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Zehnter Abschnitt

Inseln

Ein einsames Plätzchen auf wasserumfluteter und bebuschter Insel, oder der ferne Anblick jener schwimmenden Laubgewölbe auf ihrem kristallnen Grunde zieht viele mehr an, als alle Pracht die das trockene Land darbieten kann. Auch diesen Genuß muß man sich also zu verschaffen suchen. Inseln im weiten See verteilt, oder sinnig in dem breit strömenden Flusse angebracht, sind bedeutende Hülfsmittel, und tragen schon durch ihre große Mannigfaltigkeit zur Verschönerung des Ganzen gar vieles bei. Doch auch hier will die Natur sehr sorgfältig studiert sein. Es ist merkwürdig, wie wenig dies im allgemeinen grade bei diesem Gegenstande geschieht, und ich erinnere mich kaum irgendwo eine künstliche Insel gesehen zu haben, die ihre gezwungene Entstehung nicht auf den ersten Anblick verriete. So fand ich selbst in dem, von mir sonst so gerühmten, kleinen königlichen Garten bei Buckingham-house noch kürzlich eine solche, die mehr das Bild eines Puddings in seiner Sauce, als das eines von der Natur gebildeten Eilands abgab. Es ist wahr, die Natur spielt wohl auch zuweilen so sonderbar, aber es ist dann immer noch ein gewisses je ne sais quoi dabei, was man nicht in der Nachahmung erreichen kann, daher es uns auch nur geziemt ihren Regeln, nicht ihren Ausnahmen zu folgen, ebenso wie der Maler manche sehr wahre Effekte dennoch vermeiden muß, bloß weil sie als zu selten, oder zu schwer darzustellen, unnatürlich scheinen würden, wenn sie es auch nicht sind. Hier heißt es auch: Le vrai souvent n'est pas vraisemblable.

Gewöhnlich, sagte ich, sind künstliche Inseln auf den ersten Blick zu erkennen. Ihre Form ist entweder oval oder rund, auf allen Seiten gleich abgeflacht, und aufs Geratewohl an einzelnen Stellen bepflanzt. Die Natur formt sie ganz anders, selten durch Aufbauen, häufiger durch Zerstören, denn wodurch entsteht eine Insel? die Flut des Wassers bildet sie, und diese hat ihre Gesetze. Entweder ein Stück Land, welches dem Andrang der Fluten durch seine Höhe und Festigkeit widerstand, wird von ihr gewaltsam abgerissen, oder eine Erhöhung wird sanft vom ungehindert strömenden Wasser umschlossen, oder endlich aufgeschwemmtes Erdreich, das die Flut mitgebracht, bleibt nach ihrem Ablauf als Insel über dem niedrigen Wasserstand liegen. Im ersten Falle werden dann jähe Abhänge, und ebensowohl Ecken und schroffe Linien als abgerundete entstehen, im zweiten und dritten Falle dagegen fast immer ein an beiden Enden scharf zugespitztes, nur selten gerundetes Oval, wohl nie eine ganz runde Insel sich bilden. S. tab. VII. a und b.

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tab. VII a, b, c, d, e, f: Bildung von Inseln.
g: falsche, h: bessere Bildung von Inseln,
i, k: Bepflanzung von Inseln.

Solche wie die hier angedeuteten Formen, nehmen meistens Inseln in der Mitte des Stroms, oder wenigstens hinlänglich entfernt vom Ufer an. Einzelne Widerstände geben sogleich andre Gestalten. Z. B. ein Durchbruch an der Seite wird sich wahrscheinlich so bilden wie c, mit einigen zufälligen Nuancen im Detail der Linie.

Strömt das Wasser jählings in ein Becken und bildet am Einfluß eine Insel, so wird diese ohngefähr die nächst folgende Form d erhalten, indem sie den äußern Ufern folgt, und das hier gewaltsam an beiden Seiten durchdringende Wasser die Spitzen etwas rundet. Bildet der Fluß aber den See, mehr durch sanftes Austreten in einen tiefen Grund, als heftiges Strömen, so kann man die nächste Form e als eine naturgemäße annehmen, denn hier rundet der Strom nicht nach beiden Seiten, sondern bildet, indem er rechts langsam fortfließt, an seinem linken Ufer eine lange Spitze, jenseits welcher das ruhige Wasser nur austritt, und den höhern Erdteil sanft umflutet, nicht mehr gewaltsam strömt. Sehr selten wird dagegen ein Strom so in ein Becken fließen, wie ihm gewöhnlich die Mündung, nach dem Modell einer Bouteille, gegeben wird. S. f.

Die Oberfläche und Abdachung einer Insel muß ebenfalls dem wahrscheinlichen Effekt des Terrains und des daranstoßenden Wassers nachgebildet werden. Die gleiche Abdachung auf allen Seiten und obere gleiche Höhe ist der allgemeinste Fehler, in den auch ich im Anfang verfiel. S. die tadelnswerte Form g und die bessere h.

Selbst den bessern Formen hilft man indes durch geschickte Bepflanzung noch sehr wesentlich nach, indem man die weniger das Auge befriedigenden Stellen damit verdeckt, und ihre Oberfläche noch abwechselnder macht, ohne doch ihre Harmonie zu zerstören, worüber denn richtiges Gefühl freilich wiederum entscheiden muß, das, durch Geschmack und Erfahrung vereint, richtig zu erraten weiß, was nicht mehr regelrecht gelehrt werden kann. Es gilt übrigens für Inseln fast dasselbe was über Shrubberies gesagt wurde, die ebenfalls gewissermaßen Buschinseln auf der Rasenfläche sind. Ich führe hier nur einige Beispiele an, i und k, die man vielfach modifizieren kann. Durchaus bepflanzte Inseln, bis an den Wasserspiegel herab, werden sich, ihre Form sei welche sie wolle, nie ganz schlecht ausnehmen, und bei mangelhafter Bildung ist es das einzige Hülfsmittel. Sie gänzlich unbepflanzt zu lassen, würde ich, auch bei der besten Form, nicht raten, da der Natur in ihren trocknen Linien (wenn ich mich so ausdrücken darf) am allerschwersten nahezukommen ist. Man muß es sich zuletzt gestehen, daß bei allen Bestrebungen sie zu ergründen, sie dennoch immer etwas Unerreichbares in petto behält, und über kurz oder lang den armen Menschen zuruft: Bis hierher und nicht weiter!


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