Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein – Drittes Bändchen
Franz Pocci

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Albert und Bertha
oder
Kasperl im Sacke.

Grausames Ritterschauspiel in drei Aufzügen.
Vorsatzblatt

Personen.

Ritter Wenzel von Schwarzburg.

Albert, sein Sohn.

Ritter Kuno von Thaleck.

Bertha, seine Tochter.

Berthold, ein Waldbauer.

Martha, sein Weib.

Kasperl, Knecht beim Waldbauer.

Helmont, Astrolog und Magier.

Waltinne, die Waldfrau.

Der böse Geist Negromantius.

Knappen, Jäger und Reisige.

Geistererscheinungen.

I. Aufzug.

Kerker, von einem Lämpchen erleuchtet.

Kuno (liegt gefangen in Fesseln.) Ist's Tag oder Nacht! weh mir! ich weiß es nicht mehr! ich vergesse die Zeit, da ich so lang im Kerker liege. Wo bist du Sonne? Wo bist du Mond? Ich kenne euch nicht mehr. Der Strahl eures Lichtes, der in das menschliche Herz dringt, ist mir entschwunden. Ich bin wie ein blinder Mann! Nacht ringsum – vielleicht für immer! Grausamer Wenzel! Und Dir scheint die Sonne, Dir schenkt der Mond seinen sanften Strahl, aber dein Herz bleibt kalt und schwarz – wie die Nacht, die mich Unschuldigen mit ihrer Dunkelheit quält und zernichtet. – Und meine Bertha, meine arme Bertha! – wo magst du jetzt verborgen sein vor deinem Nachfolger?

(Man schließt die Kerkerthüre von Aussen auf.)

Was rasselt am Schloß? Vielleicht kömmt er wieder, um mich zu peinigen.

(Wenzel tritt ein, von einem Diener mit einer Fackel begleitet, der sich wieder entfernt, nachdem er die Fackel an die Mauer gestellt.)

Ja – er ist's.

Wenzel. Bist Du noch nicht mürb geworden, Kuno? Hat die Moderluft hier Deinen Sinn noch nicht erweicht? – Thor, der Du bist! ein Wörtchen – und Du bist frei und hast Dir Deinen Feind zum Freunde gemacht.

Kuno. Was quälst Du mich vergebens? War es an mir gelegen, die Liebe meiner Tochter für Dich zu erzwingen? Sollte ich das zarte Herz eines Mädchens mit Eisenketten fesseln, während es schon von Rosenbanden umschlungen war?

Wenzel. Was Rosenbanden? Während ich der Vater, um Bertha gefreit, hast Du meinem Sohne heimlich das Burgpförtlein geöffnet, daß er das Herz des Mägdleins gewinne.

Kuno. Und warum sollte ich der Neigung Alberts in den Weg getreten sein? Ist er nicht Dein Sohn? Sollte er nicht mehr berechtigt gewesen sein, um sie zu werben, da die Jugend ihm den Weg gebahnt, während Dein Alter gleichsam der Winter war, der mit seinen eis'gen Händen die Rose pflücken wollte?

Wenzel. Fluch Dir, Du Narr! – Aber ich will Deinen Sinn brechen. Nach und nach sollen Dich Hunger und Durst zur Besinnung bringen.

Kuno. Und willst Du auch die grausamsten Mittel, mich zu verderben, anwenden – was frommt es Dir? Würde ich auch so schwach sein, meine Gesinnung zu ändern, es hinge doch noch von dem Willen meiner Tochter ab, die – der Himmel weiß wo? – jetzt vielleicht irgendwo im Elende sich vor Dir verborgen hält.

Wenzel. Du lügst, wenn Du sagst, daß Du nichts von ihrem Aufenthalt weißt.

Kuno. Ich lüge nicht. Da Du mich auf meiner Burg überfallen hast und gefangen nahmst, war sie entfloh'n! – Sage, wo ist Dein Sohn? Wo ist Albert? – Weißt Du es?

Wenzel. Der Tollkopf! – wüßt ich's, so wüßt' ich auch, was ich mit dem Minnehelden zu thun hätte. Bei Dir würde er liegen in dunkler Haft. – Doch genug. – So lange ich Bertha nicht gefunden, so lange sie nicht mein ist, sollst Du hier in Ketten schmachten. Und wenn Du verhungert sein wirst, hänge ich Dein elend Gerippe an den Wartthurm hinaus, daß es im Abendwind schwanke den Raben und Geyern zum Zeitvertreib! (geht rasch ab.)

(Die Thüre wird von Aussen geschlossen, die Fackel erlöscht.)

Kuno. Arme hab' ich – die sind gefesselt! Eine Faust hab' ich, die noch ein Schwert schwingen kann! – Nichts! Nichts! – Ist denn Alles vorbei? – Weh mir! Hilf' mein Herrgott, wenn du gerecht bist! – Ach! käme doch der Schlaf, der gute Geselle! Käme der Schlaf, der Ruhe bringt für immer! soll ich – denn – ver – schmachten? (sinkt ohnmächtig auf sein Lager.)

(Man hört eine sanfte Musik, während an der hinteren Wand sich eine Oeffnung bildet, durch die man in magisch erleuchtetes Waldesgrün blickt.)

(Waltinne erscheint.)

Waltinne.

Armer Mann, der Du gefangen
Liegst gefesselt! Ich vernahm
Deiner Stimme Klagebangen,
Ich vernahm es und ich kam.
Denn wo Leiden sind und Schmerzen,
Nahet sich die Waldfrau gern,
Bringet Trost den armen Herzen,
Und sei sie auch noch so fern.
Darum lasse Deine Trauer,
Meinen Gruß will ich Dir weih'n;
Rück' den Stein nur an der Mauer,
Hier, wo ich Dir jetzt erschein'.
Hier, an dieser Eisenklammer
Drücke – und es fällt die Wand,
Und zu Ende ist Dein Jammer,
Fliehe dann in freies Land.
Was dann weiter noch sich füge,
Dessen harre – bleib ein Mann!
Muth und Treue feiern Siege
Nach der Prüfung schwerem Bann!

(Verschwindet, die Wand schließt sich.)

Kuno (auffahrend.) Bleibe, bleibe, schönes Bild der Hoffnung! bleibe süßer Traum, der du mich erquickt hast! – – doch wie? War's nur ein Traum? Hab' ich doch schon oft von der wunderbaren Waldfrau gehört, die sich des Elends der Menschen annimmt. War sie es vielleicht wirklich? Wie hätten mir solch' lieblichen Traum meine wüsten Sinne gestalten können? Mein Unglück hätte ihnen die schönen Farben nicht gelassen, das herrliche Bild zu malen. Dort – wo sie mir erschien – ein Stein, dessen Verschiebung die Mauer des Kerkers öffnet? Warum sollt' ich's nicht versuchen? – (tritt gegen die hintere Wand.) Sieh, hier ein hellgefärbter Mauerstein. Und hier eine kleine Eisenklammer. O wär' es doch Wahrheit!

(Er drückt an die Stelle, der Hintergrund öffnet sich.)

Es ist so. – Gott sei Dank! Licht, Freiheit!

(Die Ketten fallen von ihm rasselnd zu Boden; er springt hinaus.)

Verwandlung.

Waldgegend.

(Berhold mit einer Holzhacke. Kasperl ihm folgend, trägt ein Bündel Holz.)

Berthold. So komm doch, fauler Bursch. Heut will's wieder gar nicht vorwärts geh'n.

Kasperl. Was will net vorwärts geh'n? Da geh' Einer vorwärts, wenn ihn hinten was rückwärts zieht. Vorn muß ich mein' Bauch tragen und auf'n Buckel muß ich's Holz schleppen. Ihr habt leicht reden und leicht gehen. Ihr haut's Holz um und ich darfs tragen.

Berthold. Mein Weib braucht das Holz zum Kochen, also troll dich, daß wir heimkommen.

Kasperl. Das is wieder ganz falsch, was Ihr sagt. Wenn Eure Frau das Holz zum Kochen brauchen thät, dann müßten wir Holz essen; und so weit ist's Gottlob doch noch nicht gekommen, obgleich das Essen oft hundsschlecht ist. Ihr hättet sagen sollen: mein Weib braucht's Holz zum Feuer machen. Aber Ihr seid halt ein dummer Waldbauer, der keine cultivirte Bildung hat.

Berthold. Was dummer Waldbauer? – so spricht man nicht zu seinem Herrn?

Kasperl. Wieder unrecht gesprochen! Ihr seid kein Herr, denn ein Bauer ist kein Herr. Ihr seid also nicht mein »Herr« – sondern nur mein »Bauer«.

Berthold. Und doch will ich dir den »Herrn« zeigen, du Flegel. (schlägt ihn hinter's Ohr)

Kasperl. Das verbitt' ich mir: den Lohn hab ich mir nicht ausbedungen und ich sehe überhaupt mehr auf gute Behandlung als auf schlechten Lohn. Das will ich Euch nur sagen.

Berthold. Jetzt hör' auf mit deinem Geplapper, ich hab's satt.

Kasperl. Aber ich bin nicht satt; hab noch kein' Essen im Magen.

Berthold. Komm nur, laß' uns gehen. (geht ab.)

Kasperl (etwas zurückbleibend.) Ich komm' schon, aber zuvor muß ich noch ein Bißl rasten. (setzt sich auf einen Baumstock.) So – nach der Arbeit ist gut ruh'n. Ja, ja, ja, ja, ja, – das ist ein saures Leben, und 's wär noch saurer, wenn es nicht durch die holde Gegenwart jenes Wesens versüßt wäre, welches sich unbekannter Weise zu uns geflüchtet hat. Das schöne Fräulein; die holdselige Jungfrau! Was muß die auf'm Herzen haben, daß sie sich in ein Bauerngwandl g'steckt und unter dem Namen Armgard als Magd bei der Waldbäurin eingedingt hat? Aber ich weiß Alles und kein Mensch weiß, daß ich Alles weiß. Alles hab ich entdeckt. Neulich bin ich ganz schwachmatisch hinterm Ofen g'sessen und hab g'schlafen, oder eigentlich nicht g'schlafen und da hat das schöne Ritterfräulein der Waldbäurin Alles entdeckt: ihre Flucht, ihr Malheur und ihre heimliche Verliebung und Verlobung mit dem jungen Ritter Albert. Kurz ich weiß die ganze Ritterg'schicht – und wie's vorbei war – da hab ich furchtbar auf der Ofenbank hinten g'schnarcht, damit sie gemeint haben, ich hätt' gar nix g'hört. Und nunmehro ist das Geheimniß in meine Brust vergraben; ha! ich weiß zu schweigen, so lang mich Niemand fragt. Aber, s'ist wirklich Zeit, daß ich mich heimtroll, denn sonst krieg'n mir nix auf Mittag. (ab.)

Bertha (als Bauernmädchen verkleidet mit einem Körbchen.) Jetzt hab' ich das ganze Körbchen voll der schönsten Erdbeeren; aber ich bin wirklich recht müd geworden; durch all die Stauden und das Gestripp! Die Zeit ist mir so schnell vergangen, denn ich habe immer an meinen Albert gedacht und an meinen Vater. Ja, an meinen unglücklichen Vater, der im Kerker schmachtet. O könnt' ich mein Leben opfern, ihn zu erretten! Wie oft schon hatte ich fest im Sinne, zu dem bösen Ritter Wenzel zu gehen und ihm zu sagen: »Da bin ich, nimm mich denn hin zum Weibe« aber ich weiß nicht wie es kam; eine Stimme in meinem Innern hielt mich zurück – es war wohl Alberts Stimme. Und immer mache ich mir die bittersten Vorwürfe, daß ich so schwach bin, so undankbar. Aber wäre denn mein Vater glücklich durch Erfüllung dieses Entschlusses? Er selbst sagte mir ja tausendmal: »Nie und nimmer sollst du die »Gattin des bösen Wenzel werden, der Niemandem »gut sein kann, sondern nur immer Böses im Sinne hat«. Nun, wenn es mein Vater selbst nicht will, – soll ich es wollen? Und dennoch wäre es vielleicht meine Pflicht. Mein armes Herz ist voll von Zweifeln. Wer kann mir rathen und helfen? – Ei, ihr Vögel zwitschert ja gewaltig. Wollt ihr mir einen Rath geben? Ich verstehe eure Sprache nicht.

(Gesang hinter der Scene.)

Geduld, Geduld Du gutes Kind,
Wir singen's und sagen's auf grünen Zweigen
Geduld, Geduld, es säuselt's der Wind,
Es rauscht's die Quelle im plätschernden Reigen.

Die Zeit, die Zeit, die Wundermacht,
Sie schwebt unablässig und ohne Verweilen,
Sie schwingt die Flügel Tag und Nacht,
Die Zeit vermag alle Wunden zu heilen.

Geduld, Geduld! mit Zeit kommt Rath,
Drum harre und hoffe, Dich schützet Waltinne;
Geduld, Geduld, erwarte die That,
Erwarte den Lohn für die treueste Minne.

Bertha. Was hör ich? Ist das der Gesang der Vögel, oder sind es die Stimmen der guten Waldgeister, die mich trösten wollen? Ich will euerm Rath folgen und in Geduld treu ausharren. Gott wird meinen Vater beschützen und Alles zu gutem Ende führen.

(Hörnerklang hinter der Scene.)

Da naht eine Jagd. Wenn es etwa gar der böse Wenzel wäre, der in dieser Gegend bisweilen zu jagen pflegt? (sie will fort.)

(Zwei Jäger treten rasch auf.)

Erster Jäger (hält sie zurück.) Halt, schöne Dirne, wir lassen Dich nicht fliehen!

Zweiter Jäger. Du mußt uns von deinen Erdbeeren geben zur Erfrischung.

Erster Jäger. Heb' sie lieber für Herrn Wenzel auf, der uns auf der Spur folgt.

Bertha. Weh mir, der böse Wenzel!

Zweiter Jäger (lacht.) Ha, ha! »der böse Wenzel!« – ein wackerer tapferer Ritter, der des Waidwerks pflegt.

Erster Jäger. Sieh, da kömmt er schon.

Ritter Wenzel (im Jagdkleide und mit Speer.) Heda! ich will ein bischen von der Jagd ausruhen. Ei, welch hübsches Bauernmädchen! Setze Dich zu uns und sing' uns ein Lied.

Bertha (voll Angst und zitternd.) Herr, ich kann nicht singen. Ich hab' es nicht gelernt.

Wenzel. Und hast doch eine so holde Stimme.

Bertha. Ich bitte, laßt mich fort. Ich muß zu meinen Eltern heim.

Wenzel Eine schöne Dirne läßt man nicht so schnell fort. Bleib' nur hübsch da und gib mir von Deinen süßen Erdbeeren.

Bertha. Die steh'n Euch zu Diensten, gnädiger Herr.

Wenzel. Aber wie? Die schöne Stimme ist mir bekannt; diese holden blauen Augen sollte ich kennen. Täusche ich mich nicht? – nein, nein! Du bist's: Bertha von Thaleck.

Bertha (für sich.) Weh mir, er hat mich erkannt! (zu Wenzel) Verzeiht, Herr Ritter, ich heiße Armgard und bin die Tochter eines Waldbauers – –

Wenzel. Nein, schönes Kind. Ich lasse mich nicht täuschen. Du bist Bertha. Zu meinem Glücke habe ich Dich Entflohene wieder gefunden. Jetzt bist Du mein! (Will sie umfangen.)

Bertha. Laßt mich, Herr Ritter! Ich bin nicht die Eure, und wenn ich auch eines Ritters Tochter wäre.

Wenzel. Fort mit Dir! Bursche ergreift sie! Fort auf meine Burg!

Bertha. Hülfe! Hülfe! ihr schützenden Mächte! Ihr Sänger des Waldes, helft mir!

(Indem die Jäger sie fassen wollen, erhebt sich ein Gehege von Waldrosen, welches sie verbirgt, bei einfallender Musik erscheinen Waldmänner, Gnomen, die nach kurzem Widerstande den Ritter und die Jäger vertreiben. Die Rosenlaube theilt sich und Hertha ruht in magischer Beleuchtung in Waltinnens Schooß.)

Der Vorhang fällt.

Ende des I. Aufzugs.

II. Aufzug.

Laboratorium,
mit alchemistischen und astrologischen Instrumenten, von einer Lampe beleuchtet. Im Hintergrunde ein Halbkreis, Transparent mit Sternzeichen.

Helmont der Magier, an einem Heerde stehend, auf welchem ein Feuer brennt, Retorten etc.

Helmont. Die Sterne sind mir günstig: Jupiter leuchtet hell und Mars flammt feurig auf. Endlich muß es mir gelingen, das große Mysterium zu entdecken – jene Goldtinktur, die mich zum reichsten Manne der Welt macht. Ich will noch etwas Quecksilber in die Essenz schütten. (Das Feuer braust hoch auf.) Aha! Das wirkt. Wenn die Kräfte der Natur in den Tiefen der Erde kochen und das edelste Metall hervorbringen, warum sollte der Mensch nicht dieselben Kräfte verwenden können, indem er sie in der Retorte concentrirt? – Nun bildet sich schon der Niederschlag, den ich erwartet. Was sagt Jupiter dazu? Ich will ihn beobachten, (Sieht durch ein großes Fernrohr hinaus.) Das herrliche Gestirn funkelt wie Gold, schwarze Wolken zieh'n drüber hin. Nun laß ich das Werk ruhen, bis der Morgenstern am Himmel steht; dann will ich wieder nachsehen und die Probe meiner Arbeit machen.

(Es pocht unten am Thore.)

Was für ein Lärm an meinem einsamen Thurme zur späten Nachtstunde?

(Es pocht immer heftiger. Helmont sieht zum Gitterfenster hinab.)

Helmont. Heda! Wer klopft am Thore?

(Ritter Wenzels Stimme unten.) Oeffnet mir die Pforte – ich bins.

Helmont. Wer seid ihr?

Wenzel. Ich bin's: Ritter Wenzel! Mach' auf!

Helmont. Ei so spät bei mir? – Wartet, ich will Euch gleich einlassen. (Geht hinaus.)

(Bald darauf tritt er mit Ritter Wenzel ein.)

Wenzel. Ich muß Dich zur späten Stunde stören, Helmont; aber ich habe Wichtiges mit Dir zu berathen.

Helmont. Wenn ich Dir dienen kann, so bin ich bereit.

Wenzel. Mann der Weisheit – rathe mir.

Helmont. Laß hören.

Wenzel. Du weißt, daß ich vergebens um die Hand der Tochter des Ritters Kuno geworben. Da warf ich ihn und legte ihn in Banden, um ihn zu zwingen. Allein, vergebens: das Mädchen entfloh, er selbst entkam aus wunderbare Weise seiner Haft, mein eigener Sohn irrt, ich weiß nicht wo, umher. Da traf ich gestern Bertha als Bauernmädchen verkleidet im Walde, als ich des Waidwerks pflog. Schon glaubte ich mich ihrer bemächtigen zu können, als sie mir durch die Macht der Waldfrau entrissen ward. Was soll ich thun? rathe mir! hilf mir! Meister der geheimen Künste und verlange Deinen Lohn. Ich muß Bertha haben!

Helmont. Da haben sich die guten Mächte gegen Dich verschworen.

Wenzel. So nimm die bösen Mächte, die Du in Deiner Gewalt hast, zu Hilfe, um mir beizustehen.

Helmont. Der alten Freundschaft zu Dir will ich es zu lieb thun. Gegen die Waldfrau kann uns aber nur Einer dienen: Der böse Geist Negromantius. Hab ich ihn durch die Magie citirt, so mußt Du ihm den Lohn versprechen, den er begehrt, dann wird er uns beistehen.

Wenzel. Versuch' es. Was ich ihm bieten kann, das soll er haben.

Helmont. Verhalte Dich ruhig, bis er, wenn er uns erschienen ist, Dich selbst anredet.

Wenzel. Zur Sache, Helmont, zur Sache!

Helmont. (Aus einem großen Zauberbuche lesend.)

Mit dem bewährten Zauberbann,
Den König Salomo ersann,
Bei Sternennacht
Mit aller Macht
Beschwör' ich Dich, Du hoher Geist,
Den Negromantius man heißt.
Erscheine, höre meine Stimme,
Zu dienen hier mit Deinem Grimme.
Entsteig' der Erde dunklem Schooß,
Verlange Lohn auch noch so groß.
Erscheine! Erscheine!

(Donner. Unter Flammen erscheint der Teufel Negromantius.)

Negromantius.

Hier bin ich, hier bin ich!
Ich stieg herauf zweitausend Stufen,
Sprecht nun: wozu ward ich gerufen?

Wenzel.

Auf den Knie'n laß Dich beschwören,
Meine Bitte anzuhören.

Negromantius.

So sprich, was willst Du?

Wenzel.

Die Macht der Waldfrau hilf bezwingen,
Und mir die holde Braut erringen.

Negromantius.

Es sei! Doch eine Menschenseele
Ich mir als Lohn der Hülfe wähle.
Wer's immer sei, ein Menschenleben,
Das mußt Du mir freieigen geben.

Wenzel. Ich schwör's.

Negromantius.

Beim Rabenstein,
Im Mondenschein,
Bring mir in einen Sack gebunden
Das Opfer, das Du hast gefunden
Am nächsten Tage in der Nacht;
Dann sei von mir Dir Hülf' gebracht.

Wenzel. Das war eine furchtbare Erscheinung.

Helmont. Nun gehe. Wie Negromantius sein Versprechen erfüllt, das wird sich zeigen; vorher aber schau, daß Du einen Menschen findest, den Du in einen Sack gesteckt ihm an den Rabenstein bringst. Sonst bist Du verloren, weil er Dich selbst als Opfer holen wird, wenn Du ihm nicht die Gabe gebracht, damit er Dir helfe.

Wenzel. Das wird wohl nicht schwer, Einen aufzufinden. in den Sack zu stecken und am Rabenstein niederzulegen. Auf so was kömmts mir nicht an.

Helmont. Mög' es Dir gelingen; dann kannst Du auch des Negromantius Beistandes sicher sein – und ich komme zu Gast, wenn Du mit Bertha von Thaleck Hochzeit hältst.

Wenzel. Komm, Helmont! Vom Edelsten, Besten soll aufgetischt werden und ringsum soll meine Burg erleuchtet sein in der Hochzeitnacht, daß sie hellauf über die Lande glänze wie ein Zauberpalast.

Helmont. So sei's mit des Teufels Hülfe! Ich will Dir jetzt das Pförtlein aufschließen.

Wenzel. Ja, laß uns gehen. (Beide ab.)

Verwandlung.

Ländliche Gegend im Morgenschein.

Albert (mit einer Laute sing ein Lied)

Trage liebliche Morgenluft
Mit des Grünes Blüthenduft
Zu ihr hin des Liedes Gruß,
Zu ihr, die ich finden muß.

Daß sie höre den Gesang
Und der Laute süßen Klang,
Und mir schick' ein Vögelein,
Das mir sagt, wo sie mag sein.

Fühl ich nicht des Wanderns Last,
Da ich suche ohne Rast
Die mir jetzt so fern gerückt,
Sie, die mich allein beglückt!

Und sollt ich erliegen – ich will so lange wandern und suchen, bis ich Bertha gefunden! Ich achte nicht der Mühsal, ich achte nicht Hunger und Durst und wandere durch das Land als ein armer Sänger von Haus zu Haus, bis ich zur rechten Stätte komme, wo Bertha verborgen ist. Einmal wird es mir gelingen!

(Kasperl mit einem Sack auf dem Rücken (ohne Albert zu bemerken).

Kasperl. Jetz' hätt ich's aber bald satt. Ist denn der Mensch wirklich nur zum Esel geboren? Ich mein nämlich zum Esel – wie zum Beispiel ich, weil ich als ein zweifüßiges Lastthier bei einem dummen Bauern im Dienst bin und nur die Wahl hab' zwischen Arbeit oder Prügel. Denn hier zu Land ist die Aufklärung noch nicht so weit gedrungen, daß die Prügel ab'gschafft sind. Also was bleibt mir? Arbeit' ich nicht, so gibt's Prügel, und lauf' ich aus'n Dienst, weil mir's Arbeiten zuwider ist, so setzt mir mein Magen zu und sagt: Kasperl sei gscheit und vergiß mich nicht; denn ich bin ein edler Theil deines Leibes. – Der Magen ist aber ein gscheiter Kerl. Er weiß, daß ich ihn nicht so wegwerfen kann wie den Sack da! und so bin ich also eigentlich nicht der Esel des Bauern, sondern der Esel meines eigenen Magens. – Geduld Kasperl! Mach halt den Esel und trag diesen Sack voll Erdäpfel geduldig aufm Buckel, damit der Sack in deinem eigenen Leib zufrieden ist!

Albert. Heda, guter Freund!

Kasperl. O, Euch hab ich gar nicht gseh'n.

Albert. Seid doch so gut und sagt mir, wohin der Weg dahin geht?

Kasperl. Wohin der Weg geht, das weiß ich nicht; denn der Weg geht eigentlich nicht.

Albert. Ich meine, wohin der Weg da führt?

Kasperl. Führt? das ist auch ziemlich undeutlich.

Albert. Versteht Ihr nicht? Ich meine, wohin ich komme, wenn ich auf dem Weg da fortgehe.

Kasperl. Da kommt Ihr dahin, wohin ich herkomme.

Albert. Und was ist das für ein Ort?

Kasperl. Kein Ort, sondern ein halbzerfallenes Lumpennest, in dem ein Waldbauer mit seinem alten Weib wohnt und eine unbekannte Person, welche ein Frauenzimmer zu sein scheint und mir außerordentlich gut gefallt.

Albert (überrascht). Vielleicht ein fremdes Mädchen?

Kasperl. Das weiß ich eigentlich net; denn sie ist verkleidt, könnt' also auch ein Mannsbild sein.

Albert (für sich.) O wenn sie es wäre! (Zu Kasperl.) O sage, sage mein Freund: ist sie schon lange dort?

Kasperl. Alles Geheimniß. Wer, wie, wo, was, warum, woher, wohin, woraus, worin? – kurz – Alles Geheimniß und Stillschweigen!

Albert. Erwarte reichlichen Lohn von mir – führe mich in das Haus! (für sich.) Vielleicht ist's meine Bertha!

Kasperl. Reichlicher Lohn? Dieser Ausdruck ist mir so ziemlich neu.

Albert (schenkt ihm Geld). Hier hast Du Geld. Zeig mir den Weg zu dem Bauernhause.

Kasperl (großartig). Mein edles Herz kann nicht widerstehen, wenn die Stimme der Menschenliebe an den Busen klopft. Ich kann zwar nit mit euch gehn, sonst krieg ich Prügel, weil ich den Sack Erdäpfel zum Verkaufen in's nächste Dorf tragen muß; aber wenn ich's euch expluzir, so könnt ihr nit fehlen.

Albert. Gut, mein Freund, so sprich:

Kasperl. Ihr scheint mir ein Musikant zu sein – also spitzt eure musikalischen Löffel und merkt auf: Jetzt setzt den rechten Fuß vor den linken und nachher den linken vor den rechten; auf diese Art bewegt Euch fort grad aus bis an einen großen Baum, der wie ein Eichbaum aussieht; an dem Baum ist ein Taferl, auf welchem geschrieben steht: Hier ist das Fahren verboten. Wenn Ihr diesen polizeilichen Fingerzeig gelesen habt, so geht um den Baum herum, dann rechts und dann links, nachher links und rechts und wieder rechts und links, dann kehrt euch um und schaut gradaus hintenrum, da werdet Ihr gleich des Waldbauers Haus sehen und könnt nicht fehlen. Am Haus wird Euch ein Hund anbellen; wenn Ihr aber ruft: »Schnauzl sei stat«, so wird er's Maul halten.

Albert. Von jener Eiche kann ich also das Haus leicht finden.

Kasperl. Wenn Ihr a Weil g'sucht und Euch nicht im Wald vergeht, so könnt Ihr nicht fehlen; jetzt möcht' ich aber zu dem reichlichen Lohn noch ein kleines Trinkgeld.

Albert. Ja, da hast Du noch Etwas. Nicht wahr das Mädchen ist schön und gut?

Kasperl. O – sehr; mehr schön als gut und mehr gut als schön.

Albert. Leb wohl! – Möge der Himmel mir günstig sein, mein Erdenglück zu finden. (Ab.)

Kasperl (allein). »Mein Erdenglück zu finden!« – mein Erdenglück ist das Wirthshaus (gähnt.) Aber die Explucation hat mich müd' gemacht. Ich hab' an Mordsschlaf. Die Pflicht der Selbsterhaltung gebietet mir, mich jetzt a bißl niederzulegen. (Er legt sich auf einen Hügel.) Der Schlaf ist eine jener menschlichen Tugenden, die die Verdauung miteingerechnet, gewissermassen – ah (gähnt.) so – und – so zu sagen – (schläft ein.)

Ritter Wenzel mit einem Knappen.

Ritter Wenzel. Wo hast Du die Rosse hinbestellt?

Knappe. An die Waldkapelle, edler Ritter.

Wenzel. Auch ein paar Reisige zu Roß; denn heute heißt's noch Einen fangen.

Knappe. Wie Ihr' befohlen habt.

Wenzel (Kasperl erblickend.) Was liegt da für ein Kerl?

Knappe. Scheint ein Bauernknecht mit einem Sack.

Wenzel. Still, daß wir ihn nicht wecken! Das ist, was ich brauche: die gewünschte Beute. (Für sich.) Ein guter Braten für Negromantius. (Zum Knappen.) Pass auf Bursch: Wir überfallen ihn, stecken ihn in seinen eigenen Sack und dann fort mit ihm. Packe Du links an, ich fass' ihn rechts. (Auf Kasperl stürzend.) Holla, Holla! rühr' Dich nicht, oder Du bist des Todes!

Kasperl. Auweh, Auweh! Räuber! Mörder! Lumpeng'sindel! Ich hab' nichts, ich bin nichts, ich hab' weder Uhr noch Geld bei mir. Laßt's mich aus!

Wenzel. Brauchen nichts, als Dich selbst! Schrei' nicht so, oder ich bohr' Dir meinen Dolch durch den Leib.

(Kasperl schreit »Auweh, Auweh«; er wird sammt dem Sack von Wenzel und dem Knappen hinausgetragen.)

Verwandlung.

Bauernstube.

Martha tritt mit Albert ein.

Martha. Tretet ein; Ihr seid ja müde und werdet wohl hungerig sein von Eurer Wanderschaft.

Albert. Ich bin das Wandern schon gewohnt, gute Frau. Wenn Ihr erlaubt, werd' ich aber ein Bischen bei Euch ausruhen.

Martha. Und meine Pflegetochter Armgard soll Euch einen Imbiß bringen; freilich nur Bauernkost und so ein Sänger, wie Ihr seid, ist wohl gewohnt, nur in Ritterschlössern einzukehren.

Albert. Ich bin nicht verwöhnt und nehme gern Alles dankbar an.

Martha (ruft zur Thüre hinaus). Armgard, bring' eine Schüssel Milch und Brod für den edlen Gast.

Bertha (von außen). Gleich, gleich – Mutter!

Albert (für sich). Mein Gott! Diese Stimme! Sie ist's!

Bertha (tritt mit einer Schüssel Milch ein, bei Alberts Anblick läßt sie die Schüssel fallen). Albert! Albert! Ihr seid's!

Albert. Und Ihr, theure Bertha! (sie fallen sich um den Hals.)

Martha. Wie? Was ist dieß? Ihr seid Ritter Albert – in dieser Verkleidung!

Albert. Ich bin's, gute Frau. Und selig bin ich, endlich meine Bertha gefunden zu haben. Nichts soll uns nun mehr trennen können.

Bertha. Wie glücklich bin ich, theurer Albert! Aber Du darfst nicht hier bleiben; denn man würde Dich leicht entdecken können.

Albert. Wohl hast Du recht, liebe Bertha. Da ich nun Deinen Aufenthalt und Dich bei dieser Frau verkleidet und geschützt weiß, will ich gerne fort. Ich kann Dich ja bisweilen besuchen. Ich will mich bei dem alten Einsiedler versteckt halten, bis ich meines Vaters Knappen gesammelt habe und Dich unter meinen ritterlichen Schutz nehmen kann. Dann wollen wir uns durch den Eremiten in der Kapelle trauen lassen.

Bertha. So sei es. Vielleicht gelingt es Dir, vorher meinen Vater aus seiner Haft zu befreien.

Martha. Ja, so ist es besser. Möge Gott Euren Plan beschützen. Das Fräulein will ich wohl hüten unterdessen.

(Berthold tritt ein.)

Berthold. Ei, da find ich ja Gesellschaft.

Martha. Ja, des Fräuleins Bräutigam, den edlen Ritter Albert.

Berthold. Seid willkommen in meiner armen Hütte!

Albert. Dank Dir; allein wir haben keine Zeit zu versäumen, lieber Bertholo. Thu' mir's und dem Fräulein zu lieb; mach' Dich auf den Weg gegen unsere Burg, oder suche in der Nähe der Schwarzburg zu erspähen, wo mein armer Vater gefangen liegt.

Berthold. Ei, gefangen? Wie mir ein Knappe aus des Ritters Wenzel Troß erzählte, hat sich Ritter Kuno selbst aus dem Thurm befreit und ist entfloh'n.

Albert. Glückliches Geschick! Ich zweifle nicht, daß auch er seine Zuflucht bei unserm Freunde, dem Einsiedler, gesucht hat. – So lebe denn wohl, theure Bertha! bald sollen wir uns wiedersehen. Jetzt weg mit dem Saitenspiel und das Schwert in die Faust genommen! – Lebt wohl!

Bertha (ihn hinausbegleitend). Leb, wohl, mein Albert! auf Wiedersehen!

(Alle ab.)

Verwandlung.

Haidegegend. Ein Hügel, auf welchem ein Galgen steht, an welchem ein Gehängter baumelt. Raben fliegen herum. Nacht. Der Vollmond am Himmel.

(Ein Geisterchor schwebt um den Hügel hin und her.)

Geisterchor.

Kommt, Geister in den Lüften,
Ihr Gesellen aus den Grüften,
Tanzt den Reigen im Mondenschein
Um des Hochgerichtes Stein.
Mitternacht hat's schon geschlagen,
Zeit ist's bis zum Morgentagen,
Daß wir uns der Nachtluft freu'n,
Tanzen unsern lustigen Reigen.
Seht dort an dem Galgen hangen
Einen, den wir auch verlangen;
Er gehört zu unsrer Schaar,
Lustig, lustig, Paar an Paar!

(Sie schweben fort oder versinken)

Ritter Wenzel und zwei Knappen, die den Kasperl im Sack tragen

Wenzel. Wir sind zur Stelle. Husch, ist's kalt! Und dort baumelt einer im Nachtwind. Da, Bursche, legt den Kerl im Sack unter den Galgen, (Für sich) Negromantius wird ihn schon holen; ich habe mein Wort gehalten. (Die Knappen legen den Sack hin.)

Erster Knappe. Der Bursch war schwer.

Zweiter Knappe (am Sacke horchend.) Der Kerl schnarcht. Ich glaube er schläft.

Wenzel. Laßt ihn schlafen. Aus dem Sack kann er nicht; der ist fest zugebunden. (Für sich) Vielleicht ist dem Teufel lieber, wenn er seine Beute lebendigen Leibes kriegt; da kann er ihm noch das Blut aussaugen. Jetzt fort! Wir haben da nichts mehr zu schaffen. Braucht auch Keiner von der Geschichte was zu erzählen, sonst liegt er im Thurm.

Zweiter Knappe. Wir halten's Maul, was geht's uns an?

Erster Knappe. Gebt uns nur einen guten Trunk, Herr Ritter; den haben wir verdient.

Wenzel. Sollt'n haben. Fort jetzt! Wir könnten unangenehme Gesellschaft bekommen. (Alle ab.)

Kasperl (im Sack schnarchend). No! No! – wo bin ich denn? Aber da is' finster! Schlipperdibix, ich kann mich ja nit rühren. Aufgemacht! aufgemacht! – da wird's mir zu eng; mir geht der Athem aus. Schlüssel her zum Aufsperren! Aufgemacht!

Waltinne, die Waldfrau, erscheint und berührt mit einem Zauberstabe den Sack.

Armer Bursch in dunkler Haft,
Liegst im Sacke ohne Kraft;
Was gebunden, sei entschwunden,
Was verloren, sei gefunden,
Aus dem Sacke sollst Du steigen,
Daß die Wahrheit sich mög' zeigen,
Lieb' mit Liebe sich vereine
Bei des zweiten Morgens Scheine.

(Verschwindet.)

Zugleich ein Knall und Kasperl steckt den Kopf zum Sack oben heraus.

Kasperl. Pumps dich, 's Loch is offen. Ich wünsch' recht guten Morgen. (Kriecht nach und nach ganz aus dem Sack.) Pfui Teufel, wo bin ich? Z'erst in schwarze Nacht eing'näht und jetzt steh' ich am Galgen. Wer hat mir das angethan? Schlipperment! Aber wart', ich spiel' euch en Possen. Wer den Sack abholt, der soll ang 'führt sein. Das war nit übel, der Kasperl im Sack? Nix da! – Aber was thu' ich jetzt hinein statt'm Kasperl. Potz tausig! (ein Spanferkel lauft über die Bühne) Du kommst mir grad recht. (Er lauft mit dem Sack dem Ferkel hinter die Coulissen nach, das Schweinchen schreit.)

Kasperl (hinter der Scene). Nur hinein da! hinein da! So – hab dich schon! jetzt zugebunden. (Kommt mit dem Sack, in welchem das Schweinchen immerfort schreit, wieder herein.) So, jetzt ist die Maschinerie fertig. Der Kasperl heraußen und das Schwein'l drinn. Bravo! Die Maschinerie ist gut. Hab die Ehr mich zu empfehlen. Jetzt kann der redliche Finder den Sack aufpacken. (Läßt den Sack liegen und läuft fort.)

Negromantius.

Am Rabenstein
Da soll es sein.
Wo ist das Opfer, das ich begehrt
Und das mir Wenzel hat bescheert?

Ah, hier liegt der Sack und die arme Seele drinnen.

Mein bist du, zu der Höllenfahrt
Den Andern bald hinzugeschaart,
So füllt sich unser schwarzes Reich,
Ich wart' nicht lang und pack' dich gleich!

Er öffnet den Sack, das Ferkel springt heraus und läuft davon.

Höllenelement, was ist das? Wie? Ein Spanferkel statt eines Menschen? So hat man mich zum Besten! Pech und Schwefel! Blitz und Donner! – Warte nur, du elender Wenzel! Betrüger, der du den Teufel selbst betrogst! Jetzt halt ich mich an dich. Du sollst des Teufels sein. Fürchterlich will ich dich strafen statt dir zu helfen.

Auf, ihr höllischen Gewalten,
Zeigt euch in allen Gestalten!
Braust durch die Lüfte,
Schwebt durch die Klüfte,
Leuchtet mit höllischem Schein!
Rache, Rache soll sein!

Der Vorhang fällt rasch.

Ende des zweiten Aufzuges.

III. Aufzug.

Wald.

Ritter Kuno. Albert. Knappen und Reisige.

Kuno. Nun ist es Zeit, lieber Albert, daß wir an's Werk gehn. Unsere Schaar ist zahlreich genug.

Albert. Ach, es ist ein schmerzliches Gefühl, daß ich gegen meinen eigenen Vater zu Feld ziehen muß; allein er selbst hat die Veranlassung gegeben. Meine Braut, Eure Tochter, will er mir rauben; verstossen will er mich aus meinem Erbe. – Ueberall stiftet er Unheil. Niemand ist vor seiner Bosheit sicher.

Kuno. Ihr braucht kein Bedenken zu haben; Ihr kämpft unter meinem Banner. Ich bekriege Euern Vater, den schändlichen Ritter Wenzel; nicht Ihr thut es, wenn Ihr mit mir seid, so kämpft Ihr für die gute Sache und Gott wird es Euch verzeihen, daß Ihr gegen den Vater streitet.

Albert. Ich kämpfe um Bertha, meine geliebte Braut.

Kuno. Wie ich von den ausgeschickten Spähern vernahm, befindet sich Euer Vater jetzt auf der Schwarzburg, um einen Streifzug gegen mich zu veranstalten, weil ich seiner Haft entsprungen bin.

Albert. Auch erzählt man sich, daß er mit Hilfe des Magiers Helmont sich zauberischer Kräfte bedienen will, um Bertha's geheimen Aufenthalt zu entdecken.

Kuno. Der Schändliche! – Nun hört: Vertheilt euch in einzelne Haufen. Ein Theil besetzt alle Wege zur Schwarzburg; die Andern schleichen sich gegen die Burg; ich werde euch führen. Auf ein gegebenes Hornzeichen dringen wir ein und suchen den Ritter Wenzel gefangen zu nehmen.

Albert. Der Plan ist trefflich ausgedacht.

Kuno. Also fort nun! Seid klug und tapfer. Wenzel wird sich wehren wie ein Löwe, denn an Muth fehlt's ihm nicht und seine Knappen und Reisigen schlagen wie die Teufel drein.

Albert. Auf denn!

Kuno. Folgt mir! (Alle ab.)

Kasperl (in lächerlich kriegerischem Aufzuge mit Bratwürsten, Schnapsflaschen etc. läuft herein). Halt a bißl! halt! laßt's mich auch mit! wenigstens will ich den Bagaschi- und Proviantwagen beschützen und auf dem Feld der Ehre Lorbeern erkämpfen, die ich zum Schweinsbratl brauchen kann. Oder macht's mich zum Fähnrich, nacher hätt ich gleich's Leintuch bei mir zum Zudecken. Ha! ich will Blut! Rache dem bösen Ritter! Blutiges Blut!

(Ein Hase läuft über die Bühne. Kasperl fallt aus Schrecken um.)

Auweh da kommt schon ein Feind! Ein furchtbarer Kerl! – Ich will'n aber verfolgen, wenn ich'n erlaufen kann. Ha! Wuth! Gluth! Muth! Hut! Gut! Trut! – fort in den Pulverdampf des blitzenden Schwertergeklirres und in den Trommelwirbel der schmetternden Trompetenstöße! (läuft fort.)

Verwandlung.

Burghof auf der Schwarzburg.

(Wenzel und Helmont.)

Wenzel. Negromantius muß nun die versprochene Beute haben. Seine Hülfe kann also nicht mehr lang ausbleiben. Oder sollte der Teufel treulos sein und nicht Wort halten?

Helmont. Das ist nicht zu befürchten; denn das höllische Gesetz bindet ihn, sein Versprechen zu erfüllen. Bist Du aber auch dessen gewiß, daß ihm ein Mensch in einem Sack geliefert wurde?

Wenzel. Ich selbst habe mit zwei Knechten das Opfer an dem Hochgericht niedergelegt; es kann also nicht fehlen.

Helmont. Wenn dem so ist, so harre, bis es dunkel wird. Der Teufel agirt am liebsten des Nachts. Vielleicht führt er Dir selbst das verlorene Mädchen durch's Fenster herein.

(Es schwebt ein Geyer herein, fliegt im Kreise herum und dann wieder hinaus.)

Ha! siehst Du? Negromantius gibt uns schon ein Zeichen.

Wenzel. Ich kann es aber kaum erwarten. Ich habe auch eine Rotte ausgesandt, auf meinen Sohn und Bertha's Vater zu fahnden. Hab ich sie, so sollen beide im Hungerthurm verschmachten; denn ich will mich ihrer entledigen.

(Hornstoß und Waffengeklirr draußen.)

Wenzel. Was ist das für ein Lärm draußen? Das sind nicht meine Leute.

Helmont. Wunderbar! Der Lärm kömmt immer näher.

Wenzel. Verdammt! Was ist das?

(Ein Knappe stürzt herein.)I

Knappe. Herr Ritter! rettet euch; Die Burg ist überfallen. An der Spitze kämpft Kuno mit den Uebrigen.

Wenzel. Mein Schwert! Mein Schwert! – Ich will die Leute stumm machen. – Helmont rette Dich in den unterirdischen Gang, hier durch das Seitenthürlein.

(Ab mit den Knappen.)

Helmont. Das will ich auch thun; mir scheint, dießmal hat uns der Teufel sitzen lassen. (Ab.)

Das große Hofthor wird eingesprengt, die Zugbrücke fällt. Ritter Kuno und Knappen dringen ein und stürzen über die Bühne. Wenzel von der andern Seite, das Schwert in der Hand. In der Mitte der Bühne erscheint aus der Versenkung Negromantius unter Flammen.

Negromantius. Wenzel.

Negromantius. Halt! Verwegener!

Wenzel. Ist dieß die versprochene Hülfe?

Negromantius. Fluch Dir, Betrüger! War das die versprochene Beute, daß Du mir ein Ferkel im Sacke liefertest?

Wenzel. Teufel, du lügst!

Negromantius. Dießmal nicht, Elender! Aber Dich hab ich jetzt, das ist mir genug.

Wenzel. Mir kommt's auch nicht drauf an, mit dem Teufel zu kämpfen.

Negromantius. Ha, ha! (Schallendes Gelächter.) Versuch's, Ohnmächtiger!

Wenzel dringt mit dem Schwert auf ihn ein. Negromantius verwandelt sich in eine riesige Gestalt, welche Wenzeln verschlingt oder erdrückt.

Wenzel. Weh mir! der Hölle Fluch! ich bin verloren!

(Die Musik fällt ein, die Scene verwandelt sich.)

Verwandlung.

Romantischer Wald.

Bertha. Nun hat der Kampf begonnen. Ich meine aus weiter Ferne Schwertergeklirr zu vernehmen. Ich sehe meinen Albert verwundet, meinen Vater todt! – Doch nein! es ist nur die Angst, welche mir solche Bilder vormalt. Hätt' ich nur Kunde vom Platze des Kampfes. Ritter Wenzel wird sich fürchterlich zur Wehre setzen. Wer weiß, wie es endet? Himmlische Mächte beschützt sie, die eigentlich für mich kämpfen.

Waltinne erscheint in einem mit zwei weissen Hirschen bespannten Wagen.

Waltinne.

Befürchte Nichts mein Kind, das Recht muß siegen,
Wenn treue Liebe laßt ihr Banner fliegen!
Leben ist ein Kampf, ein herber Streit,
Zu dem das Menschenherz sei stets bereit;
Und wenn die Männer tapfer nun gestritten,
Hast Du um sie auch sorgenvoll gelitten,
So wird, wenn nun die Siegstrompeten tönen,
Euch Alle freud'gen Endes Lust bekrönen!

(Verschwindet.)

Siegstrompeten und kriegerische Musik ertönen;

Kuno, Albert ziehen mit dem Kriegertroß ein, die Lanzen bekränzt.

Kuno. Der Sieg ist errungen! Bertha komm' an mein Herz!

Bertha. Dem Himmel Dank, theurer Vater!

Albert. Alles Leid ist nun zu Ende. Mein unglücklicher Vater ist in den Flammen der brennenden Burg untergegangen. Gott verzeih ihm!

Kuno. Nun eilen wir nach Thaleck und morgen soll Eure Hochzeit gefeiert werden.

Bertha. Gesegnet sei das Walten der gütigen Mächte! Dank meiner Beschützerin, der Waldfrau Waltinne!

Waltinne (erscheint wieder).

Glück auf! nehm't noch der Waldfrau heil'gen Segen,
Der Euch Geleit sei stets auf Euren Wegen!
Der Wald glüh' auf in tausend Blüthengarben,
Und sei geschmückt mit Blumen aller Farben!
Und so auch sei das Leben Euch geschmückt,
Vom Freudenstrahl der Wonne hoch beglückt!

Der Wald leuchtet auf in transparentem Blumenschmuck. Rosenschimmer beleuchtet Alles.

Kasperl kniet sich vor das Brautpaar, ein Blumenbouquet bietend.

Der Vorhang fällt.

Ende des Stückes.


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