Plautus
Der Großsprecher (Miles gloriosus)
Plautus

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Vierter Act.

Erste Scene.

Mauersturm. Palästrio.

Mauersturm. Welche Lust, wenn, was wir treiben, fein gelingt nach Herzenswunsch!
Heute hab' ich meinen Tischfreund an Seleucus abgeschickt,
Daß er ihm die Söldner alle, die ich anwarb, übergibt:
Mögen die sein Reich beschüzen, während ich in Ruhe bin!

Palästrio. Kümmre dich um deine Sachen mehr als um den König da!
Welch ein neues Glück wird dir durch mich gebracht als Mittelsmann!

Mauersturm. Nun, so lass' ich alles Andre jezt beiseit' und höre dich.
Rede: traun, mein Ohrenpaar hier geb' ich ganz in deine Macht.

Palästrio. Sieh dich um, daß unsrer Rede nicht ein Vogelsteller lauscht!
Denn man band mir's auf die Seele, ganz geheim zu Werk zu geh'n.

Mauersturm. Hier ist Niemand.

Palästrio.                                     Nimm zuerst dies Liebesunterpfand von mir.

Mauersturm. Was soll das? Woher?

Palästrio.                                           Von einer schönen und gar feinen Frau,
Die dich liebt, sich schmachtend sehnt nach deiner Reize hohem Reiz.
Diesen Ring gab ihre Magd mir, daß ich dir ihn bringe.

Mauersturm.                                                                         Sprich:
Ist sie freigeboren, oder durch des Prätors Ruthe frei?Den Sklaven, den sein Herr in Freiheit sezen wollte, berührte der Prätor mit einer Ruthe (vindicta oder festuca), und erklärte ihn für frei, indem er die Formel aussprach: ajo te liberum more Quiritium.

Palästrio. Pah. Von einer Freigelass'nen sollt' ich sein der Mittelsmann,
Da du freigebornen Frauen, die dich wünschen, nicht genügst?

Mauersturm. Ist sie Ehfrau oder Wittwe?

Palästrio.                                                   Beides.

Mauersturm.                                                           Wie kann dieses sein?
Frau zugleich und Wittwe?

Palästrio.                                   Sie ist jung und einem Greis vermählt.

Mauersturm. Bravo!

Palästrio.                   Schön und reizend ist sie.

Mauersturm.                                                       Hüte dich, unwahr zu sein.

Palästrio. Sie allein ist deiner Schönheit würdig.

Mauersturm.                                                         Traun, dann ist sie schön.
Und wer ist's?

Palästrio.               Des alten Nachbars Frau, des Periplectomenes.
Die hat sich vergafft an dir; sie haßt den Greis, will weg von ihm.
Aber ich soll nun dich bitten, dich beschwören, daß du dich,
Deine Lieb' ihr schenken mögest.

Mauersturm.                                       Herzlich gern, wenn sie es wünscht.

Palästrio. Innig wünscht sie's.

Mauersturm.                           Aber was jezt machen mit Comasion?

Palästrio. Laß sie zieh'n, wohin sie will, zumal da ihre Schwester auch
Samt der Mutter, sie zu holen, angelangt in Ephesus.

Mauersturm. Was du sagst! Kam ihre Mutter?

Palästrio.                                                           Die es wissen, sagen es.

Mauersturm. Ha! Gelegen ist der Anlaß, ihrer los zu werden.

Palästrio.                                                                                   Sprich:
Willst du das mit guter Art thun?

Mauersturm.                                     Rede, gib mir deinen Rath.

Palästrio. Willst du sie sogleich entfernen, daß sie sich in Güte trollt?

Mauersturm. Allerdings.

Palästrio.                         So mach' es so! Geld hast du mehr als nöthig ist.
Laß sie, was du ihr verehrt hast, Gold und Schmuck, als dein Geschenk
Immerhin, wohin sie will, mitnehmen! Ist dir's so genehm?

Mauersturm. Gut. Doch sieh nur, daß ich die nicht ziehen lass' und jene mir
Untreu wird!

Palästrio.             Kleingläub'ger Schwächling! Die dich wie ihr Auge liebt!

Mauersturm. Venus liebt mich!

Palästrio.                                   Still! Die Thür geht auf. Tritt sacht bei Seite hier!
Die da herkommt, ist ihr JachtschiffJachtschiff, ein leichtes, schnellsegelndes Schiff, das zur schnellen Ueberbringung dringender Botschaften gebraucht wird. , das von ihr Botschaften bringt.

Mauersturm. Was? Ihr Jachtschiff?

Palästrio.                                         Ihre Magd ist's, die heraustritt vor die Thür,
Die den Ring mir zugesteckt, den ich dir gab.

Mauersturm.                                                         Ein hübsches Kind,
Wahrlich!

Palästrio.         Die ist nur ein Affe gegen sie, ein Eulenkopf.
Wie sie mit dem Aug' umherjagt, mit den Ohren Neze stellt!
    (Beide stellen sich lauschend an die Seite.)

Zweite Scene.

Phidippe. Mauersturm. Palästrio.

Phidippe. (für sich)
Ausgesteckt ist schon der Rennpfahl hier, um den ich laufen muß.
Ich verstelle mich, als säh' ich nichts, noch wüßt' ich, wo sie sind.

Mauersturm. (zu Palästrio)
Schweige still; wir wollen lauschen, ob sie meiner nicht gedenkt.

Phidippe. (wie für sich)
Ist wohl Jemand in der Nähe, der um fremde Sachen mehr,
Als um eigne, sich bekümmert, der mit Aug' und Ohren lauscht,
Was ich treibe, der vom eignen Abendbrode zehren kann?»Der vom eignen Abendbrode zehren kann«, d. i. der sich selbst beköstigt und von Niemandes Gnade zu zehren braucht, aber zugleich auch, weil er sich in dieser Beziehung unabhängig fühlt, oft mehr um fremde Angelegenheiten, als um die eigenen, sich bekümmert.
Solche Leute fürcht' ich jezt, sie möchten mir im Wege sein,
Wenn sie vor die Thür heraustritt, die sich um den Helden härmt,
Die für ihn in Liebe glüht, den gar zu feinen, schönen Mann,
Mauersturm, den Kriegeshelden.

Mauersturm.                                       Ist auch die vergafft in mich?
Meine Schönheit rühmt sie. Solche Rede braucht der Lauge nicht.Die Metapher ist von Gefässen genommen, die man mit Lauge oder Asche reinigt und glänzend macht: was nicht beschmuzt ist, bedarf der Lauge nicht. Vgl. V. 12, wo der Dichter selbst die Erklärung beigefügt hat.

Palästrio. Herr, wie so?

Mauersturm.                 Weil sie so rein und lauter, wie gewaschen, spricht.
Auch sie selbst ist gar zu niedlich, ist ein allerliebstes Kind.
Nachgerade sticht mich schon die Lust nach ihr, Palästrio.

Palästrio. Eh du sie mit Augen sahst?

Mauersturm.                                       Mit deinen Augen seh' ich hier;
Auch was die geredet, zwingt mich, sie zu lieben ungeseh'n.

Palästrio. Meine Braut ist diese; laß sie! Wenn die Frau dich heute freit,
Nehm' ich mir die Magd zum Weibe.

Mauersturm.                                             Weßhalb sprichst du nicht mit ihr?

Palästrio. Tritt hinter mich!

Mauersturm.                       Als dein Bedienter.

Phidippe. (halblaut)                                               Daß ich ihn doch fände,
Ihn sprechen könnte, dem zulieb' ich vor das Haus gegangen,

Palästrio. Was du wünschest, wird dir werden: fürchte nicht, sei gutes Muthes!
Einer ist, der weiß zu finden, was du suchst.

Phidippe.                                                               Wen hör' ich eben?

Palästrio. Den Gefährten deiner Ränke, den Gehülfen deiner Kniffe.

Phidippe. Dann verberg' ich nicht, was ich verberge.

Palästrio.                                                                     Dennoch bleibt's verborgen.

Phidippe. Wie denn das?

Palästrio.                         Du birgst es vor Verräthern; ich bin dein Getreuer.

Phidippe. Zeig' es, ob du eingeweiht bist.

Palästrio.                                                   Eine Frau liebt einen Mann hier.

Phidippe. Das thun Viele.

Palästrio.                         Doch nicht Viele schicken einen Ring vom Finger.

Phidippe. Nun versteh' ich, was du meinst; du machtest mir es eben deutlich.
Ist hier Jemand?

Palästrio.                   Ja und nein.

Phidippe.                                       Laß mich allein mit dir allein sein!

Palästrio. Hast du viel zu reden?

Phidippe.                                     Nur drei Worte.

Palästrio. (zu Mauersturm)                                     Bin gleich wieder bei dir.

Mauersturm. Was? Ich soll mit meiner Schönheit, meinem Ruhm so lang umsonst hier
Steh'n?

Palästrio.     Gedulde dich! Für dich ja handl' ich nur.

Mauersturm.                                                               Vor Eile sterb' ich.

Palästrio. Sachte doch! Du weißt ja, wie man solche Händel muß behandeln.

Mauersturm. Auf, so thu, wie dir's am besten dünkt.

Palästrio. (bei Seite)                                                   Kein Kloz ist dumm, wie dieser.
    (zu Phidippe)
Wieder bin ich hier. Was willst du?

Phidippe. (heimlich zu Palästrio)               Wie wir jüngst es abgeredet,
Bring' ich's jezt.

Palästrio.                 Als wäre sie vergafft in ihn –

Phidippe.                                                                 Das weiß ich sicher.

Palästrio. Lobe seinen Wuchs und seine Bildung, preise die Verdienste –

Phidippe. Darauf bin ich ganz bereitet, wie ich dir schon jüngst bewiesen.
Sei du nur im Andern auf der Hut, und lausch' auf meine Worte.

Mauersturm. (ärgerlich zu Palästrio)
Schenke mir doch auch ein bischen deine Muße, komm herüber!

Palästrio. Hier! Gebeut, was soll ich?

Mauersturm.                                       Was erzählt sie dir?

Palästrio.                                                                             Die arme Frau dort,
Sagt sie, härme sich, zermart're sich, vergehe fast in Thränen,
Weil sie dein bedarf; du fehlst ihr; darum sei sie hergekommen.

Mauersturm. Laß sie näher treten!

Palästrio.                                         Weißt du was? Du mußt dich stolz geberden,
Als ob dich's anwidre; schilt mich, daß ich so gemein dich machte.

Mauersturm. Gut; ich folge deiner Weisung.

Palästrio.                                                         Soll ich nun das Mädchen rufen?

Mauersturm. Will sie was, so mag sie kommen!

Palästrio. (zu Phidippe)                                         Tritt heran!

Phidippe.                                                                                 Willkommen, Schönster!

Mauersturm. (bei Seite)
Meinen Namen nennt sie! (laut zu Phidippe)
                                        Gebe dir der Himmel, was du wünschest!

Phidippe. Ach, mit dir zu leben!

Mauersturm.                               Ist zu viel gewünscht.

Phidippe.                                                                         Ich meine mich nicht;
Meine Herrin mein' ich, die dich sterblich liebt.

Mauersturm.                                                               Das wünschen Viele,
Denen's nicht geworden ist.

Phidippe.                                     Kein Wunder, traun, daß du dich hoch hältst,
Ein so schöner Mann, so seltner Art durch Muth, Gestalt und Thaten!
Welcher Mensch verdiente mehr ein Mensch zu sein?

Palästrio. (bei Seite)                                                             So gibt es keinen;
Denn ein Geier hat mehr Menschliches.

Mauersturm. (bei Seite)                                 Nun will ich breit mich machen,
Weil sie mich so lobt.

Palästrio. (bei Seite)           Jezt seht den Schlingel an, wie der sich aufbläht!
    (zu Mauersturm)
Wirst du nichts antworten? Kommt die doch von ihr, von der ich eben –

Mauersturm. Welcher? Mich bestürmen gar so Viele; kann mich nicht entsinnen.

Phidippe. Herr, von ihr, die ihre Hand beraubt, um deine Hand zu schmücken.
Diesen Ring bracht' ich von ihr an diesen hier, damit er weiter –

Mauersturm. Was willst du, Weib? Laß hören!

Phidippe.                                                             Du mögst doch nicht sie verachten, die liebend
In dir nur lebt; ihr Hoffen, ihr Sein, ihr Nichtsein, ruht auf dir nur.

Mauersturm. Was will sie von mir?

Phidippe.                                           Will reden mit dir, will dich liebkosen, umarmen;
Denn wenn du nicht ihr Hülfe gewährst, so verzweifelt sie, scheidet vom Leben.
Mein trauter Achilles, erhöre mein Fleh'n; mein Schöner, errette die Schöne!
Enthüll' uns dein barmherziges Herz, Eroberer, Fürstenerwürger!

Mauersturm. O verhaßtes Gewäsch! Weg, weg! Wie oft hab' ich's dir verboten, du Schlingel,
Beihülfe von mir dem Pöbelgeschlecht, den Frau'n, zu verheißen?

Palästrio. (zu Phidippe)                                                                           Da hörst du's!
Ich erklärte dir schon und erkläre dir noch: versagst du dem Eber die Löhnung,
Dann wird er dir nicht an der Bache Gezücht den befruchtenden Samen verstreuen.

Phidippe. Man gibt ihm, was er verlangt.

Palästrio.                                                 Er verlangt zweihundert goldne Philippe;
Denn weniger nimmt er von Niemand.

Phidippe.                                                     Ha! Das ist doch wahrlich zu wohlfeil.

Mauersturm. (abwehrend)
Ich kannte das Treiben der Habsucht nie; Reichthümer besiz' ich genügend;
Ja, mehr als tausend Scheffel an Gold steh'n mir zu Gebote.

Palästrio.                                                                                       Dazu noch
Der Schaz; dann Berge von Silber; so hoch ragt nicht in die Lüfte der Aetna.

Phidippe. (bei Seite zu Palästrio).
Ei, lüge, du Maul!

Palästrio. (zu Phidippe) Wie fopp' ich den Kerl!

Phidippe.                                                             Und ich? Wie schmeichl' ich ihm?

Palästrio.                                                                                                                   Weidlich.

Phidippe. (zu Palästrio)
Jezt, bitt' ich, entlaß mich ohne Verzug.

Palästrio. (zu Mauersturm)                           O gib ihr einen Bescheid doch,
Ob dir es gefällt, zu willfahren, ob nicht. Was marterst du, quälst du die Arme,
Sie, die dir nie was Böses gethan?

Mauersturm.                                         Sie soll herkommen, verkünd' ihr!
Ich werde bewilligen, was sie verlangt.

Phidippe.                                                       Jezt thust du, was sich zu thun ziemt,
Weil nun dein Wille zum ihrigen stimmt –

Palästrio. (bei Seite)                                           Der ist doch nicht so vernagelt!

Phidippe. Und weil du nicht mein Flehen verschmäht und mich willfährig erhört hast.
    (zu Palästrio)
Nun? Fopp' ich ihn recht?

Palästrio.                                 Bei Castor, ich kann mich nicht mehr halten vor Lachen.
Nur deßhalb kehrt' ich den Rücken dir zu.

Mauersturm.                                                     Fürwahr, mein Mädchen, du weißt nicht,
Wie gewaltige Ehr' ich erweise der Frau.

Phidippe.                                                           Ich weiß und will's ihr berichten.

Palästrio. Wohl konnte der Herr noch anderen Frau'n um Gold sich verkaufen.

Phidippe.                                                                                                             Ich glaub' es.

Palästrio. Frau'n, die er umarmt, die bringen zur Welt ausbündige Krieger und Helden,
Die acht Jahrhunderte leben –

Phidippe.                                         O schweig', unleidlicher Schwäzer!

Mauersturm.                                                                                             Was sagst du?
Nein, zehn Jahrhunderte leben sie fort im rollenden Kreise der Jahre.

Palästrio. Ich nannt' ihr weniger, daß ich vor ihr nicht als Aufschneider erscheine.

Phidippe. Hilf, Himmel! Wie lang mag leben er selbst, von solcherlei Söhnen der Vater!

Mauersturm. Tags drauf, nachdem der olympische Zeus zur Welt kam, ward ich geboren.

Palästrio. Ja, kam er den Tag vorher in die Welt, dann wär' er Beherrscher des Himmels.

Phidippe. Nun ist es genug; jezt laßt mich von euch, wenn möglich, lebend davongeh'n.

Palästrio. So geh nur, da du die Antwort hast.

Phidippe.                                                           Ich geh' und führe die Frau her,
Von der ich gesandt bin. (zu Mauersturm)
                                        Sonst noch was?

Mauersturm.                                                     Ach, wär' ich weniger reizend!
Die Schönheit macht mir Kummer genug.

Palästrio. (zu Phidippe)                                     Was zauderst du? Geh doch!

Phidippe.                                                                                                         Ich gehe.

Palästrio. Doch – hörst du noch? Sag's ihr herzlich und fein!

Phidippe.                                                                                 So daß ihr im Leibe das Herz hüpft.

Palästrio. (heimlich zu Phidippe)
Und bedeute Comasion, der sei hier, und berufe sie eilig nach Hause.

Phidippe. Schon ist sie mit meiner Gebieterin hier, und beide belauschten uns heimlich.

Palästrio. Da thaten sie klug; nun werden sie wohl um so sicherer hier sich benehmen.
    (er will sie küssen.)

Phidippe. Geh, halte mich nicht.

Palästrio.                                   Ich halte dich nicht, ich berühre dich nicht, ich – schweige.

Mauersturm. (ihr nachrufend)
He, heiße sie alsbald kommen zu mir!

Phidippe.                                                     Gleich werden wir Alles besorgen.
    (geht ab.)

Dritte Scene.

Mauersturm. Palästrio.

Mauersturm. Was räthst du, daß ich machen soll, Palästrio,
Mit meinem Mädchen? Denn in keinem Falle darf,
Eh diese weg ist, jene mir in's Haus herein.

Palästrio. Was fragst du mich um meinen Rath? Ich sagte dir
Vorhin, wie das sich machen läßt auf's Glimpflichste.
Das Gold, den ganzen Weiberpuz behalte sie;
Was sie von dir hat, nehme sie, und trag' es fort;
Sag' ihr, es sei die höchste Zeit, nach Haus zu geh'n;
Sag' ihr, die Schwester und die Mutter seien hier;
Mit ihnen könne sie bequem nach Hause zieh'n.

Mauersturm. Wie weißt du, daß sie da sind?

Palästrio.                                                         Ihre Schwester sah
Ich hier mit meinen Augen.

Mauersturm.                               Kam sie zum Besuch?

Palästrio. Ja freilich.

Mauersturm.             Ist sie wohlgenährt, recht voll?

Palästrio.                                                                     Du willst
Doch Alles auch.

Mauersturm.               Wo, sagt sie, daß die Mutter sei?

Palästrio. Die liegt im Schiff mit rothgeschwollnen Augen da;
So sagte mir der Schiffer, der sie hergebracht.
Der Schiffer ist bei'm Nachbar gastlich eingekehrt.

Mauersturm. Und dieser – ist's ein hübscher Bursch?

Palästrio. (mit Widerwillen)                                           Ei, packe dich;
Du hättest recht in eine Stuterei getaugt;
Auf Männer und auf Weiber bist du gleich erpicht.Die Verse erinnern an die lasterhafte Männerliebe der griechischen und römischen Vorwelt, auf welche in den Lustspielen der Alten, eben weil sie das wirkliche Leben jener Zeit wiedergeben, so häufige Anspielungen vorkommen. Köpke.

Mauersturm. (abbrechend)
Nein, höre noch!

Palästrio.                   Nun?

Mauersturm.                       Weil du wohl zu rathen weißt,
So wünsch' ich, daß du selber dich mit ihr besprichst;
Mit ihr zu sprechen, paßt sich doch ganz wohl für dich.

Palästrio. Geh selbst zu ihr und führe deine Sache selbst:
Sag' ihr, du seist genöthigt, eben jezt zu frei'n;
Verwandte riethen's, und die Freunde zwängen dich.

Mauersturm. Und dieses meinst du wirklich?

Palästrio.                                                         Und warum denn nicht?

Mauersturm. Ich geh' hinein; du bleibe vor dem Haus indeß,
Und späh' umher, um mich zu rufen, wann sie kommt.

Palästrio. Besorge du nur dein Geschäft.

Mauersturm.                                           Das ist besorgt.
Und geht sie nicht gutwillig, werf' ich sie hinaus.

Palästrio. Das mußt du bleiben lassen; nein, in Güte soll
Sie zieh'n; du gibst ihr, was ich dir gesagt: das Gold,
Den Puz, Geschenke deiner Hand, behalte sie.

Mauersturm. Das will ich gern.

Palästrio.                                     Dann gibt sie, glaub' ich, sicher nach.
Doch geh hinein und säume nicht.

Mauersturm.                                       Ich folge dir.
    (geht ab.)

Palästrio. (an die Zuschauer)
Nun? Ist er anders, als ich ihn euch schon vorlängst
Geschildert habe, der verbuhlte Kriegesheld?
Jezt aber ist es nöthig, daß Acrotelis
Und ihre Magd und Pleusides sich herbemüh'n. –
Ihr Götter! Wie mir überall beisteht das Glück!
Denn die ich mir vor Allen jezt zu seh'n gewünscht,
Die treten dort zusammen aus dem nächsten Haus.

Vierte Scene.

Palästrio. Acrotelis. Phidippe. Pleusides.

Acrotelis. Folgt mir nur und seht euch um, daß uns kein Zeuge hier belauscht.

Phidippe. Keinen seh' ich rings als den wir uns gewünscht. (auf Palästrio deutend)

Palästrio.                                                                             So wie ich euch.

Phidippe. Was beginnst du, Ränkeschmid?

Palästrio.                                                     Was? Ich ein Ränkeschmid?

Phidippe.                                                                                                   Warum nicht?

Palästrio. Nun, mit dir verglichen, schlag' ich keinen Nagel in die Wand.

Acrotelis. Ei ja wohl!

Palästrio. (zu Acrotelis bekräftigend)   Die weiß zu schwazen, überpfiffig, überfein.
Wie zersägte sie den Kriegsmann nicht!

Acrotelis.                                                       Noch lange nicht genug!

Palästrio. Sei getrost! Der ganze Handel läuft uns wacker von der Hand.
Leistet ihr nur, wie bis hierher, fürder uns hülfreichen Dienst!
Eben ging er selbst hinein, um sie zu bitten, daß sie sich
Samt der Mutter und der Schwester nach Athen einschiffe.

Acrotelis. (freudig)                                                                     Schön!

Palästrio. Was er ihr an Gold und Puz anschaffte, gibt er alles ihr
Zum Geschenk, damit sie fortzieht; diesen Rath gab ich ihm ein.

Pleusides. Das wird leicht sein, wenn's das Mädchen wünscht und er sogar es will.

Palästrio. Weißt du nicht, wenn man aus tiefem Brunnen sich zum Rande schwang,
Dann ist die Gefahr am größten, daß man wieder rückwärts fällt?
Jezt steh'n wir am Brunnenrande. Merkt er nur das Mindeste,
Zieh'n wir ab mit leerer Tasche. Drum bedarf's vor Allem jezt
Schlauer List.

Pleusides.             Für unsern Bau hier fehlt es nicht an Zimmerholz:
Frauen drei, du viertens, fünftens ich, und sechstens noch der Greis.

Palästrio. Welche Kniffe, welche Pfiffe boten wir zu tausend auf!
Sicher weiß ich, jede Veste stürmten wir mit unsrer List.
Habt nur Acht!

Acrotelis.               Wir kamen eben, um zu hören, was du willst.

Palästrio. Schön von euch! Jezt übergeb' ich dieses Amt in deine Hand.

Acrotelis. Was du mir gebeutst, mein Feldherr, thu' ich, steht's in meiner Macht.

Palästrio. Foppe mir (hörst du's?) den Hauptmann schlau und fein und königlich!

Acrotelis. Du gebeutst mir meine Freude.

Palästrio.                                                   Weißt du, wie du's machen mußt?

Acrotelis. Stellen muß ich mich, als stürb' ich fast vor Liebe –

Palästrio.                                                                                   Recht so! Schön!

Acrotelis. Und als trennt' ich dieser Liebe wegen mich von meinem Mann,
Schmachtend nur nach seinen Armen.

Palästrio.                                                   Nach der Ordnung hast du's inn.
Daß das Haus hier deine Mitgift sei, bedeut' ihm auch zugleich;Wenn das Haus die Mitgift der Frau war, so fiel es nach der Scheidung von dem Manne wieder an die Frau zurück, wie ihr übriges Eigenthum.
Dein Gemahl sei weggezogen, als du dich von ihm getrennt;
Sonst bedenkt er sich vielleicht noch, in ein fremdes Haus zu geh'n

Acrotelis. Richtig!

Palästrio.               Wenn der Herr heraustritt, stellst du dich von fern und thust,
Als ob du vor seiner Schönheit deine gar nichts achtetest,
Thust, als ob du seinen Reichthum tief verehrtest, und zugleich
Lobst du seinen feinen Anstand, seine Schönheit, sein Gesicht.
Nun – verstandst du mich?

Acrotelis.                                   Ja wohl. Genügt dir's, wenn ich dir mein Werk
So gefeilt vor Augen stelle, daß dir nichts zu tadeln bleibt?

Palästrio. Ganz gewiß. (an Pleusides gewendet)
                              Nun hab' ich auch noch dir was aufzutragen.

Pleusides.                                                                                           Sprich!

Palästrio. Ist das Ding einmal im Gange, ging Acrotelis hinein,
Eile du hieher zu kommen, angethan mit Schiffertracht.
Eine Binde vor den AugenEine Binde (ein mit Wolle ausgestopftes kleines Kissen) vor den Augen, wie diejenigen trugen, die an den Augen litten. – Die Seeleute hatten Hüte mit breitem Rande gegen Wind und Sonnenhize. , und mit dunkelbraunem Hut,
Einem kurzen Mantel, braun von Farbe, wie's den Schiffern ziemt,
Festgeknüpft links auf der Schulter, und mit halbentblößtem Arm,
Wie zur Arbeit aufgegürtet, thu, als wärst du Steuermann.
Bei dem Alten triffst du dieses Alles, weil er Fischer hält.

Pleusides. Wenn ich so herausstaffirt bin – sage mir, was soll ich thun?

Palästrio. Komm und auf Geheiß der Mutter hole die Comasion,
Daß sie, wenn sie nach Athen will, schnell mit dir zum Hafen geht,
Und sofort zu Schiffe fördert, was sie mitzunehmen wünscht.
Zaudre sie, so lichtest du die Anker; denn der Wind sei gut.

Pleusides. Was du sagst, hat meinen Beifall. Weiter!

Palästrio.                                                                   Er ermahnt sie dann,
Daß sie nicht die Mutter aufhält, daß sie eilt.

Pleusides.                                                               Wie schlau du bist!

Palästrio. Ich bedeut' ihr, daß sie mich zum Tragen des Gepäcks verlangt.
Sendet er mich dann mit ihr zum Hafen, schiff' ich – merke dir's! –
Ohne Säumen nach Athen mich ein mit dir.

Pleusides.                                                           Und sind wir dort,
Darfst du nicht drei Tage mehr mir dienen, sollst ein Freier sein.

Palästrio. Eile, zieh dich an!

Pleusides.                               Noch sonst was?

Palästrio.                                                           Daß du deiner Rolle denkst!

Pleusides. Wohl, ich gehe. (er geht ab.)

Palästrio. (zu Acrotelis und Phidippe)
                                    Geht auch ihr alsbald hinein! Ich weiß gewiß,
Daß der Mann jezt gleich herauskommt.

Acrotelis.                                                       Was du willst, ist uns Gesez.

Palästrio. Nun, so geht denn! (sie gehen in das Haus des Periplectomenes.)
                                        Recht gelegen öffnet sich die Thüre schon.
Wie verklärt er da herauskommt! Meint ja wohl, er hab's erreicht;
Schnappt nach Etwas, das er nirgends finden wird, der arme Mensch!

Fünfte Scene.

Mauersturm. Palästrio.

Mauersturm. Was ich wünschte, hab' ich nun in Lieb' und Güte ganz nach Wunsch
Von Comasion erlangt.

Palästrio.                             Was bliebst du denn so lang im Haus?

Mauersturm. Niemals noch hat eine Frau mich so geliebt, wie dieses Weib.

Palästrio. Wie denn?

Mauersturm.             Was vernahm ich Alles! Und wie schwer kam sie dazu!
Doch zulezt errang ich, was ich wünschte, gab ihr zum Geschenk,
Was sie wollte, was sie ansprach. Dich auch hab' ich ihr geschenkt.

Palästrio. Was? Auch mich? Wie soll ich leben ohne dich?

Mauersturm.                                                                         Sei gutes Muths!
Denn ich will dich schon befreien. Alle Mühe gab ich mir,
Sie dahin zu bringen, daß sie dich mir lassen sollte; doch –
Sie bestand darauf.

Palästrio.                       So hoff' ich auf die Götter und auf dich.
Aber ob's auch schmerze, daß ich missen soll den besten Herrn,
Freut mich's doch, daß mein Bemüh'n (wie's deiner Schönheit würdig war)
Dir die Nachbarin errungen, deren Huld ich dir gewann.

Mauersturm. Was bedarf's der vielen Worte? Gold und Freiheit geb' ich dir,
Schaffst du sie.

Palästrio.                 Dein soll sie werden.

Mauersturm.                                               Ach, ich schmachte!

Palästrio.                                                                                       Nur gemach!
Halte Maß! Nicht allzu hizig! Sieh, da tritt sie selbst heraus.


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