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Morgen. Der Kaiser auf den Ruinen Karthago's. Muhamed und Attila mit ihren Scharen erregen im Cedernwald von Zafrano eine Riesenschlange, die Christen an der Errichtung der Schanzen zu hindern. Viele durch sie getödtet. Ludwig eilt ihnen zu Hülfe. Regulus. Die Riesenschlange durch Ludwig erlegt. Die Schanzen gegen Goletta erbauet. Sarno mit den Wälschen besetzt die äußersten Schanzen. Alba als Friedensgesandter zu Tunis. Der Friede von Hairaddin verworfen. Mathilde. Hugo macht ihr die Anstalten zu ihrer Rettung bekannt. Die Beschießung Goletta's beginnt. Große Hitze. Saleck greift die Schanzen der Wälschen an. Sarno, aus den Schanzen gelockt, tödtet den Saleck, aber auch er wird durch eine Kugel getödtet. Seine Krieger kehren mit seiner Leiche fechtend zurück.
Drüben am östlichen Himmelsthor erglühte der Morgen.
      
 Schaurig wehte der Wind, und fuhr mit eisigem Odem
      
 Ueber das Heer. Von dem lockigen Haupt und dem Mantel des Kriegers
      
 Träufelte fort und fort der Thau gleich schimmernden Perlen,
      
 Und verwandelt' in Grau die dunkele Farbe der Rosse,
      
 Die, von Dampf umhüllt, mit schlotternden Seiten sich drängten:
      
 Denn so glühend die Luft sich bei Tag auf Afrika's Fluren
      
 Senkt, so ergreifend haucht sie den Frost aus der schwindenden Nacht her.
Dort nach dem Felsenhorst, den erst zum Lohne des Kampfmuths
      
 Sich errangen die Schützen Tyrols, erhob sich der Kaiser
      
 Jetzo mit Ludwig allein. Er schwieg. Die umdüsterte Vorzeit
      
 Schwebte ihm vor: denn, ach, er trat Karthago's Ruinen!
      
 Aermliche Dörfchen gewahrt' er nur: El-Mersa, und Melcha 
      
 Näher dem Meer' – entfernter: Sidji-Mosaid, und Darilschut,
      
 Ruhend, Oasen gleich, auf Karthago's wüsten Gefilden.
      
 Stille herrschte umher in den Hütten des flüchtenden Volkes:
      
 Denn o, furchtbar droht, und furchtbarer jede der Stunden
      
 Vor dem nahenden Feindesheer' in entsetzlicher Kriegszeit,
      
 Wenn, entrissen dem Schirm der väterlichwaltenden Obmacht;
      
 Hingegeben empörter Gewalt, unbändiger Willkühr,
      
 Und unleidlicher Schmach, der Mensch nach Rettung umherschaut:
      
 Jetzo der Gegenwart, dann wieder der nächtlichen Zukunft
      
 Schrecken ihn faßt, und vernichtende Angst ihm raubt die Besinnung!
      
 Als sie erklommen des Felsens Höh'n: da schwebte die Sonne
      
 Aus dem glühenden Meer mit rosenumhülletem Antlitz
      
 Freundlich herauf. Ihr hauchten die Fluthen, ihr dampften die Berghöh'n
      
 Lieblichen Opferduft empor; sie grüßten die Fluren,
      
 Funkelnden Blicks, und, freudigen Lautes, die Hain' und die Wälder.
Nicht, wie sonst, erfüllte des holderwachenden Morgens
      
 Schimmer des Kaisers Brust mit Wonne der seligen Geister:
      
 Denn beklemmt war heute sein Herz, und düstere Schwermuth
      
 Hüllt' ihm die Stirn' in Nacht: er dachte die Tage der Vorwelt.
      
 Sinnend irrte sein Blick von der steilabstürzenden Felswand 
      
 Nach den schimmernden Fluthen hinaus; der säuselnde Frühwind
      
 Wiegt' am Nacken sein lockiges Haar, und wiegte des Mantels
      
 Wogenden Saum. Nun setzt' er, entfernt von des Lagers Getümmel,
      
 Sich auf den moosigen Stein, und sprach zu dem horchenden Jüngling:
      
 »Siehe, so ferne dein gieriges Aug' erforschet die Fluren,
      
 Rings den Felsen umher, wo Byrsa, die eherne Burg stand,
      
 Lag Karthago, hehr, weitherrschend und mächtig verbreitet!
      
 Aber nicht kündet der kärgliche Schutt, umwuchert von Mooswuchs,
      
 Wo die Herrliche stand, und mit Staunen erfüllte den Erdkreis.
      
 Wehe, sie sank, des blühenden Reichs gewaltige Hauptstadt,
      
 Sie, der eisernen Roma zum Trotz, noch die Zierde der Welt, sank!
      
 Blut durchströmte die Straßen umher; die prasselnde Flamme
      
 Wüthete rastlos fort: im Schutt versiegte die Wuth nur.
      
 Aber es lebt die Erhabene noch in der Kunde der Nachwelt.
      
 Hehre Begeisterung schwellt den Busen des Sängers; nicht fremd mehr
      
 Ist ihm des Helden Sinn, nicht die That, aus jenem geboren:
      
 Ihr ertönt sein Gesang in vielfachwechselnden Weisen,
      
 Die jetzt, brausenden Stürmen gleich, erschüttern des Hörers
      
 Pochende Brust, und jetzt, wie liebliche Lüftchen des Abends
      
 Säuselnd im Veilchenbeet, ihr sanfte Wonne gewähren. 
      
 Ha, Karthago lebt, und ewig ertönet ihr Nachruhm:
      
 Meererforscherinn, Städt'- und Völkergründerinn heißend;
      
 Lebt durch Hannibals Ruhm, des mächtigen, eidesgeweihten,
      
 Furchtbar'n Rächer des Vaterlands, und blühet für immer
      
 Ob dem erschütternden Muth: verschmähend die schimpfliche Knechtschaft,
      
 Unterzugeh'n, auch im Falle noch groß, in würdiger Freiheit!
      
 D'rum erhebe dein Herz, dem Guten und Wahren dich weihend:
      
 Denn sie allein entführt der Zeit fortrollende Fluth nicht,
      
 Und, umschwebend die Welt in ewigdauerndem Kreislauf,
      
 Reichen sie dir zum Lohne den Kranz nie welkender Blüthen.«
      
 Jetzt erhob er sich schnell, nach dem Lager zu kehren. Auch Ludwig
      
 Säumte nicht; doch ihm quoll die Thrän' aus den blitzenden Augen:
      
 »Wohl ist es schön,« so sprach er, »im Lauf enteilender Zeiten
      
 Ueber der niedrigen Fluth, emporgehoben, zu stehen,
      
 Und zu erringen den Kranz gefeierter Helden der Vorwelt;
      
 Doch, ach, mich entreißt die sorgliche Liebe des Herrschers
      
 Jeder Gefahr, und ruhmlos schwindet mir Leben und Thatkraft!«
      
 Freudig erklang des Jünglings muthige Rede dem Kaiser,
      
 Und er entgegnet' ihm so: »Schon nahet die Stunde, wo, kämpfend,
      
 Du in dem eisernen Feld die Schrecken der Schlachten bestehen,
      
 Und als Sieger, umjauchzt von tapferen Kriegesgefährten, 
      
 Kehren, oder im Kampf erliegen sollst für die Rettung
      
 Tausender: ein's wie das and're erhebt; doch leitet die Vorsicht
      
 Dich nach der Heimath zurück, dort blühet ein schöneres Feld dir
      
 Ewigen Ruhms: durch Herrscherweisheit im Segen zu walten
      
 Ueber ein glückliches Volk, und, also der Mit- und der Nachwelt
      
 Frommend, im Segen zu seyn den spätesten Menschengeschlechtern.«
Hannibal horchte mit Lust, wie ihn ehrte der mächtigste Herrscher.
      
 Seit er dem irdischen Leben entrückt, unmuthigen Herzens,
      
 Weilt' im dunkelen Raum des nachtumwölbenden Erdballs,
      
 Sah er zum erstenmal die trauten Gefilde der Heimath
      
 Wieder. Gen Zama
      
Zama, der Ort, vor welchem der große Held Karthagos, Hannibal, durch den römischen Feldherrn Scipio im J. 201 vor Chr. überwunden ward, lag zwischen Adrumetum und dem, fünf Tagreisen davon entfernten, Karthago. hinaus erhob er die glühenden Augen,
      
 Starrt', und ballte die Faust des Jammers Gebilden entgegen:
      
 Denn noch sah er die Miethlinge fliehn; durchbrochen die Reihen
      
 Seines Volks, und, empört, die schreckliche Schar Elephanten
      
 Wüthen im eigenen Heer – entrissen auf immer den Sieg ihm:
      
 Sah's, und wandte sich schnell nach Karthago's Stätte hinüber.
      
 Aber wohin entschwand die Herrliche? Neidisch verschlungen
      
 Hatte der Strom der Zeit auch die letzten Maale des Ruhmes. 
      
 »War auch sie mit dem Römer im Bund'?« So seufzt' er, und hob sich
      
 Eilig den Felsen hinan. Dort hört' er unsterblicher Thaten
      
 Seelenentzückendes Lob aus dem Munde des edelsten Kaisers:
      
 Ihm von der Stirn' entfloh'n des Unmuths düstere Wolken;
      
 Heiterer blickte sein Aug', und der Groll, vom Römer empöret,
      
 Schmolz aus seiner besänftigten Brust, wie schimmernder Frühreif
      
 Schmilzt im sonnigen Strahl. Schon dacht' er, den Christen ein Helfer
      
 Künftig im Kampfe zu steh'n: da naht' ihm jener im Eilflug.
      
 Regulus sah auf den Felsenhöh'n um seinen Erwählten
      
 Hannibals dräuende Näh', und wähnte: verderbende Täuschung
      
 Sinn' er, ihm dort in die argloshorchende Seele zu hauchen.
      
 Wie aus dem sonnigen Thal der rauberspähende Kondur –
      
 Er, der Riese des Geiergeschlechts, in sausender Schnelle
      
 Hoch empor sich schwingt zu dem Wolkennest, zu erforschen:
      
 Ob nicht Gefahr dort drohe den kreischenden Jungen? so naht' er
      
 Jetzo dem Kaiser im Flug, und wachte mit liebender Sorgfalt,
      
 Wie er die Listen vereitle durch List, und vernichte die Täuschung.
      
 Hannibal schnob, erneut vor Zorn: mit dräuenden Blicken
      
 Schwebt' er davon, und sann dem Christenheere Verderben.
      
 Doch in die Zeltenstadt heimkehrte mit Ludwig der Kaiser. 
      
Aber welch' Getümmel erschallt an dem Strande des Meers jetzt?
      
 Gegen Zafrano hinaus, auf Bona's lieblichem Vorland,
      
 Thürmt ein Cedernwald die dunkelen Wipfel g'en Himmel.
      
 Noch in dem kühleren Hauch des sanftaufdämmernden Morgens
      
 Schifften auf Ruderbooten dahin, von Guasto gesendet,
      
 Tausend, des Zimmerwerks wohlkundige Krieger: zum Schanzbau
      
 Stämme zu fällen. Da scholl in der hehren Stille des Morgens
      
 Drüben des Beils dumpfschmetternder Schlag vom tönenden Stammholz:
      
 Sausend entstürzte der Wald. Jahrhunderte sah er der Umwelt
      
 Wandelbare Gestalt; er stand, und hob sich noch immer
      
 Höher empor: nun streckt' ihn die grausame Schärfe des Eisens
      
 Nieder: in Trauer gehüllt aufragte das kahle Gebirgsland.
      
 Aber sogleich ersah'n die feindlichgesinneten Geister,
      
 Schwebend vor Muhamed her, und Attila, welche Gefahren
      
 Ihren Erwählten der Christ bereitete: Schauder ergriff sie.
      
 Siehe, da flog Ellack, des Hunnenkönigs Erzeugter,
      
 Näher, und rief dem Vater zugleich, und dem heuchelnden Seher:
      
 »Schauet die Riesenschlange dort im Schatten der Felskluft
      
 Liegen: Unsterbliche selbst erbeben dem schrecklichen Anblick.
      
 Weck't sie vom Schlaf, und, empört, hintilgt sie die kühnen Gesellen!«
      
 Muhamed sann umher; dann rief er den Zagenden also: 
      
 »Hebe dich, Muhameds Volk! Erhebt euch, Attila's Scharen;
      
 Fahr't in des Unthiers Bauch, und erreg't dem Feinde Verderben!«
      
 Jetzo im sausenden Flug hinstürzten die stürmischen Geister,
      
 Schrie'n, und fuhren zugleich in des Scheusals umringenden Bauch ein.
      
 Tief in der Felsenkluft, zum furchtbarn Knäuel verschlungen,
      
 Lag die gräßliche Schlange (dem Rad, das, weichend des Bergstroms
      
 Riesengewalt, den Mühlstein dreht, im Kreise nicht ungleich)
      
 Schlummernd, und barg ihr Haupt in des Knäuels Mitte mit Vorsicht.
      
 Nur im Dunkel der Nacht, nur selten im Lichte des Tages,
      
 Kroch sie lauernd hervor, um ein sorglosweidendes Hausthier,
      
 Rasches Gewild, und auch Menschen zu fah'n; da hieß es: ein Berggeist,
      
 Hausend im Felslabyrinth des schauerumhülleten Waldes,
      
 Habe verschlungen den Raub, und der Iman heulte Gebet' auf.
Als die stürmende Schar, des Herrschers Winken gehorchend,
      
 Im unleidlichen Drang die furchtbarn Ringe des Scheusals
      
 Füllte: da hob es in zitternder Wuth das gräßliche Haupt auf,
      
 Warf es im Bogenwurf in der Höhl' umher, und ihm zischte,
      
 Flammengeröthet, die Zung' aus dem weiteröffneten Rachen.
      
 Schrecklich erglühte sein Aug' aus den giftgeschwollenen Kreisen,
      
 Und, gebläht, erfüllet' es ganz die räumige Felskluft. 
      
 Doch, als jetzo die Schar erboßtumtummelnder Geister
      
 Selbes noch wüthender drängt', und stachelte, froh der Empörung:
      
 Da durchfuhr's die entsetzliche Höhl' im sausenden Eilflug –
      
 Attila bebte zurück mit Muhamed: denn an dem Felsen
      
 Stand es, emporgethürmt, hoch über dem Haupte der Cedern.
      
 Heulend entstürzte die Schar holzhauender Krieger dem Dickicht,
      
 Eilte zum Strand', in dem Ruderboot zu entfliehen dem Tod noch;
      
 Aber nicht allen gelang's. Den Flüchtenden jagten die Geister
      
 Jetzo das Ungethüm nach, und es warf sich ergrimmter zum Boden.
      
 Weithin bebte der Grund; rings schwankten die luftigen Cedern,
      
 Welche die schnellhingleitende Schlange berührt', und das Berggras
      
 Welkte vor ihrem Flammenhauch, da Felsengeröll' ihr,
      
 Staubend, nachrauschte vom Berg; doch dort, vom Strande des Meeres,
      
 Fest mit dem Schweif umschlingend die weitnachbeugende Ceder,
      
 Schwang sie sich über die Fluthen hinaus. Ihr bläulicher Rücken
      
 Blitzt' in dem Sonnenlicht, als, längs dem spiegelnden Meer hin,
      
 Schlängelnd, ihr Schatten flog, und sieh', da erhaschte sie pfeilschnell 
      
 Eines der Boot', und warf's, mit schüttelndem Grimm, in den Abgrund!
      
 Nichtigem Spielwerk gleich, das zürnend der Knabe zertrümmert,
      
 Flog des Schiffes Gebälk mit lautem Gekrach aus den Fugen.
      
 Trümmer und Leichen bedeckten des Meer's aufwirbelnde Fluthen;
      
 Aber sie sank, ermattet, zurück, und rollt' an dem Stamme,
      
 Ringelnd, sich auf: wie ein Seil umringelt den kreisenden Wellbaum,
      
 Wenn von des Meeres Grund die gewichtigen Anker sich heben.
      
 Und die Ceder erbebte der Last des lauernden Unthiers.
Staunend vernahm der Kaiser den Lärm an Zafrano's Gestaden,
      
 Blickte nach Ludwig hin, und dieser enteilte gewaffnet,
      
 Rasch dem Gezelt; dann schifft' er auf Dorias herrlichem Fahrzeug
      
 Eilig hinüber zur Bucht, wo, lauernd, das Scheusal der Ceder
      
 Säul' umschlang. Er hielt, und sann, wie er solches bezwinge.
      
 Sieh', und, brausenden Flug's, naht' ihm der edelste Romer,
      
 Regulus: denn, begrüßend den ruhmverkläreten Schauplatz
      
 Seines, der Weltstadt Rom heilbringenden Todes, gewahrt' er
      
 Attilas Hohn, und Muhameds – auch des gestachelten Unthiers
      
 Wüthenden Grimm, und des Jünglings Angst! Da rief ihm der Geist zu:
      
 »Denke des Regulus doch, der einst durch Schleudergeschosse 
      
 Hier die Schlange besiegt, und dem Volk Errettung gebracht hat!«
      An dem Ufer des 
      Bagrada (h. z. T. Medscherdah), der nicht fern von Utika vorüberfloß, soll der Consul M. Attil. Regulus eine ungeheure Schlange, deren Länge auf 120 Fuß angegeben wird, mit Katapulten beschossen, und getödtet haben. (
      A. 
      Gell. L. VI. c. 3. – 
      Valer. Max. L. I. c. 8.) Wahrscheinlich war sie eine Riesenschlange (
      Boa Constrictor).
      
 Und es erhob sich sogleich das Bild des edelsten Römers,
      
 Schimmernd, vor seinem Blick: denn laut entboth er die Krieger:
      
 »Windet die Wucht des ehernen Donnerrohres an Tauen
      
 Auf an den Bord; scharf ziele der fernhintreffende Wurfschütz,
      
 Und zerschmett're das Haupt des unheilbrütenden Scheusals.«
      
 Also geschah's. Wohl zielte der fernhintreffende Wurfschütz,
      
 Wendend den ehernen Schlund mit dem leichtbeweglichen Richtkeil,
      
 Senkte die Lunt', und wandte sich. Laut, mit Donnergetümmel,
      
 Sauste die Kugel hinan, und riß den Wipfel der Ceder
      
 Krachend vom Stamm: er bebt', und still verharrte das Unthier,
      
 Daß es die Schiffenden näher gelockt, erhaschte; doch Ludwig
      
 Sann hochrühmlichen Kampf. Ihm funkelten heller die Augen:
      
 Denn er geboth dem Steuermann urplötzliche Landung,
      
 Schwang sich hinaus, um dort, auf die Kniee gesunken, zum Himmel
      
 Flehenden Blickes zu schau'n, und sieh', ein Glanz, wie im Nachtgrau'n
      
 Flammt der Blitz, erhellete jetzo den schimmernden Luftraum;
      
 Goß ihm freudigen Muth in das Herz, und hieß ihn nicht achten
      
 Seines Volkes Geschrei; und als er den schrecklichen Degen
      
 Hoch aufschwang: da glühte die Spitze des Eisens, wie nächtlich 
      
 Glühet die Wetterstang' im Gewölk, wenn rings in den Lüften
      
 Gährender Donner wogt! Er drang auf das Scheusal beherzt ein.
      
 Schauder erfüllte die Welt. In dem ödverstummenden Blachfeld
      
 Scholl nur leises Gezisch des Lauernden. Jetzo dem Gegner
      
 Flog's in schlängelndem Blitzesflug' entgegen, und strebte
      
 Ihn zu erhaschen. Er wich ihm behend' nach jeglicher Seit' aus,
      
 Stets abwehrend mit blinkendem Stahl des offenen Rachens
      
 Dräuende Wuth; doch jetzt in die Luft aufschwang er den Degen,
      
 Hieb, und trennte das Haupt von dem Rumpfe des scheußlichen Unthiers,
      
 Der, entsinkend dem Stamm, mit Blut umhüllte den Boden.
      
 Heulend vor Schrecken und Angst, entfloh'n die Geister, und eilten
      
 Muhamed nach, und Attila: fern in ätherischen Höhen
      
 Größeres Unheil noch zu ersinnen dem Heere der Christen.
      
 Ludwig kehrte, gepriesen, zurück: da liefen die Männer,
      
 Jubelnd, zum Strand', und sah'n das kühnzerschmetterte Scheusal
      
 Liegen im schwärzlichen Blut, und zucken, und schauern im Tod noch,
      
 Schaudernd sie selbst: denn gräßlich war es noch immer zu schauen.
      
 Dann mit des Waldes Raub belastend das räumige Fahrzeug,
      
 Eileten sie, zu erbau'n die vest'umzingelnden Schanzen. 
      
Wohl von den Reihen beschirmt gewaffneter Brüder – nicht achtend
      
 Dicht im Donnersturm' hersausender Feindesgeschosse,
      
 Grub an den Schanzen das Volk, und, wo in dem sandigen Boden,
      
 Hügelnd, kein Damm sich hob, und den kreischenden Spaten des Aufwurfs
      
 Sinkende Last stets wieder ereilte: da fügten die Krieger
      
 Stämm' auf Stämme, dem Wall zur dauernden Stütze. Den Weiden
      
 Raubeten andre ihr schlankes Gezweig, und flochten die Schanzkörb',
      
 Welch', erfüllet mit Sand, und erhöht auf dem Damme, den Wurfschütz
      
 Und die Donnerschlünde zugleich beschirmten im Feuer.
      
 Also erbauten sie drei verderbendräuende Schanzen
      
 An Goletta umher, in Gestalt des wachsenden Mondes,
      
 Wenn er, silbergehörnt, hinschwebt am sternigen Himmel.
      
 Rechts an den Oehlbaumwald, und links an den felsigen Meerstrand,
      
 Stieß ihr Horn, und umkreiste nur halb die trotzende Festung:
      
 Denn auf dem Meer' umfing sie, dem silbergehörneten Mond gleich,
      
 Wieder die Schiffheersmacht: aus ihres verehrten Gestirnes
      
 Bild, ihr kam der Jammer gesandt, und die grause Vernichtung.
      
 Aber das ehrne Geschütz, von schnaubenden Rossen gezogen, 
      
 Rückte zögernd heran; die Räder, im Sande versinkend,
      
 Knarreten unter der Wucht, und Schaum bedeckte die Rosse.
Guasto, im Ehrengefolg zu Thaten gerüsteter Feldherrn
      
 Nahend, rühmte des Werk's ersehnte Vollendung, und sagte:
      
 »Dreißig eherne Schlünd' und zehn bomb'schleudernde Mörser
      
 Schirmt Alarkon, der Held, in der mittleren Schanze voll Thatkraft,
      
 Und ihm gehorche die Schar viertausend hispanischer Krieger;
      
 Aber, nicht minder an Zahl, erfüllen die Schanz' an dem Meerstrand',
      
 Niederländern gesellt, Lusitania's Krieger: ihr Hort sey
      
 Ludwig, der tapfere Fürst; doch jen' an dem säuselnden Oehlwald
      
 Sey fünftausend Wälschen vertraut, und mein ist des Volkes
      
 Schirmende Huth. Das ehrne Geschütz, in jeder an Zahl gleich,
      
 Und an verderbender Macht, entsende zur Veste Vernichtung.«
      
 Aber nicht dacht' er im Ernst die Schanze der Wälschen zu schirmen:
      
 Denn er versuchete nur den tiefverwundeten Helden
      
 Sarno, den er der Feigheit zieh im unseligen Walten
      
 Raschauflodernden Zorns, und nimmer lächelte seither
      
 Sarnos trauerumflossenes Aug'. Empört in dem Busen
      
 Trat er nun aus dem glänzenden Kreis', und sagte zu Guasto:
      
 »Wolltest du mir, erlauchter Gebiether, die Stelle vertrauen
      
 Dort am Olivengehölz, zunächst dem feindlichen Andrang:
      
 Daß sich erweis' in der That, ob ich feig' erbebte dem Gegner?« 
      
 Guasto's Aug' umwölkte die Thrän'; er sagt ihm dagegen:
      
 »Edler, die Schanz' am Olivengehölz, dem feindlichen Andrang
      
 Näher, sey dir vertraut zum Gewinn unsterblichen Ruhmes.
      
 Ha, nicht des Wortes mehr, des unseligen, das in dem Zorn mir
      
 Jüngst entfuhr, gedenk': den Tapferen ziere die Großmuth!«
      
 D'rauf both er ihm noch freundlich die Hand, und eilte von dannen:
      
 Denn schon füllten den Raum der vest'umzingelnden Schanzen
      
 Treffliche Völker im Freudengejauchz', und rings von den Wällen
      
 Gähnte der ehernen Schlünd' entsetzendräuende Mündung.
      
 Aber vor allen ereilten, im hurtigen Laufe, die Krieger
      
 Sarno's ihr Ziel: sie erhob des wiedererheiterten Feldherrn
      
 Siegverkündender Blick, den lange die Trauer umhüllte.
      
 Dort auf des Wall's vorspringendem Horn erhöht' er voll Hast nun
      
 Seines Volkes Panier, das blutroth auf in den Lüften
      
 Flatterte; sah vom gehügelten Wall, mit steigender Sehnsucht,
      
 Nach der Pläne hinaus, zu erspäh'n die feindlichen Scharen.
      
 Tausende sollten ihm nah'n: er hatte beschlossen zu sterben.
Jetzo wäre der Donnerrohr' und der ehernen Mörser
      
 Schreckliche Wuth um Goletta erwacht; doch, sausenden Rittes,
      
 Sprengte der Kaiser heran; ihm folgte der tapfere Alba,
      
 Diesem die Heldenschar zweihundert Reiter, und schimmernd
      
 Wehte das Friedens-Panier vor den Eilenden: denn in dem Busen 
      
 Schlug ihm das Herz voll Huld und menschenfreundlicher Schonung.
      
 Nahend den Feuerwerkern im Flug', erhob er die Stimme:
      
 »Haltet ein! Nicht ertöne des Krieg's entsetzlicher Mordruf,
      
 Der in dem blindumwüthenden Grimm so vielfach des Jammers
      
 Opfer häuft, und so viel schuldlose Herzen zermalmet,
      
 Eh' denn Alba gekehrt aus dem feindlichen Lager. Wir biethen
      
 Auf errungenem Feld, zu furchtbarer Rache gerüstet,
      
 Ihm versöhnend die Hand. So er, taub, und rasend im Unsinn,
      
 Von sich stieße die Hand, und verschmähte des Friedens Bedingniß:
      
 Dann auflodere ringsumher die Flamme des Krieges.«
      
 Sieh', und den stachelnden Sporn in die Seiten des Rosses versenkend,
      
 Flog nun Alba davon mit seinem erlesenen Häuflein –
      
 Flog, wie ein Sturm die Heide durchtobt! Doch jetzt, von Goletta
      
 Kommend, scholl ihm Getös' und Waffengerassel im Rücken.
      
 Sinam war's, der schnell mit tausend maurischen Reitern
      
 Nahete: denn er sah in dem Wind das schneeige Fähnlein
      
 Flattern: des Friedens Bild, den er ersehnt' in dem Busen,
      
 Ob der Schätze daheim besorgt im grauenden Alter.
      
 »Hemmet die Roß', ihr Christen,« so rief er, »den sühnenden Herold,
      
 Wenn mich das Auge nicht triegt, gewahrt' ich in eurem Gefolg dort! 
      
 Kündigt er uns, wohlweise berathen, die Worte des Friedens?«
      
 »Ja,« sprach Alba beherzt, »wir bringen euch heute den Frieden;
      
 Nehmt ihn getrost: denn besseren Rath ersinnet ihr nimmer!«
      
 Jener lächelte Hohn; doch hing in dem brausenden Ritt oft,
      
 Seitwärtsblickend, sein staunendes Aug' an dem christlichen Feldherrn,
      
 Der im schimmernden Waffenschmuck, ein trefflicher Reiter,
      
 Eisern im Sattel saß, und stolzverstummend dahinflog.
      
 Jetzo die Straßen entlang von Tunis, im Donnergalopp fort
      
 Jagte die Schar, und das wimmelnde Volk lief ihr mit Geschrei nach:
      
 Denn wie im sonnigen Lenz, wenn voll von duftenden Blumen
      
 Pranget der Hain, und pranget das Feld und der zierliche Garten,
      
 Zahllos summen in würziger Luft die geschäftigen Bienen:
      
 Diese, mit goldner Last an jeglicher Seite beladen
      
 Kehren, im Korb zu erbau'n die künstlichen Zellen; die andern,
      
 Ihm entschwirrend in Hast, fortzieh'n, auf den blühenden Matten
      
 Lieblichen Honigseim mit zart eindringendem Stachel
      
 Aus dem duftenden Kelch zu saugen, und kehren, und ziehen
      
 Sonder Rast: so war des unzähligen Volkes Gewimmel.
Ueber der lärmenden Stadt, in Barda's
      
Barda heißt die Sommerresidenz des Bey von Tunis, mit einem weitläufigen Schlosse, und den schon zu Carls V. Zeiten berühmten bardäischen Gärten an der Küste von Maritia. Sie liegt an der Westseite von Tunis, und hängt durch die Gärten mit der Stadt zusammen. Zaubergefilden,
      
 Wo die herrliche Sommerburg die goldenen Zinnen
      
 Aus dem dunkelen Grün umsäuselnder Hain' in die Wolken 
      
 Thürmt, verweilte Hairaddin jetzt, und ordnete kundig
      
 Heeraufstellung und Kampf, im Kreise der horchenden Feldherrn.
      
 Dort im luftigen Saal, auf schwellende Pfühle gesunken,
      
 Sprach er mit Salek, und sprach mit Dragut und Muhamed Temtes,
      
 Eifernd, als Pferdegetrab in die Ohren ihm scholl, und die Nachricht
      
 Kam: ein Friedensboth' erscheine der christliche Herold.
      
 Sieh', ein Wink fuhr ihm, wie ein Blitz, aus den finsteren Wimpern,
      
 Und im Waffengeklirr aufkrachten die Thüren; des Vorhangs
      
 Purpur flog zur Seite gerollt: denn plötzlich umringten
      
 Hundert Janitscharn, geführt von Hassan, dem Aga,
      
 Schirmend des Herrschers Thron, und sah'n, verschlingenden Blickes,
      
 Hin nach dem Fremdlinge, der an Sinams Seite herankam,
      
 Und dem Throne genaht, erhob die muthige Stimme:
      
 »Dir, großmächtiger Herr, entbiethet der Kaiser der Deutschen,
      
 Und Hispania's König, durch mich, den Herzog von Alba,
      
 Freundlichen Gruß, und sendet, noch ehe der würgende Schlachtruf
      
 Tunis' Gefilde durchtobt, dir sanfte Worte des Friedens,
      
 Daß unzähliger Völker Glück dem deinen vereint sey!
      
 Nicht gedenket er, dir zu entreißen die Krone von Algier;
      
 Aber er heischt, zum Ersatz, für Hassan jene von Tunis,
      
 Die er, erst jüngst, mit heiligem Eid, ihm wieder zu schaffen
      
 Schwur, aufbiethend unendliche Macht. Auch sollst du in Freiheit 
      
 Ziehen mit deinem Volk; entführen die Schätz' und die Waffen,
      
 Wenn du zuvor den Christensclaven die Bande gelöset,
      
 Und gelobet ihm hast, zu entsagen der schrecklichen Willkühr,
      
 Die nur auf Menschenraub und Plünderung gründet die Herrschaft.
      
 Frei ist das Meer: ein Bild der ewigen Vorsicht, umher, rings,
      
 Hält es die Erd' umfaßt! Auf seinen unendlichen Bahnen
      
 Fliege des emsigen Kaufmanns Schiff, mit schimmerndem Fittig,
      
 Schnell von Port zum Port, im völkerverbindenden Handel
      
 Freudig den Segen der einen Welt der andern zu spenden;
      
 Willig trag' es, wenn Noth es erheischt, ein muthiges Kriegsvolk,
      
 Das sich erhob, des Wüthrichs Macht zu begegnen – zu wehren
      
 Unterdrückung und Schmach, im blitzebewaffneten Bollwerk
      
 Hin zum sicheren Sieg; doch mög' es, empört, in den Abgrund
      
 Schleudern das Schiff und den Räuber zugleich, der schnöden Gewinns froh,
      
 Seine Fluthen entweiht, der Knechtschaft Opfer zu häufen!
      
 Unsere Losung sey: des Meers allsegnende Freiheit!«
      
 Dunkelröthliche Gluth flammt' auf in den Augen des Wüthrichs,
      
 Als er die Worte vernahm; er schwang auf dem purpurnen Pfühl sich 
      
 Rasch herum, und ballte die Faust, und knirscht', und begann so:
      
 »Ha, verwegener Christ, so trotzest du mir in das Antlitz?
      
 Fluch sey dir, und auch ihm, der dich gesendet! Hinweg – stirb!«
      
 Jetzo ereilt' ihn der Tod auf hundert blitzenden Säbeln,
      
 Rief nicht Sinam dem Volk: »Vergreife dich nicht am Gesandten!«
      
 Alsbald bebt' es zurück. Da stand voll ruhiger Hoheit
      
 Alba, und starrte mit festem Blick dem Wüthrich in's Antlitz,
      
 Der, erblassend dem Blick, verstört zum Boden hinabsah.
      
 Stille herrscht' in dem Saal, und lange noch starres Entsetzen.
      
 Aber der Milde bedacht, sprach Sinam: »Erwählter des Himmels,
      
 Seiner Gläubigen Hort, und Liebling des großen Propheten,
      
 Schone des Herolds: denn wie die Laute mit tönenden Saiten
      
 Lautlos schweigt, bis ihr, nun frohe, nun traurige Weisen,
      
 Wechselnd, des Künstlers Hand entlockt: so hat er auch jetzo
      
 Nur getreu verkündet das Wort, das Herrschergewalt ihn
      
 Sprechen hieß. Nur den verfolg', ein furchtbarer Rächer,
      
 Der ihn gesendet zu dir, so er stolz verschmähte den Frieden,
      
 Welchen du noch aus dem Born reichströmender Huld ihm gewährest.«
      
 Hairaddin rief: »Wohlan, vernehmet es, was ich beschlossen!
      
 Erst schafft ihr in Banden herbei den schwarzen Verräther,
      
 Muley Hassan, der, Ungläubigen selber zum Spott nur,
      
 Feig der Rach' entrann. Auch hundert der größeren Schiffe 
      
 Möget ihr ohne Verzug uns geben als rettende Sühnung,
      
 Daß ihr noch frei heimkehrt, und entflieht der grausen Vertilgung.
      
 Säumtet ihr, dann Weh' euch: denn Hunderttausende harren,
      
 Voll blutlechzender Gier, der schrecklichen Losung des Mordens
      
 Nur, und ihr werdet vor ihnen wie Spreu vor dem Sturme zerstieben!«
      
 Und er entließ ihn jetzt mit schnödem Winke der Rechten;
      
 Blickte nach Dragut dann, und wieder nach Muhamed Temtes,
      
 Lächelnd. Er that, als acht' er ihn kaum, und ihm bebte das Herz noch
      
 Wegen des todverachtenden, mutherhelleten Blickes,
      
 Der ihm die Tiefen der Brust, gleich flammenden Blitzen, durchbohrte.
      
 Aber noch weilte der Held, und sprach zu dem Herrscher noch einmal:
      
 »Gönnet mir gnädig Gehör! Die Gattinn des edelsten Feldherrn
      
 Schmachtet, seiner beraubt, in Draguts harter Gewahrsam;
      
 Doch er gebe sie frei; die Lösung heischend nach Willkühr,
      
 Daß sie des Wiederseh'ns unnennbare Wonne vereine.«
      
 Schnaubend vor Zorn erhob sich Dragut, und rief ihm entgegen:
      
 »Ha, du biethest mir Gold für sie, die schön ist wie Houris
      
Houris sind, nach Muhameds Lehre, die blendend schönen Jungfrauen, welche von zarter, ätherischer Gestalt, die Seligkeit der Männer in seinem Paradiese ausmachen. Die Schilderungen von ihnen sind ganz in dem orientalisch-üppigen Geschmack entworfen. –
      
 Gold, das mir zur Beut' Europa gespendet? Ich wähnte,
      
 Kommen wird der Gemahl, das Weib zu ersiegen im Zweikampf.
      
 Liegt ihm Tunis zu fern? Erzähl' uns, ist er so furchtsam?« 
      
 Alba, des Spötters nicht achtend, ging. Der edlere Sinam
      
 Folgt' ihm schweigend, und gab, an dem Thor, die maurischen Reiter
      
 Ihm zum Geleit, fern über Goletta hinaus zu dem Wall hin.
      
 Hairaddin hob sich ergrimmt von dem Pfühl, und sagte den Feldherrn:
      
 »Eilt an das blutige Werk, und sucht im stürmischen Angriff,
      
 Heimlich und offenbar, in der Kühle der Nacht und des Tages
      
 Menschen- und thier'ermattender Gluth, dem Feinde zu schaden,
      
 Bis die vereinte Macht unzähliger Bundesgenossen
      
 Uns auf das Schlachtfeld ruft, zum schrecklichen Kampf der Entscheidung!«
      
 Jeglicher eilte zum Heer; doch Dragut, empört in dem Busen,
      
 Flog zu Mathilden heim, zu Toledo's unglücklicher Gattinn.
Ach, sie duldete dort jetzt unaussprechlichen Jammer!
      
 Wie die Rose, dem wonnigen Lenz entfaltend die Knospen,
      
 Rings Entzücken weckt, und freudiges Staunen: so war sie;
      
 Aber, der Lilie gleich, da auf ihre noch sprossenden Blüthen
      
 Sengender Mehlthau fiel, hinschwand die zarte Gestalt nun,
      
 Nahe dem Leidensziel', in des Lebens herber Vollendung:
      
 Denn nicht ahnte sie noch in der Stund' entsetzlicher Trennung
      
 Von Toledo, die größere Qual: dem Kranken nicht ungleich,
      
 Der in des Fiebers Gluth, von Schreckgebilden umgeben,
      
 Noch die Schmerzen nicht ahnt, die bald, nach der Wiederbesinnung, 
      
 Seinen vom Fieber entfesselten Leib empfindlicher stacheln.
      
 Erst in Draguts Gewalt, des Wüthrichs, gewahrte sie, bebend,
      
 Fülle der Schmach, wo seine nach ihr verlangenden Augen
      
 Sprachen, sein Mund ihr rief: sie werde, des Kindes genesend,
      
 Lagersgenossinn ihm seyn. Da schwand ihr plötzlich der Hoffnung
      
 Letzter, leitender Stern vom grau'numnachteten Himmel;
      
 Furchtbar gähnte vor ihr der Abgrund; schauderergriffen,
      
 Bebte sie matt und matter zurück, und Ströme von Thränen
      
 Kühlten das brennende Weh' in ihrer zerrissenen Brust nicht.
Hugo, der Treue, gewahrt', und hörte den Jammer Mathildens.
      
 Völlig war ihm gebrochen das Herz vor lastender Wehmuth;
      
 Dennoch log sein Greisengesicht stets heiteren Trost noch:
      
 Daß nicht dem wankenden Stamm die einzige Stütze geraubt sey;
      
 Doch als nun der Kaiser mit Heeresmacht vor Goletta
      
 Stand, den Regulus ihm als Retter verheißen: da schien ihm
      
 Blauer die Luft, die Sonne viel glänzender, grüner das Erdrund;
      
 Da durchzuckt' ihm das Herz der Freude verjüngendes Feuer,
      
 Und er stürzte herein, und rief der Dulderinn also:
      
 »Segen mit dir! Erheitere schnell dein trauerndes Antlitz:
      
 Draußen am Strand erschien der Christen unendliche Heersmacht,
      
 Hairaddins Frevelgewalt zu vernichten im Kampf der Entscheidung, 
      
 Und wo Siegsruhm winkt, auf dem Felde der Ehre, da sollten
      
 Wälschlands Helden nicht seyn? Nicht mit ihnen der edle Toledo?
      
 Hört' ich es – hört' ich es nicht: er sey zugegen? Er ist es.
      
 Himmlische Wort', o möchten sie Muth und freudige Hoffnung
      
 Wecken in deiner Brust! Dem Jammer mußte sein Ziel steh'n;
      
 Kränze des Sieg's reicht euch, erbarmend, die ewige Vorsicht
      
 Nun am Ziel, in der Wonne der seligen Wiedervereinung.«
      
 Staunend erst, dann zürnend vernahm Mathilde des Greises
      
 Jubelnde Worte. Sie wähnte betrübt: unwürdigen Scherz nur
      
 Sinne der Greis; doch jetzt entzückenstrahlende Wahrheit
      
 Schauend in seinem Gesicht, ergriff sie vernichtender Schrecken.
      
 Bleich entfuhr sie dem Stuhl, ihr bebten geöffnet die Lippen,
      
 Wankte näher, und stand, und hielt den pochenden Busen,
      
 Aechzend; wankte zurück, und starrte durch quellende Zähren.
      
 »Wie, und du weinst?« sprach Hugo erstaunt, »das gönnt' ich dir endlich:
      
 Denn oft stillet die Thrän' unendliches Weh' in dem Herzen;
      
 Aber nicht Thränen der Freud' ersieht mein Aug' in den deinen,
      
 Die es zu sehen gehofft, und ach, vergeblich gehofft hat!«
      
 Und sie begann: »Nicht Thränen der Freud' erblickst du für jetzt noch,
      
 Redlicher; doch versiegen wird nun jene des Kummers!
      
 Nein, ich weine nicht mehr: denn soll ich den Ewiggeliebten
      
 Wiederseh'n, o, dann, dann werden die heißesten Wünsch' all' 
      
 Mir in dem einen gewährt: daß ich sterb' an dem Herzen Toledo's!«
      
 »Ach,« so schluchzte der Greis, »den Tod ersehntest du jetzo?
      
 Heimwärts schiffet ihr bald, und spät im grauenden Alter
      
 Schlummert ihr beide beglückt zum schöneren Leben hinüber!«
      
 Aber sie schüttelt' ihr Haupt, und begann in sinnender Schwermuth:
      
 »Wie die unschuldige Taube, verscheucht, und im Fluge gemordet
      
 Von dem schmetternden Blei, ihr Nestchen verödet zurückließ:
      
 So aus der öden Brust entfloh mir die Hoffnung für immer;
      
 Nie kehrt sie mehr zurück. Des Ewigen Wille geschehe!«
      
 Und noch hellere Fluth entstürzte den Augen Mathildens.
Jetzt ertönte Geräusch, und Dragut, der Schreckliche, stürmte
      
 Hastig herein: sie erbebte vor ihm, und wandte sich seitwärts.
      
 Häßlicher noch von der Wund' im Gesicht', die gestern Toledo
      
 Ihm versetzte, begann er vor ihr mit grimmigem Lächeln:
      
 »Thränen umhüllen dein Aug', nun dir der zärtliche Gatte
      
 Nah' ist? Die Schulter durchrannt' ich ihm, kämpfend, erst; von dem Nacken
      
 Hätt' ich gehauen sein Haupt, und dir vor die Füße geworfen;
      
 Wär' er nicht feig entfloh'n vor dieser gefürchteten Rechten.«
      
 Flammende Röth' umzog die Lilienwangen der Edlen,
      
 Und sie erhob die, sonst zur Erde gehefteten Augen
      
 Ob des schmähenden Wort's nun stolz, und voll kühner Verachtung 
      
 Gegen den Wüthrich, und schwieg. Da sprach er von neuem ergrimmter:
      
 »Wähn't ihr thöricht im Geist: wir sollen erliegen im Schlachtfeld
      
 Euerem Volk? Welch eiteler Wahn! Und sollt' es geschehen,
      
 Dann, ich schwör' es zu Gott und dem großen Propheten, erwürg' ich
      
 Dich mit eigener Hand, eh' dich dein Gatte mir raube!«
      
 Also droht' er, und ging. Mathilde erforschte den Treuen,
      
 Aengstlichen Blicks; sie rang die Händ', und sagte vergehend:
      
 »Seine Schulter durchrannt von Draguts tödlichem Eisen?
      
 Weh', er starb: nicht an seiner Brust verhauch' ich das Leben!«
      
 Hugo spähet' umher, und sagte mit leiserer Stimme:
      
 »Traue dem Lügner doch nicht. Toledo's blitzendem Degen
      
 Wär' er genaht, und lebete noch? Bald leuchtet der Vollmond
      
 Dir auf dem nächtlichen Pfad zur Felsenhöhle des Waldes.
      
 Staune nicht so: das Schiffchen harrt, und trägt dich, errettend,
      
 Ueber den See, Toledo's geöffneten Armen entgegen.«
      
 »Hugo, und du,« sprach jene bewegt, »willst du mich verlassen?«
      
 Unstät irrte sein Blick umher, dann sprach er im Abgeh'n:
      
 »Lauern des Wüthrichs Späher nicht auf? Nur diese zu täuschen,
      
 Harr' ich des Morgens noch, und werde dir, Gütige, folgen.«
      
 Sagt' es, und ging voll Hast, als drängten ihn wichtige Sorgen;
      
 Aber sie stand, und bebte: sie hatte den Treuen errathen. 
      
Drüben im Lager vernahm der Kaiser von Alba mit Staunen
      
 Hairaddins Trotz: wie er ihm auf Tod und Leben den Kampf both.
      
 Ernst umwölkte sein Aug', und jetzt, erhebend den Degen,
      
 Hieß er beginnen den Sturm, von den Wällen umher, auf Goletta.
      
 Sieh', als wären der Hölle zugleich entronnen die Schrecken
      
 All', so wüthete Lärm und Getös' um die Veste! Der Wurfschütz'
      
 Rührte des Brändchens Rohr mit der Lunt': im bläulichen Rauch flog
      
 Flamm' empor; zurück, dann eilender wieder zur Stelle
      
 Rollte der eherne Schlund, und warf durch Feuer und Flammen,
      
 Donnernd, im Bogenwurf die Kugel zur Veste hinüber.
      
 So von den Schanzen, und so von dem Meer hinsausten die Kugeln;
      
 Aber nicht minder zurück von dem Wall der trotzenden Festung
      
 Sausten sie hin und daher, voll Grau'ns: denn hoch in des Himmels
      
 Bläulichem Zelt durchkreuzten sich oft die feindlichen; bebend
      
 Drönte die Erd' umher, und laut aufheulte der Luftraum.
Herrschend mit Allmacht saß die goldenstrahlende Sonne
      
 Nun auf ihrem mittäglichen Thron, und schleuderte rastlos
      
 Glühende Pfeil' auf Afrika's Sandgefilde herunter. 
      
 Nicht die befiederten Sanger der Luft, nicht das zahmere Hausthier,
      
 Noch das Gewild, belebten die Welt; sie suchten des Hofraums
      
 Schatten, die Nacht der Höhl', und des säuselnden Waldes Umlaubung.
      
 Auch der Städter zugleich, und der niedrigen Hütte Bewohner
      
 Schlummerte sorglos jetzt in der Kühle der dunkelen Kammer.
      
 Aber nicht weht' in des Lagers Raum erfreuende Kühlung,
      
 Wo das luftige Zelt nicht schirmte den lechzenden Krieger
      
 Gegen den glühenden Hauch des Tag's, und nirgend ein Bäumchen,
      
 Nirgend ein Strauch ihm both die Zweige zum schattenden Obdach.
      
 Schweraufathmend und träg', umwandelten dort auf dem Walle,
      
 Und den Graben entlang, die Wachen; des blanken Gewehrs Last,
      
 Sonst dem Krieger ein Spiel, lähmt' ihm den Arm und die Schulter.
      
 Düster blickte sein Aug' aus den halbgeschlossenen Liedern
      
 Hinter dem glühenden Helm hervor; in gewichtigen Tropfen
      
 Rann ihm der Schweiß von der schmerzgefalteten Stirne herunter,
      
 Und die schmachtende Zung' erstarrt' an dem trockenen Gaumen.
      
 Deutschlands Söhne, vor allen zuerst, entnervte der Sonne
      
 Sengender Strahl: sie wähnten sich all' in der Fremde verloren.
      
 D'rum rief Siegmar jetzt, der Hesse, zu Walther dem Bayer: 
      
 »Welch ein Geschick ereilt uns hier in dem Lande des Fluches:
      
 Wären wir nie ihm genaht! O Deutschland, edele Heimath,
      
 Schön vor jeglichem Land, das rings im kreisenden Umschwung
      
 Irgend die Sonne bescheint! Den Deutschen, der dich nicht ehrte –
      
 Liebte vor jeglichem, ha, den treffe nur Schmach und Verachtung!
      
 Siehe, wie lästig dahier der ewigheitere Himmel
      
 Lächelt, und o wie entzückt mich dort des stürmischen Winters
      
 Ernste Stirn', umhüllt von schneebelasteten Wolken:
      
 Denn sie entschütteln die Last, und ringsum schimmert die Gegend
      
 Hell bei Tag und bei Nacht, im Sterngefunkel und Mondglanz.
      
 Eisern faßt mich am Morgen sein Hauch, und unter den Sohlen
      
 Knarrt der Schnee; mein Odem wallt, gleich Nebeln, um mich her.
      
 Bald ergreift mich die Lust, mit höherer Gluth auf den Wangen,
      
 Hinzugleiten auf spiegelndem Eis, das unter den Schlittschuh'n
      
 Ehern tönt; bald spann' ich mit Freuden das schellenbekränzte,
      
 Dampfende Roß an den Schlitten, und flieg' in dem windenden Thal hin
      
 So, daß das frohe Geklingel umher von den Bergen zurückhallt;
      
 Doch heimkehrend, erseh' ich, bewegt, wie im rosigen Abend 
      
 Glühen die Berg', und fern' im Gefild vom lastenden Schneedach
      
 Wirbelt die Säule des Rauchs, der dort mich zu Freuden des Lebens
      
 Ladet im Kreise der Lieben, beim herzerheiternden Festmahl.
      
 Deutschland, edeles Land, stets sollst du vor jedem mir werth seyn!«
      
 Unmuthvoll ihm sagte darauf der mürrische Walther:
      
 »Froh gedenkst du des Schnee's, und der Freuden des eisigen Winters
      
 Nun; doch kühlest du mir die Gluth der schmachtenden Brust nicht.«
      
 So besprachen sich dort die tapferen Kriegesgefährten.
      
 Auch die muthigen Ross' erschlafften des heißeren Mittags
      
 Glühendem Hauch: sie beugten, und hoben ihr Haupt in die Luft auf,
      
 Rastlos; suchten, gedrängt im Kreis', des eigenen Schattens
      
 Kühl', und stampften, und scheuchten, gequält, die lästigen Fliegen
      
 Sich mit dem tönenden Schweif, von der Seit' und dem zuckenden Bauch fort;
      
 Aber nur gieriger summten sie auf, und kehrten erboßter.
Muhamed sah vom Gewölk, wie Salek, der listige Feldherr,
      
 Ordnend den Hinterhalt, von Goletta herüber im Hohlweg
      
 Mächtige Scharen barg, und mit tausend numidischen Reitern,
      
 Spähend den Wald entlang, herzog dem Feinde zum Unheil.
      
 Jetzt auf dem Wall erblickend die Wache besorgenden Christen, 
      
 Hemmt' er, vor Angst erbebend, den Zug, und wäre geflohen.
      
 Doch, wie die lauernde Spinne hervor aus dem Winkel am Fenster
      
 Dorthin fleugt, wo im schwebenden Netze die Fliege, gefangen,
      
 Nun vergeblich sich müht zu entkommen den klebrigen Fäden:
      
 Denn sie ergeußt der Bande noch mehr, sie ganz zu umspinnen:
      
 Muhamed stürzete so zu Salek herunter, und nimmer
      
 Konnt' er entflieh'n, bethört von des Geistes verderbenden Worten.
      
 »Salek,« so rief er ihm zu, »die Söhne der Fremde besiegte
      
 Frühe schon Hitz' und Durst; erkämpfe den leichteren Sieg dir
      
 Heut' in dem furchtbar'n Hinterhalt! Du lockest des Feindes
      
 Tapferen Hort, der dort umwandelt in sinnender Schwermuth,
      
 Durch verstellete Flucht in des Hohlwegs tödliche Falle.«
      
 Also der Geist. Da flog, gehorchend, der Zögernde vorwärts.
      
 Sarno war's, der hoch auf dem Wall', in sinnender Schwermuth
      
 Wandelte. Jetzt, aufqualmenden Staub in der Ferne gewahrend –
      
 Hörend der Pferde Getrab, entriß er der Scheide den Degen
      
 Halb, und stand, und harrte der Kommenden; aber voll Unmuths
      
 Drängt' er den Stahl in die Scheide zurück: denn viel zu gering' ihm
      
 Dünkte des Feindes Macht, und rief zu Belindo, dem Hauptmann:
      
 »Eile den Frechen dort mit hundert erlesenen Kriegern 
      
 Muthig entgegen; sie flieh'n vor eurem zermalmenden Blick schon.«
      
 Jetzt, wie im dunkeln Forst der leis'auftretende Weidmann,
      
 Schauend die weidende Schar der Hirsch' auf den blumigen Matten,
      
 Die, an der Schnur gekoppelten Hund', entledigend, vortreibt:
      
 Diese entfahren mit lautem Gebell dem felsigen Abhang,
      
 Jene erheben ihr ästiges Haupt, und fliehen geschreckt fort:
      
 So, von Belindo geführt, entfuhren die tapferen Krieger,
      
 Brausend, dem Wall', und streckten mit mordenden Feuergewehren
      
 Aus der fliehenden Schar wohl dreißig, getödtet, zu Boden.
      
 Bald entschwanden sie all', und jauchzend kehrten die Sieger.
      
 Aber nicht lange, da kam, von mächtigen Scharen umgeben,
      
 Salek zurück, und rief die höhnenden Worte herüber:
      
 »Traun, nicht unhold ist's, dort hinter den schirmenden Wällen
      
 Ruhig im Mittagsschlaf die faulen Glieder zu dehnen;
      
 Hinter gethürmetem Bollwerk sucht der feigere Krieger
      
 Gerne sein Heil – der tapfere Mann in dem eigenen Muth nur!
      
 Kommt, wir sandten die Reiter zurück, vor welchen ihr bebtet;
      
 Laßt uns in gleicher Zahl versuchen des Kampfes Entscheidung!«
      
 Sarno schrie ergrimmt: »Fünfhunderte mögen mir folgen!«
      
 Sagt' es, und stürzte vom Wall' – ihm folgten die tapferen Krieger.
      
 Kaum entbrannte der Kampf; nur sparsam benetzte den Sand erst 
      
 Maurisches Blut: da floh'n, ablenkend, die listigen Scharen
      
 Vom Olivengehölz zu dem trugverbergenden Hohlweg.
      
 Rastlos wüthete Sarno's Schwert dem Feind in dem Rücken,
      
 Und er häuft' ergrimmt die Leichen: dem Schnitter nicht ungleich,
      
 Der mit dem blinkenden Stahl die Garben häuft auf dem Saatfeld;
      
 Doch, da stürmte vom Walde heran, von Goletta herüber,
      
 Und aus den Tiefen herauf des schlauverborgenen Feindes
      
 Wimmelnde Meng' auf Sarno: er stand, und es bebt' ihm das Herz nicht,
      
 Das nur Schlachten ersehnt, und Gefahren des Todes gewollt hat.
Salek kam, wie ein Hagelgewölk im brausenden Sturmflug,
      
 Näher mit seinem Volk. Nie hatt' ihn das feurige Streitroß
      
 Also getragen: so schnell, so wild empört, und vor Ingrimm
      
 Schnaubend. Muhamed war's, der jetzt mit seinen Erwählten
      
 Jeglichen Reiters Pferd durch schreckende Gaukelgestalten
      
 Vorwärts trieb: denn solches vermögen die luftigen Geister.
      
 Salek ersah das Weiß' im dräuenden Auge des Gegners
      
 Schon, und riß sein wüthendes Roß zurück mit dem Zügel:
      
 Aechzend bäumt' es sich auf, und bog, umlenkend im Sandstaub,
      
 Gegen Sarno die Brust, der, eh' es den vorderen Huf noch
      
 Senkte, den blinkenden Stahl ihm tief in die Weiche des Bauches 
      
 Stieß, daß es laut hinkracht' im Fall, und den Reiter herabwarf.
      
 Salek raffte sich auf, und schwang den blitzenden Säbel
      
 Ueber des Gegners Haupt; doch, ehe der tödliche Streich fiel,
      
 Bohrt' er auch ihm den rauchenden Stahl mit der nervigen Rechten
      
 Fest in die Brust. Sein Auge brach; die geöffneten Lippen
      
 Bebten ihm; bleich im Tod hinsank er, und regte sich nimmer.
Muhamed floh, und ihm heulte, bestürzt, sein luftiges Volk nach.
      
 Auch erstarrten die Mauren vor Angst: den sterbenden Feldherrn
      
 Schauend in seinem Blut; doch bald erwachte des Mordens
      
 Wüthende Gier in allen zugleich; sie schrie'n zu dem Himmel
      
 Fluch und Verwünschungen auf, und umbrausten den Sieger. Nicht anders,
      
 Wenn der Jäger im Hain, todsinnend dem kleinen Gevögel,
      
 Einen stattlichen Uhu mit List an den ragenden Lockbaum
      
 Aufstellt, wüthen die Vögel um ihn, und kreischen, und schreien,
      
 Rach'erfüllt: denn oft raubt' er im nächtlichen Dunkel,
      
 Von dem belaubten Zweig die Entschlummerten, oft aus der Felskluft;
      
 Aber er schaut, aus großen, der Sonn' erblindeten Augen,
      
 Ruhig umher, und scheuchet die furchtsamen hin und herüber:
      
 Also umdrängten auch hier den edeln Sarno die Gegner,
      
 Rache schnaubend, und links, und rechts sank Reiter und Fußvolk, 
      
 Das ihm genaht. Auch kämpften um ihn die treuen Gefährten,
      
 Heldenmüthigen Sinns, und tilgten die feindlichen Haufen.
      
 Jetzt an des Todes grimmigem Fest, umhügelt von Leichen,
      
 Triefend von Schweiß und Blut, erwachte die Liebe des Lebens
      
 Mächtig in seiner Brust. Er wollte sich fechtend zurückzieh'n,
      
 Da er im rühmlichen Kampf, hier weichend der schrecklichen Mehrzahl
      
 Nur, so dacht' er, bewies: ihn schmäht' einst Guasto mit Unrecht.
      
 Sieh', und als er das Volk in dem Rückzug ordnend, sich wandte,
      
 Und verrätherisch sich vom Helm' der glänzende Harnisch
      
 Sonderte, da durchfuhr mit schmetterndem Schlage die Kugel
      
 Ihm das Genick; er sank, und röchelte sterbend am Boden!
      
 Feindliches Jauchzen erscholl, und es droht' ihm entsetzlicher Frevel;
      
 Aber Belindo sprang vor ihn hin, und rief den Gefährten:
      
 »Ewige Schande für euch, laßt ihr die Leiche des Helden,
      
 Feiggesinnet, dem Feind' zum Gespött' und frevelnden Unfug.«
      
 Schon umstürmt' ihn der Feind; doch so wie die säugende Bärinn
      
 Sich vor der Höhl' aufstellt, wenn rings die grimmigen Rüden
      
 Von dem Jäger gehetzt, ihr nah'n, und immer zurückschaut,
      
 Immer den nächsten erhascht, und mit furchtbarrüstigen Klauen
      
 Ihn umklammernd zerreißt, daß heulend die andern entfliehen: 
      
 Also hielt er die tobende Schar von der Leiche des Feldherrn,
      
 Fechtend, zurück, bis zween, an Kraft gepriesene Krieger,
      
 Ihn, zur Erde gebückt, auf die Schultern erhoben, und heimwärts
      
 Trugen voll Eil' und Hast, nach den trefflich geschirmeten Wällen.
      
 Ihnen folgten am Fuß die schnellverwaisten Gefährten –
      
 Auch von Belindo verwaist: denn ach, unzählige Lanzen
      
 Wühlten in seiner gewaltigen Brust, und, vom Rumpfe gehauen,
      
 Sollte sein edeles Haupt zur Schau dem gaffenden Volk seyn!
      
 Aber die Christen floh'n nicht feig' und in wilder Verwirrung:
      
 Denn sie wendeten oft die trotzige Stirne dem Gegner,
      
 Feuernd aus schmetterndem Rohr, entgegen. Da brausten die Scharen
      
 Wieder zurücke mit lautem Geschrei: wie die Hunde des Schäfers,
      
 Die den muthigen Stier mit Gebell verfolgen im Blachfeld,
      
 Heulend entflieh'n, so oft er, gesenkt, die furchtbaren Hörner
      
 Gegen sie wendet, und brüllt, und Sand aufschleudert zum Himmel.
Jetzt ersah'n vom Wall die wachebesorgenden Krieger
      
 Unheilkündenden Staub; dann näher die flüchtigen Scharen
      
 Ihres Volks, von dem Feinde gedrängt; sie hörten vernehmbar
      
 Kampfesgetös' – o Jammer, sie sah'n und erkannten den Todten!
      
 All' entfuhren zugleich dem Wall, den theuren Gefährten 
      
 Rettend zu nah'n, und es bebte der Feind den Dräuenden. Alsbald
      
 Wandt' er den Rücken, und floh nach Goletta's Mauern hinüber.
      
 Schweigend nahten die Krieger dem Wall. Zur Erde geheftet
      
 Starrete jegliches Aug': es blickte zuweilen mit Angst nur
      
 Nach dem Entseeleten hin, und goß dann hellere Tropfen
      
 Ueber die bebende Wang', auf die bärtige Lippe herunter.
Doch vor seinem Gezelt, auf zwölf, untadligen Schilden
      
 Lag er jetzt mit der Fahne des Ruhms, die er einst vor Pavia's
      
 Mauern errang, wo Frankreichs Stolz dem siegenden Kaiser
      
 Huldigte. Dort sollt' ihm ein Ehrenmaal sich erheben:
      
 Denn sie erhöhten den Schaft hochragender Speere: zum Haupt hin
      
 Zween, und zween zu den Füßen, gebohrt in den Rasen, im Viereck;
      
 Hingen zum Wappenschild gewehrdurchkreuzende Degen,
      
 Schimmernde Panzer und Helm', in der Mitte des ragenden Speers auf;
      
 Kehreten dann g'en Mitternacht, und kehrten zum Mittag,
      
 Auch zum Auf- und zum Niedergang des ehrnen Geschützes
      
 Dräuende Mündung hinaus. Er lag, das Antlitz zum Himmel
      
 Wendend; die Linke bedeckte die Brust, und den tapferen Degen
      
 Hielt die Rechte umfaßt, noch wie zu dem Kampfe gerüstet.
      
 Rings umstand ihn das Volk. Ein Tapferer rühmte mit Thränen 
      
 Allen umher den Heldenmuth des edelsten Führers,
      
 Als Amino gesprungen kam, der treffliche Spürer
      
 Hochgewilds: sein Liebling, ihm treu, und ergeben, und wachsam.
      
 Winselnd roch er das bleiche Gesicht und die schneeige Hand ihm;
      
 Sah zu den staunenden Kriegern empor, und heulte dann laut auf,
      
 Und von neuem begann Wehklag' um den edelsten Feldherrn.