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Erster Aufzug.

Erster Auftritt.

Joad. Abner.

Abner. Ich komme betend zu des Ew'gen Tempel,
Nach altehrwürdigem Gebrauch mit dir
Den Tag zu feiern, wo auf Sinai
Uns, Joad, das Gesetz gegeben ward.
Wie anders ist die Zeit! – Drommetenschall
Gab sonst die Wiederkehr des Tages kund;
Rings in der kranzumwobnen Säulenhalle
Stand dichtgedrängt des heil'gen Volkes Schaar
Und ward in Reihen zum Altar geführt,
Wohin es trug des Jahres erste Früchte,
Dem Gott des Weltalls dankbar sie zu weihn;
Der Priester Zahl genügte kaum dem Opfer.
Doch eines Weibes frecher Sinn hat jetzt
Das Volk verdrängt und jene heitren Tage
In nachtumhüllte Tage umgewandelt;
Kaum wagt noch eine kleine, fromme Schaar,
Das Bild der ersten Zeiten zu erneuern,
Die Andern all' vergaßen ihren Gott
Und drängen schon sich hin zum Tempel Baals,
Eingehend in die schändlichen Mysterien
Des Götzen und dabei den Namen lästernd
Des Gottes, den die Väter angefleht. 242
Ich fürcht', um offen gegen dich zu sein,
Athalia wird, der Ehrfurcht letztes Band
Zerreißend, vom Altare dich entfernen
Und so an dir den Durst der Rache kühlen.

Joad. Woher kommt heut dir diese düstre Ahnung?

Abner. Glaubst du denn ungestraft gerecht und heilig
Zu sein? In dir haßt sie seit lange schon
Die seltne Festigkeit, mit welcher du
Der Priesterbinde heil'gen Glanz erhöhst;
In deinem frommen Eifer sieht sie Nichts
Als Widerspenstigkeit und Priesterhochmuth.
Vor Allem aber fällt ihr neid'scher Haß
Auf deine treue Gattin Josabeth.
Wenn Aarons hohes Priesteramt dich ehrt,
Ist sie die Schwester unsres letzten Königs,
Doch Mathan, jener gottvergeßne Priester,
Ist schlimmer als Athalia selber. Mathan,
Dem jede Tugend, die er sieht, verhaßt ist,
Liegt stündlich mit Verfolgung ihr im Ohre;
Er, ein Levit, weiht seinen Dienst dem Baal,
Und ihm ist's nicht genug, daß er die Stirn
Mit einer fremden Binde schmückt. Der Tempel
Ist ihm hier schon zur Last, er möcht' auch gern
Den Gott, den er verlassen hat, vernichten,
Und sinnt auf Mittel stets, wie's ihm gelinge;
Bald rühmt er dich und bald beklagt er dich,
Er nimmt der Freundschaft Heuchelmiene an
Und weiß, des Hasses Schwärze übertünchend,
Dich bald als furchtbar ihr zu zeigen, bald
– Denn ihre Goldgier ist ihm wohlbekannt –
Ihr zu erzählen, wie an einem Ort,
Den du nur kennst, du Davids Schatz verbirgst.
Kurz, seit zwei Tagen scheint Athalia
In düstre Schwermuth eingehüllt zu sein; 243
Noch gestern, als ich sie betrachtete,
Sah ich nach diesem heil'gen Orte sie
Mit wilden Blicken schaun; es war, als ob
Sie glaubte, Gott hielt' einen Rächer hier
In dieses Tempels Schooß für sie bereit.
Gewiß, je mehr ich sinne, um so klarer
Wird mir's, daß ihres Zornes Wuth sich bald
Auf dich entladen wird; ich zweifle nicht,
Daß sie, die blut'ge Tochter Jesabels,
Gott bald in seinem Heiligthum verfolgt.

Joad. Er, der die Wuth empörter Wogen zäumt,
Kann auch der Bösen Rath zu nichte machen.
In Ehrfurcht seinem Willen unterthan
Fürcht' ich, mein Abner, Gott – und ihn allein.
Doch dank' ich deinem Eifer, deiner Freundschaft,
Die Allem nachforscht, was mir schaden kann;
Ich sehe, wie das Unrecht dich empört,
Wie du ein israelitisch Herz bewahrtest;
Ich danke Gott dafür, doch frag' ich: Ist's
Genug an stillem Zorn, an müß'ger Tugend?
Acht Jahr' schon sind's, daß unverschämt die Fremde
Sich Davids Herrscherrecht und Scepter anmaßt,
In unsrer Kön'ge Blut sich straflos badet,
Des eignen Sohnes Kind erwürgt und selbst
Die Hand im Frevel gegen Gott erhebt.
Und du, der Stützen eine dieses Staates,
Im Lager Josaphats, des heil'gen Königs,
Emporgewachsen, du, der unter Joram
Als Feldherr unsre Heere hat geführt,
Der unsre Städte hat allein beschützt,
Als des Ahasja unverhoffter Tod
Sein Heer zerstreute beim Erscheinen Jehus,
Du sagst: Ich fürchte Gott und seine Wahrheit;
Er aber spricht zu dir durch meinen Mund:
Was nützt es, daß du dich mit Eifer brüstest 244
Für mein Gesetz? Meinst du mit eitelen
Gelübden mich zu ehren? Welche Frucht
Wird mir aus deinen Opfern denn zu Theil?
Brauch' ich das Blut der Böcke und der Färsen?
Nach Rache schreiet deiner Kön'ge Blut,
Doch dafür bist du taub! Zerreiß', zerreiße
Jedwedes Bündniß mit der Frevlerschaar,
Vertilg' inmitten meines Volks die Frevler,
Und dann erst komm' und bring' mir deine Opfer.

Abner. Ach, was vermag ich beim erschlafften Volke?
Kraftlos ist Benjamin und muthlos Juda!
An jenem Tag, wo ihrer Kön'ge Stamm
Erlosch, wich auch der Muth von ihnen,
Gott selbst, so sagten sie, verläßt uns ja;
Er, einst so stolz auf seines Volkes Größe,
Sieht theilnahmlos auf unsren Sturz herab
Und wurde des Erbarmens überdrüssig.
Wir sehen nicht mehr seine mächt'ge Hand
Mit Wundern sonder Zahl die Menschen schrecken;
Verstummt ist unsre Bundeslad' und giebt
In Sprüchen nicht mehr seinen Willen kund.

Joad. War jemals eine Zeit an Wundern reicher?
Wann hat er stärker seine Macht gezeigt?
Hast du nur Augen, um es nicht zu sehn,
O undankbares Volk? Stets größre Wunder
Geschehn, und du bist nicht gerührt davon?
Muß ich, o Abner, dich aufs Neu' erinnern
An alles Große, was die Zeit erlebte?
Das Unglück der Tyrannen Israels,
Des Himmels Drohung, durch die That bewährt,
Der Untergang des wilden Frevlers Ahab,
Das Feld, mit seinem Blut getränkt, das er
Durch Mord sich angeeignet; nah dem Feld,
Dem unheilsvollen, Jesabels Ermordung, 245
Sie selber, von der Rosse Huf zertreten,
Die Hunde leckend ihr unmenschlich Blut
Und ihres Leibes wüstzerfleischte Glieder,
Der falschen Priester schreckerfüllte Schaar,
Des Himmels Feuer auf den Altar fallend,
Elias zu den Elementen sprechend,
Der Himmel, der durch ihn zu Erz erstarrte,
Die Erde ohne Thau und Regenguß
Drei Jahre bleibend, und die Todten auf
Elisa's Rufen aus dem Grabe steigend!
Aus solchen Zeichen mögest du erkennen,
Daß Gott noch heut ist, was er immer war.
Wenn's ihm beliebt, enthüllt er seine Macht,
Und seines Volkes ist er stets gedenk.

Abner. Wo aber sind die Ehren, welche David
Und Salomo so oft verheißen sind?
Wir hofften, ach! es würde ihrem Stamme
Entsprießen eine lange Herrscherreihe,
Und Einer würde über jeden Stamm
Und jedes Volk die Königsmacht verbreiten,
Er würde Krieg und Zwietracht rings beenden
Und alle Kön'ge sich zu Füßen sehn.

Joad. Warum verzichtest du auf die Verheißung?

Abner. Wo sollen wir den König, Davids Sproß,
Denn finden? Kann der Himmel selbst den Baum,
Der bis zur Wurzel ausgedorret ist,
Aufs Neu' beleben, daß er wieder grünt?
Athalia hat ja in der Wiege schon
Das Kind erwürgt. Erstehn acht Jahr' nachher
Die Todten aus der Gruft? Ja, hätte sie
In ihrem blinden Wüthen sich getäuscht,
Und wär' ein Tropfen nur vom Blute Davids
Gerettet! 246

Joad.               Nun, was thätest du alsdann?

Abner. O sel'ger Tag für mich! Mit welchem Eifer
Erkennt' ich ihn als meinen König an!
Und zweifelst du, daß alle Stämme ihm
Zu Füßen fielen? Doch warum bethör'
Ich mich mit eitler Hoffnung? Nur Ahasja
Blieb als der unglücksel'ge Erbe jener
Mir Ruhm gekrönten Könige allein
Zurück mit seinen Kindern. Sah ich nicht
Durch Jehus Pfeil den Vater sterben, du
Die Mutter ihre eignen Söhne morden?

Joad. Noch, Abner, offenbar' ich Nichts, doch wenn
Das Tagsgestirn ein Drittel seines Laufs
Vollendet, wenn die Stunde zum Gebet
Uns ruft, dann komm zurück mit gleichem Eifer
Zum Tempel! Gott vermag durch große Wohlthat
Zu zeigen, daß sein Wort beständig ist
Und niemals trügt. Jetzt geh', damit ich mich
Zu diesem großen Tage vorbereite;
Schon strahlt im Morgenlicht des Tempels Kuppel.

Abner. Was wär' die Wohlthat, die ich nicht begreife?
Jedoch ich sehe Josabeth sich nahn,
Drum will ich an die fromme Schaar mich schließen,
Die festlich dieser Tag zusammenruft.

 

Zweiter Auftritt.

Josabeth. Joad.

Joad. Die Zeiten, Fürstin, sind erfüllt; jetzt gilt's
Zu reden. Den glücksel'gen Raub darfst du 247
Nicht mehr verhehlen, denn der Frevelmuth
Der Feinde Gottes nimmt sein tiefes Schweigen
Zum Vorwand gegen ihn und klagt ihn an,
Daß sein Versprechen Nichts als eitler Trug;
Ja, da ihr der Erfolg zu lächeln scheint,
Sinnt jenes freche Weib darauf, wie sie
Dem Baal auf unserem Altare opfre.
Drum laß den jungen König uns, den du
Gerettet hast, der unter Gottes Flügel
Im Tempel aufwuchs, seinem Volke zeigen!
Der Ahnen hoher Muth wird ihn beleben,
Sein Geist flog seinem Alter schon voraus.
Doch eh' ich ihm sein Schicksal offenbare,
Bring' ich dem Gott ihn dar, durch den die Kön'ge
Auf Erden herrschen, und versammle dann
Die Priester und Leviten, daß ich ihnen
Den Erben ihrer Kön'ge offenbare.

Josabeth. So weiß er seinen Namen schon und sein
Erhabnes Loos?

Joad.                           Noch nicht! Eliazim, meint
Er, sei sein Nam' und er ein armes Kind,
Das seine Mutter ausgestoßen, welchem
Ich aus Barmherzigkeit ein Vater wäre.

Josabeth. Aus welcher Fährniß hab' ich ihn gerettet,
O Gott! und welch ein Unglück droht ihm jetzt!

Joad. Wie, schon so bald ist dein Vertraun erschüttert?

Josabeth. In deinen weisen Rath ergeb' ich mich;
Seit ich dies Kind dem Tod entrissen,
Vertraut' ich deiner Hand sein Schicksal an.
Mir meiner Zärtlichkeit für ihn bewußt,
Vermeid' ich seine Gegenwart, damit 248
Ich durch Verwirrung nicht und Thränen mein
Geheimniß offenbare; doch vor Allem
Schien mir es eine Pflicht zu sein, daß ich
Drei Tage und drei Nächte lang mich ganz
Den Thränen und Gebeten widmete.
Darf ich dich fragen: Welche Freunde sind
Bereit, in deinem Plan dir beizustehn?
Wird uns der biedre Abner Schutz verleihn?
Schwur er, zu seinem Könige zu halten?

Joad. Darf man auch seiner Treue ganz vertraun,
So hab' ich doch bis jetzt ihm nicht entdeckt,
Daß uns ein König lebt.

Josabeth.                                 Doch wem hast du
Des Joas Obhut anvertraut? Ist Obed,
Ist Ammon zu der Ehre auserwählt?
Mit mancher Wohlthat hat mein Vater sie . . . .

Joad. Sie haben sich Athalien verkauft.

Josabeth. Wen stellst du ihrer Söldnerschaar entgegen?

Joad. Wen anders, als die Priester und Leviten?

Josabeth. Du hast, ich weiß, sie insgeheim versammelt
Und für Verdopplung ihrer Zahl gesorgt;
Sie lieben dich und hassen jenes Weib,
Ein feierlicher Eidschwur bindet sie
An Davids Sohn, der sich enthüllen soll.
Doch ob ihr Herz von edler Glut entbrenne,
Vermögen sie die Sache ihres Königs
Allein zu führen, reicht zu solchem Werk
Ihr Eifer hin? Und glaubst du nicht, Athalia,
Wenn sie vernimmt, es sei ein Sohn Ahasjas
Im Tempel hier verborgen, werde gleich, 249
Versammelnd ihre fremde Söldnerschaar,
Zum Sturm sie führen gegen seine Thore?
Genügen da des Herrn geweihte Diener,
Die, ihre reine Hand zu ihm erhebend,
Nur um Vergebung unsrer Sünden flehn,
Die niemals andres Blut vergossen haben,
Als das der Opferthiere? Joas findet
Vielleicht in ihren Armen selbst den Tod.

Joad. Gilt dir der Gott für Nichts, der für uns kämpft,
Und der die Unschuld unsrer Waisen schirmt?
Der seine Stärke an den Schwachen zeigt,
Und, der Tyrannen Schrecken, Israel
Den Sturz Ahabs und Jesabels versprach,
Der Joram schlug, den Gatten ihrer Tochter,
Und ihr Geschlecht bis auf den Sohn verfolgte, –
Gott, dessen Rächerarm, wenn er auch zögert,
Ob dem verruchten Stamm sich dräuend hebt?

Josabeth. Und grade die Gerechtigkeit, mit der
Er diese Könige bestraft, ist das,
Was für den Sohn ich meines Bruders fürchte.
Wer weiß, ob dieses Kind, in ihr Verbrechen
Verwickelt, nicht bei der Geburt mit ihnen
Schon war verdammt, ob Gott um Davids willen
Es vom verworfnen Stamme trennt und schont?
Ach! jeden Augenblick tritt mir aufs Neue
Der grauenvolle Zustand vor die Seele,
In dem der Himmel mich ihn finden ließ.
Voll war von Fürstensöhnen rings die Halle,
Die hingemordet lagen. Unerbittlich
Stand dort Athalia, einen Dolch in Händen,
Sie spornte ihre Söldner stets aufs Neue
Zum Morden an und folgte mit dem Blick
Dem Fortschritt ihres grauenvollen Werks.
Da lenkte plötzlich Joas, welcher dort 250
Für todt gelassen, meinen Blick auf sich;
Ich sehe noch, wie außer sich die Amme
Den Henkern sich umsonst zu Füßen warf
Und ihn an ihrer Brust umfangen hielt.
Ich hob den Blutenden empor, und Thränen,
Die auf ihn fielen, weckten ihn zum Leben.
Da, sei es Angst, sei's Zärtlichkeit, umschlang
Er mich mit unschuldsvollen Armen.
O Gott, daß meine Liebe ihm nur nicht
Verderblich wird! Er ist der letzte Sproß
Vom Stamm des treuen David. Auferzogen
In deinem Hause und in deiner Furcht,
Kennt er nur Einen Vater, der bist du!
Wenn ich im Kampfe mit der Mörderin
Beim Anblick der Gefahr im Glauben wanke,
Das Fleisch in mir erbangt und meine Thränen
Zu sehr die Zeugen meiner Schwäche sind,
O dann bewahr' den Erben heiliger
Verheißung und bestrafe mich allein.

Joad. Die Thränen, die du weinst, sind kein Verbrechen.
Gott aber will, daß wir auf ihn vertraun,
Er sucht im blinden Zorn nicht an dem Sohn
Die Missethaten seines Vaters heim.
Es werden Alle vom Hebräervolk,
Die treu ihm blieben, sich alsbald versammeln,
Um hier ihr heiliges Gelübd' ihm zu
Erneuen; denn so hoch, wie Davids Stamm
Geachtet ist, so tief verabscheun sie
Die Tochter Jesabels. Die edle Reinheit
Des Joas wird sie rühren und vor ihnen
Entfalten seiner Abkunft hohen Glanz,
Und Gott wird selber, durch sein heilig Wort
Uns unterstützend, ihre Seel' entflammen.
Zwei ungetreue Fürsten haben schon
Ihm Trotz geboten; darum ist es Zeit, 251
Daß Davids Thron ein Königssohn besteige,
Der sich dereinst erinnert, wie ihn Gott
Durch seiner Priester Hände wiederum
Zu seiner Ahnen hohem Rang erhoben,
Wie er ihn aus des Grabes Nacht gerettet
Und Davids Fackel neu entzündet hat. –
Zwar, großer Gott, siehst du voraus, daß er,
Unwürdig seines Namens, Davids Spur,
Des großen Ahnherrn, einst verläßt, dann sei
Er gleich der Frucht, die im Entstehen schon
Ein giftig heißer Windhauch hat verdorrt;
Doch wenn dies Kind, gehorsam deiner Lehre,
In deiner Hand ein starkes Werkzeug ist,
Erstatte dann das Scepter seiner Ahnen
Zurück dem wahren Erben Davids, gieb
Die mächt'gen Feind' in meine schwache Hand!
Verwirr' die Königin in ihrem Rathe
Und gieße, o mein Gott, auf sie und Mathan
Den Geist des Irrthums und der Blindheit aus,
Die vor dem Fall der Kön'ge pflegt voraus
Zu gehn! Die Stunde ruft, leb' wohl! Schon nahn
Die Töchter unsrer heiligsten Geschlechter
Von deinem Sohn geführt und seiner Schwester.

 

Dritter Auftritt.

Josabeth. Zacharias. Salomith. Der Chor.

Josabeth. Geh', säume nicht, begleite deinen Vater!
Doch du, o treue Schaar der Töchter Levis,
Die schon mit heil'ger Glut der Herr entflammte,
Die ihr mein Seufzen und mein Weinen theilt,
Ihr Kinder, meine Lust in langen Leiden,
Einst ziemten eurer Hand die Kranzgewinde 252
Und eurem Haar der Blumenschmuck, als wir
Mit frohem Sinn das hohe Fest begingen;
Doch weh', in dieser Zeit der Noth und Schmach
Sind Thränen nur das Opfer, das sich ziemt.
Schon hör' ich der Drommete heil'gen Ruf;
Bald wird sich euch des Tempels Thor erschließen.
Dieweil ich mich zum Gange vorbereite,
Lobsinget Gott, den ihr zu suchen kamt.

 

Vierter Auftritt.

Der Chor.

Der ganze Chor (singt).
Die Welt ist voll von Gottes Herrlichkeit,
O ruft ihn an mit gläubigem Gemüthe,
Sein ewig Reich war älter als die Zeit,
        O singt, o feiert seine Güte!

Eine Stimme (allein).
Sein Name steht auf festem Grund,
Wie auch der Hohn der Frevler wüthe,
Dem Tag erzählt der Tag von Gottes Macht,
        Die Welt ist voll von seiner Pracht,
        O singt, o feiert seine Güte!

Der ganze Chor (wiederholt).
        Die Welt ist voll von Gottes Pracht,
        O singt, o feiert seine Güte!

Eine Stimme (allein).
Er läßt die Blumen blühn im Reiz der Farben,
        Die Früchte reifen in der Au,
Er giebt im gleichen Maß, daß nie sie darben,
        Den Feldern Tagesglut und nächt'gen Thau,
Und für die Gabe danken volle Garben. 253

Eine andre Stimme.
Die Sonne ließ er die Natur beleben,
        Er gab der Welt des Lichtes Schein,
Jedoch das Höchste, was er uns gegeben,
        Ist sein Gesetz, so heilig und so rein.

Eine dritte Stimme.
Berg Sinai, o preis' ihn immer wieder,
Den hohen Tag, den ew'ger Glanz umschwebt!
        Dort stieg, wo sich dein Gipfel hebt,
        Der Herr, von Wolken dicht umwebt,
        In seiner Glorie zu dir nieder.
Warum, o sag', der Dämpfe Sprühn,
Der Donner Roll'n, der Blitze Glühn
        Und der Drommeten Schmettern?
        Kam zu zerstören bis zum Grund
        Der Erde weites Rund
        Gott selbst herab in Wettern?

Eine vierte Stimme.
Er kam, um seine Lehre rein und klar
Den Kindern der Hebräer zu entfalten,
Und hieß an ihn die hochbeglückte Schaar
        Sich fest in ew'ger Liebe halten.

Der ganze Chor.
O ewige Gerechtigkeit,
O unerschöpflich reiche Güte!
Wohl jedem, der mit gläubigem Gemüthe
Der Liebe Gottes seine Tage weiht!

Eine Stimme.
Er hat der Väter hartes Joch geendet,
Hat in der Wüste köstlich Brod gespendet,
Er bietet sein Gesetz, sich selbst uns dar
Und fordert Nichts als Liebe treu und wahr. 254

Der Chor.
O ewige Gerechtigkeit,
O unerschöpflich reiche Güte!
Wohl jedem, der mit gläubigem Gemüthe
Der Liebe Gottes seine Tage weiht!

Dieselbe Stimme.
Er öffnete für sie den Schooß der Wellen,
Er ließ aus dürren Felsen Brunnen quellen,
Er bietet sein Gesetz, sich selbst uns dar
Und fordert Nichts als Liebe treu und wahr.

Der Chor.
O ewige Gerechtigkeit,
O unerschöpflich reiche Güte!
Wohl jedem, der mit gläubigem Gemüthe
Der Liebe Gottes seine Tage weiht!

Eine andre Stimme.
Des Sklaven Furcht kennt ihr allein;
Ist euer Herz denn ungerührt geblieben,
Ist es so schwer, dem Güt'gen sich zu weihn,
So peinlich, ihn zu lieben?
Der Sklav' bebt vor dem Herrn, der ihn bezwingt,
Die Lieb' ist's, die das Kind zum Vater bringt.
Es träuft auf euch hernieder Gottes Segen,
Doch ihr, bringt ihr ihm Lieb' entgegen?

Der ganze Chor.
O ewige Gerechtigkeit,
O unerschöpflich reiche Güte!
Wohl jedem, der mit gläubigem Gemüthe
Der Liebe Gottes seine Tage weiht! 255

 


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