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VII

Am nächsten Morgen ging eine ungewöhnliche und lebhafte Bewegung auf den Segelschiffen rundum, ein Flüstern, Köpfezusammenstecken, ein vergnügtes Staunen der Mannschaften über dieses feine Mädchen, das in einem hellen Frühlingskleide an Deck der »Barbara« auf und ab spazierte, neugierige Blicke nach allen Seiten richtend. Es waren nicht viel Leute auf den gleichsam schlafenden Schiffen, doch was dort beschäftigt war, nahm Operngläser hervor, und Irmgard fühlte jede ihrer Bewegungen von alten und jungen Augen beobachtet. Ein graubärtiger Kapitän holte gemächlich ein Fernrohr, stellte es auf, richtete es, setzte sich davor, um in aller Bequemlichkeit den Ankömmling aufs Korn zu nehmen. Ein riesenhafter Seebär mit einem ungeheuren feuerroten Gesicht aber erklärte seinen Kameraden: »Kinnings, ick segg euch, dat's nich so eine – dat's 'ne richtige Dam'!«

Und dann kam Fred Olarsen, Irmgard zu begrüßen.

Ein hübscher Junge, ein paar Jahre älter als Erich, schmalschultrig und beweglich, seine braunen Augen flitzten unruhig nach allen Seiten, konnten aber auch sehr samtig blicken.

Die drei jungen Leute machten sich auf, über die Alster zu fahren, um im altberühmten Restaurant Fährhaus zu speisen. Ein frischer Wind wehte, die Maisonne funkelte fröhlich über der Welt und über dem graugrünen, von Booten, von kleinen und großen Vergnügungsdampfern belebten Wasser. Olarsen hatte Irmgard galant eine Düte mit Brotbrocken zum Füttern der Möwen überreicht. Sie stand inmitten der gierigen Vögel, umringt von einer schwirrenden weißgrauen Wolke aus Flügeln und hackenden Köpfen. Grelle Schreie umtönten das Mädchen, eine wilde Melodie des Meeres, die zu Hamburg der Stadt gehörte als ein kühner Ruf ihrer Macht. Irmgards große blaue Augen unter den dunklen Brauen leuchteten, das feine blasse Gesicht war von Rosenröte überschimmert, während sie sich lachend und ängstlich der unbändigen Tiere, die ihr auf Schultern und Kopf saßen, zu erwehren suchte.

»Du, deine Schwester ist eine verdammt hübsche Deern – weißt du das wohl«, sagte Fred leise zu Erich, »wie sich die kleine Gestalt so wiegt und biegt zwischen den frechen Tieren ...«

»Denkst du, ich habe keine Augen?« antwortete Erich.

»Na – Schwestern sieht man doch im allgemeinen nicht an.«

»Im allgemeinen mag das stimmen«, brummte Erich, »nur im besondern ist es eben etwas anderes.«

Von dem kleinen Dampfer läutete die Glocke zur Abfahrt. Fred reichte Irmgard beflissen die Hand, sie über den Steg zu führen.

Im Lokal bestellte er eine Kanne Maibowle, man aß und trank gut, Fred erzählte lustige Geschichten von der See und schwarzen, weißen und gelben Menschen. Er verstand es, die Pointen herauszubringen. Irmgard, durch das ungewohnte Getränk befeuert, lachte viel. Ihr Herz war unbekümmert glücklich, mit allen Sinnen genoß sie den schönen Blick von der Terrasse auf das weite Wasserbecken, das von bunten Kähnen und munteren Menschen wimmelte, die im Frühlingsgrün prangenden Ufer, das gebratene Täubchen und den hellen duftenden Wein, genoß auch die unverhohlene Bewunderung des jungen Mannes und sein Streben, ihr zu gefallen.

Wieder mußte Erich staunen über das Aufblühen dieses Mädchens durch ein wenig Freude. Wie gestern im Bahnabteil. Doch da hatte es ihm – ihm allein gegolten.

»Wissen Sie wohl, daß Ihr Bruder ein Teufelskerl ist?« fragte Fred. »Man sollte es ihm nicht ansehen, so still wie er dasitzt! Ganz Hamburg, oder wenigstens was mit der See zusammenhängt, hat über diese Affäre da an der englischen Küste geredet – es ist doch vors Seegericht gekommen, und der Kapitän hat sein Patent verloren. Wie der Erich da manövriert hat, um das Schiff von der Sandbank loszubringen, das soll ein seemännisches Meisterstück erster Klasse gewesen sein.«

»Ach Unsinn«, lachte Erich gutmütig, »erzähl doch keine Geschichten – die aufkommende Flut tat das Beste. Eigentlich war's der alte Kasten gar nicht wert. Aber auf meiner ersten Reise als Steuermann soll mir das doch nicht passieren, daß mein Schiff auf einer elenden Sandbank sitzenbleibt. Wenn ich mir was in den Kopf setze, führe ich's auch durch, das weißt du ja, Fred. Das wacklige Ding und die ziemlich wertlose Ladung waren ja unsinnig hoch versichert – na, wir alle, auch die Leute witterten eine schmutzige Geschichte zwischen dem Kapitän und dem Reeder. Womöglich wäre ich in den Verdacht gekommen, die Hand mit im Spiel gehabt zu haben!«

»Jedenfalls bin ich stolz darauf, dich auf meinem Schiff zu haben«, erklärte Fred. »Ich sage Ihnen, gnädiges Fräulein, die Anerbieten sind nur so gehagelt auf Ihren Bruder!«

Am Nebentisch hatten sich rauchend, schwatzend, kichernd ein paar Damen niedergelassen, elegant, reichlich bunt gekleidet. Sie steckten die hübschen geschminkten Gesichter zusammen, tuschelten, warfen übermütig blitzende Blicke herüber.

»Irmgard, bitte, sieh nicht nach ihnen«, flüsterte Erich, er war dunkelrot geworden. »Unverschämtheit von den Weibern, sich hier so bemerkbar zu machen.«

»Kennst du sie denn?« fragte die Schwester unschuldig und bemerkte zugleich ein fatales Lächeln um Freds Mund. Es war ihr, als höbe eins der Mädchen heimlich ihr Glas und tränke ihm zu.

Ah so, dachte sie, das sind also die Frauen von der anderen Hälfte des Manneslebens. Und trotz Erichs Bitte suchte sie verstohlen die unheimlichen Wesen mit den bemalten Gesichtern zu beobachten.

Das Vergnügen war irgendwie gestört. Erich versank immer tiefer in sein dunkles Brüten und mahnte, nachdem die Speisen abgetragen waren, unfreundlich zum Aufbruch.

Während er mit dem Kellner die Rechnung beglich, half Olarsen Irmgard in den Mantel. Sie fühlte seine Finger leise streichelnd um ihren Nacken gleiten, wandte den Kopf und sah ihn erstaunt an. Er hatte die Augen gesenkt und schwieg. Vielleicht hatte sie sich getäuscht, dachte sie betroffen.

*

Irmgard sah in Begleitung der beiden jungen Männer den großen Hafen und das ungeheure Getriebe seines überseeischen Handels, das Gedränge seiner großen und kleinen Schiffe, seiner fremdartigen Matrosen- und Arbeiterbevölkerung.

Sie fuhren die Elbe hinunter, vorüber an den Villen mit ihren gepflegten, im Schmuck der Frühlingsblumen prangenden Gärten der reichen Kaufleute, nach Cuxhafen und schauten über die graue nordische See. Sie besuchten einen der gewaltigen neuen Riesendampfer; durch goldfunkelnde Säle und Luxuskabinen stiegen sie hinab bis zu dem übel duftenden Zwischendeck, wo die Auswanderer befördert wurden und die Menschen nur noch als Masse galten. Und tiefer, immer tiefer ging es in die schwarzen, öltriefenden Maschinenräume. Jetzt lagen die Ungeheuer, deren Gluten das Riesengebäude durch die Wogen trieben, in finsterer Stille. Ein Heizer putzte ihre Messing- und Stahlstangen. Er sah auf, als die Fremden vorübergingen – rote, entzündete Augen, blinzelnd ohne Brauen und Wimpern, ein graues, zerwüstet-stumpfes, kaum noch menschliches Antlitz. Irmgard durchfuhr der Gedanke, sie müsse diesem schrecklichen Wesen die Hand reichen, dann fürchtete sie sich vor seinem erstaunten, vielleicht haßerfüllten Blick. Er würde sie wohl kaum verstanden haben. –

Sie besuchten auch Fred Olarsens Mutter in ihrem netten Landhaus zu Blankenese, und Fred führte Irmgard stolz durch alle Räume, die in Sauberkeit blinkten. Die Mutter war teils verlegen, teils übereifrig in ihren Beteuerungen, wie sehr sie Irmgards Besuch zu schätzen wisse.

Ganz Dame war sie wohl nicht, dachte die hochmütige Irmgard, mit Freds feiner Herkunft, die er so gern betonte, mochte es nicht allzuweit her sein.

Sie gingen auch durch die uralten Straßen Hamburgs, in denen nur schmale Wegstreifen für die Fußgänger an den braunen Fachwerkhäusern entlang liefen, während ihre Giebel sich wie schwere Hauben über das dunkle Wasser der Grachten neigten. Warum Irmgard gerade von dieser, dem Untergang geweihten Gegend so begeistert war, verstanden die beiden jungen Leute nicht, und vergebens suchte sie ihnen den Zauber ihrer braungoldnen Farbentöne, den malerischen Reiz der hohen Giebel, der durchschatteten Höfe zu erklären.

»Meine Schwester sieht immer mehr als andere Menschen«, bemerkte Erich, es war ihm unangenehm, daß Fred Irmgard für exaltiert und absonderlich halten könne.

»Das gnädige Fräulein sind wohl eine Kunstfreundin«, bemerkte Fred tiefsinnig, und Irmgard fand ihn mit einemmal unerträglich banal.

»Der Bursche ist ja gar nicht abzuschütteln«, sagte Erich verdrossen, als die Geschwister am späten Abend allein zur »Barbara« zurückfuhren. »Ich hatte mir deinen Aufenthalt hier schöner vorgestellt. Was habe ich denn von dir? Der Mensch geht dir ja nicht von der Seite. Er ist toll verliebt.«

»Was schadet das?« fragte Irmgard ein wenig kokett.

»Ein Sumpfhuhn ist er. Kein Mann für dich, Irmgard.«

»Ich glaubte, er sei dein Freund – habe dir das Leben gerettet?«

»Ach – diese ewige Dankbarkeit – wenn er nur nicht immer darauf hinweisen wollte. Das wird unerträglich. Ja«, – Erich machte eine Bewegung mit den breiten Schultern – »was man so Freund nennt ... Ich mochte ihn gern – jetzt – neben dir kommt er mir plötzlich minderwertig vor. Und du fällst auch auf seine ältesten Ladenhüter von Geschichten herein. Wüßtest du, wie ich die alle schon hundertmal gehört habe! Damit ködert er die Weiber. Wie ein kalkuttischer Hahn spreizt er sich vor dir. Ich kann es schon nicht mehr mit ansehen!«

»Ach geh, Brüderlein – du bist eifersüchtig!«

»Ich will nicht, daß du heiratest, du sollst mit mir, auf meinem Schiff um die Welt fahren«, beharrte er eigensinnig. »Kein Mann ist mir gut genug für dich, Irmel!«

Er blickte sie unter der Hängelampe in dem kleinen grünen Salon so liebevoll an, daß Irmgard ihm gerührt die Arme um den Hals legte.

»Du bleibst doch mein Bester«, flüsterte sie ihm schelmisch zärtlich ins Ohr. »Weißt du, deine Nase gefällt mir besser als die von Olarsen, die fängt so tief unter den Augen an, springt dann plötzlich so frech in die Welt hinein. Eine Feiglingsnase ist es. Niemals würde ich ihm vertrauen können.«

Irmgard saß mit ihrem Bruder in dem kleinen Kapitänskneipchen, in dem getrocknete Fischungeheuer an den Wänden und verstaubte Schiffsmodelle altertümlichen Aussehens von der verräucherten Decke hingen. Der Aufwärter war gekleidet wie ein Steward. Hierher verirrte sich selten ein weibliches Wesen, Erich konnte sicher sein vor Begegnungen mit so übermütigen Mädchen, die er nur allzu gut kannte, wie damals im Restaurant an der Alster. Er nahm die Verantwortung für die Schwester, die die Mama ihm eingeprägt hatte, schwer aufs Herz – wie er alle Dinge schwer nahm, außer wenn er in den tollen Lebensrausch geriet, in dem hin und wieder seine unbändige Kraft sich wild austoben konnte. Dann folgte tagelang eine dumpfe Niedergeschlagenheit, in der er an sich und am Leben verzweifelte. Davon wußte Irmgard nichts – und sollte auch nie davon erfahren, Gott bewahre! Eine kleine Kostbarkeit war sie, in einen geschnitzten vergoldeten Schrein zu stellen.

»Gefällt es dir?« fragte er zärtlich. »Schmeckt es dir auch? Ich denke, das Steak und der Wein sind gut!«

Irmgard trank zur Erwiderung von dem schweren alten Rotwein und fand alles herrlich. Sie waren beide so froh, daß sie Fred beschwindelt hatten mit einer ausgedachten Einladung und nun allein waren.

»Der hält sich schadlos, das glaube du nur«, beteuerte Erich. »Drei Mädels an einem Tag – unter dem tut er's nicht.«

»Meinetwegen vier!«

»Ach – auch du hast ihm Augen gemacht! So lebhaft sah ich dich nie in Frohnstedt.«

»Wenn ich doch zwei Verehrer habe?« scherzte das Mädchen.

»Ja, jetzt siehst du mich mit deinem süßen Lächeln an – bisher hast du dich wenig genug um mich gekümmert!«

Sie lächelte noch immer mit diesem Blinken der blauen Sterne, diesem Zug um die weichen roten Lippen, der das feine, ernste Gesicht reizvoll erhellte.

»Laß deine Eifersucht, mein alter Junge. Sag mir lieber, wer die prachtvollen alten Charakterköpfe dort in der Ecke um den runden Tisch sind.«

»Lauter alte, ausgediente Kapitäne, die so ihre vierzig bis fünfzig Jahre die Meere befahren haben, vom Nordkap bis zum Kap Horn, die alle Küsten kennen wie ihre Tasche und von den Ländern dahinter soviel wissen wie ein alter Wal. Manche unter ihnen sind berühmt wegen ihrer tollen Fahrten. Supen tun sie alle gern.«

Die Gesichter der Männer mit ihren grauen Schifferbärten, die eingegerbt und rotbraun gedörrt waren von allen Winden und Sonnenbränden, trugen einen Ausdruck friedlichen Gleichmuts, als könne nichts auf der Welt sie mehr in Erstaunen versetzen. Manchmal traf ein Blick aus kleinen, pfiffig hellen Augen das Mädchen, doch ohne unziemliche Neugier. Breitbeinig und schwer trat einer nach dem andern in die Dämmerung des traulichen Raumes, schritt leise schaukelnd, würdig und still zu dem runden Stammtisch unter der Hängelampe, wo man sie nur mit kurzem Kopfnicken grüßte. Erst während sie ihren Skat kloppten, große Gläser mit Grog oder Rotspon in die Kehlen gossen, wurden sie lebendiger. Dröhnendes Gelächter scholl auf, plattdeutsche Flüche erklangen, während die Fäuste auf die Tischplatte schlugen, daß die Gläser klirrten.

Andere saßen allein oder zu zweien an den übrigen Tischen des wenig gefüllten Raumes – schweigsam in bedächtigen Schlucken tranken sie ihren Wein, rauchten ihre Holzpfeife, deren Rauch das Lokal mit blauem Dunst füllte.

Da war einer, von dem konnte Irmgard ihre Blicke nicht abwenden. Seine Augen saßen wasserblau, ein wenig hervorquellend, in dem dunkelgelben Gesicht, so gläsern erstorben wie die Augen eines toten Fisches starrten sie vor sich hin. Allmählich schien die Beobachtung des Mädchens ihn zu beunruhigen, er wendete seinen sehnigen gelben Geierhals ihr zu, ließ die toten Augen gleichgültig über sie gleiten, versank in sein altes Brüten.

Irmgard durchschauderte es wie vor dem Anblick eines Gespenstes.

»So werde ich hier auch einmal sitzen bei einem Glas guten Weins und meine Pip rauchen«, sagte Erich mit seinem melancholischen Lächeln, es schien ihm kein schlechtes Ende.

Der Schwester schossen die Tränen in die Augen, glitzerten zwischen den langen dunklen Wimpern. »Nicht so – nicht so –« murmelte sie undeutlich. Der Bruder versank in Schweigen. Hatte sie ihn gekränkt?

Was war Erichs Dasein? Unerhörter Verzicht auf die bescheidenste Lebensbehaglichkeit, auf jeden geistigen Genuß – körperliche Arbeit bis zur tödlichen Ermattung zwischen dumpfen Menschen, ewiger Kampf mit den grausigen Gewalten der nassen Tiefe – erstarrende Kälte, qualvoller Durst in brennenden Gluten. Und doch lieber alles dies auf sich nehmen, lieber leiden und ringen mit unendlichen Gefahren als das Gefühl der Freiheit, der eigenen Persönlichkeit und ihrer Wahl aufgeben!

Das Mädchen begann das Männliche in seinem Wert zu begreifen.

Gleich einer Offenbarung verstand sie nun den schicksalsvollen Zwang, mit dem es einige unter den vielen treibt, sich monatelang in Eis und Schnee zu begraben, die blauen Fluten zu durchjagen, in Durstwüsten zu verschmachten, wilden Menschen und Raubtieren der Urwälder zu trotzen. Warum –? Wissen sie es selbst, daß sie ausgesandt sind, neue Stücke des Erdballs zu erobern, die uralte Herrschaft des Menschen über die Meere aufrechtzuhalten?

Mit verdunkelten Augen blickte sie ehrfürchtig auf den Bruder.

Der saß noch immer schweigend, seine gute Stimmung war geschwunden.

»Erzähl etwas«, drängte ihn Irmgard.

Er schüttelte den Kopf. »Ihr könnt das alles so wenig verstehen. Es sind auch nicht Geschichten für das kleine weiße Mädchen.«

»Dein ganzes Leben will ich kennenlernen.«

»Oh –« er sah lachend über sie hin, und sie bemerkte jäh etwas Wildes, Zweideutiges durch seine starken Züge zucken.

Der Alte mit den Fischaugen war aufgestanden, ging langsam an ihrem Tisch vorüber. Erich erhob sich, grüßte respektvoll, der alte Schiffer griff an die Mütze und ging hinaus.

»Du kennst ihn«, fragte Irmgard bestürzt. »Unheimlich steht er aus.«

»Ach nein – er ist nur leberkrank«, sagte Erich. »Ja, unter ihm habe ich als junges Kerlchen eine Fahrt nach Südamerika gemacht. Davon kann ich dir doch eine Geschichte erzählen.«

»Spannend?«

»Spannend ist sie weiter nicht. Aber sie hat mir doch Eindruck gemacht. Ich glaube, ich werde sie nicht vergessen.«

»Damals hatte der Alte einen sonderbaren Menschen an Bord genommen. Er wurde zu allerlei Diensten verwendet, war aber kein Seemann, das sahen wir alle schnell. In die Rahen wurde er jedenfalls nicht hinaufgeschickt. Seine Papiere waren in Ordnung, hatten ein paar Neugierige ausbaldowert. Na – was will das besagen«– Erich machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand –, »selbstverständlich gefälscht. Eigentlich ein Wagnis von dem Alten. So unheimlich der damals schon aussah, mit seiner kranken Leber, so gutmütig war er. Manche sagten auch, er sei mit dem Manne irgendwie verwandt. Man macht ja von so was nicht viel Wesens an Bord. Was ging uns so ein Mitläufer an? Dienstwillig war er auch – sozusagen: demütig. Sonderbar ... ein langer Mensch, hager, aber mit Muskeln und Sehnen wie von Stahl und vorgeschobenen kantigen Kinnbacken. Im Profil konnte er bei aller Demut mächtig grausam aussehen. Seine Augen lagen tief im Kopf, welche Farbe sie hatten, erinnere ich mich nicht mehr – die Brauen sprangen weit über, und wenn er darunter hervor einen anschaute – du, der hatte einen Blick, daß man ihn bis in die Eingeweide spürte. Dazu eine tiefe Stimme – die hörte ich verdammt gern. Ich weiß nicht, wie's kam, daß er mich ins Herz schloß – ich hatte mir einmal den Fuß aufgerissen, da verband er mich so sanft wie eine barmherzige Schwester, und kunstgerecht, ich mußte nur staunen. So kam es, daß wir manchmal miteinander redeten; er kannte viele fremde Länder und Städte – und wir sehen ja immer nur die Hafenkneipen – das hab' ich mir als Junge auch anders vorgestellt. Ja also: der Mann war seinem Beruf nach Löwenbändiger. Was man Dompteur nennt. Er hatte mit seinen vier Löwen die ganze Welt bereist – vier große männliche Löwen–, komisch: er liebte sie wie Kinder – sprach auch von ihnen ganz zärtlich. Ich habe da viel gehört über die Dressur von Löwen. Ja – einmal fragte ich denn, wo die Löwen steckten, und warum er seinen Beruf gewechselt habe.

Du – das Gesicht – wie sich das veränderte – es wurde wie Asche, verstehst du – es sank zusammen, als wäre es von innen her verbrannt, war nur noch wie die Fratze von einem Totenkopf ...«

Erich hörte auf zu reden, versank in Erinnerungen. Dann entzündete er seine kurze Pfeife mit einer langsamen Bedächtigkeit, als wolle er sich dabei zusammenreißen.

»Was soll ich sagen – sie waren tot – die vier männlichen Löwen – er hatte sie selbst erschossen – alle vier.«

»Mein Gott«, flüsterte Irmgard – »die Löwen, die er liebte wie seine Kinder ...?«

»Ja – der Kerl verstand zu lieben – das muß schon etwas Tolles gewesen sein. Neben den Löwen hatte er noch eine junge Frau. Er sagte, sie sei sehr schön gewesen. Bei seinem Beruf mußte er sie natürlich viel allein lassen. Sie saß da oben, irgendwo in einer Stadt an der baltischen Küste – vielleicht auch sonstwo, ich habe es vergessen – ist ja gleich. Nun – er besuchte sie, sooft es eben ging, und brachte ihr Geschenke, es fehlte ihr an nichts, er verdiente ja viel Geld mit seinen Löwen. Sonderbar – er vertraute eisenfest auf ihre Treue, war ja überhaupt manchmal wie ein kleines Kind. Und einmal, als er früher heimkam, traf er sie mit einem andern Kerl – in demselben Bett, in dem sie mit ihm gelegen. Was soll ich sagen – den Kerl hat er erdrosselt, die Frau hat er aus dem Bett gerissen, sie mußte sich anziehen, mit ihm gehen in den leeren Zirkus, wo die Löwen in ihrem eisernen Käsig standen. Sie war wie erstarrt – hat sich kaum gewehrt. Die Tür zu dem Käfig hat er aufgeschlossen – die Frau hineingestoßen zu den vier Löwen. Die sind von dem Lärm und dem Geschrei der Frau aufgewacht und rasend geworden. Er hat mit seinem Revolver blindlings in den Käfig gefeuert – bis alles still war.

Die Leute, die herbeistürzten, glaubten anfangs an einen Unglücksfall. Auf ihn achtete niemand. Während die Polizei den Tatbestand aufnahm, war er entkommen.

Der Alte dachte wohl, ihn da unten bei Feuerland irgendwo auszuschiffen, wo ihm wohl niemand nachgefragt hätte. Aber da kam der furchtbare Sturm, von dem ich dir ja schon öfter erzählt habe. Wir waren alle Mann an Deck, halb erfroren, triefend vor Nässe, keiner glaubte, das Schiff würde durchhalten. Eiskalte Sturzseen rasten fortwährend über Deck. Wir hielten uns fest, wo wir gerade standen, von Arbeit war keine Rede mehr. Die Wellen waren ungeheuerlich und machten ein furchtbares Getöse, es dröhnte von unten aus dem Wasser wie ein gewaltiges Donnern. Ich sah den Mann neben mir stehen. ›Die Biester brüllen ja wie blutdürstige Löwen‹, sag' ich so unbedacht – er packt meinen Arm und schüttelt mich, als wollt' er mich über Bord werfen. ›Hörst du's auch?‹ schreit er mir ins Ohr. ›Das sind die Löwen, die mich holen – meine Löwen!‹ – ›Halt dich doch fest!‹ will ich ihm zubrüllen – da hat ihn die Sturzwelle schon mit fortgenommen.«

Erichs Pfeife verglimmte in seiner Faust. Er griff sein Glas, trank es in einem Zuge leer, schenkte ein und goß auch das zweite hinunter. Irmgard saß erbleicht neben ihm.

Er blickte in das verstörte Gesicht. »Siehst du – das sind doch keine Geschichten für kleine Schwestern, gelt? Wir wollen heim.«

Er zahlte. Draußen rauschte ein linder, dichter Mairegen wie eine wehende graue Gardine zur Erde. Es duftete nach Feuchte und Wachstum. Erich öffnete Irmgards Schirm und nahm ihren Arm, sie dicht an sich drückend.

Niemals würde Irmgard nach diesem Hamburger Aufenthalt je wieder ruhig und sorglos an den lieben Jungen denken dürfen – nie wieder würden ihr die Tage, die Wochen, in denen sie ohne Nachricht bleiben mußte, in Frieden verstreichen. Und was sagten ihr auch die bunten Karten, die dann kamen? Gut verstand sie nun, warum Erich so wenig von sich selbst und seinem Leben berichtete.

Ihre Gedanken verwirrten sich mählich, der Schlaf überfiel sie drückend wie eine allzu schwere Decke, die sich auf ihr Gehirn legte, unter der sie doch wach blieb. Und sie sank tiefer, tiefer in einen finsteren Abgrund, verlor das Bewußtsein. Aber plötzlich schrak sie in namenlosem Entsetzen empor, setzte sich aufrecht, von kaltem Schweiß bedeckt. Was hatte sie geträumt? Sie wußte es nicht mehr, konnte sich nicht erinnern. Nur das Grauen blieb.

*

Das kleine Stübchen, welches Erich den grünen Salon nannte, war von Pfeifenrauch durchwölkt, als Irmgard eintrat, ein wenig bleich, mit bläulichen Schatten um die Augen von den Schrecken der Nachtträume. Auch auf des Bruders Stirne lag Schwermut. Sie setzte sich auf sein Knie, ihre Lippen berührten mit leichten, sanften Küssen seine Wangen und die finstere Stirn.

»Morgen beginnen wir Ladung einzunehmen, und die Leute treten an, dann mußt du gehen, Irmelein«, sagte er traurig.

Sie schauten sich in die Augen – lange –, in diese Augen, die sich so gleich waren in ihrer dunklen Bläue unter den schweren Lidern, umschattet von den langen, gebogenen Wimpern.

»Wir gehören doch zusammen, auch wenn wir getrennt sind«, sagte Irmgard leise. So innig nahe war sie dem Bruder nie gewesen wie in diesen Tagen. Sie färbte ihn sich nicht um, machte sich kaum Illusionen – das schöne, einfache, mutige, naturnahe Geschöpf aus Gottes Hand – so liebte sie ihn wie sonst keinen Menschen auf der Welt.

Er sah sie nicht mehr an – schaute versonnen zu Boden.

»Ich möchte wissen«, begann er schwer, »warum das alles so sein muß, wie es ist ... daß man das Feine, Reine, Süße so liebhaben kann – und das Rohe und Wüste nicht entbehren will und eben auch liebt. – Ich glaube, Fred macht sich nie solche Gedanken. Ich bin deiner gar nicht wert, Irmgard – wenn du nur wüßtest ...«

Sie hob die schmale Hand. »Ich will nichts wissen. Behaltet nur eure Männergeheimnisse für euch. Es gibt wohl viele Arten von Liebe, und Gott hat sie alle geschaffen.«

Erich schüttelte den Kopf. »Du kleines weißes Mädchen – du kannst wohl gut trösten.«

»Mir kommt alle Liebe vor wie ein großer, gewaltiger Baum – so etwas wie die Weltenesche – die ihre Wurzeln ganz tief und weit, weit durch den Erdenball schlingt. Und oben breitet sie hundert Äste aus und Zweige mit Blättern, Blüten und Früchten. Die haben viel verschiedene Formen und Farben und trinken ihre Kraft doch aus demselben Stamm und denselben Wurzeln – und alle heißen: Liebe. Der Baum, der sie sämtlich trägt, ist Gottes Eigentum.«

Erich sah andachtsvoll lauschend auf den feinen, rosigen Mädchenmund.

»Das ist schön«, sagte er versonnen. »Daran will ich mich immer erinnern. Glaubst du an Gott?«

»Oh – gewiß. Nur – er ist so viel gewaltiger, tiefer, erhabener, als die meisten Menschen begreifen wollen. Sie denken leicht, er ist ihnen ähnlich.«

»Und mein Freund mit den Löwen? Er war kein schlechter Mensch und hat doch so gräßlich gemordet.«

Irmgard seufzte aus der Tiefe ihres Herzens. »Was wissen wir? Vielleicht hat er doch nicht genug geliebt.«

»Wirst du mir auch treu sein, während ich fort bin, Irmel? Keinen widerlichen Kerl heiraten?«

»Es will mich ja keiner, dummer Bub«, lachte das Mädchen hell auf, faßte den Bruder an beiden Ohren und schüttelte ihn herzhaft. »Sorge du nur, daß du mir nicht abhanden kommst!«

»Nein, Irmgard – verliebt bin ich oft, das gestehe ich ehrlich. Und manchmal ganz wüst. Aber ein Leben – so ein rechtes schönes, ideales Zusammenleben –, das möchte ich doch nur mit dir!«

Und dann kam Fred Olarsen, machte dem Gespräch ein Ende –

*

Irmgard erwachte am nächsten Morgen von einem Erzittern des Schiffsbodens unter ihrer Koje. Sie sprang auf, schaute aus dem kleinen Fenster, sah schwarzrußige, schmutzige Männer aus einem hochbeladenen Frachtboot Kisten und Ballen das Fallreep in die Höhe tragen und in den geöffneten Luken verschwinden. Ihr Bruder stand dabei, nicht mehr der elegante junge Herr von gestern – in einer alten, ölfleckigen Hose, einem bunten Hemd, die Ärmel in die Höhe gerollt, so daß die prachtvollen braunen Athletenarme bis über die Ellbogen sichtbar waren, eine zerbeulte blaue Mütze auf dem Blondkopf, die kurze Holzpfeife im Mundwinkel. So stand er breitbeinig zwischen den Dockarbeitern, wies hier- und dorthin mit der Hand, lief die Treppe zum Schiffsboden hinunter und wieder herauf, seine tiefe Stimme gab Befehle. Er sah froh und gut aus, voller Leben und Geschäftigkeit. Sie beeilte sich mit dem Ankleiden, um hinauszukommen, wo eine frische Morgenluft ihr entgegenschlug.

Erich rieb sich vergnügt die Hände.

»Nun geht's los, Schwesterchen«, rief er ihr laut entgegen. »Jetzt wird man wieder Mensch! Donnerwetter – Schiff im Hafen – das ist gar kein Schiff! Bewegung muß man unter den Sohlen spüren!«

Er reckte die gewaltigen Arme. »So eine steife Brise, wenn sich die erst in die Segel legt – hei, das macht Spaß!«

Das Mädchen stand bestürzt. Hatte sie den Bruder je gekannt? Wohin alle schwermütige Grübelei? Er leuchtete von Tatlust und Erwartung. Das war der Mann – den es von ihr fort drängte zu Arbeit und Gefahr in die unendliche Weite der Welt!

In diesem Augenblick liebte sie ihn, wie sie ihn nie zuvor geliebt.

Noch einmal saß Irmgard im Leinenstuhl, sah die Operngläser ringsum wieder auf sich gerichtet, schaute den Männern zu, während ihnen der Schweiß über die schmutzigen Gesichter troff. Phantastische Gestalten waren unter ihnen: ein Malaie mit einem fettigen Zopf, unter der Mütze hervorhängend, mit müden Schlitzaugen in dem quittengelben Gesicht, ein herkulischer Neger, der sie angrinste, daß seine Zähne zwischen den Wulstlippen weiß hervorblitzten.

Die Geschwister mußten sich heute mit dem unheimlichen Eßgemenge begnügen, das der Schiffskoch ihnen vorsetzte, denn Erich konnte das Schiff nicht verlassen. Irmgard versuchte – doch es war ihr unmöglich – sie bat um eine Tasse Kaffee.

»Leckerzähnchen«, neckte sie der Bruder. »Nach einem Arbeitstag auf hoher See schmeckt einem auch solch ein Fraß!«

Gegen Abend erschien Olarsen mit einer Botschaft des Kapitäns für Erich. Der Alte ließe ihn bitten, sofort zu ihm zu kommen. Er habe noch mancherlei wegen der Leute mit ihm zu reden. Olarsen wollte die Auszahlung der Lastträger schon übernehmen – es sei ja auch seine Sache.

Erich ging in die Koje, sich den Staub abzuseifen, kam gleich darauf munter und frisch wieder.

»Unterhalte mein Schwesterchen gut«, rief er dem Freunde zu. »Ich werde mich möglichst beeilen!«

»Keine Ursach'!« antwortete Fred lachend.

Irmgard hatte sich zurückgezogen.

Sie packte ihr Köfferchen, setzte sich dann ermüdet in den Schaukelstuhl, wo sie am Tage zuvor auf Erichs Knie gesessen. Sie hörte Getrappel von schweren Füßen über ihrem Kopf, langsam wurde es still, die Arbeiter hatten nun das Schiff verlassen.

Es war spät geworden am vergangenen Abend. Irmgard war müde, geriet in ein wohliges Träumen. Sie schloß die Augen, das Bewußtsein verdämmerte. Halb schon im Schlaf, hörte sie die Türe gehen, hörte leise Schritte. Sie fühlte jemand in nächster Nähe, riß die Augen auf und sah in das erhitzte Gesicht von Fred, der sich dicht über sie beugte, sein Atem streifte ihre Wange, sie sah gerade in seinen geöffneten roten Mund, auf seine feucht glitzernden weißen Zähne.

»Habe ich dich endlich allein, du betörendes Geschöpf«, flüsterte er an ihrem Ohr, beugte den Stuhl nach hinten, und ehe Irmgard noch wußte, was ihr geschah, hatte er seine feuchten, nach Tabak riechenden roten Lippen auf ihren Mund gedrückt. Sie wollte aufspringen, doch Fred griff nach ihren beiden Armen, hielt sie mit seiner überlegenen Kraft. »Wehr dich doch nicht – es geschieht dir ja nichts«, flüsterte er heiß, immer noch dicht über ihr. »Es ist schön zu küssen, ich will es dich schon lehren ... Wehre dich nicht«, keuchte er noch einmal zornig, »ich muß dich haben, süße Dirn – muß – hörst du –!« Er stammelte wirr von irrsinnigem Verlangen, das ihn gepeitscht, die ganze vergangene Nacht – bis er in die Kissen gebissen und sich eingebildet habe, es sei ihr weiches Hälschen ...

Irmgards Augen waren weit gegen das brünstige Männergesicht aufgeschlagen – sie wehrte sich nicht, schrie auch nicht, nur kam in ihr versteintes, weißes Antlitz ein Ausdruck, wie ihn Fred noch nie auf Mädchenzügen gesehen hatte: Ekel – eisige Ablehnung.

»Lassen Sie meine Arme los«, sagte sie, ohne die Stimme zu erheben, und trotzdem er ihr so nahe war, schien es ihm plötzlich, als klinge ein Befehl aus einer unbegreiflichen Ferne zu ihm nieder. Gehorsam öffnete er die Klammern seiner großen, starken Hände. Das Mädchen stand auf, der Wiegestuhl schlug Fred gegen die Brust.

»Es war ein Mißverständnis – ich habe kein Gefühl für Sie«, sagte Irmgard ebenso leise wie vorhin, ein hartes Klingen war in der zarten Stimme. Sie ging an ihm vorüber, als sei er nicht vorhanden, in ihre kleine Kajüte, schloß die Tür, er hörte das Klirren des Riegels. Fred Olarsen, der Unwiderstehliche, stand da und biß sich die Lippen blutig. Was er soeben erlebt, war ihm noch nie geschehen – er hätte es nicht für möglich gehalten. Dies war nicht jungfräuliche Scheu, die man schnell oder langsam besiegen konnte – es war – es war etwas Unbegreifliches, das sein Verlangen, von dem er in diesen zwei Tagen unbändig gequält worden war, in einen Haß verwandelte, der so sengend brannte wie die Verliebtheit vor wenigen Minuten.

Erich kam ärgerlich zurück, der Kapitän hatte ihm nichts Wesentliches mitzuteilen gehabt – er schien im Gegenteil verwundert über Erichs Besuch. Von den Leuten auf Deck hörte Erich, daß Herr Olarsen das Schiff bereits verlassen habe. Er klopfte an die Kajütentür, hinter der Irmgard sich bewegte. Sie öffnete. »Mein Köfferchen ist gepackt«, sagte sie in einer gleichgültigen Weise, die ihm sonderbar dünkte. Ihre Augenlider waren gerötet, als habe sie geweint.

Erich fragte, warum Olarsen gegangen sei, er habe doch mit ihnen den Abend verbringen wollen. Sie erwiderte zerstreut, er sei nicht lange geblieben, es sei ihm eingefallen, daß er noch eine andere Verabredung habe.

»Desto besser«, lachte Erich. »Er hat immer Verabredungen. Nun komm, Schwesterchen – wir essen wieder in der gemütlichen Kapitänskneipe. Zum letztenmal.«


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