Ferdinand von Saar
Gedichte
Ferdinand von Saar

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Prolog

Gesprochen von Frau Louisabeth Röckel, k. k. Hofschauspielerin,
in der vom Vereine zur Gründung eines Gymnasiums in Oberdöbling
am 26. Februar 1887 veranstalteten Wohltätigkeits-Akademie

                  Die ihr versammelt seid, mit edlem Sinn
Ein ernstes Werk zu fördern, seid begrüßt
Mit ernstem Wort! Denn ob auch dieser Saal
Gewidmet ist beschwingter Lebenslust
Und nur bestimmt, von rauschender Musik,
Von des Gesanges und des Tanzes Freuden
Erfüllt, durchklungen und durchwogt zu werden;
Ob ihr auch selbst, empfänglichen Gemüts,
Der Künste heitre Wirkungen erwartet:
Geziemt sich's doch, eh' unser Spiel beginnt,
In weihevoller Stimmung zu gedenken
Des würd'gen Zwecks, der heut euch hier vereint.

Ihr wißt es: hohen Zielen strebt die Menschheit
In stetiger Entwicklung mutig zu.
Der Kampf um dieses Dasein, – vielgepriesen
Und viel gescholten – nicht mit plumper Faust
Wird er geführt mehr: mit den Waffen nur
Der Bildung, der Gesittung und des Rechts
.
Allübrall hin dringt frisch des Geistes Macht!
Da ist kein Land auf dieser weiten Erde,
Nicht eine Stadt, kein Flecken, keine Hütte,
So unberührt von seinem Hauche bliebe;
Und jene selbst, die, störrig abgewandt,
Lichtscheu und dumpf sich ihm verschließen möchten,
Sie fühlen unwillkürlich mehr und mehr
Von seines Fittichs Wehen sich durchschauert.
Wie sollte nun der traute Ort, der wie
Ein blühend Kind, in grünem Schmuck,
An seine schöne Mutterstadt sich schmiegt –
An unser teures, vielgeliebtes Wien:
Wie sollte Döbling sich dem geist'gen Hauch,
Der jetzt die Welt durchdringt, verschlossen weisen?
Wie sollte nicht in seiner Bürger Herzen
Der Wunsch entbrennen, auch auf ihrem Boden
Zu gründen eine Stätte edler Bildung,
Wo ihre Söhne liebevoll empor
Geleitet werden zu des Wissens Höhn?
Und seht: es hat sich dieser Wunsch geregt
Vor Jahren schon; nicht bloß der heiße Wunsch –
Ihm folgte, rasch beschlossen, auch die Tat!

Einmütig, fest – so wie es Männern ziemt –
Mit eigner Kraft, aus eignen Mitteln schaffend,
Begannen sie das Werk, das schon im Anfang
Die frohe Bürgschaft des Gelingens wies.
Zwei Schwesterorte, die, wie Döbling selbst,
Am Strand der Donau zwischen Rebenhügeln
Reizvoll gelagert, Aug' und Herz erfreun,
Sie traten fröhlich dem Beginnen bei.
Von dort auch, wo jetzt auf histor'schem Boden,
Der wüst und brach gelegen lange Zeit,
In schöner Siedelung die Menschen wohnen,
Kam Hilfe – und so harrt der Grundsteinlegung
Bereits der Platz, auf dem sich das Gebäude
Erheben soll, drin lernbegier'ge Knaben
Der Sprache Ciceros mit Andacht lauschen.;
Ein Haus, weithin zu schaun, in schönem Maße,
Mit kranzgeschmücktem Giebel, hellen Räumen –
Ein leuchtend Denkmal treuen Bürgersinns,
Der Mütter Freude und der Väter Stolz! – –

Und doch – mit leiser Wehmut künd' ich es: –
So gänzlich ist das Werk noch nicht gefestigt,
Um in sich selbst zu ruhn. Der Hilfe braucht
Es noch von außen. Edle Herzen braucht's,
Die freudig am Altar der Menschheit opfern.
Euch, die ihr heute schon geopfert habt,
Euch sei aus voller Seele Dank gesagt.
Und auch die Bitte: Wirket ferner fort
In diesem Sinne. Nicht mit Gaben, nein:
Durch warmen Zuspruch an die Nächsten nur.
Wieviel vermag ein hold' ermunternd' Wort
Aus schönem Mund! O sprecht es liebreich aus,
Ihr schönen Fraun, auf daß sich ganz erfülle,
Was frohen Opfermuts begonnen ward,
Und hier auf diesem heimatlichen Boden,
So recht im Herzen Österreichs, umrauscht
Vom Wienerwald, geküßt von reinen Lüften,
Die von dem alten Sitz der Babenberger
Ins weite grüne Land herunterwehn,
Ein junges, strebendes Geschlecht erblühe,
Gesund an Leib und Seele – an Gemüt
Und Geist!!

 


 


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