Fritz Reuter
Läuschen un Rimels, 1. Folge
Fritz Reuter

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

34. Twei Geschichten ut de Slomsjohren von minen Fründ Rein...

De Karnallenvagel

                                In Rostock was mal en Student,
Den jedermann in'n ganzen Lan'n nu kennt.
Hei hett 'ne krumme Näs' un lange Bein,
Mit Vadersnamen heit hei Rein...
Un was un is en lustigen Gesell,
De männig drullig Stück utäuwt,
Von de ick ein, wenn't jug beleiwt,
In smucke Rimels hir vertell.

Uns' Herr Student, de wahnt einmal
In eine Strat rechtsch nah den Strand hendal
Bi einen Schauster in mit Namen Pagel,
De hadd en köstlichen Karnallenvagel.
So wat von Singen heww'ck meindag nich hürt!
Dat was en lüttes, prächtiges Dirt
Un hung in sine Stuw an einen Nagel
Un was den Schauster äwer allens wirt.
Eins kamm nu unser Musche Rein...
De Trepp hendal mit sine langen Bein,
In sine Hand dat Tintenfaß
Un einen ganzen groten Larm
Von Bäuker unner sinen Arm,
Wat sünsten just sin Mod nich was;
De Schauster stunn up sine Däl,
De Vagel sung ut vulle Kehl.
»Oh, hür'n S' doch mal den Vagel an,
Wat dat lütt Dirt schön singen kann!
De hett«, seggt Pagel, »nahrens sines Gliken.
Oh, kamen S' doch mal rin, em tau bekiken.«
Un Rein..., de geiht denn ok mit Meister Pageln rin.
Doch as den Vagel hei tau seihen kriggt,
Makt hei en ganz bedenkliches Gesicht,
As wull em wat nich recht in sinen Kopp herin.
»De Vagel«, seggt hei, »mag recht schön woll sin,
Un dat hei prächtig singt, dat heww ick hürt;
Doch stah ick Sei mit nicks nich in,
Dat hei Sei negstens nich krepiert.«
»Wo so? Wo ans? Oh, Herr du meines Lebens!
Ick bidd Sei doch üm dusend Pund!
De Vagel lett doch so gesund!
Min leiw Herr Rein..., ick bidd Sei, gewen S'
Mi för den Fall en gauden Rat;
Ick heww tau Sei so'n Tauverlat.«
»Je, seihn S'«, seggt Rein..., »jetzt is dat so de Tid,
Wo dese Dire sick an tau verpuppen fängen,
Un wenn sei denn nich buten hängen,
Recht in de frische Luft un in den Sünnenschin,
Min leiwe Meister, seihn S', denn kann dat sin,
Dat dor en Unglück mit geschüht;
Un dat kann kamen, ihr man sick't versüht.
Nu möt hei rute an en luftig Flag
Un hängen bet taum nägten Dag.«
»Verpuppen? Verpuppen? – Ih, dat heww'ck doch allmindag,
So lang ick lew, von keinen hürt!
Doch leiwer, dat hei mi krapiert,
Häng ick em buten äwer't Finster an,
So dat'ck em ümmer wohren kann. –
Süh so! Nu kannst du di verpuppen!«

De Schauster stunn nu ümmer furt
An sinen Finster, kek un lurt,
Ob sick sin Vagel nich verpuppen wull.
»Ih, Vader«, seggt sin Fru, »dit is doch rein tau dull,
Du steihst jo ümmer up dat sülwig Flag,
So täuw doch man, dat ward sick finnen,
So täuw doch bet taum nägten Dag.«
»Ick glöw, hei ward dit nich verwinnen«,
Seggt Pagel, »denn 'ne hellsche Qual
Un ein sihr swer Stück Arbeit is't.
Bedenk doch, Mutter, blot einmal,
Wenn du di so verpuppen müßt.«
Den Abend vör den nägten Dag,
As all tau Bedd de Schauster lag,
Dunn halt sick Rein... dat Burken von den Nagel
Un langt sick den Karnallenvagel
Un set't, so wohr ick ihrlich bün,
Den Schauster eine Kreih herin.
As nu de Schauster morgens wakt,
Dunn hürt hei, dat de Kreih dor krakt.
Hei springt nu ut dat Bedd un up den Staul un up't
Oll Finsterbrett ok glik herup un röppt
Nah sine Fru, de ruhig slöppt:
»Kumm! Mutter, kumm! Nu hett hei sick verpuppt!
«De Ollsch, de kümmt ok ein, twei, drei.
»Süh! Mutter, süh! Nu is't 'ne Kreih!«


De Gaus'handel

                                »Je«, seggt oll Bur Madaus tau sine Fru,
»Je, Mutter, segg, wat meinst denn du?
Will'n wi dat Kalw uns noch ansetten?
Süs will ick't nah de Stadt rin ledden.«
»Ih, ledd't man hen. 't is einerlei,
Wi heww'n jo noch de annern drei,
Wat säl'n wi ok mit all dat Veih.«
Madaus nimmt nu sin Kalw in'n Strang
Un ledd't de Strat nah Rostock lang.

Bi'n Steindur stunn en Hümpel von Studenten,
Un de sünd, as jug dat bekannt,
In ehren Kopp vull allerhand
Verfluchte Faxen un vull Fis'matenten.
»Hürt!« seggt von ehr denn nu de ein –
Hei hadd 'ne krumme Näs' un lange Bein,
Mit Vadernamen heit bei Rein... –,
As bei den Buren ranne kamen süht,
»Nu stellt jug all en beten wid
Hir utenein un makt genau,
So as ick jug dat heiten dauh.«
Hei seggt dat Volk denn nu Bescheid,
Un jeder Hasenfaut, de deiht
Nu richtig ok, wat em is heiten word'n.
Un mit sin Kalw ledd't ranne nu Madaus!

»Na, Olling, na, wo geih't?« seggt uns' Student, »gu'n Morr'n!
Wat will Hei heww'n för Sin Gaus?«
»Wo so? 'ne Gaus? – Kann Hei nich seihn?
Dat is en Kalw, so as ick mein.«
De Bur, de ledd't nu sine Strat herun.
Kum was hei in dat Dur, dor stunn
Denn ok all grad so'n Slüngel wedder,
De dwäterte dor up un nedder.
»Na, Olling, will Hei nich Sin Gaus verköpen?«
»Wat? Ok 'ne Gaus? – Kann Hei nich seihn?
Sall ick de Ogen Em upknöpen?
Dat is en Kalw, hett sin vier Bein,
Un achter hett't en langen Start,
Un wenn't dat Mul updeiht, denn blart't.«
De Oll, de ledd't nu förfötsch in de Stadt,
Doch hett hei sin Bedenken hatt;
Hei kek sick af un an eins äw're Schuller
Nah sin oll Kalw üm, grad as wull'e
Sick äwertügen, ob't en Kalw ok wir.
Ja, 't was en Kalw. Wat wull de Kirl denn mihr?

As hei nu ledd't de Steinstrat sacht hendalen,
Dunn müßt de Düwel einen drüdden halen,
De ward sick vör den Buren stellen
Un fröggt: »Wat sall de Gaus denn gellen?«
»Gott's Dunnerwetter!« seggt de Bur,
»Hir in de Strat un ok all vör den Dur
Dauhn sei dat Kalw för Gaus mi schellen.
Kannst du nich kiken, grote Dalf?
Dat is kein Gaus, dat is en Kalw.«
Hei ward nu doch sihr ungewiß,
Ob't würklich ok en Kalw woll is
Un ob hei sick ok irren kann.
Hei dreiht sick üm un kickt't sick an.
»Ne!« seggt bei, un kratzt sick in't Hor,
»Dat is en richtig Kalw förwahr!
'ne Gaus hett Federn un twei Bein,
De Kirls, de känen blot nich seihn
Un sünd nich recht up ehren Schick.
Wer leddt denn Gäus' ok an en Strick?
Dat Stück, dat wir denn doch tau stark.«

Na, bei kümmt nah den nigen Mark,
Un as bei dor nu will heruppe bögen,
Dunn warden noch en por dor rümmerströpen,
De kemen nah em ran un frögen:
»Na, Olling, willst din Gaus verköpen?
Wi will'n di sößteihn Gröschen gewen.«
»Na, dit is doch!« röppt Bur Madaus,
»So wat is mi noch nie passiert in minen Leben!
Irst was't en Kalw, nu is't 'ne Gaus!
Nu is't 'ne Gaus, irst was't en Kalw!
Heww ick denn minen Klauk man halw?
Dat was en richtig Kalw hüt morg'n. –
Her mit de sößteihn Gröschen! Da! Ji heww't!
Un is dat denn 'ne Gaus nu word'n,
Denn ward't as Gaus nu ok verköfft!«


 << zurück weiter >>