tief waren, fielen, wie gesagt, in alle Ecken und Winkel hin, gerade wie Büffel, die angeschossen, sich einen Schlupfwinkel suchen, um ihr Leben auszuhauchen. Hätten die Spanier jetzt angegriffen, so waren wir ohne Rettung verloren; denn merkt Ihr, während der Schlacht, solange das Blut fließt, spürt Ihr nicht leicht die Abnahme Eurer Kräfte, aber sobald sie vorüber, werden Eure Glieder steif, und seid Ihr dann zu nichts mehr nütze.

Waren zu nichts mehr nütze, aber erfuhren jetzt, wozu unsere Weiber nütze waren. Hatten unsere Schuldigkeit getan, jetzt taten sie unsere Weiber. Kamen mit Fetzen und Bandagen, und Rachel, die etwas von der Medizin versteht, die kam mit ihren Zangen und Scheren und zog Righteous und Bill und James die Kugeln aus dem Fleische, dann verband sie ihre und meine Wunden. Die übrigen Weiber machten Feuer und kochten zuerst eine Suppe, denn zu etwas anderem hatten wir keinen Appetit, und schleppten uns ins Blockhaus, um nur aus der geronnenen Blutlache zu kommen, und legten sie uns da sanft auf Tillandsea-Matratzen. Und während wir auf unserm Schmerzenslager wimmern, sagt Godsend, mein Bube: ›Vater!‹ sagt er, ›Vater, soll ich die Rifles nicht laden?‹

›Jawohl‹, sage ich, ›Godsend, lieber Bube, lade sie, ich kann nicht, bin so schwach, daß ich den Kopf nicht heben kann.‹ Hatte auch einen Stich im Nacken.

›Und die spanischen Musketen?‹ sagte Godsend.

›Auch die‹, sage ich, ›lade sie alle, obwohl ihre Läufe zu groß sind für unsere Kugeln, führen zweilötige Kugeln, und wir achtundzwanzig auf ein Pfund – aber lade sie, Godsend. Aber Godsend‹, sag' ich, ›Godsend, hab' die Notion, daß wenn die Spanier ihre Rifles zurückgelassen, ihre Patronentaschen, wie sie sie nennen, auch nicht weit sein werden – verstehst du, Godsend?‹

Und Godsend, mein herziger Bube, lud unsere Rifles und die spanischen Musketen mit spanischen Patronen und stellte sie in der Reihe auf, sechs Rifles und wohl zweimal so viele Musketen – und jetzt dachte ich, könnten wir wohl ruhig schlafen.

Und sagten die Weiber, wir sollten nur ruhig schlafen, und sie wollten wachen und schauen, ob die Spanier noch einen Angriff vorhätten. Und wachten sie abwechselnd, war aber und blieb alles still, bis auf die Geier und weißköpfigen Adler und Turkey-Bussards, die einen heillosen Lärm schlugen.

Sonst aber blieb alles still, die ganze Nacht hindurch, und war Godsend schier die ganze Nacht mit den Weibern auf, die uns Suppe gaben und unsere Wunden verbanden, wenn sie sich durchs Hin- und Herwerfen auf dem Lager öffneten, und ward es so still bis den folgenden Morgen.

Und wie der Tag anbrach, sagt Jonas, der am wenigsten davongetragen: ›Will doch hinaus, und Godsend soll mit mir, um zu sehen, ob sich noch etwas von den Spaniern zeigt.‹

Und ging er mit Godsend hinaus; – fand draußen über die zwanzig Tote und einige tödlich und leicht Verwundete, die ihn um Gottes willen um einen Trunk Wasser baten.

Und sagt ihnen Jonas, sie sollen alles haben, müßten ihm aber sagen, ob die Spanier noch da wären, oder ob sie abgezogen.

›Sind abgezogen, sind fort, die Bösewichte, und haben uns zurückgelassen, die Bösewichte, fort sind sie, fort‹, sagen sie.

Traute aber Jonas doch dem Landfrieden nicht ganz und rief eines der Weiber, und sagt, sie möchte etwas Suppe bringen und Wasser, um den Armen einen Labetrunk zu geben.

Sagt Rachel: ›Laßt sie verschmachten, die Hunde, die meinen Mann so verräterisch umgebracht.‹ Sag' ich aber: ›Rachel! Nein, Rachel, das ist nicht christlich und nicht wie deines Vaters Tochter gesprochen. Lägest du so, wie wir, blutig da, würdest anders reden.‹

Und sagt sie: ›Du hast recht, Nathan. Gott verzeih mir meine Sünden, und geh', Jonas, und nimm so viel du tragen kannst, und schau', wie viele ihrer sind.‹

Und nahm Jonas einen Kübel mit Wasser, einen mit Suppe und Löffel und Becher, und ging, und schüttete den armen Tröpfen, die gegen uns gefochten, warum wußten sie selbst nicht, den Labetrunk ein, und sagte ihnen, sobald wir imstande wären, wollten wir sie ins Blockhaus nehmen, und verbunden sollten sie gleichfalls werden.

War aber dies keine so leichte Sache; denn wie Ihr seht, ist der Mound gute dreißig Fuß hoch; und verwundete Leute eine solche Höhe, die beinahe senkrecht ist, heraufzuziehen, war, da wir Männer uns selbst vor Schmerzen kaum regen und bewegen konnten, für die Weiber schier zu hart. War auch das Blockhaus so voll von Rumpelwerk und die Stockade so voll von Toten, daß Rachel, meine Schwester, hinab mußte, um ihre Wunden zu verbinden.

›Was sollen wir aber mit den Toten anfangen? Die Turkey-Bussards und Getier aller Art kommen zu Tausenden‹, sagt Rachel, als sie wieder zurück war.

Und konnten wir den greulichen Lärm hören, war es doch eine harte Sache, Christen so von abscheulichem Gewürm verzehrt zu sehen, statt sie in ein Grab, wie sich's gehört und gebührt, gelegt zu wissen. Sag' ich, ›Rachel,‹ sag' ich, ›den Toten können wir zum Leben nicht mehr helfen, aber zu einem ehrlichen Grab, zu dem können wir ihnen verhelfen. Wohl, so geht, ihr Weiber, und ihr versteht mit Schaufeln und Grabscheiten umzugehen, und öffnet ein Grab, und Jonas wird die Toten hineinwerfen.

Und sie gingen, war hohe Zeit, denn die Geier und Turkey-Bussards und alles Getier hatte sich zu Tausenden herbei getan.

Und öffneten ein großes Grab drüben, und Jonas schleppte die Leichname zusammen. Was er an Geld und Uhren und derlei Dingen bei ihnen fand, nahm er. Die Offiziere hatten zusammen etwa ein fünfzig Dublonen, die übrigen etwa ein Hundert Dollars, ließ ihnen aber ihre Kleidung, nur ihre Waffen und ihr Geld, das war verfallene Kriegsbeute, die nahm er. Und sammelte er auch an die fünfzig Musketen.

Und warf er einunddreißig Leichen hier in das Grab, über dem sich der Hügel, den eben jetzt die Mondesscheibe beleuchtet, erhebt, und vier, die in der Nacht darauf starben, sind auf der andern Seite begraben. Und waren wenig Verwundete, denn unsere Rifle verwundet nicht gern, macht lieber gleich tot.

Und nahm dieses Grabmachen unsern Weibern schier den ganzen Tag weg, und abends machten sie Anstalt, die sieben leichter Verwundeten ins Blockhaus zu bringen. Und hoben sie teils herauf, teils zogen sie sie auf Stricken zu den Palisaden und zwischen die Stockade herein, aus der die Toten weggeschafft worden waren.

Und war uns nach diesem christlichen Werke ungemein wohl – und schliefen wir diese Nacht viel ruhiger.

Und hatten unsere trefflichen Weiber den folgenden Tag alle Hände voll zu tun, um zwölf Verwundete zu pflegen, und zu kochen, und unsere Schmerzen zu lindern, die, kann ich Euch sagen, höllisch waren. – Und waren unter den nicht gefährlich Verwundeten zwei Akadier, die mit Schußwunden im Schulterblatte davongekommen.

Und schienen uns diese Akadier fromme christliche Gesellen, wimmerten jämmerlich und jammerten, daß sie gezwungenerweise gegen uns mit mußten, und wollten alle Tage ihres Lebens des Guten nicht vergessen, das wir ihnen widerfahren lassen, und bedauerten, sagten sie, daß sie gegen uns gezogen.

Und sagten wir, wir bedauerten es auch, da wir aber die Bekanntschaft gemacht, so hofften wir, wir würden künftig gute Freunde bleiben, denn, sagt unser Sprichwort: Freundschaft, auf dem Schlachtfelde geschlossen, währt bis in den Tod.

Und war uns am dritten Tage ein wenig besser. Und konnte ich mich bereits von meinem Tillandsea-Lager erheben, obwohl mit vielen Schmerzen. Und rief ich Rachel und die Weiber, und sage zu ihnen:

›Unsere Lage ist nicht die am weichsten gebettete, – hab' ich die Notion, – unsere Häuser niedergebrannt, wir niedergeworfen, daß wir schier nicht aufstehen können, alles um uns herum Blut und Leichname, kalkuliere, wir müssen Rat halten, was nun zu tun ist.‹

›Kalkuliere, das ist eine schwere Sache‹, sagen Jonas und Righteous.

›Haben aber getan, was wir tun mußten‹, sagt James. ›Kein Hinterwäldler hätte in unserer Lage braver getan.‹

›Richtig,‹ sag' ich, ›habt ganz recht, haben getan, was wir tun konnten und mußten, aber jetzt ist nicht die Frage, was wir getan, sondern was zu tun.‹

›Was zu tun?‹ sagt Rachel, die immer viel vom Geiste ihres Vaters gehabt und noch hat. ›Was zu tun?‹ sagt sie; ›der Herr hat es gesandt, was uns zugestoßen, müssen abwarten, was er weiter zu senden willens ist. Und müßt ihr Euch ruhig verhalten, und wenn ihr hergestellt seid, dann ist Zeit genug, Rat zu pflegen.‹

›Und was mit Asa?‹ sage ich.

Lag aber Asa in dem Waschkübel Rachels, mit weißer Leinwand angetan, und lag in der Ecke, wo er begraben ist.

›Asa!‹ sagt Rachel, ›mein geliebter Asa‹, und brach das Weib abermal in Tränen und Schluchzen aus. ›Und Asa‹, sagt sie, ›soll da ruhen, wo er gefallen ist. Seine Lagerstätte soll sein in dem Blockhause, das er selbst gebaut, dem blutigen Blockhause.‹

›Rachel, du wirst doch nicht hier sein Grab graben wollen?‹ sag' ich.

›Nicht jetzt, Nathan,‹ sagt sie; ›für jetzt will ich unterdessen draußen ein Grab graben, aber wenn wir aus diesem Blockhause heraus sind, dann soll er hier seine Ruhestätte haben, wie sich's gehört und gebührt.‹

›Also willst du aus diesem Blockhause, Rachel?‹ sag' ich.

›Können doch nicht drei Familien zusammen im Blockhause wohnen, wirst doch das nicht wollen?‹ sagt sie.

›Und wohin sollen wir, Rachel?‹ sag' ich.

›Wohin?‹ sagt Rachel erstaunt; ›wohin anders, als dahin, wo wir hergekommen.‹

Und deutete sie auf den Präriekamm, auf dem unsere abgebrannten Häuser standen.

›Dorthin ziehen!‹ sage ich. ›Rachel, vergißt, daß wir bereits einmal von dort vertrieben worden, und daß die Spanier jetzt zehnmal mehr Ursache haben und den Weg leichter finden werden als das erstemal, auch nicht mehr bloß fünfundachtzig kommen werden.‹

›Und sage dir, Nathan, der du ein Sohn deines Vaters bist, sage dir,‹ sagt sie, ›daß ich diesen Ort und dieses Land, das meines Mannes Blut getränkt, nimmermehr meiden will, nicht, wenn zehntausend Spanier kämen, und willst du gehen, so gehe, ich will bleiben; Asa hat das Land mit seinem Blute errungen, und Rachel will es behaupten.‹

›Das sind eitle Reden, Rachel,‹ sage ich; ›du weißt wohl, daß wir dich nicht allein hier lassen werden, aber wenn nun die Spanier kommen?‹

›Das sind noch eitlere Reden,‹ sagt Rachel, ›wir sind in Gottes Hand und haben das Unglück nicht verschuldet; was gekommen ist, müssen wir ertragen, und kommen die Spanier wieder, so helfe uns Gott, und er wird helfen, so wie er den drei Männern im feurigen Ofen geholfen. Wären die Staaten einen Steinwurf weit weg oder über dem Redriver drüben,‹ sagt sie, ›möchten wir einstweilen dahin, bis Eure Wunden geheilt sind, aber da dies nicht der Fall ist, so müssen wir Gottes Schickung abwarten, abwarten, bis Ihr wieder hergestellt seid, aber das Land verlasse ich nun und nimmermehr.‹

Und kannten wir Rachels hohen Geist vollkommen, um zu wissen, daß, was sie sagte, sie auch halten würde, war aber jetzt nichts weiter zu tun, als in Geduld unsere Heilung abzuwarten.

Und warteten wir unsere Heilung auch ab, und wie unsere Kräfte wiederkehrten, kam auch die Besinnung und der Mut.

Und nach Verlauf von vier Wochen waren wir so ziemlich wieder bei Kräften, obwohl wir weder eine Axt schwingen noch eine Rifle halten konnten.

Und schoben und krochen wir eines Morgens, nach Verlauf dieser langweiligen vier Wochen, aus unserm Blockhause, das schier unser aller Grab geworden war, und stiegen wir die Leiter hinab, und war unser erster Gang natürlich zu dem Kamme, wo unsere Häuser gestanden, und wohin wir jetzt auch gehen wollen.«

Der Graf hält inne, denn eine leichte Bewegung im Saale verrät, daß mehrere der Zuhörer sich entfernen.

Er sieht ihnen durch die Rauchwolken nach und fährt fort:


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