Ferdinand von Saar
Gedichte
Ferdinand von Saar

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Radetzky

Am Tage der Denkmalsenthüllung gesprochen von Georg Reimers:
24. April 1892.
Offene Säulenhalle mit Ausblick auf die Stadt Wien.
Sprecher, in idealer Gewandung, tritt vor:

            O welch ein Tag, der heut gefeiert ward –
Und nun sich froh beschließt! Die Hülle sank
Von einem Standbild, das da noch gefehlt
In jenem reichen Kranz aus Erz und Marmor,
Der Wien mit hehren Bildnissen durchflicht –
In jenem Ehrenkranz von Hochgestalten,
Die Östreichs Größe, Östreichs Ruhm und Stolz –
Und Östreichs Liebe sind!

    Radetzky!.... O wie leuchtet jedes Aug'
Bei dieses Namens Klang! Mit welcher Innigkeit
Spricht man ihn aus! Und nicht bloß an den Ufern
Der blauen Donau und der breiten Theiß,
Nicht an der Moldau bloß und an der Weichsel –
Nicht am umzackten Inn, nicht in den Tälern
Der grünen Mur und Drau bloß: auch die Welt
Zollt diesem Namen Ehrfurcht und Bewundrung.
Denn eingegraben hat ihn Klios Griffel
Mit goldner Schrift bei all den hohen Namen,
Die im Gedächtnisse der Menschheit dauern –
Bei all den Taten jener großen Männer,
Die für ihr Vaterland gekämpft, gesiegt!....

    Radetzky! – Und um vieles trauter noch:
Vater Radetzky! Ja, er war ein Vater!
Ein Vater seiner heldenmüt'gen Truppen!
Die ihn geliebt und jubelnd stets begrüßt,
Wenn er im Lager, in der Schlacht sich zeigte.
Mit ihrem Blute haben sie besiegelt,
Mit ihrem eignen Ruhm des Führers Ruhm –
Und ihm und Österreich den Sieg erkämpft!
Im Pulverdampf, umdonnert von Geschützen,
Umsaust von Kugeln, standen sie und fochten.
Sie hörten donnern die Geschütze bei
Santa Lucia, Curtatone, Somma –
Campagna, Volta und Custozza –
Mortara – bis entscheidungsvoll der Würfel
Gefallen war am Tage von Novara!

    Und er, der Denker und der weise Lenker
All dieser Schlachten – war bereits ein Greis,
Ein Greis mit einem milden, sanften Antlitz.
Nicht allzu leicht bestieg er mehr das Streitroß –
Doch saß er oben – saß er wie aus Erz.
Wie gütig war sein Herz, wie schlicht sein Sinn!
Er haßte Redeprunk – wie jeden Prunk.
Nicht tollkühn war er – doch kein Zauderer;
Er überlegte – und dann brach er auf –
Und war ein Löwe, wenn's ans Schlagen ging!
Hatt' er als Jüngling doch schon unter Laudon
In Östreichs letzten Kämpfen mit dem Halbmond,
Das erste grüne Lorbeerreis gepflückt!
Als Mann sah er im Sturm die Fahnen flattern
Des Hocherlauchten, der den Korsen schlug,
Den weltbegehrenden, noch nie besiegten!
Von zwei Jahrhunderten ward er geweiht,
Aufleuchtend mit den hohen Siegerbildern,
Zum Paladin des Rechtes und der Treue,
Und würdig schließt er Östreichs Heldentrias,
Von Zenta und von Aspern: Prinz Eugen
Erzherzog Karl.

    »In deinem Lager ist Österreich!« so sang
In schwerer Zeit der große Heimatdichter.
Und heute noch, da beide still schon längst
In ihren Gräbern ruhn, gilt dieses Wort!
Denn unvergänglich und unsterblich ist
Der Geist, der jene Feldherrnbrust beseelt.
Er lebt und leben wird er in den Reihen
Der hochgemuten, tapferen Armee,
In jedes Bürgers Herzen – in den Völkern,
Die treu geschart um Habsburgs hohen Thron
Und brausend tönt es fort im Jubelruf:
Östreich für immer – : Viribus unitis!

 


 


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